Meine Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen zur 17. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen und zur ersten Sitzung im neuen Jahr 2006. Ich wünsche Ihnen alles Gute in diesem Jahr.
Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich fünf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Meine Damen und Herren, wir haben heute ein Geburtstagskind unter uns. Der Abgeordnete Herr Horst Engel von der FDP feiert heute seinen 59. Geburtstag
Meine Damen und Herren, bevor wir in die heutige Tagesordnung eintreten, möchte ich Ihnen zwei Hinweise geben:
Aus der Medienkommission der Landesanstalt für Medien ist Herr Wolfgang Hahn-Cremer ausgeschieden. Nach § 93 des Landesmediengesetzes wird er durch das nächste auf derselben Liste vorgeschlagene Mitglied ersetzt. Nächstes vorgeschlagenes Mitglied – Wahlvorschlag 13/3060 – ist Herr Ernst-Wilhelm Rahe.
Der für Medienfragen zuständige Hauptausschuss hat dieses Nachrückverfahren zur Kenntnis genommen und bestätigt. Gibt es hierzu Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich übereinstimmende Kenntnisnahme auch hier im Plenum fest.
Zweiter Hinweis: Der Chef der Staatskanzlei hat mir mit Schreiben vom 12. Januar 2006 den ersten Nachtrag zur Haushaltssatzung 2005 des Landesverbandes Lippe sowie zwei Durchschriften des Genehmigungserlasses des Innenministers hierzu übersandt. Die Unterlagen können im Archiv eingesehen werden. Gemäß § 9 des Gesetzes über den Landesverband Lippe vom 5. November 1948 bitte ich um Ihre Kenntnisnahme. – Diese stelle ich hiermit fest.
Meine Damen und Herren, wir treten nunmehr in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein. Ich rufe auf:
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit Schreiben vom 16. Januar 2006 zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin vonseiten der antragstellenden Fraktion Frau Löhrmann das Wort.
Guten Morgen, meine Damen und Herren! Auch von mir und meiner Fraktion ein gutes neues Jahr! Heute wird eine wichtige Debatte an den Anfang der parlamentarischen Arbeit dieses Jahres gestellt, nämlich die Diskussion über die Frage: Was ist gut für Kinder und Familien?
Meine Damen und Herren, wir sprechen heute erneut über dieses Thema. Es gibt kaum einen anderen Politikbereich, in dem Anspruch und Wirklichkeit der neuen Landesregierung so weit auseinander klaffen wie bei diesem.
Ich erinnere an unsere Diskussion zum Kahlschlag der Landesregierung im Kinder- und Jugendbereich bei den Kindertagesstätten. Ich erinnere an Ihre Untätigkeit bei der Schaffung von mehr Betreuungsplätzen für Kinder unter drei. Hier verkündet die Landesregierung in Koalitionsvereinbarungen und Pressemitteilungen als eigene Leistung, was der Minister Laschet und der Ministerpräsident längst im Bundesgesetzblatt nachlesen können: das Ziel einer Betreuungsquote von 20 %. Da schmücken Sie sich mit fremden Federn. Statt die Kommunen, für die das schwer genug ist, dabei zu unterstützen, werden sie von Ihnen auch noch allein gelassen und wird ihnen der schwarze Peter zugeschoben, und die Landesregierung stiehlt sich aus der Verantwortung.
Meine Damen und Herren, das Stück, das die Union uns in den letzten Tagen bietet, das für uns Motivation war, es hier heute zum Thema zu machen, kann man wie folgt zusammenfassen: Während Rüttgers mit der Abrissbirne unterwegs ist, grüßt Frau von der Leyen aus Luftschlössern aus Berlin. Das gilt für die Debatte in der Union zum Elterngeld genauso wie für den Streit über die Abschaffung der Kindergartenbeiträge.
Zunächst zum Elterngeld – man muss sich das in Erinnerung rufen –: Da verhandelt der Ministerpräsident einen Koalitionsvertrag mit aus, sitzt mit am Tisch, lobt und preist den Vertrag – „Das ist gut für NRW“, war die Botschaft zum Beispiel am 15. November –, aber die Tinte ist noch nicht trocken, da legt er hier im Chor mit Herrn Laschet mit der Kritik los. Worte wie „Verfassungsbruch“ und „unsozial“ fallen, weil zwei Monate des Elterngeldes für Väter und zwei für Mütter reserviert sein sollen.
Der Kommentar der Bundesfamilienministerin ließ nicht lange auf sich warten. Man kann ihn sich auf der Zunge zergehen lassen:
Falls Sie es auch hier nicht bemerkt haben sollten: Das galt dem Ministerpräsidenten, das galt dem Vorsitzenden der nordrhein-westfälischen CDU, die im Bundeskabinett offenbar nicht einmal am Katzentisch sitzt.
Unterm Strich sind Sie und Ihr eher rühriger als tätiger Familienminister bei den jetzigen bundespolitischen Debatten vollkommen außen vor.
Und am Sonntag legte Ihre Bundesfamilienministerin noch eins drauf. Die Retourkutsche an unseren Ministerpräsidenten lautet, er solle nicht nörgeln, sondern zahlen. Jawohl, die Länder und Kommunen! Kindergartenbeiträge sollten gesenkt, am besten abgeschafft werden. Es sei alles eine Frage der Prioritäten.
Prompte Reaktion in NRW und anderswo: So geht es nicht. – O-Ton Laschet: Das koste 460 Millionen € und sei – wörtlich – „blanker Populismus“.
Meine Damen und Herren, das sind nicht die Vorschläge von Interessenverbänden, das ist nicht das Agieren einer Oppositionspartei, was wir hier erleben. Nein, das sind die Vorschläge der größten Regierungsfraktion hier im Land und in der Bundesregierung, meine Damen und Herren. Das ist ein Stück aus dem Tollhaus.
Nicht nur, dass hier Versprechungen auf Kosten anderer staatlichen Ebenen gemacht werden! Haben Sie Ihre Losung „Wer bestellt, bezahlt!“ vergessen? Nein, in unverantwortlicher Weise werden Versprechungen gemacht, die angesichts der Finanzlage der öffentlichen Haushalte illusorisch und überdies seriös nicht erfüllbar sind. Erst recht, man sich auf der anderen Seite der Bundeskompetenz für Bildung beraubt! Das passt vorne und hinten nicht zusammen. Ein solches Vorgehen schafft Politikverdrossenheit.
Ich kann mich dem Kommentar der Sendung „Klartext“ auf WDR 2 nur anschließen: Die CDU habe in Bundes- und Landtagswahlen viel Kredit vom Wähler bekommen, wird dort berichtet. Und wörtlich heißt es:
ist sie dabei, diesen Kredit schneller zu verspielen, als sie gucken kann. Mit Patentrezepten und flott formulierten Sprüchen kann man sich vielleicht in der Opposition über Wasser halten. Für’s Regieren ist das zu wenig!“
Meine Damen und Herren, die SPD – danke für den Hinweis! – muss natürlich aufpassen. Sie haben in den rot-grünen Jahren im Bund die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten ab dem ersten Euro beharrlich verweigert. Das hätten Sie mit uns haben können.
Und auch die Verankerung eines Rechtsanspruchs im Tagesausbaubetreuungsgesetz war mit Ihnen nicht zu machen. Aber jetzt ist Wahlkampf in drei Bundesländern, und was Sie vor einer Woche im Bundeskabinett beschlossen haben, wird flugs neue Position der Partei. Am Wochenende legen auch Sie noch eine Schüppe drauf, und – verkehrte Welt – Herr Laschet sagt: Genau das will ich auch.
Meine Damen und Herren, so geht es doch nicht. Ich sage das für meine Partei auch in der Opposition: Wir beteiligen uns nicht an diesem unseriösen Überbietungswettbewerb. Wir haben klare Prioritäten.
Erstens. Wir müssen zunächst die Infrastruktur schaffen, um für Eltern die Betreuung ihrer Kinder ab dem ersten Lebensjahr zu erleichtern.