Protocol of the Session on May 11, 2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich heiße Sie alle ganz herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Gemeinsam erleben wir heute die 112. Sitzung. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich insgesamt zehn Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden wir in das Protokoll aufnehmen.

Heute dürfen wir gleich zwei Kolleginnen ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren: von der Fraktion der SPD Frau Eva Voigt-Küppers und von der Fraktion der CDU Frau Dr. Anette Bunse. Herzlichen Glückwunsch Ihnen beiden!

(Beifall von allen Fraktionen und der Regie- rungsbank)

Alles Gute, Gesundheit, Glück, ein schönes weiteres Lebensjahr und heute uns allen gemeinsam einen wunderbaren Plenartag, der hoffentlich nicht allzu lange dauert, damit Sie auch im Kreise Ihrer Familien noch etwas von Ihrem Geburtstag haben.

Mit den Glückwünschen treten wir ohne weitere Vorbemerkung in die heutige Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Luftverkehrsstandort Nordrhein-Westfalen

braucht verlässliche Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/11944

Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 9. Mai dieses Jahres gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktion der FDP Herrn Kollegen Rasche das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Mehrere Abgeordnete befinden sich noch nicht auf ihren Plätzen und unterhalten sich.)

Ich möchte nur ungern stören, aber ich glaube, wir beginnen jetzt mit der Debatte.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, wir haben in der letzten Plenarwoche ausgiebig über Null-Wirtschaftswachstum in Nordrhein-Westfalen diskutiert. Die rote Laterne, die Nordrhein-Westfalen im Ländervergleich begleitet, ist natürlich auch das Ergebnis der rot-grünen Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen. Genau deshalb hat Wirtschaftsminister Duin gestern ein 13-seitiges Papier „Neue industriepolitische Leitlinien der SPD“ vorgelegt – genau ein Jahr vor der Landtagswahl nach einer Regierungszeit von SPDWirtschaftsministern von sechs Jahren.

Eine Zeitung spricht von einem Feigenblatt. – Na ja, jede Zeitung soll sich ihr eigenes Bild machen. Aber in der konkreten Luftverkehrspolitik sieht es genauso bescheiden aus wie in der eigentlichen Wirtschaftspolitik dieses Landes, meine Damen und Herren.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Denn eine These bleibt auch in Nordrhein-Westfalen unbestritten: Wettbewerbs- und leistungsfähige Flughäfen in Nordrhein-Westfalen sind von größter Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen. Diese These gilt übrigens nicht nur für NRW, sondern auch für ganz Deutschland und ganz Europa. Wettbewerbsfähigkeit erlaubt auch Investitionen in Klima- und Lärmschutz, die ohne Wettbewerbsfähigkeit nicht möglich wären.

Der Wettbewerb im internationalen Luftverkehr hat sich erheblich verschärft: viel Konkurrenz im Nahen Osten, im arabischen Raum. Deshalb benötigen wir faire Wettbewerbsbedingungen. Im Bund gibt es einige einseitige ordnungspolitische Belastungen, die es zu regeln gilt; das ist nicht unsere Aufgabe.

In Nordrhein-Westfalen, meine Damen und Herren, geht es ganz einfach um politische Verlässlichkeit – ich sage es noch mal –, um politische Verlässlichkeit einer Koalition, getragen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Abgesprochene Verfahren werden nicht eingehalten, neue Abgaben werden gefordert, bestehende Genehmigungen werden bekämpft, und es fehlt an einer Planungssicherheit für die Betriebszeiten.

Der Beweis ist das grüne Positionspapier mit dem Titel „Flughafenpolitik in NRW nachhaltig gestalten“ mit folgenden Punkten:

Erstens. Es wird ein politisches Veto gegen die Kapazitätserweiterung in Düsseldorf eingelegt.

Dem steht eine Vereinbarung zwischen SPD und Grünen gegenüber, in der man sich darauf verständigt hat, das rechtsstaatliche Verfahren abzuwarten, bevor man diesen Sachverhalt politisch bewertet. – Es geht also um ein Foulspiel des grünen Koalitionspartners.

Zweitens. Die Kollegen der Grünen fordern eine zusätzliche Lärmabgabe.

Es gibt schon heute lärmabhängige Start- und Landegebühren. Bei dem Ziel, gerade in der Abendzeit Anreize für leise Maschinen zu schaffen, sind wir alle beisammen. Aber eine zusätzliche Lärmabgabe würde die Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Flughäfen nochmals reduzieren.

Drittens. Die rechtsgültige Betriebsgenehmigung des Flughafens Köln/Bonn bis 2030 wird von den Grünen infrage gestellt und bekämpft.

Verlässlichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist genau das Gegenteil.

Wir haben lange Diskussionen um Luftverkehrskonzeptionen in Nordrhein-Westfalen erlebt. Die gibt es seit den 80er-Jahren. Die letzte wurde im Jahre 2000 aufgestellt und in diesem Hohen Hause einstimmig beschlossen. In den Jahren 2009 und 2010 haben die Kolleginnen und Kollegen von Grünen und SPD immer wieder eine Fortschreibung gefordert. Seit dem Sommer 2010 regieren SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen. Trotz dieser ständigen Forderungen in den Jahren 2009 und 2010 ist nichts passiert. Es gibt keine neue Konzeption. Und das ist fatal.

Im Koalitionsvertrag 2010 haben Sie das noch versprochen. Sie wollten alle Bürgerinnen und Bürger bzw. alle Beteiligten mitnehmen, um ein neues Konzept 2020 aufzustellen. Wenn ich jetzt das Konzeptionspapier der Grünen lese, kann ich die Kollegen der SPD gut verstehen. Es ist verständlich, dass man da einfach nichts erreichen konnte. Das betrifft aber nicht nur die Vergangenheit, sondern leider auch die Zukunft.

Im Koalitionsvertrag 2012 haben Sie sich dann darauf verständigt, die Konzeption des Bundes abzuwarten. Beim Hafenkonzept haben Sie es genauso gemacht. Aber das Land Nordrhein-Westfalen bzw. seine Regierung muss die Interessen NordrheinWestfalens bestimmen und einfordern – und das konsequent. Da können wir uns nicht auf den Bund verlassen, der natürlich die Interessen aller 16 Bundesländer vertreten muss. Somit sind wir auch bei dem Vorschlag des Bundes heruntergefallen.

Es gibt zwei Primärflughäfen in Deutschland: Frankfurt und München. Nordrhein-Westfalen wird seitens des Bundes nachrangig betrachtet. Das ist aber kein Wunder, wenn Nordrhein-Westfalen seine Position nicht klipp und klar formuliert. Wenn es das nicht macht, ist so etwas die automatische Folge, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Neben diesem Papier der Kollegen der Grünen gibt es dann auch noch diese Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Koalitionspartner bzw. der SPD. Man kann das auch als Angriff bezeichnen. So haben es zumindest einige Medien getan. Man kann es als einen Angriff gegen den Koalitionspartner, gegen Minister Mike Groschek oder auch gegen Jochen Ott und

seine Kollegen verstehen, meine Damen und Herren. Man kann das mit der Fußballsprache schon als grobes Foulspiel bezeichnen. Ein Kollege der SPD hat es einmal eine „Blutgrätsche von hinten“ – also ein grobes Foulspiel – genannt, als es um Wirtschaftspolitik der Grünen ging. Da ist genau dieser Vorwurf an diesem Rednerpult schon einmal formuliert worden.

Solch ein Miteinander, liebe Ministerpräsidentin – schön, dass Sie zuhören –, sorgt für Misstrauen. Da kann man noch so viel lächeln oder etwas weglachen: Das Misstrauen ist einfach gesät.

Sie werden uns gleich wieder erzählen, wie toll die Zusammenarbeit in der Koalition funktioniert. Auch werden Sie uns wieder erzählen, dass die Opposition versucht, nur einen Keil in diese Koalition zu treiben. Das Problem ist: An diese Schönrederei glauben nur noch Sie selber. Kein anderer – egal wo in diesem Hohen Hause – glaubt diese Schönrederei noch und nimmt Sie Ihnen ab. Niemand!

Wenn man sich der Realität verweigert, führt das in der Regel zu einer schlechten Politik. Und die erleben wir in Nordrhein-Westfalen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zwei Sätze noch: Der Stillstand in der nordrheinwestfälischen Luftverkehrspolitik muss beendet werden. Und, meine Damen und Herren, wenn dem groben Foulspiel der Grünen nicht begegnet wird, verliert die SPD weiterhin an Glaubwürdigkeit in Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Becker.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte der FDP auf diesem Wege meinen allerherzlichsten Glückwunsch zu diesem schönen, weil typischen Oppositionsantrag aussprechen.

(Christof Rasche [FDP]: Jochen Ott!)

Dem habe ich auch schon gratuliert. Wir haben sogar schon einen getrunken. – Er verursacht ein bisschen Aufsehen, er sorgt – um in der Sprache der Luftfahrt zu bleiben – für politische Wirbelschleppen, aber er ist am Ende eben doch vergleichsweise inhaltsleer. Vor allem enthält er nicht einen einzigen konstruktiven Vorschlag zum aufgerissenen Thema.

Für das, was Sie, meine Damen und Herren von der FDP, in Erfahrung bringen wollten, hätte es dieser Aktuellen Stunde gar nicht bedurft. Und, ehrlich ge

sagt, ich hätte es Ihnen auch zugetraut, sich auf anderem Wege – jetzt zitiere ich einmal aus Ihren Antrag – Klarheit darüber zu verschaffen,

„ … welchen Kurs die rot-grüne Landesregierung in der Luftverkehrspolitik verfolgt“.

Eine Lunte für diese anderen Wege haben Sie selber gelegt, Stichwort „Koalitionsvertrag“. Darin steht nämlich, dass ein Luftverkehrskonzept für NordrheinWestfalen von der Vorlage eines Luftverkehrskonzeptes der Bundesregierung abhängig ist.

(Christof Rasche [FDP]: Habe ich gerade schon vorgelesen!)

Ja. – Dieses nationale Luftverkehrskonzept ist zwar lange überfällig. Ich höre schon seit Längerem, dass es erst in Kürze vorliegen werde; aber noch liegt es eben nicht vor. Aber erst, wenn es vorliegt, ist die Landesregierung am Zug, um – noch einmal ein Zitat aus Ihrem Antrag –