Protocol of the Session on September 1, 2005

Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie herzlich zur sechsten Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich sechs Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Wir haben heute ein Geburtstagskind. Seinen Geburtstag feiert Herr Christian Möbius. Herzlichen Glückwunsch, Herr Möbius!

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, die Landeswahlleiterin hat mir mit Schreiben vom 27. Juli mitgeteilt, dass Herr Holger Ellerbrock aus der Landesreserveliste der FDP als Nachfolger der Abgeordneten Marianne Thomann-Stahl mit Wirkung vom 28. Juli 2005 Mitglied des Landtags geworden ist.

Die Landeswahlleiterin hat mir weiterhin mit Schreiben vom 2. August 2005 mitgeteilt, dass Herr Karl-Josef Laumann aus der Landesreserveliste der CDU als Nachfolger des Abgeordneten Hans Peter Lindlar mit Wirkung vom 4. August 2005 Mitglied des Landtags geworden ist.

Ich bitte die Herren Ellerbrock und Laumann, zu mir zu kommen, damit ich die nach § 2 unserer Geschäftsordnung vorgesehene Verpflichtung vornehmen kann.

Ich bitte Sie, die folgenden Worte der Verpflichtungserklärung anzuhören und anschließend durch Handschlag zu bekräftigen:

„Die Mitglieder des Landtags von NordrheinWestfalen bezeugen vor dem Lande, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden.“

Sehr geehrte Herren Kollegen, ich heiße Sie als neue Abgeordnete in der 14. Wahlperiode herzlich willkommen und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Arbeit.

(Allgemeiner Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die Aktuelle Stunde als Tagesordnungspunkt 1 aufrufe, darf ich Ihnen Folgendes mitteilen: Die Ausschüs

se des Landtages sind durch Beschluss des Plenums vom 6. Juli 2005 spiegelbildlich zu den Ressorts bestellt worden. Durch Organisationserlass des Ministerpräsidenten vom 7. Juli 2005 wurde das „Ministerium für Schule, Jugend und Kinder“ umbenannt in „Ministerium für Schule und Weiterbildung“.

Der Ältestenrat hat deshalb in seiner Sitzung am 24. August 2005 einstimmig empfohlen, den „Ausschuss für Schule“ entsprechend in „Ausschuss für Schule und Weiterbildung“ umzubenennen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf:

1 Aktuelle Stunde

Thema: Übermäßige Vorbelastung der Krankenhaus-Investitionsprogramme in NRW aufgrund zu überzogener Verpflichtungsermächtigungen der vergangenen Jahre

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP gemäß § 90 Abs. 2 GeschO

Meine Damen und Herren, mit Schreiben vom 29. August 2005 haben die Fraktionen der CDU und FDP zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktion Herrn Kollegen Henke das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat eine Aktuelle Stunde beantragt, damit wir hier im Plenum über die Situation bei der Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen diskutieren können. Das ist notwendig geworden, weil die SPD die Krankenhäuser und die Öffentlichkeit im Augenblick mit ganz unverantwortlichen Behauptungen von einem Investitionsstopp für die Krankenhäuser verunsichert. Auch in einigen Zeitungen wurde die Behauptung vom Investitionsstopp aufgegriffen.

Es gibt aber keinen Investitionsstopp für die Krankenhäuser, sondern alle im Rahmen der Verpflichtungsermächtigungen der alten Landesregierung bereits bewilligten Mittel werden weiter ausge

zahlt. Auch die pauschalen Fördermittel fließen ungeschmälert weiter.

Bei der Regierungsübernahme mussten CDU und FDP allerdings feststellen, dass aufgrund der großspurigen Zusagen der alten Landesregierung in den vergangenen Jahren so viele Bewilligungen erteilt wurden, dass jetzt noch zusätzlich erteilte weitere Bewilligungen frühestens 2008 wirksam werden könnten. Während dieses Faktum von der alten Landesregierung bewusst kaschiert wurde, hat die neue Landesregierung diese Situation beim Namen genannt.

Die von der neuen Landesregierung geschaffene Transparenz schafft für die Krankenhäuser mehr Sicherheit und mehr Klarheit als alle großspurigen Ankündigungen, hinter denen nichts steckt und die deshalb nicht zeitnah realisiert werden können.

Herr Minister Laumann hat dafür keine Kritik, sondern ausdrücklich Anerkennung und Lob verdient, und die CDU-Fraktion zollt ihm diese Anerkennung und dieses Lob.

(Beifall von CDU und FDP)

Wie ist die Lage? - Der Landeshaushalt sieht für die Krankenhausförderung im Wesentlichen drei Positionen vor: erstens Einzelförderung, über deren Vergabe im Rahmen eines jährlich aufzustellenden Investitionsprogramms entschieden wird; zweitens pauschale Förderung, die der Wiederbeschaffung kurzfristiger Anlagegüter dient; drittens Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke.

Die Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke sind im Haushalt 2005 mit 6 Millionen € veranschlagt; diese Summe ist klein und für die weitere Betrachtung ohne wesentlichen Belang.

Die pauschale Förderung wird an die Krankenhäuser nach einem Schlüssel ausgezahlt, in den die Bettenzahl und die unterschiedlichen Fachdisziplinen eines Krankenhauses eingehen; der Ansatz beträgt für 2005 311 Millionen €. Die Krankenhäuser haben auf die Mittel der pauschalen Förderung einen gesetzlichen Anspruch.

Die Einzelförderung ist für Neubauten, Ersatzbauten und langfristige Anlagegüter vorgesehen. Die alte Landesregierung hat in den vergangenen Jahren 169 Millionen € hierfür angesetzt. Außer den Barmitteln sieht der Haushalt Verpflichtungsermächtigungen für Einzelinvestitionen vor. Sie betragen in diesem Jahr 255 Millionen €. Also: 255 Millionen € Verpflichtungsermächtigungen bei 169 Millionen € Barmitteln.

Nun sind die Verpflichtungsermächtigungen gewiss ein Instrument, mit dem man arbeiten kann. Das betroffene Krankenhaus weiß, dass es mit der Förderzusage aus einer Verpflichtungsermächtigung planen kann und dass es sich nicht mehr nach anderen Quellen für Investitionsmittel umschauen muss. Das Instrument ist im Prinzip richtig angewendet, wenn man es richtig dosiert. Die CDU-Fraktion ist auch sicher, dass die neue Landesregierung dieses Instrument ebenfalls einsetzen wird - aber richtig dosiert.

Offenbar ist die Verpflichtungsermächtigung ein sehr mit Suchtpotenzialen verknüpftes Heilmittel. Zumindest ist es ein außerordentlich beliebtes Instrument. Für die Krankenhäuser ist es schön, künftig fließendes Geld einkalkulieren zu können. Für die alte Landesregierung war es schön, künftige Regierungen im Voraus festzulegen, also den künftigen Spielraum einer neuen Regierung schon einmal vorsorglich zu reduzieren, und für die frühere Ministerin war es ein Genuss, bei den Betroffenen den vorzeitigen Dank für die vorgezogene segensreiche Unterzeichung von Schecks auf die Zukunft entgegennehmen zu können.

(Zuruf von der SPD: Das wollen Sie alles nicht mehr?)

Offenbar war das System so verführerisch, dass man sich in den vergangenen Jahren zu einer Fehlentwicklung entschlossen hat, die sich darin niederschlägt, dass die alte Landesregierung großspurig ein Drittel mehr künftige Investitionen über Jahre hinweg versprochen hat, als im jeweiligen Haushaltsjahr an Barmitteln vorgesehen war.

Im Jahr 2000 war die Verpflichtungsermächtigung 5,7 Millionen € höher, als an Barmitteln vorgesehen. Im Jahr 2001 waren es schon 10,7 Millionen €, und dann ging es los - wir verzeichnen einen rapiden Anstieg -: 2002 87 Millionen €, 2003 87 Millionen €, 2004 86,4 Millionen €, 2005 86,4 Millionen €. Das heißt, die alte Landesregierung hat in den Jahren 2000 bis 2005 durch ihre Förderbescheide 363,2 Millionen € mehr gebunden, als in den Haushaltsjahren zur Ausgabe zur Verfügung standen.

Wie gesagt: Das war vermessen, das war großspurig, das war gefallsüchtig, das war von dem Wunsch geprägt, segnend durch das Land ziehen zu können und dafür Lob und Dank einzuheimsen.

(Beifall von CDU und FDP)

Nur, im Prinzip war das nichts anderes als eine etwas verdeckte Form der vorgezogenen Kredit

aufnahme auf die Zukunft. Ich kann es gut verstehen, dass es der SPD absolut peinlich ist und dass sie sich ziemlich blamiert fühlen muss,

(Zurufe von der SPD)

dass dieser Sachverhalt jetzt noch vor der Bundestagswahl offenkundig geworden ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Trotzdem sage ich: Es ist nicht in Ordnung, wenn Sie den zutreffenden Hinweis auf die Vorbelastung der künftigen Haushalte jetzt zum Anlass nehmen, um an dem herumzumäkeln, der die Situation korrekt darstellt.

Natürlich wäre eine Steigerung der Investitionsmittel für die Krankenhäuser wünschenswert. Wir alle wissen aber, dass die von SPD und Grünen hinterlassene Haushaltssituation dies kaum gestatten wird. Eine Erhöhung der Einzelförderung hätte unter diesen Umständen eine Kürzung bei den pauschalen Fördermitteln zur Folge. Das träfe jedes Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen. Wollen Sie das wirklich? - Wir nicht!

Da die Dinge so sind, wie sie sind, macht es jetzt wenig Sinn, immer noch mehr unterfinanzierte Bewilligungen zu erteilen, die so oder so frühestens 2008 erfüllt werden können, weil das schon jetzt die Krankenhäuser zur Erstellung von Planungsunterlagen und Anträgen zwingt, die dann bis 2008 längst erneut geändert werden müssen.

Natürlich wäre es am schönsten, wir könnten die wirklich problematische Investitionssituation etlicher Häuser durch Erhöhung der Mittel erleichtern. Die Haushaltssituation ist aber so, wie sie Rot-Grün hinterlassen hat. Nicht CDU und FDP, sondern SPD und Grüne haben in diesem Land einen Schuldenberg von mehr als 110 Milliarden € angehäuft, und SPD und Grüne sind dafür verantwortlich, dass wir das Geld vieler ehrlicher Steuerzahler für viele Jahre bei Banken abliefern müssen, bei denen rote und rot-grüne Regierungen Jahr um Jahr Kredite aufgenommen haben. Mit diesem Weg haben Sie Nordrhein-Westfalen ins Verderben geführt.

(Beifall von CDU und FDP)

Damit muss Schluss sein, und deswegen muss es so sein, dass wir Ihrer Kritik entgegentreten. Das tun wir mit Fakten, weil wir sagen, was ist, und nicht eine Politik fortsetzen, die großspurig und gefallsüchtig Versprechungen macht, die nicht haltbar sind. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Kollege Henke. - Ich gebe jetzt Frau Fischer von der SPD das Wort.