Protocol of the Session on December 14, 2012

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 67. Sitzung des Landtages Brandenburg. Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gratuliere ich dem Abgeordneten Pohl zum Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

(Allgemeiner Beifall - Dem Abgeordneten wird ein Blu- menstrauß überreicht.)

Gibt es Bemerkungen zur Tagesordnung? - Da das nicht der Fall ist, lasse ich über die Tagesordnung abstimmen und bitte um Ihr Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall, sodass wir nach dieser Tagesordnung verfahren können.

Ich teile Ihnen mit, dass wir etwa bis 15 Uhr auf Frau Ministerin Kunst zu verzichten haben. Sie wird von Herrn Minister Baaske vertreten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Fragestunde

Wegen der gleichen Inhalte ist verabredet worden, die Dringliche Anfrage 70 (Fahrplan- und Anbieterwechsel im Bahnver- kehr) in Drucksache 5/6515 gemeinsam mit den Fragen 1156 und 1157 zu beantworten. - Ich bitte Herrn Görke, seine Dringliche Anfrage zu stellen.

Unlängst gab es einen Fahrplanwechsel und auf zahlreichen Strecken im Land auch einen Betreiberwechsel - so im Westhavelland und in der Prignitz auf den Bahnlinien RE 2 und RE 4. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der dortige Verkehr in den Hauptverkehrszeiten regelrecht chaotisch abläuft. Die eingesetzten alten Wagen der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft sind nicht in der Lage, die wartenden Fahrgäste aufzunehmen. Fahrgäste, die nicht mitfahren konnten, sind empört. Dazu kommt, dass die Türen nicht geeignet sind, ein planmäßiges Ein- und Aussteigen zu gewährleisten. Schließlich kommt es auch dazu, dass Fahrgäste nicht aussteigen können und bis zum nächsten Haltepunkt durchfahren müssen. Das ist ein unhaltbarer Zustand.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Was gedenkt die Landesregierung zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft ihre Verpflichtungen zur Umsetzung des Betreibervertrages einhält?

Wir setzen mit der Frage 1156 (Wegfall des Zughaltes in Brand auf der Linie des RE 2) fort, gestellt vom Abgeordneten Lakenmacher.

Im Ortsteil Alt Zauche in der Gemeinde Alt Zauche-Wußwerk ist das Brückenbauwerk am Nordumfluter stark einsturzgefährdet. Aufgrund von Überschwemmungen und starken Vernässungen kam es bereits zu einer Absenkung von mehr als 30 cm. Die Wotschofska-Brücke ist bereits seit März 2012 für den öffentlichen Verkehr gesperrt.

(Frau Kircheis [SPD]: Das ist die falsche Frage!)

- Dann stelle ich gern die andere Frage. Gut: Wegfall des Zughaltes in Brand auf der Linie des RE 2. - Ich habe so viele; dann stelle ich diese, wobei mir die andere natürlich auch wichtig wäre.

Da die ODEG zum Fahrplanwechsel im Dezember nicht auf genügend Züge ihrer bestellten Zugreihe KISS zurückgreifen kann, soll der Bahnhof Brand für mehr als drei Monate nur noch sehr eingeschränkt angefahren werden. Unmittelbar davon betroffen ist das Tropical Islands mit jährlich 85 000 Besuchern und 560 Mitarbeitern, deren Anreise mit der Bahn damit unmöglich gemacht wird.

Ich frage die Landesregierung: Auf der Grundlage welcher Erwägungen hat Minister Vogelsänger die Entscheidung in Bezug auf den Wegfall des Zughaltes in Brand und damit für den Halt in Raddusch herbeigeführt und beeinflusst?

Das war die richtige Frage. - Wir setzen mit Frage 1157 (Aus- gelassener Halt des RE 2 im Bahnhof Brand) fort, gestellt vom Abgeordneten Tomczak.

Die Regionalbahnstrecke RE 2 wird seit dem 09.12.2012 von der ODEG betrieben. Am 26.11.2012 setzte der VBB den Landrat des Landkreises LDS darüber in Kenntnis, dass die ODEG im Bahnhof Brand nicht mehr halten wird.

Der Bahnhof Brand ist Anfahrpunkt für zahlreiche BerlinPendler aus der umliegenden Region. Die Gemeinde Halbe hat in den letzten Jahren das Parkplatzsystem im Bahnhofsumfeld mit hohem finanziellem Aufwand ausgebaut. Der Bahnhof Brand ist Umsteigepunkt für die Mitarbeiter und Besucher von Tropical Islands auf den Shuttle-Service des Unternehmens.

Da Herr Görke eine ähnliche Frage gestellt hat, wie ich sie stellen wollte, möchte ich mich mit einer Nachfrage äußern: Wie begründet der VBB seine Entscheidung zum Bahnhof Brand?

Die Antworten auf diese drei Fragen gibt uns Minister Vogelsänger.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die drei Fragen hätte ich den Fahrgästen im Land Brandenburg

gern erspart. Ich weiß, dass viele hunderttausend Menschen auf den schienengebundenen Personennahverkehr angewiesen sind und ihn auch gern nutzen - wenn er denn ordentlich funktioniert; die Tendenz ist steigend. Was besonders bitter ist: Ich habe viele Menschen gesprochen, die große Hoffnungen in Bezug auf den Fahrplanwechsel hatten.

Ich erinnere daran, dass die wichtigste Linie - die des RE 1 unterbrochen war, dass neue Regionalbahnlinien nach BerlinFriedrichstraße eingerichtet worden sind, was den Bereich Golm bzw. Potsdam betrifft. Auch bezüglich der Linien RE 2 und RE 4 gab es Hoffnungen auf neue Fahrzeuge und eine bessere Bedienung. Diese Hoffnungen sind enttäuscht worden, und die Bahnunternehmen bleiben in der Verantwortung. Verträge, die man unterzeichnet, sind einzuhalten. Ziel ist und bleibt, dass das, was bestellt wird, auch eingehalten - in diesem Fall: gefahren - wird.

Die Landesregierung hat sehr frühzeitig die erforderlichen Schritte eingeleitet, damit die ODEG ihre neue Verpflichtung zum Betrieb der Linien RE 2 und RE 4 gut vorbereitet in Angriff hätte nehmen können. Bereits im Sommer 2009 wurde der Vertrag mit der ODEG geschlossen - vor dreieinhalb Jahren! Dreieinhalb Jahre hatte die ODEG Zeit, in Umsetzung ihrer vertraglichen Verpflichtung die Betriebsaufnahme vorzubereiten. Diese Verpflichtung hat sie - um das klar zu sagen nicht erfüllt. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die ODEG die Bestellung der Fahrzeuge rechtzeitig vorgenommen hat, bleibt sie als Vertragspartner des Landes in der direkten Verantwortung.

Es kommt jetzt darauf an, einen funktionstüchtigen Ersatzverkehr - um es ganz deutlich zu sagen: Ersatzverkehr; mehr ist es leider nicht - auf beiden Linien zu organisieren. Es wurden Ersatzfahrzeuge der DB und aus Österreich organisiert, allerdings konnten diese in den ersten Tagen bei Weitem nicht die erforderlichen Qualitätsstandards erfüllen. Die ODEG hat eine Verbesserung der Situation angekündigt.

Das reicht mir nicht aus. Ich habe am Mittwoch den Geschäftsführer einbestellt. Er hat mir die Situation erläutert. Ich habe ihn allerdings darum gebeten, einen schriftlichen Bericht vorzulegen; das ist zwischenzeitlich erfolgt. Es werden anschließend auch noch Dinge zu klären sein. Der Bericht beschreibt die Ausgangssituation und enthält Maßnahmen, die ab Montag wirksam werden sollen, und weitere Maßnahmen.

Ich denke, es wäre sinnvoll, wenn dieser Bericht den Fragestellern - auch Frau Lehmann und andere haben bei mir nachgefragt - zur Verfügung gestellt wird - genauso wie den verkehrspolitischen Sprechern der Fraktionen. Ich gehe davon aus, dass nicht nur bei mir die Anfragen bezüglich der unbefriedigenden Situation eingehen, sondern auch bei den Abgeordneten.

Das Land, mein Haus, ich selbst - wir sind bemüht, zusätzliches Rollmaterial zu organisieren. Es ist gelungen, bei metronom in Niedersachen vier Dosto-Fahrzeugeinheiten, also Doppelstockwagen, und einen vierteiligen Triebzug zu ermitteln. Eine Anfrage bei der Landesregierung in Niedersachsen war erfolgreich. Ich danke auch dem niedersächsischen Minister für die Solidarität.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

Wir haben uns dazu schon auf der Verkehrsministerkonferenz im Oktober ausgetauscht und hatten auch den Präsidenten des Eisenbahn-Bundesamtes zu Gast. Die unbefriedigende Situation, die ich in Brandenburg erlebe, hatten auch schon andere Ministerkollegen erleben müssen. Das sollte uns übrigens nachdenklich machen, was die Bahnindustrie in Deutschland betrifft, die ja vertragliche Verpflichtungen mit Eisenbahnunternehmen eingeht. Es geht hier auch um den Wirtschaftsstandort.

Der Einsatz der Fahrzeuge auf den von der ODEG befahrenen Strecken wird zwischen dem VBB und der ODEG abgestimmt. Ich kenne dieses Konzept, es wurde mir auch vom Chef des Verkehrsverbundes zur Kenntnis gegeben. Es ist entschieden worden, dass alle Halte bedient werden, das heißt Raddusch, Brandt und auch Breddin. Brandt und Breddin werden mit einem eingeschränkten Haltekonzept bedient. Das ist eine Notlösung. Ich dränge weiter darauf, dass die Verträge eingehalten werden und eine vollständige Bedienung erfolgt. Am dramatischsten, Herr Görke, war die Situation im Havelland. Ich hoffe, dass durch das zusätzliche Zugmaterial, aber auch durch entsprechenden Einsatz eines Entlastungszuges eine Besserung eintritt.

Herr Minister.

Ich lasse selbstverständlich Nachfragen zu.

(Heiterkeit)

Ich bin gern bereit, entsprechend Rede und Antwort zu stehen. Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich stehle mich nicht aus der Verantwortung. Ich habe die Situation nicht verursacht und gehe davon aus, dass wir gemeinsam Druck machen, damit die Verantwortlichen sich ihrer Verantwortung bewusst werden.- Herzlichen Dank.

(Beifall des Abgeordneten Burkardt [CDU])

Herr Minister, es bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig, als Nachfragen zuzulassen; das steht so in der Geschäftsordnung. Die erste, die ich gesehen habe, war von Herrn Jürgens. Ist das richtig, oder habt ihr getauscht?

(Jürgens [DIE LINKE]: Der Fragesteller zuerst!)

Herr Görke, dann fangen Sie an.

Herr Minister, uns ist klar, dass Sie nicht der Verursacher sind. Denn die Ursache liegt in der nicht erteilten Genehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes für die neuen Züge. Deshalb meine Frage: Wann kann nach Ihrer Einschätzung mit der Freigabe des neuen Zugmaterials - oder, wie Sie gesagt haben, Rollmaterials - gerechnet werden?

Ich habe eine weitere Frage im Zusammenhang mit den vertraglichen Bestimmungen: Gibt es Einbehalte durch das Land, weil Bedienqualität und -quantität auf diesen Strecken nicht gewährleistet werden?

(Beifall DIE LINKE)

Die Frage habe ich schon beantwortet: Es wird das bezahlt, was gefahren wird. Das geht doch gar nicht anders. Zwar kann das die Eisenbahnunternehmen durchaus in größere Schwierigkeiten bringen, das ist aber nicht mein Thema. Mein Thema ist ein Vertrag, der entsprechend geschlossen ist. Das ist aber erst der zweite Teil, Herr Görke.

Der erste Teil muss sein, dass wir uns um die Bahnkunden kümmern, das heißt, es müssen Verbesserungen eintreten gegenüber dieser völlig inakzeptablen Situation, die insbesondere im Havelland besteht.

Ich habe im Oktober die Gelegenheit genutzt - wie auch Kollegen von mir -, mit dem Präsidenten des Eisenbahn-Bundesamtes, dem Bundesminister und den Landesministern zu sprechen. Er hat mir versichert, dass für diese Aufgabe - Zulassung entsprechend Personal zur Verfügung steht. Wir bleiben im direkten telefonischen Kontakt. Er hat mich weiter informiert, dass bis dato nicht alle Unterlagen vorliegen. Es ist für mich unmöglich, dem Eisenbahn-Bundesamt in sicherheitsrelevanten Bereichen Vorschriften zu machen. Dafür muss man Verständnis haben. Ich habe keinen Zweifel daran, dass er zumindest die personellen Kapazitäten zur Verfügung stellt.

Nichtsdestotrotz habe ich in der nächsten Woche noch einen Termin im Bundesverkehrsministerium mit Staatssekretär Odenwald, in dem die Gesamtsituation eine Rolle spielt. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diese Fragen noch einmal grundsätzlich klären müssen, insbesondere was die Fahrzeugzulassung und die Dinge, die damit zusammenhängen, betrifft. Das ist die eine Seite, die grundsätzlich angegangen wird. Die andere Seite ist die derzeitige Situation und sicherlich auch die Frage der Haftung dafür.

Es folgt die Nachfrage von Herrn Jürgens.

Danke, Herr Minister, auch für die klaren Worte in Richtung der Verkehrsunternehmen, dass die geschlossenen Verträge auch einzuhalten sind.

Sie haben gesagt, es werde das bezahlt, was gefahren wird. Wenn jetzt allerdings die Verträge nicht eingehalten werden, darf ich dann davon ausgehen, dass das Land weniger bezahlt oder dass es Rückforderungen seitens des Landes an die Unternehmen gibt? Gibt es darüber hinaus Vertragsstrafen, weil Verträge nicht eingehalten werden? Das eine ist, etwas nicht zu bezahlen, was nicht gefahren wird; das andere ist, wenn Verträge gebrochen werden, auch entsprechende Strafzahlungen in Erwägung zu ziehen.

(Zuruf von der CDU: Knast!)

Herr Jürgens, ich habe es dargestellt: Es wird das bezahlt, was gefahren wird. Und das ist ja dann praktisch wie eine Vertragsstrafe. Ob weitere Dinge infrage kommen, wird selbstverständlich geprüft. Das ist aber jetzt nicht das Hauptthema. Das Hauptthema ist die Vertragseinhaltung.