Frank Herrmann
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Last Statements
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Zuschauer am Stream! Die Große Anfrage der Piraten zum Einsatz von Funkzellenabfragen, IMSICatchern, sogenannten Stillen SMS und anderen Maßnahmen aus dem digitalen Überwachungsinstrumentarium umfasst ein Themengebiet, dem wir Piraten uns immer wieder gewidmet haben – dem Schutz der Grund- und Bürgerrechte im digitalen Zeitalter.
Wir haben in dieser Legislaturperiode mit zwei Großen Anfragen versucht, etwas Licht in das dunkle Verlies der digitalen Überwachungs- und Kontrollabteilungen der Sicherheitsbehörden zu bringen. Die Ergebnisse sind in mehrerlei Hinsicht erschreckend, zunächst wegen der Menge der Abfragen. 7.249 nichtindividualisierte Funkzellenabfragen – das klingt zunächst nicht viel; es sind aber doppelt so viele wie bei unserer ersten Anfrage vor drei Jahren. Wie viele Menschen betroffen sind, wird leider nicht erfasst.
In Schleswig-Holstein, einem ländlich geprägten Bundesland, in dem die Piraten ähnliche Anfragen gestellt haben, betrifft eine einzelne Funkzellenabfrage im Schnitt 15.000 Menschen. Rechnet man diese sehr konservative Zahl für NRW um, hat die Polizei in Nordrhein-Westfalen 108 Millionen Menschen im Land erfasst, also jeden Bürger in NRW sechsmal im Jahr. Es kann auch ein Mehrfaches davon gewesen sein, was ich vermute. Die Landesregierung erfasst dazu leider keine Informationen. Es ist ihr wohl egal. Das ist kein grundrechtsfreundliches Verhalten, wie ich finde.
Mit dem digitalen Datenstaubsauger, dem IMSICatcher, werden völlig wahllos und ohne jede Art von technischen Schutzeinrichtungen Personen überwacht. Die Kommunikation von Rechtsanwälten, Ärzten, Priestern, ja sogar Abgeordneten wird überwacht, friedliche Versammlungen werden überwacht. Die Antwort der Landesregierung führt nichts zu technischen oder organisatorischen Maßnahmen aus, um diese Personenkreise beim Einsatz von IMSI-Catchern zu schützen. Es gibt also keine Maßnahmen. Das Fernmeldegeheimnis ist in NRW also nichts mehr wert. Die Landesregierung erweckt nicht einmal mehr den Anschein, als gehe man sorgfältig mit dieser Digitalwaffe um.
Wenn nun also jeder Bürger in Nordrhein-Westfalen mindestens sechsmal im Jahr betroffen ist, ist das dann noch verhältnismäßig? Stichwort: Ultima Ratio. Eine Maßnahme, die als Ultima Ratio nur dann angewendet werden darf, wenn andere Ermittlungsmethoden keinen Erfolg mehr versprechen – so steht es eigentlich im Gesetz zur Anwendung der Funkzellenabfrage –, verkommt hier offensichtlich zur polizeilichen Standardmaßnahme. Gleichzeitig verletzt die Landesregierung hier wiederholt und bewusst das Recht der Betroffenen, über Eingriffe in ihre Grundrechte informiert zu werden. – Sie tut es einfach nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser freiheitlichdemokratischer Rechtsstaat kann durch keine Bombe der Welt erschüttert werden. Kein Terroranschlag vermag es, unsere Werte zu zerstören. – So heißt es immer wieder. Dabei zerstören wir gerade die Fundamente unserer Demokratie, weil wir immer mehr Instrumente zur Überwachung einsetzen, um so zu versuchen, nicht vorhersehbare Ereignisse zu verhindern.
Erschreckend dabei ist: Fakten zur Evaluierung der Wirksamkeit dieser Instrumente werden nicht erfasst. Dies haben leider beide Großen Anfragen gezeigt.
Worauf es ankommt, ist Haltung in der Politik sowie die Stärke, um den reflexhaften Rufen nach weitergehenden Maßnahmen und noch größeren Einschränkungen unserer Grundrechte zu widerstehen. Unser demokratischer und freiheitlicher Rechtsstaat muss aktiv verteidigt und geschützt werden. Die gefährliche Spirale der Anti-Grundrechts-Gesetzespakete seit 2001 muss gestoppt werden. Die Freiheit schützt man nicht, indem man sie aufgibt. Man schützt die Freiheit auch nicht, indem man sie einschnürt. Die Schlinge der Überwachungsmaßnahmen zieht sich aber leider immer weiter zu.
Meine Damen und Herren, ich richte mein Wort an all die, die in der nächsten Legislaturperiode im Landtag vertreten sind. Ich fordere Sie auf, nicht länger dem Narrativ der CDU – Sicherheit versus Freiheit – zu folgen. Die Sicherheit dient der Freiheit, und es ist die Aufgabe eines jeden den Bürgerrechten verpflichteten Rechtsstaates, diese Freiheit zu schützen und zu sichern. Das bedeutet auch, nicht alles zu tun, was technisch machbar ist, sondern sich auch bewusst Grenzen zu setzen, um Freiräume zu schützen.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich möchte Sie fragen, ob Sie sich daran erinnern, dass wir uns im Innenausschuss mit einem eigenen Antrag zur Aufstellung einer Erhebungsmatrix zur Erfassung zusätzlicher Daten bemüht haben, Grundlagen für die Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit von Funkzellenabfragen zu schaffen. Sie haben das, glaube ich, leider mit abgelehnt.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und im Stream! Wir Piraten wollen die Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen stärken. Das ist der Grund, warum wir diesen Gesetzentwurf eingebracht haben. Denn weder Rot noch Grün stehen in diesem Land für Transparenz. Beide Fraktionen haben es in den letzten fünf Jahren nicht geschafft, den Entwurf für ein Transparenzgesetz in den Landtag einzubringen.
Auch wenn die Abgeordneten von der SPD und den Grünen regelmäßig etwas anderes behaupten: Transparenz per Gesetz hat es mit Ihnen nicht gegeben. Vielfältig sind die Ausreden, mit denen Anträge und Gesetzentwürfe von uns Piraten zu mehr Transparenz, zu mehr Offenheit, zu Open Data und zu offenen Standards abgelehnt wurden. Aktuell heißt es eben, das sei zu kurzfristig.
Was es bei Rot-Grün gegeben hat, waren freiwillige und unverbindliche Angebote. Ich habe hier noch den Bericht zum „Fortschritt von Open Data in der Landesverwaltung“. Er ist ungefähr ein Jahr alt. Da
ist ganz toll erzählt, was man so alles vorhat: Unter anderem steht darin, dass das Transparenzgesetz noch im ersten Halbjahr im Innenministerium beraten wird und in der Ressortabstimmung ist. Das ist dann ja leider auf der Strecke geblieben.
Das Open.NRW-Projekt: befristet bis nach der Wahl; Transparenz immer nur dann, wenn sie der Mehrheit gefällt, wenn man die eigene Arbeit gut darstellen will oder wenn man durch vermeintliche Transparenz von den eigentlichen Problemen ablenken möchte. Wie sonst ist es zu erklären, dass sich Kollege Stotko heute Mittag hierhinstellt und die Veröffentlichung der Zeugenaussagen im PUA „Anis Amri“ noch vor der Beweiswürdigung und dem Schlussbericht des PUA ankündigt?
Zugleich hat man uns die sowieso jährlich zu erhebenden Zahlen von Straftaten in Verbindung mit der Videoüberwachung in der Düsseldorfer Altstadt vorenthalten, und zwar mit dem Hinweis, dass die Bekanntgabe der Zahlen der für 2018 vorgesehenen Evaluierung vorgreifen würde. Das passt irgendwie nicht zusammen.
Das ist nicht die Art von Transparenz, die wir Piraten wollen. Wir wollen Transparenz per Gesetz, verbindlich für alle Stellen und Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben ausführen. Wir wollen ein einklagbares Recht für die Öffentlichkeit, Zugang zu Informationen, Akten und Daten der öffentlichen Hand zu erhalten.
Auch der viel gefeierte Open-Government-Pakt des Innenministers mit den Kommunen ist nicht viel mehr als eine Absichtserklärung auf freiwilliger Basis. Da hat man einen Kongress veranstaltet, da hat man Experten zu nichtöffentlichen Diskussionsrunden ins Ministerium eingeladen. Herr Minister Jäger, gibt es denn im Open-Data-Portal des Landes bis heute auch nur einen einzigen Datensatz, der von allen Kommunen eingestellt wurde? Können Sie einen nennen? – Also nein, da ist nichts. Das spricht dann auch Bände über die Qualität des Open-Government-Pakts.
Weil uns all das nicht reicht, wollen wir ein Recht auf Open Data per Gesetz. Wir wollen, dass es ein verbindliches, notfalls einklagbares Recht auf Open Data gibt, auf die Bereitstellung von vorhandenen digitalen Daten der öffentlichen Hand im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes.
Nach den Bemerkungen meiner Vorredner ist mit einer Zustimmung für dieses Gesetz wohl nicht zu rechnen. Herr Kollege Hegemann, ich bedanke mich für Ihre Anmerkungen. Ich hatte fast den Eindruck:
Wenn wir hier weiter zusammengearbeitet hätten, hätten wir es vielleicht doch noch gemeinsam durchgebracht. Dazu wird es nun nicht mehr kommen, aber einen Hinweis möchte ich im Zusammenhang mit Open Government/Open Data noch geben: Besonders die Konrad-Adenauer-Stiftung ist da sehr weit vorne.
Da wir hier wohl nicht mehr zusammenarbeiten können, wird es noch weiterer Anläufe bedürfen. Ganz offensichtlich ist es für Transparenz in NordrheinWestfalen notwendig, dass die Piraten im Landtag vertreten sind. Die werden hier gebraucht.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, einige von Ihnen wissen, dass ich nicht mehr für den nächsten Landtag kandidiere. Ich möchte mich an dieser Stelle bedanken für die gute und bis auf ganz wenige Ausnahmen sehr faire Zusammenarbeit.
Ich bin sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich hier in der Zeit als Abgeordneter sammeln konnte, und für die Möglichkeit, die eine oder andere Anregung eingebracht zu haben. Ich weiß, dass meine Nachfragen und Berichtsanforderungen manchmal genervt haben, vor allem das Ministerium, den Minister. Aber ich finde, das muss so sein. Ich kann nur sagen: Es war nie Selbstzweck. Eigentlich waren es noch viel zu wenige; es hätten durchaus noch mehr sein können.
In diesem Sinne vielen Dank und auf Wiedersehen – wann und wo auch immer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Stream! Ich möchte mich kurzfassen.
Natürlich. – Die Besetzung der Beförderungsstellen nach § 19 Abs. 6 Landesbeamtengesetz ist bislang nicht durch die Justiz revidiert worden, auch wenn aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichts zurzeit Verunsicherung besteht. Wie auch der Minister im Innenausschuss berichtet hat, wissen wir aber: Das Oberverwaltungsgericht hat keine Verwerfungskompetenz – gutes Wort übrigens –, wir haben also ein bestehendes Gesetz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Ihr Gesetzesvorschlag wurde ausführlich beraten, auch mit einer ausführlichen Anhörung. In der Anhörung waren sich die Sachverständigen einig, dass Ihr Vorschlag die bestehende Situation nicht verbessern wird. Selbst diejenigen, die einer Frauenförderung kritisch gegenüberstanden, befürworteten diesen Gesetzentwurf nicht. – Herr Lohn, es mag sein, dass die Sachverständigen gleichzeitig auch am bestehenden Gesetz Kritik geübt haben; das macht Ihren Entwurf aber nicht besser.
Hier versucht die CDU, Wahlkampf zu machen und die Verunsicherung unter den Beamtinnen und Beamten für sich zu nutzen. Das bringt uns nicht weiter. Es ist ja hier kein Wunschkonzert. Wir haben heute nur über Ihren Gesetzentwurf zu entscheiden. – Wir werden ihn ablehnen.
Das Verfahren der Landesregierung, ihre Norm höchstrichterlich prüfen zu lassen, um Rechtssicherheit zu bekommen, ist ein Weg, den man gehen kann. Danach kann man sich vielleicht überlegen, ob man zu dem Vorschlag kommt, den die FDP gemacht hat: alles wieder auf Anfang.
Es ist kein gutes Wahlkampfthema. Dazu sind die Dinge, die schon von meinen Vorrednern genannt worden sind, zu komplex. Meine Empfehlung an den nächsten Landtag wäre, direkt von Anfang an die Landesregierung aufzufordern, eine ordentliche, vernünftige, umfassende Dienstrechtsreform auf den Weg zu bringen, in der auch diese Dinge vernünftig geregelt werden – abhängig davon, wie das Verfassungsgericht entscheiden wird.
Dass ich meiner Fraktion empfehle, den Gesetzentwurf abzulehnen, habe ich bereits gesagt. Ich empfehle meiner Fraktion – vielleicht zu Ihrer Überraschung –, sich zum FDP-Antrag zu enthalten.
Nein, enthalten! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal – ein paar sind es ja – und zu Hause! Hätte nicht die Landesregierung vor einiger Zeit gesagt, dass sie DNA-Analysen zu einfachen Delikten, zum Beispiel bei Wohnungseinbruchsdiebstahl, auslagert, also an private Labore gibt, hätte es diesen Antrag der CDU wohl nicht gegeben. Ich glaube nämlich, es geht hier um Wirtschaftsförderung, um die Sicherung von Aufträgen für bestehende Labore.
Dabei hat der Landtag mit der Mehrheit der rot-grünen Fraktion schon mehrfach in den letzten Jahren den Ansatz für DNA-Analysen im Haushalt aufgestockt – und das, obwohl DNA-Spuren zum Beispiel beim Wohnungseinbruchsdiebstahl nur zu 2% zum Ermittlungserfolg beitragen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, wir haben hier einige Anhörungen von Sachverständigen aufgrund Ihrer Anträge gerade zum Wohnungseinbruchsdiebstahl durchgeführt. Dabei ist klar geworden, dass Tatortspuren bei diesen Vergehenstatbeständen – das sind sie ja – eben nicht das entscheidende Mittel sind, von Einzelfällen immer abgesehen.
Drei Viertel der ermittelten Tatverdächtigen kamen aus dem lokalen Umfeld und wurden durch Zeugenaussagen, durch die Zuordnung von sichergestelltem Diebesgut usw. erkannt. Sie malen also wieder ein düsteres Bild an die Wand – das haben andere Kollegen auch schon gesagt –, dass wir ohne mehr Geld für die Labore im Verbrechenssumpf versinken. Das ist falsch.
Mir liegt es allerdings fern, das Ministerium zu verteidigen. Denn natürlich muss sichergestellt sein, dass für Verbrechenstatbestände eine DNA-Analyse auch ohne Wartezeit durchgeführt werden kann, wenn es notwendig ist. Dazu erwarten wir, dass die Landesregierung ihre Zusage einhält, dass das gewährleistet ist.
Die Polizei kann aber auch selbst dazu beitragen, den Bearbeitungsstau abzubauen, indem nicht bei jeder erkennungsdienstlichen Behandlung ein DNAAbgleich mit abgefragt oder freiwillig vom Verdächtigen eingeholt wird. DNA-Datenberge helfen uns nicht weiter. Es geht auch immer darum, die Ressourcen in der Kriminaltechnik smart und effizient einzusetzen.
Die Vision der CDU für eine verbrechensfreie Welt ist bekannt: Videoüberwachung an jeder Ecke, ein fest zugeordnetes Smartphone pro Person in Deutschland mit Speicherung von Position, Kontakten und Inhalten für zwei Jahre, DNA-Daten von allen Verdächtigen, also von jedermann, gespeichert in Datenbanken mit Volltextsuche und dann womöglich noch der DNA-Schnelltest vor Ort, mobil auf dem Einsatzwagen.
Wenn wir technisch so weit sind, was möglicherweise nicht mehr so lange dauert, dann werden sich aber auch die Verbrecherprofis darauf eingestellt und gelernt haben, die eine oder andere falsche Fährte zu legen. So, wie schon lange Handschuhe benutzt werden oder das Smartphone beim geplanten Verbrechen heute zu Hause bleibt – wegen der Funkzellenabfragen natürlich –, werden in Zukunft vielleicht Fake-DNA-Partikel gestreut; vielleicht Ihre, Herr
Rickfelder, oder Ihre, Herr Dr. Stamp. Es wird dann spannend, wie man da als Verdächtiger wieder herauskommt.
In der Summe kann man sagen: weniger ist mehr, also weniger DNA-Proben, weniger DNA-Analysen, dafür gezielter. Weiteres besprechen wir am besten im Ausschuss. Der Überweisung stimmen wir natürlich zu. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, was Sie uns bisher hier vorgelegt haben, ist und bleibt ein Skandal. Soll es wirklich wahr sein, dass es in Ihrem Ministerium möglich ist, jahrelang Geld für eine Arbeit zu bekommen, die man nie leistet? Gibt es nicht wenigstens eine Anwesenheitskontrolle?
Herr Stotko hat es eben angesprochen: 28,5 Stunden Arbeit jede Woche wurden nicht geleistet. Das ist nicht aufgefallen. Herr Stotko, ich gebe Ihnen recht: Es nicht die Aufgabe des Ministers, die Anwesenheit zu kontrollieren. Aber es ist die Verantwortung des Ministers, dass niemand anderes das macht!
Fazit des bisher Bekannten: Der aktuelle Stand der Absprachen mit Herrn Wendt ist nicht in der Personalakte dokumentiert. Man hat sogar Pensionäre angesprochen und widersprüchliche Aussagen bekommen. Mündliche Absprachen wurden nicht dokumentiert. Kurz: Das Ministerium weiß selbst nicht, was mit Herrn Wendt vereinbart wurde.
Der Minister hatte keine Ahnung. Das haben wir schon öfter gehört; das ist nichts Neues. Aber erschreckend ist, dass das Ganze anscheinend bisher niemanden interessiert hat. Gehaltszahlungen ohne Arbeitsleistung haben niemanden interessiert. Fehlende Anwesenheit am Arbeitsplatz hat niemanden in den Behörden interessiert. Falls doch einmal jemand in den letzten Jahren in die Personalakte geguckt hat – was ja theoretisch möglich ist –: Da stand nichts. Das hat aber auch niemanden interessiert.
Ich denke, dass das so nicht geht. Ich höre hier auch immer wieder den Hinweis auf die Zeit, in der jemand anderes Verantwortung hatte. Ob das Herr Behrens war, Herr Dr. Wolf war oder jetzt Herr Minister Jäger ist: Wenn man ein Ministerium übernimmt, dann muss man gucken, ob alles in Ordnung ist. Das scheint aber hier nicht passiert zu sein.
Meine Damen und Herren, bei dem Gebot der Schriftlichkeit handelt es sich um ein für die moderne Verwaltung wesentliches Prinzip. Es soll die Unpersönlichkeit und Kontrollierbarkeit der Amtsführung der Mitarbeiter und Führungskräfte gewährleisten. Das Gebot der Schriftlichkeit ist deshalb ein sinnvolles Element jeder Bürokratie.
Ich habe vor einem Jahr in einer Kleinen Anfrage gefragt, in welcher Art und Weise öffentliche Stellen in Nordrhein-Westfalen ihre Geschäftsverteilungs- und Aktenpläne allgemein zugänglich machen. Das ist nämlich seit dem Jahr 2001 eine Pflicht, die sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen ergibt.
Die durchgängige Antwort für die Dienststellen des Ministeriums für Inneres und Kommunales und alle Polizeibehörden lautet: Der Aktenplan wird derzeit überarbeitet. – Aus dem Beamtendeutsch übersetzt, heißt das wohl: Da haben wir nichts.
Herr Jäger, fühlen Sie sich auch jetzt nicht dafür zuständig, dass sich Ihre Behörde nicht an das Gesetz hält? Brauchen wir vielleicht eine Organisationsaufsicht für Ihr Ministerium?
Ich glaube das bisher über „Nichtwissen“ Gesagte nicht. Bezahlung von Personen, die so im Licht der
Öffentlichkeit stehen, dabei keine Anwesenheit am Arbeitsplatz – das funktioniert doch nur, wenn jemand von ganz oben seine Hand darüber hält. Oder es herrscht wirklich das totale Chaos im Ministerium. Die weitere Aufklärung dazu werden wir ganz genau beobachten.
Noch ein Satz zum „System Wendt“: Ich denke, es ist klar, dass es hier kein Weiter-so geben kann. Die Aussagen von Herrn Wendt in Talkshows und Pressemeldungen müssen alle in einem neuen Licht betrachtet werden und haben für mich zunächst einmal den Stempel „unglaubwürdig“. Das von Herrn Wendt veröffentlichte Buch mit dem Titel „Deutschland in Gefahr: Wie ein schwacher Staat unsere Sicherheit aufs Spiel setzt“ ist durchaus nützlich für die Innenminister, um weitere Überwachungsgesetze durchzudrücken. Auch hier gilt: unglaubwürdig.
Es ist daher ein guter Schritt, dass sich der NRWLandesvorstand der DPolG erst einmal von dem „System Wendt“ losgesagt hat, damit hier in Nordrhein-Westfalen wieder ordentliche Gewerkschaftsarbeit gemacht werden kann. Das unterstützen wir. Damit möchte ich auch schließen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause. Liebe Kolleginnen und Kollegen! So kurz vor
Ende der Legislaturperiode haben wir noch einen Gesetzentwurf vorgelegt.
Ja, weil es notwendig ist. Es gab ja einige Versuche, die Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen in dieser Legislaturperiode weiterzuentwickeln. Aus unterschiedlichsten Gründen hat das aber nicht richtig funktioniert.
Man kann jetzt auch viel darüber spekulieren, wie das im zukünftigen Landtag möglich sein wird. Keiner kennt seine Konstellation; keiner weiß, wie er sich zusammensetzen wird.
Deswegen sollten wir hier noch einen Versuch machen. Die Zeit ist günstig. Vier der hier vertretenen Fraktionen haben vor ungefähr 16 Jahren das IFG Nordrhein-Westfalen verabschiedet, und zwar einstimmig. Wir waren damals nicht dabei. Wir wären aber auf jeden Fall auch dafür gewesen. Insofern möchte ich Sie bitten, sich mit unserem Gesetzentwurf zu beschäftigen. Denn ich glaube, dass die Situation günstig ist, diese Änderungen jetzt noch vorzunehmen.
Es sind genau drei Änderungsvorschläge zum IFG, die wir machen wollen. Ich möchte sie Ihnen jetzt kurz vorstellen.
Zum einen geht es um eine Ausweitung des Kreises der Antragsberechtigten für eine Information auch auf juristische Personen. Das sind Firmen, aber auch Bürgerinitiativen und Vereine. Alle anderen Bundesländer, die ein Informationsfreiheitsgesetz haben, erteilen die Auskunft auch an juristische Personen. Dort dürfen also auch juristische Personen anfragen. Das macht auch keine Probleme. Man muss jetzt keine Angst haben, dass man dann von Anfragen überrollt wird. Man kann sich ja die Erfahrungen der anderen Bundesländer, die das bereits machen, ansehen. Warum sollen wir das hier in Nordrhein-Westfalen nicht auch einführen? So schaffen wir ein allgemeines Informationszugangsrecht. Das wäre dann auch ganz im Sinne einer Entschließung der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten vom 2. Dezember 2016, die genau dieses allgemeine Informationszugangsrecht gerne hätten.
Der zweite Punkt ist der Zugang zu Daten auch in maschinenlesbarer Form. Eigentlich ist diese Ergänzung dringend notwendig. Man kann so, wie das Gesetz im Moment formuliert ist, auch herauslesen, dass das alles jetzt schon möglich ist. Hier geht es letztlich um eine Klarstellung, indem man in das Gesetz schreibt, dass eine Informationsweitergabe in maschinenlesbarer Form möglich ist. Das sollte gewünscht sein, denke ich – ganz im Sinne der OpenData-Strategie der Landesregierung und des OpenData-Gesetzes der Bundesregierung. Nein, es ist kein zusätzlicher Aufwand; denn es geht immer um
vorhandene Daten und die Übermittlung in maschinenlesbarer Form. Es müssen also keine neuen Daten konstruiert werden, weil es immer nur um das Vorhandene geht.
Beim dritten Punkt handelt es sich um eine Kleinigkeit, die aber möglicherweise zu einer großen Arbeitserleichterung für die auskunftspflichtigen Behörden führt. Denn bisher ist die schriftliche Bescheidung bei der Ablehnung oder Einschränkung einer Anfrage zwingend vorgegeben. Das macht im Hinblick auf mögliche Klagen für den Anfragenden Sinn. Es mag aber vielleicht auch gar nicht der Grund sein, dass er klagen möchte. Für mündliche Anfragen gibt es nämlich eine Ausnahme. Hier kann der Anfragende wählen, ob er seine Ablehnung noch einmal schriftlich erhalten will. Meines Erachtens sollte man diese Wahlmöglichkeit auch für elektronische Anfragen, also Anfragen per E-Mail, einführen. Das würde es zumindest den Behörden erleichtern, nicht jede elektronische Anfrage schriftlich beantworten zu müssen. Es ist auch keine Einschränkung von irgendwelchen Rechten, weil der Anfragende immer die Möglichkeit hat, auf der schriftlichen Beantwortung zu bestehen.
Das war es schon. Es sind drei einzelne Änderungen. Sie würden die Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen auch ein Stückchen voranbringen.
Ich sage schon vorab: Wir werden keine Anhörung von Sachverständigen beantragen. Das liegt nicht nur an den engen Zeitvorgaben, die das schwer möglich machen. Denn ich glaube auch, dass wir diese drei Dinge hier im Ausschuss mit unserem eigenen Sachverstand besprochen bekommen.
Ich freue mich auf die Beratung und auf Ihre Meinung zu diesem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.
Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Mich hat das, was Sie sagen, gerade ein bisschen irritiert. Warum kommen Sie zu der Annahme, dass Verwaltungsgerichte Medienhäusern jetzt regelmäßig ein Antragsrecht auf Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen gewährt haben? Das ist ausdrücklich ausgeschlossen, weil nur natürliche Personen antragsberechtigt sind. Das sagt der Gesetzestext ganz klar.
Ich selbst prozessiere gerade gegen die Landesregierung, weil ich als Abgeordneter nicht als natürliche Person gelte, sondern als juristische Person angesehen werde. Ich bekomme auch keine Auskunft nach IFG. Wie kommen Sie zu dieser eben gemachten Aussage?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause am Stream! Verehrte Kollegen von der CDU, sehr geehrter Herr Golland, ich habe Ihren Antrag gelesen. Tatsächlich habe ich das. Ich habe vorhin auch aufmerksam zugehört. Aber auch ich kann beim besten Willen nicht erkennen, worin bei Ihrem Antrag die Eilbedürftigkeit liegt. Aber vielleicht ist er auch nur in aller Eile entstanden und da ist der Name entlehnt.
Besonders logisch finde ich ihn übrigens auch nicht. Sie beschreiben die Sperrung des Einkaufszentrums am Limbecker Platz in Essen letzten Samstag aufgrund einer möglichen Anschlagsgefahr. Der Hinweis, es könne in Essen einen Anschlag geben, kam vom Bundesamt für Verfassungsschutz. Wie genau dieser Hinweis aussah und welche Quellen das Bundesamt für Verfassungsschutz hat, ist nicht bekannt. So weit, so schlecht.
Weiter schreiben Sie, dass in diesem Zusammenhang zwei Personen festgenommen wurden. Ihre Wohnungen wurden durchsucht; sie wurden vernommen und dann wieder freigelassen. Sie können laut Polizei bislang nicht mit dem vermuteten Anschlag in Essen in Verbindung gebracht werden. Weiter wurde nichts gefunden. Das Zentrum hat seit Montag wieder geöffnet.
Zugegeben: Die Landesregierung und die Polizei haben sehr früh gehandelt. Die Hinweise waren wohl sehr vage. Aber nachher ist man natürlich immer schlauer. Deshalb war wohl diesmal der Gedanke: Besser früher eingreifen als gar nicht.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, wo müssen denn die Sicherheitsbehörden endlich mit den notwendigen rechtlichen Befugnissen ausgestattet werden, wie Sie es in Ihrem Antragstitel schreiben? Was hat Ihnen in Essen gefehlt? Dazu sagen Sie nichts. Passt es Ihnen etwa nicht, dass die beiden Festgenommenen unschuldig waren? – Ja, ich spreche von „Unschuldigen“. Wenn die CDUFraktion in ihrem Antrag von „relevanten Personen“ oder von „Gefährdern“ spricht, dann meinen Sie damit Personen, gegen die nicht einmal der Verdacht einer Straftat vorliegt.
Die CDU-Fraktion fordert, Telefonüberwachung sowie Überwachung und Analyse von Konto- und
Bankdaten zur Gefahrenabwehr zu ermöglichen – für Gefährder. Liebe Kollegen von CDU-Fraktion, es ist leider völlig unklar, was Sie damit meinen. – Herr Golland, Sie wollen den Saal verlassen, aber ich bitte Sie: Stellen Sie sich hierhin und definieren Sie, was ein Gefährder ist. Danke, dass Sie hier bleiben. – Auch der Bundesinnenminister kommt da nämlich ins Schleudern und findet keine einheitliche GefährderDefinition, eine, die rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt.
Als die CDU die letzte Sau durchs Dorf getrieben hatte – die Fußfessel für Gefährder, Sie haben sie auch eben erwähnt –, war in Berlin recht schnell klar, dass das nichts wird. Wenn Sie hier eine Definition für Gefährder schreiben wollen, Herr Golland – bitte legen Sie los. Wir sind gespannt; denn wie Sie sicherlich wissen, müsste eine Gefährder-Definition vor einem Verwaltungsgericht Bestand haben. Da bislang Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen in Gefährder-Datenbanken gelandet sind, müssten die Behörden diese Datenbanken vermutlich in großen Teilen löschen. Die Behörden würden dann noch weniger über Gefährder wissen, als sie dies ohnehin schon tun.
Zu Ihrer anderen Forderung, nämlich der Einführung der Schleierfahndung: Das haben andere Kollegen schon gesagt; ich kann da auch ans letzte Plenum anknüpfen. Hierzu gab es Anhörungen und viele Diskussionen. Wie wir festgestellt haben, ist die Schleierfahndung eine völlig unnötige Verschwendung polizeilicher Ressourcen. Wenn das Ihre Art der Sicherheitspolitik ist, liebe CDU-Fraktion, dann gute Nacht!
Sie fordern immer mehr von allem: mehr Telefonüberwachung, mehr Kontoüberwachung, mehr Videoüberwachung, mehr Kontrollen, mehr Vorratsdatenspeicherung, mehr Verfassungsschutz. Wenn Sie das alles wollen, dann seien Sie doch einmal ehrlich gegenüber dem Wähler und schreiben Sie eine „Terrorsteuer“ in Ihr Wahlprogramm oder den „CDUÜberwachungszuschlag“, der Arbeitnehmern dann direkt vom Lohn einbehalten wird, für ein gutes Sicherheitsgefühl. Denn irgendjemand müsste Ihren Überwachungswahnsinn, Ihre Forderungen ja auch bezahlen.
Wir Piraten wollen evidenzbasierte Sicherheitspolitik machen, also die Wirksamkeit von Maßnahmen prüfen, und so verantwortungsvoll mit den polizeilichen Ressourcen umgehen. Mit der Schleierfahndung und den anderen Vorschlägen zeigen Sie hier aber, dass es Ihnen heute nur um Wahlkampf geht und nicht etwa um die Sicherheit der Menschen in NordrheinWestfalen. Aber nicht mit uns! Wir lehnen Ihren Antrag daher ab. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Wieder einmal benutzt die CDU eine Aktuelle Stunde, um populistisch Wahlkampf zu machen. Wieder geht es nur um Eskalation. Um Stimmung zu machen, wird jedes Trittbrett genutzt.
Was gab es nicht alles für Vorschläge der Union, um Fußballfans vermeintlich in Schach zu halten, immer wenn bei einem Spiel eine Situation schlagzeilenträchtig eskalierte? Schnellgerichte im Stadion, ausufernde Meldeauflagen, Fußfesseln gegen Ultras; ich weiß nicht, ob das jetzt schon dabei war, aber es kommt wahrscheinlich noch.
Immer wieder gibt es Meldungen über Gewalt im Stadion, die von Innenpolitikern der Union, aber auch von der SPD ausgeschlachtet werden, um mit noch mehr Härte gegenüber Fans vorzugehen.
Nahezu nie wird die Frage gestellt, wie die Situation jeweils entstanden ist. Da werden Fangruppen von der Bundespolizei auf dem Bahnsteig eingekesselt, ohne die Möglichkeit zu haben, zum Beispiel auf die Toilette zu gehen. Da werden Fangruppen von Gast- und Heimmannschaften von der Polizei vor dem Stadion zusammengeführt, weil die Polizeibeamten überhaupt keine Ortskenntnisse haben. Das mag unabsichtlich passieren, aber es passiert immer wieder. Dann eskaliert die Situation. Bei solchen Vorfällen erübrigt sich jedes Sicherheitskonzept.
Zum Hergang in Dortmund haben wir schon einiges gehört. Der Minister wird das sicherlich noch weiter erläutern. Klar ist schon jetzt: In Dortmund ist der von einer breiten Fanbasis getragene Vereinsfußball auf das Aushängeschild des kommerziellen Geldfußballs getroffen. Klar ist aber auch, dass strafbare Handlungen und Gewalt gegen Fans unter keinen Umständen akzeptabel sind.
Wenn das LZPD bzw. die ZIS, die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze, sagt, dass im Vorfeld keine
Erkenntnisse über Störungen vorlagen, zeugt das einmal mehr von der mangelnden Sachkenntnis der beteiligten Strukturen, der SKB und anderer bei der Polizei. Der RB Leipzig ist – ich sagte es gerade – das ultimative Feindbild der Vereinsfußballszene: pure Kommerzialisierung gegen die Stehplatzdauerkartenbesitzer. Wie gesagt: Das macht Gewalt gegen Fans der Gastmannschaft weder tolerabel noch weniger strafbar.
Aber im Wissen um diese Situation hätte die Polizei die Entscheidung, den Mannschaftsbus von RB Leipzig umzuleiten, anders treffen können bzw. überhaupt kommunizieren können. Das ist nicht passiert. So sind sechs Zuschauer und vier Polizisten verletzt worden.
Jeder Verletzte ist einer zu viel; das ist keine Frage. Bei einem Spiel, bei dem 80.000 Personen innerhalb von drei Stunden an- und wieder abreisen, ist das eine Größenordnung, die nicht für eine Eskalation taugt. Denn Fußballspiele sind schon jetzt auch für Familien mit Kindern jedes Wochenende sehr sichere Veranstaltungen, wie man an den Besucherzahlen sehen kann.
Die anhaltende Aufregung um den Vorfall erweckt bei mir allerdings etwas den Eindruck, als wolle der RB Leipzig seine Opferrolle nutzen, um sich mehr Akzeptanz in der Fanszene zu verschaffen. Ich bitte die CDU, ein bisschen aufzupassen, wie sie weiter in dieser Sache argumentiert. Das mag mein subjektiver Eindruck sein; ich gebe es zu.
Wichtig ist jetzt, keine pauschalen Verurteilungen vorzunehmen und keine pauschalen Strafen gegen ganze Fangruppen zu fordern. Solidarisierungseffekte der Fans sollen nicht provoziert werden. Einige sogenannte Fans sind massiv über die Stränge geschlagen. Aus der Szene heraus sollte und muss aufgearbeitet werden.
Körperliche Gewalt gegen Fans ist unter keinen Umständen akzeptabel. Das haben im Übrigen die Fans und auch die Spieler des BVB schon deutlich gemacht. Ich erinnere kurz an die Ansprache von Kapitän Marcel Schmelzer einige Tage später beim Spiel des BVB gegen Herta BSC. Er hat die Fans direkt angesprochen und Gewalt verurteilt. Durch viele Transparente haben es die Fans im Stadion auch gezeigt: „Halt, halt, keine Gewalt“ oder „Echte Borussen prügeln nicht“.
Das alles zeigt, dass hier eine kleine Gruppe aktiv gewesen ist. Das muss, wie gesagt, aufgearbeitet werden.
Den Verein habe ich gerade ausgenommen. Denn da muss etwas bei der Überprüfung des Ordnungsdienstes passieren. Es hilft allen, wenn die Vereinsführung da genauer hinschaut. Denn es gibt immer wieder Vorfälle mit Mitgliedern der rechten Szene in
Dortmund. Die haben beim Fußball nichts zu suchen – und nicht nur da natürlich nicht.
Meine Damen und Herren, am Sonntag kommt es in Mönchengladbach zum ersten Auswärtsspiel von RB Leipzig nach den Geschehnissen in Dortmund. Aus der Mönchengladbacher Fanszene kommt nun der Aufruf zu friedlichen Protesten gegen den RB Leipzig, die man sich nach den Vorfällen in Dortmund natürlich nicht verbieten lassen will.
Ich zitiere kurz aus einer Ankündigung aus der Fanszene:
„Für die Gäste ist es das erste Auswärtsspiel nach dem Gewaltexzess in Dortmund – für uns noch lange kein Grund, unsere Kritik ruhen zu lassen. Denn eine kritische Auseinandersetzung mit RB ist gefragter denn je.“
Das ist der richtige Weg, und ich bin auf das Wochenende gespannt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Noch einmal müssen wir uns heute mit einem Antrag der CDU beschäftigen, in dem ein vorgeblich bestehender Zustand mit mehr Repression verbessert werden soll. Wieder geht es nur um Eskalation, um die Stimmung gefährlich anzuheizen. Ich habe wiederholt gesagt: Es werden andere sein, die von dieser Eskalationspolitik profitieren, Sie nicht.
Es gibt zweifelsohne eine unschöne Entwicklung. Kommunalpolitiker, Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und ganz besonders auch Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe werden bedroht. Die letzte Gruppe wird in dem Antrag der CDU bezeichnenderweise überhaupt nicht erwähnt. Dabei finden hier die meisten Angriffe statt.
Laut einem Bericht des Innenministers vom November letzten Jahres – im Übrigen aufgrund eines Antrags der FDP-Fraktion, deswegen müssten Sie eigentlich wissen, wie gering die Zahlen sind, Herr Lürbke – gab es 115 Straftaten in NRW, davon 79, also fast zwei Drittel, gegen Amts- und Mandatsträger mit Bezug zur Zuwanderungsthematik. Da bleibt
nur noch eine zweistellige Anzahl übrig. Das ist nicht ausreichend, um hier so zu skandalisieren. Aber wir wollen das Thema nicht bagatellisieren. Das tut niemand, auch wenn die CDU das schon von vornherein im Antrag unterstellt. Die tatsächlichen Fallzahlen sind, wie gesagt, sehr gering.
Jedoch sollten auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, wissen, dass der Kampf gegen die unerwünschten Entwicklungen bei der Bekämpfung der Ursachen beginnen muss. Stattdessen benennen Sie hier aber mit den Angriffen gegen Beamte nur die Symptome. Ihre einzige Antwort ist, diese Symptome bekämpfen zu wollen. Das Wort „Ursachenforschung“ fehlt in Ihrem Wortschatz vollständig. Sie bleiben stattdessen bei der Methode, immer noch eine Eskalationsstufe höherzugehen. Bei der Symptombekämpfung bleibt auch die SPD stehen, wie der Kollege Dahm eben bedauerlicherweise klargemacht hat.
Mehr Überwachung, mehr Repression! Man muss befürchten, dass die nächste Forderung ist – Herr Kollege Lürbke hat es schon in Aussicht gestellt –, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ämtern mit Tasern auszustatten.
Meine Damen und Herren, die Ursachen sind äußerst vielschichtig und liegen zu einem großen Teil in der Art begründet, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt. So stieg die Armutsquote in Nordrhein-Westfalen laut aktuellem Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes von 17,1 auf 17,5 %. Aus Studien wissen wir, dass Armut und Hartz-IV-Bezug – auch psychisch – krank machen.
Wem keine Perspektive mehr geboten wird, der verzweifelt und wird unter Umständen auch Verzweiflungstaten begehen. Das Fatale an der Gewalt ist, dass sie Gegengewalt erzeugt. So schaukeln sich die Gewaltbereitschaft und die Aggressivität hoch, leider oft auch von den Medien befeuert. Die Spaltung der Gesellschaft wird so weiter vorangetrieben.
Bei immer neuen und verschärften Sicherheitsmaßnahmen bekommt man allmählich den Eindruck, dass sich der Staat vor seinen Bürgern schützen will. Alles und jeder soll präventiv überwacht und kontrolliert werden. Es wird eine Bedrohungslage skizziert, die mit der Realität kaum etwas zu tun hat. Damit wird zusätzlich noch Angst geschürt.
In ihrem Antrag spricht die CDU daher auch von einer subjektiven Bedrohungslage. Damit ist auch die Union im postfaktischen Zeitalter angekommen. Tatsachen zählen nicht mehr, sondern nur noch die gefühlte Bedrohung. Aber das ist ein äußerst gefährliches Spiel; denn das führt direkt zu den Rechtspopulisten.
Damit das klar ist: Auch wir meinen natürlich, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst müssen unterstützt werden; denn sie können nichts
für die Situation. Sie sind letztlich diejenigen, die den Menschen das Ergebnis schlechter Politik präsentieren müssen. Wenn den Menschen Leistungen gekürzt werden und Anträge negativ beschieden werden, müssen diese Kolleginnen und Kollegen es ausbaden. Die Vorlagen dafür erhalten Sie aber aus der Politik. Daher sind auch unterstützende Maßnahmen wie Deeskalationstrainings leider nötig.
Um aber die Ursachen zu bekämpfen, müssen wir gesellschafts- und sozialpolitisch ansetzen. Die sich weiter öffnende soziale Schere ist da nur ein Beispiel. In der zunehmend automatisierten und globalisierten Welt wird es immer schwieriger werden, sich durch Lohnarbeit das Auskommen zu sichern. Deswegen müssen wir dringend über ein bedingungsloses Grundeinkommen sprechen.
Meine Damen und Herren, wir müssen Respekt gegenüber den Menschen nicht einfordern, sondern ihnen Respekt entgegenbringen. Zu all dem liefert der CDU-Antrag rein gar nichts. Er ist deshalb natürlich abzulehnen.
Zum Entschließungsantrag der rot-grünen Koalition bleibt zu sagen, dass darin einiges Richtige in Bezug auf die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter steht. Aber um Ursachen kümmert auch er sich nicht. Da Sie das Zweiklassenstrafrecht auch noch auf weitere Berufsgruppen ausdehnen wollen, bleibt auch hier nur die Ablehnung.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit einem Zitat von Oliver Malchow, dem GdP-Bundesvorsitzenden, schließen. Er sagt zur Gewalt gegen Polizisten, sie sei Ausdruck der Frustration der Menschen gegenüber dem Staat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und der SPD, und Sie wollen den Staat noch weiter vor den Menschen abschotten? Sie sollten noch einmal darüber nachdenken, ob das richtig sein kann. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause! Die wichtigsten Anträge kommen immer zum Schluss. Ich hoffe, es kommen im Laufe der Debatte noch ein paar Kolleginnen und Kollegen dazu.
Auch wenn im Titel unseres Antrags das Wort „Videoüberwachung“ steckt, ist das nicht im technischen Sinne Thema des Antrags. Außerdem haben wir über Sinn und Unsinn der Videoüberwachung und des Einsatzes der Videoüberwachung für die Schaffung von irgendeiner Art von Sicherheit aufgrund von mehreren Anträgen ja schon ausgiebig gesprochen. Zumindest die Sachverständigen waren sich immer einig, dass Videoüberwachung Geld- und Ressourcenverschwendung ist und für die Schaffung von Sicherheit nichts taugt. Aber dass Sie alle Fakten gut ignorieren können, das haben wir Piraten nicht nur bei der Diskussion zur Videoüberwachung hier immer wieder erleben müssen.
Worauf ich eigentlich zu sprechen kommen möchte, ist das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz der Bundesregierung – ich habe das nicht so getauft –, welches demnächst in zweiter Lesung im Bundestag besprochen und beschlossen wird. Wer jetzt glaubt, hier wird Videoüberwachung verbessert, der irrt sich, und zwar gewaltig. Tatsächlich wird hier die massivste Ausweitung der Videoüberwachung gesetzlich festgeschrieben, die es jemals in Deutschland gegeben hat.
Offensichtlich ist das aber nicht; denn das Einzige, was in dem Gesetz steht, ist, dass dem § 6b des Bundesdatenschutzgesetzes, der die Videoüberwachung durch Private im öffentlichen Raum bisher regelt, ein neuer Satz 2 hinzugefügt wird. Dieser Satz 2 sagt, einfach ausgedrückt, Folgendes aus: Flächendeckende Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist wichtig für den Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit der dort aufhältigen Personen. – Tolle Sache, oder? Videoüberwachung im öffentlichen Raum wird also mit diesem Gesetz als wichtig für den Schutz von Leben, Gesundheit und Freiheit definiert.
Videoüberwachung für den Schutz von Freiheit ist allerdings ein kleines Paradoxon, wie ich finde. Aber ich habe das Gesetz ja nicht gemacht.
Jetzt mag man sich denken, das ist ja völliger Quatsch, Videoüberwachung einfach per Gesetz als wichtig zu definieren, und das tut ja auch nicht weh. Aber da unterschätzt man den Bundesgesetzgeber ganz gewaltig; denn bisher sind die Datenschutzbeauftragten der Länder jeweils zuständig für die Einhaltung der Auflagen beim Einsatz von Videoüberwachung durch Private. Dabei haben sie entsprechend den gesetzlichen Regelungen immer zwischen dem Recht auf Freiheit und Privatheit des Einzelnen und den Schutzinteressen der Bevölkerung insgesamt abwägen müssen. Das ging aufgrund der Unwirksamkeit der Videoüberwachung oft gegen die Videoüberwachung aus. Der Effekt der neuen Definition ist nun, dass diese Abwägung immer in Richtung des Einsatzes von Videoüberwachung ausgehen wird, da diese im Gesetz ja als wichtig definiert ist.
Besonders perfide in der Gesetzesbegründung ist zudem, dass genau dieser Abwägungsprozess der Landesdatenschutzbeauftragten als zu restriktiv angesehen wurde und der Bund dem deshalb einen Riegel vorschiebt. Das heißt, den Landesdatenschutzbeauftragten wird vorgeworfen, dass sie ihre Arbeit nach Recht und Gesetz machen. Eine unglaubliche Unverschämtheit, wie ich finde. Meiner Meinung nach wäre die Landesregierung allein dazu schon zu einer Stellungnahme verpflichtet – zum Schutz unserer Landesbehörde, die sich an das Gesetz und die Verfassung unseres Bundeslandes hält.
Übrigens eine wichtige Sache am Rande, die auch in keinster Weise klar und deutlich im Gesetz aufgeführt ist: Im Fachtext des Gesetzes wird jetzt von optisch-elektronischer Sicherheitstechnologie gesprochen. Das ist wesentlich mehr als Videoüberwachung und schließt die Softwaretools wie Verhaltenserkennung, Personenidentifizierung, Gesichtserkennung usw. mit ein – die feuchten Träume der Überwachungsfanatiker also. Guten Morgen, 1984! Das ist genau die Überwachungswelt, vor der wir Piraten immer gewarnt haben, einfach mal eben durch die Hintertür durch die Entmachtung der Landesdatenschutzbeauftragten.
Nun wird das neue Bundesdatenschutzgesetz in diesen Wochen beraten, und das noch gar nicht beschlossene Verbesserungsgesetz ist da schon eingearbeitet. Zurzeit werden die Stellungnahmen der Bundesländer zu diesem Gesetz erarbeitet, und damit spreche ich Sie direkt an, verehrte Vertreter der Landesregierung – es sind nur wenige da, aber Herr Jäger; danke. Wir Piraten erwarten, dass Sie sich in den nächsten Wochen massiv für eine umfassende Überarbeitung der Regeln für die Videoüberwachung einsetzen und dabei insbesondere das Recht des Einzelnen auf seine individuelle Freiheit über ein
dumpfes Sicherheitsgefühl einer schweigenden Mehrheit stellen. Wir werden Sie dabei beobachten.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag! – Danke.
Vielen Dank, Herr Kollege Bolte, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Können Sie nachvollziehen, dass wir ein Problem damit haben, dass im neuen Bundesdatenschutzgesetz nichts von den bisherigen Regelungen zur Videoüberwachung wiederzufinden ist? Sie haben ja gerade auch Probleme beim Videoüberwachungsverbesserungsgesetz entdeckt. Es wird einfach das Endergebnis dieses Videoüberwachungsverbesserungsgesetzes als neuer Tatbestand festgestellt, das heißt, die Wichtigkeit. Das ist das Neue im Gesetzgebungsverfahren. Nichts von der Vorgeschichte ist mehr enthalten. Können Sie nachvollziehen, dass wir damit ein Problem haben?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Aus der Debatte habe ich bisher mitgenommen, dass es keinen 100%igen Schutz vor Terror gibt. Das ist richtig. Das wird auch so bleiben, denn Sie können den Menschen nicht in die Köpfe gucken.
Aber bitte keine alternativen Fakten hier im Fall Anis Amri! Die Landesregierung hat eben nicht alles getan, um eine Gefahr von den Menschen hier im Land abzuwenden oder abzuwehren. Es wurde nicht alles getan. Im Gegenteil, vieles wurde nicht getan. Diese Landesregierung hat es zugelassen, dass sich eine Person mit 14 Identitäten in ganz Deutschland bewegen kann.
Ob oder wann er als Gefährder angesehen wurde, ist für mich unerheblich. Fakt ist: Ausländerrechtlich haben wir ein abgestuftes System, das ein solches Handeln sanktioniert. Das wurde nicht genutzt. Amri musste den Eindruck bekommen, er könnte hier in Deutschland tun und lassen, was er wollte.
Da muss ich mich fragen: Sollen so Terroristen hier herangezogen werden? Unsere Devise war immer und ist immer: Früher eingreifen, Taten verhindern; verhindern, dass sich jemand zum Terroristen entwickelt, verhindern, dass sich Terroristen frei bewegen können. Das sind die Aufgaben, die auch ein Innenminister hier im Land zu erfüllen hat.
Das tut er aber nicht bzw. er ist besonders gut, wenn er andere kritisieren kann. Ich zitiere einmal vom 22.03.2016: „Terror in Brüssel – Jäger kritisiert belgische Behörden“ Zitat: „Und man hätte möglicherweise eher eingreifen müssen.“ – Ich frage mich: Warum haben Sie es nicht getan? Warum haben Sie es hier zu Hause nicht gemacht?
Weiterhin wurde nicht gehandelt, als Amri mit dem abgelehnten Asylgesuch ab dem 30. Juni 2016 vollziehbar ausreisepflichtig war. Der Anschlag ist am 19. Dezember passiert. Dazwischen liegt viel Zeit.
Nein, ich meine jetzt nicht wegsperren – das wird CDU und Sachverständige interessieren –, sondern: auf ihn zugehen mit Meldeauflagen, so wie es das Gesetz für solche Fälle vorsieht. Da muss nichts geändert werden. Es ist alles da. Es muss nur angewendet werden.
Argumente gibt es genug: Urkundenfälschung mit zwei Pässen, vielfache Verstöße gegen das Ausländerrecht und Aufenthaltsrecht. Sechs Monate Zeit war da. Nichts ist passiert. Wie wir schon im Innenausschuss hören mussten, sollte Amri in Sicherheit gewogen werden. Das war falsch, Herr Minister. Wir – die Bevölkerung – müssen in Sicherheit leben können.
Jetzt komme ich zu Ihren Vorschlägen für die Zukunft in Ihrem Entschließungsantrag, liebe Kollegen von Rot-Grün, die ich allesamt für untauglich und populistisch halte oder aber die es schon längst geben sollte beziehungsweise die es längst gibt: mehr europäische Vernetzung. Auch die Ministerpräsidentin hat es heute Morgen angemerkt. Aber die gibt es schon längst,
zum Beispiel das Schengen Information System. Es ist eine Kleinigkeit, aber Italien hat im Juni 2015 einen Eintrag vorgenommen, dass Amri die Einreise in andere Schengen-Staaten zu verweigern ist. Jetzt kann man natürlich sagen: Er war ja schon hier, also brauchten wir das nicht mehr. – Fakt ist aber, dass niemand dort hineingeschaut hat.
Dies hätte als eines von vielen weiteren Argumenten – ich habe eben schon die Urkundenfälschung erwähnt – verwendet werden können, um Meldeauflagen zu verhängen, möglicherweise auch, um eine Abschiebehaft zu begründen. Die Forderung nach Vernetzung ist sowieso ein hilfloser Versuch, denn wir wissen doch alle: Alle Informationen lagen vor. – Wenn man innerhalb einer Behörde der gleichen Person zweimal eine BüMA ausstellt, eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender, dann scheint in der Behörde das Chaos zu herrschen. Es handelt sich um die Bezirksregierung Arnsberg, und das liegt in der Verantwortung des Herrn Innenministers.
Da scheint es drunter und drüber zu gehen. Dass es passieren konnte, ist das eine. Dass nicht aufgeklärt und nicht gehandelt wurde, ist das andere. Ich habe eben schon gesagt: In Bezug auf die verschiedenen Identitäten wurde nichts unternommen.
Richtig wütend macht mich aber, dass Sie in dem Antrag schreiben, es käme bald „ein ganzheitliches Handlungskonzept gegen den gewaltbereiten verfassungsfeindlichen Salafismus“; Kollegin Schäffer hat auch darauf hingewiesen. Der Landtag hat die Landesregierung bereits vor fast zwei Jahren, nämlich im März 2015, damit beauftragt, genau ein solches Konzept vorzulegen. Die Landesregierung hat dies bis heute nicht getan. Weil es schon so lange dringend notwendig ist, haben wir im Juli 2016 einen Antrag dazu eingebracht, um an die erforderliche Prävention, die Vorsorge, zu erinnern.
Im November 2016 haben wir eine Anhörung mit Sachverständigen aus der Gewaltforschung durchgeführt. Der Tenor war: Ja, so etwas brauchen wir. Wir müssen auf die Leute zugehen, wir müssen uns frühzeitig mit ihnen beschäftigen. – In der letzten Woche haben wir im Innenausschuss abschließend über diese Anhörung und unseren Antrag gesprochen. Oh Wunder, er wurde natürlich abgelehnt, und zwar mit der Begründung, das alles gäbe es schon. – Was denn nun, liebe Kollegin Schäffer? Gibt es das, oder gibt es das nicht? Warum schreiben Sie das erneut in Ihren Antrag, und warum hat die Landesregierung bis heute nicht gehandelt?
Sie vernebeln nur. Es geht darum, keine Verantwortung zu übernehmen.
Herr Minister, Sie nannten den Entschließungsantrag eben den einzig sachlichen Beitrag in der Debatte. Ich finde, dass der Antrag Ihr Offenbarungseid in der Sicherheitspolitik ist. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Vielen Dank für die Erteilung des Wortes. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Zuallererst möchte ich natürlich sagen, dass auch wir Piraten den Einsatzkräften, die am Silvesterabend einen guten Dienst gemacht haben, selbstverständlich unseren herzlichen Dank aussprechen.
Dazu gehören die zahlreichen Polizistinnen und Polizisten, die diesen anstrengenden Job gut verrichtet
haben, aber auch die Rettungskräfte, die Feuerwehren, die vielen Pflegekräfte, die ebenfalls an Silvester ihren nicht minder schweren Dienst in den Krankenhäusern und Pflegeheimen ableisten, sowie alle anderen, die ihren Dienst für die Allgemeinheit ausüben, wenn die meisten anderen Menschen feiern. Ein solcher Dank ist selbstverständlich.
Die Tatsache, dass uns nun zwei Anträge vorliegen, deren Dank sich speziell an die Polizei in Köln richtet, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass es offenkundig doch Vorgänge gibt, bei denen sich in den letzten Wochen Widersprüche aufgetan haben, die bis jetzt nicht richtig aufgeklärt sind.
Als Erstes wäre der Umstand zu nennen, dass bis heute nicht restlos geklärt ist, wie es zu dem Tweet der Polizei Köln mit einer diskriminierenden Bezeichnung für eine Gruppe von Menschen kam; Frau Schäffer hat eben darauf hingewiesen. Für die Polizei hat sich Polizeipräsident Mathies dafür entschuldigt. Das begrüßen wir und hoffen, dass die entsprechenden Vorkehrungen getroffen wurden, dass Ähnliches nicht wieder passieren kann.
Viel schwerwiegender ist jedoch der Umstand, dass nach diversen Presse- und Augenzeugenberichten Menschen rein nach deren Aussehen am Hauptbahnhof Köln aussortiert und dann bis nach Mitternacht ohne weitere Maßnahmen in einem Polizeikessel festgehalten wurden. Zunächst war die Rede davon, dass diese Menschen aufgrund einer aggressiven Grundstimmung festgehalten worden seien. Das klingt jetzt nur vordergründig nachvollziehbar; denn es ist nicht geklärt worden, woran eine aggressive Grundstimmung erkannt wird oder wie sich diese äußert. Im Ausschuss haben wir darüber gesprochen, und dort war die Rede davon, dass sie betrunken oder alkoholisiert waren.
Die Lageabschlussmeldung der Polizei in Köln sagt dann auch etwas ganz anderes – ich zitiere –:
„Ab 22:00 Uhr befanden sich in und um den Kölner Hbf bis zu ca. 1.000 Personen mit nordafrikanischem Hintergrund. Alle Personen, die dem nordafrikanischen Spektrum zugeordnet werden konnten, wurden außerhalb des Hbf im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten einer Identitätsfeststellung unterzogen.“
Also wurden ausdrücklich alle Personen – nicht nur die mit einer sogenannten aggressiven Grundstimmung –, die dem nordafrikanischen Spektrum zugeordnet werden konnten, festgehalten.
Die Frage ist nun, wie diese Zuordnung geschah. Hier zitiert „SPIEGEL ONLINE“ einen Polizeisprecher mit den Worten: „Wie ein Nordafrikaner grund
sätzlich aussieht, das weiß man.“ Also lässt sich festhalten, wenn man nach der Lageabschlussmeldung geht, dass die Polizei allein das Aussehen und eine danach beurteilte Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Menschen zum Anlass genommen hat, diese gesondert festzuhalten. Genau das ist Racial Profiling, meine Damen und Herren.
Genau hier stellt sich heraus, dass dieses Kriterium – das Aussortieren, Festhalten und Kontrollieren von Menschen nach deren Aussehen – vollkommen untauglich ist. Ich zitiere einen Bericht der „tageszeitung“ vom 13. Januar:
„Von den 674 Personen, deren Identität die Kölner Polizei feststellte, wurden nur 17 als Marokkaner und 13 als Algerier eingestuft.“
Ansonsten waren unter den Kontrollierten Iraker, Afghanen, Syrer. Ja, es befanden sich auch 46 Deutsche darunter. Es waren also mehr Deutsche als Nordafrikaner.
Das ist vorläufig.
Diese Bilanz ist der beste Beweis dafür, dass ein Aussortieren von Menschen nach vermeintlicher ethnischer oder nationaler Zugehörigkeit nicht nur diskriminierend, sondern auch ein völlig untaugliches polizeiliches Mittel ist.
Weiterhin bleibt unklar, wieso ein großer Teil der festgehaltenen Menschen nicht kontrolliert, sondern bis nach Mitternacht einfach nur festgehalten wurde. Das ist ein weiterer Umstand, den es auf jeden Fall aufzuklären gilt.
Der Antrag von SPD und Grünen bedankt sich nun dafür, dass ein friedliches und unbeschwertes Feiern ermöglicht wurde; Kollege Möbius hat das eben auch hervorgehoben. Das ist, wie ich soeben auszuführen versuchte, nicht ganz richtig; denn die 1.000 Menschen, die bis nach Mitternacht in einem Polizeikessel festgehalten wurden, konnten eben nicht unbeschwert und friedlich feiern.
Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht anfangen, für bestimmte Gruppen Ausnahmen von Grundrechten zu akzeptieren. Wenn so etwas geschieht, ist dies eine Gefahr, die man nicht nur thematisieren darf, sondern die man thematisieren muss, und dies, ohne dass daraus ein Angriff auf die jeweiligen Beschäftigten konstruiert wird.
Ich erwarte, dass die Vorgänge der letzten Silvesternacht in der Aus- und Weiterbildung der Polizei angesprochen werden, und ich erwarte auf jeden Fall, dass wir uns im Innenausschuss nochmals mit dem Thema befassen. Die beiden Anträge braucht es
dazu nicht. Man könnte sogar sagen, dass sie kontraproduktiv sind; denn sie versuchen, mit Dankbarkeit ein Problem zu überdecken, und das ist nicht gut. Deswegen empfehle ich meiner Fraktion, beide Anträge abzulehnen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause! Muss ich hier wirklich erklären, was Vorratsdatenspeicherung ist? Ich denke nicht. Für alle, die es noch nicht wissen, mache ich eine Kurzfassung: Das ist die Aufzeichnung und Speicherung, wer wann von wo wie lange mit wem spricht – und zwar von allen, nicht nur von Gefährdern und Terroristen, sondern tatsächlich von allen. Dass wir Piraten das nicht wollen, das wissen Sie.
Heute Morgen hatte ich ein Déjà-vu, als ich hörte, dass in Berlin gerade das Kabinett umgebaut wird und plötzlich wieder der Name Brigitte Zypries auf der Seite der Ministerinnen und Minister steht – eben jene Brigitte Zypries, die als Justizministerin im Herbst 2005 nach Brüssel gefahren ist und dort im Europarat die Zustimmung der Bundesregierung zur Europäischen Richtlinie zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung überbracht hat – und das entgegen einem Beschluss des 15. Deutschen Bundestages, der nämlich eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung ausdrücklich abgelehnt hatte.
Der 16. Deutsche Bundestag konstituierte sich zu diesem Zeitpunkt gerade, und so blieb das Handeln wider besseres Wissen der Bundesregierung damals weitgehend relativ folgenlos. Die GroKo hatte die Macht, und die kleinen Oppositionsparteien hat niemand mehr gehört.
Und eben diese Brigitte Zypries soll jetzt mal eben Wirtschaftsministerin werden?! Ich weiß schon, warum ich dieses durch und durch verkrustete System nicht so gern mag. Mich haben dieses Verfahren und dieses Umgehen und Ignorieren der Entscheidung der Volksvertreter im Bundestag und der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung damals dazu gebracht, mich zu engagieren. Die Mehrheit war damals gegen die Vorratsdatenspeicherung. Dann hat sich der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung gebildet, an dem ich beteiligt war, und dann ging es bei den Piraten weiter.
Der Rest zum Verlauf der Vorratsdatenspeicherung in Europa ist Geschichte. Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ist in Kraft getreten. Wie ge
sagt, mitentscheidend war das Zutun von Frau Ministerin Zypries. Die deutsche Umsetzung der Richtlinie wurde stur durch das Parlament gepeitscht. Dagegen wurde unter anderem vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung geklagt, auch ich war dabei. Das Bundesverfassungsgericht erließ eine einstweilige Anordnung, die Daten nicht zu nutzen, und erklärte schließlich im Jahr 2010 das Gesetz für verfassungswidrig und nichtig.
Der Europäische Gerichtshof erklärte schließlich in 2014 die gesamte Richtlinie von damals für ungültig, da sie nicht mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar ist. Das ist bis heute der Stand.
Es gab aber auch in anderen EU-Ländern Gesetze auf Basis dieser Richtlinie. Einige Länder haben ihre Gesetze selbst zurückgenommen, zum Beispiel Bulgarien. Bei anderen musste noch einmal der EuGH nachhelfen, bei Großbritannien und Schweden zum Beispiel. Das hat er am 21. Dezember 2016 getan und geurteilt: Eine anlasslose und flächendeckende Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten – kurz: die Vorratsdatenspeicherung – ist mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union unvereinbar, und zwar auch, wenn nationale Parlamente das Ganze so verabschiedet haben.
Damit wäre eigentlich alles gesagt. Nur, die Bundesregierung hat es schon vorher nicht interessiert, wie Gerichte urteilen, und sie hat ein neues Gesetz zur anlasslosen Speicherung von Telekommunikationsdaten auf den Weg gebracht, einschließlich der Zustimmung des Bundesrates mit besonders viel Einsatz unserer Ministerpräsidentin Frau Kraft, wie sich vielleicht der eine oder die andere erinnern mag.
Auch gegen dieses Gesetz ist eine Klage in Karlsruhe anhängig. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom Dezember letzten Jahres ist die Feststellung der erneuten Nichtigkeit des deutschen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung eigentlich eine Formsache.
Es gibt aber aktuell ein Problem. Da das deutsche Gesetz noch gilt, sind die Internet- und Telefonprovider verpflichtet, die technischen Vorkehrungen für eine Umsetzung zur Speicherung zu treffen. Hierzu ist eine Frist dazu bis zum 1. Juli dieses Jahres gesetzt. Für gesetzestreue Unternehmen ist das nicht viel Zeit, vor allem wenn es um ein Investitionsvolumen von insgesamt ca. 600 Millionen € geht.
Ein solches Verfahren, eine solche Vergabe – das hat einen Vorlauf, und deswegen gibt es unter den Unternehmen große Aufregung. Vom eco-Verband und auch von anderen wird ein Moratorium für die Umsetzung gefordert, aber Berlin stellt sich bisher stur.
Gerade für NRW wäre es aber ein großer Schaden, wenn hier ansässige Unternehmen – und das sind
immerhin die größten der Branche – mehrere Hundert Millionen Euro als Verlust abschreiben müssten. Es gibt für die Unternehmen nämlich keine Kompensation für die Fehlinvestition. Wenn das Verfassungsgericht in einigen Wochen oder Monaten das deutsche Gesetz für nichtig erklären wird, dann muss abgeschrieben werden. Ich denke, dass dies angesichts der fehlenden Einnahmen für den Haushalt schon eine spürbare Größenordnung wäre.
Es wären aber auch andere Gruppen betroffen: kleine Vereine, die von Ehrenamtlichen getragen werden, wie beispielsweise die Freifunker. Diese Vereine werden schließlich auch vom Landtag und seitens der Landesregierung begrüßt und gefördert.
Ich weiß, ich komme zum Schluss.
Auch diese müssen sich auf die Umsetzung einrichten und je nachdem, wann das Verfassungsgericht urteilt, ihre Arbeit einstellen. Die Verunsicherung ist schon jetzt groß. Deshalb unterstützen Sie unseren Antrag und setzen Sie sich für das Umsetzungsmoratorium ein!
Weder die Wirtschaft noch die Freifunkinitiativen im Land sollten wegen unsinniger Bundesgesetze zu Schaden kommen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden vorhandene und fest definierte Rechte des Kreistages ersatzlos abgeschafft. Der Kreisausschuss, eines von drei Organen der bisherigen Kreisordnung, verschwindet einfach. Mit der Einführung von Wahlbeamten, den Beigeordneten, werden bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden Folgekosten in Millionenhöhe erzeugt. Schließlich zahlen diese durch die erhöhten Umlagen die Mehrkosten, die den Kreisen durch die Beigeordneten entstehen.
Warum eine Anpassung der Kreisordnung Nordrhein-Westfalen an die Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen notwendig oder sachlich geboten sei, haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, bisher nicht schlüssig darlegen können. Auch Ihre Ausführungen eben, Herr Dahm, haben nichts dazu beigetragen, warum da eine Notwendigkeit besteht. Zur Begründung wurde an anderer Stelle immer wieder auf Ihren Koalitionsvertrag
verwiesen. Damit läge zwar nahe, auf einen Nutzen des Gesetzes für Personen aus dem Dunstkreis der Koalitionspartner zu schließen. Das würde ich aber natürlich niemandem unterstellen wollen.
Apropos Koalitionsvertrag: Da ist noch ein anderes Gesetz vereinbart, ein Transparenzgesetz. Bekommen wir das hier im Parlament auch noch in einem Hauruckverfahren vorgelegt wie das hier? Ich hoffe nicht. Denn wenn es genauso gemacht wäre wie dieses Gesetz zur Änderung der Kreisordnung, dann verzichten wir lieber darauf.
In der Anhörung zu diesem Gesetz zur Änderung der Kreisordnung – das wurde schon mehrfach gesagt – haben die unabhängigen Sachverständigen Ihren Entwurf jedenfalls in der Luft zerrissen. Bedenken gab es auch aus den Landkreisen, den kreisangehörigen Kommunen sowie von den kommunalen Spitzenverbänden. Der Tenor war, dass es sich hier um ein rein politisch motiviertes Gesetz handelt. Das wird auch dadurch deutlich, dass die andere, im kommunalen Bereich noch große Fraktion das Gesetz ablehnt. Frau Thönnissen hat es hier eben bestätigt.
Liebe Kollegen von Rot-Grün, noch vor Inkrafttreten mussten Sie zurückrudern, um die absehbaren Konflikte zwischen einer Eilzuständigkeit des Kreistages mit übertragenen Pflichtaufgaben, welche sich aus § 2 der Kreisordnung ergeben, zu vermeiden, und haben einen Änderungsantrag stellen müssen. Das ist peinlich, denke ich.
Die Nachteile einer zusätzlichen Befassung des Kreistages durch das Rückholrecht und damit erwartete Ausweitungen von Genehmigungsverfahren werden hier nicht nur aus unserer Sicht vernachlässigt und dürften den Wirtschaftsstandort NordrheinWestfalen zusätzlich belasten.
Das wesentliche Element der hier mit aller Macht vorangetriebenen Änderungen dürften aber ohnehin die Bestrebungen zur kostenintensiven Schaffung von Stellen für Wahlbeamte sein. Mich lassen die „positiven Anmerkungen“ von Herrn Nückel eben doch aufhorchen, was da vielleicht erwartet wird.
Die Kosten für die Ausschreibungen, Anzeigenschaltungen, Einarbeitungszeiten und Übergabezeiten bei Wechseln bis hin zu den Kosten für Pensionen werden über die Kreisumlage natürlich die kreisangehörigen Kommunen belasten, ohne dass seitens des Landes für eine entsprechende Kostendeckung gesorgt wäre. Das ist Politik zulasten der Kommunen, und zwar ohne dass damit ein bestehendes Problem gelöst würde. Stattdessen werden neue Probleme geschaffen. Damit ist es ein schlechtes Gesetz und schlechte Politik.
Meine Damen und Herren, wir haben einen Änderungsantrag eingebracht, der durch eine Änderung des Titels des Gesetzes klarstellen soll, welcher Effekt in der Praxis zu erwarten ist: Mehrheiten werden
gestärkt. Nun ist das im Grunde genommen nichts Schlechtes; denn Mehrheiten entscheiden im demokratischen System, ganz klar.
Aber zu einer Stärkung demokratischer Prozesse auf Kreisebene gehört vor allem eine Stärkung von Minderheiten! Davon findet sich aber überhaupt gar nichts im Gesetz. Weder die Rechte der einzelnen Kreistagsabgeordneten noch die der Gruppen oder der kleinen Fraktionen werden gestärkt. Man könnte sich auch ein Einzelantragsrecht oder Beteiligungsrechte von Gruppen in dem neuen Hauptausschuss vorstellen. Aber all das findet im vorliegenden Entwurf keinen Eingang.
So bleibt das wesentliche Element dieses Gesetzentwurfs, über die Wahlmöglichkeit zur Einführung von Beigeordneten-Stellen in großem Stil Pöstchen zu kreieren, für deren Kosten die Kommunen die Zeche zahlen. Den Gesetzentwurf lehnen wir daher in der vorliegenden Form ab. Zu unserem Änderungsantrag empfehlen wir natürlich die Zustimmung. Denn das würde das Anliegen des Gesetzes klarer und wahrer machen. – Danke für die Aufmerksamkeit.