Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen zur 143. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich 14 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Heute haben wir ein Geburtstagskind: Geburtstag feiert unser Kollege Reiner Priggen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Erstens. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die von der Fraktion der SPD beantragte dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung Drucksache 14/10125, nämlich des Gesetzes zur Abrechnung der Finanzierungsbeteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände an den finanziellen Belastungen des Landes Nordrhein-Westfalen in Folge der Deutschen Einheit, heute als neuen Tagesordnungspunkt 6 im Beratungsblock I zu debattieren. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.
Zweitens. Die Fraktionen haben sich außerdem darauf verständigt, als neuen Tagesordnungspunkt 7 über den Wahlvorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Nachbesetzung im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss II abzustimmen. – Ich sehe auch hier keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Die Tagesordnung ist somit entsprechend ergänzt. Die nachfolgenden Tagesordnungspunkte verschieben sich entsprechend.
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/10627
mäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung zum genannten aktuellen Thema der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Eiskirch von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Eiskirch.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte ist erforderlich, weil Nordrhein-Westfalen durch die verantwortungslose Politik der Regierung Rüttgers schweren Schaden nimmt.
In unserem Antrag für die Aktuelle Stunde haben wir einige wichtige Aspekte genannt, die Frau Kollegin Walsken gleich umfassend beleuchten wird. Ich will mich auf das konzentrieren, was die Denkweise von Schwarz-Gelb charakterisiert: die schwarz-gelbe Hotelsteuer.
Nordrhein-Westfalen nimmt hierdurch in zweierlei Hinsicht schweren Schaden. Zum einen ist die unverfrorene Klientelpolitik ein Angriff auf die politische Kultur, die dem Gemeinwohl verpflichtet sein muss. Zum anderen nimmt NRW als Wirtschaftsstandort Schaden, weil die Steuergeschenke an Hoteliers die Wirtschaft in NRW schwächen, anstatt sie zu stärken.
Zunächst zu den politischen Abläufen. Ein wichtiger Akteur ist der Ministerpräsident – heute nicht hier –, der je nach Jahreszeit in das Kostüm des Arbeiterführers, des Sozialschauspielers, des Rumänenbeschimpfers oder – ganz aktuell – in das Kostüm des Karnevalsjecken schlüpft.
Gestern haben wir gelernt, dass der Ministerpräsident lieber Workshops zu Karnevalsreden organisiert, als das Land durch die Krise zu führen.
Er ist dafür verantwortlich, dass die neoliberale FDP in diesem Land den Taktstock zulasten der Menschen schwingt. Das haben wir gestern bei dem Geeiere der CDU um die
Die FDP hingegen eiert nicht herum; das kann man Ihnen nicht vorwerfen. Die FDP hat im Gegensatz zum Ministerpräsidenten ein ganz klares Koordinatensystem, das aber nur zwei Koordinaten kennt: Geld und Wählerstimmen. Ausschließlich auf diese beiden Währungen kommt es der FDP als klassischer Klientelpartei an.
Auch die Auswirkungen auf die reale Wirtschaft sind der FDP egal. Es gab laute Stimmen, die gewarnt haben. Die Unternehmen, die Dienstreisen durchführen müssen, um gute Geschäfte zu machen, haben davor gewarnt, dass bei ihnen nichts ankommen wird. Die Hoteliers wollten mehr, nämlich auch noch für die Bewirtungskosten den ermäßigten Steuersatz. Jetzt müssen sie bürokratische Splitrechnungen für Übernachtung und Frühstück machen, Kolleginnen und Kollegen.
Am meisten leiden aber wieder die Arbeitnehmer, die Handelsreisenden, die nicht mehr im Hotel frühstücken,
weil sie nur noch pauschal 4,80 € abrechnen können. Dafür gibt es im Hotel kein Frühstück, aber natürlich bei McDonald’s, Burger King oder wohin auch immer sie ausweichen. Auf die wirtschaftliche Bedeutung dieser katastrophalen Fehlentscheidung werde ich gleich eingehen.
Zuvor möchte ich allerdings kurz die Chronologie der Steuergeschenke beleuchten. Die FDP hat in ihrem Wahlprogramm vor der Bundestagswahl eine Reduzierung der Mehrwertsteuersätze für Hotellerie und Gaststätten angekündigt. Damit hat sie sich bei den Koalitionsverhandlungen zum Teil durchgesetzt. Dieser Erfolg hat sich für die FDP in barer Münze ausgezahlt. Die 1,1 Millionen € stehen der FDP deshalb natürlich als gerechter Lohn für diese Leistung zur Verfügung.
Weiter zur Chronologie: Im Deutschen Bundestag stimmten in namentlicher Abstimmung nahezu alle Abgeordneten von CDU und FDP für dieses unsinnige Steuergeschenk. Die Regelung ist jetzt wenige Wochen in Kraft. Zu Recht regt sich Widerstand, und die FDP stürzt für ihre unverfrorene Klientelpolitik in der Wählergunst dramatisch ab.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Hans-Willi Körfges [SPD]: Und das mit Recht! – Weite- re Zurufe von der SPD)
Die zweite Währung der FDP, die Wählerstimmen, ist jetzt akut in Gefahr. Volker Pispers hat das in seinem Programm wie folgt analysiert: Die FDP ist in der Wählergunst um ein Drittel abgestürzt. Ein Drittel der FDP-Wähler hat schon gemerkt: Ich habe ja gar kein Hotel.
Ich füge noch hinzu: Noch mehr Menschen werden merken, dass sie nicht Hotelbesitzer sind. Deshalb befällt die FDP blanke Panik.
Von daher hat der stellvertretende Ministerpräsident – er ist ebenfalls nicht anwesend – den Versuch eines Rückzugs bei der Hotelsteuer inszeniert. Der Ministerpräsident ist ihm beigesprungen. Dieses Manöver, Kolleginnen und Kollegen, ist leicht zu durchschauen. Die Forderung von Rüttgers und Pinkwart, die Steuergeschenke für Hoteliers zurückzunehmen, ist ein erfolgloses Manöver.