Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie herzlich willkommen zur 9. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich fünf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Ihnen eine Information betreffend die Richtlinien für die Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Landtages geben. Es geht um die Vertretungsregelung für die Präsidentin. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat am 6. Juni die in der Drucksache 14/5 enthaltenen Richtlinien für die Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Landtags beschlossen.
Nach Ziffer 1 b dieser Verfahrensrichtlinie ist der Präsidentin des Landtags vor dem Vollzug einer angeordneten Durchsuchung oder Beschlagnahme Mitteilung zu machen, um sicherzustellen, dass die von der Präsidentin im Einvernehmen mit den Vizepräsidenten erteilten Auflagen auch befolgt werden. Für den Fall der Verhinderung sollen an die Stelle der Präsidentin und der Vizepräsidenten persönliche Vertreter treten, die aus dem Kreis der Mitglieder des Landtags zu benennen sind.
Die Fraktionen haben inzwischen folgende Vertreterinnen und Vertreter benannt: Für die Präsidentin Regina van Dinther ist der Abgeordnete Harald Giebels, für den ersten Vizepräsidenten Edgar Moron die Abgeordnete Carina Gödecke, für den zweiten Vizepräsidenten Dr. Michael Vesper die Abgeordnete Monika Düker und für die dritte Vizepräsidentin Angela Freimuth der Abgeordnete Dr. Robert Orth benannt worden.
Wenn es hiergegen keine Bedenken gibt, ist dieser Vorschlag einvernehmlich angenommen. - Das stelle ich so fest.
Die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP haben mit Schreiben vom 26. September 2005 zu dem genannten aktuellen Thema der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktionen Herrn Dr. Papke das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ministerpräsident und der Innovationsminister haben gestern in ihrer Pressekonferenz überzeugend dargelegt, was in den ersten 100 Tagen der Arbeit der neuen Koalition bereits geleistet worden ist. Die Koalition kommt mit ihrer Arbeit für die Erneuerung Nordrhein-Westfalens gut voran. Zu diesem Zeitpunkt vor fünf Jahren hatte Rot-Grün gerade einmal die Regierungserklärung vorgelegt, obwohl bekanntermaßen die alte Koalition fortgesetzt wurde und die meisten damaligen Minister einfach in ihren Sesseln kleben geblieben sind.
Die gestern vorgestellte Zwischenbilanz der neuen Landesregierung kann sich, meine Damen und Herren, wahrlich sehen lassen. Das, was die Koalition aus FDP und CDU in nur 100 Tagen geschafft hat, zeugt von einer Veränderungsdynamik, die unser Land seit Jahren, ja seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat.
Wir haben rot-grünen Dauerstreit durch eine gemeinsame, partnerschaftlich organisierte Modernisierungspolitik der neuen Koalition abgelöst.
Klar ist aber auch: Wir können das, was 39 Jahre SPD-Herrschaft und zehn Jahre rot-grüne Misswirtschaft an Spuren hinterlassen haben, nicht innerhalb von wenigen Monaten beseitigen.
Unsere Arbeit auf der Großbaustelle NordrheinWestfalen wird natürlich nach dem Ergebnis der Bundestagswahl nicht leichter. Die neuen politischen Kräfteverhältnisse in Berlin bilden die unterschiedlichen Einstellungen zur Reformpolitik in unserem Land ab. Die politische Linke lehnt die nötigen Reformen ab und lebt politisch davon, Ängste gegen diese Reformen zu schüren.
Wir hingegen wollen die Menschen ermutigen, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen und ihre Chancen zu nutzen.
Das ist der fundamentale Unterschied zwischen der Opposition und der Koalition auch in Nordrhein-Westfalen: Sie schüren Ängste, und wir wollen den Menschen Mut machen.
Zugleich ist klar: Gerade Nordrhein-Westfalen, das seit Jahrzehnten unter Wachstumsschwäche und strukturellen Problemen leidet, ist darauf angewiesen, dass wir bei den großen Reformthemen Steuerpolitik, Deregulierung des Arbeitsmarktes, Neuaufstellung der sozialen Sicherungssysteme vorankommen. Nur dann können wir Wachstumskräfte entfesseln und die Massenarbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen wirksam bekämpfen.
Umso wichtiger wird es sein, dass die Reformkoalition aus FDP und CDU, dass unser Düsseldorfer Modell seine Stärken gerade auch im Kontrast zu einer andersfarbigen Koalition in Berlin unter Beweis stellen wird. Deshalb werden wir konsequent an der marktwirtschaftlichen Erneuerung unseres Landes arbeiten.
Meine Damen und Herren, der eigentliche Maßstab für soziale Gerechtigkeit ist der erfolgreiche Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit, die RotGrün in unserem Land hinterlassen hat. Sozial ist, was Arbeit schafft.
Da ist es doch an Dreistigkeit nicht zu überbieten, wenn ausgerechnet die SPD der neuen Koalition jetzt vorwirft, man merke schon nach 100 Tagen, dass es in NRW sozial kälter geworden sei. So äußert sich ausgerechnet die Opposition in den letzten Wochen und Monaten.
Meine Damen und Herren, mir ist es ein Rätsel, wie eine Partei wie die SPD, die abgewählt worden ist, weil sie 1 Million Arbeitslose und 120.000 arbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren hinterlassen hat, für sich reklamieren kann, noch die Partei der sozialen Gerechtigkeit sein zu wollen.
Eine SPD, die zusammen mit den Grünen eine hemmungslose Verschuldungspolitik zulasten der herangewachsenden Generationen gemacht hat!
Jeder Neugeborene in NRW hat von Ihnen 6.100 € Schulden mit in die Wiege gelegt bekommen. Ist das Ihre Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit, Herr Kollege Eumann?
Eine SPD, die zusammen mit den Grünen die Verantwortung dafür trägt, dass in keinem anderen Bundesland die Bildungschancen so sehr vom Portemonnaie der Eltern abhängen wie in Nordrhein-Westfalen! Ist das soziale Gerechtigkeit, die Sie für sich reklamieren? - Das ist das Gegenteil.
(Beifall von der FDP - Marc Jan Eumann [SPD]: Und ist es sozial gerecht, die Schul- bezirke aufzuheben? - Gegenrufe von CDU und FDP)
Meine Damen und Herren, interessant und besonders bemerkenswert waren ja auch die Pirouetten des SPD-Landesvorsitzenden, des Kollegen Dieckmann, in der letzten Woche. Einerseits hat er die neue Landesregierung für den angeblich bösen neoliberalen Kurs der FDP gegeißelt. Im selben Atemzug hat er uns ein Koalitionsangebot gemacht. Herr Kollege Dieckmann, das müssen Sie uns gelegentlich noch einmal erläutern. Sind wir nun böse Neoliberale? Oder sind wir dann nicht mehr ganz so böse,
wenn wir bereit wären, einer abgewirtschafteten rot-grünen Regierung den Rettungsring zuzuwerfen? - Das werden wir aber nicht tun, Herr Kollege Remmel,
schon deshalb nicht, weil Sie im Bund wie auch in Nordrhein-Westfalen inhaltlich, programmatisch nichts zu bieten haben - gar nichts.
Das Parlament von Nordrhein-Westfalen ist der Ort, wo wir über unterschiedliche Konzepte debattieren und auch in der Sache streiten müssen. Wir würden gerne einmal über die Konzepte der SPD
debattieren. Ich sehe mich dazu nicht in der Lage; denn Sie haben gar keine, Frau Kollegin Kraft. Was Sie hier monatelang vorgelegt haben, war eine manipulative Form der Agitation, um Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Sie haben nicht den Hauch eines eigenen Vorschlags unterbreitet, wie Sie sich die Erneuerung NordrheinWestfalens vorstellen. Dazu waren Sie bisher nicht in der Lage.