Protocol of the Session on February 27, 2013

Meine Damen und Herren, wie Sie sehen, ist es 10 Uhr. Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen, und begrüße Sie zur heutigen Sitzung des Landtages Brandenburg.

Gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 3 der Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg habe ich Ihnen mitzuteilen, dass der Sonderausschuss BER in seiner konstituierenden Sitzung am 14.02.2013 die Abgeordnete Frau Geywitz als Vorsitzende und den Abgeordneten Herrn Senftleben als stellvertretenden Vorsitzenden gewählt hat. Viel Erfolg bei eurer Arbeit!

Ich habe Ihnen weiterhin mitzuteilen, dass die Anträge „Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr jetzt! - Schutz der menschlichen Gesundheit, umfassendes Nachtflugverbot am BBI von 22 Uhr bis 6 Uhr sichern“ - Drucksache 5/6616 - sowie „Meinung der Bevölkerung und der Partei Die Linke ernst nehmen - Fluglärm begrenzen - Gesundheit der Anwohner schützen - 3. Startund Landebahn des Flughafens BER ausschließen“ - Drucksache 5/6670 - des Abgeordneten Schulze zurückgezogen wurden.

Meine Damen und Herren, wir begrüßen nun bei uns im Landtag ganz herzlich die Schülerinnen und Schüler des WeinbergGymnasiums in Kleinmachnow. Einen spannenden Vormittag für euch!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Thema:

Strompreissicherungspaket darf nicht zu einem Hindernis für Erneuerbare Energien werden - Die Energiewende sozial gestalten!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/6846

Der Abgeordnete Domres beginnt die Debatte für die Linksfraktion.

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jederzeit beliebig viel Energie zur Verfügung zu haben - was das bedeutet und was das voraussetzt, rückt erst allmählich in unser Bewusstsein.

Wie geht es weiter mit der Energiewende in Deutschland? Das haben wir bereits in der letzten Landtagssitzung diskutiert. Nun stehen wir vor dem Energiegipfel von Bund und Ländern. Umwelt- und Wirtschaftsminister der Bundesregierung haben sich in der vergangenen Woche scheinbar geeinigt. Sie wollen ein gemeinsames Konzept vorlegen, um den Anstieg der Strompreise zu stoppen.

Wer nun der Meinung war, dass eine ernsthafte Diskussion über die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende, über die Möglichkeiten der Strompreisstabilisierung und über die soziale Dimension der Energiewende beginnt, der irrt. Vielmehr kann man das, was die Bundesminister Altmaier und Rösler vorgelegt haben, als energiepolitische Placebos bezeichnen - Risiken und Nebenwirkungen aber nicht ausgeschlossen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Energiewende wird diskreditiert. Zudem wird weiterhin auf fossile Energien gesetzt und der Atomausstieg noch immer hintertrieben. Ein Irrweg, der teuer wird, der gefährlich ist und der die Treibhausgase weiter steigen lässt. Die erneuerbaren Energien werden von der Bundesregierung als Sündenbock für steigende Energiepreise deklariert, um von eigenen Managementfehlern der Energiewende abzulenken. Ein Gesamtkonzept einschließlich eines Finanzierungskonzeptes fehlt noch immer.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, um es vorwegzusagen: Die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe begrüßt die Linke ausdrücklich. Allerdings ist die Gefahr groß, dass im unmittelbaren Vorfeld der Bundestagswahl die Arbeitsfähigkeit leiden könnte. Das Schwarze-Peter-Spiel hat leider schon begonnen. Dieses Schwarze-Peter-Spiel ist nicht hilfreich und geeignet, um die Energiewende und die damit verbundenen Kosten- und Lastenverteilungen sozial und fair zu gestalten. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die vom Bund geplante Strompreisbremse zu einem Hindernis für den Ausbau und die Systemintegration der erneuerbaren Energien wird und die Akzeptanz für die Energiewende verloren geht.

(Görke [DIE LINKE]: Genau!)

Wer die ökologische Energiewende vorantreiben will, muss sie sozial gestalten.

(Beifall DIE LINKE, B90/GRÜNE sowie des Abgeord- neten Bischoff [SPD])

Die diesbezüglichen Vorstellungen der Linken haben wir bereits frühzeitig in die öffentliche Debatte gebracht: die Anpassung der bestehenden Transfersysteme zur Grundsicherung, BAföG und Wohngeld, die Absenkung der Stromsteuer, die Einführung eines bundesweiten Sozialtarifs für einkommensschwache Haushalte, die Einführung eines Bonussystems für die Speicherung des fluktuierenden PV- und Windstroms - insbesondere für Speichertechnologien im industriellen Maßstab -, bundesweite solidarische Umlage der Netzausbaukosten auch bereits getätigter Investitionen, das sich aus der steigenden Ökostromumlage ergebende zusätzliche Umsatzsteueraufkommen soll an die Stromverbraucher zurückgegeben werden, Ablehnung der Umlage auf die Strompreise wegen der fehlenden Netzanbindung von Offshore-Windparks, deutlicher Ausbau der Fördermaßnahmen für die energetische Sanierung und schlussendlich Zuschüsse für den Ersatz von alten Elektrogeräten durch energieeffiziente Geräte.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir bitte einen Blick auf die Strompreisentwicklung der letzten Jahre und deren Rahmenbedingungen: Bereits im Herbst, als die EEGUmlage für das Jahr 2013 bekannt gegeben wurde, kam es wie alljährlich - zu medialen Schlachten gegen die Energiewende. Neu war allerdings Folgendes: Erstmals argumentierten

die Kritiker auch mit der sozialen Komponente. Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei schuld, dass die Strompreise so immens steigen würden.

Wer das glaubt, hat die Preisentwicklung der vergangenen Jahre verschlafen. Die Strompreise für Haushaltskunden sind bereits in den letzten Jahren real gestiegen. Nach der Öffnung des deutschen Strommarktes im Jahr 1998 sind die Strompreise zunächst kurzzeitig gesunken. Anschließend sind sie für einen Haushalt mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 3 500 Kilowattstunden kontinuierlich auf 25,23 Cent/kWh im Jahr 2011 gestiegen. Seit 2000 ist der Strompreis um 14Cent/kWh gestiegen.

Der massive Anstieg der Strompreise der vergangenen Jahre ist keine unmittelbare Folge des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Im Bundesdurchschnitt ist der Strompreis für Haushaltskunden von 20,6 Cent/kWh im Jahr 2007 um 5,9 Cent auf 26,5 Cent/kWh im Jahr 2012 gestiegen, die EEG-Umlage dagegen im gleichen Zeitraum von 1,1 Cent/kWh auf nur 3,6 Cent/kWh.

Parallel sank durch den stetigen Ausbau der erneuerbaren Energien der Strompreis an der Strombörse um etwa 0,5 bis 0,6 Cent/kWh. Die Mehrkosten für die Förderung der erneuerbaren Energien für den Strompreis seit dem Jahr 2007 machen so bis zum Jahr 2012 weniger als 2 Cent/kWh aus und sind damit nur für ein Drittel des tatsächlichen Preisanstieges seit 2007 verantwortlich.

Weil das so ist, würde ich mir eine ehrliche Debatte und mehr Transparenz beim Strompreis wünschen.

(Beifall DIE LINKE, B90/GRÜNE sowie der Abgeord- neten Melior [SPD])

Eine glasklare Aufschlüsselung, wie sich der Strompreis wirklich bildet, ist eine zwingende Voraussetzung, um über eine Strompreisbremse zu entscheiden. Es muss transparent und für jeden nachvollziehbar dargestellt werden, welcher Anteil der Kosten an die Konzerne, welcher für Netzentgelte an Netzbetreiber und welcher für Steuern und Abgaben gezahlt wird.

Es ist bedauerlich, dass man die erneuerbaren Energien als alleinige Preistreiber stigmatisiert. Viele Gründe führen zur Strompreiserhöhung, nicht zuletzt steigende Preise bei Kohle, Öl und Gas und vielleicht auch bald beim CO2-Zertifikatehandel.

Bei der EEG-Umlage-Erhöhung im Jahr 2013 von 3,6 auf 5,27 Cent je Kilowattstunde ist zu beachten, dass im letzten Jahr einmalige Faktoren wie ein gesunkener Börsenpreis und die Nachzahlung aufgrund fehlerhafter Prognosen für die starke Steigerung bei der EEG-Umlage verantwortlich waren. Diese fallen nun weg. Zudem wurden die Vergütungssätze gesenkt. Starke Preissteigerungen durch die Ökostromumlage sind somit nicht zu erwarten. Außerdem sinkt der Strombörsenpreis und die Verbraucher könnten entlastet werden, wenn die Senkung bei ihnen ankommen würde; nicht nur ich frage mich, warum diese Entwicklung beim Stromkunden nicht ankommt und sich hierzu nichts im Papier der Bundesregierung wiederfindet.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist bemerkenswert, mit welcher Vehemenz nun der Ausbau der erneuerbaren Ener

gien zum Problem stilisiert wird. Dabei brauchen wir eine ehrliche Debatte über die wahren Kosten der Energiewende. Es muss ein transparentes Gesamtfinanzierungssystem der Energiewende geschaffen werden, welches berücksichtigt, dass die Energiewende sozial gestaltet und die entsprechenden Kosten fair verteilt werden müssen. Gesellschaftlich bedarf es Lösungen für den weiteren Ausbau, die Systemintegration und die Speicherfähigkeit der erneuerbaren Energien bei gleichzeitig sparsamem und effizientem Umgang mit Energie.

Dies wird aber nur gelingen und auf Akzeptanz treffen, wenn die soziale Frage als integraler Teil des ökologischen Umbaus der Energieversorgung begriffen wird. Die soziale Dimension der Energiegewinnung ist bisher sträflich vernachlässigt worden. Für die Linke dagegen ist die Energieversorgung integraler Bestandteil der Daseinsvorsorge. Strom muss für alle zur Verfügung stehen, und vor allem muss er auch für alle, unabhängig vom Einkommen, bezahlbar bleiben.

(Beifall DIE LINKE)

Nun vonseiten der schwarz-gelben Bundesregierung den Ökostrom als Kostentreiber zu brandmarken ist ein billiges Wahlkampfmanöver.

(Beifall DIE LINKE)

Die große gesellschaftliche Aufgabe, die Energiewende in Deutschland weiter zu gestalten, dem Wahlkampf zu opfern davor kann meine Partei nur warnen. Probleme werden so nicht gelöst, das Gegenteil ist der Fall.

Durch den Bundesumweltminister und den Bundeswirtschaftsminister sind Maßnahmen zur kurzfristigen Anpassung im EEG vorgeschlagen worden, um die Kosten des Ausbaus der erneuerbaren Energien zu dämpfen. Es sollen circa 1,86 Milliarden Euro, bezogen auf das Jahr 2014, gespart werden. Diese Kostenrechnung ist für mich nicht nur schwer nachvollziehbar. Ich halte es auch für verantwortungslos, solche Milliardensummen zu nennen, ohne sie zu erklären, schlüssige Berechnungen vorzulegen und auf die positiven Effekte der Energiewende hinzuweisen; gerade Brandenburg profitiert davon. Was völlig unterbelichtet ist: dass beispielsweise durch Energieeffizienzmaßnahmen wirklich Milliarden gespart werden und dies ein Konjunkturprogramm für Handwerk und KMU sein könnte.

Positiv zu beurteilen ist, dass es auch um eine faire Verteilung der EEG-Kosten gehen soll, insbesondere die vielen Ausnahmen, die energieintensive Unternehmen bekommen, sollen begrenzt werden. Das ist gut und richtig. Geplant ist die Mindestumlage der privilegierten stromintensiven Unternehmen ab dem 1. Januar 2014; wir könnten sie uns durchaus auch ab August 2013 vorstellen.

Auch die Branchen, die nicht im intensiven internationalen Wettbewerb stehen, sollen aus der besonderen Ausgleichsregelung herausgenommen und somit künftig nicht mehr privilegiert werden. Die Linke will nicht - das sage ich ausdrücklich die Wirtschaftlichkeit der Betriebe der energieintensiven Dienstleistungen gefährden, dennoch müssen diese Ausnahmen auf ein erträgliches Maß abgebaut werden.

(Beifall DIE LINKE)

Lassen Sie mich zu den gemeinsamen Vorschlägen des Bundesumweltministeriums und des Bundeswirtschaftsministeriums

zurückkommen, weil die gegenwärtige Preispolitik der schwarzgelben Bundesregierung noch an weiteren Stellen krankt. Einige möchte ich kurz nennen.

Die im Vergleich zu Onshore-Windkraft übermäßige Förderung der Offshore-Windkraft ist ein Beispiel. Abgesehen von den Problemen der Anbindung der Offshore-Windparks werden die Kosten als Offshore-Umlage letztlich den Verbrauchern „übergeholfen“. Der Vorschlag, die EEG-Umlage im Jahr 2014 auf den Wert von 2013 gesetzlich zu begrenzen, trifft bei den Linken durchaus auf Zustimmung, sofern die Gegenfinanzierung durch den Bund geklärt ist. Ein rückwirkender Eingriff auf Bestandsanlagen, wie sie CDU und FDP auf Bundesebene jetzt vorschlagen, lehnen wir wegen verfassungsrechtlicher Bedenken ab. Es ist aus unserer Sicht überhaupt nicht akzeptabel, dass der Vertrauensschutz bei vielen Investoren außer Kraft gesetzt wird.

Insgesamt greift das Stromsicherungspaket zu kurz und verunsichert die Planbarkeit von Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien, auch und gerade für Genossenschaften und Stadtwerke. Ein prominentes Beispiel: Die Stadtwerke München haben als größtes kommunales Unternehmen Anfang dieser Woche entschieden, dass aufgrund der fehlenden Rechtssicherheit die Ausbaupläne für erneuerbare Energien auf Eis gelegt werden. Fazit für uns: Die Energiewende und das Stromsicherungspaket haben leider nichts mit einer sozialen Gestaltung der Energiewende zu tun, und ich würde mich sehr freuen, wenn wir über diese Aspekte in dieser Aktuellen Stunde diskutieren könnten. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Für die CDU-Fraktion setzt der Abgeordnete Bretz die Debatte fort.