Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 52. Plenarsitzung. Der Entwurf der Tagesordnung ist Ihnen zugegangen. Gibt es Bemerkungen hierzu? - Herr Senftleben, wollen Sie eine Bemerkung machen? - Dann drücken Sie bitte den Mikrofonknopf.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte im Namen der CDU-Fraktion einen neuen TOP 1 beantragen. Dazu folgende Vorbemerkung:
In Artikel 56 unserer Verfassung, auf die übrigens alle Minister und Ministerpräsidenten vereidigt werden, steht in Absatz 2 Satz 2:
Mit Schreiben vom 14. März dieses Jahres erklärt die Staatskanzlei, dass die Kleine Anfrage des Abgeordneten Danny Eichelbaum mit der Nummer 1260 vom Mai 2011 nicht wahrheitsgetreu beantwortet wurde - dies aber erst nach Anfragen von Journalisten an alle Ministerien und nach Recherchen von Journalisten des Magazins „Klartext“.
Wir als CDU-Fraktion hoffen, dass dies ein einmaliger Vorgang ist. Wir beantragen deshalb ausgehend von diesem Vorfall, den Sie, Herr Platzeck, mit Sicherheit kennen, unter TOP 1 eine Erklärung des Ministerpräsidenten zu folgendem Sachverhalt: „Stellungnahme des Ministerpräsidenten zur umfassenden und wahrheitsgetreuen Beantwortungspraxis von Anfragen des Parlaments.“ - Vielen Dank.
Vielen Dank. Es handelt sich also um den Antrag, die Tagesordnung um einen neuen Punkt 1 zu erweitern. Gibt es dazu eine Gegenrede? - Herr Görke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gegen diesen Antrag sprechen. Wir haben heute einen wichtigen Punkt zu beraten, der die Zukunft des Landes betrifft, die Frage der Energiestrategie und des Maßnahmenpakets, den die Landesregierung besprochen und der weitreichende Auswirkungen für das Land hat.
Der Versuch der CDU-Fraktion, einen weiteren Tagesordnungspunkt vor diesen wichtigen Punkt zu setzen - und dies vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass wir diese Problematik gestern in den Ausschüssen ausführlich erörtert haben -, zeigt, auf welche Punkte diese CDU-Fraktion setzt. Wir setzen
auf die Tagesordnung, und deshalb plädieren wir auch dafür, sie in der alten Fassung zu verabschieden.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag zur Tagesordnung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen.
- Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den vorliegenden Entwurf der Tagesordnung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und ohne Enthaltungen ist diese Tagesordnung angenommen.
Zu Ihrer Information: Wir haben heute auf Minister Baaske zu verzichten. Er wird von Frau Ministerin Kunst vertreten.
Erklärung des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg für die Regierung zur Energiestrategie 2030 gemäß § 31 der Geschäftsordnung des Landtages
Energiestrategie 2030 (gemäß Beschluss des Landtages Brandenburg „Programm für die Fortschreibung der Strategien für Klimaschutz und Energie des Landes Brandenburg“ vom 25.03.2010 - Drs. 5/625-B)
Energiestrategie 2030 - Katalog der strategischen Maßnahmen (gemäß Beschluss des Landtages Brandenburg „Pro- gramm für die Fortschreibung der Strategien für Klima- schutz und Energie des Landes Brandenburg“ vom 25.03.2010 - Drs. 5/625-B)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielerorts wird über die Energiewende geredet. Hier in unserem Lande, in Brandenburg, setzen wir sie schon seit Jahren in die Tat um. Anderenorts wird nach Strategien gesucht. Wir haben sie und sind dabei, sie weiterzuentwickeln.
Mit der vor drei Wochen verabschiedeten Energiestrategie 2030 bleiben wir beim Klimaschutz weiter deutlich vorn. Wir sichern Brandenburgs Vorrangstellung bei den erneuerbaren Energien, und wir bleiben unverzichtbarer Anker einer verantwortbaren, verantwortlichen, sicheren und bezahlbaren Energieversorgung nicht nur für uns, sondern auch für die gesamte Hauptstadtregion und den Industriestandort Deutschland.
Und wir schaffen die Grundlage für Wertschöpfung und Arbeitsplätze in unserer Energiewirtschaft. Damit, meine Damen und Herren, weist die Energiestrategie 2030 den Weg zu einer zukunftstauglichen Energieversorgung, und sie stärkt - das ist mir ausgesprochen wichtig - das industriepolitische Fundament unseres Landes als Grundlage unseres Wohlstandes und auch als Grundlage sozialer Gerechtigkeit.
Brandenburg ist ein Energieland und wird ein Energieland bleiben. Dabei verbinden wir ökonomische und ökologische Ansprüche miteinander. Diesen Weg werden wir auch künftig gehen.
All jenen, die lautstark von verpassten Chancen sprechen, möchte ich eines sagen: Brandenburg ist gerade deshalb zum Vorreiter beim Aufbau einer klimaverträglichen Energiestruktur geworden, weil für unsere Landespolitik immer der Grundsatz gilt: Ja, wir lassen uns von hochgesteckten Zielen und Zielstellungen leiten, entscheiden aber immer mit Augenmaß und Vernunft.
Unsere Energiestrategie 2030 verschiebt das Gewicht weiter in Richtung erneuerbarer Energien. Das gebieten die ökologische Verantwortung angesichts des Klimawandels und unabhängig davon die zunehmende Verknappung fossiler Energieträger, die sich bereits deutlich auch auf die Entwicklung der Mineralölpreise niederschlägt. Uns ist auch bewusst, wie schwer dieses Gewicht wiegt. Schließlich wollen und müssen wir alle Brandenburgerinnen und Brandenburger auf diesem Weg mitnehmen, und wir müssen die teilweise noch jungen Industrien unseres Landes mitnehmen. Wir dürfen uns nicht verheben, und wir dürfen nicht riskieren, dass uns das Gewicht am Ende auf die Füße fällt.
Die Energiestrategie ist Ergebnis der kontinuierlichen Weiterentwicklung unserer Energiepolitik. Nach knapp vier Jahren ersetzt sie die Vorgängerstrategie aus dem Jahre 2008. Die Landesregierung reagiert damit auf die verschärfte Dynamik im Energiebereich, die sowohl die technologische Seite als auch den globalen und den nationalen Handlungsrahmen betrifft. Unsere neue Strategie steht damit im Zeichen einer energiepolitischen Welt - das spüren wir alle -, die sich schneller dreht als je zuvor. Wir leben heute in einer Welt, in der immer mehr Men
schen den globalen Klimawandel am eigenen Leibe - etwa in Form klimabedingter Naturkatatstrophen - erfahren. Wir leben in einer Welt, in der sich die Abhängigkeit von ausländischen fossilen Rohstoffvorkommen immer akuter auf unsere Versorgungssicherheit auswirkt. Ich erinnere nur an den Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland oder auch an die Drosselung russischer Gaslieferungen im letzten Winter.
Und: Denken wir alle an die äußerst fragile Situation in der arabischen Welt! Wir leben in einer Welt - das müssen wir uns völlig klarmachen -, in der die Frage der Energiepreise nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden wird, zumal die Nachfrage aufstrebender Staaten wie China stetig steigt, der globale Energiebedarf also zunimmt und nicht sinkt.
In diesem ebenso dynamischen wie vielschichtigen globalen Kontext gibt es für einen Akteur wie das Land Brandenburg wahrlich nicht so viele Stellschrauben, an denen es aktiv drehen kann, und es sind uns enge Leitplanken in Form nationaler wie internationaler Zielsetzungen, rechtlicher Rahmenbedingungen, aber auch technologischer Entwicklungen vorgegeben.
Die jüngste globale Entwicklung hat vor allem ein Ereignis beeinflusst, das zwar nicht unvorhersehbar, aber in dieser Form unvorhergesehen war: die Atomkatastrophe von Fukushima und der anschließend überstürzt beschlossene - nachdem vorher der Wiedereinstieg beschlossen war - Atomausstieg der schwarzgelben Koalition.
Wir stehen jetzt ganz konkret vor der Frage: Wie vermeiden wir, dass das Ende der Atomkraft in Deutschland eine gefährliche Lücke in unsere Energieversorgung reißt? Diese Gefahr - auch das gehört in den Kontext - wäre heute schon wesentlich kleiner, hätte das liberal-konservative Spektrum dieser Republik nicht so lange an dem Irrglauben festgehalten, die Atomkraft sei das Rezept gegen den Klimawandel. Das hat uns erheblich zurückgeworfen.
Meine Damen und Herren! Eines zeigen die vergangenen vier Jahre ganz deutlich: Brandenburg ist Vorreiter bei den erneuerbaren Energien in Deutschland. Wir wurden dafür gleich zweimal hintereinander mit dem Leitstern als bestes Bundesland ausgezeichnet, und wir haben uns dabei zu einer der dynamischsten Wirtschaftsregionen Europas entwickelt. Beides hängt durchaus miteinander zusammen, und darum werden wir diesen Kurs auch fortsetzen. Deshalb haben wir uns in den vergangenen eineinhalb Jahren intensiver und systematischer mit unseren energiepolitischen Perspektiven beschäftigt als jedes andere Bundesland. Ich will die Komplexität dieses Arbeitsprozesses hier nicht in all seinen Fassetten ausbreiten. Interessierte können sich aber das Methodenkapitel der Energiestrategie anschauen, besonders diejenigen, die glauben, die Landesregierung betreibe Energiepolitik nach Gutdünken. Nein, wir haben wahrlich keine einsamen Entscheidungen getroffen. Wir haben nicht im stillen Kämmerchen Ziele und Maßnahmen ausgebrütet, sondern - und da danke ich Ralf Christoffers ganz ausdrücklich den Prozess für alle Interessen und alle Sichtweisen in unserem Lande geöffnet, und davon gibt es wahrlich viele.
Das Spektrum der möglichen Sichten haben wir heute allein um den Landtag herum deutlich wahrnehmen und aufnehmen können.
Das Maßnahmenpaket der Energiestrategie ist das Ergebnis von Strategiewerkstätten unter Beteiligung von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verbänden. In die Endfassung der Konzeption haben wir externe Stellungnahmen einfließen lassen. Auch innerhalb der Regierungsparteien haben wir eine offene Diskussion - ohne Scheuklappen oder ideologische Einheitslinie geführt, weil: Dieses Thema hat es verdient, dass es eine intensive Diskussion gibt, denn es ist das Kernthema der Zukunftsgestaltung in unserem Lande.
Meine Damen und Herren! In einem so vielschichtigen Politikfeld mit einer so vielschichtigen Interessenlage kann und darf das Ergebnis am Ende nicht in einer eindimensionalen Strategie bestehen. Deshalb zielt unsere Energiestrategie darauf ab, in ausgewogener Weise mehrere energiepolitische Ziele zugleich zu verfolgen. Sie zielt in gleichem Maße auf Umwelt- und Klimaverträglichkeit, aber auch auf Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit sowie auf öffentliche Akzeptanz und gesellschaftliche Beteiligung ab. Was aber heißt das? Was können die Bürger unseres Landes, was können die Brandenburgerinnen und Brandenburger von der Energiestrategie erwarten?
Erstens: Der Strom wird auch in Zukunft verlässlich aus der Steckdose kommen. Gerade vor dem Hintergrund des deutschen Atomausstiegs und der weltweiten Ressourcenverknappung trägt Brandenburg als Stromexportland und Stromtransitland zur bundesweiten Energiesicherheit bei.