Dirk Wedel

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Piraten unterstellen Polizei und Strafverfolgungsbehörden in der Vorbemerkung zur Großen Anfrage einen extensiven Gebrauch von Funkzellenabfragen und IMSI-Catchern. Dabei gilt es zunächst zu unterscheiden, ob es sich um polizeiliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr nach dem Polizeigesetz NRW oder um Maßnahmen der Strafverfolgung nach der Strafprozessordnung handelt. Daneben stehen noch Maßnahmen nach dem Verfassungsschutzgesetz. Will man betrachten, wie sich die Fallzahlen entwickelt haben, muss man das auch nebeneinanderstellen, um einen Gesamtüberblick zu erhalten.
Erstens. Im Juli 2013 wurden die Paragrafen 20a und 20b in das Polizeigesetz NRW aufgenommen. Zu den Maßnahmen hat die Landesregierung dem Landtag jährlich zu berichten. Nach drei Jahren sollte eine Evaluierung erfolgen. Obwohl die Berichte der Halbjahre 2013/14 und 2014/15 jeweils vor dem 15. März des nächsten Jahres vorlagen, konnte ich den Bericht zu 2015/16 bisher nicht finden, ebenso wenig wie die fällige Evaluierung.
Die bisher bekannten Zahlen und Zwecke der Datenabfrage – weit überwiegend Vermissten- und Suizidfälle – geben bisher keinen Anlass, an der Rechtskonformität zu zweifeln. 4,1 Maßnahmen pro Tag bei 47 Kreispolizeibehörden erscheinen in der Summe noch im Rahmen.
Zweitens. Zum Bereich der Strafverfolgung: Die Gesamtzahl von 258 Einsätzen von IMSI-Catchern entsprechend der gesetzlichen Vorgabe in § 100i Abs. 1 StPO ausschließlich zur Aufklärung von Straftaten von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung erscheint im Rahmen – auch wenn es hier Steigerungen gibt. Der Einsatz von sogenannten WLANCatchern ist verschwindend gering.
Die Zahl von fast 179.000 verschickten Stillen SMS im Jahr 2016 erscheint dagegen hoch, ist im Vergleich zu den Vorjahren jedoch deutlich geringer. Die Crux dabei: Aus der Anzahl der versandten Ortungsimpulse kann weder auf die Anzahl der von dieser Maßnahme betroffenen Mobilfunkanschlüsse noch auf die Zahl der tatsächlich aus der Versendung des Ortungsimpulses erzeugten Verkehrsdaten geschlossen werden – so das Innenministerium in der Vorauflage der Antwort.
Mangels konkreter Angaben zur Verwendungspraxis bleibt die Antwort der Landesregierung allerdings inhaltsleer. Aus Sicht der FDP-Fraktion ist es angezeigt und kann man erwarten, dass Sie die Anzahl der Beschlüsse und Tatverdächtigen sowie Straftatbestände benennen können, nach denen eine Überwachung durch Versendung von Ortungsimpulsen erfolgt. Es muss doch auch in Ihrem Interesse sein, darzulegen, dass nur eine gewisse Zahl an Tatverdächtigen entsprechender Straftaten auf klarer Rechtsgrundlage von solchen Maßnahmen betroffen ist und nicht eine breite Masse.
Nichtindividualisierte Funkzellenabfragen gab es in NRW im Jahr 2016 7.249, also knapp 20 pro Tag. Das entspricht einer Verdreifachung gegenüber 2011. Auffällig ist, dass insbesondere die Anträge wegen Bandendiebstahls massiv angewachsen sind: von 527 im Jahr 2011 auf 2.203 im Jahr 2016. – Kurz: Sie haben sich vervierfacht.
Ist die Mobilfunknummer oder die sonstige Kennung einer Zielperson noch nicht bekannt, können durch eine nichtindividualisierte Funkzellenabfrage die Verkehrsdaten aller Mobilfunkteilnehmer erhoben werden, die sich zu einer bestimmten Zeit im Raum einer näher bezeichneten Mobilfunkzelle aufhalten oder aufgehalten haben. Dabei werden nur aktiv gewordene Endgeräte erfasst. Durch eine nichtindividualisierte Funkzellenabfrage können schnell eine Vielzahl von Personen erfasst werden oder zufällig an
wesende Personen in Rechtfertigungsbedarf kommen. Funkzellenabfragen unterliegen daher dem Richtervorbehalt.
Drittens. Die Zahlen für den Verfassungsschutz können Sie in Vorlagen an das PKG offen nachlesen. Überraschend ist, dass der Einsatz von IMSICatchern oder Stillen SMS zur Überwachung von Gefährdern sehr gering ausfällt und hier die Angaben, die bei der Strafverfolgung zu Stillen SMS fehlen, erfolgen. Im Jahr 2015 waren insgesamt 26 Personen von diesen Maßnahmen betroffen. In sieben dieser Fälle wurden zudem Maßnahmen gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 12 Verfassungsschutzgesetz NRW angeordnet. Im Rahmen von drei Maßnahmen wurden IMSI-Catcher eingesetzt, und in zwei dieser drei Maßnahmen erfolgte zusätzlich der Versand von insgesamt 25 Stillen SMS. Diese Darstellung sollte zum Vorbild genommen werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Piraten habe ich mich für die FDP-Fraktion in der ersten Lesung am 16. März dieses Jahres eingehend auseinandergesetzt. Die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände ist erwartungsgemäß negativ ausgefallen. Die Beratung im Innenausschuss hat zu keinen neuen Erkenntnissen geführt.
Ich kann daher vollumfassend auf meine Ausführungen in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs verweisen. Der Gesetzentwurf ist in der vorliegenden Form nicht zustimmungsfähig. Die FDP-Fraktion wird den Gesetzentwurf ablehnen. – Vielen Dank.
Vielen Dank. Herr Minister, am 3. Juli 2013 haben Sie erstmals die Verdachtsmomente gegen die WestLB mit Landtagsdrucksache 16/3480 auch parlamentarisch zugeleitet bekommen.
An welchem Datum bzw. zu welchen weiteren Zeitpunkten haben Sie die Hinweise als Anlass für Aktivitäten beim Rechtsnachfolger Portigon AG genommen?
Vielen Dank. – Herr Minister, Sie hatten gerade so ähnlich dargestellt, dass das Gutachten von Ernst & Young zunächst einmal ausreichend gewesen ist und keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten ergeben hätte. Aus welchen Gründen ist denn dann noch Clifford Chance beauftragt worden? Was war der konkrete Anlass?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In ihrem Antrag bemängeln die Piraten zu Recht die fehlende Aussagekraft der derzeitigen Statistiken zur Kriminalitätsentwicklung. Der Antrag stellt die Grundproblematik zutreffend dar. Eine Messung des tatsächlichen Erfolgs einer polizeilichen bzw. kriminalpolitischen Maßnahme findet nicht statt, und zwar schon deshalb nicht, weil eine Verknüpfung mit anderen Statistiken, wie beispielsweise der Strafverfolgungsstatistik, nicht möglich ist.
Da sich alle Statistiken nur auf Straftaten beziehen, die bei den Strafverfolgungsbehörden angezeigt werden, können sie zudem nur Auskunft über das Hellfeld der Kriminalität geben, das in der kriminologischen Wissenschaft nur als Bruchteil der gesamten tatsächlich geschehenen Kriminalität betrachtet wird.
Nach der instruktiven Anhörung im Rechtsausschuss lässt sich unseres Erachtens im Kern Folgendes festhalten: Die vorhandenen Statistiken – namentlich die Polizeiliche Kriminalstatistik, die Staatsanwalt
schaftsstatistik, die Geschäftsstatistik der Strafgerichte, die Strafverfolgungsstatistik, die Strafvollzugsstatistik und die Bewährungshilfestatistik – dienen jeweils eigenen Zielen. Aus ihnen lässt sich aber kein Gesamtüberblick gewinnen.
Zusätzlich zu den bestehenden Statistiken bedarf es daher einer auf Einzeldatensätzen basierenden Verlaufsstatistik, die den Verlauf von Fällen und Personen über die Instanzen der strafrechtlichen Kontrolle hinweg abbildet. Eine solche steht natürlich zeitlich nur stark versetzt zur Verfügung, da letztlich der Abschluss des letzten Verfahrensschrittes abgewartet werden muss. Eine solche Verlaufsstatistik ermöglichte dann aber insbesondere auch eine Evaluation polizeilicher und kriminalpolitischer Maßnahmen sowie eine Rückfallstatistik. Diese Erkenntnisse sind bisher nur punktuell durch aufwendige Analysen von Fallakten im Rahmen von Forschungsprojekten zu erzielen.
Um die Kriminalitätsentwicklung abzubilden, bedarf es daneben statistikergänzender Dunkelfeldstudien. Im Optimum würden diese gesammelten Erkenntnisse dann in einem periodischen Sicherheitsbericht gebündelt.
Neu sind diese Zusammenhänge und die darauf basierenden Folgerungen allerdings nicht. Bisherige Bemühungen beispielsweise der Arbeitsgruppe zur Optimierung der bestehenden kriminalstatistischen Systeme, bestehend aus Vertretern der Wissenschaft, Mitarbeitern des BKA, des Statistischen Bundesamts, der statistischen Landesämter, des niedersächsischen Justizministeriums, des BMI sowie des
BMJ, wurden nicht aufgegriffen und sind an den Kosten und der Vielzahl der zu koordinierenden Akteure gescheitert.
Vor der Schaffung einer bundesgesetzlichen Grundlage müssten zunächst IT-technische Fragen, Zuständigkeits- und Rechtsfragen geklärt werden. Dazu bedürfte es als erstem Schritt einer Machbarkeitsstudie. Eine solche setzt aber wiederum den politischen Willen sowohl des Bundes als auch der Länder voraus, sich des Themas ernsthaft anzunehmen. Die neue Landesregierung, in welcher Konstellation auch immer, sollte daher das Thema sowohl auf der Innenministerkonferenz als auch auf der Justizministerkonferenz aufrufen und einen neuen Anlauf starten.
Der vorliegende Antrag der Piraten bildet die notwendigen Maßnahmen in seinem Beschlussteil somit aber nur zu einem kleinen Teil ab. Leider kam der Antrag so spät, dass eine fraktionsübergreifende Erarbeitung eines fundierten Beschlusses nicht mehr möglich war. Die FDP-Fraktion wird sich zu dem Antrag daher enthalten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gegenstand des zu beratenden Gesetzentwurfs der Piraten sind drei punktuelle Änderungen des Informationsfreiheitsgesetzes NRW, deren Zielrichtung für die FDP-Fraktion grundsätzlich nachvollziehbar erscheint. Allerdings lässt der Gesetzentwurf
eine gründliche Auseinandersetzung mit den dabei zu berücksichtigenden Rechtsfragen vermissen.
Da wäre zum Ersten die Frage nach der Ausweitung der Anspruchsberechtigung auf juristische Personen. Zutreffend ist, dass die Beschränkung der Antragsberechtigung auf natürliche Personen in § 4 Abs. 1 IFG NRW im Vergleich von Bund und Ländern besonders restriktiv ist. Da könnten wir Freien Demokraten uns durchaus eine Weiterentwicklung vorstellen.
Weshalb dann allerdings die Formulierung „jede natürliche und juristische Person“ favorisiert wird, die ansonsten nur Schleswig-Holstein verwendet, erscheint wenig nachvollziehbar, vor allem vor dem Hintergrund, dass Sie Bürgerinitiativen die Anspruchsberechtigung doch ausdrücklich zuerkennen wollen, diese aber in der Regel gerade keine juristischen Personen, sondern nur teilrechtsfähig sind.
Der von Ihnen beschriebene Zweck würde mit der Änderung also gar nicht erreicht.
Im Übrigen: Weshalb soll nicht die schlanke Formulierung des IFG Bund „jeder“ übernommen werden? Auch dazu verhält sich der Gesetzentwurf einschließlich seiner Begründung nicht.
Die Frage nach der Anspruchsberechtigung nimmt beispielsweise im Kommentar von Schoch zum IFG Bund – 2. Auflage 2016 – ganze 15 Seiten in Anspruch. Ich habe die Ahnung, dass es mir von manchem Kollegen positiv angerechnet werden könnte, wenn ich an dieser Stelle auf eine Vertiefung verzichte.
Vor einer Gesetzesänderung müsste aber natürlich eine vertiefte Beratung erfolgen. Dafür kommen Sie mit dem Gesetzentwurf zwei Monate vor der Landtagswahl aber schlicht zu spät. Hinsichtlich der beiden weiteren von Ihnen beantragten Änderungen erscheint mir jedenfalls die Kongruenz zwischen Änderungsbefehl und Begründung zweifelhaft.
Meine Damen und Herren, die von den Piraten in dem Gesetzentwurf in Bezug genommene Entschließung der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland vom 2. Dezember 2016 stellt aber eigentlich einen ganz anderen Gegenstand in den Vordergrund, wie bereits aus dem Titel der Entschließung „Nicht bei OpenData stehen bleiben: Jetzt auch Transparenzgesetze in Bund und Ländern schaffen!“ deutlich wird. Die Gesetzgeber in Bund und Ländern werden aufgefordert, Transparenzgesetze zu schaffen, welche den individuellen, antragsgebundenen Informationszugangsanspruch mit der
Verpflichtung öffentlicher Stellen verbinden, bestimmte Informationen aktiv auf Informationsplattformen im Internet zu veröffentlichen.
Wir Freien Demokraten haben uns bereits frühzeitig dafür ausgesprochen, aus der Holschuld der Bürger eine Bringschuld der Verwaltung zu machen, haben aber die Fallstricke – beispielsweise das Konnexitätsprinzip im Falle der Einbeziehung der Kommunen – von vornherein auf dem Schirm gehabt. Wie Anfang des Monats in der Presse zu lesen war, wird es mit Rot-Grün aber kein Transparenzgesetz geben, obwohl dies im Koalitionsvertrag für die laufende Wahlperiode vereinbart worden ist.
Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
„Wir werden die Veröffentlichungspflichten der öffentlichen Stellen deutlich ausweiten und damit das Informationsfreiheitsgesetz hin zu einem Transparenzgesetz weiterentwickeln.“
Auch kann von einer Ausweitung der Veröffentlichungspflichten nicht die Rede sein, da es den Ressorts im Rahmen des Projekts Open.NRW freisteht, sich am Portal zu beteiligen und zu entscheiden, welche Daten publik gemacht werden. Rot-Grün ist also – an den eigenen Ansprüchen gemessen – kläglich gescheitert.
Wir Freien Demokraten erneuern den bereits im Rahmen der Beratung des Gesetzentwurfs der Piraten für ein Transparenzgesetz unterbreiteten Vorschlag, zunächst mit einem kurzen, prägnanten und rechtsklaren Katalog an Veröffentlichungspflichten zu beginnen und Erfahrungswerte zu sammeln, die eine spätere Fortentwicklung und Ausweitung auf weitere Tatbestände ermöglicht. Open Data darf nicht an Maximalforderungen scheitern.
Der Überweisung des Gesetzentwurfs in den Ausschuss stimmen wir natürlich zu. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf Antrag der CDU setzen wir uns heute mit Entweichungen aus dem offenen Vollzug auseinander. Die „Rheinische Post“ berichtete am letzten Freitag darüber, dass 2016 in NordrheinWestfalen 270 Entweichungen aus dem offenen Vollzug zu verzeichnen waren, von denen sich noch 125 Entwichene auf freiem Fuß befinden. In Berlin seien im vergangenen Jahr 52 Gefangene aus dem offenen Vollzug entwichen, von denen 30 weiter flüchtig
seien. In den übrigen 14 Bundesländern habe es insgesamt 41 Entweichungen aus dem offenen Vollzug gegeben.
Am Anfang dieser Wahlperiode hat sich die FDPFraktion im Rechtsausschuss bis ins Detail mit den Entweichungen und mit von Entwichenen verübten Straftaten auseinandergesetzt. Die CDU dagegen wähnt nun dramatische Zahlen und eine besorgniserregende Entwicklung – in der Sache eine unverantwortliche Verunsicherung der Bevölkerung; ich komme gleich im Einzelnen darauf zurück.
Doch zunächst zum Verfahren: Noch am letzten Freitag beantragte die CDU zu dem Thema einen Tagesordnungspunkt für den Rechtsausschuss am
22.03.2017. Am Montag kam dann der Antrag auf eine Aktuelle Stunde. Wozu auch die für nächsten Montag zu erwartenden Antworten auf die von Ihnen gestellten Fragen abwarten?
Meine Damen und Herren, zur Klarstellung vorab: Selbstverständlich ist der Strafanspruch des Staates auch im offenen Vollzug durchzusetzen. Selbstverständlich müssen die Entwichenen wieder dem Strafvollzug zugeführt werden. Selbstverständlich drängen sich bei vielen Fällen Entwichener aus dem offenen Vollzug Rückverlegungen in den geschlossenen Vollzug und gegebenenfalls Disziplinarmaßnahmen auf. Und sicherlich wäre die Landesregierung gut beraten, die Zahlen der Entweichungen aus dem offenen Vollzug selbst proaktiv zu veröffentlichen, wie es beispielsweise Baden-Württemberg auf der Homepage seines Justizministeriums tut.
Zu dem CDU-Antrag bedarf es aber zunächst einer grundsätzlichen Anmerkung: Die Anzahl der Entweichungen aus dem offenen Vollzug ist an sich kein tauglicher Indikator für den Grad der Gefährdung von Bürgerinnen und Bürgern.
Allenfalls die von Entwichenen begangenen Straftaten könnten darüber Auskunft geben.
Der offene Vollzug zeichnet sich gerade dadurch aus, dass keine oder verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen getroffen werden. Prägendes Merkmal des offenen Vollzugs ist, dass die Gefangenen die Nacht in der Justizvollzugsanstalt verbringen. Tagsüber halten sie sich überwiegend außerhalb der Einrichtung auf, gehen als Freigänger ihrer Arbeit nach, besuchen Fortbildungen, erledigen Behördengänge etc. Der offene Vollzug ermöglicht dadurch eine effektive Differenzierung des Vollzuges, Selbstorganisation, externe Orientierung, intensive Entlassungsvorbereitungen und bietet damit für geeignete Gefangene und in der Progression noch bessere Chancen auf Reintegration.
Die Sicherheit des offenen Vollzuges beruht – anders als im geschlossenen Vollzug – vorwiegend auf der Selbstdisziplin und dem Verantwortungsbewusstsein der Gefangenen. Voraussetzung für die Unterbringung im offenen Vollzug ist deshalb unter anderem, dass nicht zu befürchten ist, dass der Gefangene sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die besonderen Verhältnisse des offenen Vollzugs zur Begehung von Straftaten missbrauchen wird. Da stellt sich natürlich die Frage, ob die Zahl von 270 Entweichungen im Jahre 2016 im bundesweiten Vergleich ein Indiz dafür ist, dass an die dafür erforderliche Prognoseentscheidung zu geringe Anforderungen gestellt werden.
In der „Rheinischen Post“ ist ausdrücklich erwähnt, dass die Bundesländer Entweichungen aus dem offenen Vollzug unterschiedlich definieren. Während in Nordrhein-Westfalen bereits eine Verspätung am Abend als Entweichung in die Statistik eingeht, sind da andere Länder großzügiger. Damit fehlt es bereits an der Vergleichbarkeit der Zahlen. Zudem: Laut den letzten beim Statistischen Bundesamt verfügbaren Gefangenenbestandszahlen befanden sich am
30.11.2016 44,5 % der bundesweit im offenen Vollzug untergebrachten Gefangenen in NordrheinWestfalen, weitere 12 % in Berlin.
Da liegt es auch nahe, dass die absolute Zahl der Entwichenen in NRW damit korrespondiert. Die Quote der im offenen Vollzug untergebrachten Gefangenen reichte am 30.11.2016 bei einem bundesweiten Durchschnitt von 11,9 % in der Spreizung von 3,5 % in Sachsen-Anhalt bis 23,1 % in Berlin. Nordrhein-Westfalen lag dabei mit 21,4 % an zweiter Stelle. Diese Spannweite lässt erkennen, welche vollzugspolitische Wertschätzung dem offenen Vollzug jeweils beigemessen wird. Mit Ihrem in dieser Wahlperiode eingebrachten Gesetzentwurf für ein Strafvollzugsgesetz hat die CDU ja bereits erkennen lassen, dass für sie der offene Vollzug nur eine untergeordnete Bedeutung als nachrangige Vollzugsform hat.
Es stellt sich die Frage: Steht dann in NordrheinWestfalen alles zum Besten? – Natürlich nicht. Aus einer Antwort der Bundesregierung vom 27.05.2016 auf eine Kleine Anfrage zu nicht vollstreckten Haftbefehlen geht hervor, dass in Nordrhein-Westfalen am 31.03.2016 insgesamt 25.452 Festnahmen aufgrund einer Straftat, zur Strafvollstreckung, Unterbringung oder Ausweisung sowie Festnahmen entwichener Strafgefangener unerledigt waren – und das ist eine Stichtagsbetrachtung. Das ist ein Vollzugsdefizit, um das wir uns kümmern müssen, für dessen Behebung wir mehr Polizei brauchen.
Im Verhältnis zu den 25.452 macht die Teilmenge der 125 noch auf freiem Fuß befindlichen Entwichenen gerade einmal 0,5 % aus. Der vorliegende Antrag ist somit für mich nicht mehr als Effekthascherei. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einbruchskriminalität erweist sich nicht erst seit gestern – gerade in Nordrhein-Westfalen – als zunehmendes Problem. Das diagnostiziert der Antrag zutreffend.
Aus Sicht der Freien Demokraten bedarf es zur Reduzierung der Fallzahlen des Wohnungseinbruchsdiebstahls allerdings keiner Verschärfung des materiellen Strafrechts. Vielmehr erweist sich eine Erhöhung der Aufklärungswahrscheinlichkeit von Straftaten gegen
über der bloß abstrakten Strafandrohung typischerweise als die effektivere Strategie. Dieses Ziel wird durch die vorgeschlagenen Änderungen in § 244 StGB aber nicht erreicht. Darüber hinaus begegnen Ihre materiellrechtlichen Vorschläge zahlreichen rechtssystematischen und inhaltlichen Bedenken.
Im Einzelnen:
Schaffte man den minderschweren Fall wieder ab, stünde dem Tatrichter kein anderes Korrektiv zur Erfassung des geringeren Unwert- und Schuldgehalts minderschwerer Gestaltungen zur Verfügung. Da es sich bei § 244 StGB um einen Qualifikationstatbestand und nicht um eine Strafzumessungsregel handelt, sind weder das Strafantragserfordernis für geringwertiges Diebesgut nach § 248 a StGB noch die materiellrechtliche Ausnahme für geringwertige Sachen in § 243 Abs. 2 StGB anwendbar.
Strafe muss mit Rücksicht auf das rechtsstaatlich verbürgte Schuldprinzip aber stets tat- und schuldangemessen sein.
Ohne den minderschweren Fall könnte in bestimmten Konstellationen, beispielsweise in Fällen des Wohnungseinbruchsdiebstahls als Beziehungstat unter nahestehenden Personen, ein angemessener Strafrahmen fehlen.
Überdies ist systematisch nicht zu erklären, dass der minderschwere Fall für die übrigen Gestaltungen des § 244 Abs. 1 StGB – Diebstahl mit Waffen und der Bandendiebstahl – weiterhin erhalten bliebe. Schon die abstrakte Gefährlichkeit eines unter Mitführung einer Waffe begangenen Diebstahls dürfte kaum hinter derjenigen eines Wohnungseinbruchsdiebstahls zurückstehen.
Schließlich wurde der hohen Eingriffsintensität des Wohnungseinbruchsdiebstahls in Rechte und
Rechtsgüter Betroffener bereits dadurch Rechnung getragen, dass diese Begehungsweise als Qualifikation und nicht wie zuvor als bloße Strafzumessungsregel eingestuft wurde. Qualifikationen belassen indes Raum für eigenständige Strafzumessungsregeln, wie nicht zuletzt die §§ 224 Abs. 1 am Ende und 226 Abs. 3 StGB belegen.
Warum das beispielsweise bei Körperverletzungsdelikten unbedenklich sein soll, beim Wohnungseinbruchsdiebstahl aber nicht, lässt der Antrag nicht erkennen. Auch die Aufstufung nur des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu einem Verbrechenstatbestand vermag nicht zu überzeugen. Da nämlich der schwere Bandendiebstahl im § 244 a StGB zugleich unverändert bleiben soll, hätte diese Aufstufung die kaum wünschenswerte Folge, dass bandenmäßiger Wohnungseinbruchsdiebstahl und von einem Einzeltäter
begangener Wohnungseinbruchsdiebstahl identische Strafrahmen aufwiesen. Die höhere objektive Gefährlichkeit der bandenmäßigen Begehung würde damit nicht mehr abgebildet, ebenso wenig der regelmäßig geringere Schuldgehalt beim Einzeltäter. Das ist systematischer Humbug und kollidiert in bedenklicher Weise mit dem Schuldprinzip.
Im Gegensatz dazu erscheint eine Aufnahme des Wohnungseinbruchsdiebstahls in den Katalog der Delikte, die nach § 100 a Abs. 2 Nr. 1 StPO eine Überwachung der Telekommunikation rechtfertigen, zumindest diskussionswürdig. Insofern bedarf es einer Abwägung der Gefahr eines „Dammbruchs“ hin zu einem immer größeren TKÜ-fähigen Deliktskatalog, mit dem Erfordernis maßvoller Erweiterungen mit Blick auf in der Praxis problematische Kriminalitätsbereiche.
Die bandenmäßige Begehung wird dort ja bereits erfasst, aber – und da stimme ich dem bayerischen Justizminister Prof. Bausback zu, der dies 2015 im Bundesrat ausführte – am Tatort ist nicht gleich zu erkennen, ob „nur“ Mittäter oder eine Bande agierten. Auch die SPD-Innenminister haben in ihrer Erklärung zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls vom 7. November 2016 eine gleichartige Forderung erhoben. Ob es dann zusätzlich des Zugriffs auf erweiterte, speicherpflichtige Verkehrsdaten nach § 100 g StPO bedarf, möchte ich dahingestellt sein lassen.
Insgesamt ist Ihr Vorschlag mit Blick auf das materielle Strafrecht allerdings dogmatisch derart verfehlt, dass er uns nicht zustimmungsfähig erscheint. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben ja angemahnt, dass wir das Thema doch einmal ein bisschen vertiefen sollten. Dem will ich dann jetzt auch gerne nachkommen. Ich wundere mich ja immer über die Verve, mit der die Landesregierung die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung des § 19 Abs. 6 des Landesbeamtengesetzes vertritt.
Sie verweisen immer gebetsmühlenartig auf das Gutachten von Herrn Prof. Papier, dabei haben Sie das nicht einmal vollständig umgesetzt. Zum einen haben Sie nicht den Formulierungsvorschlag von Herrn Prof. Papier übernommen, zum anderen haben Sie den Vorschlag von Herrn Prof. Papier, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Deckelung der Frauenquote in bestimmten Zeitintervallen vorzunehmen, sodass männliche Bewerber in jedem Fall die Chance haben, eine bestimmte Zahl der für Beförderungen zur Verfügung stehenden Stellen zu erhalten, auch nicht umgesetzt.
Diese Verve, mit der Sie die Verfassungsmäßigkeit vertreten, steht auch im Gegensatz zu dem, was beispielsweise die Fachebene des Justizministeriums vertritt. Ich zitiere aus der Rechtsausschusssitzung vom 25. Mai 2016, in der der zuständige Abteilungsleiter des Justizministeriums ausgeführt hat:
„Man wird nicht genau prognostizieren können, was Verwaltungs- und gegebenenfalls auch Verfassungsgerichte in diesem Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Grundrechtsnormen mal entscheiden werden. Ich kann Ihnen aber sagen, dass nach unserer derzeitigen Bewertung auch aufgrund einer Neufassung dieser Vorschrift, die wir angeregt hatten, jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung des jetzigen § 19 Abs. 6 möglich ist.“
Im Klartext heißt das: Die Fachebene der Landesregierung ist von dieser Neuregelung ebenfalls nicht wirklich überzeugt. Das heißt auf der anderen Seite
auch, dass die Fachebene damit rechnet, dass der Anwendungsbereich der Norm eingeschränkt werden muss und gegebenenfalls zwar die Formulierung hält, aber nicht die Anwendung. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf des sogenannten Videoüberwachungsverbesserungsgesetzes der Bundesregierung zielt im Ergebnis darauf ab, den notwendigen Abwägungsprozess zwischen dem Interesse einer nichtstaatlichen Stelle an der Durchführung von Videoüberwachungsmaßnahmen und insbesondere den Grundrechten betroffener Dritter zu modifizieren. Gleiches gilt für den im Zuge der Verarbeitung der einmal erhobenen Daten erforderlichen weiteren Abwägungsprozess.
Der Gesetzentwurf zielt ausschließlich auf von der Öffentlichkeit stark frequentierte, öffentlich zugängliche Großflächen wie etwa in Einkaufszentren sowie auf Stationen und Fahrzeuge des öffentlichen Personenverkehrs ab.
Er verfolgt eine doppelte Zwecksetzung: Prävention mit Blick auf ein mögliches Erkennen jene Örtlichkeiten auskundschaftender Täter und Repression durch die Lieferung von Material für die Ermittlungstätigkeit nach Straftaten.
Wenn der Antrag der Piratenfraktion einwendet, es sei problematisch, an dieser Stelle Grundrechtseingriffe durch Private auszuweiten, gilt es aus unserer Sicht, Folgendes zu bedenken:
Mit Ausnahme von privaten Einkaufszentren oder Kinos geht es bei den genannten öffentlichen Transportmitteln in der Regel um solche, deren privatrechtlich organisierte Betreibergesellschaften vollständig oder überwiegend in öffentlicher Hand sind.
Der öffentlichen Verwaltung ist die sogenannte Flucht ins Privatrecht indes verwehrt. Sie darf sich durch die Wahl der Rechtsform insbesondere nicht den ihr obliegenden Grundrechtsbindungen entziehen. Insofern sind Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die Umgewichtung des Abwägungsmaterials auch weiterhin an den Maßstäben jenes Grundrechts zu messen.
Für materiell private Rechtspersonen, wie wir sie bei den erwähnten Einkaufszentren regelmäßig haben, gilt im Übrigen die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte und damit auch des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.
Die verschiedenen Generalklauseln des Zivilrechts wie Sittenwidrigkeit oder Treu und Glauben ermöglichen die Berücksichtigung grundrechtlicher Wertungen im Verhältnis von Privaten untereinander.
Mit signifikanten Einbußen beim Grundrechtsschutz rechnen wir deshalb für den Fall einer Verabschiedung des Gesetzentwurfs nicht.
Dennoch möchten wir kein Loblied auf die Videoüberwachung singen. Bei dieser handelt es sich mit
nichten um ein Allheilmittel. Maßnahmen der Videoüberwachung müssen stets verhältnismäßig sein. Eine flächendeckende Videoüberwachung lehnen wir grundsätzlich ab. Nach unserer Auffassung ist es vielmehr erforderlich, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob von der Installation weiterer Videoüberwachungstechnik ein signifikanter Sicherheitsgewinn oder eine deutlich verbesserte Möglichkeit der Strafverfolgung von drohenden Straftaten zu erwarten ist.
Daher soll Videoüberwachung nur nach klar definierten Kriterien und nicht nach Gutdünken an Verkehrsknotenpunkten und Orten erhöhter Kriminalitätsgefahr erfolgen.
Für jeden der betroffenen ÖPNV-Bereiche und jedes betroffene Einkaufszentrum ist deshalb im Einzelfall zu prüfen, welche konkreten Sicherheitsgewinne erzielt werden können. Diese Einzelfallabwägung hat die Bundesregierung durch ihren Gesetzentwurf nicht entbehrlich werden lassen. Kameras müssen entweder mittels dauernder menschlicher Beobachtung der Bilder ein sofortiges Einschalten bei Gefahr ermöglichen oder aber signifikant die Aufklärungswahrscheinlichkeit von Straftaten erhöhen. Andernfalls ist ihre Anbringung zu unterlassen.
Für die Auswertung der Daten muss dies erst recht gelten. Sie muss anlassbezogen erfolgen. Zu Ihrem Antrag werden wir uns im Ergebnis enthalten.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung weist noch Lücken auf. In seiner Stellungnahme vom 10. Februar 2017 hat der Bundesrat unseres Erachtens zu Recht angeregt, den Gesetzentwurf noch um eine Ausweitung der Meldepflichten bei der Aufsichtsbehörde nach § 4d BDSG zu erweitern.
Wird Videoüberwachung durch Private in größerem Umfang als bisher zugelassen, ist auch ein höheres Kontrollniveau erforderlich. Dem kann eine solche Ausweitung Rechnung tragen, die in der bisherigen Fassung jedoch noch fehlt.
Im Übrigen wird es aus Sicht der Freien Demokraten darauf ankommen, trotz zu erwartender Harmonisierungseinbußen, die infolge der Datenschutzgrundverordnung zu erwarten sind, das Datenschutzniveau in Deutschland zugunsten der Bürgerinnen und Bürger im Grundsatz zu erhalten. Das sollte sich auch für den Fall der Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes durch den Deutschen Bundestag durch eine sparsame Anwendung der Neufassung des § 6b BDSG manifestieren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach über vier Jahren intensiver Arbeit ist der Untersuchungsausschuss I heute in der Lage, dem Plenum einen von allen Fraktionen gemeinsam getragenen Beschlussbericht vorzulegen. Dies zeigt, dass im Untersuchungsausschuss die Aufklärung der oftmals hohen Kostensteigerungen der einzelnen Bauprojekte sowie deren Begünstigung durch die Strukturen des BLB im Mittelpunkt der Arbeit standen, und nicht etwa politische Ränkespiele oder Parteienzwist.
Natürlich gab es auf dem Weg dahin sowohl in Verfahrensfragen als auch in der Sache unterschiedliche Auffassungen der Fraktionen, um die hart gerungen worden ist. In diesem Zusammenhang nehmen wir für uns in Anspruch, dass unser Drängen auf die strikte Einhaltung der für Parlamentarische Untersuchungsausschüsse geltenden Rechtsvorschriften zu einer ausgeprägten Versachlichung beigetragen hat.
Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss bedanken. In den Dank möchte ich die Ausschussassistenten, die Referenten der Fraktionen, den Sitzungsdokumentarischen Dienst und last, but not least beide Vorsitzende des Untersuchungsausschusses ausdrücklich einschließen.
Eine für uns wichtige Erkenntnis aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses stellt die Notwendigkeit dar, das Untersuchungsausschussgesetz NRW dahin gehend zu ändern, dass im Rahmen der Einstufung der Akten in Geheimhaltungsgrade und im Rahmen des Umgangs mit diesen Akten im Ausschuss die Verschlusssachenordnung des Landtags nicht länger umgangen werden kann. Der Umgang insbesondere mit den durch das Justizministerium übersandten Akten der Staatsanwaltschaft Wuppertal wurde durch die von der Mehrheit des Ausschusses gefassten Geheimhaltungsbeschlüsse sui generis unnötig erschwert und verkompliziert.
Auch wenn der Untersuchungsausschuss keine neuen Sensationen an das Tageslicht gefördert oder durch spektakuläre Zeugenvernehmungen auf sich aufmerksam gemacht hat, war die Einsetzung des Untersuchungsausschusses keine – wie teilweise in der Öffentlichkeit behauptet – Verschwendung von Steuergeldern, sondern im Gegenteil ein gelungener Beitrag zur Verhinderung künftiger Steuergeldverschwendung.
Der Ausschuss hat zudem an mehreren zentralen Stellen zu denen des Landesrechnungshofs abweichende Feststellungen getroffen. Da wir die richterliche Unabhängigkeit der Mitglieder des Landungsrechnungshofs uneingeschränkt respektieren, sehe ich dazu von einer Bewertung ab.
Zu den Ergebnissen im Einzelnen: Im Rahmen des Neubaus des Landesarchivs im Duisburger Innenhafen wurde ein für die Unterbringung eines Archivs vollkommen ungeeignetes Industriedenkmal in Form eines alten Getreidehochspeichers ausgewählt. Schon aus Gründen der Statik, und damit aus der Erkenntnis heraus, dass man Archive nicht in die Höhe, sondern in die Breite baut, hätte dieser Standort niemals ausgewählt werden dürfen.
Der BLB kam allerdings zu einer anderen Einschätzung. Nach seinen Berechnungen sollte die Einbindung des alten Speichergebäudes zunächst sogar günstiger als ein Neubau auf der grünen Wiese werden. Nachdem sich Kulturstaatssekretär GrosseBrockhoff auf das Projekt im Duisburger Innenhafen festgelegt hatte, verhinderten insbesondere durch den BLB getroffene nachteilhafte Vertragskonstruktionen, wie die Koppelung der Miete an die steigenden Baukosten, dass bei den zu erwartenden Kostensteigerungen die Reißleine noch hätte gezogen werden können.
Bei der Umsetzung des Erweiterungsbaus des Polizeipräsidiums Köln-Kalk hat der Ausschuss festgestellt, dass die Wahl des Interessenbekundungsverfahrens durch das Innenministerium ein zum damaligen Zeitpunkt nicht unvertretbares Vorgehen gewesen ist, da die entscheidende vergaberechtliche Streitfrage weder obergerichtlich noch höchstrichterlich geklärt war.
Am Ende bleibt festzuhalten, dass mit dem direkten Anbau an das Bestandsgebäude die für alle Beteiligten funktionalste Lösung umgesetzt wurde und so eine kostenintensive Querung über eine vierspurige Straße verhindert wurde.
Bei dem Projekt Fachhochschule Köln ist die Art und Weise, wie der Geschäftsführer Tiggemann den Ankauf der benötigten Grundstücke ohne eine konkrete Mietzusage eines Ministeriums unter Einschaltung eines Zwischenerwerbers vorantrieb, nicht nachvollziehbar und stellt vielmehr eine massive Verschwendung von öffentlichen Mitteln dar.
Zu einem ähnlichen Steuergeldgrab führte der Ankauf des Schlosses Kellenberg. Ohne konkrete Nutzungszusage kaufte der BLB eine nach einem Brand praktisch nicht nutzbare Ruine – ein schier unglaublicher Vorgang.
Bei dem Ankauf des Vodafone-Hochhauses handelte es sich demgegenüber um ein gutes Geschäft, welches unter Einbindung der damaligen Opposition getätigt wurde. Der Komplex wird aufgrund seiner exponierten Lage in seinem Wert bis heute gestiegen sein.
Bezüglich des Projektes Landesbehördenhaus Bonn kann die Unverkäuflichkeit der überdimensionierten Immobilie niemandem zu Last gelegt werden.
Beim Neubau des Landeskriminalamts Düsseldorf hat einzig die fehlerhafte Weitergabe von Planungsänderungen zur Verzögerung und Kostensteigerung geführt. Trotz dieser Kostensteigerung wurde der Bau am Ende in einer Topqualität zu einem für Düsseldorfer Verhältnisse günstigen Quadratmeterpreis erstellt.
Zusammenfassend kann der ehemalige Sprecher der Geschäftsführung des BLB, Herr Tiggemann, als Hauptverantwortlicher für die festgestellten Missstände ausgemacht werden. Begünstigend wirkten sich die Konstruktion des BLB und hier insbesondere die Alleinentscheidungsbefugnis des Sprechers der Geschäftsführung aus. Aus Sicht der FDP liegt in der bereits angesprochenen Alleinentscheidungsbefugnis das Grundübel, welches die festgestellten Missstände erst ermöglicht hat. Herr Tiggemann konnte schalten und walten, wie er wollte, ohne sich BLBintern rechtfertigen zu müssen. Die letzte Entscheidung lag bei ihm, und selbst seinen Geschäftsführerkollegen konnte er bei Widerspruch einfach überstimmen. Die Geschäftsführung eines so großen Landesbetriebs sollte vielmehr als Kollegialorgan mit gegenseitiger Kontrollfunktion ausgestaltet sein. Im Rahmen der anstehenden Neubesetzung eines Geschäftsführerpostens muss dies zeitnah umgesetzt werden.
Neben der Alleinentscheidungsbefugnis stellte sich das der BLB-Konstruktion zugrunde liegende Vermieter-Mieter-Modell als problematisch dar. Durch die den Ressorts zukommende Doppelrolle als Mieter und gleichzeitig Mitglied des Verwaltungsrats fehlte es dem BLB an einer für die Vermieterposition elementaren Distanz zu den Ministerien.
So war Herr Tiggemann stets bemüht, den Mietern zu gefallen, und erfüllte auch wirtschaftlich unrentable Wünsche, wobei allerdings die Kabinettvorlage zur Gründung des BLB dies ausdrücklich ermöglichte. Dem Prinzip des wirtschaftlichen Handelns wurde insofern nämlich nicht Rechnung getragen. Bereits in der Kabinettvorlage vom 05.12.2000 zur Gründung des BLB wurde ausdrücklich festgelegt, dass keinesfalls eine kostendeckende Umwälzung der tatsächlichen Personal- und Sachkosten des BLB in der Miete vereinbart werden sollte. So waren bereits bei Gründung des BLB etwaige Kostensteigerungen und unwirtschaftliches Agieren bei Bauprojekten von ganz oben gedeckt.
Daneben war der Verwaltungsrat des BLB als vermeintliches Kontrollgremium unbrauchbar. Die
schiere Größe dieses Gremiums, das Fehlen von immobilienwirtschaftlichem Sachverstand und die nur begrenzte Kontrollbefugnis gegenüber dem BLB verdeutlichen die Fehlkonstruktion dieses Organs. Dazu kam, dass die von Herrn Tiggemann verfassten Vorlagen an den Verwaltungsrat regelmäßig Probleme
und Risiken aussparten und problematische Sachverhalte beschönigten. Eine effektive Kontrolle wurde so bewusst untergraben.
Damit, meine Damen und Herren, läuft es immer wieder auf eine Person hinaus, den ehemaligen Sprecher der Geschäftsführung des BLB, Herrn Tiggemann. Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom Montag, wenn auch noch nicht rechtskräftig, passt da ins Bild.
Abschließend möchte ich mich nochmals bei allen Beteiligten für die konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss bedanken. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Frühjahr 2016 ist eine neue Wohnimmobilienkreditrichtlinie in Kraft getreten. Dabei hat die Große Koalition im Bund eine EU-Richtlinie einmal mehr nicht nur eins zu eins in nationales Recht transformiert, sondern, wie leider häufig praktiziert, diese dabei auch noch verschärft.
Leidtragende sind insbesondere zwei Personenkreise: zum einen junge Familien, die erstmals selbstgenutztes Wohneigentum erwerben wollen, und zum anderen Senioren, die eine Sanierung oder Umbaumaßnahmen beispielsweise für Barrierefreiheit, verbesserten Einbruchsschutz oder eine energetische Aufwertung bei einem ansonsten schuldenfreien Objekt realisieren möchten.
Vor diesem Hintergrund haben wir bereits im letzten Oktober-Plenum einen Antrag eingebracht, der eine Bundesratsinitiative für eine Eins-zu-eins-Umsetzung vorsah. Überraschenderweise wurde dieser Antrag von der rot-grünen Mehrheit im Landtag abgelehnt. Stattdessen wurde ein deutlich abgeschwächter Entschließungsantrag der regierungstragenden Fraktionen beschlossen. Dieser zeigt wirklich harte Kante: Es solle doch besser erst einmal beobachtet werden, und die Landesregierung solle doch bitte fortlaufend über aktuelle Entwicklungen berichten.
Aktuelle Entwicklungen hat es in der Sache übrigens gegeben. Erstens haben die Länder Baden-Württemberg, Hessen und nach späterem Beitritt auch Bayern einen Gesetzesantrag zu diesem Vorgang in den Bundesrat eingebracht. Dies geschah wenige Tage nach unserer Initiative im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Die Forderung der Länder ist eine Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinie.
Zweitens hat die Bundesregierung am 21. Dezember einen Gesetzentwurf mit Änderungen an der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie beschlossen. Der Inhalt dieses Gesetzentwurfs macht zwar eine Verbesserung der Situation wahrscheinlich, ist jedoch weiterhin keine Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinie. Beispielsweise soll die Kreditwürdigkeitsprüfung in einer Verordnung geregelt werden. Diese liegt aber noch nicht vor.
Bevor ich weiter auf den Antrag von CDU und FDP zu dieser Sache eingehe, möchte ich fragen: An welcher Stelle ist eigentlich der Landtag durch die Landesregierung über diese aktuellen Entwicklungen informiert worden? Wenn die regierungstragenden Fraktionen im Landtag schon Schaufenster-Entschließungsanträge durchsetzen, die einen fortlaufenden Bericht von der Landesregierung explizit verlangen, erwarten wir auch diese Informationen von der Landesregierung.
Im Haushalts- und Finanzausschuss wurden uns diese aktuellen Vorgänge nicht berichtet,
im Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr ebenfalls nicht. Die Landesregierung kommt also ihrer Berichtspflicht nicht nach.
Es bleibt festzuhalten: Durch den Entschließungsantrag wurde der Landesregierung die Latte bereits ganz tief gelegt. Es ging lediglich darum, den Landtag zu informieren. Trotzdem schaffte es die Landesregierung, selbst diese niedrige Latte zu reißen.
Die rot-grüne Landesregierung kommt mittlerweile einfachsten, von den regierungstragenden Fraktionen beschlossenen Berichtsanforderungen nicht nach.
Dies reiht sich nahtlos in das Verhalten des Finanzministers im Haushalts- und Finanzausschuss ein. Dort kommen die erbetenen Vorlagen in der Regel nach Ablauf der vereinbarten Frist an. Fristgerechte Informationen sind beim Finanzminister eher die Ausnahme als die Regel.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich weiter auf den Antrag von CDU und FDP eingehen. Immobilien sind derzeit bei richtiger Standortwahl eine der letzten Möglichkeiten weitgehend risikoarmer Vermögensbildung für das Alter. Das wird immens wichtig in Zeiten zurückgehender Rentenerwartungen und in der Negativzinsphase.
Im Ergebnis sind die dem Verbraucherschutzgedanken zugrunde liegenden Grundsätze bei der Kreditvergabe durch diese Richtlinienumsetzung der Großen Koalition ins Gegenteil verkehrt worden. Das führt zu einer Mehrbelastung kinderreicher Familien und der älteren Generation.
Die Initiative der Länder Baden-Württemberg, Hessen und Bayern ist deshalb zu begrüßen. Eine Einszu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinie ist besser als der von der Bundesregierung beschlossene und noch im Beratungsverfahren befindliche Gesetzentwurf.
Mit der Novelle des Gesetzes hat Bundesjustizminister Maas seine vorherige Fehleinschätzung letztlich bereits eingeräumt. Bei der Korrektur des Gesetzes sollte er nicht erneut von der Vorlage der EU abweichen, ansonsten werden wir uns noch in einem dritten Gesetzgebungsverfahren mit der Korrektur des novellierten Gesetzes auseinandersetzen müssen. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben in Ihrer Chronologie gerade dargestellt, dass der UA Personal im Jahre 2012 den entsprechenden Auftrag erteilt habe und dass die Auftragserteilung an IT.NRW dann erst Ende 2014 erfolgt sei. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung denn in diesem Zeitraum zwischen der Auftragserteilung des UA Personal 2012 und der Beauftragung im Dezember 2014 ergriffen, um dem Petitum des UA Personal Rechnung zu tragen?
Vielen Dank. – Herr Minister, jede Schule muss ohnehin die Krankmeldungen aus dem eigenen Lehrerkollegium erfassen, verarbeiten und an die zuständigen Stellen weitermelden. Aus welchen Gründen konnte das Ministerium für Inneres und Kommunales diese ohnehin im Schulbereich vorliegenden Daten nicht für die Zusammenstellung beim Krankenstandsbericht des Landes nutzen?
Das kann ich gerne machen.
Jede Schule muss die Krankmeldungen ohnehin aus dem eigenen Lehrerkollegium erfassen, verarbeiten und an die zuständigen Stellen weitermelden. Aus welchen Gründen konnte das Ministerium für Inneres und Kommunales diese ohnehin im Schulbereich vorliegenden Daten nicht gleichzeitig für die Zusammenstellung beim Krankenstandsbericht des Landes nutzen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verschwörungstheorien erfreuen sich insbesondere im Zeitalter des Internets einer wachsenden Anhängerschaft.
Das Phänomen der sogenannten Reichsbürger fällt im weitesten Sinne auch in diesen Bereich. Personenkreise, die daran glauben, der Bundesrepublik Deutschland fehle es an völkerrechtlicher Legitimation mit der Folge, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1914,1937 oder einem beliebigen anderen Zeitpunkt noch fortbestehe, bezeichnen sich selbst als „Reichsbürger“ und erstellen pseudoamtlich aufgemachte Fantasiedokumente.
Für NRW wird die Zahl der „Reichsbürger“ ausweislich der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage meines Fraktionskollegen Marc Lürbke gegenwärtig auf etwa 200 bis 300 geschätzt. Bundesweite Aufmerksamkeit erhielten die „Reichsbürger“ am 19. Oktober 2016, als in Mittelfranken ein Anhänger jener kruden Überzeugungen brutal einen SEKBeamten erschoss. Dieser Gewaltexzess warf ein Schlaglicht auf das Sammelsurium von Gruppierungen und Personenmehrheiten, die die Bundesrepublik Deutschland und ihr föderales System nicht anerkennen und versuchen, dieses nicht nur mittels Gewalt, sondern auch durch andere kriminelle Verhaltensweisen zu bekämpfen.
Eine derartige Verhaltensweise ist die im Antrag der CDU angesprochene sogenannte Malta-Masche. Bereits durch die Antwort auf eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag Mitte Oktober 2016 war bekannt geworden, dass „Reichsbürger“ erfundene Forderungen gegen Amtsträger über das Internet in ein Forderungsregister für Handelssachen des US
Bundesstaats Washington eintragen, diese vermeintlichen Forderungen dann an ein von „Reichsbürgern“ betriebenes maltesisches Inkassobüro abtreten und anschließend einen Vollstreckungstitel im automatisierten maltesischen Mahnverfahren erschleichen, der dann theoretisch in der gesamten EU und damit auch in Deutschland zugestellt werden könnte. Dies ermöglicht die europäische Vollstreckungstitelverordnung in Verbindung mit § 794 Abs. 1 Nr. 7 ZPO.
Der CDU-Antrag weist zurecht auf diese Vorgehensweise hin, auch wenn es bisher nirgendwo in der Bundesrepublik zur Zustellung derartiger Titel gekommen sein soll. Soweit durch den Antrag neben Amtsträgern auch „unbescholtene Bürger“ als Opfer der „Malta-Masche“ in den Blick genommen werden, ist daran zu erinnern, dass nach der Vollstreckungstitelverordnung, im Falle, dass Verbraucher Verbrauchergeschäfte tätigen, eine Bestätigung als europäischer Titel nur erfolgen kann, wenn die gerichtliche Entscheidung in dem Mitgliedstaat ergangen ist, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat. Hinsichtlich der Verbraucher ging die „Malta-Masche“ insoweit bereits schon bisher weitgehend ins Leere.
Jenseits dieses Fragenkreises erscheint der Antrag allerdings überholt. Am Tage des Antragsdatums, dem 6. Dezember 2016, berichteten sowohl „Tagesschau“ als auch „n-tv“ auf ihren Internetseiten, das Auswärtige Amt habe sich mit den maltesischen Behörden auf eine Lösung des Problems der „MaltaMasche“ verständigt. So habe es darauf hingewiesen, dass künftig jeder Versuch eines „Reichsbürgers“, das maltesische Mahnverfahren auf die geschilderte Weise zu missbrauchen, direkt an das Auswärtige Amt gemeldet werden solle.
Sodann werde man auf eine Strafverfolgung nach maltesischem Recht hinwirken. – Auch nach dortigem Recht ist nämlich das schlüssige Behaupten, Inhaber einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Forderung gegen eine dritte Person zu sein, als Betrug strafbar. Bei reinen Auslandssachverhalten war bisher lediglich auf eine Strafverfolgung verzichtet worden. Das soll sich dem Auswärtigen Amt zufolge jetzt ändern.
Neu ist das Vortäuschen vermeintlicher Forderungen durch „Reichsbürger“ im Übrigen auch nicht. Schon in den vergangenen Jahren war versucht worden, das deutsche automatisierte Mahnverfahren für die Durchsetzung erfundener Forderungen zu nutzen. Der Antrag besitzt unseres Erachtens deshalb nicht die richtige Zielsetzung. Aus Sicht der Freien Demokraten müssten stattdessen Sachaufklärung und Prävention im Vordergrund stehen, um von der „Reichsbürger“-Bewegung ausgehende Gefahren für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung beurteilen und vermeiden zu können.
Das umfasst die Beobachtung durch den Verfassungsschutz, die Aufnahme in polizeiliche Melde- und Erfassungssysteme, strenge Zuverlässigkeitsüberprüfungen für „Reichsbürger“, die als legale Besitzer erlaubnispflichtiger Waffen registriert sind, sowie Präventions- und Aussteigerprogramme.
Einem solchen Antrag hätten wir zustimmen können, dem vorliegenden hingegen nicht.
Zum Entschließungsantrag nur so viel: Er bestätigt, dass sich der CDU-Antrag erledigt hat. Das Auswärtige Amt und die Landesjustizverwaltungen haben das Notwendige veranlasst.
Angesichts der im Übrigen zutreffenden Sachverhaltsschilderung werden wir uns zu diesem Antrag enthalten. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben ja die Praxis der „Vorwärts-Gespräche“ deutlich missbilligt. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Praxis der „Vorwärts-Gespräche“ sittenwidrig ist?
Vielen Dank. – Herr Minister, nach Ihren Ausführungen müssten sich die betroffenen Mitglieder der Landesregierung durch die Praxis der „Vorwärts-Gespräche“ ja ziemlich benutzt fühlen. Daher frage ich Sie: Wird die Landesregierung darauf in irgendeiner Weise einwirken? Hält sie es für richtig, dass die Sponsoring-Beiträge zurückgezahlt werden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beratung des letzten Haushalts dieser Landesregierung gibt auch in der Rechtspolitik Anlass zur Bilanz.
Herr Minister, ein gewisses Talent zum Selbstmarketing kann man Ihnen wahrlich nicht absprechen. So habe ich nicht schlecht gestaunt, dass der Bundesrat beim Thema des gesetzlichen Vertretungsrechts unter Ehegatten Herrn Minister Wolf zum Beauftragten ernannt hat. Der zentrale Baustein Ihres Aktionsplans „Betreuungsvermeidung“ ist eine Initiative Baden-Württembergs. Dieses Beispiel ist symptomatisch für die rot-grüne Rechtspolitik – viel Marketing und wenig Substanz.
Um der nach der Silvesternacht erfolgten Ankündigung der Ministerpräsidentin zur verstärkten Nutzung besonders beschleunigter Verfahren endlich Leben einzuhauchen, verkündete Justizminister Kutschaty bei einem Pressefrühstück am 10. Oktober 2016, dass besonders beschleunigte Verfahren nunmehr nicht nur in Köln und Düsseldorf, sondern auch in neun anderen Großstädten durchgeführt würden. Man kann nur hoffen, dass die reisenden Täter dies nicht mitbekommen haben, sonst schlagen sie in Zukunft genau an anderer Stelle zu. Dazu, wie das Ganze umgesetzt werden soll, ist der Justizminister allerdings bis heute nicht sprechfähig. Ein Bericht ist nunmehr für Januar angekündigt.
Herr Minister, Ihre vornehmste Aufgabe ist es, die Justiz in die Lage zu versetzen, ihre Arbeit zu machen. Doch auch bei den größten Baustellen der nordrhein-westfälischen Justiz – nein, ich meine nicht die JVA Münster – stolpern Sie mittlerweile über Ihr Marketing. Sie flüchten sich in Rabulistik, um die durch ihre langjährige Kommunikationslinie zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Geschäftsbereich geweckten Erwartungen abzufangen. Leider kann ich das aus Zeitgründen nicht näher ausführen, aber dazu ist bestimmt an anderer Stelle noch Gelegenheit.
Nirgendwo wird die Diskrepanz zwischen rot-grünem Schein und Sein allerdings deutlicher als im Personalhaushalt der Justiz. Bei dem besagten Pressefrühstück ließ der Minister große Zahlen sprechen und verkündete völlig undifferenziert, seit seinem Amtsantritt im Jahre 2010 habe die Landesregierung 1.658 neue Stellen bei der Justiz geschaffen oder entfristet. Da war von einem gezielten Personalaufbau und einem Investitionsprogramm, das seinesgleichen sucht, die Rede.
Es war nicht die Rede davon, dass mit der Entfristung der 550 Stellen zwar den berechtigten Belangen der Betroffenen Rechnung getragen worden ist, dass aber deswegen kein zusätzlicher Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz ist.
Es war nicht die Rede davon, dass nach den letzten verfügbaren Zahlen 1.000 Stellen in der Justiz nicht besetzt waren und dass nach der letzten Personalbedarfsberechnung heute jeden Tag 41 Richter weniger am Start sind als 2010, während sich der Personalbedarf um 177 Richter erhöht hat, die Justiz also heute um 218 Richter schlechter dasteht als 2010. Bei den Staatsanwälten gilt dies mit einem Delta von 111 genauso.
Ebenfalls war nicht die Rede davon, dass Sie die Auswirkungen der PEBB§Y-Fortschreibung gravierend unterschätzt haben. Nachdem Ihr Staatssekretär im Juni 2015 im Rechtsausschuss noch frohlockte, die Personalbedarfe hätten sich als zutreffend erwiesen, fehlen nun auf einmal zusätzlich 200 Richter an den Landgerichten. Angesichts des seit Ihrem
Amtsantritt zu verzeichnenden kontinuierlichen Anstiegs der durchschnittlichen Verfahrensdauer bei den Landgerichten – besonders markant in den erstinstanzlichen Zivilsachen von 7,9 auf 9,7 Monate und in den Strafsachen von 6,0 auf 7,8 Monate – ist dies doch keine besondere Überraschung.
Unter Ihrer Amtsführung, Herr Minister, ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Nichthaftsachen an den Landgerichten von 239 Tagen im Jahr 2010 Jahr für Jahr kontinuierlich um insgesamt 41 % auf 337 Tage angestiegen. Was tut der Minister dagegen? – Er tut nichts; jedenfalls nichts mehr. In der Ergänzungsvorlage finden sich keine zusätzlichen Stellen. Es gibt lediglich trotz zurückgehender Eingänge in der Sozialgerichtsbarkeit einige neue Sozialrichter, um sich im Wahljahr das soziale Mäntelchen umhängen zu können.
Herr Minister, Sie haben sich mit dem Nachtragshaushalt 2016 wohl schon verausgabt. Dann hat die Landesregierung für die nächste Wahlperiode noch 298 kw-Vermerke ausgebracht. Bevor Sie deren Prolongation in den Raum stellen, sollten Sie sich besser erst einmal mit dem Finanzministerium verständigen, das von deren Realisierung ausgeht.
Meine Damen und Herren, der Haushaltsentwurf für 2017 trägt nicht zur Lösung der Probleme bei. Meine Fraktion wird ihn deshalb ablehnen, zugleich aber durch Änderungsanträge Wege für einen sinnvolleren Mitteleinsatz aufzeigen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alleine in Deutschland sind über 27 Millionen Bürgerinnen und Bürger bei Facebook angemeldet und lassen Freunde und Bekannte an ihrem Leben teilhaben. Doch was geschieht mit ihren Accounts und ihren persönlichen Daten nach ihrem Tod?
Die Bundesregierung empfiehlt, am besten hinterlege man für die Angehörigen die Zugangsdaten zu
E-Mail-Konten und anderen Internetdiensten handschriftlich in einem Testament. Man könne damit festlegen, dass nur bestimmte Personen Einblick in die Daten erhalten. Mit einer Vorsorgevollmacht könne man zudem bestimmen, auf welche Daten die Erben zugreifen dürfen und was damit geschehen soll.
Die Verbraucherzentrale rät, eine Person des Vertrauens über den Tod hinaus mit allen Aufgaben rund um das digitale Erbe zu betrauen. Dabei bewähre sich insbesondere eine Liste mit allen Benutzerkonten und Passwörtern, die an einem sicheren Ort hinterlegt werden sollte.
Bisher haben Verstorbene in den meisten Fällen ihren digitalen Nachlass allerdings nicht geregelt. Damit stellen sich die materiellen Rechtsfragen nach dem Umgang mit dem digitalen Nachlass abstraktgenerell.
Mit dem zur Beratung vorgelegten Antrag fordert die CDU, zügig zu prüfen, welche Gesetzeslücken im Bereich des digitalen Nachlasses auf Bundes- und Landesebene bestehen und diese schnellstmöglich zu schließen. Wenn das denn mal so einfach wäre! Viele der sich im Zusammenhang mit dem digitalen Nachlass stellenden rechtlichen Fragen sind weder durch die Rechtsprechung entschieden noch im wissenschaftlichen Diskurs hinreichend geklärt.
Der digitale Nachlass war 2013 Thema des 64. Deutschen Anwaltstages. In seiner Stellungnahme geht der Deutsche Anwaltverein davon aus, dass grundsätzlich der gesamte digitale Nachlass inklusive EMail-Accounts, Providerverträgen und Auskunftsansprüchen beispielsweise in Bezug auf Passwörter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben übergeht. Die zum großen Teil anderslautenden allgemeinen Geschäftsbedingungen der Provider hielten einer Inhaltskontrolle überwiegend nicht stand. Zur Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen Fernmeldegeheimnis und Erbrecht sei eine gesetzliche Regelung erforderlich, die es den Diensteanbietern erlaube, den Erben Zugang zu sämtlichen Daten zu verschaffen wie zuvor dem Erblasser.
Im Ausgangspunkt stimmt das Landgericht Berlin in dem nicht rechtskräftigen Urteil aus Dezember 2015 mit dieser Wertung überein. Das ist auch überzeugend. Eine unterschiedliche Behandlung des digitalen und des analogen Nachlasses würde dazu führen, dass Briefe und Tagebücher unabhängig von ihrem Inhalt vererblich wären, E-Mails und private Facebook-Nachrichten hingegen nicht.
Eine Ergänzung des Telekommunikationsgesetzes hält das Landgericht allerdings nicht für erforderlich. Zudem hat es ausdrücklich offen gelassen, ob das postmortale Persönlichkeitsrecht auch dann nicht verletzt ist, wenn der Erbe nicht – wie im entschiedenen Fall – zugleich Sorgeberechtigter ist.
Stimmen in der Literatur weisen zudem darauf hin, dass die Entscheidung bereits durch eine Änderung der allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters überholt ist. Da bleibt dann im weiteren Instanzenzug und darüber hinaus noch einiges zu klären.
Die Justizministerkonferenz hat, wie schon erwähnt, im Juni 2015 eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Bundesjustizministeriums eingesetzt, die sich unter anderem – die restlichen Punkte hat Herr Kollege Wolf ja hier auch schon aufgezählt – mit dem digitalen Nachlass auseinandersetzt.
Bei einer von der Landesregierung durchgeführten Onlinekonsultation hat eine deutliche Mehrheit der These zugestimmt, dass wir neue rechtliche Regelungen für den digitalen Nachlass brauchen. Das ebenso klare Votum für neue rechtliche Regeln für Verträge über digitale Inhalte hat der 71. Deutsche Juristentag im September in Bezug auf einen neuen Vertragstypus aber ebenso deutlich verworfen.
Meine Damen und Herren, auch in Bezug auf den digitalen Nachlass ist das Verhältnis zwischen Erblasser und Erben auf vielfältige Weise Verfügungen unter Lebenden oder von Todes wegen zugänglich, sodass in Bezug auf den digitalen Nachlass eine Abweichung vom Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich jedenfalls nicht gerechtfertigt erscheint.
Im Verhältnis zu den Providern muss sichergestellt werden, dass der Verfügungsbefugnis des Erblassers wie des Erben Geltung verschafft wird, also auch der Erbe die Daten einsehen und gegebenenfalls auch deren Löschung veranlassen kann. Ob dafür die Inhaltskontrolle der AGBs ausreicht oder neue gesetzliche Regelungen notwendig sind, bedarf weiterer sorgfältiger Prüfung.
Aufgrund der Grundrechtsrelevanz ist zudem insbesondere auch das Telekommunikationsgesetz in den Blick zu nehmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So lange das bestehende Informationsfreiheitsgesetz geltendes Recht in unserem Land ist, müssen bei einer förmlichen Antragstellung nach § 5 die Bestimmungen der §§ 9 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz eingehalten werden, soweit das IFG keine spezielleren Regelungen trifft.
Dies bedeutet, dass auch bei fernmündlichen oder elektronischen Anträgen eine Identifizierung der antragstellenden Person zumindest theoretisch möglich sein muss. Dabei kann auf die Überprüfung der Angaben zur antragstellenden Person im Einzelfall gegebenenfalls verzichtet werden, wenn es beispielsweise um solche Anträge geht, die keinen besonderen Aufwand und keinen Gebührenbescheid nach sich ziehen.
Das Portal FragDenStaat möchte einen niederschwelligen Zugang zu Informationen der Politik und Verwaltung schaffen. Tatsächlich lotst das System interessierte Bürgerinnen und Bürger problemlos durch den Anfrage- und Antragsprozess und schlägt sogar vor, welche staatliche Stelle ein entsprechendes Ersuchen wahrscheinlich bearbeiten wird.
Eine solche Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern begrüßt meine Fraktion durchaus, vereinfacht sie doch den Zugang zu öffentlichen Informationen erheblich. Doch in gleichem Maße werden mit der möglichen Wahl eines Pseudonyms die Voraussetzungen nach dem IFG vielleicht gerade nicht erfüllt. Im Zuge der Weiterentwicklung des IFG zu einem echten Transparenzgesetz bedarf dies der Klärung.
Nachdem wir im letzten halben Jahr der rot-grünen Regierungszeit angekommen sind, sollten sich SPD
und Grüne fragen lassen, weshalb in viereinhalb Jahren dieser Teil des Koalitionsvertrags unerfüllt blieb. Öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen sollen jedenfalls kaschieren, dass hier Stillstand herrscht. Das politische Erbe von Rot-Grün wird sich wohl auf Open.NRW beschränken. Doch lebt gerade diese Plattform davon, dass sie von den Kommunen und vom Bund bestückt wird – noch nicht einmal die Hälfte der Datensätze stellt die Landesverwaltung bereit.
Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat der Landesregierung in seinem Jahresbericht 2015 ein geradezu vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Da heißt es – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
„Die OpenData-Initiative, die vor einigen Jahren mit einem Sturmesbrausen begann, droht inzwischen, sich in einem lauen Lüftchen zu verlieren.“
Die Open.NRW-Strategie müsse erst noch beweisen, dass der immense Aufwand ihrer Entwicklung durch eine zeitnahe und gelungene Umsetzung der Ideen in der Praxis gerechtfertigt sei. Er kritisiert indirekt, wann, wenn nicht jetzt, die erforderlichen Veröffentlichungspflichten geschaffen werden sollen.
Auch die Ausschussberatungen zu diesem Antrag haben Handlungsbedarf aufgezeigt; denn es mangelt nicht nur am gesetzgeberischen Willen von RotGrün, sondern, wie die neue LDI klarmachte, oft an Unkenntnis und Mentalität in der öffentlichen Verwaltung. Sie regte an, bei entsprechenden Fortbildungen das Thema „Zugang zu Daten bei öffentlichen Stellen“ insgesamt in den Fokus zu nehmen. Dies sei jedoch globaler zu fassen und nicht auf ein einzelnes Portal zu kaprizieren. – Das hält auch meine Fraktion für einen guten und gangbaren Ansatz.
Bisherige Bedenken hinsichtlich der Veröffentlichung von auf Antrag herausgegebenen Informationen konnten insoweit relativiert werden, dass personenbezogene Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschwärzt werden. Dabei sei allerdings auf die Urteile von Oberverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht verwiesen, die bei Daten von Job-Centern sehr enge Maßstäbe anlegen.
Kurzum: FragDenStaat ist eines von zahlreichen Instrumenten, mit denen Bürger Informationen beantragen können. Allerdings müssen Entwicklungen wie „Verklag Den Staat“ von einem gewählten Parlament mit einer gewissen Sorge betrachtet und muss die Frage gestellt werden, ob damit nicht über das Ziel hinausgeschossen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sich am Beispiel von FragDenStaat zeigt, wäre der eigentlich notwendige Schritt, dass SPD und Grüne endlich das in ihrem Koalitionsvertrag angekündigte Transparenzgesetz vorlegen. Alles andere ist Augenwischerei und trägt nicht zum eigentlichen Zweck von Open
Government bei, nämlich Transparenz zu schaffen und das Vertrauen der Bürger in Politik und Verwaltung zu stärken. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch aus Sicht der FDP-Fraktion liegt uns heute ein handwerklich solide gemachter Gesetzentwurf zur Beratung und Abstimmung vor, der lediglich noch punktueller Änderungen bedarf.
Insofern freut es mich in besonderem Maße, dass es den Fraktionen im Rechtsausschuss auf pragmatische sowie kollegiale Art und Weise gelungen ist, dem in der Anhörung deutlich gewordenen Nachbesserungsbedarf durch einen gemeinsamen Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung Rechnung zu tragen.
Bekanntlich tritt am 1. Januar 2017 auf Bundesebene das Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung in Strafverfahren in Kraft. Dieses Gesetz konkretisiert § 406g StPO, der ab demselben Datum insbesondere schutzbedürftigen Zeugen – etwa infolge von Gewalttaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung traumatisierten Personen – die Möglichkeit der psychosozialen Begleitung im Strafprozess – vom Ermittlungsverfahren bis zur Rechtsmittelinstanz – zur Verfügung stellt.
Bei psychosozialer Prozessbegleitung handelt es sich um eine nichtrechtliche Unterstützung der verletzten Personen, die deren Zeugenaussage nicht beeinflussen darf. Das Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung regelt dabei den Inhalt der Prozessbegleitung, die grundlegenden Anforderungen an die Qualifikation der diese Durchführenden sowie deren Vergütung. Es belässt den Ländern Raum für ergänzende und weiter konkretisierende Regelungen, und zwar unter anderem in den Bereichen weiterer Anforderungen an Qualifikation und Fortbildung, der Anerkennung von Aus- und Weiterbildung der Prozessbegleiter sowie bei der Bestimmung der für die Anerkennung zuständigen Stelle.
Der Gesetzentwurf des Ausführungsgesetzes präzisiert deshalb die Voraussetzungen der psychosozialen Prozessbegleitung in den genannten Bereichen.
Im Rahmen der Anhörung war aufgefallen, dass nach dem Gesetzentwurf der Widerruf der Anerkennung als Prozessbegleiter selbst dann im Ermessen der anerkennenden Stelle stehen sollte, wenn die Teilnahme an Aus- und Fortbildung beharrlich und dauerhaft verweigert wird. Das darf natürlich nicht der Fall sein; denn gerade die Fortbildungen erlauben es der Prozessbegleiterin bzw. dem Prozessbegleiter, stets auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnis zu bleiben.
Zugleich sah der Gesetzentwurf bisher keine Evaluierungsklausel vor. Angesichts des Umstandes, dass es sich bei der psychosozialen Prozessbegleitung um ein neues Rechtsinstitut handelt und nur wenige diesbezügliche Erfahrungen vorliegen, erschien dies nicht sachgerecht. Dem Land kommt immerhin substanzieller eigener Regelungsspielraum – gerade mit Blick auf den Umfang und den Inhalt der Fortbildungsmaßnahmen – zu. Die gemachten Erfahrungen gilt es deshalb auszuwerten.
Schließlich hätte es die bisherige Fassung der Verordnungsermächtigung dem Justizministerium erlaubt, eine beliebige Stelle – vom Amtsgericht bis zum Umweltamt – mit der Zuständigkeit für die Anerkennung zu betrauen. Auch das bedurfte daher der Begrenzung.