Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 78. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste, unsere Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich habe eine traurige Pflicht zu erfüllen und möchte Sie bitten, sich von den Plätzen zu erheben.
Geboren wurde Hubert Vogt am 28. September 1936 in Berlin-Reinickendorf. Nach Beendigung seiner Schulzeit zog es ihn auf den afrikanischen Kontinent; er ging 1958 als Missionshelfer für die katholische Kirche nach Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Dort verbrachte er einige Jahre, kehrte dann nach Berlin zurück, um ein Bauingenieurstudium an der TFH aufzunehmen. Als diplomierter Hochbauingenieur ging er 1966 erneut nach Südwestafrika, gründete dort eine Baufirma und widmete sich dem Bau von Schulen, Krankenhäusern und Kirchen. In dieser Zeit lernte er auch seine Frau kennen, die ebenfalls aus Deutschland stammte. Sie heirateten. Ihre drei Kinder wurden in Afrika geboren.
Mit der Schulreife der Kinder verließ die Familie Vogt 1971 Namibia. Sie gingen nach Berlin. Hier fand Hubert Vogt eine Anstellung als Hochbauingenieur beim Erzbistum Berlin. Als Diözesanbaurat verantwortete er unter anderem den Neubau der Berliner Nuntiatur.
Das Berliner Zuhause war für Hubert Vogt der Bezirk Reinickendorf, genauer gesagt, die Ortsteile Lübars und Waidmannslust. Hier engagierte er sich in der CDU, für die er ab 1979 zunächst in der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf, ab 1985 dann im Abgeordnetenhaus ein Mandat hatte. In unserem Haus war er überwiegend im Hauptausschuss tätig, für die Fraktion übernahm er die Aufgabe des kirchenpolitischen Sprechers. 1999 schied er aus dem Parlament aus.
Hubert Vogt war ein engagierter Christ. Er war ein Mensch, der zusammenführte und aufbaute. Davon zeugt sein ganzes Leben, das vor einigen Tagen plötzlich und unerwartet endete.
Ich habe dann wieder Geschäftliches mitzuteilen. Am Montag sind folgende fünf Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:
− Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Myfest schafft Perspektive für einen friedlichen 1. Mai 2016 in Berlin“
− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Myfest schafft Perspektive für einen friedlichen 1. Mai 2016 in Berlin“
− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema: „Hass und Hetze entgegentreten – offene Gesellschaft verteidigen – Integration jetzt“
− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Hass und Hetze entgegentreten – offene Gesellschaft verteidigen – Integration jetzt“
− Antrag der Piratenfraktion zum Thema: „Hass und Hetze entgegentreten – offene Gesellschaft verteidigen – Integration jetzt“
Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU, Stichwort: Myfest. – Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Piraten, Grüne und Die Linke. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Ersteres war die Mehrheit.
Dann rufe ich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 auf, und zwar in Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 21. Die anderen Anträge auf Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht der Fall sein, so bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die 78. Sitzung: Der Regierende Bürgermeister ist abwesend wegen der Teilnahme an der Vorbesprechung der A-Länder sowie der anschließenden Ministerpräsidentenkonferenz, und Herr Senator Heilmann ist abwesend bis ca. 16 Uhr wegen der Teilnahme am Justizgipfel gegen fremdenfeindliche und rechtsradikale Gewalt, der Vorbesprechung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu den Bundesrichterwahlen sowie den von 13.30 Uhr bis 16.00 Uhr anschließenden Bundesrichterwahlen.
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/2763
Ich habe den Antrag der Oppositionsfraktionen Drucksache 17/2763 vorab an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen.
Für die Besprechung der Aktuellen Stunde und die Beratung des Tagesordnungspunktes 21 steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion der CDU. – Herr Kollege Lenz, bitte schön! Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Na, das ist ja gerade noch einmal so gut gegangen. Eine Zeitlang sah es ganz danach aus, dass das Myfest in diesem Jahr nicht mehr stattfinden kann. Die Beteiligten hatten sich in Ängste und Bedenken verstrickt und in Teilen auch zurückgezogen. Frau Herrmann war nicht mehr bereit, den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg als Anmelder des Festes fungieren zu lassen. Es bestand die Befürchtung, am Ende nicht für die Sicherheit sorgen zu können,
auch nicht die Kosten, insbesondere die für die Müllbeseitigung abdecken zu können. Frau Herrmann hatte sich direkt aus den Planungen zurückgezogen.
Führung sieht anders aus, jedenfalls nach meinem Verständnis. Frau Herrmann, so ist zumindest mein Kenntnisstand,
Aber gut, so konnte es nicht bleiben. Irgendetwas musste geschehen, denn uns allen war klar, dass wir alles versuchen müssen, das Myfest zu retten, denn unumstritten war und ist über die Fraktionsgrenzen hinweg, dass das Fest in der Vergangenheit einen ganz wesentlichen Bei
trag zur Befriedung des 1. Mai geleistet hat. Mit dem Fest hatten sich die Berliner, die Kreuzberger, ihren Kiez zurückerobert. Die Zahl der Krawalle ging zurück, hatten jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung verloren. Das hatte nicht nur, aber doch ganz wesentlich mit dem Myfest zu tun.
Eine Anerkennung des Festes so wie im vergangenen Jahr als politische Versammlung war aber nicht mehr ohne Weiteres möglich.
Wir alle haben zur Kenntnis genommen, dass sich das Fest von seinem Charakter her verändert hatte. Es war immer kommerzieller geworden, es war immer größer geworden. Vor diesem Hintergrund war ohne eine Änderung dieser Weg nicht ohne Weiteres gangbar und juristisch problematisch.