Protocol of the Session on August 30, 2012

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 61. Plenarsitzung des Landtages Brandenburg und begrüße als Erstes Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kämmerei des Landkreises Dahme-Spreewald. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, Ihnen liegt der Entwurf der Tagesordnung vor. Gibt es hierzu Bemerkungen? - Da dies nicht der Fall ist, lasse ich über die Tagesordnung abstimmen. Wer ihr zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall, somit ist die Tagesordnung beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Seen in öffentlicher Hand - Gemeinwohlbelange gesichert!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/5845

Dazu liegen ein Entschließungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 5/5905 -, ein Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/5906 - und ein Entschließungsantrag der FDP-Fraktion - Drucksache 5/5911, Neudruck - vor.

Wir beginnen mit dem Redebeitrag der antragstellenden Fraktion. Der Abgeordnete Luthardt spricht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Thema angepasst habe ich mich heute extra blau angezogen.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Heiterkeit)

An welche Dinge denken Sie, wenn Sie an Heimat, an Brandenburg denken? Sicherlich an die Weite der Landschaft, den Duft von Kiefern am Sommerabend, das Kreisen der Adler über Felder - und Seen. Ja, besonders die Seen sind ein Markenzeichen der Mark. Übrigens waren sie ein Grund für mich, von Thüringen hierher nach Brandenburg zu kommen.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE und SPD)

Heute kann ich sagen: Das ist meine Heimat, die ich gern mit vielen Brandenburgerinnen und Brandenburgern teile. Was kann schöner sein, als sich nach einem heißen Sommertag in das kühlende Wasser eines der über 3 000 Seen zu begeben?

Neben dem Schutz dieser Juwelen in ökologischer Hinsicht und der wirtschaftlichen Bedeutung für Fischerei und Angelei ist die Sicherung der Gemeinwohlbelange ein äußerst wichti

ger Aspekt. Dabei spielt die eigentumsrechtliche Seite unbenommen eine wichtige Rolle. Seenschutz ist in Brandenburg seit langem ein wichtiges Thema. Vor allem in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es zahlreiche Aktivitäten, um die zunehmende Verbauung und damit die Unzugänglichkeit von Seeufern zu stoppen. Diese Aktivitäten gingen vom Naturschutz aus, und das Ziel war interessanterweise nicht der strenge Schutz, sondern die freie Zugänglichkeit der Seen. Hier ein Zitat von Hans Klose, einer der Pioniere des amtlichen Naturschutzes in Preußen:

„Sünde und Schande wäre es, wenn die heimattreuen Märker und Berliner sich ihren kostbaren Besitz, ihre schönen Seen und Seeufer rauben oder bis zur Unkenntlichkeit beeinträchtigen ließen. Niemals würden unsere Kinder und Kindeskinder uns dies verzeihen. Was einmal versäumt wird, lässt sich nie wiedergutmachen.“

(Beifall DIE LINKE)

Es ist des Nachdenkens wert, dass der Preußische Landtag am 29. Juli 1922 - vor fast genau 90 Jahren - das Gesetz zum Erhalt des Baumbestandes und zur Freigabe von Uferwegen im Interesse der Volksgesundheit verabschiedete. Also: Wir stehen hier in einer guten Tradition.

Meine Partei und die Landtagsfraktion DIE LINKE haben sich stets dafür eingesetzt, dass die Seen öffentlich zugänglich bleiben. Wir haben die Petition an den Bundestag unterstützt, welche 2009 zu dem Verkaufsstopp durch die bundeseigene BVVG führte. Wir Linken haben im Dezember 2009 hier im Landtag auch eine kostenlose Übertragung gefordert, denn schließlich hat die Bundesrepublik diese Seen aus dem ehemaligen Volkseigentum kostenlos erhalten, und es ist schwer nachzuvollziehen, warum Steuergelder von einer öffentlichen Hand in die andere fließen. Dieser Weg wurde jedoch seitens der Bundesregierung abgelehnt, indem sie sich auf den Privatisierungsauftrag aus dem Treuhandgesetz berief. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat dies in seiner Sitzung am 24. März 2010 gegen die Stimmen der Linken mehrheitlich bestätigt und die kostenlose Übertragung abgelehnt.

Nach monatelangen Verhandlungen kam das Verkaufspaket zustande, welches 65 Seen - das sind 3 135 ha - beinhaltet. Für den ausgehandelten Ausgleichsbetrag wurden rund 3,74 Millionen Euro aus dem allgemeinen Haushalt - Einzelplan 20 - bereitgestellt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte es an dieser Stelle sagen: Unser Dank gilt der Landesregierung - speziell dem Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft und dem Ministerium der Finanzen

(Beifall DIE LINKE und SPD)

für die Verhandlungen und die Bereitstellung der Mittel. Das ist sehr positiv für uns alle, für uns Brandenburgerinnen und Brandenburger, für unsere Heimat.

Weitere 17 Seen wurden als sogenanntes Preußenvermögen identifiziert und stehen damit dem Land unentgeltlich zu. Bei 36 Seen wurde durch das Land kein Kaufinteresse angemeldet, da es sich dabei um keine eigentumsreinen Grundstücke handelt. Bei Mischbesitz hat ein Eigentümer nur sehr beschränkte

Einflussmöglichkeiten - beispielsweise bei einem handtuchartigen Flurstück inmitten eines Sees. Deshalb wäre hier zum einen der Gestaltungsspielraum des Landes zu gering, zum anderen das Missbrauchspotenzial durch einen Privateigentümer ebenfalls begrenzt.

Immerhin ist mit der BVVG ausgehandelt worden, dass Kommunen und gemeinnützige Träger die Möglichkeit des direkten Kaufs haben. Das ist sehr viel besser als eine reine Privatisierung an den Meistbietenden. Seen unter 5 ha werden noch auf ihre Bedeutung für die Öffentlichkeit untersucht und entsprechend den Möglichkeiten in ein weiteres Paket eingebettet.

In der Diskussion wird oft vergessen, dass neben dem Kauf der jetzigen 65 Seen und der Preußenseen noch über 50 Seen im Rahmen des Nationalen Naturerbes an das Land bzw. an gemeinnützige Naturschutzvereine und -stiftungen übertragen wurden und werden.

Auch diese waren im Eigentum der BVVG und wären ansonsten privatisiert worden.

Doch kommen wir zu den anstehenden Aufgaben, das heißt der endgültigen Zuordnung der 65 Seen. Im Entwurf zum Haushaltsgesetz 2013/2014 ist in § 16 vorgesehen, dass die Seen zu 100 % unter dem Wert veräußert werden können, wenn dem der Ausschuss für Haushalt und Finanzen des Landtages zustimmt. Es ist ein eindeutiges Ziel der rot-roten Landesregierung, dass diese Seen in öffentlicher Hand bleiben.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Zuordnung an die zukünftigen Eigentümer ist eine Aufgabe, die unmittelbar ansteht. Ziel der bereits gebildeten Interministeriellen Arbeitsgruppe IMAG ist es, den Interessenausgleich zwischen den betroffenen Ressorts - Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Finanzministerium und Innenministerium - herbeizuführen.

Nach unserer Auffassung muss ein entsprechendes Handlungsschema ausgearbeitet werden, nach dem die Seen zu beurteilen sind. Dabei sind verschiedene Optionen denkbar: einerseits die Zuordnung von Seen und Uferflächen an die Landkreise und Gemeinden, besonders dann, wenn ein kommunales Interesse besteht oder es bereits bestehendes kommunales Miteigentum gibt, andererseits der Verbleib von Seen und Uferflächen beim Land. Hierbei sollten entsprechende Ressortzuordnungen durchgeführt werden, so zum Beispiel bei umliegenden Landeswaldflächen an das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft bzw. an den Landesbetrieb Forst Brandenburg oder - bei vorrangigem Naturschutzwert - an das Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz bzw. an die Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg. Dies soll, wie gesagt, in der bestehenden IMAG beraten werden.

Unabhängig von der Eigentumsform ist es das Ziel der rot-roten Koalition, die Begehbarkeit von Seeufern für die Öffentlichkeit zu sichern, damit es nicht wieder zu Vorgängen kommt wie am Griebnitzsee oder am Groß Glienicker See in Potsdam.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Das Ziel ist klar formuliert und wird im neuen brandenburgischen Naturschutzausführungsgesetz umgesetzt. Wie die Regelung am besten rechtssicher auszugestalten ist, ist noch Gegenstand der Diskussion im parlamentarischen Verfahren. Damit wird durch dieses Parlament und diese Regierung der Auftrag aus der Verfassung des Landes, deren 20. Geburtstag wir ja vor wenigen Monaten gefeiert haben, umgesetzt.

Meine Damen und Herren, um es noch einmal mit aller Deutlichkeit zu sagen: Das Gemeinwohl geht hier vor Eigennutz. Wir wollen natürlich das Grundrecht auf Eigentum respektieren, aber dem berechtigten Interesse der Allgemeinheit ausreichend Platz geben. Seen sind mehr als flüssiges Geld; sie sind Teil unserer Natur, unserer Kultur, unserer Heimat Brandenburg. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Der Abgeordnete Dombrowski spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Der Landtag fordert vom Bund und seiner Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) ein Ende der bisherigen Praxis der Seenprivatisierung und die Schaffung genereller Voraussetzungen für eine kostenlose Übertragung von Gewässern an die ostdeutschen Bundesländer und Kommunen.“

Das, meine Damen und Herren, war der klare Handlungsauftrag der Regierungskoalition an die Landesregierung Brandenburg, der mit Ihren Stimmen im Dezember 2009 in diesem Landtag beschlossen wurde. Heute kann ich für meine Fraktion ganz klar feststellen: Hätte sich das Land auf diese Position ausschließlich zurückgezogen - Brandenburg würde bis heute kein ernsthaftes und verhandlungsfähiges Angebot des Bundes auf dem Tisch haben.

(Beifall CDU - Görke [DIE LINKE]: Ich weiß gar nicht, wieso man da klatschen kann!)

Daran hat auch die Initiative von Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat im Dezember 2009, der Brandenburg beigesprungen ist, nichts geändert.

Meine Damen und Herren, es gibt grundsätzlich immer zwei Möglichkeiten: Entweder ich verschließe die Augen vor der Realität und male mir die Welt, wie sie mir gefällt, oder ich versuche, wirklich etwas auf den Weg zu bringen. Für die zweite Möglichkeit hatte sich meine Fraktion entschieden.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Es geht auch beides!)

Am 23. Februar 2010 haben mein Kollege Danny Eichelbaum und ich auf Initiative der Staatssekretärin Katherina Reiche ein Gespräch mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im …

(Lachen bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das darf Katherina Reiche, darüber müssen Sie sich nicht aufregen.

… Bundesfinanzministerium, Herrn Kampeter, geführt. Uns ging es darum, auszuloten, ob die im Eigentum der BVVG befindlichen Seen im Rahmen einer tragfähigen Lösung für alle ins öffentliche Eigentum überführt werden können. Am Ende dieses Gespräches signalisierte das Bundesfinanzministerium seine Bereitschaft, die Gewässer im Wege eines Paketes an Brandenburg zu veräußern. Damit war eine Paketlösung geboren. Zumindest die beteiligten Minister Markov, Vogelsänger und Tack werden unser Schreiben vom 24. Februar 2010 kennen - ich habe es hier -, in dem genau der Sachstand mitgeteilt wurde, verbunden mit der Bitte, Verhandlungen aufzunehmen. Einige Monate später sind wir auch hier im Landtag aktiv geworden.