Philipp Magalski

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Last Statements

Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Eine ereignisreiche Legislaturperiode neigt sich dem Ende entgegen. Mensch, wie die Zeit vergeht! Es kommt mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen, als wir begonnen haben, in dieses Parlament einzuziehen, hier einen offenen Ort etablieren zu wollen und das politische Treiben in diesem Haus offener zu gestalten. Und ich glaube, dass es uns in Teilen doch sehr gut gelungen ist, denn die fraktionsübergreifende Arbeit, die wir in den vergangenen Monaten und Jahren geleistet haben, ist nicht von der Hand zu weisen.
Doch was ist das jetzt für ein Wahlkampf? – Wir müssen da draußen auf der Straße erklären, woran es denn liegt, warum Berlin so viel Geld in Großprojekten versenkt, anstatt es in sinnvolle soziale Projekte zu stecken. Diese Umstände sind widrig, auch für uns dort auf der Straße, denn es ist nicht mehr so, dass der RBB wie 2011 noch alle im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien eingeladen hat, ausführlich zu berichten, was sie für Berlin tun wollen, sondern er hat jetzt 2016 seine Agenda mal eben geändert, und das soll nicht mehr für uns Piraten gelten, die da leider weitgehend ausgeladen sind.
Das hat einen sehr seltsamen Beigeschmack. Es ist ja so, dass wir ohnehin schon die mit dem geringsten Wahlkampfbudget sind und alles selbst machen ohne Agenturen und gekaufte Dienste – aber geschenkt! Das macht mich als Demokrat auf der Straße aber eigentlich nur noch viel stärker und viel stolzer, dass wir eben trotz dieser widrigen Umstände einen – energetischen, hätte ich beinahe gesagt –, einen energischen Wahlkampf
bei den Menschen dort draußen auf der Straße machen und die politische Willensbildung fördern und fordern, herausfordern, wählen zu gehen zu den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in zehn Tagen. Denn es ist dieses Mal vermutlich wichtiger als jemals zuvor: für diese Stadt und um die Vielfalt, die Offenheit und Toleranz in dieser Stadt aufrechtzuerhalten.
Man kann dann auch stolz darauf sein, wenn man ein gewisses Feedback aus den Reihen der Bürgerinnen und Bürger bekommt und der Zuspruch eigentlich noch da ist, den man braucht, um es jetzt wieder anzugehen, um in den letzten zehn Tagen, wo wir möglicherweise gerade wieder bei 4 Prozent stehen, damit wir das eben doch noch in den letzten Wochen reißen und diesem Parlament eine konstruktive Opposition wiedergeben.
Allerdings ist es ein Alarmzeichen, dass in diesem Wahlkampf weit mehr Wahlplakate beschädigt und zerstört werden, als es in den Wahlen davor der Fall war. Und es
(Dr. Klaus Lederer)
sind nicht nur Wahlplakate, sondern auch Fahrzeuge und Fensterscheiben. Das ist aufs Schärfste zu verurteilen!
Das ist natürlich auch Ausdruck der Unzufriedenheit mit den Parteien und ihren Programmen.
Den Schuh wollen wir uns hier nicht auch anziehen,
aber die Kritik ist eben auch in den Entscheidungen dieses Senats und dieses Parlaments begründet.
Und das muss dann ernst genommen werden. Auch hier hilft eben mehr Transparenz und Partizipation, denn Teilen heißt, dass wir bereit sein müssen, die Veränderungen, die sich durch den demografischen Wandel in Berlin ergeben, gemeinsam zu meistern: mehr alte Menschen, mehr Altersarmut, mehr Menschen in Not, die versorgt und gepflegt werden müssen. Auch diejenigen, die sich um diese kümmern, Pflegekräfte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Polizistinnen und Polizisten, sie hoffen auf eine Politik, die sie nicht vergisst. Und das muss deutlich gemacht werden, dass wir das wollen und hier auch zeigen.
Dieser Senat hat ja nicht alles falsch gemacht. Wir Piraten sind auch nicht angetreten, um Frontalopposition um jeden Preis zu machen. Wir haben von Anbeginn gesagt, dass wir uns in Sachfragen, denen wir zustimmen können, nicht sperren werden, wenn es der positiven Entwicklung Berlins dient. Das haben wir in vielen Punkten getan und konnten unsererseits auch dazu beitragen, gemeinsame Erfolge zu ermöglichen. Aber eins kann man aus der Opposition heraus eben nicht tun: sein Wahlprogramm umsetzen. Deshalb ist es wichtig, dass auch unser Wählerauftrag erneuert wird, denn dafür möchte ich werben. Und wir tun das die ganze Zeit jetzt in diesem Wahlkampf. Denn Opposition muss konstruktiv sein und darf parlamentarische Gräben nicht noch tiefer machen und in diese Gesellschaft hinaustragen, wie es in einigen Bundesländern derzeit leider geschieht.
Innovative soziale und ökologische Ideen wie der fahrscheinlose ÖPNV, mehrstufige Partizipationsverfahren oder das Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe, das als Grundeinkommen erprobt werden muss, das sind Themen, die wir in diese Gesellschaft und auch in dieses Parlament tragen. Aber dazu braucht es Mut, und man muss diese Themen auch ernsthaft diskutieren wollen. Das passiert eben nicht, wenn es nicht einen gibt, der das anstößt, auch hier im Parlament. Das wollen wir
weiter bewirken und tun, so wie wir es beispielsweise beim Datenschutz, bei der Transparenz in allen Bereichen oder beim E-Government-Gesetz getan haben. Wir haben jetzt eins, auch wenn es etwas spät kommt und spät greifen wird. Wir hätten es viel früher haben können. Sie haben es kurz von knapp noch hingezimmert. Und es ist natürlich nicht ausfinanziert. Aber ich behaupte, dass es ohne Piraten gar kein E-Government-Gesetz für Berlin gegeben hätte.
Der Kollege Weiß, bei dem ich mich hier besonders bedanken möchte, hat dies auch entscheidend vorangetrieben.
Apropos Bürgerbeteiligung und Partizipationsverfahren: Auch das hat der Senat von uns gelernt, ja lernen müssen, damit er nicht erst durch einen Volksentscheid wie dem zum Tempelhofer Feld vom hohen Ross geworfen wird. Er hat daraus gelernt – beim Radentscheid weiß man es noch nicht so genau –, aber bei der Entwicklung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms hat er ein Beteiligungsverfahren auf mehreren Ebenen, auch online, durchgeführt. Und siehe da: Die Vorschläge aus der interessierten wie qualifizierten Stadtgesellschaft wurden, wenn sie zielführend waren, mit in diesen Plan aufgenommen. Das war ein guter Schritt. Das weckte Hoffnung bei den Akteurinnen und Akteuren. Und jetzt ist das vom Senat einstimmig verabschiedete Klimaschutzprogramm im Umweltausschuss doch noch an den Koalitionsfraktionen gescheitert. Ja, da gehören immer zwei dazu, auch wenn der eine dem anderen den Schwarzen Peter zuschiebt, liebe CDU. Den Klimaschutz für unsere Stadt und unsere Kindeskinder wegen ein paar Tempo30-Zonen als Ganzes scheitern zu lassen, das ist nicht konservativ, das ist einfach unverantwortlich.
Das ist ein – wenn auch nicht in seinen direkten Auswirkungen so doch eigentlich politiktheoretisch – viel größerer Fehler als der Weiterbau der A 100, der eingemottet gehört. Ich weiß, dass eure umwelt- und stadtentwicklungspolitischen Sprecher das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm eigentlich gar nicht in der Form beschädigen wollten, es eigentlich anders umsetzen wollten, aber es gibt auch bei euch leider öfter mal Leute, die sich dann fachübergreifend zuständig fühlen, es eigentlich aber gar nicht sind. Das ist ja schade, dass es dann daran scheitern muss. Niemand versteht, warum da keine Lösung möglich war, wie in vielen anderen Gesetzesinitiativen auch, wo wir uns eigentlich hätten einig werden können – und das, obwohl euch auch hier an dieser Stelle eine Einigung sicherlich gut zu Gesicht gestanden hätte. Mehr noch, ihr hättet es auch noch als Erfolg verkaufen können. Da hätten wir euch ja beigepflichtet. Aber ihr müsst ja das ganze Verfahren, das dann so kurz vor dem Abschluss steht, eben kurz vor knapp mit dem Arsch wieder einreißen.
Aber ihr habt ja anscheinend genug Erfolge zu verkaufen, allem voran ein funktionierender Hauptstadtflughafen BER, eine zügig handelnde Verwaltung, eine kostengünstige Staatsoper oder die vielen preiswerten Wohnungen innerhalb des S-Bahnrings, die es nicht gibt. Ja, das steht auch auf einigen Plakaten, die ich lese: „Berlin bleibt bezahlbar“. Das ist doch und das kann doch nur Sarkasmus sein.
Wenn ich es nicht selbst gesehen hätte, würde ich tippen, „Die Partei“ stünde dahinter, aber anscheinend ist das Realität. Damit aber Berliner Wohnungen wieder erschwinglich werden, brauchen wir zum Beispiel realitätsbezogene Mietrichtwerte bei der AV Wohnen, was mehr Subjekt- anstatt Objektförderung und den Stopp des Ausverkaufs der Stadt durch die Beendigung des Verkaufs von Landes- und Bundesliegenschaften an private Investoren heißt. Doch erst gestern wieder, im Hauptausschuss geschehen – wie mir zu Ohren kam –, galt das auch für das letzte Filetgrundstück – An der Mole, Rummelsburger Bucht – nicht. Es wurde verscherbelt. Da war sie wieder, die viel gerühmte Liegenschaftspolitik! – Ja, wo bleibt sie eigentlich? Wir reden immer davon, aber wann greift sie denn endlich?
Natürlich brauchen wir genossenschaftliches und alternatives, selbstbestimmtes Wohnen, weil es oft die einzige Möglichkeit ist, einigermaßen erschwinglich wohnen zu können. Wir brauchen Instandbesetzungen von Häusern, weil der Leerstand in Berlin viel größer ist, als es in den offiziellen Zahlen ausgewiesen ist. Das ist ja das Paradoxe: Es gibt Wohnungen, und überall stehen Spekulationsobjekte leer, sogar an Hauptverkehrsachsen wie der Warschauer Straße oder der Danziger Straße. Oder die Wohnungen rotten vor sich hin, um teuer abgerissen und wieder aufgebaut zu werden. Es ist zum Kotzen!
Ich weiß nicht, ob dieses Wort unparlamentarisch war. Es ist eigentlich etwas ganz Normales, wenn es einem nicht so besonders gut geht. – Bauindustrielle Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen inklusive Spekulantenrendite mit anschließender Miethai-Verfütterung: So nennt man das!
Wir werden aber auch keine Ruhe geben, in Zukunft noch mehr Transparenz zu fordern. Ja, auch wenn einige, die hier sind, das nicht mehr oder immer noch nicht begreifen können: Aber wer soll das denn bei Rot-Rot-Grün aus der Opposition heraus machen? – Die CDU oder diese NordCSU mit Rallyestreifen? Das ist doch lächerlich! Wie wichtig Transparenz und Whistleblowing in der Bundesrepublik insgesamt sind, insbesondere aber in der Baupolitik in Berlin, in der Sozialpolitik, bei den Jobcentern und sogar in der Kulturpolitik – und das nicht nur bei der Staatsoper –, das sollte eigentlich jedem klar sein. Auch
die Entscheidung bei der Volksbühne hätte viele Verunsicherungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermeiden können, wenn ihnen gegenüber die Prozesse vorher transparent gemacht oder die Menschen zumindest in dem Prozess weiter mit eingebunden worden wären, als es an dieser Stelle der Fall war. Eigentlich war das Versprechen hierzu da. Wie diese Entscheidungsfindung abläuft und warum diese so getroffen wird, das ist es, wo die Menschen mitgenommen werden wollen, und das muss einfach viel mehr passieren.
Beim Humboldt-Forum dann das Gleiche: Im Hinterzimmer des Senats wurde das Konzept kurzerhand gekippt und die Neubespielung der Berliner Ausstellungsflächen angekündigt. Was uns damals im Kulturausschuss als vorläufiges Alternativkonzept präsentiert wurde, mutet dann eher wie eine Collage aus Textbausteinen und bunten Bildchen an als eine wirklich innovative Alternative. Aber gut, auch das geschenkt. Vielleicht hätten wir an der Stelle andere Fehler gemacht. Man muss ja auch selbstkritisch sein und es versuchen. Man muss das Wirken des Kultursenators und Regierenden Bürgermeisters auch mal in der Summe betrachten. Vielleicht hat man dann auch ein anderes Bild.
Aber große Koalition ist und bleibt Mist! Ja, ihr wisst, wie das ist: Wer es vergisst, wird gedisst.
Aufmüpfige im Parlament dagegen braucht es umso mehr, es braucht diese konstruktiv. Wir als Piraten bieten an, dass wir es trotz aller Eskalation letztlich immer wieder tun und auch getan haben, um Denkanstöße zu geben. Dass diese konstruktive Kritik zukünftig durch rabiates Wutbürgertum ersetzt wird, kann eigentlich niemand wollen, außer jene selbst – das dachte ich immer. Aber das Problem ist leider viel größer und erreicht unglaubliche bis zu 20 Prozent in den Bundesländern. Ja, schon bald die eigenen Verwandten sind da infiltriert.
So schlimm wird es in Berlin hoffentlich nicht werden. Aber wir müssen schauen, woher das kommt. Und das sage ich jetzt, weil ich die Befürchtung habe, dass mich mein geliebtes Berlin diesmal enttäuschen wird, anstatt mich zu versöhnen, und eben nicht gerecht wählt – also, nach tatsächlich politischer und programmatischer Leistung und Inhalt. Aber das war vielleicht auch noch nie so und wird schwerlich so werden. Es liegt an uns allen, das zu ändern und das Vertrauen in der Gesellschaft zurückzugewinnen. Wir Piraten zumindest werden als gute Demokraten weiter dafür kämpfen, dass Berlin tolerant, weltoffen und innovativ bleibt, und dafür, „dit“ Berlin Berlin bleibt.
Abschließend möchte ich mich noch bei allen Berlinerinnen und Berlinern bedanken, dass sie uns diese Legislaturperiode ermöglicht haben und uns vielleicht auch noch
eine zweite schenken und uns darin unterstützt haben, genauso wie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fraktionen im Abgeordnetenhaus und auch überall dort, wo wir aufgetreten sind. Wir werden es in zehn Tagen wissen und es hoffentlich schaffen, dass es einen schönen Überraschungserfolg auch für die Piraten geben wird und dennoch alle demokratischen Parteien gestärkt aus diesem Wahlkampf hervorgehen werden. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste und Zuhörer! Wir Piraten setzen bei unserer Landesliste auf eine ausgewogene Mischung aus neuen und erfahrenen Köpfen. Bei letzteren bin ich derjenige, der diese Liste anführen darf. Ich führe deshalb heute gerne aus, was uns 25 Jahre Bundeshauptstadt Berlin bedeuten, vor allem aber, was uns dieser Umstand als Stadt im Fokus des nationalen und internationalen Interesses jetzt und in Zukunft weiterhin bedeuten muss.
Ich gehöre zur Generation derer, die die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn als Schüler kennengelernt haben, und bin heute froh darüber, dass wir damals schon den Schritt nach Berlin gegangen sind. Ich vermisse die Bonner Republik nicht und glaube, wenn wir die bundes- und landespolitischen Strukturen von damals mit den heutigen vergleichen, dass sehr wohl sehr viel an gesellschaftlichen und politischen Veränderungen auf den Weg gebracht worden ist, immer wieder kleine Schritte zu mehr demokratischem Selbstverständnis, insgesamt zu mehr Mit- als Gegeneinander in Berlin.
Wir müssen jetzt aufpassen, dass das nicht einreißt, dass unsere Gesellschaft nicht von Menschen und Verfassungsfeinden gespalten wird. Da diese Schritte, wie wir sie als kompromissfähige Demokraten gehen können, oft gehen müssen, oft zu klein sind, ist es tatsächlich erfreulicher, wenn wir sie in der Spanne von 25 Jahren betrachten.
Aber auch in dieser Legislaturperiode hat sich die Hauptstadt entwickelt. Sie entwickelt sich jeden Tag. Ja, auch wir Piraten haben in den letzten fünf Jahren dazu beigetragen, dass sich unsere Hauptstadt politisch weiterentwickelt hat, denn als wir vor fünf Jahren in dieses Haus kamen, lagen die für unsere Hauptstadt gerade jetzt wieder so wichtigen Themen wie die Transparenz von öffentlichem Verwaltungshandeln und eine aktive Bürgerbeteiligung durch neue Partizipationsverfahren völlig brach.
An einer gesamtgesellschaftlich progressiven Entwicklung hat Berlin als Bundeshauptstadt aber auch einen ganz eigenen und besonderen Anteil, denn nicht nur die parlamentarische Arbeit wird durch die unverwechselbare Atmosphäre Berlins geprägt und beeinflusst. Unser ganzes gesellschaftliches Gefüge und Zusammenleben fußt auf den Stimmungen in dieser Stadt, behaupte ich. Deshalb ist es auch eine so große Verantwortung und Ehre,
(Florian Graf)
Berlin und seinen Einwohnerinnen und Einwohnern an dieser Stelle als Volksvertreter dienen zu dürfen.
Wie weltoffen aber ist unsere Hauptstadt noch, wenn einerseits Kulturpaläste entstehen, deren Nutzen noch fraglich oder unwirksam ist, andererseits aber kulturelle Freiräume wie gestern z. B. in der Rigaer Straße aus vorgeschobenen Gründen geräumt werden?
Das ist nur ein Beispiel. Der Vétomat, die Potse und viele freie Gruppen sind bedroht. Das RAW-Gelände müsste als soziokulturelles Schutzgebiet ausgewiesen werden, um es endlich zu sichern,
zu entwickeln und auch sicherer zu machen. Die Verdrängung selbst muss zurückgedrängt werden.
Denn ist das unsere offene Hauptstadt? Ist das die Atmosphäre, die wir künftig wollen, in der Hundertschaften von Polizei im Görlitzer Park auf Kifferjagd gehen und Parkbesucher, Anwohner und Familien, die friedlich im Park chillen wollen, verängstigen und vertreiben?
Wo liegt da die Verhältnismäßigkeit? Warum werden diese Einsatzkräfte nicht da eingesetzt, wo sie wirklich gebraucht werden, z. B. um Kriminalität zu bekämpfen?
Die Polizei in der Hauptstadt tut das ja tagtäglich. Dafür sind wir auch dankbar. Sie wird aber leider immer wieder von kopflosen politischen Führungen davon abgehalten.
Berlin als Hauptstadt und mit ihr ganz Deutschland braucht eine völlig andere Willkommenskultur, besonders für geflüchtete Menschen, wie Einzelne und Gruppen schon beispielhaft vorleben, aber grundsätzlich für alle, die sich hier zu Hause fühlen wollen. Man muss nämlich nur einen Satz sagen, um Berliner zu sein: Ich bin ein Berliner.
Da stehen voll ausgestattete Unterkünfte bereit, und die können nicht genutzt werden, weil ein entsprechender Antrag mit den Stimmen der Koalition im Hauptausschuss vertagt und damit versenkt wird. Ist das diese Willkommenskultur? Ich bin daher nicht mehr gewillt, Ihren Lippenbekenntnissen Glauben zu schenken, wenn dem keine Taten folgen. Michael Müller! Frank Henkel! Werden Sie künftig der Verantwortung gerecht, in die Sie gewählt werden!
Ich weiß, dass das nicht immer möglich und schon gar nicht einfach ist, aber fadenscheinige Ausreden und faule Kompromisse haben wir satt. Wir haben den Stillstand, den diese Koalition in der Hauptstadt verursacht, satt. Warum wird eine Hauptstadtschule wie das Oberstufenzentrum Martin Wagner in Weißensee zerschlagen, das eine vorbildliche Integrations- und Bildungsarbeit leistet? Warum sind Willkommensklassen so wenig willkommen? – Weil dort geflüchtete Schülerinnen und Schüler in ihrem eigenen Saft schmoren und zu wenig Kontakt zu anderen Schülerinnen und Schülern haben.
Den müssen diese freiwillig selbst herstellen, und das gelingt einfach nicht immer. Integration muss Inklusion sein und für alle umgesetzt werden. Das ist der Anspruch, den wir als Hauptstadt haben müssen.
Die Zustände am LAGeSo stehen dem entgegen. Wir sind aber auch Hauptstadt der Kinderarmut. Obdachlosigkeit ist ein großes Problem. Lesben und Schwule werden auf offener Straße angegangen. Das sind drängende Probleme, denen wir uns tagtäglich stellen müssen, auch in diesem Parlament.
Natürlich müssen die Bauprojekte ordentlich beendet werden – ich streiche hier mal „ordentlich“, denn das ist ja so an der Stelle nun nicht mehr möglich –, also einfach mal beendet werden.
Die nächsten Großprojekte in der Bundeshauptstadt umzusetzen, das ist eine große Aufgabe, die die nächste Regierungskoalition haben wird. Das Museum des 20. Jahrhunderts – ehemaliger Arbeitstitel: Museum der Moderne – im Kulturforum wird zwar vom Bund als Bauherrn verantwortet werden, aber wir müssen hier trotzdem ganz genau und aufmerksam beobachten, was dort passieren soll, und uns einmischen.
Die Sanierung und Ergänzung am Haus der Kulturen der Welt, die Nachnutzung des Flughafens Tegel, die Entwicklung des Flughafengebäudes zum neuen Stadtquartier „Berlin Creative District“ – was ist das? Was wird das sein? Was wird aus dem ICC?
Und so weiter und so fort. Wie und wer wird hier weiterentwickeln und finanzieren? Deshalb sind auch die Ergebnisse der Neuregelung des Hauptstadtfinanzierungsvertrags so wichtig. Deshalb interessiert uns der Verhandlungsstand und was am Ende dabei herauskommt, das, was Berlin in der Summe dann hoffentlich gerechterweise mehr Ent- als Belastung bringen wird. Momentan sind uns dazu aber keine Details bekannt. Sie sind nicht zu erfahren, und Sie haben dazu auch nicht viel gesagt, Herr Regierender Bürgermeister. Ich hatte eigentlich erwartet,
dass Sie ihre Regierungserklärung mit einigen nützlichen und vor allen Dingen erfreulichen Neuigkeiten und Informationen für die Berlinerinnen und Berliner garnieren würden.
Nicht neu dagegen ist, dass unsere Hauptstadt eine Verkehrswende braucht. Wie groß das Bedürfnis danach ist, haben zuletzt die über 105 000 Berlinerinnen und Berliner gezeigt, die den Radentscheid mitgezeichnet haben.
Einige davon sitzen hier unter uns, fast die versammelte Opposition und klammheimlich auch einige aus der SPD. Ja, freies Mandat öfter mal nutzen, ist die Devise, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ein Ausbau der Fahrradinfrastruktur ist somit nicht nur unvermeidlich, er ist in vollem Umfang geboten und zügig umzusetzen. Hauptstadt sind wir, Fahrradhauptstadt wollen wir werden.
Daran schließt sich der Ausbau des ÖPNV an, denn mit der wachsenden Hauptstadt wächst die Anzahl der Menschen, die das Bedürfnis haben, umweltfreundlich mobil zu sein. Da sind die Investitionen in eine abgasarme Busflotte. Die sind sicherlich ein Anfang, aber bei den steigenden Belastungen durch Feinstaub und Stickoxide in der Innenstadt müssen schnell mehr innovative Modelle zur Vermeidung des Schadstoffausstoßes erprobt werden. Wir haben dazu als Piraten Vorschläge gemacht, die leider nicht gehört worden sind. Das war nicht nur der fahrscheinlose ÖPNV als langfristiges Gesamtkonzept, das sind auch Vorschläge für Maßnahmen, die die Reduktion des Schadstoffausstoßes akut bewirken können, indem wir kostenfreie Beförderungen beim Überschreiten der Höchstwerte evaluieren wollen. Das sind innovative Ideen, die unsere Hauptstadt braucht, um sie in Zukunft weiterhin lebens- und liebenswert zu machen, und nicht die Kriminalisierung von Foodsharern und Menschen, die Lebensmittel aus Supermärkten, aus Supermarktcontainern retten.
Berlin will 2050 klimaneutral sein, will Vorreiter in Sachen Klimaschutz sein und bleiben. Auch hierzu haben wir Vorschläge gemacht, insbesondere was die Förderung von klimafreundlicher Ernährung angeht. Vegan geht da immer, zum Beispiel.
Deshalb ist es gut, dass wir Maßnahmen entwickeln, beschließen und dann auch umsetzen, die den Zielen der UN-Klimakonferenz in unserer Partnerstadt Paris im Jahr 2015 entsprechen und die am besten darüber hinausgehen. Um die globale Erwärmung auf 1,5 ° C zu begren
zen, müssen wir die Nettotreibhausgasemission zwischen 2040 und 2060 auf null zurückfahren. Dazu liegt uns jetzt ein Programm vor, das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030, das wir mit Berlinerinnen und Berlinern aller Couleur gemeinsam entwickelt haben. Wir haben es gestern im Umweltausschuss beraten. Leider konnten wir es noch nicht beschließen, da es Klärungsbedarf in den Reihen der CDU-Fraktion gibt. Wir müssen es aber beschließen, wenn wir von anderen Metropolen und Hauptstädten noch oder wieder ernst genommen werden wollen,
denn wir haben überhaupt keine Zeit mehr zu verlieren. Ich appelliere an Ihre Vernunft, diese für nicht weniger als die Wahrung der Schöpfung zu nutzen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion.
Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich bis zur Sondersitzung am kommenden Mittwoch ein Bild davon machen, ob Sie die Bundeshauptstadt auch zur Klimaschutzhauptstadt machen wollen – oder eben nicht, was ich nicht hoffe.
Eine große Koalition ist da wohl leider immer noch viel mehr Stillstand als Fortschritt.
Was hat sich in den letzten 25 Jahren noch derbe entwickelt außer dem Klima? Die Scheißhauptstadtmieten sind zu hoch!
Die Mietpreisbremse wirkt nicht! Da muss nachjustiert werden. Das haben Sie auch schon eingesehen, Herr Müller. Die Opposition hat versucht, verschiedene Vorschläge zu machen, wie wir diese Spirale beenden können. Wir werden die Noch-Opposition daran erinnern, falls sie in die Regierung wechselt.
Hauptstadt der Tierversuche sind wir auch geworden, anstatt Tierschutzhauptstadt zu werden. Das müssen wir umdrehen. Wir müssen die unterstützen, die sich um Tiere kümmern, sei es im Tierheim oder anderswo.
Wir als Piraten wollen auch da neue Wege der Solidarität in der Hauptstadt gehen. Ich freue mich, wenn wir auch in der nächsten Legislaturperiode Dinge wie das Grundeinkommen fraktionsübergreifend und konstruktiv miteinander diskutieren können, um diese unsere Hauptstadt, unser geliebtes Berlin zu dem erfüllenden Sehnsuchtsort zu machen, den wir uns alle wünschen.
Liebe Berlinerinnen und Berliner! Am 18. September sind Wahlen zum Abgeordnetenhaus. Treffen Sie die richtige Entscheidung, nämlich die, wählen zu gehen. Es ist vielleicht wichtiger für Berlin als je zuvor! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Woran scheiterte die Übernahme und Netzbeteiligung bei der GASAG, und wie werden die Rekommunalisierungspläne für das Gasnetz nun wie angekündigt dennoch weiter vorangetrieben?
Vielen Dank, Herr Finanzsenator, dass Sie uns etwas Licht in diese doch etwas komplizierte Materie gebracht haben! – Ich möchte nachfragen, welche Möglichkeiten es denn bei künftigen Kommunalisierungsbestrebungen und Finanzgeschäften im Zusammenhang mit dem gestern im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt beschlossenen Antrag geben kann, Berlin als Divestmenthauptstadt für ökologisch nachhaltige Finanzanlagen zu entwickeln.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Die infolge des gestiegenen Grundwasserpegels entstandenen Probleme von Vernässungsschäden an vielen privaten und auch öffentlichen Gebäuden sind lange bekannt. Allerdings ist das tatsächliche Ausmaß der betroffenen Gebäude und Grundstücke nach wie vor nicht wirklich bekannt und schwer einschätzbar, sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht. Deshalb ist das Vernässungskataster zwar eine gute Idee, aber es hängt auch von der Mitwirkung der Betroffenen ab. Vor allen Dingen bei privaten Gebäuden ist es sehr schwierig, die tatsächliche Zahl auf den Tisch zu bekommen, wie aus Umfragen in verschiedenen Gebieten ersichtlich wurde. Denn private Eigentümer scheuen – teilweise nachvollziehbar – in dieser Problematik, in die Öffentlichkeit zu treten, und neben den entstandenen Vernässungsschäden befürchten einige einen weiteren Wertverfall ihrer Immobilien bei Bekanntwerden des Schadens.
Diesbezüglich ist es allerdings seltsam, dass ein bereits vor gut einem Jahr im Abgeordnetenhaus eingebrachter Antrag – Kollegin Platta hat ihn gerade schon erwähnt – für einen Berichtsauftrag an den Senat, hier eine Gesamtbilanz zu erstellen, seitdem ohne Befassung im Ausschuss geblieben ist – den hätten Sie allerding aufgreifen können, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition. So viel zum ernsthaften Interesse der Koalition an diesem Thema!
Zur Situation des Berliner Stadtgrüns, die auch keine rosige ist, selbst wenn Berlin nach wie vor als grüne Metropole gilt: Die Straßen- und Grünflächenämter der Berliner Bezirke kommen aufgrund des jahrelangen Personalabbaus und der Mitteleinsparung längst nicht mehr hinterher, sämtliches Grün im öffentlichen Bereich, also Straßenbäume, Grün- und Freiflächen sowie Parks, in
ausreichendem Maße zu bewässern. Dies will ich nicht als Schelte gegen die für die Pflege des Berliner Stadtgrüns Zuständigen verstanden wissen, sondern im Gegenteil als Kritik an deren unzureichender Ausstattung und der Mittelzuweisung durch den Senat.
Und nun wollen CDU und SPD mit dem vorliegenden Antrag die beiden Themen „Absenkung des Grundwasserspiegels in bestimmten Gebieten“ und „Bewässerungsvorteile für das Berlin Stadtgrün“ verbinden. Das klingt im ersten Moment auch gar nicht so schlecht, doch so einfach ist das eben nicht. Die Kollegen und Kolleginnen haben das gerade schon beschrieben.
Bereits heute können auf Antrag bei den Berliner Wasserbetrieben private Sprengwasserzähler zur Bewässerung privater Gärten eingesetzt werden, bei denen keine Entwässerungskosten anfallen. Doch mir ist bei dem vorliegenden Antrag nicht ganz klar geworden, Kollege Herrmann, worauf Sie wirklich hinauswollen. Wollen Sie für diese Sprengwasserzähler günstigere Verbrauchstarife erreichen? – Die sind ja für den privaten Gebrauch, aber im Antrag ist die Rede von Stadtgrünbewässerung, und Stadtgrün meint nach meinem Verständnis vor allem öffentliches Grün wie Parks, Freiflächen und Straßenbäume. Wo und wie sollen also womöglich Wasserhähne mit einem Sprengwassertarif installiert werden? – Das bleibt unklar, und wer sie benutzen und auch die entsprechenden Rechnungen begleichen darf, geht aus dem Antrag leider ebenfalls nicht hervor.
Um keine Missverständnisse entstehen zu lassen: Eine bessere Bewässerung städtischer Parks, Grünflächen und Freiflächen ist wünschenswert. Wenn hier lokal zusätzlich Grundwasser gefördert werden kann, ohne die dort vorhandene Natur und die biologische Vielfalt zu schädigen, wäre das eine Lösung für verschiedene Probleme. Aber eine zusätzliche Grundwasserabsenkung zur alternativen Nutzung darf nicht zur erneuten Schädigung der Berliner Stadtnatur führen.
Denn die biologische Vielfalt hat sich in den letzten Jahren mühsam wieder etwas erholt, nachdem es im vergangenen Jahrhundert durch den abgesenkten Grundwasserspiegel nicht allzu gut um die Stadtnatur stand. Es darf keinesfalls zu einer flächendeckenden Absenkung des Grundwasserspiegels in Berlin kommen.
Jetzt noch eine etwas formale Kritik: In der Überschrift steht etwas von Grünwasser, aber eigentlich ist die Förderung von Grundwasser und dessen Nutzung als Sprengwasser für das Grün gemeint – also zur Bewässerung der Natur. Neben anderen Begriffen wie Blau-, Grau- und Schwarzwasser wird allerdings der Begriff Grünwasser in der Fachwelt eher für Regenwasser verwendet.
(Marion Platta)
Zum anderen sollten Sie, statt hier die Luftreinhaltung als Argument ins Feld zu führen, das Abgasproblem besser direkt angehen und sich hier um eine Reduzierung des Feinstaubs und Stickstoffs durch eine aktive und alternative Verkehrs- und Umweltplanung bemühen.
Das haben wir schon in unzähligen Anträgen vorgeschlagen, aber von solchen zeitnah wirksamen Maßnahmen will die Koalition leider nichts wissen. Sie denkt sich lieber am Ende der Legislaturperiode noch einen diffusen Schaufensterantrag aus, und es ist ihr nicht zu peinlich, diesen auch noch zur Priorität zu machen. Es ist traurig. – Aber trotzdem besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! 22 Jahre ist es nun her, seit im Jahr 1994 in diesem Haus das Landschaftsprogramm zuletzt geändert wurde. Es hat sich seitdem viel in unserer Stadt getan. Die Lebensbedingungen haben sich verändert. Die Bevölkerungsprognosen gingen mal rauf, mal runter, mal wieder rauf. Wir leben jetzt in einem Berlin, das noch nie so bevölkerungsreich war wie heute. Das heißt aber, dass nicht nur der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum steigt, sondern auch der an Erholungs- und Grünflächen. Deshalb sind wir froh, dass der vorliegende Entwurf zur Änderung des Landschaftsprogramms unter Mitwirkung der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz und der Verwaltung, die dem Programm ihren Pfiff und ihm auch gemeinsam ihre Zustimmung geben, entwickelt wurde.
Wir freuen uns darüber, und dennoch gibt es auch Kritik. Die kann und sollte man auch äußern, trotz aller Gemeinsamkeiten, die dazu führen, dass wir uns zusammen dazu entschließen werden, dem Landschaftsprogramm in der vorliegenden Form zuzustimmen. Das sollte man auch tun, denn innerhalb der Naturschutzverbände gibt es z. B. auch ein Berliner Netzwerk für Grünzüge, das uns in der Vergangenheit kritisch begleitet und darauf hingewiesen hat, dass die Entwicklung der Grünzüge und ihre Vernetzung als zentraler Punkt des Landschaftsprogramms ebenso wichtig ist wie die Gesamtstrategie. Ich möchte hier im Plenum noch einmal bekräftigen, dass es Kritikpunkte gibt – z. B. auf S. 102 des Entwurfs unter „Sonstige Freiflächen“: Als sonstige Freiflächen stellt der Plan unbebaute Flächen dar, für die in der Regel im Rahmen der Stadtentwicklung eine Nutzungsänderung geplant ist. Zumeist handelt es sich um Freiflächen oder brachgefallene Areale, die bebaut werden sollen. – Warum wird eine solche Vorgabe gemacht, Brachen vorrangig als potenzielle Bauflächen, nicht als potenzielle Grünflächen zu benennen?
Zudem gibt es immer wieder Einzelentscheidungen, die unseren beschlossenen Instrumenten, z. B. der Strategie der biologischen Vielfalt, widersprechen – ich sage nur: Baumfällung im kleinen Tiergarten
oder eben Kolonie Oeynhausen!
Das Stichwort Bürgerbeteiligung – gerade erst relativ erfolgreich zur Berliner Mitte durchgeführt – fehlt im Landschaftsplan komplett, obwohl die Entwicklung klar zu mehr Information und Mitbestimmung bei der Gestaltung unserer Stadt geht. Dazu hätte es meines Erachtens zumindest noch eines angemessenen Abschnitts im Landschaftsprogramm bedurft. Das kommt hoffentlich nicht erst in 22 Jahren!
Zum Entschließungsantrag der Grünen: Ich finde es gut, dass hier konkretisiert wird, proaktiv vorzugehen, und dass auch einmal der Gifteinsatz thematisiert wird. Frau Hendricks hat sich gerade erst dazu entschieden, Glyphosat vorsichtiger zu behandeln und nicht mehr einzusetzen, solange wir nicht wissen, welche Auswirkungen es hat.
Der Senat sollte sich auch dazu bekennen und sagen: Glyphosat werden wir nicht mehr einsetzen, die BSR soll nicht mehr zu Glyphosat greifen.
Das ist aber nur eine Nuance. – Das Landschaftsprogramm ist ein strategisches gesamtstädtisches Instrument
(Danny Freymark)
zur aktiven Planung integrativer Umweltvorsorge, zur Freihaltung grüner Achsen, und betrifft ökologische Belange im Städtebau auf gesamtstädtischer Ebene. Meines Erachtens muss das Aktive daran betont werden, damit ist gemeint, die entsprechende Entschließung auch umzusetzen – das will der grüne Entschließungsantrag. Ein Landschaftsplan ist nur so viel wert, wie von ihm am Ende auch umgesetzt wird.
Uns dazu zu bekennen, den Senat aufzufordern, hier proaktiv tätig zu werden, sollte zwar selbstverständlich sein, aber bei der jetzigen Senatskonstellation ist es leider nicht selbstverständlich. – Besten Dank!
Herr Czaja! Der Landespflegeplan 2016 sollte eigentlich am Dienstag verabschiedet werden. Können Sie mir die Gründe nennen, warum das noch nicht geschehen ist? Viele Pflegerinnen und Pfleger warten darauf und protestieren heute auch. Geben Sie mir bitte eine Antwort!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem die Koalition nun schon seit über einem Jahr betont, dass die Idee der Begrünung der Dächer eigentlich eine ganz gute Idee ist, aber dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen kann, weil er von den Grünen ist, hat sich die Koalition endlich durchringen können, doch noch einen eigenen Gründachantrag vorzulegen.
Er weist wie der vorliegende Antrag der Grünen eigentlich alle Gründe auf, die die Dachbegrünung sinnvoll macht, wie kühlende Effekte auf das Stadtklima, eine Entlastung der Stadtkanalisation, eine Stärkung der Berliner Artenvielfalt sowie Freiräume inklusive RoofGardenings und gar zusätzlich hier noch die Option der Fassadenbegrünung, was allerdings der Antrag der Grünen nicht ausschließt. Aber die Unterschiede liegen doch einerseits in der Quantität der Dächer, die im GrünenAntrag mit 1 000 in fünf Jahren benannt ist – das ist schon einmal eine Hausnummer –, und in der finanziellen Unterfütterung der Strategie, von der im SPD-Antrag nichts zu lesen ist.
Ein Satz aber in diesem dringlichen Antrag lässt mich aufhorchen. Kollegin Gebel hat es gerade schon angedeutet. Ich möchte das einmal mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitieren:
Auch dem Thema der Flächenkonkurrenzen in der wachsenden Stadt kann zum Beispiel durch gezielte Maßnahmen der Nutzung von Dachflächen und der Dachbegrünung begegnet werden.
Das hört sich für mich dann doch zu sehr nach Ausgleichsmaßnahme – die es nicht sein kann – als nach zusätzlicher Begrünung an.
Wollen Sie die Dachbegrünung tatsächlich als Argumentationshilfe für die zusätzliche Bereitstellung von Bauflächen missbrauchen, nach dem Motto: Hier können wir noch weiter verdichten und die Brache bebauen, anstatt dort eine Grünanlage oder einen Grünzug zu ver
(Stefan Evers)
wirklichen, weil wir jetzt eine intensive Dachbegrünung haben? Ich hoffe nicht.
Herr Kollege Buchholz – er ist gerade nicht im Saal –, liebe SPD-Fraktion! Dass das die Intention ist, kann ich nicht glauben, denn es geht hier natürlich ausschließlich um zusätzliches Stadtgrün. Es ist gut, wenn wir uns an dieser Stelle ein Beispiel an Bremen, Hamburg oder München nehmen, um die Hitzeinsel Berlin abzukühlen.
Das Instrument der Reduzierung des Niederschlagswasserentgelts als Anreiz: In Hamburg gibt es dafür 50 Prozent Nachlass, um Gebäude im Bestand und im Neubau für eine extensive oder intensive Dachbegrünung zu nutzen. Jetzt muss die Entscheidung dafür vereinfacht werden.
Beispiel München: Hier gibt es eine Förderung von extensiver Begrünung von zuvor unbegrünten Dachflächen mit bis zu 15 Euro Zuschuss pro Quadratmeter begrünter Dachfläche, jedoch höchstens 50 Prozent der Kosten.
Die Aufnahme des Themas in den Stadtentwicklungsplan Klima begrüßen wir ebenso wie eine informelle Plattform im Netz dazu, was bei beiden Anträgen aber auch kein Hindernis ist. Ich wünsche mir daher eine zügige Umsetzung für einen schnell sichtbar werdenden Großstadtdschungel aus echten Pflanzen und Tieren auf vielen Berliner Gebäuden für mehr biologische Vielfalt und Lebensqualität mitten in der Stadt. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die Forderung aus der Zivilgesellschaft, die per Onlinepetition in kürzester Zeit über 60 000 Menschen gezeichnet haben und die dem Regierenden Bürgermeister übersandt wurde, Pferdekutschen, die in vielfältiger Weise im Stadtverkehr leiden, in Berlin aus dem Verkehr zu ziehen?
Wie bewertet der Senat, dass ein ähnlich lautender Antrag der Piratenfraktion, zu dem im Verkehrsausschuss eine Anhörung von Experten stattfinden soll, seit Monaten von den Koalitionsfraktionen blockiert wird?
Vielen Dank, Herr Senator für die Auskunft, dass wir neue Waldspielplätze erhalten. Die waren tatsächlich sehr marode. – Wie sieht es denn mit den Naturerfahrungsräumen aus,
[Beifall von Dr. Turgut Altug (GRÜNE) – Lachen von Torsten Schneider (SPD)]
die wir uns auch in den Haushalt geschrieben haben, die neben den Waldspielplätzen auch eine sehr bedeutende Erfahrungsmöglichkeit für die Kinder und Jugendlichen sind? Wird sich da auch etwas tun? Haben wir davon demnächst mehr?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Garmer! Ich finde es sehr schade, wie Sie unterschwellig die weiteren Laufzeiten, die wir in Deutschland noch haben, relativieren. Das strebt dem Konsens entgegen, den wir hier eigentlich fraktionsübergreifend anstreben und den ich auch sehe.
Ich begreife diesen Antrag als eine Chance der Erneuerung unseres Bekenntnisses von 2011, unser Gedenken an die Opfer der atomaren Katastrophe sowohl vor fünf Jahren in Fukushima als auch vor 30 Jahren in Tschernobyl zum Ausdruck zu bringen und mit den sich daraus ergebenden Handlungsoptionen zu verbinden. Aber auch in Anerkennung der vielen Helferinnen und Helfer, die bei den größten anzunehmenden Unfällen oft beides waren, erst Helfer, dann Opfer, sollten wir uns zu diesem gemeinsamen Handeln entschließen. Diese Opfer bleiben ein mahnendes Zeichen, wenn sie auch nicht mehr so erkennbar sind, wie die Geisterstadt Prypjat in der Ukraine als deutliches Mahnmal dasteht, jene Stadt, die von der Atomkraft lebte, die ihr schließlich den Tod gebracht hat. Die Jahre ziehen ins Land, und andere Ereignisse bestimmen die Weltpresse, bis es zum nächsten Super-GAU kommt. Dass er kommen wird, ist so lange sicher, wie weltweit mehr neue Kernkraftwerke gebaut als alte stillgelegt werden – so ein Wahnsinn!
Mit diesem Antrag soll aber auch zum Ausdruck gebracht werden, dass wir als Abgeordnetenhaus, aber auch als Gesellschaft aus diesen Ereignissen gelernt haben, weiter lernen und weiterhin das umsetzen müssen, was die Konsequenz aus diesen Ereignissen ist, nämlich der
schnellstmögliche Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland und in Europa.
Unsere Nachbarn in Polen, aber auch in Ungarn und Weißrussland setzen erschreckenderweise wieder und weiterhin auf Kernenergie. Die Planungen für neue Atommeiler laufen ungeachtet der Einsprüche aus Europa und auch aus Berlin weiter. Die technisch veralteten Kraftwerke in Tschechien, in der Slowakei, in Ungarn und Slowenien liegen bei einem GAU im Berliner Einzugsbereich. Von den Sicherheitsmängeln in Deutschland hat der Kollege Buchholz gerade schon gesprochen. Anstatt auf Energieeinsparung, Energieeffizienzsteigerung und erneuerbare Energie zu setzen, lenken in manchen der vorgenannten Staaten reaktionäre Kräfte die Regierungsgeschäfte und bedrohen die europäische Freiheit, und das nicht nur mit energiepolitischen Fehlleistungen, wie wir wissen.
Das geschieht leider nicht nur dort. Auch in Großbritannien gibt es eine partielle Renaissance der Atomenergie, und das, obwohl auch dort die Ärztekammer warnt, dass die gesundheitlichen, ökologischen und sozioökonomischen Folgen, sollte sich eine Katastrophe dieser Art im Einzugsgebiet einer Millionenmetropole ereignen, unabschätzbar wären.
Auch wenn es in Einzelheiten zur Abstimmung bei der besseren Ausstattung, beim Katastrophenschutz und den zeitlichen wie finanziellen Rahmen möglicherweise noch unterschiedliche Prioritäten gibt – es sollte uns gelingen, hier zu einem gemeinsamen Beschluss zu kommen, gerade wenn wir ausnahmsweise als Landesparlament, wie es im Antrag heißt, schnellstmöglich weltweite Auswirkungen verhindern wollen. Das ist aufgrund des Themas auch nicht zu großspurig gedacht. Das ist keine Kritik am Antrag, denn atomare Strahlung macht an keiner Landesgrenze halt und geht uns Berlinerinnen und Berliner wie alle anderen an.
Insofern ist es nur konsequent, dass wir uns heute zum Gedenken und zu Ehren der Verstorbenen erneut zum Ausstieg bekennen und diesem so viel Rückhalt geben, dass er Fahrt aufnimmt und alte und neue Zweifler in eine Zukunft ohne Atomenergie mitnehmen kann. – Vielen Dank!
(Dr. Michael Garmer)
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Die Antwort kam gerade schon. Ich ziehe meine Frage zurück.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Wir haben gerade ein Energiewendegesetz beschlossen, und um eine klimagerechte Stadt zu werden, brauchen wir auch die Windenergie. Wie begründet der Senat aber im Sinne der Umsetzung der Energiewende in Berlin, auf die weitere Planung und den Bau von schon vorgeplanten Windkraftanlagen auf den landeseigenen Bauflächen im Bezirk Pankow verzichten zu wollen?
Ja, wie sich mir das erschlossen hat, war es eher so, dass der Bezirk Pankow daran festhalten wollte, auch im Sinne der Energiewende, dort Windkraft zu erschließen. Sie hatten kritisiert, dass dann dort Industrieanlagen nicht in dem Maße gebaut werden könnten. Was ist denn jetzt tatsächlich das Problem? Ist das die optische Ausrichtung? Ist das die technische Ausrichtung der Windkraftanlagen, die dort eigentlich ursprünglich geplant waren? Was verhindert eine parallele Ansiedlung von Industrieanlagen und Windrädern? Wo wollen Sie Windkrafträdern denn sonst aufstellen?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Angesichts der Streichung der Mittel aus dem Hauptstadtkulturfonds für das Jüdische Filmfestival frage ich den Senat: Ist dem Senat bekannt, mit welcher Begründung ausgerechnet das Jüdische Filmfestival nicht mehr berücksichtigt werden soll?
Sehe ich es richtig, dass der Senat hier der Begründung der Jury folgen kann und keine weiteren Maßnahmen geplant sind, um das Jüdische Filmfestival zu retten?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Kollege Buchholz! Können Sie noch mal ganz kurz sagen, um welche zwei, drei Sätze bzw. Sachverhalte es sich handelt, die noch ergänzt werden sollen? Sind das die, die wir auch schon besprochen hatten, oder ist das noch was ganz anderes?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir teilen die Auffassung, dass die Bühnen am Kurfürstendamm erhalten bleiben sollten. Das erst mal grundsätzlich. Erst heute erreichte uns ein Unterstützungsschreiben, das viele Kulturschaffende solidarisch unterzeichnet haben. Aber ohnehin werden wir alle parlamentarischen Möglichkeiten nutzen, die Bühnen im Bestand zu retten, denn nicht nur die Innenarchitektur und die Akustik sind einmalig. Ich wage die These: Dieses Bühnen gehören zum Ku’damm wie die Volksbühne zum Rosa-Luxemburg-Platz.
In welcher Form das jetzt allerdings geschehen soll, darüber wird noch zu reden sein. Wir haben in der Fraktion länger über diesen Antrag diskutiert und am Ende befunden, dass der hier vorliegende noch zu wenig Substanz hat und zu wenig konkret ist. Deshalb möchten wir gern im Ausschuss über eine Änderung des Antrags diskutieren – beispielweise, was den Denkmalschutz angeht. Es ist die Frage, ob der überhaupt noch realistisch umzusetzen ist oder ob es nicht ein gangbarerer Weg wäre, hier über einen städtebaulichen Vertrag zu gehen, um die Bühnen zu retten. Außerdem wäre es signalgebend, wenn wir, wie es sich kürzlich auch im Ausschuss eigentlich abgebildet hatte, hierzu einen fraktionsübergreifenden Antrag hinbekämen.
Ein Theater unter Tage, wie es eine Idee vorsieht, kann ich mir an dieser Stelle nun wirklich nicht vorstellen. Ob die SPD das jetzt auch noch so sieht, dass das nicht so sein soll, muss ich an der Stelle leider bezweifeln, aber ich hoffe trotzdem, dass wir das noch gemeinsam hinbekommen, auch über Tage das Ensemble zu retten. Das war zumindest unsere ursprüngliche Intention.
Auslastung hin oder her: Ich plädiere dafür, dass sich die kulturpolitischen Sprecher vor der nächsten Ausschussberatung noch einmal kurzschließen und sich konstruktiv zusammensetzen, um sich für einen für alle gemeinsam gangbaren Weg zu entscheiden und zu einem Ergebnis zu kommen, das den Ku’damm-Bühnen gerecht wird. Denn ich betone es noch einmal: Wir wollen vermutlich das Gleiche, aber dieser Antrag bildet das noch nicht ab. Deshalb danke für diesen Aufschlag, Frau Kollegin Bangert! – Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns diesen gemeinsam in Form bringen! Das ist mein Angebot insbesondere auch an die Koalitionsfraktionen. – Besten Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer! Über die herausragende Bedeutung der Friedrichswerderschen Kirche haben wir in der ersten Lesung bereits gesprochen. Ich habe dazu etwas ausgeführt, und die Kolleginnen und Kollegen haben das auch getan. Frau Kollegin Haußdörfer! Sie haben in der ersten Lesung angemahnt, dass, sollte es weitere Schäden am Gebäude geben, eine Evaluation der Baumaßnahmen im Sinne des Denkmalschutzes erfolgen müsse. Es gibt nun weitere Schäden. Und ist die Evaluation erfolgt? – Nein! Es wird sich weiterhin darauf verlassen, dass das sanfteste der sanftesten Baustellenkonzepte – das Baukonzept Kuschelweich – greift. Das tut es aber offensichtlich nicht; es gibt es letztlich auch gar nicht. Liebe Kollegin Haußdörfer! Machen Sie Ihre Ankündigung wahr, und stimmen Sie für diesen Antrag!
Was nützen alle feinfühligen Warnsysteme, wenn der Schaden im Moment der Warnung bereits eingetreten ist? Das ist ungefähr so, als wolle man mit Überwachungskameras Verbrechen verhindern – ineffektiv!
Der Senat ist nicht gewillt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen,
(Dr. Manuel Heide)
um zusätzliche irreparable Schäden zu verhindern. Es ist feige, sich hinter dem Baurecht zu verstecken, statt mit allen Mitteln zu versuchen, die weitere Baukatastrophe zu verhindern, die sich nahtlos an Flughafen und Staatsoper einzureihen droht.
Der Senat scheint gar kein Interesse daran zu haben. Juristische Auseinandersetzungen sind jetzt schon im Anflug. Selbst wenn weitere Schäden auch von dem benachbarten Bauherrn getragen werden sollten – irgendwann ist Schluss. Dann ist die Kirche platt.
Laut Aussage von Experten hat sie kaum noch statische Reserven; sie ist in der Mitte quasi schon durchgebrochen.
Wer zahlt denn dann?
Ist das monetär überhaupt darstellbar? – Ich meine nicht.
Wir rennen also sehenden Auges in die Katastrophe und müssen jederzeit damit rechnen, den bis dato besterhaltenen Schinkelbau Berlins, der er, wenn es so weitergeht, nicht mehr ist, auf dem Altar der Luxusbebauung zu opfern.
Ich muss es noch einmal sagen:
Das ist ein Lehrstück völlig verfehlter Baupolitik, und ich frage mich ernsthaft, warum das damals niemand kritischer hinterfragt hat – außer den Grünen und den Liberalen.
Lernen durch Schmerz ist hier sprichwörtlich.
Aber es hilft ja nichts, Sie können das Rad der Zeit nicht zurückdrehen und die Pläne und die Bebauung ungeschehen machen. Sie können aber daraus lernen und jetzt zumindest das Menschenmögliche versuchen, um die Friedrichswerdersche Kirche als einzigartiges Denkmal der Berliner Baukultur zu retten.
Die Kirche muss auch als gelebter und belebter Kulturort erhalten bleiben, der seine Türen für die Menschen wieder öffnen muss.
Sie aber wollen einen Baustopp erst bei irreparablen Schäden in Erwägung ziehen. Das kann es wirklich nicht sein, denn dann ist es zu spät. Der Antrag gibt die jetzigen rechtlichen Möglichkeiten wieder, auf dass der Senat sich nunmehr verpflichtet, zumindest diese wahrzunehmen. Wenn die Friedrichswerdersche Kirche weiterhin zu Schaden kommt, besteht nicht nur Gefahr, sondern es besteht Gefahr im Verzug, dass wir sie gänzlich verlieren. Auch aus diesem Grund unterstützen wir diesen Antrag. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Grünen beleuchtet einige wichtige Punkte, die der Senat eigentlich gemäß dem vorliegenden Luftreinhalteplan 2011 bis 2017 selbst in Angriff nehmen müsste oder schon genommen haben müsste: Partikelfilter bei Baumaschinen, eine emissionsarme eigene Fahrzeugflotte, die Förderung von Erdgasfahrzeugen, die Förderung des Umweltverbunds, selbst spezielle Einzelmaßnahmen wie das Lkw-Fahrverbot in der Silbersteinstraße – alles nach
(Oliver Friederici)
vollziehbar, aber in den Senatsplanungen teilweise ja schon angedacht.
Wo es erheblich mangelt, das ist die Umsetzung. Der Senat muss sich die Kritik gefallen lassen, dass er nicht gerade durch übermäßige Aktivität auffällig geworden ist, den Luftreinhalteplan offensiv und vorausschauend auch in die Praxis umzusetzen. Nimmt man den Antrag der Grünen als Mängelliste, was das Senatshandeln angeht, wird man insbesondere bei der Erneuerung des Fuhrparks im Sinne eines deutschlandweiten Spitzenreiters, aber auch bei der Stärkung des Radverkehrs, der Stärkung des ÖPNV, der qualifizierten Ausweitung der Umweltzone und einem Reisebuskonzept, das den Namen auch verdient, fündig. Das sind Maßnahmen, die auch die Unterstützung der Piratenfraktion finden. Eine umweltfreundliche Taxiflotte beispielsweise, insbesondere, was Hybrid-, Erdgas- und Biogasantriebe angeht, aber insbesondere auch die Vermeidung von motorisiertem Individualverkehr durch die wirklich längst überfällige verbesserte Förderung von Fahrrad und anderen emissionsfreien und flächensparenden Verkehrsmitteln wie E-Bikes oder Elektroroller – diese Maßnahmen verschläft der Senat oder überlässt sie dem Selbstlauf.
Richtig ist auch, dass es eine falsche Prioritätensetzung von Verwaltungshandeln ist, sich auf die Abwehr von Anwohnerklagen zu konzentrieren, anstatt solche Klagen zum Anlass zu nehmen, spätestens dann mit wirksamen Maßnahmen zum Lärmschutz und zur Luftreinhaltung gegenzusteuern, um den eigentlichen Anliegen der Klägerinnen und Kläger Genüge zu tun, zum Vorteil aller.
In Sachen Fahrradverkehr – zu dieser notwendige Forderung hat die Piratenfraktion ja ebenfalls schon einige Anträge in die Gremien eingebracht; bisher wurden sie selbstverständlich alle abgelehnt, leider. Der Unmut in der Bevölkerung über die Nicht-Fahrradpolitik des Berliner Senats ist ja inzwischen so groß, dass die Bevölkerung zum hierfür aus systematischen Gründen nur sehr schlecht geeigneten Instrument des Volksbegehrens greifen muss, um das Thema öffentlich zu besetzen. Peinlich ist das und einer Hauptstadt, die aufgrund ihrer Lage im Flächenland ganz leicht auch Hauptstadt des umweltfreundlichen Fahrrads sein könnte, unwürdig. Das Fahrrad ist sicher nicht die Lösung für alle Luftreinhaltefragen der Hauptstadt, aber einer der wesentlichen Schlüssel zum Erfolg.
Und noch ein Aspekt: In unserer nun wieder wachsenden Stadt steigt der Anspruch, den Luftreinhalteplan zügig umzusetzen, an. Denn mehr Einwohner bedeuten auch mehr Verkehrsbedürfnisse, und nicht wenige neue Einwohner bringen ein oder sogar zwei Pkws gleich mit. Gerade für Zuzügler sollten von Anfang an attraktive Angebote des ÖPNV und für den individuellen Radver
kehr bereitstehen und in Neubaugebieten oder Ortsteilen, die sich erweitern oder umstrukturieren müssen, von Anfang an die fahrradgerechte Stadt und die Stadt der kurzen Wege auch zu Haltepunkten des ÖPNV mitgeplant werden.
Die konsequenteste Attraktivierung des ÖPNV stellt aus unserer Sicht ohnehin der fahrscheinlose ÖPNV dar, zu dem wir unlängst eine Machbarkeitsstudie veröffentlicht haben.
Auch über autofreie Ortsteile oder Neubaugebiete sollte wieder nachgedacht werden. In Lichterfelde-Süd war das zum Beispiel früher mal in der Diskussion, und aus eingesparten Verkehrs- und Stellplätzeflächen konnten Grünflächen, Freiflächen oder Kinderspielplätze werden. Die Experimentierfreudigkeit des Senats für solche zukunftsweisenden Ideen hält sich allerdings in sehr engen Grenzen – um es noch mal freundlich auszudrücken. Unter dem Strich gibt der Antrag der Grünen eine Menge Denkanstöße, und es besteht zumindest die theoretische Chance, den Antrag im Umweltausschuss noch einmal etwas ausführlicher en detail zu beraten und auch dem Senat Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob und wie er sich eine Umsetzung dessen vorstellen kann. Wir werden ihn dabei unterstützen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Regierender Bürgermeister! Wird es in Zukunft mehr Bedarf an ehrenamtlichen Helfern im Land Berlin geben, weil der Staat oder das Land Berlin nicht fähig sind, in bestimmten Bereichen ihren staatlichen Aufgaben nachzukommen?
Vielen Dank, Herr Sportsenator! – Ist für Sie Schach eine Sportart?
(Regierender Bürgermeister Michael Müller)
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat das Standortentwicklungskonzept der „Initiative Haus der Statistik“, eben dort ein „Zentrum für Geflüchtete, Soziales, Kunst und Kreative“ zu entwickeln?
Vielen Dank, Herr Senator! – Das Konzept orientiert sich an den Bekenntnissen des Senats zu einer neuen Liegenschaftspolitik, für die die BIM seit letztem Jahr auch zuständig ist. Deshalb frage ich nach: Ist der Senat bereit, mit der gestern hierzu bekannt gewordenen Idee der Initiative diesen soziokulturell angedachten Standort mit neuen Verwaltungsgebäuden für den Bezirk Mitte und die BIM zu kombinieren und so einen Leuchtturm für die neue Liegenschaftspolitik in Berlin zu setzen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Das Gesetz zur Neuregelung der Stiftung Naturschutz Berlin ist ein positives Beispiel dafür, wie sich Entscheidungen über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg als gemeinsame Sachentscheidung einstimmig und im Konsens verwirklichen lassen.
Wenn eine Beratung, die den Namen auch verdient, im Ausschuss entsprechend konstruktiv geführt wird und Änderungsvorschläge der Stiftung selbst und auch der Opposition gehört und eingebunden werden, kann das zu einem akzeptablen konsensualen Ergebnis führen. Und das könnte es meines Erachtens auch öfter in diesem Haus geben,
gerade, wenn es eine sachorientierte Beratung gibt. Denn eine Frontalopposition um jeden Preis ist bei Themen, in denen es grundsätzliche gemeinsame politische Linien gibt, unehrlich und verfällt nur allzu schnell in billige Wahlkampfpraktik oder -taktik.
Wenn man zu solchen gemeinsamen Lösungen kommen will, muss Politik, muss parlamentarische Arbeit und müssen letztendlich wir selbst Konsensfähigkeit beweisen – hier und im Alltag des Parlaments. Dann kann man natürlich nicht alles haben, aber in diesem Falle zumindest das Erforderliche, um die Professionalisierung und zukünftige Sicherung der guten und wichtigen Arbeit der Stiftung Naturschutz Berlin zu sichern. Auch wir hätten uns mehr Stiftungskapital gewünscht. Auch wir hätten es begrüßt, den Umfang und die Beteiligungskompetenz des Stiftungsrats nicht infrage gestellt zu sehen.
Ein Aspekt ist noch nicht erwähnt worden. Ich habe mich als Pirat dafür eingesetzt, dass die Beteiligung der kleineren Fraktionen im Stiftungsrat, die sich seit 30 Jahren bewährt hat, nicht beschnitten wird, und bin froh und dankbar darüber, dass die Kollegen Buchholz und Freymark in der Ausschussdebatte erkannt haben, dass es richtig ist, sodass wir eine entsprechende Abwendung erzielen konnten.
Denn es ist unsere Verpflichtung, die vielen Projekte der Stiftung zu begleiten, zu unterstützen und vor allem zu erhalten und eben langfristig zu sichern. Ich möchte in diesem Kontext nur einige noch einmal exemplarisch erwähnen: der Berliner Naturschutzpreis, grüne Lernorte an vielen Standorten, den Florenschutz, die Koordinie
rungsstelle Fauna, die dringend benötigte Entwicklung der Naturerfahrungsräume, das Freiwillige Ökologische Jahr und nicht zuletzt der Lange Tag der Stadtnatur, das jährliche Naturschutzevent, das den Menschen in Berlin die Möglichkeit bietet, unser Stadtgrün kompetent erlernbar zu machen und – das ist mir besonders wichtig – so ein nachhaltiges Bewusstsein für den Schutz der Natur gerade bei den jüngeren und jüngsten Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu entwickeln und bei den älteren zu etablieren. Ich hoffe auf eine ebenso konstruktive Beratung beim Energiewendegesetz für Berlin, das wir gestern im Ausschuss vertagt haben. Am 18. und 19. Juni 2016, also diesen Sommer, ist es wieder so weit, und ich lade Sie alle herzlich ein, wieder – oder erstmals – dem Langen Tag der Stadtnatur beizuwohnen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Regierender Bürgermeister! Herr Rettig hat dem RBB vor zwei oder drei Stunden aber gesagt, er wolle mit seinem Rücktritt ein Zeichen setzen. – Wieso muss man ein Zeichen setzen, wenn nichts passiert ist? Gab es vielleicht doch irgendwelche Änderungen oder Forderungen, was den Flächenbedarf z. B. angeht? Wir fragen uns jetzt natürlich, was der Grund für diesen Rückzug ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Um die 400 Objekte sind es, die in der Berliner Denkmalliste als Denkmale der Industrie, der Technik und auch des Verkehrs – damit zusammen sind es sogar noch ein paar mehr – gekennzeichnet sind. Eine wunderbare Zusammenstellung davon findet sich in der Dokumentation „Elektropolis“ von Dr. Thorsten Dame, herausgegeben vom Landesdenkmalamt unter Prof. Haspel, die ich heute extra mit in dieses Hohe Haus gebracht habe und die vielen von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bekannt sein dürfte. Falls sie irgendwo im Regal verstaubt, sollten Sie das dringend ändern.
Wenn man sich dieser Lektüre bedient, erkennt man sehr schnell, welche Faszination und welches Potenzial in den Denkmalen der Industriekultur Berlins liegen. Welchen Schatz uns das ehemalige Zentrum der modernen Großindustrie hinterlassen hat, wird hier anschaulich beschreiben, auch, wo und unter welchen Voraussetzungen uns alte Industriegebäude, alte Produktionsstätten heute wieder als Wohnraum, Gewerbe oder kulturelle Veranstaltungssäle und Spielstätten oder auch als Kombination daraus dienen können.
Im Ruhrgebiet oder der Metropole Ruhr, wie sie sich jetzt auch gerne marktgerecht betitelt – ich sage lieber Ruhrpott, ich darf datt, ich bin von da wech –, genau dort
(Wolfgang Brauer)
konnte mit dem aus dem Strukturwandel geborenen Konzept der Route der Industriekultur mittlerweile eine ganze Region auf vielfältige Weise kulturell und touristisch mit ganz Altem ganz neu erschlossen werden. Und alle profitieren davon. Das ist wirklich – und ich sage das zum ersten Mal in diesem Hause – eine Erfolgsgeschichte, aus der wir lernen können. So gibt es mittlerweile mehrere europäische Routen der Industriekultur, und die Elektropolis Berlin bildet hoffentlich auch bald einen Ankerpunkt in dieser.
Innerhalb Berlins befinden wir uns, was die Entwicklung einer solchen Route angeht, noch im Pionierzeitalter. Aber diesen Pionieren gehört unser Dank, nämlich dem BZI, dem Berliner Zentrum für Industriekultur, das vieles, was in diesem Buch steht, löblicherweise im Netz schon visualisiert hat, aber auch etwas, was hier gar nicht drinsteht, nämlich – Trommelwirbel – die nun erste Route der Industriekultur in Berlin, abrufbar unter www.industrie-kultur-berlin.de/karte. Es lohnt sich, da reinzuschauen.
Der vorliegende Antrag möchte nun die bestehenden Bemühungen um die Potenziale der Industriekultur in Berlin stärken, unter anderem mit der Aufwertung von Quartieren durch die Nachnutzung alter Industriegebäude, ja, zum Beispiel aber auch mit bezahlbarem Wohnraum wäre das toll. Inwiefern dieser sich an solchen Standorten schaffen lässt, darüber müssen wir uns noch unterhalten. Denn ein von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in Auftrag gegebenes Gutachten aus dem Jahr 2008 kommt zu dem Schluss, dass insbesondere auch aus ökonomischer Sicht die Nachnutzung altindustrieller Bauten bevorzugt wird. Hier wird auch beschrieben, welche – ich zitiere –
Katalysatorwirkung die Kultur- und Kreativwirtschaft auf den Entwicklungsprozess von Standorten oder ganzen Quartieren haben kann.
Die Gefahr dabei ist jedoch auch die mögliche Verdrängung der gewachsenen Mieterstrukturen im Umfeld durch eine eindimensionale Aufwertung und damit einhergehenden Gentrifizierung. So darf es eben nicht passieren.
Genau dazu fehlt mir eine Klarstellung in Ihrem Antrag, Herr Kollege Jahnke, den ich ansonsten zunächst einmal grundsätzlich – ich will mal sagen – anregend finde, ihn weiter zu verfolgen, ihn zu diskutieren und darüber nachzudenken. Und das kommt aus der Opposition auch nicht alle Tage! Was Sie allerdings mit Ihrem Industriekulturkoordinator meinen, erschließt sich aus dem Antrag nicht, den können wir vielleicht mit unserem GraffitiBeauftragten kombinieren. Dann wird ein feines Ding daraus.
Die zur Realisierung der Ziele geförderten Maßnahmen werden teilweise schon vom BZI angegangen, aber eine Konkretisierung und Intensivierung, was gerade die Er
schließung von Städten der Industriekultur durch Kreativwirtschaft und Clubkultur angeht, finde ich schon interessant. So wäre es wünschenswert, wenn sich für Veranstaltungen wie das Atonal-Festival, das zuletzt im ehemaligen Heizkraftwerk Mitte stattfand und das mit experimenteller elektronischer Musik und audiovisueller Kunst, V-Jaying und Perfomances in Interaktion mit dem Gebäude und den Tanzenden tritt, ähnliche Areale fänden, die dann auch durch andere Veranstaltungen genutzt werden könnten, auch durch solche, die nicht primär kommerzielle Ziele verfolgen. Das Radialsystem wurde schon genannt.
Zum Ausgleich noch – ein Beispiel für die Freundinnen und Freunde der klassischen Musik – der Hinweis, dass solche Gastspiele eben nicht nur von Akteuren der elektronischen Musik durchgeführt werden, sondern beispielsweise die Staatsballettproduktion „Masse“ im Jahr 2014 ebenfalls in einem ehemaligen Heizkraftwerk namens Berghain auftrat. Und dass auch andere darstellende Künste wie Theater und Medienkunst in ehemaligen Industrieproduktionshallen wie der Jahrhunderthalle in Bochum große Erfolge feiern können, beweist die Ruhrtriennale seit 14 Jahren Jahr für Jahr. Da können wir vielleicht mal etwas Gutes copy-and-pasten.
So schließt sich für mich der Kreis zum Ruhrgebiet, und ich freue mich mit dem Motto: Macht alte Produktionsstätten zu neuen Spielstätten! – auf die Beratung sowohl im Kultur als auch im Stadtentwicklungsausschuss. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kulturhaushalt ist nicht der große Wurf, wie er von der Koalition gerne verkauft wird, selbst wenn die letzten kosmetischen Änderungen an mancher Stelle noch Erleichterung bringen – siehe die letzte Runde im Hauptausschuss, wo doch noch Zuwächse für die Kinder- und Jugendtheater herausgesprungen sind. Aber das leider auch erst wieder in letzter Sekunde! Warum? – Ich hoffe, weil Sie ein schlechtes Gewissen geplagt hat – ja, manche hier haben noch so eins – und Ihnen bei der Finanzierung der großen Player so ins Blaue hinein – siehe Volksbühne – am Ende doch die Mahnung der Opposition noch dabei eingefallen ist, hier nachzujustieren.
Ich frage mich nur, warum Sie zu Beginn der Haushaltsverhandlungen nie alleine darauf kommen.
Natürlich wird das von Ihnen, liebe Koalition, alles wieder anders verkauft. Wir haben es schon in den Eingangsstatements gehört, wir werden es anschließend auch wieder hören. Wie sollte es auch anders sein?
Mir bleibt noch zu sagen über den Kulturhaushalt des Landes Berlin, in dem die Kultur als zentraler Bestandteil unseres vermeintlichen Weltstadtrufs immer wieder hoch gehalten wird: Immerhin hat Visit Berlin ausrechnen lassen, dass 37 Prozent der Touristen allein wegen der Orchester nach Berlin kommen. Unabhängig von der Genese solcher Zahlen liefern diese dann ja auch immer wieder Futter für die ewig gleiche Rhetorik Weltstadt, Kulturhauptstadt, einzigartige Kulturlandschaft und beim Bauen dann gerne auch Oper des 21. Jahrhunderts.
Bei den Kulturbauten wollen wir mal anfangen. Das Bauhaus-Archiv soll mit großem Brimborium im Jahr 2019 das hundertste Jubiläum mitfeiern können, weshalb man dann auf der Baustelle wieder tolle Festivitäten plant. Baustellenfeste sind ja so hip und angesagt, weil einfach kein Bauwerk rechtzeitig fertig wird, um drinnen zu feiern. Hätte der Senat sich nicht einmal etwas früher bemühen können, dem Bund rechtzeitig vernünftige Vorlagen zu liefern, dann hätte man glatt auch rechtzeitig fertig werden können. Aber nein! Stattdessen lässt sich Berlin absehbar in der Baukultur wieder übers Ohr hauen. Wer glaubt denn ernsthaft, dass die 28 Millionen Euro, die der Bund vorsorglich schon einmal gedeckelt hat, wirklich 50 Prozent der Gesamtkosten ausmachen werden? Wir glauben das nach den letzten, stets zuverlässigen Kostensteigerungen jedenfalls nicht mehr. Berlin geht mit Sicherheit mit mehr als 28 Millionen Euro Beteiligung raus.
Apropos mehr: Die Staatsoper feierte im Juni großes Richtfest auf einem Grab, das inzwischen rund 400 Millionen Euro verschlingt – was vor allem in seiner kulturpolitischen Dimension ein Desaster darstellt. Wir haben bis
heute keine vernünftige Antwort darauf bekommen, wie Sie sich den Repertoirebetrieb so verbessert vorstellen, dass das darstellbar ist, und was das in Zahlen bedeuten soll. Die großen Mäzene und Mäzeninnen halten sich vornehm bedeckt bei weiterer Finanzierung, und blechen darf wieder einmal der Landeshaushalt, auch für die Verfehlungen des ehemaligen Kultursenators Wowereit, dessen Erbe den Kulturhaushalt strukturell schwer belastet, ob nun im investiven Bereich – wie beim Bauen – oder bei den konsumtiven Mitteln für den laufenden Betrieb. Beim konsumtiven Teil haben wir es wieder einmal mit seismischen Verschiebungen zu tun, glaubt man den Ausführungen des Staatssekretärs. Seismisch steht dann hier wohl als Synonym für winzig. Leider!
Aufwüchsen für die Kleinen, die Freien und die Jungen in geringerem Umfang stehen deutlich kräftigere Tarifsteigerungen für die Großen, die Etablierten und Alten gegenüber. Da war sie wieder mal, die Kulturpolitik1.0, die wir eigentlich schon hinter uns gelassen sehen wollten, deren Verteilungsprioritäten von gestern sind. Denn trotz eines progressiven, futuristisch wirkenden Konzeptentwurfs ist es für uns noch nicht so richtig absehbar, was Herr Dercon denn nun mit der Volksbühne machen will. Deshalb unsere gesunde Skepsis bei so hohen monetären Vorschusslorbeeren!
Auch die Begründung für die Aufwüchse am Berliner Ensemble sind bisher recht dünn. Aber pumpen wir erst einmal Geld rein, egal ob das andere auch gebrauchen könnten. Namedropping ersetzt gerne mal Substanz.
Apropos Namedropping: Herr Paul Spies stimmt uns immerhin hoffnungsfroh, dass es für das Stadtmuseum eine bessere Zukunft mit innovativen Konzepten geben kann. Aber auch hier fehlen weiterhin 20 Millionen Euro, wie auch beim Humboldt-Forum immer noch 50 Millionen Euro fehlen oder bei der Staatsoper 26 Millionen Euro. Die Rede ist von privatem Engagement von irgendwelchen dubiosen Freundeskreisen, die sich selbst zwar ihre Putten, Statuen und Säle widmen, die in ihrer immensen Selbstherrlichkeit aber vergessen, ihre oft vollmundigen Ankündigungen auch einzulösen. Die öffentlichen Haushalte müssen das dann richten. Und die verfilzten Netzwerke zwischen Opernpremiere und Richtfest funktionieren so auch weiter. Auch hier leider wieder Kulturpolitik 1.0!
An manchen Stellen sieht das zugegebenermaßen anders aus. Digitalisierung auch von Kulturgut ist für Sie immerhin nicht mehr nur ein Schlagwort, Herr Staatssekretär – ausführender Kultursenator, hätte ist fast gesagt. Neue Kommunikationsprozesse werden von Ihnen auch eingeworfen, die anscheinend nicht immer so funktionieren, wie vorgesehen.
Zuletzt sind Sie dann aber doch mit der Koalition der freien Szene ins Einvernehmen gekommen, was die
Vergabekriterien zur Verteilung der Mittel aus der CityTax angeht. Ich erwarte dazu noch Ihren ausführlichen Bericht. Die City-Tax wäre nämlich ein wunderbares und probates Mittel gewesen, gerade die freie Szene noch einmal substanziell zu stärken. Unsere Änderungsanträge sind leider allesamt abgelehnt worden. Wir haben ja nichts gegen Tarifaufwüchse bei den anderen, aber wieder einmal hat man es verpasst, den Kuchen so zu vergrößern, dass die Kleinen auch wirklich davon profitieren – außer vielleicht Sasha Waltz. Von irgendwann einmal zweistelligen Millionenbeträgen bleiben jetzt klägliche 2,5 Millionen Euro für die freie Szene übrig.
Bleibt ohnehin die Frage: Wie sieht das aus mit den verlängerten Armen des Senats, mit Lotto und Hauptstadtkulturfonds? Gerade erst erhielt Hallervordens Schlossparktheater wieder einmal 600 000 Euro aus Lottomitteln, wohingegen für das Jüdische Theater in Berlin gar nichts mehr bleibt. Von 100 000 auf 0 Euro! Das ist angesichts des stetig stärker und dynamischer werdenden jüdischen Lebens in Berlin ein Hohn. Aber vielleicht kann die tolle Arbeit des Gorki Theaters integrativ wirken, und Frau Ronen hat auch dazu interessante Konzepte an der Hand.
Wenn wir uns den Hauptstadtfinanzierungsvertrag anschauen, der immerhin bereits verhandelt wird, wäre es gut zu wissen, über welche Teile der Berliner Kulturlandschaft Sie da überhaupt reden. Will der Bund sich jetzt zehn Jahre und 400 Millionen Euro später doch noch die Staatsoper unter den Nagel reißen? Sind die Philharmoniker eigentlich Teil der Hauptstadtkultur und dienen vielleicht auch dem Bund als Aushängeschild? Oder will der Bund vielleicht die Volksbühne zum zweiten Haus der Berliner Festspiele machen? Diese Überspitzung ist Absicht, denn Sie sagen ja doch nichts dazu, weil Sie keine Grundlagen haben, auf denen Sie diesen Kulturteil des Vertrags wirksam verhandeln, egal wie relevant er für uns auch ist.
Das kulturelle Treiben in Berlin geht dankenswerterweise erst einmal ohne Grabenkämpfe um die Verteilung der Haushaltsmittel weiter, und das ist am Ende dieser Haushaltsverhandlungen auch erst einmal befreiend für uns alle. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Welche Änderungen plant der Senat an der Volksgesetzgebung zum Tempelhofer Feld, um dort temporäre Notunterkünfte für Geflüchtete zu schaffen?