Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserer heutigen Plenarsitzung; es ist übrigens die 50. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen, also das erste kleine Jubiläum, das wir in dieser Legislaturperiode zwar nicht feiern, aber bemerken können. Mein Gruß gilt den Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich 14 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Wir haben heute ein „Geburtstagskind“: Herr Marc Lürbke von der Fraktion der FDP feiert heute seinen 37. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege!
Viel Gesundheit, Glück und Erfolg im neuen Lebensjahr! Sie haben Glück: Der Plenartag wird aller Voraussicht nach heute nicht so lange dauern, sodass Sie noch Gelegenheit haben werden, Ihren Geburtstag außerhalb des Hauses zu feiern.
Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 27. Januar 2014 gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu einer aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende Fraktion der FDP Herrn Kollegen Lindner das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Finanzminister hat in einem Interview mit der „WirtschaftsWoche“ gesagt, dass in den kommenden Jahren Steuererhöhungen schon unter den günstigen Bedingungen einer Normalkonjunktur kaum vermeidbar seien.
Wir haben hier im Landtag Nordrhein-Westfalen inzwischen eine gewisse Routine, was diese Debatten angeht. Ich will den Finanzminister für seine Aussage auch heute nicht kritisieren.
Denn Norbert Walter-Borjans spricht das aus, was alle ahnen: Der Großen Koalition im Bund wird das Geld ausgehen.
Er ist der Erste, der aus dem engeren Kreis der Finanzpolitiker von Union und SPD diese Tatsache ausspricht. Dagegen hat die Frau Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung am Mittwoch noch gesagt – ich zitiere –:
„Auch deshalb ist die Politik es den Menschen schuldig zu zeigen, dass wir mit dem auskommen, was wir einnehmen, und dass wir keine Steuern erhöhen oder neue einführen.“
Gratuliere, Herr Walter-Borjans! Sie sind der Union in der finanzpolitischen Ehrlichkeit einen Schritt voraus.
Das ist bemerkenswert; denn bis 2017 wird ja der Gesamtstaat über 100 Milliarden € zusätzliche Einnahmen erzielen. Allein aufgrund der kalten Progression, also den automatischen Steuererhöhungen, die sich daraus ergeben, dass das Steuersystem nicht an die Preisentwicklung angepasst wird, wird der Staat nach den Zahlen von Wolfgang Schäuble 17,5 Milliarden € zusätzlich einnehmen, und zwar nicht Geld von den Millionären, sondern von Millionen Beschäftigten in Deutschland, die ihre Gehaltssteigerungen jetzt nicht selber bekommen, sondern die an die Finanzminister gehen.
Wir haben Rekordeinnahmen, wir haben künstlich niedrige Zinsen für Deutschland, wir haben ein robustes Wachstum, und wir haben einen Arbeitsmarkt in exzellenter Verfassung. Dennoch kommen der Bund und auch das Land Nordrhein-Westfalen mit dem Geld nicht aus. Das zeigt in meinen Augen eines, Herr Finanzminister: Die Finanzdecke ist nicht zu klein. Vielmehr sind die Wahlgeschenke der Großen Koalition zu groß für diese Finanzdecke. Das ist der Zusammenhang.
Schauen wir uns das im Einzelnen an: im Bund 23 Milliarden € Mehrausgaben bis 2017, 6 Milliarden € per annum alleine durch die rentenpolitischen Beschlüsse. Bis 2030 summiert sich das bekanntlich auf 160 Milliarden € Mehrausgaben. Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen muss: In den Händen von Norbert Blüm war die Rente sicherer als in den Händen von Andrea Nahles.
160 Milliarden € Mehrausgaben bis 2030! Und wie werden die finanziert? – Da sagt Herr Oppermann, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Deutschen Bundestag – ich zitiere ihn aus der „FAS“ vom vergangenen Sonntag –:
„Wir finanzieren sie zunächst aus den Rücklagen der Rentenversicherung und erhöhen später den Steuerzuschuss …“
Erst wird die Rentenkasse geplündert, und in der nächsten Legislaturperiode gibt es dann höhere Schulden oder höhere Steuern. Das ist die finanzpolitische Ehrlichkeit, insbesondere von CDU und CSU.
Wir haben aus dem Zitat von Norbert WalterBorjans eines gelernt: Wenn es eine Person in unserem Land gibt, auf die man sich in Sachen Steuererhöhungen verlassen kann, dann ist das Norbert Walter-Borjans.
Verehrter Herr Finanzminister, was im Bund eine realistische Einschätzung der neuen Lage nach der Regierungsbildung ist,
das ist mit Blick auf Nordrhein-Westfalen pures Eigeninteresse. Denn Ihnen kann der Steuerkuchen im Bund gar nicht groß genug sein, damit auch noch ein paar Krümel für Sie hier in NordrheinWestfalen vom Tisch abfallen, weil Sie nämlich Ihren eigenen Haushalt nicht im Griff haben. Deshalb fordern Sie Steuererhöhungen im Bund,
die ohne die Bildung der Großen Koalition nicht erforderlich gewesen wären. Und so wie Sie mit Blick auf den Bund ehrlich und realistisch sind, Herr Finanzminister, fordere ich Sie auf, das auch mit Blick auf den Landeshaushalt Nordrhein-Westfalen zu sein.
Sie haben bei der Einbringung des laufenden Haushalts 2014 gesagt – ich zitiere Sie aus dem September, unmittelbar nach der Bundestagswahl -:
„Wenn der Haushaltsausgleich allerdings nur und allein über die Senkung von Ausgaben erfolgen müsste, weil im Bund jetzt nicht die richtigen Weichen gestellt werden, wird es für viele zappenduster.“
In Ihren Augen sind zumindest nicht in dieser Legislaturperiode die richtigen Weichenstellungen vorgenommen worden. Es ist also zappenduster. Jetzt müssen Sie sich ehrlich machen, Herr Finanzminister. So wie Sie über die Finanzdecke von Bund und Gemeinden sprechen, so müssen Sie auch über die hier in Nordrhein-Westfalen sprechen.
Ohne Steuererhöhungen im Bund bekommen Sie den Haushalt nicht in den Griff, weil Sie nämlich schon im Jahre 2010 mit der Verteilung von Wahlgeschenken begonnen haben. Deshalb gelingt es Ihnen nicht, Ihren Etat zusammenzubinden.
Und die Ehrlichkeit, die Sie gegenüber dem Bund fordern, die erwarten wir jetzt auch von Ihnen, Herr Finanzminister. In Ihrem Haushaltsplan 2014 findet sich eine Position „globale Mehreinnahme“ in einer Größenordnung von 300 Millionen €.
Dabei handelt es sich nicht etwa um die regulären Steuereinnahmen – sie sind an anderer Stelle etatisiert –, sondern um eine globale Mehreinnahme. Jetzt erwarten wir von Ihnen, Herr Finanzminister, von den Damen und Herren der Regierungskoalition, die Antwort auf die Frage: Wo kommen diese 300 Millionen € her? Ich habe Sie das im Dezember gefragt, ich frage Sie das Ende Januar. Wir werden das regelmäßig wieder von Ihnen erfragen, weil das eine Frage der Transparenz und steuerpolitische Ehrlichkeit ist.
Wenn Sie über die Notwendigkeit von Steuererhöhungen sprechen und hier 300 Millionen € globale Mehreinnahme im Landeshaushalt haben,