Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 32. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Ich begrüße Sie recht herzlich, ebenso unsere Gäste und Zuhörer und die Vertreter der Presse. Ich beglückwünsche zwei Väter unseres Hauses zum Nachwuchs und gratuliere dem Kollegen Ole Kreins von der SPD-Fraktion zur Geburt der Tochter Mona-Helene.
Und Glückwunsch dem Kollegen und Fraktionsvorsitzenden Florian Graf von der CDU zur Geburt der Tochter Lydia!
1. Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Der neue Berliner Mietspiegel – Schlussfolgerungen für die Wohnungspolitik“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Der neue Berliner Mietspiegel – Schlussfolgerungen für die Wohnungspolitik“,
3. Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Wohnungspolitik des Senats: zu wenig und zu spät“,
4. Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Chefsache Hauptstadtkultur gilt offenbar nicht bei der Staatsoper – Problembaustelle vor dem Kollaps“,
5. Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „Schluss mit dem Demoüberwachungsgesetz – Kritik aus allen Lagern“.
Zur Begründung der Aktualität erteile ich zunächst einem Mitglied der Fraktion der SPD das Wort. – Bitte, Frau Radziwill!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition will heute über den neuen Berliner Mietspiegel und die Schlussfolgerungen für die Wohnungspolitik ihn Berlin debattieren. Nun, was gibt es Aktuelleres als den neuen Mietspiegel? Vor einer Woche hat ihn die Senatsverwaltung veröffentlicht, und viele Akteure haben ihre Kommentare und Bewertungen abgegeben.
Gut daran ist: Dieser Mietspiegel ist mit den Mieter- und Vermieterverbänden unter Vorsitz der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erstellt worden. Damit wird der
Mietspiegel in seiner Bedeutung gestärkt. Uns liegt ein qualifizierter Mietspiegel vor. Er beruht auf einer repräsentativen Erhebung von Miet- und Ausstattungsdaten zum Stichtag 1. September 2012. Sowohl Vermietende als auch Mieterinnen und Mieter erhalten wieder verlässliche Angaben zu üblicherweise gezahlten Mieten in mehr als 1,2 Millionen nicht preisgebundenen Wohnungen in Berlin.
Es ist unhaltbar, wenn gerade ein Chef von einer großen Wohnungsbaugesellschaft – wie jüngst in der Presse nachlesbar – bemängelt, dass der Mietspiegel die Preisentwicklung in der Stadt nicht „marktadäquat“ darstelle. Dieser Mietspiegel basiert nicht auf einer zu dünnen Datengrundlage für den komplexen Berliner Wohnungsmarkt, und wir geben hier dem noch stärkeren Mieterhebungsbegehren von Wohnungsbaugesellschaften auch nicht nach.
Die Mieterhöhungen sind im Durchschnitt gegenüber dem bisherigen Mietspiegel 2011 moderater ausgefallen als erwartet und das trotz eines zunehmend angespannten Wohnungsmarkts aufgrund von Wachstum und der anhaltenden Attraktivität Berlins. Aber der Anstieg in der einfachen Wohnlage ist verhältnismäßig viel höher. Das macht sich bei den Betroffenen leider stärker bemerkbar, denn viele Mieterinnen und Mieter in einfachen Wohnlagen verfügen über weniger Geld. Ihre Geldbeutel sind schmaler. Daraus müssen wir Konsequenzen ziehen. Der Mietspiegel muss noch weiter gestärkt werden, damit er auch als wirksames Instrument die Mieterinnen und Mieter vor unberechtigten Mieterhöhungen schützen kann. Darüber würden wir heute gern mit Ihnen beraten.
Angesichts des angespannten Wohnungsmarkts in Berlin und anderen Großstädten im Bundesgebiet müssen wir im Bundesmietrecht Änderungen erwirken. Wenn wir uns den Mietspiegel genauer anschauen, muss eine Konsequenz aus dem Rückgang der Fluktuation, die bei ca. 7 Prozent liegt, in Berlin sein, zu betrachten, wie man den Mietspiegel weiter verbessern kann. Aus meiner Sicht kann eine Verbesserung dahin gehend erfolgen, dass in dem Mietspiegel die veränderten Mieten aus mehr als nur den letzten vier Jahren einbezogen werden.
Weitere Konsequenzen für bezahlbare Mieten sind für unsere Fraktion, die SPD, erstens: dauerhafte Mieterhöhungsmöglichkeiten um 25 Prozent zu senken, das heißt, 15 Prozent Kappungsgrenze dauerhaft gesetzlich zu verankern. Zweitens: Die Schutzfrist zwischen möglichen Mieterhöhungen wollen wir im Bundesmietrecht von drei auf vier Jahre erhöhen. Drittens: Wir wollen sicherstellen, dass Mieterhöhungen bei der Neuvermietung von Wohnungen 10 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht überschreiten. Viertens: Wir wollen festschreiben, dass die Vermieter die Maklergebühren zahlen, wenn sie Wohnungen nur über Makler anbieten. Also: Wir wollen das Bundesmietrecht konsequent sozialer gestalten. Ber
lin hat hier mit der Bundesratsinitiative für bezahlbare Mieten eine wegweisende Rolle gespielt, und einen Teil dieser Punkte setzen wir auch in Berlin um.
Unseren Koalitionspartner konnten wir in dieser Legislaturperiode davon überzeugen, einen Paradigmenwechsel bei der Rolle der städtischen Wohnungsbaugesellschaften einzuleiten. Wir wollen bezahlbare Mieten für breitere Schichten und besonders für die Mieterinnen und Mieter mit kleineren Geldbörsen und geringen Einkommen. Deshalb wollen wir auch den Neubau gezielt fördern, um bezahlbare Mieten in Berlin zu sichern. Hier ist der Senat, insbesondere der Senator für Stadtwicklung sehr aktiv. Die aktuellen Erfolge bei der Mietenbremse lassen wir uns auch von der Opposition nicht kleinreden.
Und zum Schluss: Wir werden heute den Vorschlag der Grünen aufgreifen, in der Aktuellen Stunde darüber auch zu debattieren. Denn weder kommen die Aktionen, die Bemühungen des Senats zu spät noch sind sie unzureichend. Anscheinend haben die Grünen eine Glaskugel, in der sie die Zukunft sehen können.
Oder kommt von Ihnen noch der Antrag, dass Sie alle Berliner und Berlininteressierte, die hier wohnen wollen, auffordern oder gar verpflichten, sich rechtzeitig mehrere Jahre vorher anzumelden, damit man entsprechende Wohnungen bauen kann?
Wohnen ist keine Ware, keine Ware wie jede andere. Wohnen muss jeder und jede. Wohnen ist Teil der Daseinsvorsorge. Berlin ist eine Mieter- und Mieterinnenstadt. Rund 85 Prozent wohnen zur Miete, und deshalb setzen wir uns konsequent, sehr stark und engagiert für bezahlbare Mieten für breite Schichten und für untere Einkommensgruppen ein. Darüber debattieren wir gern mit Ihnen auch heute in der Aktuellen Stunde. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Berliner Mietspiegel ist vor wenigen Tagen veröffentlicht worden und zeigt ein differenziertes Bild. Das Erfreuliche zuerst: Der Mietanstieg hat sich um über 20 Prozent deutlich verlangsamt und ist damit ein Stück weit besser ausgefallen, als viele von uns erwartet haben. Die Durchschnittsmiete von 5,54 Euro liegt im bundesweiten Vergleich immer noch zum Glück auf einem akzeptablen Niveau, wenn man die Kaufkraft beachtet. Wir
sind auf dem Niveau von Hannover. Das ist auf der einen Seite erfreulich, was den Mietpreis angeht unter Beachtung der Kaufkraft, aber es ist nicht zu verleugnen: Der Mietanstieg der letzten Jahre war erheblich. Insofern sind wir froh, dass er sich verlangsamt hat. Das gibt uns auch Zeit, die Maßnahmen umzusetzen, die wir skizziert und beschlossen haben.
Ein weiteres wichtiges Indiz des Mietspiegels ist, dass in den Baualtersklassen 1950 bis 1990 nur geringe Anstiege zu verzeichnen sind. Das ist ein Großteil des Berliner Bestandes. Insofern gibt es hier eine deutliche Entlastung für die Mieterinnen und Mieter.
Gleichzeitig zeigt der Mietspiegel auch: Wir haben kein Nachfrageproblem, sondern wir haben ein Angebotsproblem, das wird zum einen aus dem geringer werdenden Leerstand, aber auch der nachlassenden Fluktuation deutlich.
Diese Signale zeigen ein Stück weit Entlastung, aber gleichzeitig zeigen sie auch, dass wir nicht entwarnen können, sondern diese Entwicklung nutzen müssen, um die Wohnungspolitik weiter auf die Herausforderungen der nächsten Jahre auszurichten. Dafür hat die Koalition in diesen Tagen weitreichende Beschlüsse gefasst, die wir hier im Hause erörtern wollen. Daher haben wir auch die Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragt.
Wir haben aber auch schon einiges getan. Auch wenn es häufig vielleicht etwas überstrapaziert klingt, aber der Senat – und Herr Müller vorneweg – hat mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften einen Vertrag geschlossen, der eine dämpfende Funktion ausübt und dessen erste Ergebnisse wir jetzt schon sehen können. Ich denke, das ist ein wichtiger Baustein im Bereich der Wohnungspolitik, um auf den Wohnungsmarkt dämpfend zu wirken. Ich bin froh, dass wir so konsequent in dem Bereich gehandelt haben.
Ein weiteres Indiz unserer Wohnungs- und Baupolitik können wir auch sehen: Die Zahl der Baugenehmigungen ist deutlich gestiegen – auf über 1 000 – dank der Bemühungen des Senats, der Koalitionsfraktionen und einiger Bezirke, die tatkräftig mit Investoren zusammengearbeitet haben. Gleichzeitig können wir feststellen, dass die Zahl der fertiggestellten Wohnungen wieder auf 6 000 gestiegen ist. Das ist auch eine beruhigende Zahl, sie hat sich nämlich fast verdoppelt. Ich finde, das ist erfolgreich und wichtig für die Mieterinnen und Mieter in der Stadt.
Ebenso hat der Stadtentwicklungssenator den StEP Wohnen initiiert und auf die Zielgerade gebracht, und dies ist ein Dialog mit Experten und verschiedensten Akteuren in der Stadt. Er zeigt, dass wir in Berlin viele Flächen für Wohnungsneubau haben. Mit dem StEP Wohnen haben
wir ein Potenzial von über 200 000 Wohnungseinheiten identifiziert, die wir in absehbarer Zeit auch heben können. Das macht deutlich: Berlin hat im Gegensatz zu Hamburg und München oder auch Frankfurt und Stuttgart kein Flächenproblem. Wir haben ausreichend Flächen in der Stadt – gut erschlossen –, und unser Ziel muss es sein, das entsprechend nutzen zu können, und ein aktives Flächenmanagement spielt eine wichtige Rolle. Ich bin dankbar, dass der StEP Wohnen so gut erarbeitet wurde und dies auch aufzeigt.
Wir werden – und das ist deutlich, wenn wir auf die Bevölkerungswachstumszahlen gucken – bis zum Jahr 2030 um über 250 000 Einwohner wachsen. Und wir sind in den letzten Jahren ebenfalls um 100 000 Einwohner gestiegen. Auch vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung des Mietspiegels ein Stück weit überraschend und für uns erfreulich. Sie zeigt, dass wir die richtigen Schritte bereits eingeleitet haben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt – und das möchte ich hier auch noch mal betonen –: Berlin war das erste Bundesland, das von den neuen Möglichkeiten im Mietrechtsänderungsgesetz Gebrauch gemacht hat, und hat den Mietanstieg im Rahmen der Kappungsverordnung auf 15 Prozent in drei Jahren begrenzt.
Wir sind das erste Bundesland, das dies getan hat, und wir haben es vor Veröffentlichung des Mietspiegels umgesetzt. Das bedeutet, es wirkt für die Mieterinnen und Mieter bereits in dieser Zeit.
Was wollen wir tun, und was haben wir beschlossen? – Wir werden dazu gleich in der Aktuellen Stunde noch reden, aber die Stichworte will ich Ihnen noch sagen: finanzielle Förderung für den Wohnungsneubau, Stärkung von Familien, Ankauf von Belegungsrechten und eine Neubauoffensive mit den Bezirken durch Prämien und Personal in dem stadtplanenden Bereich. Mit diesen Maßnahmen wollen wir über 50 000 Wohnungen neu in der Stadt errichten. Darüber hinaus wollen wir ganz konsequent die Rolle der städtischen Gesellschaften stärken und deren Bestand in den nächsten Jahren um über 30 000 Wohnungen aufbauen.
Sie sehen, unsere Wohnungspolitik handelt. Wir stellen uns den Herausforderungen der wachsenden Stadt und werden diese damit auch zum Wohle Berlins und auch zum Wohle der Berliner Mieterinnen und Mieter nutzen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Radziwill hat uns gesagt: Wohnen ist keine Ware. Da ist mir eingefallen: Sie haben in der letzten Legislaturperiode mit der GSW eine Kleinstadt an die Börse gebracht – über 50 000 Wohnungen. Daran erinnern wir uns, wenn Sie solche Sprüche hier machen.
Wohnungspolitik zu wenig und zu spät: Schauen Sie rein, wir haben Ihnen am Anfang dieser Legislaturperiode alles aufgeschrieben, was wir als wichtig ansehen: