Klaus-Peter Puls
Appearances
16/4
16/10
16/11
16/13
16/14
16/16
16/18
16/19
16/20
16/25
16/26
16/27
16/28
16/31
16/32
16/33
16/38
16/39
16/40
16/46
16/50
16/51
16/53
16/54
16/57
16/60
16/62
16/63
16/64
16/65
16/67
16/69
16/70
16/73
16/74
16/77
16/79
16/86
16/90
16/94
16/95
16/98
16/99
16/103
16/108
16/111
16/115
16/117
16/118
16/122
16/123
Last Statements
Herr Präsident, ich verweise auf die Vorlage.
Herr Präsident, ich verweise auf die Vorlage.
Herr Präsident, ich verweise auf die Vorlage.
Herr Präsident, ich verweise auch in diesem Fall auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Wadephul, ich werde es mal ganz ohne Wahlkampf versuchen. Ich will deshalb nicht auf die schon rituelle Selbstfesselung des Kollegen Wadephul im Hinblick auf ein Zitat unseres Fraktionsvorsitzenden eingehen, das von der CDU mit wachsender Lust aus rhetorischen Zusammenhängen gerissen wird.
Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt die von Landtagspräsident Kayenburg beantragte Verfassungsklage gegen die bundesgesetzliche Festschreibung einer Schuldengrenze für die Länder und
spricht sich für ein Verbot struktureller Neuverschuldung in der Landesverfassung aus.
Wir stimmen der Verfassungsklage zu, weil es nicht angehen kann, dass der Bund sich in die grundgesetzlich garantierte Haushaltsautonomie und Budgethoheit der Länder einmischt.
Wir befürworten außerdem eine landesverfassungsrechtliche Regelung, weil eine Schuldenbremse für Schleswig-Holstein nicht in das Grundgesetz des Bundes gehört, sondern der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers überlassen sein und bleiben muss.
Um klarzustellen, dass mit der Klage eine Schuldenbegrenzung für Schleswig-Holstein nicht in der Sache verhindert werden soll, wollen wir die Landesregierung auffordern, den Entwurf einer Landesverfassungsänderung vorzulegen, der die Neuverschuldung des Landes in wirtschaftlichen Normallagen künftig ausschließt. Wir würden das gern mit Ihnen allen gemeinsam heute hier im Landtag beschließen. Einen entsprechenden Antragsentwurf haben wir in die Fachausschussberatungen eingeführt. Konstruktive Antragsänderungen und Antragsergänzungen der FDP und der Grünen sind von uns übernommen worden und in die Ausschussempfehlungen eingeflossen. Der in den Ausschüssen nicht - vielleicht aber auch nur noch nicht, liebe Anke - stimmberechtigte SSW hat das von uns vorgeschlagene Verfahren ausdrücklich befürwortet.
Der konkrete Gesetzentwurf unseres Landtagspräsidenten zur Änderung der Landesverfassung bedürfte nach unserer Auffassung allerdings noch näherer Prüfung und Beratung, bevor er in dieser oder vergleichbar guter Form - vielleicht sogar inhaltlich verbessert - im Landtag verabschiedet werden kann. Er kann selbstverständlich dem von uns beantragten Gesetzentwurf der neuen Landesregierung zugrunde gelegt werden. Heute sollte er aber noch nicht verabschiedet werden. In der Abstimmung dazu werden wir uns enthalten. Für die Zukunft des Landes und nachfolgende Generationen derart substanzielle Verfassungsänderungen sollten wir nicht im Schnellverfahren auf den Weg bringen.
Schon für einfache und wesentlich weniger einschneidende und komplexe Gesetzentwürfe nehmen
wir uns üblicherweise Zeit zur Beratung in den Fachausschüssen mit schriftlichen und vertiefenden mündlichen Anhörungen sachverständiger Einzelpersonen, Einrichtungen und Institute. Für die Beratung des Gesetzentwurfs des Landtagspräsidenten war die verfügbare Beratungszeit unseres Erachtens nicht ausreichend. Der Gesetzentwurf ist am 15. Juli 2009 in den Landtag eingebracht worden, und am 16. Juli 2009 war die Koalitions-, Regierungs- und Landtagswahlzeit absehbar beendet. Umfassende und intensive Beratungen zu dem komplexen Gesetzgebungsvorhaben waren damit für den Rest der Wahlzeit faktisch ausgeschlossen.
Der Verfassungsklage werden wir unsere Zustimmung geben, weil uns die Argumente des Lorenzvon-Stein-Instituts für Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel überzeugen. Wir teilen die fachliche Meinung des Instituts in der eingeholten schriftlichen Stellungnahme, dass die im neuen Artikel 109 des Grundgesetzes verankerte Schuldenbremse verfassungswidrig ist, soweit sie die Länder betrifft. Wir teilen die Rechtsauffassung des Instituts, dass die grundgesetzliche Fixierung einer Länderschuldenbremse gegen unveränderliche Verfassungsgrundsätze des Grundgesetzes selbst verstößt. Verletzt wird nicht nur das Bundesstaatsprinzip, das den Ländern als Kernbestand ihrer Eigenstaatlichkeit die Haushaltsautonomie und Budgethoheit garantiert. Verletzt wird auch und sogar das Demokratieprinzip, weil es verfassungsrechtlich ebenfalls unabdingbar verlangt, dass den gewählten Landesparlamenten das Budgetrecht als echte Gestaltungsmöglichkeit erhalten bleibt.
Keinen Zweifel haben wir deshalb auch an der hier und da skeptisch gesehenen Klagebefugnis der Landesparlamente zur Wahrung ihrer ureigenen Rechte. Die konkrete Wahrnehmung dieser Rechte durch die Einführung einer Schuldenbremse in die schleswig-holsteinische Landesverfassung muss nicht heute geschehen. Die grundsätzliche Entscheidung für ein strukturelles Neuverschuldungsverbot ab 2020 ist bereits getroffen. Am 15. Juli dieses Jahres hat der Landtag beschlossen, dass die Neuverschuldung ab 2011 jährlich um 10 % gesenkt wird und dass spätestens ab 2020 jeder Landeshaushalt in wirtschaftlichen Normallagen auch ohne bundesgesetzlichen Zwang ohne die Aufnahme neuer Schulden auskommen soll.
Genau das in einer Änderung der Landesverfassung zu verankern und die Landesregierung mit einem entsprechenden Gesetzentwurf zu beauftragen, wird
uns heute in der Beschlussempfehlung des Innenund Rechtsausschusses und des Finanzausschusses vorgeschlagen. Wir sollten dieser Beschlussempfehlung folgen. Zeitdruck besteht nicht.
Der Kollege Kubicki hat für die FDP-Fraktion in der Sitzung des Landtags am 15. Juli zutreffend erklärt, dass man mit der Klage keinen ausgefeilten Gesetzentwurf vorlegen müsse. Es reiche die Absichtserklärung. Die FDP sei bereit, auch noch in der Dezember-Tagung des Landtags eine Verfassungsänderung zu verabschieden, die dem Gestaltungsspielraum des Landtags von Schleswig-Holstein gerecht werde. Danach könne dann eine Klage eingereicht werden. Auch hinsichtlich der konkreten Regelung im Gesetzentwurf des Kollegen Kayenburg - so Herr Kubicki am 15. Juli - bevorzuge die FDP eine andere Variante.
Diese einzubringen, ist weiterhin Gelegenheit, wenn wir der Ausschussempfehlung zustimmen. Wir als SPD-Landtagsfraktion ermuntern den Kollegen Kubicki ausdrücklich dazu, die von der FDP bevorzugte Variante vorzulegen.
Der Kollege Hentschel hat in derselben Landtagssitzung am 15. Juli für die grüne Fraktion vorgetragen, dass ihm der Gesetzentwurf des Präsidenten nicht präzise genug erscheine, weil er dem Landtag durch einen einfachen Beschluss erlaube, aufgrund einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung noch Kredite aufzunehmen. Das finde er problematisch. Er würde gern noch einmal im Ausschuss darüber reden, wenn wir dazu kämen. Dazu bestünde - nicht mehr für uns beide, Herr Kollege Hentschel, aber für unsere parlamentarischen Nachfahren - in der neuen Wahlperiode des Landtages aufgrund des dann vorzulegenden Gesetzentwurfs der neuen Landesregierung die ungehinderte und ausgiebige Möglichkeit.
Die Kollegin Spoorendonk hat am 15. Juli für den SSW zwar gemahnt, dass das Zeitfenster für eine Klage gegen die grundgesetzliche Regelung einer Länderschuldenbremse nicht ewig offen stehe, sie hat aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass nach Inkrafttreten der grundgesetzlichen Regelung - heute wissen wir, dass das der 1. August 2009 war noch sechs Monate bleiben. Fristablauf wäre danach der 1. Februar 2010 für eine konkrete Verfassungsänderung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verfassungsklage. Zeit genug, um etwas Vernünftiges, Durchdachtes, Dauerhaftes im Sinn
des Kollegen Kayenburg und gegebenenfalls modifiziert auf den Weg zu bringen.
Auch Sie, lieber Herr Kollege Wadephul, haben sich in der Landtagssitzung am 15. Juli geäußert. Ich zitiere Sie mit den für die CDU-Fraktion formulierten Schlussätzen wie folgt und mache das dann auch wörtlich:
„Deswegen glaube ich, dass es in diesem Landtag Zeit und Gelegenheit gibt, noch einmal sehr ernsthaft darüber zu diskutieren, ob wir es denn nicht doch schaffen, gemeinsam eine verfassungsgemäße Schuldenbremse in der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein zu verankern. Es ist die Mühe und Anstrengung aller Parlamentarier wert.“
Dem ist nichts hinzuzufügen. Es wäre schön, wenn sich auch die CDU-Fraktion
an den Appell ihres Fraktionsvorsitzenden halten und nicht schon heute übereilt einer Änderung der Landesverfassung zustimmen würde, die das ganze Haus nach sorgfältiger Beratung in der Sache ein paar Wochen oder Monate später genauso gut oder besser verabschieden könnte.
Herr Präsident! Leeve Froonslüüd und Mannslüüd! Ik bün seker: De een oder anner von uns hier in’n Landdag harr in sien Fachrebeet de een oder anner Saak noch geern in de reguläre Wahltied von’n Disch kreegen und to Enn bröcht. Ik ook. Aver dat schull denn woll nich sien: Uns Fraktionsvörsitter, de „roode Rambo“, hett de interfraktionelle Piesackeree villicht en beten to intensiv pleegt.
Und de ansünsten eher ruhige „swatte Dumbo“ is ut de Elefanten-Huut foohrt und hett den ganzen Porzellanladen vör de Tied in’n Dutt pedd.
So hebbt wi nu hüüt all uns letzte Tagung. Und dor freit mi dat denn ümso mehr, dat wi dat all tosamen, fast all tosamen, noch graad henkreegen hebbt, unsen nee formuleerten „Landsplaan Nedderdüütsch“ op’n Weg to bringen. De oole Plaan is oolt noog - Frauke hett eben dor op henwiest -, de stammt noch ut 1994, glöv ik. Wenn de Landdag hüüt, 2009, na 15 Johr, den oolen Plaan aktualiseert und fortschrifft, ward dat, meen ik, höchste Tied.
Wi wüllt mit den Landsplaan konkret anstüern, wat in uns Landsverfaten binnen steiht. In Artikel 9 heet dat dor kott und bünnig: „Dat Land wohrt de nedderdüütsche Spraak und bringt ehr vöran.“ Vöran bringen wüllt wi dat Plattdüütsche mit den Landsplaan ganz konkret so: Wi wüllt, dat all in de Kinnergoorns sotoseggen „bilingual“ nich bloots Hochdüütsch, sünnern ook Plattdüütsch snackt warrn dörf und kann. Wi wüllt, dat in uns Schoolen mehr Plattdüütsch ook in’n Ünnerricht mööglich ward und dat wi dorför ut uns Bildungsministerium en Nedderdüütsch-Erlass för de Schoolen kriegt. För Friesisch hebbt wi en gooden, aktuellen Schoolerlass ut 2008. Den köönt Se hüüt noch afschrieven, Herr Ministerpräsident, und denn Minister Biel den Opdrag geven, em morgen in Kraft to setten.
Wi wüllt in de Hochschoolen und in de Volkshochschoolen dat Plattdüütsche för Lehrut- und -wiederbillen insetten und integreeren. Und wi wüllt mit uns Landsplaan und hier und hüüt von disse Stell in de Karken und in de Theoters, in Politik und Verwaltung, vör Gericht und bi de Medien de Plattdüütschsnackers, de dat gifft, „ermuntern und ermutigen“ - so heet dat in den Landsplaan -, ehren Bidrag to leisten, dat dat Plattdüütsche nich Gefohr löppt, uns as schleswig-holsteinisches Kulturgoot verlustig to gahn.
Uns plattdüütsche Spraak und Kultur to pleegen und vörantobringen, so as dat in uns Landsverfaten binnen steiht, is ook för uns Politikers in Parlament und Regierung een Duer-Opgav, de wi uns ümmer wedder stellen mööt. De Landsplaan is’n Schritt to mehr Plattdüütsch mitten in uns Gesellschaft. Mit den Beschluss hüüt hebbt wi den Platt-Foot in de Döör, aver binnen sünd wi eerst, wenn de Regierung den Plaan ook ümsett.
In disse Richtung hebbt CDU, SPD, FDP und SSW ehr’n Andrag stellt: as Opdrag an de Landsregierung. Villicht köönt sik ja ook de Gröönen noch ansluten. Weer doch to schöön, wenn wi in uns letzte Sitzung ook na buten all tosamen, as Landdag insgesamt, för uns schööne plattdüütsche Regionalspraak noch’n Teken setten kunnen.
Dann darf ich als ältestes Ausschussmitglied, sozusagen ersatzweise für die fehlenden Vorsitzenden, hier auf die Beschlussempfehlungen des Innen- und Rechtsausschusses in beiden Fällen verweisen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion befürwortet eine Verlängerung der Altfallregelung für Flüchtlinge über den 31. Dezember 2009 hinaus. Wir stimmen heute für den Antrag der Grünen, mit dem die Landesregierung beauftragt werden soll, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für flüchtlingsfreundliche Fristverlängerungen im Aufenthaltsgesetz des Bundes einzusetzen. Im Innen- und Rechtsausschuss waren wir am 16. Juli 2009 aus koalitionsvertraglichen Gründen daran noch gehindert.
Der Ausschuss hat dem Landtag am 16. Juli 2009 außerdem und sozusagen hilfsweise von mir selbst formuliert - der Kollege Wilfried Wengler hat eben darauf hingewiesen - eine Entschließung zur Annahme empfohlen, die darauf abzielt, alle bei derzeitig unveränderter Bundesrechtslage vorhandenen
untergesetzlichen Möglichkeiten der Landesregierung auszuschließen, um für die Inhaber von Probeaufenthaltserlaubnissen den Aufenthalt in Schleswig-Holstein über den 31. Dezember 2009 hinaus zu verlängern. Das ist weniger als die mit dem Grünen-Antrag angestrebte Änderung des Bundesrechts, kann aber hier als Ergänzung zum Antrag der Grünen - ich habe das eben auch mit den Mitgliedern der Grünen-Fraktion besprochen - ebenfalls beschlossen werden. Wir werden auch der Entschließung zustimmen.
Den Grünen-Antrag zum Resettlement für eine neue Flüchtlingspolitik habe ich schon in der ersten Lesung als gute und aus der Sicht der SPDLandtagsfraktion unterstützungswürdige Initiative bezeichnet. Heute können wir auch hier gegen die CDU stimmen, für den Grünen-Antrag und die entsprechende Ausschussempfehlung.
Wir begrüßen mit den Grünen die Aufnahme irakischer Flüchtlinge im Rahmen des ResettlementProgramms des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen. Wir sind mit den Grünen der Meinung, dass die Landesregierung aufgefordert werden sollte, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass in Zukunft regelmäßig Flüchtlinge im Resettlement-Verfahren aufgenommen werden. Wir halten es mit den Grünen auch für richtig, den Innenminister aufzufordern, mit dem Netzwerk „Safe Haven“ und den Kommunen gemeinsam in Beratungen einzutreten, wie die Aufnahme von Flüchtlingen von Anfang an so gestaltet werden kann, dass die schnelle Integration der Flüchtlinge in den Kreisen und Städten sichergestellt wird.
Zur weiteren Begründung unserer Position beziehe ich mich auf die Stellungnahme unseres Beauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen, Wulf Jöhnk, dem ich gleichzeitig von dieser Stelle - aus für mich gegebenem Anlass - namens der SPD-Landtagsfraktion und sicherlich auch des ganzen Hauses für seine langjährige verdienstvolle Arbeit herzlich danken möchte.
Wir teilen die Auffassung des Flüchtlingsbeauftragten, dass das deutsche Ausländerrecht im Aufenthaltsgesetz eine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Aufnahme, Zusage und Erteilung eines sicheren Aufenthaltsstatus für Flüchtlinge im Rahmen einer Resettlement-Aktion bietet. Wir teilen die Auffassung des Flüchtlingsbeauftragten, dass unabhängig von der Rechtslage die Zustimmung zu einem Resettlement-Programm aus humanitären
Gründen geradezu geboten ist. Bei den Flüchtlingen, die für eine Resettlement-Aktion in Betracht kommen, handelt es sich nach der zuverlässigen Beurteilung durch den UNHCR um Betroffene, die in hohem Maße schutz- und hilfsbedürftig sind und die nach den verfassungsrechtlichen und anderen rechtlichen Grundsätzen der Bundesrepublik Deutschland Asyl oder Flüchtlingsschutz beanspruchen könnten.
Wir teilen schließlich auch die Auffassung des Flüchtlingsbeauftragten, dass für eine Aufnahme von Flüchtlingen im Rahmen eines ResettlementProgramms speziell in Schleswig-Holstein auch der Umstand spricht, dass sich in Schleswig-Holstein unter dem Namen „Safe Haven“ eben dieses Netzwerk gebildet hat, das nicht nur Resettlement-Programme fordert, sondern bereit ist, bei der Umsetzung derartiger Programme konkret mitzuhelfen.
Das ist unsere Position zu den beiden Anträgen der Grünen. Wir haben in den vergangenen viereinhalb Jahren nicht immer im Sinne ausländerfreundlicher Politik agieren können,
weil wir uns - wie gesagt - in einer Koalition befanden, in der unser Partner eher - ich will es einmal vorsichtig ausdrücken –
nur mit vorsichtiger Aufnahmebereitschaft diese Themen behandelt hat. Deswegen sind wir froh, dass wir in der letzten Sitzung noch zwei solche Anträge mit unterstützen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt die Entscheidung der Landesregierung, die Erstaufnahme für Flüchtlinge in Schleswig-Holstein auf die Gemeinschaftsunterkünfte Neumünster zu konzentrieren und die Unterbringung und Betreuung dort mit verbesserten Wohn-, Lern- und Lebensbedingungen für alle Beteiligten und Betroffenen neu zu organisieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion begrüßt den Antrag der Grünen-Fraktion zur Fortentwicklung des Resettlement-Programms des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen. Auch gute, begrüßenswerte und aus der Sicht der SPD-Landtagsfraktion unterstützungswürdige grüne Anträge werden allerdings voraussichtlich den rein persönlich, wahltaktisch und parteiopportunistisch orientierten Manövern zur Auflösung des Landtags, denen sich die Grünen angeschlossen haben, zum Opfer fallen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 24. März dieses Jahres hat der Bundestag eine Schuldenbremse im Grundgesetz verankert, die sich nicht nur auf die Haushalte des Bundes, sondern auch auf die Haushalte der Länder auswirken soll.
In Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes heißt es lapidar:
„Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.“
Zusatz- und Ausnahmeregelungen sind nur noch vorgesehen für Haushaltsnotlagen wie Naturkatastrophen oder andere außergewöhnliche - auch konjunkturelle - Sondersituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die die staatlichen finanziellen Möglichkeiten erheblich beeinträchtigen.
Außerhalb solcher Haushaltsnotlagen soll nach einer eingeräumten Übergangsfrist ab 2020 in den Bundesländern zum Ausgleich des Landeshaushalts kein Euro Kreditaufnahme mehr zulässig sein.
Am 26. März dieses Jahres hat der Schleswig-Holsteinische Landtag mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen, gegen die im Grundgesetz neu festgeschriebene Schuldenregelung für die Länder Klage zu erheben, und zwar nicht, weil von irgendeiner Fraktion oder gar einvernehmlich die für den Landeshaushalt angeordnete Schuldenbegrenzung als solche abgelehnt oder ausgeschlossen werden sollte, sondern weil nach Meinung aller Fraktionen dieses Hauses nicht der Bundes-, sondern der Landesgesetzgeber selbst die Hoheit über die Festsetzung einer Schuldenbremse im eigenen Land haben und behalten muss.
In der März-Debatte herrschte darüber interfraktionelles Einvernehmen, auch wenn sich der Kollege Wadephul heute Morgen einmal mehr als großkoalitionärer Spaltpilz in dieser Frage versucht hat. Herr Kollege Wadephul, ich zitiere unseren SPD
Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner aus der Landtagsdebatte vom 26. März erstens mit den Worten:
„Ich bin sehr wohl dafür, dass wir Schuldenbegrenzung einführen. Ich bin sehr wohl dafür, dass wir sparen und unseren Kindern und Enkeln nicht nur Schulden hinterlassen.“
Zweitens sagt er:
„… dass eine Föderalismusreform, in der der Bund mit zwei Bundesorganen beschließt, was der Schleswig-Holsteinische Landtag darf oder nicht darf, … nicht im Interesse des Landes Schleswig-Holstein ist.“
Zu diesen Aussagen steht die SPD-Landtagsfraktion nach wie vor. Ralf Stegner hat sie für uns vorhin noch einmal unterstrichen.
Gleichwohl ist zwischenzeitlich eine Entwicklung eingetreten, die die im März in Aussicht genommene Verfassungsklage möglicherweise - und ich vermute - nach dem derzeitigen Stand entbehrlich machen wird. Am 21. Juni 2009 hat der Koalitionsausschuss von CDU und SPD auch ohne bundesgesetzlichen Zwang das weitestreichende Sparprogramm in der Landesgeschichte mit dem Ziel auf den Weg gebracht, dass das Land selbst und in eigener Entscheidung und Entscheidungszuständigkeit darauf hinwirkt, ab 2020 keine neuen Schulden mehr zu machen.
Die Neuverschuldung soll ab 2011 jährlich um 10 % gesenkt werden. Spätestens ab 2020 soll dann jeder Landeshaushalt entsprechend den Regelungen in Artikel 109 Abs. 3 Grundgesetz in wirtschaftlichen Normallagen strukturell ausgeglichen sein und ohne die Aufnahme neuer Schulden auskommen.
Die Devise heißt also: Haushalt konsolidieren, Neuverschuldung auf null reduzieren. Das war die Überschrift des ersten Tagesordnungspunktes heute. Die Landtagsdebatte dazu ist soeben geführt worden.
Die Koalitionsfraktionen haben in Anbetracht dieser Sparbeschlüsse vereinbart, die geplante Verfassungsklage gegen das Neuverschuldungsverbot für die Länder im Grundgesetz nicht weiter zu verfolgen, und zwar auch deshalb, weil aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion nicht quasi im Hauruckverfahren im Koalitionsausschuss eine Verfassungsänderung mit weitreichenden Auswirkungen übers Knie gebrochen werden sollte.
Kollege Kayenburg beruft sich mit seinen Anträgen heute auf den einstimmigen Beschluss des Landtages vom März mit der zutreffenden Feststellung, dass die verfassungsmäßigen Rechte des Landtags nicht zur Disposition von Koalitionsausschüssen stehen. Das stimmt. Wir werden in den zuständigen Fachausschüssen gegebenenfalls zu beraten haben, ob wir entsprechend den Anträgen des Kollegen Kayenburg dem Landtag empfehlen wollen, erstens trotz der Beschlüsse des Koalitionsausschusses an der ursprünglich beabsichtigten Verfassungsklage festzuhalten, und zweitens, ob wir entsprechend den grundgesetzlichen Vorgaben eine eigene Schuldenregelung für das Land Schleswig-Holstein doch noch in unsere Landesverfassung schreiben oder rechtlich anderweitig fixieren wollen.
Ich wage eine Vorhersage, ohne den Fachausschussberatungen vorgreifen zu wollen: Unser Landtagspräsident - Herr Kollege Wadephul, Sie haben eben den Odysseus bemüht - wird mit seinen Anträgen in die Annalen eingehen als Don Quichotte Kayenburg, unterlegen im mannhaften, aber aussichtslosen Kampf gegen die übermächtigen Windmühlenflügel einer in diesem Fall geschlossenen Großen Koalition von CDU und SPD.
Herr Kollege Kayenburg, ich bitte, das nicht misszuverstehen. Für die SPD-Landtagsfraktion will ich Ihnen ausdrücklich unseren Respekt bekunden. Herr Kollege Kubicki hat das für die FDP vorhin auch schon getan. Wir halten es für ehrenwert, wenn der Präsident unseres Landtagsparlaments die Fahne des Föderalismus hochhält und sich für die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit unseres Bundeslandes Schleswig-Holstein einsetzt.
Problematisch wird es nur, wenn der Fahnenträger mutig voranschreitet und sich das Gefolge hinter ihm in die Büsche schlägt. Auch das wollen Sie, lieber Herr Kollege Kayenburg, und werden Sie, wenn es so bleibt, unter Demokratieaspekten zu gegebener Zeit, sprich in zweiter Lesung der Anträge, hinzunehmen wissen. Entscheidend für den realen Erfolg einer wirklichen Schuldenbegrenzung in Schleswig-Holstein wird in den kommenden Jahren meines Erachtens ohnehin nicht in erster Linie das juristische Sollen, sondern das politische Wollen sein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns mitten im parlamentarischen Verfahren zu einem Gesetzentwurf, den der Kollege Kayenburg eingebracht hat. Im Rahmen des ersten Tagesordnungspunktes ist der diesbezügliche Punkt als einziger in die Fachausschüsse verwiesen worden. Der Zeitraum zwischen erster und zweiter Lesung eines Gesetzentwurfs dient dazu, eingebrachte Gesetzentwürfe zu beraten. Das werden wir tun. Wir als SPD-Fraktion - das kann ich mit Sicherheit für die SPD-Fraktion sagen, ohne dass wir über Abänderungen der Koalitionsausschussbeschlüsse beraten haben - werden uns konstruktiv an diesen Beratungen im Fachausschuss zu Ihrem Antrag, Herr Kollege Kayenburg, beteiligen. Ich füge hinzu: Ich persönlich werde versuchen, in meiner Fraktion darauf hinzuwirken, dass eine entsprechende Regelung in zweiter Lesung beschlossen wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei dem Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und SPD handelt es sich in der Tat lediglich um die formale Anpassung unseres schleswig-holsteinischen Landesverwaltungsgesetzes an das Telekommunikationsgesetz des Bundes, in dessen §§ 113 a und 113 b bekanntlich Ende 2007 eine verbindliche EURichtlinie in Bundesrecht umgesetzt wurde. Mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung vom 21. Dezember 2007 wurde § 113 a des Telekommunikationsgesetzes wie folgt gefasst - ich zitiere -:
„Wer öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste für Endnutzer erbringt, ist verpflichtet, von ihm bei der Nutzung seines Dienstes erzeugte oder verarbeitete Verkehrsdaten nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 sechs Monate im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der europäischen Union zu speichern.“
In § 113 b des Telekommunikationsgesetzes heißt es zur Verwendung der nach § 113 a gespeicherten Daten - ich zitiere -:
„Der nach § 113 a Verpflichtete darf die allein auf Grund der Speicherungsverpflichtung nach § 113 a gespeicherten Daten
1. zur Verfolgung von Straftaten,
2. zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder
3. zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes und des Militärischen Abschirmdienstes
an die zuständigen Stellen auf deren Verlangen übermitteln, soweit dies in den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen unter Bezugnahme auf § 113 a vorgesehen und die Übermittlung im Einzelfall angeordnet ist …“
Die Zuständigkeit der Polizei richtet sich nach der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmung; in Schleswig-Holstein ist das § 185 a des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein. Darin fehlt bisher die erforderliche Bezugnahme auf § 113 b Telekommunikationsgesetz. Sie soll heute in das Gesetz eingefügt werden, und zwar aus gebotenem Anlass.
Herr Kollege Lehnert hat bereits darauf hingewiesen, dass ein maßgeblicher Telekommunikationsdiensteanbieter mit Sitz in Niedersachen sich bisher wiederholt geweigert hat, die von den Dienststellen der Landespolizei Schleswig-Holstein eilverfügten beziehungsweise die von ihnen erwirkten amtsrichterlichen Beschlüsse zur gefahrenabwehrenden Telekommunikationsüberwachung umzusetzen. Er liefert die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Daten nicht. Das wird mit dem Fehlen einer Bezugnahme im Landesgesetz auf die Vorschrift im Bundesgesetz begründet.
Die Amtsgerichte haben diese Weigerung zunächst ignoriert und ihrer ungeachtet die erforderlichen Beschlüsse erlassen. Das Landgericht Lübeck hat dann erstmals entschieden, dass die Polizei aufgrund der fehlenden Bezugnahme im Landesgesetz nicht handeln darf. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Eilentscheidung zum Bayerischen Polizeiaufgabengesetz entschieden, dass für die rechtswirksame präventive Nutzung gespeicherter Vorratsdaten eine Bezugsnorm im Landesgesetz vorhanden sein muss.
Die vom Bundesverfassungsgericht geforderten materiellen Anforderungen - die Abwehr dringender gegenwärtiger Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person - und verfahrensrechtlichen Flankierungen - Richtervorbehalt und Kompetenz der Polizei bei Gefahr im Verzug - sind in unserem Landesverwaltungsgesetz bereits enthalten. Darauf kommt es also nicht mehr an. Es ist lediglich eine formale Anpassung erforderlich, die wir heute vornehmen sollten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Fraktionsältester habe ich die Ehre, zum Wahlalter 16 zu sprechen. In der Begründung des Grünen-Antrags zur Senkung des aktiven Landtagswahlalters von 18 auf 16 Jahre heißt es lapidar, kurz und knapp:
„Jugendlichen soll früher ein Recht auf politische Mitbestimmung eingeräumt werden.“
Wir teilen die Auffassung der Grünen, dass nachfolgende Generationen von den Fragen der politischen Zukunftsgestaltung häufig am stärksten betroffen sind und dass es deshalb sinnvoll ist, junge Menschen so früh wie möglich an den sie betreffenden Entscheidungen teilhaben zu lassen, wir teilen die Auffassung der Grünen, dass eine demokratische Gesellschaft auf die aktive Beteiligung aller Altersgruppen angewiesen ist und dass die Möglichkeit, mitentscheiden zu können und durch ein früheres Wahlrecht ernst genommen zu werden, undifferenzierten Abwehrmechanismen gegenüber Politik generell frühzeitig entgegenwirken kann, und wir teilen auch die Auffassung der Grünen, dass das häufig überdurchschnittlich hohe zivilge
sellschaftliche Engagement junger Leute innerhalb und außerhalb von Jugendverbänden, in gemeinnützigen Initiativen und anderen Beteiligungsformen für ein ergänzendes Recht auf konkrete politische Beteiligung nicht nur bei Kommunalwahlen, sondern auch bei Landtagswahlen spricht.
Schon im SPD-Landtagswahlprogramm 2005 hieß es wörtlich:
„Wir machen uns stark für ein kinder- und jugendfreundliches Schleswig-Holstein.
In Schleswig-Holstein ist Kinder- und Jugendbeteiligung gelebte Politik. Wir wollen auf diesem Wege fortfahren und werden auch in Zukunft die Jugend mitreden lassen, sodass sie sich einmischen, ihr Lebensumfeld und ihre Zukunft aktiv mitgestalten kann.
Wir werden das Wahlalter 16 auch bei Landtagswahlen umsetzen, um Jugendlichen mehr Mitspracherecht zu ermöglichen.“
Leider werden wir wohl dasselbe vermutlich auch in unser Landtagswahlprogramm 2010, zunächst wieder nur als Planziel, hineinschreiben können und müssen,
denn was für Kommunalwahlen schon seit 1998 gilt, Herr Kollege Kubicki, wird in dieser Legislaturperiode schon aus zeitlichen Gründen wegen der erforderlichen Wahlvorbereitungsfristen für die Landtagswahl 2010 nicht mehr umsetzbar sein. Auch die bisherige und eben wieder zur Kenntnis genommene Skepsis unseres Koalitionspartners lässt uns zurzeit jedenfalls nur die Hoffnung auf veränderte Mehrheiten nach dem 9. Mai 2010.
Vielleicht ist aber auch die Hoffnung auf veränderte Einsichten bei unserem Koalitionspartner gerechtfertigt und nicht ganz vergebens. In einer Information zur Kommunalwahl 2008 auf Initiative unseres Landtagspräsidenten Martin Kayenburg mit dem Landesjugendring Schleswig-Holstein heißt es:
„Wir wollen mehr Mitbestimmung, bessere Schulen, Hochschulen, Ausbildungsplätze, mehr Platz und Geld für die Kinder- und Jugendarbeit!“
Die politische Entscheidungskompetenz für genau diese Handlungsfelder liegt aber nun einmal - teilweise originär, teilweise zumindest auch - hier bei uns im Landtag, sodass es nur folgerichtig wäre, auch das Landtagswahlrecht für jüngere Leute freizugeben.
Vielleicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, geben Sie sich ja im Ausschussverfahren, in den Beratungen dort im Sinn der Initiative Ihres und unseres Landtagspräsidenten noch einen Ruck. Für die Jugend in unserer Gesellschaft und für unser demokratisches Miteinander wäre es ein Gewinn.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem die Entbürokratisierung auf Landesebene und die geplante Verlagerung von Landesaufgaben auf die Kreisebene durchweg am Beharrungsvermögen der Ministerialbürokratie selbst gescheitert sind, ist es überaus erfreulich, dass die Verwaltungsreform im kreisangehörigen Raum konsequent fortgesetzt wird.
Dass Große kreisangehörige Städte mit mehr als 60.000 Einwohnern Kreisaufgaben genauso professionell wahrnehmen können wie Kreise und kreisfreie Städte, hat das Modellvorhaben der Stadt Norderstedt überzeugend belegt. Dass Städte und Ämter mit über 20.000 Einwohnern für ihren eigenen oder künftig auch einen kooperierenden gemeinsamen Zuständigkeitsbereich Bauaufsichts-, Verkehrsaufsichts- und sicherlich auch Naturschutzaufgaben genauso effektiv erledigen können wie die Kreise selbst, zeigt ebenfalls die jahrelange Praxis in der Bau- und Verkehrsaufsicht, zum Beispiel in Reinbek.
Es ist allemal bürgerfreundlicher und mit Sicherheit kostengünstiger, wenn auch die antragstellenden Menschen aus kleineren Gemeinden zum Beispiel mit ihren Bauanträgen künftig nicht mehr in die ferne Kreisstadt reisen müssen, sondern in ihrer Amtsverwaltung oder in der nächsten größeren Nachbargemeinde vorstellig werden können.
Auf Kritikpunkte an dem Gesetzentwurf, soweit sie vom Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag ge
kommen sind, hat Kollege Kalinka schon hingewiesen. Kritik wird im Wesentlichen an der starren 20.000er-Einwohnergrenze und auch an dem vom Gemeindetag sogenannten „Einer-macht-alles“Prinzip geäußert, das heißt, einer soll alle Aufgaben übernehmen, wenn von der kreislichen Ebene übertragen wird.
Auch der Städteverband hat noch in einem Schreiben vom 5. Mai 2009 Kritik und Bedenken angemeldet. Der Städteverband begrüßt zwar das Vorhaben, gesetzliche Regelungen zur Umsetzung der innerkommunalen Funktionalreform und der Verankerung des Status „Große kreisangehörige Stadt“ zu schaffen; er stellt aber für den Bereich der Funktionalreform im kreisangehörigen Raum in einer Vorstandsentschließung fest, dass der Gesetzentwurf aus der Sicht der Städte - keine ausreichenden Verlagerungen von zusätzlichen Aufgaben von den Kreisen auf die Einheiten über 20.000 Einwohnerinnen und Einwohner enthält. Dies gelte insbesondere für den Bereich der unteren Naturschutzbehörde.
Der Städteverband fordert außerdem bei Vorliegen der Voraussetzungen einen gesetzlichen Aufgabenübergang von den Kreisen auf den kreisangehörigen Bereich und hält die Übertragung von Aufgaben durch Verordnung der Kreise nicht für sinnvoll.
Ich will einen dritten Punkt nennen. Für den Bereich der Großen kreisangehörigen Stadt lehnt der Städteverband das Regelungskonzept des Gesetzentwurfs ab, weil es weder aufgabenbezogene noch finanzwirtschaftliche Anreize setze. Zu den finanzwirtschaftlichen Anreizen hat soeben Kollege Kalinka schon etwas geäußert. Auch die Festlegung der Einwohnergrenze von 60.000 wird vom Städteverband aus strukturellen Gründen kritisiert.
Es gibt hier und da andere Gesichtspunkte, Kritikpunkte, Anregungen und Bedenken. Wir werden uns diese in den Ausschussberatungen im Einzelnen vornehmen, sorgfältig prüfen, Verbesserungsvorschläge gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden in Anhörungen erörtern und gegebenenfalls Änderungsvorschläge für die zweite Lesung des Gesetzentwurfs hier im Landtag unterbreiten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit Dezember 2008 heißt es in § 49 Abs. 4 unserer neu gefassten Landesbauordnung, die am 1. April in Kraft treten soll, in Wohnungen - nicht nur in Mietwohnungen, Herr Wengler müssten Schlafräume, Kinderzimmer und Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führten, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. Diese Rauchwarnmelder müssten so eingebaut und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet werde. Die Eigentümerinnen oder Eigentümer vorhandener Wohnungen seien verpflichtet, jede Wohnung bis zum 31. Dezember 2010 mit Rauchwarnmeldern auszurüsten. Die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft obliege den unmittelbaren Besitzerinnen oder Besitzern, es sei denn, die Eigentümerin oder der Eigentümer übernehme diese Verpflichtung selbst. - Soweit der Wortlaut dieses Paragraphen.
Die Grünen möchten mit ihrem Antrag erreichen, dass die verpflichtende Frist zur Ausrüstung vorhandener Wohnungen nicht bis zum 31. Dezember 2010 ausgedehnt, sondern wieder auf den 31. Dezember 2009 festgelegt, also vorverlegt wird. Ich sage „wieder“, weil dieser Termin 31. Dezember 2009 - für die Nachrüstung von Altbauten bereits seit 2005 in der alten Fassung der Landesbauordnung gesetzlich festgelegt war, sodass eigentlich schon von 2005 bis heute genügend Zeit gewesen wäre, die vorhandenen Altwohnungsbestände nachzurüsten.
Auch der im Oktober 2007 vorgelegte Regierungsgesetzentwurf zur Neufassung der Landesbauordnung sah weiterhin die alte Nachrüstungspflicht bis zum 31. Dezember 2009 vor. Erst im parlamentarischen Beratungsverfahren wurde diese Frist um ein Jahr, bis zum 31. Dezember 2010, verlängert. Hierauf hat der Herr Kollege Wengler soeben zutreffend hingewiesen. Dies war der Fall, weil Haus & Grund sowie die Wohnungswirtschaft die Beschaffung des plötzlich nun doch relativ kurzfristig drohenden Finanzbedarfs insbesondere für die Eigentümer größerer Altwohnungsbestände als schwierig bis unmöglich darstellten und um Fristverlängerung baten.
Die Grünen wollen die verlängerte Frist wieder abkürzen, und zwar auch, wie es in der Antragsbegründung heißt, aus Anlass eines schweren Wohnungsbrandes mit mehreren Toten in Lübeck An
fang dieses Jahres und weil seitens der Feuerwehr erneut die dringliche Bitte erhoben worden ist, die Frist wieder auf den 31. Dezember 2009 festzulegen.
Als SPD-Landtagsfraktion können wir diesem Antrag zustimmen.
Wo ist diesbezüglich mehr Fachkunde vorhanden als beim Landesfeuerwehrverband? Dieser fordert seit Jahren und nicht erst seit der aktuellen Lübecker Brandtragödie zum ganz konkreten Handeln in dieser Beziehung auf, und zwar mit einer Information, aus der ich zitieren möchte. Sie heißt „Rauchmelder retten Leben“.
Aus ihr geht hervor, dass in Deutschland jährlich circa 600 Menschen bei Bränden ums Leben kommen. Hauptursache ist der Erstickungstod durch toxische Gase im Brandrauch und nicht die direkte Flammeneinwirkung. Die meisten Brände, durch die Menschen zuschaden kommen, entstehen nachts im privaten Wohnungsbereich. Der gefährliche Brandrauch breitet sich unbemerkt in der gesamten Wohnung aus. Die Bewohner werden überrascht, da der menschliche Geruchssinn im Schlaf quasi ausgeschaltet ist.
Rauchmelder erkennen den Brandrauch frühzeitig, alarmieren die Bewohner durch einen lauten Signalton und ermöglichen die rechtzeitige Flucht aus der Wohnung. Viele Opfer, so der Feuerwehrverband, hätten gerettet werden können, wären sie im frühen Brandstadium geweckt worden.
Ja, bitte sehr.
- Es stimmt, dass der Landesfeuerwehrverband in der Anhörung der Verlängerung der Frist auf den 31. Dezember 2010 nicht widersprochen hat.
Vielleicht wären auch die 33-jährige Lübecker Mutter Akira, ihr siebenjähriger Sohn Pablo und dessen sechsjähriger Freund Josse, der bei ihnen übernachten durfte, noch am Leben, wenn Rauchmelder im Haus vorhanden gewesen wären. Von einer gesetzlichen Ausstattungspflicht nicht erst bis Ende 2010, sondern schon bis Ende 2009 wäre allerdings der Lübecker Fall noch nicht erfasst gewesen. Er sollte uns aber, wie ich finde, als Landtag zumindest dazu veranlassen - dazu hat auch Herr Wengler soeben ausdrücklich aufgerufen -, an alle Hauseigentümer und Vermieter in Schleswig-Holstein zu appellieren, unabhängig von gesetzlichen Pflichten und zum Schutz der Mieter und Bewohner und im eigenen Eigentümerinteresse, soweit noch nicht geschehen, freiwillig und so schnell wie möglich die erst im nächsten Jahr verpflichtende Ausstattung mit Rauchwarnmeldern vorzunehmen.
Auf keinen Fall sollten wir durch allzu langwierige Ausschussberatungen die in der Landesbauordnung gerade neu geschaffene Planungssicherheit für die Wohnungswirtschaft erneut zur gesetzgeberischen Hängepartie machen. Das, was die Grünen in ihrer Antragsbegründung auch sagen, stimmt: Alle fachlichen und verbandlichen Stellungnahmen liegen vor. Eine erneute Anhörung ist nicht notwendig. Eine rasche Beratung und Entscheidung ist geboten. Wir sollten sie anstreben. Vielleicht führt diese sogar zu einer von allen Fraktionen dieses Hauses getragenen Entscheidung für den Antrag der Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich namens der SPD-Landtagsfraktion beim Innenminister und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich für die ausführliche Beantwortung der Großen Anfrage bedanken.
Ich selbst gehöre ja bekanntlich, Herr Minister, zu den vermutlich nur noch wenigen Abgeordneten, die mit der Mengenangabe 18 MB eher wenig anfangen können. Das verhält sich aber genauso mit den 150 oder wie viel auch immer Items, Herr Kollege Hentschel, in Ihrer Rede. Gleichwohl lässt allein der Respekt heischende Umfang der parallel verteilten 1.036-seitigen papierenen Vorlage auch für mich den Arbeitsaufwand erkennen, der mit der Antwort verbunden gewesen sein muss.
Wer kritisiert, dass die Antwort der Regierung umfänglich, aber nicht umfassend und vollständig sei Herr Kollege Hentschel -, weil nur etwa 50 % der befragten Ämer - 45 von 87 haben Sie ausgezählt sich mit eigenen Angaben beteiligt haben, den bitte ich dann doch zu bedenken, dass sich auch bei vollständiger Rückmeldung der Ämter vermutlich die grundsätzlichen Fragen, die sich in Auswertung des Tabellenmaterials und für die politisch möglicherweise daraus zu ziehenden Konsequenzen ergeben, nicht besser oder anders beantworten ließen.
Auf die grundsätzlichen Fragen ist der Minister eingegangen: Erstens. Wir teilen die Auffassung des Innenministers, dass nach der Verwaltungsstrukturreform auf Ämterebene, mit den nur noch 145 statt vormals 225 hauptamtlichen Gemeinde-, Stadt- und Amtsverwaltungen die Voraussetzungen für eine professionelle, kostengünstige und bürgerfreundliche Kommunalverwaltung insgesamt erheblich verbessert worden sind.
Wir bedauern, dass andere im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien als Zielvorgabe enthaltene Verwaltungsreformversuche am Beharrungsvermögen der Ministerialbürokratie zum einen und einer Verweigerungshaltung auf Kreisebene andererseits gescheitert sind. Wir hoffen aber, dass wenigstens im kreisangehörigen Raum die von Herrn Wengler angesprochene Verlagerung von Kreisaufgaben vor Ort in die größeren Städte und Gemeinden noch in gesetzgeberisches Handeln umgesetzt werden können. Auf Amtsebene sind die Reformpläne der Landesregierung und der regierungstragenden Parteien umgesetzt worden.
Zweitens. Wir teilen die Auffassung des Innenministers, dass die Straffung der Amtsverwaltungsstrukturen nicht zu einer Schwächung, sondern zu einer Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung geführt hat.
Wir haben nach wie vor 1.116 selbstverwaltete Gemeinden in Schleswig-Holstein. Die SPD-Landtagsfraktion hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass die kommunalpolitische Selbstverwaltung und Entscheidungssouveränität auch unserer kleineren Gemeinden erhalten und unangetastet bleibt
und dass eben nur ihre Verwaltungsleitungen und Verwaltungsleistungen dort zu reformieren, neu zu strukturieren und besser zu organisieren sind, wo dies im Rahmen der Amtsordnung oder auch des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit die Effizienz der Verwaltung fördert oder fördern kann. Das geschieht in Schleswig-Holstein.
Drittens. Zusammenarbeit in Zweckverbänden oder anderen gemeinsamen Einrichtungen mehrerer Gemeinden ist freiwillig und sollte das auch bleiben.
Auch die Ämter bereiten im Einvernehmen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der amtsangehörigen Gemeinden die dortigen Beschlüsse lediglich vor, und sie führen die bei den amtsangehörigen Gemeinden verbleibenden Selbstverwaltungsaufgaben lediglich durch. Darüber hinaus können amtsangehörige Gemeinden ebenfalls durch souveränen Beschluss der Gemeindevertretung Selbstverwaltungsaufgaben auch auf das Amt übertragen. Wir teilen nicht die Kritik an der tatsächlich zunehmenden Ausnutzung dieser Möglichkeit zur Übertragung von Selbstverwaltungsaufgaben auf die Ämter und sind auch insofern der Auffassung des Innenministers, dass es für die demokratische Legitimation von Amtsausschussentscheidungen in übertragenen Selbstverwaltungsangelegenheiten einer unmittelbaren Gremienwahl für die Ämter nicht bedarf.
Auch mittelbar zustande kommende kommunalpolitische Sach- und Personalentscheidungen sind demokratische Entscheidungen. Mittelbare, repräsentative Demokratie ist nicht qualitativ weniger wert als direkte unmittelbare Demokratie. Auch ausgehend vom Wahlvolk mehrfach vermittelte Entscheidungskompetenz bleibt essentiell demokratische Entscheidungskompetenz.
Repräsentative, parlamentarische Demokratie ist auf allen politischen Ebenen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Wir brauchen und sollten das auch für unsere Amtsverwaltungen nicht ändern, weil die dort praktizierte Demokratie hervorragend funktioniert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So ist das in Koalitionen: Als SPD können wir leider auch vernünftigen Oppositionsvorschlägen nur zustimmen, wenn die CDU mitmacht.
Nichts ist so gut, Herr Kollege Kalinka, dass man es nicht noch besser machen könnte, zumal in der Politik.
Wir halten es für vernünftig, nach dem Vorbild des Abgeordnetengesetzes für den Bundestag auch im Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetz verbesserte Regelungen zur unabhängigen Ausübung des Mandates zu schaffen. Es geht um konkrete und eindeutige Regelungen über die Unzulässigkeit der Annahme von Geld oder geldwerten Zuwendungen, die nur deshalb gewährt werden, weil dafür Interessenvertretung im Landtag erwartet wird. Es geht um Regelungen über die Pflichten zur möglichst umfassenden Anzeige und Veröffentlichung von Tätigkeiten und Einkünften neben dem Mandat, die auf außerparlamentarische Interessenverknüpfungen hinweisen können. Und es geht um konkrete, praktikable Regelungen, die dem Landtagspräsidenten die Möglichkeit geben, Verstöße gegen Anzeigepflichten mit Ordnungsgeld zu ahnden.
Wir halten es auch für vernünftig und zweckmäßig - Zweck ist ja die Kontrolle der unabhängigen Mandatsausübung -, in unseren Landtagsverhaltensregeln nach Maßgabe der Vorschläge der Grünen und ebenfalls nach Berliner Vorbild die anzeigepflichtigen Tatbestände im Einzelnen aufzuführen, von der Anzeige- und Veröffentlichungspflicht auch, Herr Kollege Kubicki, anwaltliche und sonstige berufliche Beratungstätigkeit vor und während der Mitgliedschaft im Landtag zu erfassen und dabei selbstverständlich die meldepflichtigen Einkommensstufen so zu gestalten, dass sie die Einhaltung möglicherweise konkurrierender gesetzlicher Berufsgeheimnisträgerpflichten nicht gefährden. Auch das gewährleisten die Gesetzentwürfe der Grünen.
Aus unserer Sicht schlagen die Grünen vernünftigerweise auch für Landesminister im Landesministergesetz und für Staatssekretäre im Landesbeamtengesetz ähnlich deutliche Nebentätigkeitsregelungen vor.
Die CDU-Landtagsfraktion - der Kollege Kalinka hat es vorgetragen - sieht für die Vorschläge der Grünen in Gänze keinen Regelungsbedarf. Aus koalitionsvertraglichen Gründen können auch wir deshalb den Vorschlägen nicht zustimmen und sind gehalten, der antragsablehnenden Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses zu folgen. Wir bedauern das.
Frau Präsidentin! Meinen Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben beschlossen, die Landrätinnen und Landräte künftig wieder durch die Kreistage wählen zu lassen. Im Zuge der dafür er
forderlichen gesetzlichen Änderungen wollen wir die Aufgabenzuweisungen auf Kreisebene insgesamt neu gewichten und die frühere Dreifaltigkeit der kommunalen Kreisorgane wiederherstellen.
Ein vom Kreistag gewählter und proportional zu dessen Sitzverteilung besetzter Verwaltungsausschuss, ähnlich dem früheren Kreisausschuss, soll künftig wieder die Funktion des verwaltungsleitenden Organs zwischen Kreistag und Landrat oder besser gesagt - neben Kreistag und Landrat übernehmen und damit zu einer erheblichen Stärkung des kommunalpolitischen Ehrenamts auf der Kreisebene beitragen. Im Hinblick auf die aktuell anstehenden Landratswahlen in den Kreisen Pinneberg und Steinburg wollen wir noch in dieser Landtagstagung in erster und zweiter Lesung ein Vorschaltgesetz zur Aussetzung von Wahlverfahren verabschieden, die sonst nach derzeitiger Rechtslage schon jetzt oder demnächst einzuleiten wären. Der dafür erforderliche Verwaltungsaufwand wird mit dem Vorschaltgesetz unnötig gemacht und braucht nicht geplant und produziert zu werden.
In einem zweiten Schritt werden wir uns dann etwas Zeit nehmen, die Neuaustarierung der Organzuständigkeiten auf Kreisebene bedarf sorgfältiger Prüfung und Abwägung. Wir werden uns dafür natürlich auch externen Sach- und Fachverstand einholen und die üblichen parlamentarischen Anhörungen im Fachausschuss durchführen.
Das müssen wir für das Vorschaltgesetz nicht tun, weil es dabei ausschließlich darum geht, Vorsorge dafür zu treffen, dass künftig alle Landratswahlen wieder von den ihrerseits direkt gewählten und selbstverständlich demokratisch uneingeschränkt legitimierten Kreistagsabgeordneten und nicht mehr durch die Bürgerinnen und Bürger selbst durchgeführt werden.
Dafür gibt es gute Gründe. Ich will - anders als der Kollege Kalinka an dieser Stelle - dann doch mit ein paar Sätzen auch auf die in den vergangenen zehn Jahren durchweg äußerst bescheidene Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Landratswahlen hinweisen.
Dass sich in Segeberg in diesem Jahr 48 % der Wahlberechtigten beteiligt haben, mag zum Teil auf den hervorragenden Wahlkampf unseres Kollegen Stritzl und meiner dort dann letztlich gewählten Parteigenossin Jutta Hartwieg zurückzuführen sein. Wahrscheinlicher dürfte indessen sein, dass gleich
zeitig am 25. Mai 2008 auch die Wahlen zu den Gemeinde- und Kreisvertretungen stattfanden, bei denen regelmäßig - jedenfalls noch - höhere Wahlbeteiligungen zu verzeichnen sind, die sich im Kreis Segeberg dann naturgemäß auch auf die gleichzeitigen Landratswahlen erstreckt haben. Unabhängig von gleichzeitig stattfindenden anderen Wahlen ist es nur in Plön 2005 mit 36,8 %, in Stormarn 2003 mit 33,3 % und in Lauenburg 2002 mit 32,7 % zu Beteiligungen über 30 % gekommen. In Dithmarschen waren es 2002 mit 12,3 % und in Steinburg noch 2006 mit nur 14 % sogar erschreckend schwache Wahlbeteiligungen.
Den wahlmüden Steinburgerinnen und Steinburgern und den Pinnebergern kommen wir schon mit unserem heutigen Vorschaltgesetz sicherlich eher entgegen,
ohne dass dort der von der Opposition beklagte Demokratieverlust überhaupt als schmerzlich wahrgenommen wird.
Meine Damen und Herren, ich will schon hier und heute sagen, dass wir die Direktwahl der Oberbürgermeister - auch darauf hat der Kollege Kalinka schon hingewiesen - in den kreisfreien Städten und der hauptamtlichen Bürgermeister in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden nicht wieder abschaffen wollen. Mit den Bürgermeistern in den Städten und Gemeinden identifizieren sich die Bürgerinnen und Bürger doch eher und näher als mit ihren Landrätinnen und Landräten. Das manifestiert sich nicht nur in wesentlich höheren Wahlbeteiligungen bei Bürgermeister-Direktwahlen. Die unterschiedliche Regelung ist auch deshalb gerechtfertigt, weil Bürgermeister einen wesentlich höheren Anteil an kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten vorzubereiten und auszuführen haben als Landräte und Landrätinnen, die ja zu 80 bis 90 % lediglich weisungsgebundene Verwaltungsbeamte sind.
Wir werden für Landräte, Kreistage und Kreistagsausschüsse einen ausgewogenen Kompetentzenkatalog erarbeiten und dem Landtag zur Beratung vorlegen. In dieser Tagung bitten wir Sie, zunächst dem Vorschaltgesetz Ihre Zustimmung zu geben. Ausführliche Fachberatungen und Anhörungen brauchen wir dafür nicht, weil die Abschaffung der Landrats-Direktwahlen eine rein politische Entscheidung ist, und die ist bei den Mehrheitsfraktionen dieses Hauses gefallen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe schon in erster Lesung darauf hingewiesen, dass wir als SPD-Landtagsfraktion den Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen werden, weil die Punkte 1 und 2 des Antrags aus unserer Sicht - um es vorsichtig auszudrücken nicht ganz stimmig sind.
Erstens sollen wir beschließen, dass sich die Zuständigkeit der Länder für die polizeiliche Gefahrenabwehr bewährt hat und beibehalten werden
soll. Es besteht allerdings kein Anlass, um dies zu beschließen. Die Zuständigkeit der Länder für die polizeiliche Gefahrenabwehr soll durch das BKAGesetz nicht aufgehoben, sondern durch eine Bundeskompetenz lediglich ergänzt werden. In § 4 a soll es dann ausdrücklich heißen: „Die Befugnisse der Länder bleiben unberührt.“
Zweitens sollen wir beschließen, dass die für das Bundeskriminalamt neu geschaffenen Befugnissen zu Grundrechtseingriffen führen und unverhältnismäßig sind. Das zu beschließen, wäre aus unserer Sicht nicht sachgerecht, weil die dem BKA zur Wahrnehmung seiner Aufgabe gesetzlich einzuräumenden Befugnisse Grundrechtseinschränkungen nicht nur nicht ausschließen, sondern natürlich erforderlich machen; das sind in allen Länderpolizeigesetzen geregelte Selbstverständlichkeiten.
Wir werden den Antrag der Grünen entsprechend der mehrheitlichen Empfehlung des Fachausschusses auch deshalb ablehnen, weil wir das Ziel unterstützen, mit dem vorgesehenen Gesetz die Möglichkeiten der Bekämpfung des internationalen, länderübergreifenden Terrorismus zu verbessern und für das BKA eine entsprechende Rechtsgrundlage zu schaffen; diese gibt es nämlich noch nicht.
Nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 a des Grundgesetzes hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt. Von dieser Kompetenz ist aber noch kein Gebrauch gemacht worden, und das soll jetzt geschehen.
Zugewiesen werden soll jetzt die Kompetenz zur Bekämpfung der Gefahren des internationalen Terrorismus ausdrücklich nur in den Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, in denen die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder in denen das Land selbst den Bund zur Übernahme der Aufgabenwahrnehmung ersucht. Nur für solche Fälle soll die im Grundgesetz verankerte neue Gesetzgebungskompetenz des Bundes einfachgesetzlich umgesetzt werden.
Selbstverständlich müssen dem BKA zur effektiven Wahrnehmung seiner grundgesetzlich zugeordneten Aufgaben auch konkrete und klare polizeiliche Befugnisse zugewiesen werden. Dass dabei die einschlägige Verfassungsrechtsprechung zu berücksichtigen ist und dass rechtsstaatliche Grenzen erforderlicher Grundrechtseinschränkungen nicht überschritten werden dürfen, ist für uns als SPDFraktion selbstverständlich.
Wir freuen uns, dass der Innenminister nicht nur seinerzeit hier im Landtag, sondern dort, wo es hingehört, nämlich auf der zuständigen Bundesebene, deutlich gemacht hat, dass die schon jetzt stattfindende Zusammenarbeit zwischen dem BKA und den Polizeibehörden der Länder einer klaren Kompetenzgrundlage bedarf, dass insbesondere in Sachen Online-Durchsuchung für ein insgesamt rechtsstaatliches Prozedere - Stichwort Richtervorbehalt - auch in Eilfällen gesorgt werden muss und dass auch für die Berufsgeheimnisträger der Schutz zum Beispiel bei Befragungen durch das Bundeskriminalamt noch verbessert werden kann. In allen drei und auch in weiteren Punkten wird das bundesparlamentarische Beratungsverfahren - ich glaube - noch in der nächsten Woche auch wegen der Intervention aus anderen Ländern mit einem Gesetz enden, das den angemahnten rechtsstaatlichen Nachbesserungsbedarf erfüllt. Dem Innenminister danken wir insoweit für seinen Einsatz, auch wenn eine Bundesratsabstimmung bei Frau Heinold und bei einigen anderen offenbar zu Irritationen geführt hat. Ich finde, das in Nachverhandlungen auf Bundesebene erreichte Ergebnis zählt. Deshalb danke ich dem Innenminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der SPD-Landtagsfraktion bedanke ich mich ebenfalls bei der Frau Ministerin dafür, dass sie in Vertretung des Ministers den Bericht abgegeben hat.
Es stimmt: Schleswig-Holstein ist in Sachen Integrationspolitik und Integrationspraxis gut aufgestellt, war dies im Vergleich zu anderen Bundesländern auch schon in den vergangenen Jahren und wird es - das hoffen wir, und davon gehen wir auch aus - weiterhin bleiben. Denn genauso richtig ist die Ministerin hat darauf hingewiesen -: Es gibt weiterhin Handlungsbedarf. Integration ist eine dauerhafte Aufgabe, und - das will ich hinzufügen es bleibt eine besondere Herausforderung, sich die
ser Aufgabe nicht nur mit übergeordneten politischen Konzepten, sondern in alltäglicher gesellschaftlicher Praxis zu stellen. Denn nicht nur an Stammtischen und in kleinen, überschaubaren Rechtsaußen-Zirkeln findet ausländerkritisches, Ausländer abwehrendes, Ausländer ausgrenzendes Denken und Reden nach wie vor statt. Vorurteilsfreie Fremdenfreundlichkeit und Aufnahmebereitschaft sind auch mitten in unserer deutschen Gesellschaft keineswegs schon selbstverständliche Realität.
Als SPD-Fraktion und als Partei werden wir deshalb weiterhin darauf hinwirken, dass sich in der öffentlichen Meinung und im Bewusstsein der Bevölkerung generell die Überzeugung durchsetzt, dass Ausländer keine sozialen oder gar polizeilichen Sicherheitsrisiken sind, sondern in aller Regel Schutz, Wohnung und Arbeit suchende Mitmenschen, die unsere Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft bereichern und denen wir Respekt, Hilfe und Unterstützung schulden.
Politisch bedeutet das für uns als SPD - ich nenne nur drei Punkte -: Erstens. Eine dauerhafte und nachhaltige Bleiberechtsregelung des Bundes bleibt überfällig. Wir begrüßen, dass unter Mitwirkung des damaligen schleswig-holsteinischen Innenministers Ralf Stegner im März 2007 endlich ein Bleiberechtskompromiss auf Bundesebene zustande gekommen ist. Der Übergang von der Kettenduldung zum befristeten Probeaufenthalt bis Ende 2009 ist allerdings noch keine wirklich substanzielle Veränderung. Wenn die Befristung nicht zur Galgenfrist werden soll - 2009 ist ja nicht mehr allzu weit entfernt -, muss der Zugang zum Arbeitsmarkt auch für nur geduldete ausländische Menschen erleichtert werden. Wir hoffen, dass das Aufenthaltsgesetz des Bundes in absehbarer Zeit zumindest insoweit stabilisierende Wirkung entfalten kann und Veränderungen bringt.
Zweitens. Wir erwarten, dass landesseitig wenigstens die im Bundesrecht schon vorhandenen begrenzten Möglichkeiten zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nicht restriktiv, sondern ausländerfreundlich angewendet werden.
Wir erwarten, dass auch durch untergesetzliche Verfahren wirksame Schritte unternommen werden, um die Situation der bei uns lediglich geduldeten Flüchtlinge zu verbessern, und wir ermuntern unseren Innenminister ausdrücklich, durch konkrete Erlasse und notfalls durch Weisungen darauf hinzuwirken, dass die Entscheidungen aller schleswigholsteinischen Ausländerbehörden, soweit Ermessensspielraum vorhanden ist, nicht durch auch dort hin und wieder vorhandene latente Abwehrmechanismen, sondern durch Zuwendung und Aufnahmebereitschaft geprägt sind.
Drittens komme ich zum Kern der heutigen Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt, der alle bei uns lebenden Menschen mit Migrationshintergrund betrifft. Wir begrüßen es, dass sich, ebenfalls unter entscheidender Mitwirkung des damaligen schleswig-holsteinischen Innenministers Ralf Stegner, Mitte 2007 der Bund und alle 16 Bundesländer erstmals auf gemeinsame Ziele und konkrete Handlungsschwerpunkte in Form eines Nationalen Integrationsplans verständigt haben. Das Integrationskonzept der Landesregierung und der dazu heute vorgelegte Bericht enthalten eine Fülle guter Ansätze zur Umsetzung der auf nationaler Ebene vereinbarten Landesselbstverpflichtungen. Die in Schleswig-Holstein schon vorhandenen konkreten Integrationsangebote bedürfen einer weiteren praktischen Erprobung und natürlich auch einer angemessenen finanziellen Ausstattung, für die wir allerdings nicht nur das Land, sondern auch die Kreise, Städte und Gemeinden in der Pflicht sehen.
Danken - mich insoweit Herrn Wengler und der Ministerin anschließend - möchte ich den Migrantenorganisationen, den kirchlichen und sozialen Verbänden, Einrichtungen und Initiativen, die sich in vielfacher Weise für die Integration der bei uns lebenden ausländischen Menschen engagieren. Sie sind weiterhin auf unsere nicht nur ideelle Unterstützung angewiesen.
Auf die in dem Bericht beschriebenen zwölf integrationspolitischen Handlungsfelder der Regierung heute näher einzugehen, ist nicht möglich. Die Gelegenheit dazu können und sollten wir in den Fachausschussberatungen nutzen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz so massiv will ich nicht in die Schelte des Kollegen Kalinka einstimmen.
Meine Damen und Herren, aller guten Dinge sind drei. Weil es bei den Kommunalwahlen im Mai zu Unstimmigkeiten über die Auslegung eines Paragrafen bezüglich der Sitzverteilung gekommen ist, haben die Grünen eine Klarstellung im Wahlgesetz nicht ganz folgerichtig zunächst nur für künftige Landtagswahlen beantragt. Das war im Juli. Im September ist den Grünen dann eingefallen, dass bei Kommunalwahlen eigentlich auch das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz Anwendung findet, und sie haben dieselbe Klarstellung in diesem Gesetz für künftige Kommunalwahlen beantragt. In beiden Fällen streben die Grünen an, das bewährte Stimmenauszählungsverfahren nach d’Hondt durch das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers zu ersetzen, mit dem für kleinere Parteien günstigere Sitzzuteilungen errechnet werden.
Dasselbe Verfahren will heute die FDP durch Änderungen in drei weiteren Gesetzen - Gemeindeordnung, Kreisordnung und Amtsordnung - für die kommunalverfassungsrechtlich vorgesehenen Wahlen der Vertretungs- und Ausschussvorsitzenden und der Fachausschussbeziehungsweise Amtsausschussmitglieder erreichen. Legitim und durchaus nicht uneigennützig verbindet die FDP mit ihrem Antrag das traditionelle Begehren aller kleineren Parteien nach einem Grundmandat in jedem Ausschuss, nicht nur mit beratender Stimme, sondern mit vollem Stimmrecht.
Darüber hinaus enthält der Antrag der FDP eine Initiative zur kommunalpolitischen Beteiligung von Menschen mit Behinderung, und hier vertrete ich eine andere Meinung als der Kollege Kalinka. Denn wir begrüßen diese Initiative und werden sie als SPD-Landtagsfraktion unterstützen.
Wir sind ganz und gar nicht mit dem Kollegen Kalinka einer Meinung, dass Bürgerbeteiligung mit Bürokratisierung und Verwaltungsaufwand gleichzusetzen sei.
Es ist in der Demokratie natürlich so, dass Bürgerbeteiligung mit mehr Verfahren verbunden ist. Das ist anders als in einer Diktatur. Da entscheidet schließlich nur einer.
Wenn wir demokratische Beteiligungsformen wollen, dann brauchen wir die Bürgerbeteiligung. Nachgebildet ist dieser Paragrafenvorschlag übrigens der Kinder- und Jugendbeteiligung, die bereits in § 47 f verankert ist.
Da müssen Sie mal hineinschauen, Herr Kollege Kalinka. Dort ist die Bürgerbeteiligung bezogen auf die Jugendlichen und Kinder fast wortwörtlich von den Gemeinden, Kreisen und Kommunen angemahnt worden. Das soll hier für Menschen mit Behinderung gleichermaßen geregelt werden. Das finden wir gut, zumal die Barrierefreiheit in vielen Gemeinden in der Tat noch nicht hergestellt ist.
Schließlich wartet die FDP mit einigen Verfahrensvorschlägen etwa zur Öffentlichkeit von Sitzungen oder zur Form der Beschlussfassung in Sitzungen auf. Darüber können wir uns im Ausschuss gern näher unterhalten.
Auf handwerkliche Mängel seines Gesetzentwurfs Höchstzahl, Niedrigstwert - hat Herr Hildebrand selbst schon hingewiesen.
Im Ergebnis liegen uns drei Gesetzentwürfe zu insgesamt fünf Landesgesetzen vor, deren zentrales Anliegen darin besteht, Wahlvorschriften zu ändern. Ich empfehle uns, diese Gesetzentwürfe nicht bis zum Ende der Legislaturperiode 2010 in monatlichen Schritten weiter anzureichern und zu kumulieren; das Kumulieren bei Wahlen ist hier im Landtag ohnehin schon mehrfach abgelehnt worden.
Eine letzte Bemerkung. Selbstverständlich wollen wir alle Möglichkeiten nutzen, Herr Kollege Kalinka, um das Ehrenamt in der Kommunalpolitik sowohl auf Kreis- als auch auf Gemeindeebene zu stärken. Wir sollten jetzt allerdings nicht diese Gesetzentwürfe zum Anlass nehmen, die Gemeindeverfassung und die Kommunalverfassung auf Kreisebene umfassend zu reformieren. Lassen Sie uns diese Schritte beenden. Lassen Sie uns alle drei Gesetzentwürfe einer gemeinschaftlichen Anhörung im Fachausschuss zuführen und dann eine Empfehlung für das Plenum erarbeiten, damit wir rechtzeitig vor den nächsten Wahlen klare gesetzliche Grundlagen haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kalinka, ich will hier nur klarstellen, dass mein Vergleich zu Entscheidungsprozessen in der Diktatur und in der Demokratie nicht auf Sie persönlich gemünzt war. Das möchte ich hier ausdrücklich sagen.
Mit diesem Vergleich wollte ich nur zum Ausdruck bringen, dass eine demokratische Bürgerbeteiligung selbstverständlich mit mehr Verwaltungsaufwand verbunden ist, dass dieser aber nicht zum Anlass genommen werden darf, Bürgerbeteiligung demokratischer Art zu diskreditieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich im Wesentlichen auf meinen Wortbeitrag in der Landtagsdebatte vom 16. Juli dieses Jahres beziehen. Damals ging es um eine Vorschrift im Wahlgesetz für den Landtag, nämlich um § 3 des Landeswahlgesetzes. Heute geht es um eine Vorschrift im Gemeinde- und Kreiswahlgesetz; § 10 soll geändert werden.
Beide Vorschriften sind nahezu wortgleich und sollen den Ausgleich sogenannter Überhangmandate regeln, zu denen es kommen kann, wenn eine Partei mehr Direktmandate erreicht, als ihr nach dem prozentualen Wahlergebnis zustehen. Beide Vorschriften sind juristisch nicht eindeutig formuliert. Sie lassen verschiedene Auslegungen zu, die in bestimmten Fällen trotz unstreitiger Stimmenzahlen für die einzelnen Parteien zu Streit über die Sitzverteilung in den gewählten Vertretungen führen können.
Bei den gerade durchgeführten Kommunalwahlen vom 25. Mai des Jahres hätten die unterschiedlichen Rechtsauffassungen in insgesamt 15 Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der konkreten Zusammensetzung der gewählten Vertretung führen können. In neun dieser insgesamt 15 Fälle ist es tatsächlich zu Einsprüchen gegen die vor Ort festgestellte Sitzverteilung gekommen. In einem dieser Fälle - Bad Segeberg - kam es auch schon zur Klage gegen das festgestellte Wahlergebnis vor dem Verwaltungsgericht Schleswig.
Das Ziel der Anträge der Grünen, für künftige Landtags- und Kommunalwahlen durch eindeutige Gesetzesformulierung Klarheit zu schaffen, habe ich für die SPD-Landtagsfraktion bereits unmittelbar nach der Kommunalwahl in der Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses am 4. Juni 2008 sinngemäß mit den Worten formuliert, dass der offenbar vorliegende gesetzgeberischer Murks, der jetzt zutage getreten sei, dazu führen müsse, dass wir uns als Gesetzgeber damit beschäftigen und für Klärung sorgen, damit für die Zukunft dieser Paragraf - gemeint war § 10 des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes - eindeutig und überall im Lande so angewendet wird, wie wir es als Parlament und Gesetzgeber wollen.
In der Zielsetzung sind wir uns also mit der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einig. Über die inhaltliche Ausgestaltung der einschlägigen Vorschriften und konkrete Formulierungen sollten wir uns in gemeinsamer Beratung beider Gesetzentwürfe der Grünen in einem Rutsch, Herr
Kollege Hentschel, dann im zuständigen Fachausschuss für Inneres und Recht weiter unterhalten. Das gilt auch für das Stimmenzählverfahren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP-Fraktion bezieht sich auf eine nicht ganz einfache juristische und rechtspolitisch in der Tat gewichtige und bedeutsame Materie.
Nach - in diesem Fall erst seit dem 1. Januar 2008 geltendem Strafprozessrecht befindet sich in § 160a der Strafprozessordnung eine Regelung für strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen gegenüber Berufsgeheimnisträgern, denen im Strafverfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Die Regelung enthält ein absolutes Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot - das ist hier dargestellt worden - gegenüber Geistlichen, Strafverteidigern und Abgeordneten sowie ein lediglich relativiertes Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot gegenüber zum Beispiel Anwälten, die keine Verteidiger sind, Ärzten und Journalisten.
Staatliche Überwachungsmaßnahmen bei Geistlichen, Strafverteidigern und Abgeordneten sind danach absolut unzulässig. Die Überwachung von Rechtsanwälten, die keine Strafverteidiger beschuldigter Personen sind, die Überwachung Angehöriger insbesondere ärztlicher Heilberufe und die Überwachung Angehöriger medialer, journalistischer Berufe mit entsprechender Verwertung der gewonnenen Informationen im Prozess sollen nur dann zulässig sein, wenn das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung die schutzwürdigen Interessen der Anwälte, Ärzte und Journalisten überwiegt.
Das aber kann ausdrücklich nur der Fall sein, wenn das Verfahren eine Straftat von erheblicher Bedeutung betrifft § 160a Abs. 2 wörtlich:
„… betrifft das Verfahren keine Straftat von erheblicher Bedeutung, ist in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgsinteresses auszugehen. Soweit geboten, ist die Maßnahme zu unterlassen oder, soweit es nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken.“
Das gilt nicht nur für die Informationsbeschaffung, sondern auch für die Verwertung gewonnener Erkenntnisse zu Beweiszwecken.
Die FDP-Fraktion möchte nun auch gegenüber Anwälten, Ärzten und Journalisten Ermittlungsmaßnahmen gänzlich und vollständig ausschließen und auf diese Weise einen einheitlichen Schutz aller zeugnisverweigerungberechtigten Berufsgeheimnisträger vor staatlichen Überwachungsmaßnahmen erreichen.
Als SPD-Landtagsfraktion halten wir die vom Bundesgesetzgeber gerade erst vorgenommene Differenzierung für angemessen und wohl auch ausreichend. Die Interessen der Anwälte, Ärzte und Journalisten, Berufsgeheimnisse über Mandanten, Patienten und Informanten nicht preiszugeben, werden unseres Erachtens durch das geltende Recht hinreichend geschützt. Die von der FDP-Fraktion vorgeschlagene Bundesratsinitiative aus SchleswigHolstein wäre bei den derzeitigen Mehrheiten im Bundesrat und im Bundestag mit Sicherheit nicht durchsetzbar. Gleichwohl sollten wir Näheres noch einmal im Ausschuss miteinander besprechen, Herr Kollege Kubicki, und zwar aus der Sicht meiner Fraktion und aus meiner persönlichen Sicht durchaus ergebnisoffen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Tarnung gehört dazu. Die Überschrift unseres Tagesordnungspunktes lautet:„Entwurf eines Gesetzes
zur Umsetzung der Terrorismusbekämpfungsgesetze und zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle“. Dahinter verbirgt sich - wir haben es bereits gehört - der Verfassungsschutz. Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt den Entwurf der Landesregierung zur Änderung des schleswig-holsteinischen Landesverfassungsgesetzes und die Ausführungen des Innenministers zur Entwurfsbegründung
Erstens. Wir sind uns mit dem Innenminister einig, dass die Nachrichtendienste des Verfassungsschutzes auch bei der Aufklärung und Abwehr terroristischer Gefahren für unsere verfassungsmäßige Ordnung zweckmäßig eingesetzt werden können und optimal ausgestattet werden müssen. Die Erweiterung des verfassungsschutzbehördlichen Beobachtungsauftrags auf den internationalen Terrorismus ist aus unserer Sicht sinnvoll und vernünftig.
Zweitens. Wir teilen auch die Auffassung des Innenministers, dass es für die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder einheitlicher rechtlicher und technischer Mindeststandards bedarf und dass es sachgerecht ist, diese Mindeststandards an den Vorgaben des Bundesverfassungsschutzgesetzes auszurichten, um der gemeinsamen Aufgabenerfüllung gerecht werden zu können. Alle anderen Bundesländer haben ihre Landesverfassungsschutzgesetze bereits an das Bundesverfassungsschutzgesetz angepasst. Für Schleswig-Holstein geschieht dies mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf. Das ist folgerichtig und konsequent.
Drittens. Der Innenminister hat darauf hingewiesen, dass der notwendigen Erweiterung des Auftrags und der Befugnisse unserer Landesverfassungsschutzbehörde eine Stärkung der landesparlamentarischen Kontrolle gegenüberstehen soll. Die Bündelung der parlamentarischen Kontrolle des naturgemäß den Augen der Öffentlichkeit entzogenen und nicht zugänglichen verfassungsschutzbehördlichen Tätigkeitsfeldes in einem parlamentarischen Kontrollgremium und die Erweiterung der Berichtspflichten gegenüber diesem neu zu schaffenden Gremium halten wir für geeignete, aber auch notwendige rechtsstaatliche Instrumente zur Wahrung des demokratischen Zusammenspiels von Exekutive und Legislative.
Viertens. Dass insbesondere Maßnahmen des Verfassungsschutzes zur Post- und Fernmeldeüberwachung den strengen Berichtspflichten der Behörde gegenüber dem Parlament unterliegen werden, dass überdies auf Anregung des Datenschutzbeauftragten generell die Vorschriften über die rechtliche Ausgestaltung der nachrichtendienstlichen Mittel