Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn die Anzahl der Abgeordneten, die pünktlich im Plenarsaal sein können, noch recht überschaubar ist, möchte ich gerne mit unserer heutigen, der 130. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen, beginnen, zu der ich Sie hiermit begrüße. Mein Gruß gilt auch den Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich bisher – ich wage es kaum zu sagen – 28 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich gerne alle darauf aufmerksam machen, dass die Fraktion der FPD ihren Antrag „Wohnsitzauflage sofort und ohne Einschränkung umsetzen“ Drucksache
Dieser Antrag sollte heute ursprünglich unter Tagesordnungspunkt 7 behandelt werden. Da der Antrag zurückgenommen wurde, wird der bisherige Tagesordnungspunkt 8 nun zum neuen Tagesordnungspunkt 7. Auch das Ende der Plenarsitzung verschiebt sich entsprechend.
Neues Gutachten blickt mit Sorge auf die Wirtschaftslage in Nordrhein-Westfalen – Landesregierung muss nun handeln anstatt die Situation schönzureden!
Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 28. November 2016 gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu der als Erstes genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Die Fraktion der CDU hat mit Schreiben vom selben Datum ebenfalls gemäß § 95 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung zu der als Zweites genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner vonseiten der antragstellenden Fraktion der FDP hat Herr Kollege Bombis das Wort.
Die Kolleginnen und Kollegen, die anwesend sind, möchte ich noch einmal auf Folgendes aufmerksam machen: Je leerer der Plenarsaal ist, umso stärker hallen auch die leisen Gespräche. Wir haben also quasi den gegenläufigen Effekt. Wenn Sie nicht möchten, dass wir alle mithören können, was Sie mit Ihrem Nachbarn besprechen, sollten Sie das vielleicht vor der Tür tun.
Herr Bombis, Sie haben jetzt das Wort – und auch die Aufmerksamkeit der Kolleginnen und Kollegen, hoffe ich.
Vielen Dank. – Guten Morgen! Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Das Zitat „NRW ist in keiner guten Verfassung“ stammt nicht von mir, sondern aus der jüngsten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Es reiht sich leider in so viele Studien, Gutachten und Datenerhebungen der letzten Jahre ein, die Nordrhein-Westfalen auch in der Wirtschaft eine mangelnde Dynamik und eine schlechte Zukunftsperspektive bescheinigen.
Ebenfalls das Institut der deutschen Wirtschaft hatte bereits im Januar 2013 ein Gutachten zur wirtschaftlichen Lage Nordrhein-Westfalens vorgelegt und beschrieben, wie stark Nordrhein-Westfalen beim Wirtschaftswachstum anderen Bundesländern hinterherhinkt.
Wirtschaftsminister und Koalition erklärten damals, dennoch weiter bei ihrer sogenannten vorausschauenden Wirtschaftspolitik zu bleiben.
Im April 2016 haben die Konjunkturforscher der Länder bekannt gegeben, dass Nordrhein-Westfalen im Jahr 2015 mit Nullwachstum die rote Laterne als schlechtestes Bundesland übernommen hat. Die SPD-Fraktion hier im Landtag quittierte das wahlweise damit, es trotzdem noch als großartige Leistung zu bezeichnen – das ist ebenfalls ein Zitat –
Einige Tage später legte das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung eine Analyse vor. Die Gutachter sprachen von alarmierenden Befunden für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. – Der Wirtschaftsminister behauptete, man würde Nordrhein-Westfalen nur schlechtreden.
Jetzt, im November 2016, legt das IW Köln eine Studie im Auftrag der Unternehmerverbände NordrheinWestfalen vor und zeigt, dass Nordrhein-Westfalen im Deutschlandvergleich entweder schlecht dasteht – etwa bei dem Wachstum, der Verschuldung, dem Thema „Bildung“, der Arbeitslosigkeit, dem Engagement für Forschung und Entwicklung – oder bestenfalls im Mittelfeld liegt, zum Beispiel bei Gründungen oder beim Glasfaserausbau.
Der Wirtschaftsminister sah daraufhin Zerrbilder – Zitat –, die hier gezeichnet würden, um sich einen Tag später in einer vom „FOCUS“ veröffentlichten Studie die nächste Klatsche einzufangen.
Das nahm der Minister dann während der Haushaltsdebatte vor zwei Tagen zum Anlass, solche Studien doch eher als abgehobene Wissenschaft und als eine akademische Debatte zu deklarieren.
Herr Minister, diese Aufzählung zeigt die traurige Wahrheit: Die rot-grüne Landesregierung verschließt die Augen vor den Warnungen und den existierenden Nachweisen, dass unsere Wirtschaftsschwäche die Menschen in Nordrhein-Westfalen von erheblichem Wohlstand bereits heute ausschließt.
Sie selbst ist es, die ein kolossales Zerrbild zeichnet – mit der Behauptung, es würde hier eine vernünftige Wirtschaftspolitik beschrieben. Das Gegenteil ist der Fall.
Vor zwei Tagen haben Vertreter von SPD und Grünen der Opposition in der Debatte zum wiederholten Mal vorgeworfen, wir würden das Land nur schlechtreden.
Ich sage Ihnen deswegen jetzt noch einmal klipp und klar, damit Sie es sich ein für alle Mal merken: Nordrhein-Westfalen ist ein großartiges Land mit großartigen Menschen,
Trotzdem gehen zu viele Chancen an diesem Land vorbei. Trotzdem gehen zu viele Aufstiegsperspektiven an diesem Land vorbei. Trotzdem ist die Zukunft in diesem Land durch Ihre Wirtschaftspolitik gefährdet, meine Damen und Herren.
Herr Minister Duin, als ich vor zwei Tagen in der Haushaltsdebatte mit noch ungefähr einer Minute Redezeit in die zweite Runde gegangen bin, haben Sie gefordert, ich solle konkrete Beispiele nennen.
Ich habe Sie aufgefordert, sich endlich einmal im Kabinett durchzusetzen, endlich einmal im Kabinett die Interessen der nordrhein-westfälischen Wirtschaft wahrzunehmen.
Sie haben wieder gesagt, es fehlten Ihnen konkrete Beispiele. Nun, dann machen wir es konkret. Ich sage Ihnen ganz konkret: Wir brauchen eine bezahlbare und sichere Stromversorgung.
Deshalb dürfen wir die erneuerbaren Energien nicht weiter so stark übersubventionieren, dass konventionelle Energieerzeugung sich nicht mehr lohnt.
Aber was machen Sie? Sie stürzen die Menschen im Rheinischen Braunkohlerevier erst in große Sorge, indem Sie beschlossene Entscheidungen ohne Not infrage stellen. Dann sagen Sie, jetzt sei wenigstens Planungssicherheit vorhanden.
Und was passiert kurz danach? Was passiert mit Ihrer tollen Planungssicherheit? Der grüne Koalitionspartner sagt: Ein Kohleausstieg ist bis zum Jahr 2037 möglich. – Der Bundesparteitag der Grünen beschließt jedoch: Na ja, vielleicht ist der auch bis zum Jahr 2025 möglich.
Herr Minister, ich erwarte von Ihnen ganz konkret, dass Sie sich hier hinstellen und sagen: Mit der SPD in Nordrhein-Westfalen haben die Menschen im Rheinischen Revier eine verlässliche Perspektive bis 2045 – komme, was da wolle.
Bei dieser Gelegenheit können Sie dann auch direkt Ihre durchgrünte Bundesumweltministerin zurückpfeifen, die diese Haltung ebenfalls immer wieder konterkariert und die Menschen in weitere Unsicherheit stürzt.
Sie wollen ein weiteres konkretes Beispiel, ganz konkret zum Bürokratieabbau und zu Belastungen? Gerne, Herr Minister; ganz konkret! Wir konnten es gestern leider nicht debattieren. Aber ich sage es Ihnen hier so, wie ich es immer wieder gerne sage: Schaffen Sie das Tariftreue- und Vergabegesetz ab.