Protocol of the Session on January 30, 2009

Meine Damen und Herren, ich eröffne die 114. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen und heiße Sie herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich 15 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich einen Hinweis geben: Der bisherige Tagesordnungspunkt „Zügig beraten und entschlossen handeln – Rahmenbedingungen für die kommunalen Investitionen festlegen“ – Drucksache 14/8323 – entfällt, da der Antrag von der antragstellenden SPD-Fraktion zurückgezogen wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir treten nun in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Bad Bank für die WestLB zu Lasten der Steuerzahler?

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8363

In Verbindung mit:

Keine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Privatbanken und deren Aktionäre gegenüber den öffentlich-rechtlichen Banken durch Staatsbeihilfen auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler!

Eilantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/8364

Die SPD-Fraktion hat mit Schreiben vom 26. Januar 2009 gemäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine Aussprache zu dem oben genannten aktuellen Thema der Landespolitik beantragt. In Verbindung damit beraten wir über einen Eilantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Walsken das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Westdeutsche Landesbank entwickelt sich in erschreckender Weise und mit rasantem Tempo zu dem Desaster der schwarz-gelben Finanzpolitik. Ministerpräsident Rüttgers und sein

Finanzminister tragen schon heute die Verantwortung für die immer noch fehlende Neuausrichtung der Bank, den Abbau von Stellen und den drohenden Verlust des Finanzplatzes Düsseldorf und des Standorts Münster.

(Beifall von der SPD)

Ein beispielloser Zickzackkurs hat die Bank geschwächt und ohne tragfähiges Geschäftsmodell in die Finanzkrise treiben lassen.

Wir erinnern uns an viele Debatten in diesem Hause. Schon im Koalitionsvertrag 2005 wurde vollmundig verkündet, die Landesbeteiligung an der WestLB zu verkaufen, weil man die Bank gut aufgestellt sah und mit der Geschäftspolitik im Einklang war.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: So kann das im Leben sein!)

Doch schon sehr schnell zeigte sich, dass die Landesanteile nicht wirklich verkäuflich waren. Der gewünschte private Investor blieb aus.

So erfolgte der erste rasante Kurswechsel bereits im September 2006, als es plötzlich hieß: Jetzt kaufen wir selber. Damals teilte uns der Finanzminister mit, dass man plane, sich an der SachsenLB zu beteiligen. Das war schon damals eine Bank, die sich in einer Schieflage befand. Gott sei Dank haben die Sparkassenverbände diesen Unfug verhindert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es folgen misslungene Börsenspekulationen, die Abberufung des Vorstandsvorsitzenden und des Risikomanagers sowie nach langen Diskussionen der einmütige Vorschlag der Mehrheitseigentümer, der Sparkassenverbände, zur Fusion mit der Landesbank Baden-Württemberg.

Doch Animositäten – anders kann ich das nicht bezeichnen – zwischen Dr. Rüttgers und seinem Amtskollegen Oettinger verhinderten diesen, wie sich heute zeigt, völlig richtigen Schritt. Heute ist klar, dass dieser Schritt hätte erfolgen müssen, um die Bank in der aufziehenden Finanzkrise zu stabilisieren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Damit ist klar, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Ministerpräsident dieses Landes die Zukunft der Bank CDU-internen Scharmützeln untergeordnet hat.

(Dr. Robert Orth [FDP]: Wie viele Probleme hat denn die LBBW?)

Deshalb ist ausschließlich er für die sich abzeichnenden Folgen verantwortlich. Er trägt dafür die volle Verantwortung.

Nach monatelangem Gezerre bis Ende des Jahrs 2007 ist nicht klar, wohin die Landesregierung mit ihrem wertvollen Asset WestLB will. Doch dann, kurz vor Weihnachten, wird das Thema zur Chefsache. Der selbst ernannte Arbeiterführer ernennt sich zum Bankenführer. Das ist eine schallende Ohrfeige für Herrn Dr. Linssen, eine vernichtende Kommentarlage in der Presse.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Es zeichnet sich mit „Chefsache“ erneut ein Kurswechsel ab. Jetzt übernimmt der Chef doch die Fusion, diesmal mit der Helaba, und er wünscht sich den Kauf von Teilen der damals schon erheblich angeschlagenen IKB.

Meine Damen und Herren, das Ganze, die Chefsache und der ganz neue Ansatz, Fusion mit der Helaba, hat acht Tage lang gedauert. Denn am 20. Februar erklärten die Mehrheitseigentümer der Hessischen Landesbanken: Wir werden nicht fusionieren. Acht Tage lang hat die Chefsache vorgehalten, acht Tage lang war Herr Dr. Rüttgers derjenige, der geglaubt hat, er hätte die Bank in „trockenen Tüchern“.

Meine Damen und Herren, interessant ist, dass er damals gesagt hat – das ist mir wichtig –: Jetzt ist es uns gelungen, hier in diesem Hause die Altlasten der Vorgängerregierungen aufzuräumen.

(Beifall von der SPD)

Spätestens seit diesem Zeitpunkt gehört das Thema WestLB ausschließlich auf diese Seite der Regierungsbank.

(Beifall von der SPD)

Dass auch der Anteilskauf der IKB nicht zum Zuge kommt, ist klar. Dass mittlerweile der Steuerzahler und die Sparkassenkunden mit 5 Milliarden € für die WestLB bürgen und in der Kreide stehen, ist auch klar. Der Irrweg, das Desaster dieser finanzpolitischen Ausrichtung ist kaum noch zu überbieten.

Dennoch – das sage ich deutlich – müssen wir jetzt nach vorne schauen. Natürlich muss es einen Weg geben, der heißt: Wir müssen fusionieren, über drei Landesbanken, später dann zu einer Landesbank. Wir müssen darüber diskutieren, ob eine Abspaltung nötig ist.

Doch für uns ist klar: Nicht nur Verluste werden verstaatlicht und künftige Eigentümer fahren die Gewinne ein, sondern wir werden sehr sorgfältig zu überprüfen haben, wie das neue Geschäftsmodell aussehen kann. Da es das aber bislang noch nicht gibt und damit keine Zukunftsperspektive erkennbar ist, appelliere ich an die Landesregierung, dass sie endlich ihrer Aufgabe gerecht wird, die Eigentümer zusammenzubringen und einen fairen Ausgleich der Interessen zu erreichen. Die Landesregierung versagt an dieser Stelle erneut.

(Beifall von der SPD)

Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, Ihre Politik ist zurzeit nicht auf Ausgleich der verschiedenen Interessen angelegt, sondern im Gegenteil. Ob bei der Haushaltspolitik, bei der Verwaltungsstrukturreform, beim Sparkassengesetz oder jetzt auch wieder bei der WestLB – es ist immer das gleiche Muster. Sie versuchen, Lösungen durchzusetzen zulasten der Kommunen, der Landschaftsverbände und der Sparkassen. Sie versöhnen nicht, Sie spalten.

Deshalb setze ich ausdrücklich dagegen: Die Kommunen, die Landschaftsverbände und auch die Sparkassen sind unverzichtbar für unser Land. Deren Interessen müssen wir jetzt ebenso im Auge behalten wie die Interessen des Landeshaushaltes. Da sitzen wir in einem Boot.

Die Landesregierung trägt die Verantwortung für das Ganze, und sie muss deshalb jetzt für den Interessenausgleich sorgen. Wir fürchten, dass stattdessen, um ihren eigenen Kopf zu retten, die Sparkassen und die Landschaftsverbände wieder zu Opfern bereit sind. Das wird es mit uns nicht geben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sollten Sie allerdings bereit sein, umzukehren und eine Lösung im Interesse aller Anteilseigner der Bank zu suchen, wenn Sie Ihrer Verantwortung für NRW als Ganzes gerecht werden, dann werden Sie uns an Ihrer Seite haben. Für Gespräche, um zu fairen Lösungen zu kommen, sind wir immer bereit. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Walsken. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Kollege Becker.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute in dieser verbundenen Debatte im Zusammenhang mit der WestLB dem Grunde nach mit zwei Themen zu tun, zum einen mit der Fragestellung: Warum sind wir da, wo wir sind? Da – das muss ich deutlich sagen – teile ich in weiten Teilen das, was die Kollegin Walsken Ihnen von der Regierungsbank gerade ins Stammbuch geschrieben hat.

Zum Zweiten haben wir es mit folgenden Fragestellungen – da gibt es ein Stück weit eine Verbindung zum Bund – zu tun: Wie müssen wir jetzt, wenn wir in dieser Situation sind, damit umgehen? Was sind die Rahmenbedingungen? Und was sind die Rahmenbedingungen für öffentlich-rechtliche Banken in Abgrenzung zu privaten Banken? Haben wir es tatsächlich damit zu tun, dass Gleiches gleich behandelt wird, oder sind wir in einer Situation, dass Gleiches ungleich behandelt wird, wenn es bei den Regelungen bleibt, die die SoFFin zurzeit für öffentlich-rechtliche Banken, also für Landesbanken, hat?

Lassen Sie mich vorwegschicken: Das ist nicht nur ein Problem des Landes. Auch dann wäre es übrigens ein Problem, das wir alle haben. In letzter Konsequenz – wenn man es zu Ende denkt – ist es vor allem ein Problem der Kommunen und Sparkassen. Deswegen sollten wir uns heute auch mit der Frage beschäftigen: Warum muss Gleiches gleich behandelt werden? Warum kann die SoFFin die privaten Banken nicht besserstellen als die öffentlich-rechtlichen Banken?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, ich will wegen der Kürze der Zeit versuchen, das anhand weniger Stichworte zu verdeutlichen: Es ist eben nicht in Ordnung, dass der Staat über die SoFFin die Hypo Real Estate in letzter Konsequenz ohne Wenn und Aber stützt, gleichzeitig aber bei den Landesbanken seine Hilfe vom Nachweis einer Kernkapitalquote in Höhe von 8 % abhängig machen will.