Reiner Priggen

Appearances

14/3 14/4 14/5 14/6 14/7 14/8 14/9 14/10 14/12 14/15 14/16 14/17 14/18 14/22 14/23 14/24 14/25 14/26 14/28 14/29 14/30 14/34 14/37 14/38 14/40 14/42 14/43 14/44 14/45 14/48 14/49 14/50 14/52 14/53 14/55 14/56 14/57 14/59 14/60 14/63 14/64 14/65 14/67 14/68 14/69 14/71 14/72 14/73 14/75 14/77 14/78 14/79 14/82 14/83 14/85 14/86 14/87 14/88 14/89 14/95 14/97 14/98 14/102 14/103 14/105 14/106 14/107 14/108 14/109 14/110 14/111 14/112 14/113 14/114 14/115 14/116 14/117 14/118 14/119 14/120 14/121 14/122 14/123 14/124 14/125 14/126 14/129 14/131 14/132 14/134 14/135 14/136 14/137 14/138 14/139 14/141 14/142 14/143 14/145 14/146 14/148 14/149

Last Statements

Frau Präsidentin! Frau Ministerin Thoben! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist heute das letzte Mal, dass wir in dieser Legislaturperiode über Klimaschutz- und Kraftwerkspolitik diskutieren.
Für mich wird in Erinnerung bleiben, dass wir in diesen fünf Jahren die Klimaschutzfrage, ausgehend vom Stern-Report, vom IPCC-Bericht, so intensiv diskutiert haben wie nie zuvor. Ich will mich ungeachtet der sachlichen Differenzen, die wir haben, bei allen Kolleginnen und Kollegen – auch bei dir, Dietmar, auch bei Ihnen, Herr Ellerbrock – bedanken, weil es viele spannende Debatten waren. In der Sache stimmen wir überhaupt nicht überein – das will ich klar sagen –, aber es hat viele spannende Diskussionen gegeben.
Herr Brockes, Herr Wittke, ich will mit zwei Zitaten beginnen: Demnächst wollen die Grünen wieder bei Kerzenschein zu Abend essen. – Oder: Wir haben in fünf Jahren 100 % erneuerbare Energien in NRW umgesetzt.
Das ist genau die unterkomplexe Art, mit der Sie immer wieder an dieses Thema herangehen.
Die Bundesregierung, über alle drei Koalitionen der letzten Jahre hinweg, ob es eine rot-grüne Koalition, eine Große Koalition oder jetzt eine CDU/FDPKoalition war – ich hatte ja das Vergnügen, gestern Abend mit dem Bundesumweltminister Röttgen darüber zu diskutieren –, sagt uns basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen: Wir müssen bis 2050 eine Emissionsreduktion um 80 bis 95 % hinbekommen. Das ist eine riesige Herausforderung für ein modernes Industrieland. Das ist die Dekarbonisierung einer modernen Industriegesellschaft innerhalb einer Generation. Das ist die Herausforderung.
Immer wenn wir über Kraftwerke reden, dann reden wir über diese Zeiträume, weil neue Kohlekraftwerke, die jetzt gebaut werden, durchaus 40, 50 Jahre laufen. Das heißt, wir müssen die konkrete Politik – die Zielsetzung kommt von Ihrer Bundesregierung, von Ihrer Parteivorsitzenden – in diesen Zeitachsen benennen.
Wir müssen auch sagen, was das für ein Industrieland wie Nordrhein-Westfalen heißt.
Wenn die Bundesrepublik Deutschland 1995 1.000 Millionen Tonnen Emissionen hatte und 2050 um 90 % herunterkommen muss, dann bleiben uns noch 100 Millionen Tonnen Emissionen, die wir dann haben dürfen. Wir wissen, dass es prozessbedingte Emissionen gibt, die wir nicht auf null bringen können. Wir wissen, dass wir die Stahlindustrie optimieren müssen, besser machen müssen. Wir bekommen sie nicht emissionsfrei. Die Zementherstellung wird man nicht emissionsfrei bekommen, die Chemieindustrie nicht emissionsfrei. Ich kann mir ein modernes Industrieland wie die Bundesrepublik und insbesondere NordrheinWestfalen ohne Stahl, Zement, Chemie nicht vorstellen.
Das heißt, wir brauchen das bisschen, das wir an Spielraum haben, diese 100 Millionen Tonnen, für die mindestens 80 Millionen Tonnen umfassenden prozessbedingten Emissionen. Das heißt in ganz nüchterner Konsequenz: Nicht in fünf Jahren – nicht diese albernen Mätzchen –, sondern in 40 Jahren müssen wir wesentliche Bereiche, in denen wir heute Energie verbrauchen, emissionsfrei machen.
Das ist als Erstes der Gebäudebereich. Ab 2020, in zehn Jahren, dürfen wir Häuser nur noch als Passivhäuser bauen. Das schreibt die EU vor, das ist ein richtiger Schritt. Und wir müssen in 40 Jahren den Altbestand emissionsfrei bekommen. Wir
müssen die Stromerzeugung emissionsfrei hinbekommen und den Verkehr, wenn wir die Restemissionen für die anderen Industriebereiche brauchen. Das ist die Herausforderung, die über all dem liegt.
Vor dem Hintergrund sollten wir uns einmal ansehen, was in Nordrhein-Westfalen konkret passiert: Wir haben zurzeit 170 Millionen Tonnen Emissionen aus Kraftwerken pro Jahr. Und es werden mehr werden durch diese Strategie des Zubaus.
Ich brauche für die nächsten Jahre nur das zu nehmen, was jetzt schon im Bau ist, nicht weniger. Wie gesagt, die Kohlekraftwerke laufen 40, 50 Jahre. Sie müssten eine Strategie haben und sie offen auf den Tisch legen analog zur Bundesregierung – 40 % Reduktion bis 2020, entsprechend 55 bis 60 % für 2030 und 70 bis 75 % für 2040, damit das in eine gewisse Achse passt, weil diejenigen, die in Energietechnik investieren wollen, das heute auf langen Zeitachsen machen und wissen müssen, dass wir 2020, 2030, 2040 die Freiräume für Emissionen nicht mehr haben.
Weil das alles so nicht geht, sind Sie mit Ihrer Energiepolitik, gerade was Klimaschutz angeht, in dieser Legislatur völlig gescheitert.
Ich weise darauf hin, was der Bundesumweltminister sagt: Die Zukunft der Energiepolitik wird erneuerbar sein, sie wird dezentral sein, und sie wird nicht in diesen Riesenkohlekraftwerksblöcken liegen. Jetzt sagt selbst die Bundesregierung mit Westerwelle und Merkel: 30 % erneuerbarer Strom in zehn Jahren. Wir Grüne sind vor 15 Jahren ausgelacht worden mit unseren „Windrädchen“, mit unseren Solarzellen. Kollege Papke macht das jetzt noch mit Leidenschaft. – In zehn Jahren ist das der Primärenergieträger Nummer 1 in der Stromerzeugung im Hochindustrieland Bundesrepublik Deutschland.
Das ist das Ziel der Bundesregierung.
Herr Dr. Papke, ich erkläre es Ihnen gerne. Halten Sie die Luft an, ich erkläre es Ihnen gerne noch einmal.
Das Ziel der Bundesregierung, Guido Westerwelle, Angela Merkel, ist: in zehn Jahren mindestens 30 % Strom aus erneuerbaren Energien. Dann sind im Bereich der Stromerzeugung die erneuerbaren Energien der Primärenergieträger Nummer 1 – nicht Steinkohle, nicht Braunkohle, nicht Atom, nicht Gas, sondern die erneuerbaren. Das ist das Ziel Ihrer Bundesregierung. Als Grüner sage ich: Das ist ein gebremster Ausbau, wir könnten deutlich mehr
schaffen. Aber das ist das Ziel selbst dieser Regierung der Bundesrepublik.
Das, was Sie machen, um das ganz klar zu sagen, ist eine schleichende Entindustrialisierung,
weil Sie dieses Land von den Zukunftstechnologien ausschließen. Genau das ist das. Die Frage ist – da stehen wir im politischen Wettbewerb, das ist völlig in Ordnung –, ob Sie mit den Albernheiten über den Kerzenschein durchdringen oder ob wir deutlich machen können, dass die Zukunft eines modernen Industrielandes in der Dezentralität, in erneuerbaren Energien, in modernsten Kommunikationstechnologien liegt. Das ist der Wettbewerb.
Jetzt möchte ich die restliche Minute noch nutzen, um auf das konkrete Projekt Datteln einzugehen. In Datteln – das muss man immer sagen – ist eine Kraftwerksplanung der E.ON durchgepeitscht worden. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat den Bebauungsplan in Bausch und Bogen in den Boden gestampft, aus vielen Gründen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat, da vom OVG keine Revision zugelassen war, die Zulassung der Revision verworfen. Das ist endgültig. Jetzt wird ein neuer Bebauungsplan aufgestellt. Dieses Gefälligkeitsgenehmigen, was davor war, darf seine Fortsetzung so nicht finden, um das ganz klar zu sagen.
Doch, das betrifft das, was im Vorfeld des ersten B-Planverfahrens geschehen ist. Wenn man den Ratsmitgliedern in Datteln eine Woche vor Weihnachten 1.100 Seiten Gutachten auf den Tisch legt und in der ersten Januarwoche eine Entscheidung fallen muss, damit E.ON die Bäume roden kann, dann wird da Druck ausgeübt. Es findet keine sorgfältige Planung
und keine Abwägung statt, wenn ein großes Unternehmen mit seiner Arroganz im Vertrauen auf seine Rechtsanwälte versucht, so etwas gegen Recht und Gesetz durchzubekommen. Die Quittung ist an der Stelle gekommen.
Was Sie nicht machen sollten – es gibt ein Gerechtigkeitsempfinden im Land, eine Regierung macht Gesetze, an die sich alle zu halten haben –, ist, Gesetze umzubiegen, damit einzelne Großprojekte durchkommen. Das beleidigt das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen zutiefst.
Das machen Sie an der Stelle. Und das schafft kein Vertrauen bei Investoren. Bei E.ON zittern die
Rechtsanwälte doch vor den Gesetzesänderungen, die Sie jetzt gemacht haben, weil sie genau wissen, dass auch das keinen Bestand haben wird, weil Sie handwerklich nicht sauber arbeiten. Insofern tun Sie sich in mehrfacher Hinsicht mit diesem Vorgehen keinen Gefallen.
Den Rest, Frau Präsidentin, sage ich im zweiten Redenbeitrag. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Verehrter Herr Dr. Papke, bei Ihnen muss der Angstschweiß schon unglaublich stark fließen.
Ich erlebe Sie nun fünf Jahre lang als Fraktionsvorsitzender, aber eine derart absurde Rede, wie Sie sie eben gehalten haben, habe ich von Ihnen noch nicht gehört.
Ich will das an einigen Zitaten deutlich machen. Wenn Sie sagen, wir betrieben eine Angstkampagne: Sie haben eben allen Ernstes erklärt, es bestünde für die Menschen in NRW akute Lebensgefahr, wenn die Grünen in die Regierung kämen.
Einen solch absurden Satz habe ich in den zehn Jahren, in denen ich dem Hause angehöre, noch nie gehört.
Herr Dr. Papke, wer sich wo Waschen soll, das wollen wir beide hier nicht miteinander diskutieren. Ich bitte um ein bisschen Souveränität. Das ist die letzte Sitzung vor der Landtagswahl. Es ist auch gut
so, meine ich, wenn ich mir Ihren Erregungszustand anschaue.
Zweitens. Sie haben sich einleitend Sorgen um mich gemacht.
Herr Dr. Papke, ganz ruhig. Das Herz macht auch nicht alles mit. – Sie haben sich einleitend Sorgen um mich gemacht, um meinen Zustand und meine Position in der Partei. – Machen Sie sich keine Sorgen. Die Grünen sind in dieser Frage sehr geschlossen und gut aufgestellt.
Auch mit meiner verehrten Parteivorsitzenden, Frau Schneckenburger, komme ich sehr gut klar. Sie werden keinen Keil zwischen uns treiben.
Jetzt zu dem Sachthema und zu dem gesamten absurden Zeug, was Sie erzählt haben.
Bei der Klimaschutzpolitik würden wir uns weigern, den Bau neuer modernster Kraftwerke zuzulassen. – Wissen Sie, das Gegenteil ist der Fall. Wir haben niemals gesagt, wir wollten zu 70 % aus der Kohlestromerzeugung aussteigen, sondern ich gehe mit den Zahlen Ihrer Bundesregierung ganz sauber um und dekliniere einen Weg durch, der industriepolitisch für Deutschland, für NRW zwingend gegangen werden muss. Und aus der Logik heraus ergibt sich, dass wir den Bau modernster Kraftwerke in Nordhrein-Westfalen dringend brauchten. „Modernste Kraftwerke“ heißt aber vor allen Dingen kraftwärmegekoppelte Anlagen.
Die Bundesregierung, Ihre Regierung, sagt: 25 % der Stromerzeugung soll aus KWK erfolgen. – Sie allerdings kriegen in der Art nichts hin, gar nichts. Sie gründen eine Suchgruppe mit RWE und E.ON, vertüddeln fünf Jahre, wollen nächstes Jahr ein Gutachten dazu vorlegen, kriegen aber das, was hervorragende Stadtwerke im Land machen, nicht hin. Das ist das, was Sie nicht schaffen.
Wir sind nüchtern genug, um zu wissen, dass die neu gebauten Kraftwerke in Walsum, in Neurath und Niederaußem, die in Betrieb gehen oder bereits in Betrieb gegangen sind, vierzig Jahr lang laufen werden. Das ist so. Das heißt, es geht nicht um einen Ausstieg aus der Kohleverstromung jetzt, sondern es geht um die entscheidende Weichenstellung, ob das, was ich neu baue, dezentral KWK ist, ob es Energie aus Erneuerbaren ist oder ob wir einen Kohleblock nach dem anderen hochziehen, während rund um uns herum in der Republik modernste Industrietechnik entsteht. Darum geht es.
Herr Dr. Papke, wenn Sie Ihren Horizont einmal ein bisschen erweitern würden – ich weiß, dass Sie aus dem Feuchtbiotop der Friedrich-Naumann-Stiftung kommen –, und sich kundig machten, wie moderne Energiepolitik in der Republik aussieht, wenn Sie einmal nach Norddeutschland fahren würden, um zu sehen, wie dort modernste Industriepolitik entsteht, dann wären Sie in Sorge, dass wir in Nordrhein-Westfalen genau diesen Zug in Richtung modernste Technik verpassen.
Der Bundesumweltminister – um ihn noch einmal zu zitieren – hat gestern den Bericht zum Ausbau der Arbeitsplätze im Bereich Erneuerbare vorgelegt. Wir ringen darum, dass dieser Ausbau an NordrheinWestfalen nicht vorbeigeht.
Denn wenn sukzessive die Erneuerbaren ausgebaut werden – diese Bundesregierung sagt 30 %, und es solle eine Vollversorgung geben –, dann heißt das, Dekade für Dekade werden die Erneuerbaren stärker werden. Die Frage, wo die Arbeitsplätze entstehen, ist auch für industrielle Strukturen in Nordhein-Westfalen ganz entscheidend. Niemand kann ernsthaft wollen, dass das alles nur an der Küste in Niedersachsen oder in Ostdeutschland entsteht, sondern das brauchen wir genau hier.
Herr Dr. Papke und seine Partei sind exemplarisch dafür verantwortlich, dass von Anfang an gesagt worden ist, dass man das nicht will. Seine Reaktion eben, als ich die Ziele der Bundesregierung erwähnt habe, war typisch für das ganze Vorgehen in dieser Frage.
Sie können sich mit Kästner beschäftigen, Sie können sich mit Atomkraftwerken in Indien beschäftigen – unser Interesse ist, dass für unsere Kinder und die Generationen danach moderne Energietechnik in Nordrhein-Westfalen gebaut wird.
Die Arbeitsplätze der Zukunft liegen – erregen Sie sich nur weiter! – im Bereich der Erneuerbaren, im Bereich der Kraft-Wärme-Koppelung, im Bereich der Effizienz, in modernster Kommunikationstechnik im Verbund mit Energieerzeugung – und nicht in 1.000-MW-Blöcken, bei denen 60 % der Energie ungenutzt in die Wolken geht.
Das ist Vergangenheit, das ist nicht die Zukunft.
Da wir das – das weiß ich doch; da bin ich nüchtern genug – nicht in fünf, nicht in zehn, nicht in 15 und nicht in 20 Jahren hinbekommen werden, geht es jetzt darum, die Weichen so zu stellen, dass wir das
unter den Zielprämissen der Bundesregierung schaffen können. Darum geht es! Die fünf Jahre, in denen Sie hier Verantwortung getragen haben, sind für diese Bereiche in Nordrhein-Westfalen fünf verlorene Jahre – um das ganz klar zu sagen.
Wir waren im Bereich der Erneuerbaren hinter den Küstenländern führend. Mittlerweile fallen wir im Vergleich aller 16 Bundesländer Monat für Monat zurück. Das liegt in Ihrer politischen Verantwortung. Ich nenne Ihnen nur eine Firma, die Firma Enercon, weltweit eine der Topfirmen im Bereich der Erneuerbaren: vor 25 Jahren in einer Garage gegründet, mittlerweile 12.000 Beschäftigte.
Gucken Sie sich in Norddeutschland um: Das ist modernste Industrietechnik, über die da auch nicht anders diskutiert wird. Es muss einem wehtun, dass wir derartige Fertigungen bis jetzt nicht in Nordrhein-Westfalen haben, dass wir es nicht geschafft haben. Sie haben es fünf weitere Jahre verhindert. Das ist die Hypothek.
Deswegen muss man in aller Gelassenheit im politischen Wettbewerb daran arbeiten, Herr Dr. Papke, dass Ihnen die Verantwortung am 9. Mai mit Sicherheit abgenommen wird. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg, wie Ihre Aufgeregtheit zeigt. – Danke schön.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Knieps, es gab in den Reden einen eher traurigen und einen eher schönen Moment.
Ich will damit sagen, es ist schade, dass du gehst. Es waren fünf spannende und im Diskurs sehr nette Jahre; das gilt insbesondere für unsere Arbeit im Wirtschaftsausschuss. Ich wünsche dir alles Gute für die weiteren Jahre.
Jetzt komme ich zu dem eher schönen Moment. Das Schöne war, dass ich die letzte Rede von Innenminister Ingo Wolf in diesem Parlament gehört habe.
Zur Sache. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Kollege Becker und ich haben in Köln zusammengesessen, als Frau Thoben ihre Pressekonferenz abgehalten hat. Wir haben das live verfolgt, und Frau Thoben hat gesagt: Es besteht dringender Handlungsbedarf hinsichtlich der Gemeindeordnung,
und noch in dieser Legislaturperiode soll eine Gesetzesänderung vorgelegt werden.
Das Angebot der SPD, das zu machen und Fristen zu verkürzen, haben wir mitgetragen. Und wir haben mit diesem Gesetzentwurf gezeigt, dass es bei einer Beteiligung der Fachverbände und bei Einhaltung aller Fristen möglich war, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der Ihren Änderungskriterien entspricht. Dass zur Anhörung das Handwerk nicht eingeladen wurde, ist doch Ihr Fehler. Wir laden über alle Fraktionsgrenzen hinweg ein. Es gibt einen Konsens.
Niemand bei SPD und Grünen hätte abgeschlagen, das Handwerk einzuladen. Warum sollten wir das auch?
Der Konflikt bei den Stadtwerken, um den es geht, ist doch kein Konflikt zwischen Stadtwerken und Handwerk. Es ist ein Konflikt zwischen den Stadtwerken und dem Oligopol aus E.ON, EnBW, RWE und Vattenfall. Das ist der Konflikt.
Jetzt zu dem Bild, das mit einem Fußballspiel vergleichen: Die Stadtwerke dürfen auf dem Fußballfeld in einer Hälfte spielen, aber RWE darf über das ganze Feld spielen. Die Stadtwerke können lediglich verhindern, dass bei ihnen Tore geschossen werden, aber sie können nicht angreifen. Das ist die
Realität. Es geht darum, dort eine Gleichheit herzustellen.
Es ist so, dass sich der Energiemarkt rapide ändert, neue Techniken entwickelt werden. In der Stadt Münster hatte die CDU auch bei den Stadtwerken immer einen hohen Einfluss. Wenn die Stadtwerke Münster nach Osnabrück gehen müssen, um dort mit den Stadtwerken gemeinsam eine Gesellschaft für neue Zählertechnik zu gründen, weil sie nicht durch den bürokratischen Aufwand Ihrer Genehmigungen kommen und die Gesellschaft nicht in Münster gründen können, dann zeigt das doch, wie absurd diese Regelung und Ihre Praxis sind.
Sie haben mit der Änderung des § 107 der Gemeindeordnung in dieser Legislatur ein bürokratisches Monster geschaffen, das dazu führt, dass sich Stadtwerke aus anderen Bundesländern in Nordrhein-Westfalen um Kunden bemühen können, unsere Stadtwerke aber aus ihrem Regionalbereich nicht herauskönnen.
An der Stelle Gleichheit herzustellen, ist kein Konflikt mit dem Handwerk, um es klar zu sagen. Es geht um die originäre Stromerzeugung. Sagen Sie mir einmal, welcher Handwerker originär Strom erzeugt. Insofern bauen Sie einen Popanz auf. Sie haben, um es ganz klar zu sagen, Ihre Arbeit nicht ordentlich gemacht.
Ich will die Kollegen von der CDU zumindest zum Teil in Schutz nehmen. Es ist wieder einmal die FDP gewesen, die an der Stelle nicht bereit war, auf die Stadtwerke zuzugehen und das ein Stück weit zu korrigieren, was bitter notwendig wäre. Dass die CDU nicht den Mut besitzt, den Rücken gerade zu machen und das einzufordern,
weil sich die Stadtwerke in einem verzweifelten Abwehrkampf gegen die großen Konzerne befinden, ist das Bedauerliche. Aber auch das kann man nach dem 9. Mai ändern. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Rasche, das war eben aber ein sehr resignativer Grundduktus in Ihrer Rede.
Nein, nicht jede Rede.
Herr Rasche, zu Ihrem Eilantrag „Kein generelles Tempo 30 in nordrhein-westfälischen Kommunen“: Ich habe zuerst überhaupt nicht verstanden, warum das ein Eilantrag ist. Darüber hinaus geht er an der Sache völlig vorbei. Denn niemand, weder SPD noch Grüne – so stellen Sie es aber dar –, wollen generell Tempo 30 in den Kommunen. Das will überhaupt niemand. Denn es ist vernünftig, dass Kommunen bestimmte Ausfallstraßen und Hauptverkehrsstraßen individuell beurteilen und dann sagen können, ob dort Tempo 50 oder Tempo 70 gilt. Das entscheidet die Kommune. Es wäre völliger Quatsch, wenn wir das für die Kommunen generell bestimmen würden. Insofern ist Ihr Eilantrag grundlos.
Ich möchte es kurz machen. Herr Rasche, wenn Sie nach fünf Jahren Verantwortung für den Verkehrsbereich eine Erfolgsbilanz vorlegen müssten und die Berufspendler fragen würden, wie diese Ihre Leistung bewerten, dann würden Ihnen die Berufspendler sagen, dass sich alles im öffentlichen Nahverkehr verschlechtert hat. Sie würden Ihnen sagen, dass die Züge unpünktlicher und die Verkehrsleistungen schlechter geworden sind und dass ein permanenter Ausdünnungsprozess stattfindet.
Zu Ihrer Aussage, Sie hätten Staus beseitigt: Ich bekomme jetzt zehn oder 15 Jahre auf Landesebene mit, dass jeder Verkehrsminister, der antritt, als Erstes die Staus beseitigt und im Sommer die Autobahnen repariert und, und, und. Ich glaube nicht mehr daran. Sie können keine bessere Bilanz aufweisen als alle anderen davor. Sie sind nach fünf Jahren in der Verkehrspolitik gescheitert. Denn in der Königsdisziplin, im öffentlichen Nahverkehr, haben Sie überhaupt nichts hingekriegt, und deswegen beenden wir das hier ganz schnell. Diese Debatte auf der Grundlage dieses Antrags ist wirklich völliger Unfug. – Danke.
Danke schön, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich will heute einen Aspekt ansprechen, der bisher zu we
nig in öffentlicher Beachtung war. Wir diskutieren die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, die die Bundesregierung plant. Wir halten die für falsch, weil es bei dem Kompromiss bleiben sollte, der damals geschlossen worden ist. Dieser Kompromiss, der damals zwischen Industrie und Bundesregierung mühsam ausgehandelt und geschlossen worden ist, hat sich an dem natürlichen Endzeitpunkt der Kraftwerke orientiert. Dieser wird jetzt wieder infrage gestellt.
Ich will gar nicht auf das Risiko der Atomkraft eingehen, sondern einen anderen Aspekt aufgreifen. Eine Laufzeitverlängerung nützt nur den großen Stromkonzernen. Hier kommt es darauf an, für wie lange man die Laufzeit verlängert: Wenn es 40 Betriebsjahre sind – Enddatum 2030 –, hätten E.ON, RWE und andere 60 Milliarden € Mehreinnahmen, und wenn es, wie es jetzt geprüft wird, 60 Betriebsjahre sind, reden wir über 230 Milliarden € Mehreinnahmen für die vier großen Stromkonzernen.
Ein solcher Schritt wäre eine massive Marktbeeinflussung im Energiebereich. Politik muss an der Stelle auch verlässlich sein. Es gibt sehr, sehr viele Investitionsplanungen von kommunalen Stadtwerken und anderen, die sich alle zusammengeschlossen und gesagt haben, es stehen Investitionen von insgesamt mehr als 9 Milliarden € auf dem Spiel, die alle nicht durchgeführt würden, wenn es zur Laufzeitverlängerung käme.
Ich selber habe in den letzten Wochen eine Reihe von Gesprächen mit Stadtwerkevorständen geführt, die alle sagen: Wir werden bis zur Vorlage des Energiekonzepts der Bundesregierung, was ja für Ende des Jahres angekündigt ist, keine Entscheidung treffen, weil wir nicht wissen, wenn die Laufzeitverlängerung kommt, ob sich Investitionen, die wir eigentlich machen wollen, noch rechnen.
Es geht darum, dass mehrere zig Milliarden Kilowattstunden mehr auf den Markt drängen werden, was langfristige Investitionen auch in modernste Kraftwerkstechnik völlig unwirtschaftlich macht.
Deswegen gibt es diesen Aspekt neben der ganzen Sicherheitsfrage zusätzlich. Auch vor dem Hintergrund, dass die großen Energiekonzerne eine Marktmacht haben, die durch diese Maßnahme noch deutlich stärker stabilisiert würde, würde der Konzentrationsprozess beschleunigt. Das, was wir brauchen, mehr Marktteilnehmer, eine stärkere Position von Stadtwerken und anderen, würde dadurch zurückgedrängt.
Von daher ist es uneingeschränkt zu begrüßen, dass der VKU und die Stadtwerke gemeinsam gegen eine Laufzeitverlängerung eintreten. Das gilt auch für die Position, die sie aufgebaut haben, dass, wenn es dazu kommt, zumindest die gesamten Mehrgewinne abgeschöpft werden, damit es nicht zu dieser Wettbewerbsverzerrung kommt. Also
eine vollständige Abschöpfung der Gewinne ist eine Position, die nachvollziehbar ist.
Insgesamt sagen wir: Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen sollte sich eindeutig gegen eine Verlängerung der Laufzeiten positionieren und in dem Sinn auf die Willensbildung der Bundesregierung einwirken. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Frau Thoben, in aller Kürze. Kollege Weisbrich, Sie haben vorhin gesagt, den Stadtwerken geht es schnöde um die Steigerung ihrer Erzeugungskapazitäten. Ich glaube ganz ehrlich, bei Ihnen gibt es einen abgrundtiefen alten Hass gegen die Stadtwerke.
Bei Ihnen, eindeutig. – Immer wieder diese Melodie. Was heißt denn „schnöde um die Steigerung ihrer Erzeugerkapazitäten“? 80 % der Stromerzeugung liegen bei den Großen, 10 % bei den Stadtwerken und ein bisschen noch bei anderen. Dass die ihre Erzeugungskapazitäten erhöhen wollen, wollen wir doch eigentlich alle, weil wir mehr Marktteilnehmer haben wollen. Sie sagen auch selber: Wir müssen die Oligopole ein Stück weit zurückdrängen. Das passt nicht zueinander.
Sie haben eben meine Zahlen angezweifelt. Ich gebe Ihnen die Quelle: „Handelsblatt“, 7. Juli 2009. Das ist kein grünes Zentralorgan.
„Handelsblatt“, ddp-Meldung; ich gebe Ihnen das gleich gerne. – Eine Studie der Landesbank BadenWürttemberg: E.ON, RWE und EnBW haben Zusatzerlöse von über 200 Milliarden €, falls die Kraftwerke 25 Jahre länger laufen dürfen. – Sie haben das angezweifelt und gesagt, ich soll eine Zehnerpotenz abstreichen. Also: „Handelsblatt“, Landesbank Baden-Württemberg: mehr als 200 Milliarden € Zusatzerlöse. Dann geht es nicht, das um eine Zehnerpotenz kleiner zu machen und, wie Herr Brockes sagt, einen Teil davon abzuschöpfen. Sie müssen doch selber zugeben, Ihre Strategie der Laufzeitverlängerung führt dazu, dass Investitionen in Kraft-Wärme-Kopplung und anderes von den Stadtwerken zurückgestellt werden.
Das ist genau das, was wir nicht brauchen. Das heißt, Nordrhein-Westfalen hat von der Laufzeitverlängerung überhaupt nichts, gar nichts. Aber unsere Stadtwerke werden nicht bauen können. An der Stelle stimmt auch die Behauptung von Frau Thoben nicht, dass sich am Markt nichts an den Stromerzeugungskapazitäten ändert. Die Kollegen werden nicht investieren. Dann ändert sich natürlich etwas. Die Anlagen werden nicht gebaut; es wird
nicht investiert, und in Nordrhein-Westfalen werden wir bestimmte neue Anlagen nicht bekommen. Das ist der Effekt.
Noch einmal: Die Laufzeitverlängerung dient nur den großen vieren. Warum Sie das gegen die Interessen Nordrhein-Westfalens unbedingt verfolgen, hat sich mir auch nach fünf Jahren streitiger Debatte nicht erschlossen.
Frau Thoben, schönen Dank auch zurück. Wenn wir nachher ganz alleine sind, macht das bei der Braunkohle nichts. Es waren schöne kontroverse Jahre. – Danke.
Herr Kollege Rasche, ich stimme Ihnen in den beiden ersten Punkten, die Sie angesprochen haben, voll und ganz zu.
Heute ist der letzte Sitzungstag, an dem sich viele Kollegen verabschieden. Auch von meiner Fraktion und von Herrn Becker, der gerade nicht anwesend sein kann, spreche ich Ihnen, Herr Röken, einen herzlichen Dank für die Zusammenarbeit in den letzten Jahren aus. Ich wünsche Ihnen alles Gute für die nächsten Jahre. Begleiten Sie unser Handeln hier weiterhin positiv und wohlwollend.
Herr Sahnen, auch Ihnen wünsche ich alles Gute für die nächsten Jahre.
Zu dem Antrag, den die SPD-Fraktion vorgelegt hat, kann ich ganz kurz sagen: Wer die vielfältigen wohnungspolitischen Initiativen der Grünen-Fraktion in den letzten fünf Jahren verfolgt hat, kann logischerweise sehen, dass wir dem Antrag der SPD heute zustimmen werden.
Die Landesregierung ist aus unserer Sicht – da sind wir inhaltlich anderer Auffassung – in den letzten fünf Jahren mit der Abrissbirne durch die soziale Wohnungspolitik gezogen. Das war auch klar. Denn dieses ideologische Motto „Privat vor Staat“, das Sie von Anfang an vor sich hergetragen, hat seine Auswirkungen auch bei der Wohnungspolitik gezeigt. Am Ende der fünf Jahre der Regierungszeit kommen wir zu 500.000 Wohnungen, die sich in
Nordrhein-Westfalen heute im Besitz der sogenannten Wohnungsheuschrecken befinden, und 100.000 Wohnungen der LEG, die die Landesregierung selber verkauft hat.
Wir haben die Auseinandersetzungen in vielen Kommunen verfolgen können, und wir werden es noch bitter bereuen, dass wir kommunalen Wohnungsbesitz in Zeiten, in denen man meinte, damit mehr als 3 oder 4 % Rendite erzielen zu müssen, verkauft haben. Diesen Wohnungsbestand werden wir irgendwann dringend benötigen.
Wir haben es im Land immer als eine sozialpolitisch wichtige Aufgabe gesehen, dass Wohnungen …
Nein, nicht vergammelt. – … bestimmten Bevölkerungsschichten zu vernünftigen Preisen zur Verfügung gestellt werden können. Das war stets eine sozialpolitische Aufgabe.
Man muss nicht alle Bestände halten, aber wer sich dieser Aufgabe nicht annimmt, wird es irgendwann bitter bereuen. Denn dann sind es vor allem Familien mit Kindern und Einkommensschwächere, die in den Innenstädten keine Chance haben werden, dort eine finanzierbare Wohnung zu finden. Sie werden aus den Städten gedrückt, und das führt wiederum dazu, dass unsere Städte einen Charakter annehmen, den wir alle eigentlich nicht wollen. So sieht das Bild am Ende der Regierungszeit aus.
Der zweite Punkt – dazu habe ich schon einmal gesprochen – ist das Meisterstück dieser Landesregierung: die Plünderung des Landeswohnungsbauvermögens, zu der es im Januar 2010 kam. 18 Milliarden € betrug das Vermögen des Landes im Wohnungsbau.
Aus diesem Vermögen ist in den letzten Jahrzehnten jedes Jahr ein Investprogramm in Höhe von 1 Milliarde € für den Bau und die Modernisierung von Sozialwohnungen sichergestellt worden. Das ist jetzt an die NRW.BANK gegangen und somit raus aus der Verfügbarkeit des Landes. Jetzt entscheiden Bankmanager und nicht mehr die Politik über das Landeswohnungsbauvermögen. Das ist ganz klar die Priorität: abgeben, weg von der politischen Verantwortung für den Landeswohnungsbau und hin zu denen, die das nach anderen Gesichtspunkten entscheiden. Das ist ein politischer Fehler, den Sie begangen haben.
Ich möchte einen kleinen Kritikpunkt zum SPDAntrag äußern; vielleicht verstehe ich ihn einfach
anders. Sie fordern die Landesregierung mehrfach auf, dieses oder jenes zu tun und zu ändern. Das können Sie ja nicht ganz ernst gemeint haben. Sie meinen wohl die kommende Landesregierung in der nächsten Legislatur. Und wenn ich das so verstehe, dann können wir gerne zustimmen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst möchte ich mich bei der Landesregierung, bei den Mitarbeiterinnen des Ministeriums und bei der Wirtschaftsministerin für die Arbeit bedanken, die sie sich mit der Beantwortung der Anfrage gemacht haben. Ich glaube, sie wird uns auch für die kommenden Jahre, in denen wir an bestimmten Themenkomplexen weiter werden arbeiten müssen, wertvolle Hinweise liefern.
Ich will vier grundsätzliche Fragen ansprechen, denen wir aus meiner Sicht bisher zu wenig Beachtung geschenkt haben und die wir in den kommenden Jahren sorgfältiger werden beachten müssen.
Wir haben bei der Behandlung der Problematik rund um Wassenberg festgestellt, dass der Wiederanstieg des Grundwassers nach der Beendigung der Bergbautätigkeit in der Steinkohleförderung viel mehr Beachtung finden muss als bisher. Das wird auch für die Braunkohle gelten. Insofern waren die vergangenen fünf Jahre sehr lehrreich.
Wir haben bei der Steinkohle gemerkt, dass sich die Erde in bestimmten Teilbereichen wieder so hob, dass es zu massiven Schäden gekommen ist. Wir haben bei der Braunkohle gelernt – das war mir, ehrlich gesagt, bis dahin unbekannt –, dass es in Bereichen, die bis zu 15 km entfernt vom aktiven Tagebau liegen, zu Totalabrissen von Häusern als anerkannte Bergschäden kommt. Das ist in der Steinkohle ungewöhnlich; hier haben wir meistens einen direkten Zusammenhang mit den Abbaufeldern und unter bestimmten Neigungswinkeln Schäden an Gebäuden, die darüber stehen.
Wir müssen ganz nüchtern zur Kenntnis nehmen, dass bei den Tagebauen in der Braunkohle zwischen Beginn und Ende 80 oder 90 Jahre liegen. Das sind Zeiträume, die jedes politische und planerische Handeln, das wir normalerweise haben, weit übersteigen.
Wir haben bei der Braunkohle Absenkungen in Bedburg von 2,80 m, in Bergheim von 3 m und in Elsdorf-Heppendorf von über 4 m durch die großräumige Grundwasserabsenkung. Es ist völlig klar, dass es bei einem Wiederanstieg des Grundwassers entsprechende Anhebungen des Grundwasserspiegels gegenüber der Unterkante der Häuser geben wird. Wo früher unter den Häusern der Grundwasserspiegel 2 bis 3 m unterhalb des Kellerbodens war, müssen wir damit rechnen, dass die Keller bei einem Wiederanstieg des Grundwassers nass werden.
Das erleben wir im Moment in Korschenbroich. Dort sind 7.000 Häuser und ihre Anwohner davon betroffen, weil mit dem planungsmäßigen Einstellen der Sümpfung der Grundwasserspiegel wieder ansteigt und die Menschen dort nasse Keller bekommen. Das führt zu gravierenden Schäden und zu Kosten, die die Einzelnen dort tragen müssen. Das kann nicht unser Ziel einer vernünftigen Planung sein. Wir müssen damit ganz sorgfältig und sauber umgehen.
Von demjenigen, der 1990 gebaut hat, kann man nicht erwarten, dass er sich Gedanken darum macht, was 2070 oder 2080 unter seinem Haus passiert. Das übersteigt jeden Zeithorizont, vor dem heute normalerweise jemand ein Haus baut. Trotzdem ist es folgendermaßen: Wenn die Tagebaue zu Ende sind – die Laufzeiten gehen heute bis 2040/2045 –, dauert es durchaus 30 Jahre, bis sich
der Wasserspiegel in den Seen abschließend wieder eingestellt hat, sodass das Wasser auf diesen Zeitachsen wieder ansteigt.
Wenn also heute Neubaugebiete in Bereichen ausgewiesen werden, die noch trocken sind, die sogar dadurch trocken geworden sind, dass der Tagebau gesümpft hat, besteht für diejenigen, die dort bauen, das hohe Risiko, dass in der nächsten Generation die Häuser von unten beschädigt werden.
Das haben wir aus meiner Sicht bisher zu wenig beachtet. Es wird ein Teil unserer Arbeit in der kommenden Legislaturperiode sein, ganz klar durchzudeklinieren: Was heißt das? Welche Einschränkungen bei der Bauleitplanung und Baugenehmigungen in den betroffenen Bereichen erfordert das? Das kann dazu führen, dass man in diesen Bereich nicht mehr mit einem Keller bauen kann oder entsprechende Vorschriften erlassen muss, dass die Leute sich entsprechende Häuser bauen, die in den sogenannten weißen Wannen stehen.
Zur Situation in Korschenbroich, wo nachher 7.000 Hausbesitzer betroffen sind: Wir können den Grundwasserspiegel nach Beendigung des Tagebaus nicht künstlich niedrig halten. Dafür kann man auch das Unternehmen nicht kritisieren: Die Planungen waren so vorgegeben und genehmigt worden. Aber wir haben jetzt eine Kalamität, die Tausende Menschen vor schwerwiegende Probleme stellt.
Wenn wir das vernünftig miteinander diskutieren, hat das Auswirkungen auf die Gemeinden im Braunkohlenbereich. Wir müssen es vernünftig diskutieren. Denn weil es der Einzelne nachher nicht tragen kann, müssen wir uns als diejenigen, die langfristige Planungen genehmigen, auch im Verbund mit den Kommunen vernünftig mit der Frage beschäftigen. Das wird eine Aufgabe sein.
Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen, nämlich den Erdrutsch in Nachterstedt und das, was wir jetzt erlebt haben. Gleich gibt es noch eine Sondersitzung des Ausschusses für Bergbausicherheit.
Die Beruhigungsparolen kamen sofort: Nachterstedt kann bei uns nicht passieren. Wir haben einen anderen Aufbau der Erdschichten. Im Rheinland haben wir aber ein tektonisch besonders ausgeprägtes Revier. Was in der Braunkohle in Nachterstedt passiert ist, muss gar nicht im Rheinland passieren. Aber wir können andere Probleme bekommen.
Der Erdrutsch, den wir vor wenigen Tagen in Inden verfolgen konnten, fand an der Stelle einer tektonischen Störung statt. In der Steinkohle gibt es die Pflicht des Bergwerksunternehmens, Tagesrisse zu dokumentieren, bei denen jede Störung kartografiert wird, sodass man auch im Nachhinein beim Oberbergamt sehen kann, was im Laufe der Jahrzehnte der Bergbautätigkeit passiert ist. Diese Pflicht haben wir bei der Braunkohle nicht. Wenn es im landwirt
schaftlichen Bereich zu einer Tagesstörung kommt, verfüllt das Unternehmen das normalerweise. Der Landwirt sagt Bescheid. Es kann drei- bis viermal eine Störung auftreten, und das wird ausgeglichen.
Wenn aber nach Einstellung des Bergbaus genau an diesen Störungsstellen umgekehrt Störungen wieder hochkommen – damit müssen wir rechnen –, macht das auch aufgrund des jetzigen Geschehens aus meiner Sicht deutlich, dass wir dahin kommen müssen, dass entsprechende Tagesrisse auch in der Braunkohle dokumentiert werden, damit nicht immer einzelne Ereignisse passieren und diejenigen, die an den Störungen im Nachbarbereich wohnen, das nicht kennen. Wir müssen auch in der Braunkohle darüber reden, dass das mit dem gleichen Qualitätsstandard wie in der Steinkohle vernünftig festgehalten wird. Sonst sind es wieder die Einzelnen mit ihrem Eigentum, die dafür nachher die Zeche zahlen müssen. Das kann nicht sein.
Wir müssen auch erkennen und weiter prüfen, dass die Abstände zur Tagebaukante nach den Kalamitäten, die passiert sind, so nicht bleiben können. Den Erdrutsch, den wir jetzt hatten, war der größte in den letzten 25 Jahren. Jetzt weiß ich auch, dass die Abbaukante im lebendigen Tagebau anders aussieht als nachher die Endkante.
Trotzdem müssen wir uns damit befassen, ob nicht in Abhängigkeit von der Tagebautiefe nachher Abstände größer gewählt werden müssen. Wir müssen auch davon ausgehen, dass wir mit diesen 150, 200, 250 m bei der Tiefe unserer Tagebaue wahrscheinlich nicht auskommen, sondern über Abstände von durchaus 500 m reden müssen.
Ich möchte noch einen vierten Punkt ansprechen. Wir müssen darüber reden, dass das Unternehmen auch Sicherheitsleistungen für Bergschäden zur Verfügung stellen muss, weil das, was wir in der Steinkohle erleben, dass durchaus, nachdem die Bergwerke abgeschlossen sind – das erleben wir in Wassenberg –, Jahre und Jahrzehnte später noch Schäden auftreten. Damit müssen wir in der Braunkohle in viel stärkerem Maße rechnen.
Wenn durch den Grundwasserwiederanstieg, der ja über dreißig Jahre geht, Schäden wieder auftreten, dann muss sichergestellt sein, dass diese Bergschäden auch reguliert werden können. Insofern kann man das Unternehmen nicht aus der Pflicht lassen, sondern muss vernünftigerweise darüber reden, wie wir sicherstellen können, dass nicht die einzelnen Privaten und die Kommunen betroffen sind.
Bei alledem will ich nicht zweifeln an sorgfältiger Arbeit, die diejenigen, die damit zu tun haben, leisten. Das müssen sie, aber wir müssen es auch. Wir müssen diese langen Achsen, unter denen der Bergbau da gefahren wird, auch berücksichtigen. Wir müssen
die Weichen stellen, damit nicht 2070 – das ist ein Zeitraum, der weit weg ist von dem, was wir jetzt machen – Einzelne betroffen sind, das heißt, wir müssen es sauber regeln.
Deswegen ist diese Antwort auf die Anfrage ein wertvoller Punkt im Hinblick auf die Arbeit in den letzten Jahren. Dann machen wir das in den nächsten fünf Jahren vernünftig weiter. Ich glaube, an den Punkten haben wir genug zu tun. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin, ganz herzlichen Dank. – Da ich das eben vergessen habe – das tut mir sehr leid –, greife ich zu diesem Kunstgriff: Würden Sie sich darüber freuen, wenn ich auch für meine Fraktion sage: „Lieber Edgar Moron, ganz herzlichen Dank“?
Sie gehören für mich wirklich zur alten Garde der SPD, zu denen, bei denen ich immer wieder gemerkt habe, dass sie mit Leidenschaft in den Themen kämpfen. Ich habe hier ein paar Reden von Ihnen erleben dürfen, wo ich mich wirklich gefreut habe und wovon man lernen konnte. Deswegen ganz herzlichen Dank und alles Gute!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne! In der Urananreicherungsanlage in Gronau hat es am 21. Januar dieses Jahres gegen 14:32 Uhr einen Störfall der Klasse „Eilt“ gegeben. Dort ist Uranhexafluorid freigesetzt worden. Ein Mitarbeiter der Urenco Deutschland ist in Kontakt mit der radioaktiven und chemisch aggressiven Uranverbindung gekommen und musste daraufhin eine Odyssee durch mehrere Krankenhäuser durchlaufen. Wir können nur hoffen, dass er keine bleibenden Schäden davonträgt.
Am 27. Januar hatten wir eine Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Energie und haben dort aufgrund einer von uns beantragten Aktuellen Viertelstunde Informationen zu dem Störfall erhalten. Die Atomaufsicht Nordrhein-Westfalen, vertreten durch Herrn Ministerialrat Günter Neuhof, hat informiert. Ich möchte aus diesen Informationen drei Stellen zitieren, bei denen man aus heutiger Sicht sagen muss, dass dies nicht korrekt gewesen ist. Auf Seite 7 des Protokolls steht:
Aus heutiger Sicht seien die Sicherungsvorkehrungen der Sicherheitstechnik und der Sicherungstechnik „auf Stand“.
Auf meine Frage auf Seite 8 des Protokolls „Durch welche kontrollierten Verfahren werde normalerweise gewährleistet, dass es nicht zu Zwischenfällen komme, bei denen Verunreinigungen unbekannten Inhalts in die Umwelt gelangten?“, hat Herr Neuhof geantwortet: Das mit den 1,6 kg Uranhexafluorid, um die es ginge, stamme aus den Unterlagen, die der Betreiber Urenco aus Schweden nachgefordert habe.
Auf Seite 13 des Protokolls bezieht sich Herr Neuhof auf die Behälter, die normalerweise sauber angeliefert werden müssen, und teilt mit:
Da dies im vorliegenden Fall nicht so gewesen sei, habe man bei der schwedischen Zulieferfirma die Abfertigungspapiere angefordert. Aus den Papieren unter dieser Behälternummer sei abzulesen gewesen, dass der Waschvorgang, der in Schweden vierstufig hätte ablaufen müssen, wohl nach der ersten Reinigungsstufe abgebrochen worden sei.
Diese Darstellung von Herrn Neuhof ist nach den uns heute vorliegenden Unterlagen so nicht korrekt gewesen.
Wir haben die Darstellung bekommen, die die Firma Westinghouse an die schwedische Atomaufsicht geliefert hat. Sie ist uns dankenswerterweise aus dem Schwedischen ins Deutsche übersetzt worden. Danach stellt sich der Ablauf so dar, dass im Oktober 2009, also mehrere Monate vor dem Unfall, zwölf Behälter von Schweden nach Gronau geliefert wurden und dass es in Schweden zwischen dem 30. August und 20. Oktober 2008 Probleme mit der Zylinderwaschanlage gegeben hat und diese Behälter nicht komplett gereinigt worden sind. Es sind mehrere Behälter auf die Seite gestellt worden. Bei einer späteren Umstrukturierung sind offensichtlich insgesamt drei Behälter nicht zu Ende gereinigt worden.
Einer davon ist in den Versand nach Gronau gekommen. Insofern liegt eine Ursache für die Verunreinigung in Schweden. Das ist auch nicht zu bestreiten.
Die Waschprotokolle, die den Zustand dieser Behälter – nicht gereinigt – dokumentieren, sind, bevor die Lieferung in Gronau eintraf, nach Gronau geschickt worden. Die Darstellung der Atomaufsicht dazu im Wirtschaftsausschuss ist falsch.
Der Unfall ist am 21. Januar gegen 14:30 Uhr geschehen. Schon am 21. Januar um 17:30 Uhr, also nur drei Stunden später, hat der bei der Firma Urenco mit den Transporten Beauftragte nach Schweden gemailt und gefragt, ob der Zylinder mit der Identifikationsnummer 21160-024 gewaschen
sei, weil im Waschprotokoll diese Angabe fehle. Das heißt, Urenco hat sofort bei Nachsicht der Protokolle, die die dort hatten, feststellen können, dass dieser Behälter nicht gereinigt worden ist.
Das bedeutet, dass, wenn man vernünftig damit umgegangen wäre und sowohl die vorliegenden Waschprotokolle als auch die Behälter geprüft hätte – dazu wäre genug Zeit gewesen –, dieser Unfall hätte verhindert werden und den Mitarbeiter hätte schützen können. Das ist eindeutig dokumentiert.
Westinghouse hat dann einen Tag später bestätigt, dass ein Behälter nicht gereinigt war, und die „WAZ“ hat uns am 20.03. einen Bericht geliefert, in dem sie mit einem Zitat des Geschäftsführers von Urenco darstellt, dass seit 25 Jahren dort keine Eingangskontrollen durchgeführt werden. Das heißt, es liegt ein ganz eindeutiges Fehlverhalten und Versagen der Eingangskontrolle bei Urenco in Ahaus vor.
Es gibt darüber hinaus andere Punkte, die bei Urenco sehr bedenklich sind. Dass Abfälle von Urenco aus Gronau in Russland unter freiem Himmel gelagert werden, entspricht auch nicht dem Standard, wie man mit Abfällen vernünftig umzugehen hat. Und dass in der letzten Woche die Polizei bei Münster einen Lkw mit Behältern, die für Ahaus bestimmt waren, stillgelegt hat, weil er derartig schrottreif war – durchgerostete tragende Teile –, spricht auch nicht für einen sorgfältigen Umgang mit Spediteuren, die dort Sachen anliefern.
Wenn ich mir dann die Berichterstattung in den „Westfälischen Nachrichten“ vom 22.03, also dem Tag, an dem wir die Aktuelle Stunde beantragt haben, angucke, dann belegt auch diese, dass dort versagt wurde. Denn nach diesem Bericht zieht die Landesregierung, die Atomaufsicht, Konsequenzen aus dem Gronauer Zwischenfall und ordnet – auf Deutsch gesagt – an, dass die Eingangspapiere in Zukunft bei Urenco auch gelesen und nicht nur abgelegt werden.
Es zeigt auch, Frau Thoben, dass es Möglichkeiten gegeben hätte, diesen Unfall zu verhindern, wenn die Atomaufsicht bereits vorher gesagt hätte, dass das auch passieren müsse.
Vor allem zeigt es, dass die Atomaufsicht auch sechs Tage nach dem Unfall keine Ahnung davon hatte, welche Eingangspapiere in Ahaus tatsächlich vorlagen. Insofern stimmt die Darstellung im Ausschuss, man habe in Schweden erst nachfragen und Papiere anfordern müssen, nachweislich nicht. Die Belege waren da. Man hat sie aber einfach nur abgeheftet und nicht durchgeschaut.
Wenn dann auch noch der Sprecher des Wirtschaftsministeriums auf die Vorhaltungen der Presse hin sagt: „Die Atomaufsicht hat unmittelbar nach dem Vorfall ihre Ermittlungen aufgenommen, und der Abschluss der Untersuchungen ist unabhängig von Wahlterminen“, dann ist das eine Verniedlichung des Versagens auch der Atomaufsicht.
Das Wichtigste im Atombereich ist – das wissen wir alle – eine hohe Zuverlässigkeit. Genau diese Mischung aus „25 Jahre ist hier nicht kontrolliert worden“ und „Es ist immer gut gegangen“ darf es im Atombereich nicht geben. Wir können also nur hoffen, dass der Mitarbeiter dort keine bleibenden Schäden davonträgt. Dieser Unfall hätte verhindert werden können, wenn die Firma und die Atomaufsicht ordentlich gearbeitet hätten. – Danke schön.
Lieber Kollege Wittke, das waren fünf Minuten und zwei Eigentore. Ich hoffe, dass Schalke heute Abend gegen Bayern München besser spielt als Sie hier.
Wenn Sie über schnell wechselnde Minister im Wirtschaftsministerium in der SPD-Zeit reden, darf ich daran erinnern, Herr Kollege Wittke, dass Sie der Minister waren, der am allerschnellsten gewechselt hat.
Sie werfen Frau Kollegin Wiegand vor, dass sie im Münsterland – zugegebenermaßen ein konservativer Landstrich – Schwierigkeiten hat, das Direktmandat zu holen. Damit wäre ich als aus Gelsenkirchen kommender Direktkandidat, bei dem die Aussichten wahrscheinlich noch deutlich schlechter sind, ganz vorsichtig.
Jetzt zur Sache! Wir haben diesen Unfall gehabt. Es ist überhaupt nicht zu bestreiten, dass die Hauptverantwortung für das, was passiert ist, in Schweden bei der Firma Westinghouse liegt. Das kann keiner bestreiten. Die hatten einen Behälter sorgfältig zu reinigen und zu liefern, haben das aber nicht ordentlich gemacht; das ist völlig klar. Aber um die Frage geht es hier nicht. Das müssen die Schweden untersuchen, die müssen ihre Konsequenzen ziehen; da gibt es keine Atomaufsicht. Aber keiner bestreitet, dass die Verantwortung dort liegt.
Unsere Frage hier ist, ob die Atomaufsicht unseres Landes über das, was da passierte, im Bilde war, ob das Unglück hätte verhindert werden können, wenn sie besser gearbeitet hätte, und ob wir im Wirtschaftsausschuss am 27. Januar 2010 korrekt und vollständig informiert worden sind.
Das ist die Frage.
Da bleibe ich bei dem, was ich eingangs gesagt habe: Wir sind nicht korrekt und vollständig informiert worden, denn die Atomaufsicht hätte wissen können und wissen müssen, dass in der Urenco in Ahaus die Papiere vorlagen, die tatsächlich belegen, dass der Behälter verunreinigt war.
Wenn das dort gelesen und nicht einfach abgeheftet worden wäre, wäre der Mitarbeiter überhaupt nicht diesem Risiko ausgesetzt gewesen. Deswegen liegt hier ein Versagen in allererster Linie der Firma, aber auch der Atomaufsicht vor.
Das zeigt sich doch ganz deutlich, wenn Sie am Montag selber öffentlich sagen: In Zukunft werden Papiere da auch gelesen, bevor die Behälter kommen. Dann erkennen Sie doch damit an, dass es ein Missstand und ein Fehler war.
Insofern widerlegen Sie sich doch selber.
Mir geht es darum, dass uns von der Atomaufsicht am 27., nachdem sechs Tage vergangen waren, zwar ausführlich geschildert wurde, wie die Räume gereinigt werden sollen, sie uns aber auch erzählt hat, man hätte in Schweden nachfragen müssen, um detaillierte Papiere zu bekommen. Das heißt, Sie haben nicht gewusst, dass diese Papiere im Haus waren und dass nur drei Stunden später – das ist ja anhand der E-Mails nachweisbar – Urenco in Schweden nachgefragt hat: Stimmt das? Die Papiere, die wir haben, belegen, dass der Behälter nicht gereinigt ist. – Das heißt: Es war alles da, und die Atomaufsicht wusste es sechs Tage später immer noch nicht. Sie hat uns im Ausschuss erzählt, man hätte erst in Schweden nachfragen müssen. Das ist das, was ich kritisiere.
Natürlich ist klar: Wenn die Atomaufsicht jede Woche im Unternehmen ist, gibt es eine gewisse Vertrautheit und eine gewisse Nähe. Man verlässt sich aufeinander. Aber gerade bei den Sachen braucht es, wenn so etwas passiert, eine kritische Überprüfung. Und wer sechs Tage später noch nicht weiß, was da genau passiert ist, der macht das nicht sorgfältig genug. Dabei bleibe ich. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Kreis Recklinghausen auf den Gebieten der Gemeinden Datteln und Waltrop soll ein neues industrielles Gewerbegebiet errichtet werden, der newPark. Dort sollen Betriebe der Energie- und Umwelttechnik, der Haus- und Gebäudetechnik auf einer Größe von insgesamt perspektivisch 330 ha angesiedelt werden. Die erste Teilfläche auf Dattelner Gebiet – insgesamt 68 ha – soll als Erstes erschlossen werden.
Die Planungen für das Gebiet laufen schon fast zehn Jahre. Die Grundfrage für mich heißt: Gibt es dort diesen Bedarf eigentlich, in eine neue, bisher
nicht genutzte Grünfläche hineinzugehen. Das Gebiet war ursprünglich für industrielle Großansiedlungen vorgesehen. Die letzte in der Art in NordrheinWestfalen war die Diskussion um die BMWAnsiedlung. Es leuchtet durchaus ein, dass man im Land ein, zwei Reserveflächen hat, falls ein derartiger industriepolitischer Jumbo landet.
Aber wir sehen jetzt, dass diese Fläche nicht für eine großindustrielle Ansiedlung genutzt, sondern zerstückelt wird. Der Mindestbedarf, um den es nachher geht, liegt bei 3 ha. Es geht also nicht mehr um eine industrielle Großansiedlung, sondern ein gewöhnliches Industrie- und Gewerbegebiet.
Im Gegensatz dazu, eine neue Fläche zu nehmen, steht eine aktuelle RVR-Analyse, die uns sagt: Im Umkreis von 30 km haben wir rund 370 ha nutzbare Brachflächen direkt verfügbar. Ich war vor wenigen Monaten bei der Montan-Grundstücksgesellschaft der RAG. Die haben im Ruhrgebiet rund 11.000 ha und bemühen sich, alte Bergbaubrachen in die Nutzung zu bringen. Die haben alleine in der Gemeinde Datteln 625 ha.
Aus meiner Sicht gibt es also überhaupt keine Notwendigkeiten, in einen solchen wertvollen, offenen Grünbereich reinzugehen, sondern es gibt gerade für diese kleinteiligen Ansiedlungen im Ruhrgebiet ausreichende nutzbare Gewerbeflächen auch mit einer guten Erschließung aus den verschiedenen bisherigen Nutzungen.
Die Landesregierung macht auf der einen Seite eine „Allianz für die Fläche“ und hat ambitionierte Ziele bei der Flächeneinsparung. Dabei ist es wie bei vielen Umweltzielen der Landesregierung: Das, was dabei herauskommt, ist das Papier nicht wert, auf dem es steht. Hier wird bei der Einsparung von Flächen nichts geschafft, sondern man geht in Datteln, in Waltrop in die Rieselfelder, eine sehr schöne große Naturfläche, teilweise bis in die Lippeaue hineinreichend.
Die Flächen haben eine wichtige Klimafunktion für den Ballungsraum südliches Ruhrgebiet, weil sie eine Kaltluftschneise sind, die an den heißen Sommertagen Kaltluft in das Ruhrgebiet bringt. Das wird im Zuge des Klimawandels immer wichtiger werden. Diese Schneise wird natürlich, wenn dort 300 ha Gewerbe hinkommen, in ihrer Funktion beeinträchtigt.
Wenn man sich das wunderschöne Gebiet ansieht, hat es auch eine Naherholungsfunktion. Das ist im südlichen Bereich Münsterland und im nördlichen Bereich des Ruhrgebietes eine sehr, sehr schöne Landschaft, die man nutzen kann.
Ökonomisch muss man auch ganz klar sagen: Bei einer Kleinteiligkeit mit 3 ha ist das im Prinzip noch einmal so etwas wie das CentrO Oberhausen für Gewerbeflächen. Das heißt, es wird Kannibalisierungs- und Abzugseffekte aus den umliegenden Kommunen geben. Was letztlich arbeitsplatzmäßig
damit gewonnen wird, steht auch sehr infrage. Unklar ist auch, ob es sich wirtschaftlich trägt.
Wir möchten an der Stelle nur noch einmal festhalten: Das, was hier gemacht wird, steht in einem ganz eindeutigen Widerspruch zu anderen Zielen der Landesregierung. Es gibt ausreichende zur Verfügung stehende Flächen im Umland. Hier wird ohne Rücksicht auf die Landschaft und auf die wichtigen Erholungsfunktionen in wertvolle Grünbereiche hineingegangen, ohne dass es nötig wäre. Deswegen lehnen wir das Projekt ab. – Danke.
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben am 9. Mai Landtagswahl. Ob Schwarz-Gelb am 9. Mai eine Verlängerung bekommt, ist außerordentlich relevant für die Atompolitik der nächsten fünf Jahre.
Wir haben nun schriftlich aus dem Bundesumweltministerium, dass die Laufzeitverlängerung zustimmungspflichtig ist. Es wird darauf ankommen, ob es im Bundesrat weiterhin eine Mehrheit für SchwarzGelb gibt. Wenn es diese Bundesratsmehrheit nicht gibt, wird es eine Laufzeitverlängerung so auch nicht geben.
Insofern wird am 9. Mai auch darüber abgestimmt.
Herr Kollege Wittke, unabhängig davon habe ich den Sinn in dem Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen, für Laufzeitverlängerungen einzutreten, sowieso nie verstanden.
Sie können Gespräche mit allen führen, die Kraftwerke bauen: Alle legen ihre Investitionsentscheidungen auf Eis und warten darauf, was im Oktober herauskommt, wenn die Bundesregierung ihren Energieplan präsentiert. Wenn es eine Laufzeitverlängerung gibt, ist nämlich völlig klar, dass langfristig zusätzliche Strommengen auf dem Markt zur Verfügung stehen und deshalb Investitionen gestrichen werden.
Nein, Herr Kollege Brockes. Die haben keine Angst vor uns, sondern hoffen, dass wir dem Treiben an der Stelle ein Ende bereiten.
Die Angst vor Herrn Brockes haben sie zu Recht, aber lassen wir das einmal weg. – Das ist aber nur der eine Punkt.
Ich will noch einige weitere Punkte ernsthaft darstellen; Herr Kollege Wittke, Sie und die Koalition operieren hier aus meiner Sicht unehrlich.
Die Frage, ob wir einen neuen Forschungsreaktor in Nordrhein-Westfalen bekommen, sollten Sie klar und transparent beantworten. Es hilft nicht, wenn Herr Baganz sagt, das plane niemand. Denn Sie schaffen gerade die rechtlichen Voraussetzungen dafür. Schauen wir uns die unterschiedlichen Formulierungen in den beiden Entwürfen des LEP aus dem Kabinett an.
Sie haben am 14. Dezember formuliert: Die Nutzung von Standorten durch Kernkraftwerke, die überwiegend der allgemeinen Energieversorgung dienen, ist in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen. – Man fragt sich dann sofort, was „die überwiegend der allgemeinen Energieversorgung dienen“, heißt.
Das haben Sie noch einmal geändert. Der jetzige Kabinettsbeschluss, der den Energieteil des LEP ersetzt und damit bindende Wirkung entfaltet, lautet: Kernkraftwerke für die Energieversorgung sind in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen. – Sie haben kalte Füße bekommen.
In den Erläuterungen heißt es: Die Nutzung der Kernenergie zu Forschungszwecken ist davon unberührt. – Sprich: Im Moment werden von Ihnen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für einen weiteren Forschungsreaktor geschaffen.
Weil Herr Staatssekretär Baganz im Wirtschaftsausschuss zunächst etwas ausweichend geantwortet hat, wurde noch einmal nachgefragt, ob es richtig ist, dass Sie damit die planungsrechtlichen Voraussetzungen schaffen. Er hat ja gesagt. Dann sollten Sie das auch offen zugeben.
Dazu gehört auch das, was Minister Pinkwart macht. Er legt ein Forschungsprojekt mit 100 Millionen € auf, was auch „die Nutzung von Hochtemperatur-Prozesswärme in Verbindung mit fossiler, nuklearer und solarer Kraftwerkstechnik“ umfasst. An der Stelle ist wieder von der nuklearen Kraftwerkstechnik und der Hochtemperaturwärme die Rede.
Ich weiß, in Ihren Reihen gibt es einige Leute, die traurig darüber sind, dass der Forschungsreaktor in Jülich und der Hochtemperaturreaktor in HammUentrop technisch gescheitert sind, und das gerne noch einmal neu probieren möchten. Wir wollen das nicht, weil wir klar sagen: Das kostet uns noch Milliarden. Alleine der Abriss des Forschungsreaktors in Jülich wird noch Jahrzehnte dauern. Die Kosten belaufen sich auf 500 Millionen €, die Endlagerung der Abfälle noch nicht eingeschlossen. HammUentrop wird noch einmal deutlich teuer. Es ist auch noch nicht klar, ob das überhaupt geht. Das werden
wir zu relevanten Teilen aus dem Landeshaushalt bezahlen müssen, weil sich die Energieversorger in beiden Fällen vom Acker machen.
Deswegen sollten Sie ganz klar und eindeutig Position beziehen. Was planen Sie an der Stelle? Warum machen Sie ein solches Programm? Warum führen Sie ein mit 100 Millionen € bestücktes Projekt für nukleare Prozesswärme durch?
Für die von allen gewünschte Kraftwärmekopplung ist kein Geld vorhanden. In diesem Punkt kommen wir nicht voran. Für nukleare Prozesswärme ist Geld vorhanden. Das sollten Sie ehrlich kundtun. Dann können diejenigen, die sich für diese Art von Politik interessieren, das am 9. Mai mit in ihre Entscheidung einfließen lassen. – Danke schön.
Herr Kollege Wittke, ich kenne Sie gar nicht so ängstlich. Die präzise Frage ist doch – das habe ich in der Rede deutlich gemacht –: Schaffen Sie die planungsrechtlichen Voraussetzungen für einen neuen Forschungsreaktor, und wollen Sie das? Wollen Sie ein solches Projekt auch mit dem Programm, das bei Herrn Pinkwart aufgelegt wird?
Sie haben jetzt viel gesagt, aber Sie haben zu der Frage nichts gesagt.
Oh, Entschuldigung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Linssen, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie sich wenigstens mit unserem Antrag und den Punkten befasst haben, die wir aufgeführt haben. Ich bin Ihnen auch für eine ganze Reihe von Hinweisen dankbar. Das werde ich im Protokoll sehr sorgfältig verfolgen. Ich habe jedoch, ehrlich gesagt, den Eindruck, dass Sie über ein ganz anderes Programm reden.