Protocol of the Session on June 7, 2012

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 58. Plenarsitzung. Ihnen ist die Tagesordnung für heute zugegangen. Sie sieht Redezeiten bis nach 20 Uhr vor. Gestern ist angekündigt worden, heute nachzufragen, wie wir es mit der Mittagspause halten. Inzwischen habe ich gehört, dass sich heute Mittag in der CDU-Fraktion eine „Jungpolitikerin“ vorstellen will, sodass wir nicht ganz auf die Mittagspause verzichten sollten. Mein Vorschlag ist, sie auf 30 Minuten zu begrenzen. Dann besteht für die CDU genügend Zeit, das neue Mitglied zu begrüßen, und die Übrigen können ihre Essenszeiten ein bisschen verteilen. Gibt es Einverständnis oder Widerspruch? - Einverständnis.

Ich lasse über die Tagesordnung abstimmen. Wer ihr folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen oder Stimmenthaltungen? - Damit ist die Tagesordnung beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Reform der staatlichen Schulämter auf solide Basis stellen und Schulaufsicht zukunftsfähig gestalten

Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 5/5416

(Unruhe)

- Wenn der erste Redner spricht, bitte ich Sie um etwas mehr Ruhe und Aufmerksamkeit. Das ist das Thema sicherlich wert.

Ihnen liegt dazu ein Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und FDP, Drucksache 5/5460, vor.

Der Abgeordnete Büttner beginnt die Debatte für die FDPFraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! CDU und FDP haben sich darauf verständigt, Ihnen einen Antrag vorzulegen. Der Kollege Hoffmann von der CDU und ich haben uns darauf verständigt, zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde zu beantragen, da es in diese Hause leider üblich ist, dass die Bildungsthemen am Ende diskutiert werden. Wir glauben, dass dieses Thema sehr aktuell ist. Wenn man sich die Betroffenheit in der Region anschaut, wird man das nicht absprechen können.

Auf das Land Brandenburg kommen mit der demografischen Entwicklung große Herausforderungen zu. Natürlich muss sich auch das Bildungswesen auf diese Entwicklung einstellen und darauf vorbereitet werden.

(Krause [DIE LINKE]: Genau!)

Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport geht dabei seinen komplett eigenen Weg, der nun eher zur Stolperfalle für die Ministerin wird.

Im Koalitionsvertrag wird auf Seite 9 die Aufgabenkritik und Evaluation der staatlichen Schulämter angekündigt, die als Grundlage für die Reform dienen sollen. Wir Mitglieder des Bildungsausschusses waren natürlich sehr an dem Evaluationsbericht interessiert, wurden vom Ministerium aber immer wieder vertröstet. Am 1. Dezember letzten Jahres lag dann der besagte Bericht nach einer Pause der Bildungsausschusssitzung plötzlich auf unseren Plätzen. Die GEW und der Brandenburgische Pädagogenverband waren dem Ministerium zuvorgekommen. Es war eine interessante Situation. Die Ministerin war zunächst sprachlos, der Staatssekretär sauer, und nicht nur die Mitglieder der Oppositionsfraktionen waren überrascht. Auch den Mitgliedern der Regierungskoalition stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben.

Als wir dann anfingen, Fragen zu stellen, bekamen wir statt Antworten nur Ausflüchte. Da gab es wohl ein Missverständnis. Das Ministerium hatte gedacht, wir seien nur an der Auswertung der Evaluation interessiert usw. In Wahrheit ist dies aber Kennzeichen des schlechten Umgangs der Regierung mit dem Parlament und der Bevölkerung, der sich auch bei der Vorstellung der Reformpläne fortgesetzt hat.

Am 28. März 2012 verkündete Frau Münch ihre Pläne in einer Pressemitteilung und kündigte die Einrichtung einer Landesschulagentur mit vier Regionalstellen mit dem Hinweis an, dass diese Struktur eine effiziente und zukunftssichere Schulaufsicht schaffe. Als die Ministerin ihre Pläne im Bildungsausschuss vorstellte, habe ich gefragt, welche qualitative Verbesserung wir eigentlich durch die Reform der staatlichen Schulämter bekommen. Antwort: Fehlanzeige! Wir haben keine Antwort darauf bekommen, welche qualitativen Verbesserungen durch diese Reform der staatlichen Schulämter eigentlich erfolgen sollen.

In Wahrheit ist es doch so, dass diese Reform wieder nur eine Sparmaßnahme ist und einer Grundlage völlig entbehrt. Als uns die PowerPoint-Präsentation im Ausschuss präsentiert wurde, war darin eben kein Konzept abzulesen, wie die Aufgaben der Schulaufsicht verteilt und effizienter erfüllt werden sollen. Wenn Sie jetzt sagen, Frau Ministerin Dr. Münch, dass Sie daran gerade arbeiteten, zäumen Sie das Pferd erneut von hinten auf. Das ist der falsche Weg, Frau Ministerin.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Was ist das Ergebnis dieses ganzen Desasters? Das Ergebnis dieses Desasters ist, dass Sie bei allen Beteiligten, bei den Mitarbeitern in den Schulämtern, bei den Gewerkschaften für Unruhe, Protest und Vorbehalte gesorgt haben. Das ist die denkbar schlechteste Voraussetzung für eine umfassende Reform, die Sie nun aufs Spiel gesetzt haben - und das auch noch ohne Not. Warum haben Sie denn niemanden beteiligt, um eine umfassende und zukunftsfähige Regelung zu erarbeiten? Warum sind Sie denn nicht daran interessiert, eine leistungsfähige Schulaufsicht zu verwirklichen? Die einzige Antwort darauf ist, dass Sie auf Kosten des ohnehin angeschlagenen Bildungssystems sparen wollen.

Frau Ministerin, Sie handeln von oben herab. Sie oktroyieren den Menschen Dinge auf, deren Ausmaß Sie nicht einschätzen können. Sie verzichten auf Expertenmeinungen und auf die Beteiligung der Betroffenen und setzen damit die Leistungsfähigkeit des Landes aufs Spiel. Alle Verkündungen, die Bildung habe für die rot-rote Landesregierung Priorität, werden zur Farce. Damit verlieren Sie auch den Rückhalt bei den Lehrerinnen und Lehrern, bei den Schülern und bei den Eltern. Das können Sie nahezu jeden Tag in den Protestbriefen, die Sie erreichen, nachlesen. Aber Sie ändern nichts. Das ist das wahre Gesicht dieser ja so sozialen rot-roten Landesregierung.

Besonders betroffen sind die Landkreise Barnim und Uckermark. Hier fällt der Standort der Schulaufsicht gänzlich weg, sodass diese Region in den Zuständigkeitsbereich Frankfurt (Oder) einbezogen wird.

(Görke [DIE LINKE]: Partikularinteressen!)

Damit werden die Schulen im Nordosten abgehängt. Wie, sehr geehrte Frau Ministerin, wollen Sie denn bitte schön eine Schulaufsicht gestalten, die trotz extremer Distanzen eine bürgernahe und vor allem qualitativ hochwertige Beratung garantiert? - Herr Kollege Görke, wenn Sie hier zwischenrufen, wir verträten hier Lokalinteressen …

(Görke [DIE LINKE]: Partikularinteressen habe ich gesagt!)

- Partikularinteressen. Das ist gut. Das werden wir den Mitarbeitern des staatlichen Schulamtes sagen, dass Sie der Meinung sind, das sei nur die Vertretung von Partikularinteressen.

(Bischoff [SPD]: Du wolltest schließlich alles abschaffen!)

Der Nordosten des Landes wird komplett abgehängt. Sie können ja einmal nachfragen, wie eine Mitarbeiterin des staatlichen Schulamtes aus dem Norden der Uckermark nach Frankfurt (Oder) kommt. Haben Sie sich einmal angeschaut, wie lange die fahren müssen? Zweieinhalb Stunden.

(Zurufe von SPD und DIE LINKE)

- Frau Kollegin Mächtig, zu Ihnen komme ich gern. Sie waren es nämlich, die in einer Versammlung im Staatlichen Schulamt Eberswalde gesagt hat, dass diese Reformpläne schlichtweg falsch seien.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Genau!)

Dann kommen Sie nach vorn und erklären für Ihre Regierungskoalition, dass diese Reformpläne falsch sind, und stehen Sie zu Ihrem Wort, und machen Sie das nicht nur in einem abgeschlossenen Raum.

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Da können Sie gleich den Kollegen Krause mitnehmen, der neben Ihnen saß und das auch bestätigt hat.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das können Sie alles ruhig sagen! Wir antworten auch darauf!)

Wie, Frau Ministerin, wollen Sie diese Schulaufsicht gestalten, die trotz dieser extremen Distanzen eine bürgernahe und vor

allem qualitativ hohe Beratung garantiert? In diesen Regionen wird Bildung groß geschrieben, weil die Menschen wissen, welche Zukunftschance Bildung für ihre Region ist. Sie, Frau Ministerin, wollen das unterlaufen.

Wir können die Vorbehalte der betroffenen Menschen verstehen. Wir Liberale wollen eine leistungsfähige Schulaufsicht, die eine qualitativ hochwertige Beratung in der Schule gewährleistet. Darum haben wir Ihnen heute einen Entschließungsantrag vorgelegt, der den Stopp der Pläne zur Reform der Unteren Schulaufsicht vorsieht.

Wir Liberale sind wohl der Meinung, dass eine Reform der Schulaufsicht nötig ist, damit sie im Zuge der demografischen Entwicklung leistungsfähiger gemacht werden kann.

(Günther [SPD]: Sie wollen nichts ändern!)

Aber es nützt doch nichts, hier eine Umwälzung vom Zaun zu brechen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Darum: Warten Sie die Ergebnisse der Enquetekommission 5/2 ab, die sich mit diesem Themenbereich beschäftigt, in der Fachleute und Wissenschaftler sitzen und an der der Gesetzgeber des Landes beteiligt ist. Das ist der Grund, aus dem dieses Gremium eingerichtet worden ist. Eine Geringschätzung durch das Bildungsministerium durch eine Vorwegnahme von Ergebnissen ist der falsche Weg.

Im Vordergrund muss das Ziel starke Schulaufsicht stehen. Daher darf es bei der Prüfung von Möglichkeiten der Ausgestaltung keine Denkverbote geben, Herr Kollege Günther. Sie haben gerade dazwischengerufen, wir wollten nichts verändern. Doch, wir wollen etwas verändern. Um eine präsente Schulaufsicht zu gewährleisten, wäre eine Verlagerung der Unteren Schulaufsicht auf die Landkreise als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung möglich - im Übrigen kein völlig neues Modell; das hatten wir in Brandenburg schon einmal. Der Vorteil einer solch schulnahen Aufsicht ist, dass diese im Gegensatz zu schwerfälligen Behördenstrukturen besser und schneller auf Probleme vor Ort reagieren kann, indem die Schulleiter eingebunden werden. Die Menschen kennen die Bedarfe vor Ort, darum wäre dies ein guter Lösungsansatz, den man weiterverfolgen könnte.

Wenn ich bisher alles richtig verstanden habe, Frau Kollegin Kaiser, was aus Ihrer Fraktion kommt, dann ist Ihre Fraktion hinsichtlich einer Übertragung der Schulaufsicht auf die Landkreise nicht weit von unserer Position entfernt. Insofern sollten Sie einmal darüber nachdenken, dies in Ihrer Regierungskoalition durchzubringen.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wir sagen gleich etwas dazu!)

Wir brauchen endlich maßgeschneiderte, optimierte Lösungen für Schulen im inneren Verflechtungsraum und im ländlichen Raum, die der Bevölkerungsentwicklung im Land Brandenburg auch in Zukunft standhalten und nicht dem Spardiktat des Finanzministers unterworfen ist. Wir benötigen eine Schulaufsicht, die ihre Unterstützungs- und Beratungsfunktion wahrnehmen kann und zukünftigen Entwicklungen standhält. Reden Sie mit den Beteiligten statt über sie. Diese Reform darf so nicht durchgeführt werden. Sie wird auf dem Rücken der Beschäftigten der staatlichen Schulämter durchgeführt, der Lehrerinnen und Lehrer, der Eltern und vor allen Dingen der Schülerinnen und Schüler in diesem Land. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Günther.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP ist nicht oft mit einer Aktuellen Stunde dran. Trotzdem sollten die Themen für die Aktuelle Stunde auch wirklich aktuell sein. Mit dem Thema Schulämter kommt die FDP gewaltig aus dem Mustopf.

(Frau Melior [SPD]: Genau!)

Anfang des Jahres kochte das Thema in der Tat hoch, und ich sage, auch zu Recht, nachdem die Landesregierung zuvor eine grundsätzliche Entscheidung über die Einrichtung eines Landesschulamtes getroffen hatte. Anschließend ist glücklicherweise Ruhe eingekehrt. Im März ist bei diesem Thema weißer Rauch aufgestiegen. Gewerkschaften, Personalvertretungen und Ministerium hatten intensiv miteinander beraten, hatten viele der über 170 einzelnen Aufgaben der Schulämter entweder der zentralen Schulbehörde oder den Regionalstellen zugeordnet. Dieser Prozess läuft immer noch.