Ralf Hauboldt
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Last Statements
Frau Präsidentin, ich möchte eine Erklärung zu meinem Stimmverhalten abgeben.
Also, da gebe ich jetzt eine persönliche Erklärung ab, Frau Präsidentin. Es ist mir unmöglich, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Aufgrund von Verfahrensmängeln halte ich das persönlich als verfassungswidrig. Es ist mehrfach betont worden, auch heute früh eingangs zur Tagesordnung, dass die Änderungsträge der CDU nicht durch die kommu
nalen Spitzenverbände angehört worden sind. Aus dem Grund halte ich dieses Gesetz für nicht zustimmungsreif und zustimmungsfähig.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Ministerin, auch unsere Fraktion hat sich während und nach der Anhörung im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten deutlich geäußert, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung ein Schritt in die richtige Richtung ist, das gebe ich gern zu.
Herr Mohring, das irritiert mich jetzt wieder etwas, dass gerade Sie applaudieren, aber ich war mit meinem Satz noch nicht zu Ende.
Es gibt allerdings in verschiedenen Punkten noch Nachbesserungsbedarf. Jetzt können Sie gern noch
mal Applaus starten.
Deshalb haben Sie von uns entsprechende Änderungsanträge vorliegen, denen Sie gerne zustimmen können.
Insofern noch mal ein Appell an Sie: Nutzen Sie die Möglichkeit heute in der zweiten Lesung - Sie haben sie verpasst im Ausschuss -, hier Zustimmung zu signalisieren.
Diese Vorschläge, meine Damen und Herren, sind von den Sachverständigen schriftlich zugeleitet worden. Wir haben sie als Fraktion DIE LINKE im vorliegenden, umfangreichen Änderungsantrag in weiten Teilen aufgegriffen, weil diese Vorschläge ganz einfach schlüssig sind und unterschiedlich interpretierbare Paragraphen heilen und diese konkretisieren.
Meine Damen und Herren, durch die Föderalismusreform sind ja nun neuerdings die Länder für das Recht über den Vollzug der Untersuchungshaft zuständig. Wir als Fraktion DIE LINKE haben immer wieder auf die negativen Auswirkungen hingewiesen, die diese Rechtszersplitterung bei Untersuchungshaft, bei Strafvollzug und bei Jugendstrafvollzug haben kann. Eine Reihe von Bundesländern sieht diese Gefahren ebenso. Ob aber die Bildung von Arbeitsgruppen und gemeinsame Länderentwürfe die Gefahren einer zukünftigen Rechtszersplitterung tatsächlich auch verhindern, wird sich erst zeigen, wenn die Vorschriften in den beteiligten Ländern angewendet werden.
Wir fordern daher als Fraktion DIE LINKE eine dauerhafte Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern auch nach Abschluss der Erarbeitung dieser Gesetze. Ich denke, die Notwendigkeit sollte in dieser Frage auch unstrittig sein. Wir denken aber trotzdem, dass die Übertragung der Gesetzgebungszuständigkeit auf die Länder in diesem Fakt in der Sache eben nicht gerechtfertigt war. Die Tatsache, dass uns mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erstmals ein in sich geschlossenes, strukturiertes und detailliertes gesetzliches Regelwerk für den Vollzug der Untersuchungshaft vorliegt, ist positiv zu bewerten. Schon seit Jahrzehnten wurde von Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis und durch die Rechtsprechung eine solche Grundlage angemahnt. Jedoch sehen wir eine Reihe von Regelungspunkten sehr kritisch. Wir haben als Fraktion in den Ausschussberatun
gen diese kritische Diskussion zu führen versucht; die vorliegenden Änderungsanträge stützen sich auf kritische Verbesserungsvorschläge von Anzuhörenden, die auch nicht alle von uns, von der LINKEN, benannt worden waren.
Die Untersuchungshaft ist eine sehr weitreichende staatliche Repressionsmaßnahme. Sie ist eine auf längere Dauer angelegte Freiheitsentziehung und wird verhängt, um den ungehinderten Fortgang des Ermittlungsverfahrens bzw. des Strafprozesses abzusichern. Grundlage ist nicht wie bei der Strafhaft eine rechtskräftige Verurteilung. Haftgrund ist eine Gefahrenprognose. Es kann sich herausstellen, dass der von der Untersuchungshaft Betroffene gar nichts mit der Straftat zu tun hat, in deren Zusammenhang er inhaftiert wurde. Untersuchungsgefangene sind Menschen, für die die Unschuldsvermutung im besonderen Maße berücksichtigt werden muss, denn sie sind im besonderen Maße Einschränkungen ihrer persönlichen Rechte ausgesetzt. Bei zahlreichen Untersuchungsgefangenen stellte sich im Nachhinein nach Abschluss der Ermittlungen heraus, dass sie tatsächlich unschuldig sind.
Staat bzw. Justiz befinden sich in einem schwierigen Abwägungsprozess zwischen Schutz der Grundrechte und Aufklärungsinteresse an Straftaten. Nach Ansicht meiner Fraktion müssen die Rechte des Betroffenen so weit wie möglich gewahrt werden, das gilt besonders für die Grundrechte; alles andere käme praktisch einer vorgezogenen Strafhaft gleich. Das ist verfassungsrechtlich nicht nur bedenklich, sondern auch unzulässig.
Vor dem Hintergrund, meine Damen und Herren, dieser Standpunkte und Fakten sehen wir als Fraktion DIE LINKE beim vorliegenden Gesetzentwurf auch nach Anhörung und Beratung im Justizausschuss in den folgenden genannten Punkten Probleme. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Fraktion der CDU bei der Videoüberwachung zumindest noch den Datenschutz nachgebessert hat. Ich möchte aber auf diese Sachfrage nicht mehr eingehen, was diese Problematik Videoüberwachung angeht. Man könnte da noch eine halbe Stunde zum Inhalt Darlegungen machen.
Wenn den schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegengewirkt werden soll, ist es schwer nachvollziehbar, warum der Gesetzentwurf Fragen der sozialen Begleitung und Unterstützung nur in sehr allgemeiner Art anspricht. Hier muss die Anstalt aus unserer Sicht verpflichtet werden, alles zu tun, damit die Betroffenen solche Hilfs- und Unterstützungsangebote direkt in der Anstalt im notwendigen Umfang in Anspruch nehmen können. Darauf zielt zum Beispiel der Änderungsantrag in § 7. Hilfe zur Selbsthilfe wird in dieser existenziellen Situation für U
Haftgefangene nicht der einzig gangbare, nicht einmal der vorrangig gangbare Weg sein. Das Gesetz weist an wichtigen Stellen gefährliche Generalklauseln auf, insbesondere angesichts der Realitäten im Thüringer Strafvollzug. Hier sei nur das Stichwort der Überbelegung genannt.
Zum Punkt Trennungsgrundsatz: In der Theorie wird in § 11 Abs. 1 die Einzelunterbringung festgelegt. Zwei Sätze weiter wird mit Verweis auf die geringe Anzahl von U-Haftgefangenen die Abweichung von der Einzelunterbringung erlaubt. Dass es auch Fälle geben kann, in denen eine Zusammenlegung mit anderen Gefangenen sinnvoll sein kann, zum Beispiel aus psychologisch-medizinischen Gründen, ist keine Rechtfertigung für eine solche Generalklausel.
2008, meine Damen und Herren, waren im Durchschnitt 215 Untersuchungshäftlinge in Thüringer Justizvollzugsanstalten untergebracht. Angesichts dieser geringen Anzahl ist zu befürchten, dass es nicht zur Verwirklichung dieses hehren Grundsatzes kommt. Die Einzelunterbringung ist wichtig, damit sich die Betroffenen möglichst ungestört auf ihr Verfahren vorbereiten können. Die Gefahr der faktischen Aushöhlung des Gebots von U-Häftlingen und solchen, die eine Straftat verbüßen, muss nach Ansicht meiner Fraktion durch die Festlegung der zentralen Zuständigkeit von einer Vollzugsanstalt für den UHaftvollzug gebannt werden. Die Problematik wiederholt sich ebenfalls noch mal in § 13.
Diese hochproblematische Aufweichung des Grundsatzes der getrennten Unterbringung gibt es auch in dem Bereich der jugendlichen U-Häftlinge. So will ich auf die strikte Trennung von Jugendlichen und Erwachsenen, welche ja eine besondere Bedeutung hat, ebenfalls noch mal verweisen. Zu diskutieren ist auch die sehr dehnbare Vorschrift über die Festlegung der Belegungsgrenzen von Hafträumen. Daher finden sich im Änderungsantrag meiner Fraktion DIE LINKE alternative Vorschläge. So dürfen zum Beispiel die Belegungsgrenzen nur in absolut unabweisbaren Notfällen und kurzfristig überschritten werden. Ein Recht auf Arbeit und Beschäftigung in der Anstalt während der Haft ist wichtig, aber die Vorbereitung und die Aufarbeitung auf das Strafverfahren und während diesem darf, denke ich, auch darunter nicht leiden. Bekanntermaßen haben zurzeit schon nur 60 Prozent der Strafgefangenen eine Beschäftigung, die verbleibenden 40 Prozent sind sicherlich nicht alle beschäftigungsuntauglich oder -unwillig. Da wird für die U-Häftlinge praktisch nicht mehr viel übrig bleiben.
Der Katalog der Repressionsmaßnahmen, meine Damen und Herren, ist sehr umfangreich und dem, was in der normalen Strafhaft möglich ist, sehr ähnlich oder gar deckungsgleich. Wo bleibt hier der Respekt
in Bezug auf die Unschuldsvermutung? Hier muss, denke ich, der Richtervorbehalt wieder her.
Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Kontakte zu Anwälten, auch wenn sie nicht die Funktion des persönlichen Strafverteidigers übernehmen, vor Beeinträchtigungen sicher sind. Das Mandatsverhältnis, meine Damen und Herren, muss respektiert werden. Die Besuchszeiten sind viel zu eingeschränkt. Gerade in der Untersuchungshaft braucht der Gefangene soziale Kommunikation. Deshalb fordert auch meine Fraktion eine Besuchszeit von wöchentlich zwei Stunden.
Es gibt einige Regelungen mit deutlichem grundrechtlichem Problempotenzial, so die Möglichkeit, jemanden von Gottesdiensten und vergleichbaren religiösen Veranstaltungen auszuschließen wie in § 30. Auch hier meine und unsere Frage: Wo bleibt hier das Grundrecht auf Glaubensfreiheit? Die Befugnis der Anstalt, Schreiben anzuhalten, wenn sie kritische Äußerungen zu den Zuständen in der Anstalt enthalten, und dem Schreiben des U-Häftlings eine Gegendarstellung der Anstalt beizugeben - so zu lesen in § 39 -, hier, denke ich, gilt auch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, nur für den Untersuchungsgefangenen mit der richtigen Sicht auf die Dinge, ich setze dem ebenfalls ein großes Fragezeichen entgegen, was man auch immer in diesem Zusammenhang unter „korrekt“ verstehen möge. Der weitgehende Verweis auf das Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz transportiert all die offenen Problempunkte dieses Gesetzes und das auf Jugendliche anwendbare Untersuchungshaftvollzugsrecht. Es gelten die gleichen exzessiven Disziplinarmaßnahmen; entgegen der Vorgaben der UNO, auch das ist diskutiert worden im Ausschuss, ist sogar der Einsatz von Schusswaffen erlaubt. Deshalb beantragt auch meine Fraktion die Änderung wie schom beim Jugendstrafvollzugsgesetz, das Verbot des Einsatzes von Schusswaffen.
Es bleiben also noch genügend Punkte. Ich könnte noch weiter ausführen; Sie können ja dem Katalog unserer Änderungsanträge entnehmen, was aus der Sicht der LINKEN verändert werden muss. Wir werden uns als Fraktion DIE LINKE auch mit Sicherheit in der kommenden Legislaturperiode mit Blick, Frau Ministerin, auf die Ergebnisse aus der praktischen Anwendung konsequent für eine Überprüfung und Nachbesserung des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes und des Jugendstrafvollzugsgesetzes einsetzen. Ich danke Ihnen.
Notwendige Konsequenzen aus Prüfergebnissen des Thüringer Rechnungshofs zu ARGEn und optierenden Kommunen
Der Thüringer Rechnungshof hat die Entscheidungspraxis der ARGE Sömmerda anhand der Kontrolle des Aktenbestandes auf ihre rechtliche und damit auch finanzielle Richtigkeit hin überprüft. Im Mittelpunkt der Prüfungen stand die Leistungsbewilligung bzw. -ablehnung für den Bereich Kosten der Unterkunft (KdU). Dabei sollen im abschließenden Prüfbericht sowohl formale wie inhaltliche Problemfelder in der aktuellen Behördenpraxis der ARGE aufgedeckt worden sein (z.B. fehlende Belege und Aktennotizen, falsche Berechnungen, fehlende Ermessensaus- übung).
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche ARGEn und Optionskommunen wurden nach Kenntnis der Landesregierung bisher vom Thüringer Rechnungshof mit Blick auf den Vollzug des
SGB II (Grundsicherung für Arbeit Suchende) überprüft?
2. Welche Problemfelder wie z.B. fehlende Ermessensausübung, Berechnungsfehler und unkorrekte Aktenführung wurden nach Kenntnis der Landesregierung vom Thüringer Rechnungshof bei diesen Prüfungen festgestellt?
3. Welche Konsequenzen sollen bzw. müssen die geprüften ARGEn und Optionskommunen nach Ansicht des Thüringer Rechnungshofs sowie der Landesregierung aus den Prüfergebnissen ziehen - insbesondere mit Blick auf die Korrektur fehlerhafter Bescheide?
4. Welche Konsequenzen sind nach Ansicht der Landesregierung vom zuständigen Ministerium als Aufsichtsbehörde aus den Prüfergebnissen zu ziehen, wie z.B. dem Erlass oder der Änderung landesweit einheitlicher Durchführungshinweise?
Danke schön. Herr Minister, eine Frage, die in dem Zusammenhang noch auftaucht, ist die Sicht auf die Notwendigkeit einer weiteren Qualifizierung von Mitarbeitern bei den ARGEn. Sieht das die Landesregierung ähnlich?
Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, sind Ihnen rechtliche Bedenken bzw. Klagen bekannt, die sich gegen das von Ihnen skizzierte Verfahren richten?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die alltägliche Praxis mit dem bestehenden Thüringer Personalvertretungsgesetz zeigt, dass durch die Mehrheit in diesem Hause, durch die CDU-Fraktion, in der vergangenen Legislaturperiode mit ihren beschlossenen Gesetzesänderungen die Mitbestimmung faktisch abgeschafft ist. Thüringen hat im Bundesvergleich eines der schlechtesten Per
sonalvertretungsgesetze, und das in Zeiten eines andauernden Umstrukturierungsprozesses mit nicht unwesentlichen Auswirkungen für die Beschäftigten. Ich werde auch heute den Eindruck nicht los, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, und leider auch Sie, Herr Baumann von der SPD, diesen Zustand heute nicht ändern wollen.
Dass das Thüringer Personalvertretungsgesetz weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt und die Beteiligungsrechte nicht den tatsächlichen Erfordernissen an eine moderne Verwaltung entsprechen, habe ich in meinen vorangegangenen Reden schon sehr ausführlich dargelegt. Die Schwächen zeigen sich gerade im Zuge des stattfindenden Umstrukturierungsprozesses in der Thüringer Verwaltung. Eine Stärkung der Mitbestimmung ist daher dringend geboten, nicht zuletzt auch deshalb, weil Reformen nur dort gelingen, wo die Betroffenen mitgenommen werden. Der diesbezügliche Versuch meiner Fraktion wurde bereits Ende 2005 durch die CDU-Mehrheit hier im Haus geblockt. Nichtsdestotrotz und mit Blick auf das seitens der CDU-Landesregierung ausgerufene Jahr der Demokratie haben wir mit dem uns heute vorliegenden Gesetzentwurf und Änderungsgesetz einen neuen Versuch unternommen, die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst zu stärken. Wir hoffen immer noch auf ein Umdenken bei Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion.
Mit unserem Entwurf setzen wir uns für eine transparente, effiziente und bürgernahe Verwaltung im Freistaat unter Einbeziehung der Beschäftigten ein. Wir wollen den massiven Abbau von Beteiligungsrechten der Personalvertretungen durch das jetzt existierende Gesetz rückgängig machen und darüber hinaus die Informations-, Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte der Bediensteten sowie der Personalräte weiter ausbauen. Im Konkreten bedeutet das unter anderem, den Grundsatz des gleichberechtigten Zusammenwirkens zwischen Personalvertretung und Dienststellen weiter im Gesetz festzuschreiben, den Personalräten in einer Generalklausel eine Allzuständigkeit in Form der Mitbestimmung bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen einzuräumen, die Größe der Personalräte und die Freistellungsregelung für die Personalräte zu verbessern, und verbindlich auch auf die Stufenvertretung zu übertragen, das Initiativrecht der Personalrats zu erweitern, den Tatbestand der Mitwirkung zu streichen und die Mitbestimmungstatbestände auszuweiten. Ihnen von der Landesregierung und auch von der CDU-Mehrheit hier im Haus aber fehlt bis jetzt und bis hier der politische Wille, Beschäftigte in die Abläufe aktiv einzubeziehen. Nicht einmal die Bereitschaft war da, heute wie damals, zu unserem Entwurf im Ausschuss diesbezüglich darüber zu diskutieren.
Eines möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen, weil in den Diskussionsbeiträgen Ihrer Fraktion in der ersten Lesung und auch bereits 2005 immer auf das Bundesverfassungsgericht verwiesen wurde; ich will es an dieser Stelle erwähnen, weil Sie sich hinter diesem Urteil verstecken, das 1995 bereits Teile des schleswig-holsteinischen Personalvertretungsgesetzes für verfassungswidrig erklärt hat. Aber ich sage ganz deutlich, das lässt sehr wohl letztendlich einen politischen Spielraum zu, denn es sind hinsichtlich der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung lediglich Ober- und Untergrenzen formuliert. Während sich meine Fraktion für eine Ausgestaltung der Mitbestimmung an der Obergrenze einsetzt, haben Sie sich wohl an der Untergrenze der möglichen Mitbestimmung orientiert. In unserem Entwurf setzen wir im Gegensatz zum gegenwärtigen Gesetz die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Thüringen um, ohne die Mitbestimmungsrechte zu beschneiden. Statt einer inhaltlichen Diskussion aber erfolgt die Ablehnung unseres Entwurfs mit völlig abstruser Begründung und macht unmissverständlich deutlich, welche Verständigung beim Umgang mit den Beschäftigten herrscht und welches Demokratieverständnis Sie insgesamt haben. Sie verkennen, dass die Beschäftigten Garant für eine leistungsfähige öffentliche Verwaltung sind; eine moderne Personalpolitik sieht daher die Einbeziehung der Beschäftigten vor. Eine Konsolidierungspolitik ohne Einbeziehung der Betroffenen und zudem auf deren Rücken trägt jedenfalls nicht gerade zur Zukunftsfähigkeit Thüringens bei. Aber hier will ich der Beratung, die heute noch zum Demographiebericht stattfindet, nicht vorweggreifen.
Demokratie lebt vom Mitmachen; Mitbestimmung lässt das gegenwärtige Personalvertretungsgesetz aber nicht zu. Mitbestimmung wäre aber aus besagten Gründen hier mehr als angebracht, nicht nur, um mehr Akzeptanz unter den Beschäftigten zu bewirken, sondern auch im Interesse der Qualität, der Verwaltungstätigkeit an sich. Denn die Beschäftigten können aus eigener Erfahrung beurteilen, welcher Veränderungsbedarf mit welchen Auswirkungen besteht. Unbeeindruckt vom Unmut der Beschäftigten, der Aufforderung der Gewerkschaften und der Personalvertretung wird ein autokratischer Politikstil fortgesetzt und am grünen Tisch entschieden, ohne die Betroffenen tatsächlich und wirksam zu beteiligen. Selbst Horst Köhler hat seine zweite Amtszeit unter das Motto „Vertrauen wir dem Bürger“ gestellt. Er plädiert dafür, die Bürger mehr einzubeziehen.
Die Landesregierung und die CDU-Mehrheit sind bis jetzt weit davon entfernt. Statt von Sachargumenten haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, stets von etwas wie vom richtigen Zeitpunkt gesprochen, der gestern wie heute für Sie irgendwie noch nicht gekommen sei. Die SPD hielt unseren Novel
lierungsvorschlag von 2005 noch für einen guten Gesetzentwurf - Herr Baumann, da waren Sie noch nicht hier in diesem Hause - und empfahl letztendlich die Annahme. Fünf Jahre später teilen Sie zwar noch unsere grundsätzliche Kritik am bestehenden Personalvertretungsgesetz, lehnen den nahezu unveränderten Entwurf - das will ich hier noch einmal in aller Deutlichkeit sagen - aber im Schulterschluss mit der CDU ab und kündigen an, das Thema in der nächsten Legislatur wieder aufzugreifen. Entsprechende Ankündigungen hat die SPD schon Mitte vergangenen Jahres gemacht. Da hieß es in einer Pressemitteilung, soweit ich mich erinnern kann, dass die SPD und der Deutsche Gewerkschaftsbund eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen haben, um Vorschläge für ein neues Personalvertretungsgesetz zu erarbeiten.
Vorgeschlagen haben Sie bis heute nichts, meine Damen und Herren. Herr Baumann, auch wir werden von unserer Forderung nach einem modernen Personalvertretungsgesetz, welches den Namen auch verdient hat, nicht abrücken und unseren diesbezüglichen Worten weiterhin konsequent Taten folgen lassen.
Wenn das Gesetz, wie zu erwarten ist, heute eine erneute Ablehnung erfährt, setzen Sie, meine verehrten Damen und Herren von der CDU, aber auch Sie von der SPD, ein deutliches Zeichen an die Wähler, insbesondere die im öffentlichen Dienst. Ich denke, 100.000 an der Zahl, das ist ein immenses Potenzial. Für die CDU galt bisher und bis jetzt: Alles ist nicht der richtige Zeitpunkt; inwieweit Sie zu wählen sind, bleibt offen. Auch bei der SPD mit Blick auf ein bekanntes Plakat kann ich nur sagen: bisher heiße Luft, meine Damen und Herren. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte bereits in der ersten Lesung ausgeführt, dass meine Fraktion, DIE LINKE, diesem Gesetzentwurf zustimmen wird. Es geht schließlich um die Anpassung der Besoldung für die Thüringer Beamtinnen und Beamten, und zwar analog der ausgehandelten Tariferhöhung für die Beschäftigten.
Ich hatte ebenfalls darauf hingewiesen, dass es beim Beamtenrecht insgesamt noch Handlungsbedarf gibt. Dabei geht es erstens um die Gleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft, zweitens die Angleichung bei der Jahressonderzahlung, also dem sogenannten Weihnachtsgeld, und drittens die Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche. Ich verweise noch einmal auf die Debatte, die Diskussion, die wir hier geführt haben, als wir das Beamtengesetz beraten haben. Dort gab es auch die Aussage, dass es analog dazu jetzt die Besoldungsanpassung geben solle.
Wir sind der Meinung, dass die Frage, die jetzt noch einmal in dem SPD-Antrag aufgeworfen wird, 40Stunden-Woche, sicherlich legitim ist, aber nicht in das vorliegende Gesetz hineingehört. Hier geht es, meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung um die Erhöhung der Besoldung. Eigentlich hätte diese Frage schon mit der Beratung des Beamtengesetzes geklärt werden können. Wir kennen, aus welchen Gründen das nicht funktioniert hat. Nichtsdestotrotz ist es jetzt wichtig, dieses Gesetz, so wie es vorliegt, zu verabschieden. Alles andere, denke ich, muss noch mal separat verhandelt und geregelt werden.
Was Sie, meine Damen und Herren von der SPD, heute vorhaben, das muss man noch mal hinsichtlich der Verantwortung hinterfragen. Sie legen einen Aktionismus hin - zu wessen Schaden?
Wir wollen dem Gesetzentwurf heute zustimmen. Wenn das heute eine Mehrheit finden würde hinsichtlich Ihres Antrags der 40-Stunden-Woche - was wäre die Abfolge dazu? Es müsste noch mal eine Anhörung stattfinden. Das hieße, die Thüringer Beamtin
nen und Beamten müssten noch länger auf ihre Besoldungserhöhung warten.
Ja eben. Da gab es dazu einstimmige Ergebnisse, meine Damen und Herren. Diesbezüglich bin ich sehr verwundert, dass heute noch mal ein Vorstoß in diese Richtung gemacht wird. Ich denke, man war sich in dieser Richtung einig, man hat es gemeinsam beschlossen, rückwirkend ab März den Beamtinnen und Beamten in Thüringen mehr Geld zukommen zu lassen. Die Arbeitszeitfrage - ich wiederhole mich da gern noch mal - soll extra behandelt werden und alle drei Fraktionen waren sich in dieser Aussage einig, meine Damen und Herren. Sie erhalten zur Besoldungserhöhung unsere Zustimmung. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, am 10. Dezember 2004 wurde der Untersuchungsausschuss Hotelförderung hier im Landtag beschlossen mit dem Ziel, möglichen Missbrauch von öffentlichen Mitteln und mutmaßliche unzulässige Subventionierung durch den Freistaat Thüringen im Förderfall Suhler Congress-Hotel und Erfurter DomHotel zu prüfen.
Nach umfänglichem Aktenstudium und zahlreichen Zeugenvernehmungen liegt uns der Abschlussbericht zum Themenkomplex Suhl vor. An dieser Stelle - Herr Prof. Dr. Goebel hat es bereits getan; ich möchte das auch aus unserer Sicht gerne wiederholen - sei nochmals ein deutlicher Dank an die Landtagsverwaltung gerichtet; ich denke, ohne deren emsiges Arbeiten wäre die heutige Debatte wohl nicht möglich gewesen. Ich will es an der Stelle auch nicht versäumen - vielleicht etwas unüblich, aber ich mache es auch aus persönlichem Dank heraus -, dem ehemaligen Vorsitzenden Herrn Kretschmer, der zumindest für uns auch eine sehr sachliche, angenehme Zusammenarbeit gestaltet hat und korrekt sein Amt als Vorsitzender in der Ausschussleitung und auch in der Zeugenvernehmung ausgeübt hat, zu danken.
Bei der Übergabe des Berichts in der vergangenen Woche, meine Damen und Herren, hat der jetzige Ausschussvorsitzende Prof. Dr. Goebel bemerkt, dass im Ergebnis des Untersuchungsausschusses feststeht, dass keine Rechtsverletzungen stattgefunden haben, die Verfahrensmodalitäten aber mehr als zu wünschen übrig ließen. So ähnlich haben Sie sich heute auch noch einmal hier an dieser Stelle ausge
drückt. Die Presse urteilte etwas schärfer. Ich darf einmal kurz zitieren, Frau Präsidentin: „Das Land hat beim Bau des Suhler Congress-Hotels Geld verschwendet.“ Das war beim MDR zu hören. „Hotelbau - Millionen vergeudet“, hieß es im Freien Wort. „Steuergelder verschwendet“, war in der TLZ zu lesen.
Auch wenn der Bericht sehr vorsichtig und diplomatisch formuliert ist, erschließt sich zwischen den Zeilen doch ein Krimi. Es lässt sich unverkennbar herauslesen, dass im Förderfall des Suhler CongressHotels Fehler gemacht wurden, die den Steuerzahler mindestens - und ich betone „mindestens“ - 4,6 Mio. € kosteten, Fehler, zu denen man stehen sollte. Ein Hauch an Kritik war jetzt auch durch den Wirtschaftsminister Herrn Reinholz zu hören, aber, ich denke, hier sollte man noch etwas schärfer ins Gericht gehen. Ich wiederhole mich gerne: Fehler, zu denen man stehen sollte. Jedenfalls von einem einfachen Bearbeitungsfehler kann keine Rede sein. Nein, ich denke, dieser verschwenderische Umgang mit Steuergeldern ist zu verantworten. Ich möchte heute die Gelegenheit nutzen, die Verantwortlichkeit auch der Landesregierung klar und deutlich beim Namen zu nennen.
Zum einen war es die damalige Förderpraxis selbst, die anfällig für Missbrauch war. So war es möglich, dass der Zuwendungsempfänger ein mit ihm verbundenes Unternehmen als Generalübernehmer einsetzt und keinerlei Nachweis über die tatsächlich erbrachten Leistungen zu erbringen hatte. Vielmehr genügten die Angaben des Generalübernehmers, also faktisch seine eigenen. Das kommt einer Einladung an dubiose Geschäftemacher gleich.
Auch das seitens der Landesregierung in Auftrag gegebene Gutachten kommt hier unmissverständlich zu dem Ergebnis, dass die damaligen Förderrichtlinien unbrauchbar im Hinblick auf den Ausschluss möglichen Subventionsbetrugs waren. Auch im Förderfall Suhl trat der Investor als doppeltes Lottchen auf, was den sachbearbeitenden Stellen bekannt war. Trotz geäußerter Bedenken seitens einiger Mitarbeiter hinsichtlich der Höhe der Investitionskosten wurden die Angaben des Investors ohne Wenn und Aber anerkannt und zur Grundlage der Förderung gemacht.
Diesbezüglich stellt der Untersuchungsausschuss unmissverständlich fest, dass diese Kenntnis von der Personenidentität zwischen Investor und Auftraggeber und GÜ als Auftragnehmer hätte Anlass sein müssen, tiefgründiger zu prüfen. Das ist unterblieben. Man hat es aber dabei bewenden lassen, nur die GÜLeistungen, die sich der Investor faktisch selbst bescheinigte, nicht aber die Belege und Rechnungen der einzelnen Subunternehmer abzufordern. Letztlich wurde eine wenige Positionen umfassende, auf einer halben DIN-A4-Seite Platz findende Aufschlüsselung
der Investitionskosten als Grundlage für die zur Auszahlung gelangten Fördermittel in Höhe 23,8 Mio. DM für ausreichend erachtet. Dies verschaffte dem Investor die Möglichkeit, einen realisierten Zwischengewinn in nicht vertretbarer Höhe gefördert zu bekommen. Das stellt einen eklatanten Verstoß gegen den Grundsatz des sparsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln dar.
Von allen, die öffentliche Mittel verwalten, sind besondere Sorgfaltspflichten zu erwarten. Die Untersuchungen aber haben ergeben, dass im Förderfall Suhl diese Sorgfaltspflichten nicht in jedem Fall Berücksichtigung fanden. So wurde hinsichtlich des detaillierten Investitionsplans nicht berücksichtigt, dass die bearbeitenden Stellen dafür Sorge zu tragen hatten, dass alle Dokumentationen und Entscheidungen den tatsächlichen Bedingungen entsprechen, denn ein die Anforderungen entsprechender Investitionsplan war in den Akten nicht zu finden. Vielmehr hat die Zeugenvernehmung hier ergeben, dass eine Kostenschätzung in den Stand eines detaillierten Investitionsplans gesetzt wurde, ein schlichtes Papier von geringem Umfang und noch geringerer Aussagekraft, was die tatsächlichen Investitionen anbelangt. Warum ist so nachlässig gearbeitet worden? Die Ursachen für dieses laxe Prüfverfahren, das sich an mehreren Stellen des Förderverfahrens wiederfindet, liegen in Verantwortung der Landesregierung, konkret, der wohlwollenden und befürwortenden Haltung des damaligen Wirtschaftsministers Franz Schuster begründet. Die Entscheidung war politisch motiviert und gelenkt. Die ministerielle Ausnahmeentscheidung zur Förderung des Vorhabens sowie das Drängen auf eine schnelle Bearbeitung spiegeln das wider.
So kam in zahlreichen Zeugenaussagen deutlich zum Ausdruck, dass der Minister nicht nur die Förderung in Aussicht gestellt, sondern auch eine besondere Eilbedürftigkeit immer wieder angemahnt hat. Auch dem Investor selbst blieb diese Eilbedürftigkeit nicht unbekannt und eröffnete ihm zusätzliche Gestaltungsspielräume. Im Bericht heißt es dazu, dass es sich um ein einzigartiges Objekt in einzigartiger Lage, dem kein marktbreites Angebot gegenüberstand und für das es aus regionalwirtschaftlicher und städtebaulicher Sicht erheblichen und dringenden Entwicklungsbedarf gab, handle. Nachzulesen auf Seite 22. Letztlich schuf diese wohlwollende und befürwortende Haltung des Ministers das entsprechende Klima in den sachbearbeitenden Stellen der TAB. Sie war faktisch der Persilschein für die Mitarbeiter, ohne tiefgründige Prüfung dem Vorhaben zum Erfolg zu verhelfen, nach dem Motto: „koste es, was es wolle“. Dieser sogenannte Jagdschein - in nachfolgenden Förderfällen als „Letter of Intent“ bezeichnet - für die Verwaltung führte dazu, dass Gutachten zur Unterlegung des Grundstückserwerbs trotz Zweifel an dessen Werthaltigkeit nicht beigezogen wurden und trotz Auflage im
Zuwendungsbescheid kein den Anforderungen gerecht werdender detaillierter Investitionsplan abgefordert wurde. Letztlich wurden die Angaben der Generalübernehmerleistung als ausreichend erachtet, die sich der Investor selbst bescheinigte. Im Bericht heißt es dazu u.a., dass hinsichtlich des im Untersuchungsverfahren geschilderten Zeitdrucks in der Bearbeitung des Förderantrags beispielsweise auf die Anforderung eines Gutachtens zur Unterlegung des angegebenen Grundstückskaufpreises in Höhe von 13,8 Mio. DM verzichtet worden sei. Ebenfalls nachzulesen auf Seite 13.
Angebrachte Zweifel sind bewusst ignoriert bzw. als belanglos abgetan oder nicht mit der notwendigen Konsequenz weiterverfolgt worden. Auch die Kenntnis, dass die Hausbank des Investors bereits das vormalige Investitionsvorhaben Hillebrand begleitet hat, ändere daran nichts. Vielmehr wurde auf Hinweis der oberen Stellen ein aus einem gescheiterten Vorverkauf resultierender Kaufpreis in Höhe von 12,5 Mio DM zur Grundlage der Förderung gemacht, noch bevor sich die beiden Investoren auf diesen Preis einigten. Dass die Weisung mit der konkreten Kaufsumme aus Erfurt durchgestellt wurde, bevor sich Käufer und Verkäufer dann exakt auf diesen Preis einigten, ist ein klares Indiz dafür, dass nicht der Marktwert, sondern ein politischer Preis für das Gebäude festgelegt wurde, und zwar entgegen der Rechtslage.
Das Verfahren ist ein Zeichen für die Hörigkeit, die im öffentlichen Dienst Thüringens herrscht. Hier reiht sich die gesamte Politik der Landesregierung ein, eine Politik, um die Macht zu erhalten. So liegt beispielsweise dem derzeit in Thüringen geltenden Personalvertretungsgesetz der Gedanke eines Obrigkeitsstaates zugrunde, da die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zu bloßen Erfüllungsgehilfen des administrativen Systems degradiert werden. Dies sei aber nur am Rande angemerkt, es ist ebenfalls Gegenstand des heutigen Plenums gewesen. Ich darf gerne noch einmal darauf verweisen.
Mehr Demokratie kann nur die Antwort auf diese Probleme sein,
die wir gegenwärtig in Thüringen haben. Verwaltungsmurks wurde so zur Beamtenpflicht und Geldverschwendung zur Wirtschaftsförderung. Im hier zu debattierenden Fall hat diese Form der Hörigkeit dazu geführt, dass mindestens 4,6 Mio. € an Förder- und somit Steuergeldern aufgrund überhöhter Investitionsangaben des Investors ohne Rechtsgrund ausgereicht wurden. So auch die entsprechenden Ausführungen der Mühlhäuser Staatsanwälte und Richter am Landgericht. Tätigkeiten, die den von Herrn
Baumhögger angegebenen Preis wert gewesen wären, konnten nicht ermittelt werden. Im Rahmen dieses Strafverfahrens war Herr Dr. Baumhögger wegen Betrugs angeklagt. Eine Verurteilung erfolgte aufgrund eingetretener Verjährung nicht.
Auch im Untersuchungsausschuss sind anhand der Verträge lediglich tatsächliche Investitionskosten in Höhe von damals etwa 22 Mio. DM festgestellt worden. Die Zuwendungshöhe beläuft sich auf 23,8 Mio. DM, nur um einmal die Dimension aufzuzeigen, in der wir uns bewegen - eine hundertprozentige Förderung. Die Logik Ihrer Lesart, es sei dem Untersuchungsausschuss nicht gelungen, die Investitionskosten genau zu beziffern, ist hier für uns nicht nachvollziehbar.
Was nicht stattgefunden hat, ist nicht nachweisbar, da kann auch ein Untersuchungsausschuss nichts finden. Dann aber zu sagen, der Untersuchungsausschuss hat keine Rechnung in Höhe der angegebenen und zur Grundlage der Förderung gemachten Investitionskosten gefunden, also können wir die Kosten auch nicht genau beziffern, so funktioniert es nicht. Das ist, meine Damen und Herren, Schönfärberei. Umgekehrt wird ein Schuh daraus, die Bausumme war aufgebläht und dies wurde sehenden Auges zugelassen. Hier decken sich die Feststellungen im gerichtlichen Verfahren mit den Zeugenaussagen im Untersuchungsausschuss.
Aufgabe des Untersuchungsausschusses war es auch nicht, so lange nach Belegen der Investitionskosten zu suchen, bis die als förderfähig angegebene Summe erreicht bzw. nachweisbar ist. Ihre Lesart ist aber dahin gehend zu verstehen. Sie stellt das Untersuchungsausschussverfahren insgesamt infrage und rechtfertigt die langjährige Forderung meiner Fraktion nach einer Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes.
Als schärfstes Schwert der Opposition gegen die Regierung konzipiert, erweist es sich in Thüringen aber als zahnloser Tiger. Es bedarf hier einer Stärkung der Aufklärung und Beweiserhebungsrechte insgesamt, aber insbesondere einer Stärkung der oppositionellen Rechte. Auf die konfusen Strukturen in der landeseigenen Förderbank, die im Untersuchungsverfahren zum Vorschein gekommen sind und maßgeblich diesen Missbrauch erst ermöglicht haben, will ich im Einzelnen gar nicht mehr eingehen. Diese liefern ein Bild eines unverantwortlichen Durcheinanders.
Die drei Abteilungen - Antragsbearbeitung, Zuschussstelle und Verwendungsnachweis - agierten bei der Bearbeitung des Förderfalls autonom. Eine überge
ordnete Kontrolle gab es nicht. Die Verantwortung für die Fördergelder wurden mit den Akten über die Schreibtische in der Thüringer Aufbaubank und in den beteiligten Ministerien hin und her geschoben, ohne dass jemand die Gesamtverantwortung getragen hat. Dass der Kontrolle dienende Vier-AugenPrinzip in Form der Arbeitsteilung hat sich damit ins Gegenteil verkehrt, indem sich beispielsweise im Förderfall Suhl niemand für die Kontrolle der Vorlage eines detaillierten Investitionsplans zuständig gefühlt hat.
Die Änderungen der Förderpraxis für Fälle, in denen der Zuwendungsempfänger ein mit ihm verbundenes Unternehmen als Generalübernehmer einsetzt, ist aus unserer Sicht ein Eingeständnis eines bis dato unsachgemäßen Umgangs mit Steuergeldern und kam viel zu spät. So konnte Herr Dr. Baumhögger dasselbe Geschäftsmodell beim Erfurter Dom-Hotel nochmals durchziehen. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätten die eigenen Fehler bzw. die Problematik der Förderfallkonstellation jedenfalls schon viel früher erkannt und es hätte entsprechend agiert werden müssen.
Aus besagten Gründen ist das Arbeiten aber nicht dem Wissen angepasst und damit Steuergeldverschwendung bewusst in Kauf genommen worden.
Es ging im Förderfall Suhl darum, ein Prestigeobjekt auf die Beine zu stellen; was nicht passte, wurde passend gemacht. Mag auch hier der Wille, einen städtebaulichen Missstand zu beseitigen, eine Rolle gespielt haben, entbindet dieses begrüßenswerte Anliegen jedoch nicht den sorgsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln. In der gesamten Wirtschaftsförderung scheint ein Stil geherrscht zu haben, der mit der Bananenrepublik vergleichbar ist. So sind Milliardenbeträge ausgereicht worden nach Gutsherrenart, ohne dass Landesplanung eine Rolle gespielt hat.
Zum Themenkomplex Erfurt liegt zwar noch kein Bericht vor, aber aus der bisherigen Arbeit des Untersuchungsausschusses zu diesem Themenkomplex lässt sich für uns feststellen, dass der Ablauf derselbe war, mithin die Problemlagen in Suhl und Erfurt deckungsgleich sind. Die zu kritisierende Arbeit der unter der Aufsicht der Landesregierung stehenden Thüringer Aufbaubank ist folglich nicht objektbezogen, sondern immanent gewesen. Im Förderfall Erfurt: Es gab den gleichen Investor, das gleiche Spiel, nochmals Geld missbräuchlich eingesetzt. Vielleicht war der Landesregierung in diesem Fall doch die Problemlage schon bekannt. Dass der Ministerpräsident die Teilnahme - das sei nur am Rande bemerkt - an
der Einweihung des Prestigeprojektes „5-Sterne-Hotel Erfurt“ ablehnte, ist für uns jedenfalls ein Indiz dafür.
Es handelt sich, meine Damen und Herren, um ein systematisches Problem, dem nach Ansicht der Linksfraktion nur dadurch begegnet werden kann, dass wir zu einer anderen Evaluierung kommen, einer wirksamen parlamentarischen Kontrolle. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, so schön wie der Tag heute anfänglich gepriesen wurde, hat er sich jetzt nicht mehr entwickelt, nachdem ich das gehört habe, was Frau Kollegin Evelin Groß und auch Herr Fiedler zumindest in Richtung meiner Fraktion noch mal an Mär hier erzählt haben, weil die Fakten, die Sie angeblich hier in den Raum gestellt haben, einfach so nicht stimmen. Wir werden heute sicherlich noch einmal, nachdem Sie das beantragt haben, nach der Aktuellen Stunde die Gelegenheit haben, während der Debatte zum Abschlussbericht der Enquetekommission sehr ausführlich dazu Stellung zu nehmen. Ich habe das gestern, als Sie, Herr Carius, der Präsidentin dieses Hauses den Abschlussbericht übergeben haben, versucht klarzustellen, entweder können Sie oder wollen Sie nicht zuhören, wie unsere Argumentationen gerade in dieser Frage der Landgemeinden sind.
Ich hatte das geteilte Vergnügen damals noch im Innenausschuss und auch in der Enquetekommission zu der Debatte, zu den Anhörungen, zu dem Konstrukt und der Entwicklung der Landgemeinde dabei zu sein und ich möchte mal klarstellen, dass wir inhaltlich bei der Weiterentwicklung des Ortschaftsrechts überhaupt nicht groß Differenzen in diesen Fragen hatten. Das können Sie gern zur Kenntnis nehmen, Sie können sich hier herstellen und das als Ihr Erfolgskonzept verkaufen, aber die Tatsache ist, genau wie Herr Kuschel das gesagt hat - und das möchte ich noch einmal wiederholen -, dass Sie natürlich der Einheitsgemeinde ein anderes Etikett verpasst haben und - aber das loben wir an dieser Stelle auch, das sage ich unumwunden - die Demokratisierung der Ortschaftsverfassung damit vorangetrieben haben. Das ist das einzig Positive an dieser Stelle.
Herr Kollege Carius, Sie wissen, auch ich persönlich habe mit Ihnen gemeinsam in unserer Region für die Landgemeinde gestritten. Da ist mir egal, wie dieses Konstrukt heißt. Ich habe immer wieder deutlich gesagt - und das ist eine große Überzeugungsarbeit, die wir in dieser Richtung leisten müssen -, die Einheitsgemeinde ist ein Konstrukt, aber es muss weiter demokratisiert werden. Da ist - und das gönne ich Ihnen ja, dass Sie sagen, Sie haben durchaus eine konstruktive Idee entwickelt hinsichtlich der Namensgebung „Landgemeinde“, aber alles andere ist kopiert auch von unseren Ideen, die wir immer stets und ständig seit 2004 hier eingebracht haben.
Lassen Sie mich noch eins klarstellen, meine Damen und Herren, wir haben nicht den Inhalt der Ortschaftsverfassung der Landgemeinde kritisiert, sondern wir haben deutlich kritisiert, dass Sie vollkommen unverbindlich ein weiteres Rechtskonstrukt geschaffen haben neben den bereits jetzt existierenden erfüllende Gemeinde, Einheitsgemeinde, Verwaltungsgemeinschaft und Landgemeinde. Das ist, was Herr Kollege Kuschel gesagt hat, irre und da sollten verbindliche Regelungen durch den Gesetzgeber geschaffen werden. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, keine Angst, ich habe mir hier nicht meinen Redebeitrag mit nach vorn genommen, sondern das ist noch mal der Abschlussbericht der Enquetekommission. Insofern kann ich Sie beruhigen. Aber ich denke, im Detail ist es doch noch mal wichtig, auf ein paar Fragen einzugehen, die mein Kollege von der CDU, Herr Carius, in seiner Eigenschaft als ehemaliger Vorsitzender der Enquetekommission hier vorgetragen hat, und logischerweise Ihnen auch noch mal darzulegen, was uns bewogen hat, ein entsprechendes Minderheitenvotum zum Abschlussbericht der Enquetekommission vorzulegen.
Meine Damen und Herren, wir als LINKE waren ja von Anfang an etwas skeptisch, was die möglichen Arbeitsergebnisse der Kommission betrifft. Wir sind nicht enttäuscht worden, was die Skepsis betraf hinsichtlich des Ergebnisses der Enquetekommission. Ich sage auch, bereits zu Beginn - als Sie, zwischen CDU und SPD diese Einsetzung ausgehandelt haben - war erkennbar, dass zumindest eine Fraktion - und das ist hier mehrfach in diesem Haus betont worden -, die CDU-Fraktion, kein richtiges Interesse an einem zeitnahen und qualitativ hochwertigen Ergebnis hatte. Ich will nur darauf verweisen, dass in mehrfachen Debatten der Ministerpräsident Althaus es hier selbst am Pult verkündet hat, dass es keinen Bedarf gibt, in Thüringen an jeglichen Strukturen zu rütteln, sei es auf der gemeindlichen Ebene, sei es auf Landkreisebene und schon gar nicht auf der Ebene der Landesverwaltung. Sie haben mehrfach hier behauptet, alles ist gut, die Behördenstruktur in Thüringen sei das Nonplusultra und alles andere seien verwegene Ideen. Insofern muss man zumindest zur Kenntnis nehmen, dass sich auch die Mehrheitsfraktion in diesem Hause innerhalb der Enquetekommission etwas bewegt hat, dass zumindest ein kleiner Baustein von der ursprünglichen Zielstellung herübergerettet wurde, das ist die Frage der Landgemeinden. Nach fast vier Jahren Arbeit kann den Mitgliedern der Kommission, denke ich, eins bescheinigt werden, das ist die Frage, dass durchaus eine Fleißarbeit verrichtet wurde allein
durch die Tatsache, dass meterweise Analysematerial bearbeitet worden ist. Ich sage auch, in manchmal endlosen Sitzungen wurden Themen hin- und hergewälzt, aber was ich vermisst habe, war letztendlich die Dynamik und der Wille, auch ein Ergebnis erzielen zu wollen. Den Auftrag, der durch den Ministerpräsidenten an die CDU-Fraktion übertragen wurde, hat die CDU mit Bravour gemeistert, zumindest hatte sie sich nicht zu diesen Fragen zu äußern hinsichtlich der Zwei- und Dreistufigkeit der Thüringer Landesverwaltung oder auch zu Fragen der Kreisgebietsstrukturen. Ich habe auch gestern in der Öffentlichkeit noch mal gesagt, die Umwandlung in Einheitsgemeinden mit einem fortschrittlichen Ortschaftsrecht zu forcieren, das hat man versäumt. Aber Sie sind auf die Idee gekommen, ein neues Konstrukt hier einzuführen. Sie haben die Einheitsgemeinden mit einem neuen Etikett versehen und damit ein weiteres Rechtskonstrukt für Thüringen geschaffen. Nicht in der Enquetekommission ist die Idee entstanden, sondern sie haben im engsten Kreis der CDU Parteispitze in Oberhof sich versammelt, und dort dieses Modell der Thüringer Landgemeinde geboren, Herr Mohring.
Dann haben Sie zumindest eines fertiggebracht, dass in der Enquetekommission wohlwollend zu verschweigen. Ich weiß nicht, ob dabei die Stimmung gut oder schlecht war, man hat es nur daran messen können, wie sich zumindest im Nachhinein der damalige Innenminister Gasser dazu verhalten hat. Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, als er nämlich festgestellt hat, dass wesentliche Kernelemente dieses Modells sogar aus seiner Sicht verfassungswidrig seien. Diese Bemerkung hat sich sehr wohl bei mir eingeprägt und war eine interessante Aussage. Sie haben sie zumindest insofern geheilt und für Klarheit gesorgt, dass Sie den Innenminister ausgewechselt haben. Nichtsdestotrotz, meine Damen und Herren, hat zumindest die CDU beharrlich an ihrem Modell festgehalten und hat auch die Fraktion der SPD für diese Konstruktion gewinnen können. Ich kann mich auch daran erinnern, als der Zwischenbericht vorgestellt worden ist, war damals Frau Taubert sehr euphorisch im Schulterschluss mit Herrn Carius und die Freundschaft hat sich bis heute gefestigt, das habe ich jetzt feststellen können. Das ist auch gut so, aber sie haben zumindest im Nachhinein feststellen müssen, dass sie aus meiner Sicht in eine taktische Falle der CDU geraten sind. Sie haben natürlich auch Probleme gehabt hinsichtlich der Glaubwürdigkeit ihres eigenes Konzepts und ihres eigenen Reformvorhabens, als SPD damit auch ein bisschen auf verlorenem Posten zu sein, weil sich die CDU in der Frage der Kreisstrukturen und auch der Verwaltungsstufigkeit nicht bewegt hat. Die Leit
bilder - ich will die noch mal in Erinnerung rufen, von den Fraktionen der Opposition, die diese entwickelt haben -, ich denke, sie wurden archiviert und aufgrund der Entscheidung durch Mehrheit der CDU war in der Enquetekommission eben keine tiefgründige inhaltliche Diskussion vonstatten gegangen, geschweige denn punktuell möglich gewesen. Da sage ich ganz deutlich, meine Damen und Herren von der SPD: Sie müssen wissen, mit wem Sie sich hier einlassen, mit wem Sie sich sozusagen in das politische Bett legen. Eine Erfahrung, die Sie gesammelt haben, war ja, dass Sie letztendlich, nach dem wir als Fraktion DIE LINKE mehrfach auch öffentlich gedroht haben,
wir würden unsere Mitarbeit verweigern, wenn sich die CDU auch nicht nur ein Stück bewegt, diesen Schritt vollzogen haben, weil die Schmerzgrenze für Sie sicherlich erreicht war. Letztendlich haben Ihre Mitglieder in der Enquetekommission ihre Mitarbeit verweigert und sind dort ausgestiegen.
Meine Damen und Herren, wir haben jetzt in Thüringen vier Modelle. Sie haben halbherzig den Versuch unternommen, auf kommunaler Ebene etwas Neues in Bewegung zu bringen, das heißt, neben den bisherigen Modellen der Einheitsgemeinde, Verwaltungsgemeinschaft und erfüllenden Gemeinde gibt es jetzt das sogenannte vierte Konstrukt, nämlich die Thüringer Landgemeinde. Anstatt für Vereinfachung und Übersichtlichkeit zu sorgen, haben Sie von der CDU strukturseitig nur für mehr Unübersichtlichkeit und durchaus Verwirrung gesorgt, und wenn Sie mit den Bürgern ins Gespräch kommen, dann gibt es eben keine Klarheit, was sich letztendlich hinter jedem einzelne Konstrukt verbirgt.
Verbindliche Aussagen und Klarheiten und auch zeitliche Vorgaben lassen Sie im Abschlussbericht vermissen. Ich denke, das war eine der Kernaussagen der Zielstellungen der Enquetekommission, so wie sie im Ursprung auch vorgesehen war.
Wir haben das Gesetz neben diesem formalen Aspekt auch wegen der Differenzierung des Ortschaftsrechts abgelehnt. Anstatt das Ortschaftsrecht - und das will ich hier noch mal betonen - prinzipiell zu modernisieren und den Bürgerinnen und Bürgern überall in Thüringen damit mehr Demokratie zu ermöglichen, ist diese positive Entwicklung ausschließlich den Bürgerinnen und Bürgern der Landgemeinden vorbehalten.
Die Kommission hat keine Aussagen zu den Erfordernissen einer Kreisgebietsreform getroffen, eine
Forderung meiner Fraktion seit 2004. Es wird unter Verweis auf die durchgeführte Anhörung zum Urteil des Verfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern einfach nur festgestellt, dass eine Reform aus verfassungsrechtlichen Gründen unmöglich und zudem prinzipiell nicht erforderlich sei. Herr Carius hat das in seinen Ausführungen soeben nochmals betont. Sie haben sich hinter diesem Urteil versteckt und es als Totschlagargument genutzt, um sich damit jeglicher Debatte zu entziehen. Ich sage Ihnen, in Mecklenburg-Vorpommern ist momentan selbst Ihre Partei - das wissen Sie am besten - dabei, diesen Sachverhalt aufzuarbeiten und an dieser Kreisreform weiterzuarbeiten. Auch mit Blick in Richtung SachsenAnhalt oder Sachsen hat man diese Konstrukte genau weiterverfolgt. Allein die Erfahrungen, die dort gesammelt worden sind, haben Sie hier in den Wind geschlagen und sie haben keine Berücksichtigung gefunden. Dabei wissen wir alle, wie solche Anhörungen ablaufen und auch abgelaufen sind. Jede Fraktion hat ihre Experten favorisiert und vorgeschlagen in Erwartung dessen, was sie natürlich auch hören wollen.
Im Abschlussbericht wird deshalb sehr häufig, nach unserem Empfinden sogar etwas überproportional häufig, auf den angehörten Prof. Hennecke verwiesen. Die Position von Prof. Hennecke war dabei schon von Anfang an klar, schließlich ist er der Geschäftsführer des Deutschen Landkreistags, also des Interessenverbands der Landkreise in Deutschland. Meine Damen und Herren, ich konnte weder vom Deutschen Landkreistag noch vom Thüringischen Landkreistag erwarten, dass eine Art Opferbereitschaft in Form von Strukturveränderungen aufgebracht wird. Ich sage ganz deutlich, da ist die Familie des Gemeinde- und Städtebunds in Thüringen viel weiter. Bei ihr ist das Signal ausgesandt, auch selbst über eigenen Strukturen nachzudenken, und die Bereitschaft erklärt worden, diese Systematik anzugehen, sich inhaltich einzubringen. Ich bedaure es zutiefst, dass der Deutsche Landkreistag und auch der Thüringische Landkreistag sich dieser Debatte mit Vehemenz verweigert haben. Wesentlich kritischere Stimmen, die sich mit dem Urteil befasst haben, wie z.B. die von Prof. Meier, bekamen vergleichsweise wenig Beachtung im Abschlussbericht eingeräumt - auch das bedaure ich zutiefst. Diese Auffassung vertritt im Übrigen auch der Gemeinde- und Städtebund. An der Stelle den Vertretern des Gemeinde- und Städtebunds noch mal Dank - auch aus der Sicht der Opposition -, die eine sehr engagierte Arbeit geleistet haben. Sie haben auch ihrer Enttäuschung Luft gemacht über ein mangelndes Votum zu einer Kreisgebietsreform durch die CDU-Mehrheit in der Kommission. Dazu hatte sich der Spitzenverband schriftlich geäußert und angekündigt, dem Abschlussbericht mit seinen Empfehlungen eben nicht zuzustimmen. Der Verband
hat darauf verwiesen, dass die Gemeinden und Städte viel weiter seien als die Landkreise. Die Gemeinden und Städte hätten sich bereits bewegt, wie wir in den zahlreichen Neugliederungsmaßnahmen der letzten Jahre bereits erkennen konnten und auch die Jahresversammlungen des Gemeinde- und Städtebundes haben immer auf diese Problematik hingewiesen.
Die Landkreise hingegen verharren in einer Art Schockzustand und ignorieren beharrlich alle Reformbemühungen, die sie irgendwie betreffen könnten. Ich bedaure das zutiefst und es hat sicherlich auch etwas damit zu tun, dass die Landräte immer die Befürchtung geäußert haben, ihren jeweiligen Status zu verlieren und - diese Erfahrung haben wir zum Thüringischen Landkreistag auch gemacht - erst nach Ausscheiden aus ihrem Amt haben sich ehemalige Landräte zu diesem Thema geäußert und durchaus Vorschläge für eine Gebietsreform der Kreise geäußert, aber erst nach der Niederlegung ihrer Amtsgeschäfte. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass auch der renommierte Experte der Universität Jena, Prof. Sedlacek, sich dem Abschlussbericht ebenfalls nicht anschließen konnte. Er hat leider aus Zeitgründen auf eine schriftliche Stellungnahme mit einem Minderheitenvotum verzichtet, aber ich verrate mit Sicherheit kein Geheimnis, das kennen Sie auch aus seinen wissenschaftlichen Ausarbeitungen, dass er sich durchaus auch für eine Veränderung der Kreisstrukturen ausgesprochen hat. Das tat im Übrigen auch der Vertreter der SPDFraktion, aber ich gehe mal davon aus, dass Sie von der SPD sich dazu auch noch selbst positionieren werden. Auch Prof. Backhaus von der Universität Erfurt hat sich ja sonst den Ideen der CDU nicht gerade verschlossen, er war ja ihr Vertreter. Er hat aber auch seine Zustimmung zum Abschlussbericht verweigert. Bitte nehmen Sie auch dies zur Kenntnis. In seinem Minderheitenvotum greift er in einem Punkt erstaunlicherweise auch einen ehemaligen Vorschlag von uns auf, nämlich was die Erweiterung der Möglichkeiten des kommunalen Wirtschaftsrechts betrifft. Hier haben wir seit 2005 mit dem Konzept zur Reform der Aufgabenträger der Wasserver- und Abwasserentsorgung das in Bayern bewährte Modell der Anstalt des öffentlichen Rechts als Vorschlag gemacht, die Zweckverbände zu reformieren. Herr Prof. Backhaus fordert nun auch generell diese Option. Ein weiteres Minderheitenvotum von Herrn Schemmel, das hatte ich kurz angesprochen, geht ja auch in diese Richtung. Ich denke, auch das bestätigt uns in den notwendigen Reformvorhaben.
Erstmals haben in der Kommission neben unserer Fraktion, die bereits zu früheren Zwischenberichten ein Minderheitenvotum abgegeben hatte, auch mehrere Sachverständige - das ist neu - eine abweichende Meinung formuliert. Die Fraktion DIE LINKE
war in der Kommission die Fraktion, die ein Konzept für eine geschlossene Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform in der Kommission fortwährend zur Diskussion gestellt hat. Das hat auch nicht jedem Mitglied gefallen, aber ich denke, wir haben beharrlich - und das Ergebnis gibt uns recht - in dieser Forderung nicht nachgelassen. Dabei dürfen wir erfreulicherweise feststellen, dass wesentliche Kernelemente unseres Konzepts durchaus auch von Sachverständigen in Teilfragen bestätigt worden sind. So konnte beispielsweise aufgrund der Erfahrungen anderer Bundesländer nachgewiesen werden, dass es möglich ist, auch in Thüringen von der Dreistufigkeit der Landesverwaltung auf die Zweistufigkeit umzustellen. Es ist auch kein Geheimnis und ich nehme das Herrn Stephan auch nicht übel, wenn er als Präsident des Thüringer Landesverwaltungsamts keine Laudatio zur Auflösung seiner Behörde hält. Es ist logisch, dass er als Chef seine Verwaltung natürlich mit Klauen und Zähnen verteidigt, aber ich denke, auch in diesem Bereich gilt es, darüber nachzudenken - und die Erfahrungen der anderen Bundesländer haben bewiesen, dass es geht -, mit dem politischen Sachverstand und dem politischen Willen diese Aufgabe umzusetzen.
Die Einrichtung von Bürgerservicebüros wurde vielfach als wünschenswert bezeichnet. Selbst der Vorschlag zur Bildung sogenannter Regionalkreise wurde nicht prinzipiell - und da widerspreche ich Herrn Carius - verworfen, sondern es wurde lediglich in einzelnen Detailfragen deutlich, dass wir offensichtlich noch stärker als bisher für Klarheit sorgen müssen, was Aufgabenstellungen von Regionalkreisen sind. Hier gibt es eine Gemengelage zur Bedeutung dieser Regionalkreise, eine Zudeutung zu Regionalkreisen, die in allen drei Fraktionen wohl sehr unterschiedlich aufgenommen und diskutiert worden ist.
Meine Damen und Herren, es wird deutlich, dass die Enquetekommission dem eigentlichen Anspruch des Auftrags nicht gerecht wurde. Ein Problem war dabei - und da widerspreche ich auch Herrn Carius -, dass man nicht ergebnisoffen in die Sacharbeit gehen konnte, weil - und das waren meine Ausführungen anfangs - der Ministerpräsident schon die Messlatte sehr hoch gehangen hatte in Richtung CDU-Fraktion, sich nicht unmittelbar um Reformen in dieser ganzen Frage zu bemühen, sondern immer wieder der Verweis auf das Behördenstrukturkonzept gemacht worden ist.
Ich habe bereits gestern das Ergebnis der Enquetekommission bzw. die Handlungsempfehlungen der CDU bewertet mit der Aussage: Der Berg kreißte und gebar nicht einmal eine Maus, aber ich sage auch ganz deutlich, dass, wer niemals - das ist eine optimistische Aussage - anfängt, wird auch nie
mals etwas zustande bringen. Insofern will ich auch diesen Abschlussbericht bewerten, weil eine Menge an Analyse- und Datenerfassung vollzogen ist, die auch für eine künftige, vielleicht entscheidungsfreudigere Landesregierung vonnöten ist, um diesen Reformprozess weiter voranzubringen, der jetzt die letzten vier oder fünf Jahre nicht möglich war. Insofern ist dieses zusammengetragene Datenmaterial sinnvoll für ein weiteres politisches Herangehen zu dieser Strukturfrage hinsichtlich effizienter Verwaltungs- und Gebietsstrukturen.
Wir, meine Damen und Herren, als Fraktion DIE LINKE sind dazu bereit. Mit dem Minderheitenvotum haben die Mitglieder der Enquetekommission der Fraktion DIE LINKE ihre Handlungsempfehlungen abweichend von den Handlungsempfehlungen der Mehrheit der Enquetekommission formuliert, weil Sie, meine Damen und Herren von der CDU, mit Ihren Handlungsempfehlungen ab Seite 185 den demographischen Wandel als zentrales Handlungsfeld der Politik, die Zwei- oder Dreistufigkeit mit und ohne Landesverwaltungsamt, die Haushaltsentwicklung von Land und Kommunen, die Kreisgebietsstrukturen, e-Government sowie Privatisierung und PPP-Modelle dargestellt und dann letztendlich aber parteipolitisch dem Ganzen Ihren Stempel aufgedrückt haben. Das wird und kann nicht unsere Zustimmung finden.
Ich will abschließend auf einen Satz verweisen, den gestern die Präsidentin des Landtags bei der Übergabe des Abschlussberichts formuliert hat: Der Abschlussbericht sollte die Zukunftsfragen für den Freistaat Thüringen beantworten. Ich darf heute feststellen, diese Antwort vermissen wir. Diese Antwort hat der Abschlussbericht nicht gegeben. Es wurde ebenfalls darauf verwiesen, es sei ein zukunftsfähiges Papier für die Weiterentwicklung mit Handlungsempfehlungen. Auch das kann ich in den Handlungsempfehlungen der Mehrheit der Enquetekommissionsmitglieder nicht erkennen. Das bedaure ich zutiefst, deshalb war es notwendig, dass sich unsere Fraktion mit einem Minderheitenvotum lautstark und sehr tiefgründig dazu geäußert hat. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die gerade gehörten Redebeiträge haben mich wieder zu einer anderen Emotionsstufe emporgehoben. Ich wollte eigentlich versuchen, relativ sachlich mit dem Thema zu beginnen, aber es war doch wieder so ein bisschen Polemik in den Redebeiträgen zu hören, worauf ich gern noch mal im Einzelnen dann eingehen möchte, insbesondere von Ihnen, Herr Baumann.
Meine Damen und Herren, wenn es um die Rechte der Personalvertretungen geht, bleibt das Thüringer Personalvertretungsgesetz - und da spreche ich von der jetzigen gültigen Fassung - weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Über die Mitbestimmungsrechte der Personalräte haben wir in dieser Legislaturperiode - und das will ich gern noch mal betonen - schon mehrfach diskutiert. Ich möchte an dieser Stelle an die Debatte Ende 2005 erinnern, als meine Fraktion bereits einen eigenen Gesetzentwurf eines modernen Thüringer Personalvertretungsgesetzes eingebracht hat. Dieser, wie auch alle weiteren Vorschläge meiner Fraktion für mehr Mitbestimmung in den vergangenen Jahren wurden von der CDULandesregierung und von der Mehrheit im Thüringer Landtag abgelehnt. Ich erinnere daran, es gab damals auch eine sehr detaillierte Diskussion - Herr Kollege Kölbel, vielleicht können Sie sich daran erinnern - zu dieser Frage, wir hatten unterschiedliche Auffassungen. Sie haben gesagt, wir haben auch
eine emotionsgeladene Debatte geführt; wir konnten Sie allerdings nicht davon überzeugen, dass unser Gesetzentwurf der richtige ist. Sie haben auch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen, ich gebe Ihnen vollkommen recht.
Wir hatten also in einem Punkt recht bekommen, in vier anderen nicht. Letztendlich hat uns das aber trotz alledem bewogen, die politische Fragwürdigkeit an das bestehende Gesetz zu stellen und zu sagen, hier ist es notwendig, das längst Überholte in Thüringen politisch zu ändern und nicht unmittelbar gefußt auf der Rechtsprechung bzw. der Note, die 2002/2003 durch das Verfassungsgericht mit auf den Weg gegeben worden ist. Ich denke - da komme ich noch mal auf Sie zurück, Herr Kollege Baumann -, was Sie hier geäußert haben und uns sozusagen unterstellen, dass wir nicht mit Personalräten, mit dem DGB gesprochen hätten. Ich weiß nicht, wo Sie diese Information herhaben, von uns sicherlich nicht. Das ist erst einmal eine blanke Unterstellung, die mich auf die Palme bringt. Sie haben angekündigt - und das hat uns der DGB auch verraten -, innerhalb der Friedrich-Ebert-Stiftung ein eigenes Personalvertretungsgesetz vorzulegen. Was Sie bisher heute geäußert haben, ist heiße Luft. Ein eigenes Gesetz haben Sie nicht auf den Weg gebracht, sondern Sie sind heute nur hier und haben sich hergestellt, wir gestehen Verbesserung und wir werden in der nächsten Legislaturperiode einen eigenen Vorschlag unterbreiten. Ich bin mal gespannt, was Sie dann im Detail hier anzubieten haben. Ich kann Ihnen auch gern eine Mitteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds zeigen, wenn Sie mir das nicht glauben, was ich Ihnen hier vorgetragen habe.
Wir haben es auch schwarz auf weiß hier, dass letztlich eine Stellungnahme des DGB zu unserem Gesetzentwurf vorliegt. Glauben Sie es mir, wir haben in vielen Gesprächen mit Personalräten, mit Einzelgewerkschaften auch den neuen Gesetzentwurf diskutiert und der ist durchaus für gut befunden worden und es ist für notwendig gehalten worden, den auch jetzt noch einzubringen. Denn damals 2005 am Anfang der Legislaturperiode hat genau die Frage gestanden, man müsse mal abwarten, man kann den politischen Druck nicht so richtig entwickeln, es besteht die Gefahr, dass man es nicht hinbekommt. Jetzt haben wir das Ende der Legislaturperiode, man kann sich immer darüber streiten, inwieweit wir das inhaltlich noch diskutieren können anhand der Zeitabläufe, der Diskontinuität, es ist mehrfach darüber gesprochen worden. Aber, ich denke, auch jetzt mit Blick auf die Wahlen ist es notwendig, den Personalräten, den Beschäftigten genau zu sagen, was wir wollen. Nicht nur bloße An
kündigung, sondern wir sind in der Lage, schwarz auf weiß etwas anzubieten.
Schwarz auf weiß, Herr Kollege. Autokratie statt Miteinander kennzeichnen die Führungsstrukturen in Thüringen. So hatten auch die seit dem Inkrafttreten des Thüringer Personalvertretungsgesetzes erfolgten Änderungen nicht das Ziel, dass Personalvertretungen zu stärken sind, sondern im Gegenteil, sie schränkten die Rechte der Beschäftigten im öffentlichen Dienst immer weiter ein. Thüringen hat infolge ein von Mitbestimmungstatbeständen leer geräumtes Personalvertretungsgesetz. Es ist eine blanke Worthülse. Mitbestimmung findet in der Thüringer Verwaltung faktisch nicht statt, das ist ein eklatanter Mangel - ich weiß, dass Sie das anders sehen -, dessen Behebung auch Gewerkschaften und Personalräte seit Jahren einfordern. Insbesondere auch vor dem Hintergrund des seitens der Landesregierung im März 2005 der Öffentlichkeit vorgelegten und höchst umstrittenen - auch heute noch höchst umstrittenen - Behördenstrukturkonzepts „Thüringen - ein Land mit Perspektive“ ist eine Stärkung der Personalvertretungsrechte längst überfällig, denn das Behördenstrukturkonzept ist in Teilen bereits umgesetzt und durchgezogen, ohne die Beschäftigten als unmittelbar Betroffene tatsächlich zu beteiligen.
Ich höre nicht auf, den Gefallen tue ich Ihnen nicht, ich will Sie immer wieder mit diesem Problem konfrontieren, auch wenn Sie das stets und ständig bestreiten. Genau in dieser Frage, Frau Ministerin, sind nämlich die Betroffenen, die Personalvertretungen zu uns gekommen und haben diese Fragen beklagt.
Mutiger und demokratischer wäre es jedoch gewesen, erst die Personalvertretung zu stärken und dann mit der Umstrukturierung unter Einbeziehung des betroffenen Personals zu beginnen.
Im Rahmen des Behördenstrukturkonzepts der Landesregierung - ich kann Sie gern noch einmal daran erinnern - sollen 7.400 Stellen in der Landesverwaltung wegfallen und 81 Behörden geschlossen werden. Durch Nichtwiederbesetzung und Umsetzung sind 10.400 Stellen betroffen. Allein im Finanzressort - in Ihrem Verantwortungsbereich - sind im Rahmen der Umstrukturierung bis Mitte 2007 940
Bedienstete an andere Dienstorte versetzt worden. Nur, um mal die Dimensionen der Auseinandersetzung deutlich zu machen.
Dort, wo Beteiligung stattfindet, hat sie nur rein informellen Charakter und steht am Ende einer langen Entscheidungskette - so ist uns das kundgetan worden -, was nur noch eingeschränktes Tätigwerden der Personalvertretungen zulässt. Die Verwaltungsreform erfolgt damit im Grunde über die Köpfe der Beschäftigten hinweg von oben herab. Dies zeigt, welches Verständnis, meine Damen und Herren, Sie als CDU-Landesregierung beim Umgang mit den Beschäftigten haben und welcher Umgang herrscht. Da verwundert es nicht, dass wir aus vielen - und das erwähne ich gern noch mal - Verwaltungsbereichen gehört haben, dass unter den Mitarbeitern Unmut herrscht und diese sich nicht motiviert fühlen. Nennen möchte ich hier nur z.B. die Kataster- und Vermessungs-, aber auch die Umwelt- und Sozialverwaltung. Was Sie hier von der CDU betrieben haben, ist wirklich ein Frevel gegenüber Ihren Landesbediensteten und es ist unbeschreiblich. Es ist ein Verschiebebahnhof ohnegleichen an Personal gewesen. Wer nicht kommunalisiert und integriert worden ist, der konnte z.B. nur zur PEST versetzt werden. Sie kennen diese ganze Diskussion darum, ich muss das nicht noch mal vortragen. Es ist schlimm genug, was da passiert ist.
Motivation und damit letztendlich auch einhergehend die Verbesserung der Verwaltung wird aber nicht dadurch erreicht, dass man die Beschäftigten von Mitbestimmung ausschließt,
sondern nur darüber, dass man eine wirksame Interessenvertretung, die zu nachvollziehbaren und transparenten Entscheidungen führt, auch gesetzlich vorsehe. Genau das ist das Anliegen unseres Gesetzentwurfs, der Ihnen heute in überarbeiteter Form zur Debatte vorliegt. Mehr Verantwortung durch mehr Mitbestimmung für eine neue Qualität der Verwaltung - so die Forderung meiner Fraktion.
Wir setzen uns ein für eine transparente und effiziente, moderne, bürgernahe Verwaltung unter Einbeziehung der Beschäftigten. Mit unserem Entwurf zur Novellierung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes wollen wir den massiven Abbau von Beteiligungsrechten der Personalvertretungen in Thü
ringen rückgängig machen und darüber hinaus die Informations- und Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte der Bediensteten sowie der Personalräte weiter ausbauen. Eine Korrektur und Weichenstellung einer qualitativen Gesetzesnovellierung würde Thüringen von der roten Laterne befreien als Land mit einem der rückschrittlichsten Personalvertretungsgesetze aller Bundesländer.
Deshalb sieht unser Gesetzentwurf neben der Abschaffung des Tatbestandes der schlichten Mitwirkung die Erweiterung der Mitbestimmungstatbestände vor; Herr Baumann, nehmen Sie es auch zur Kenntnis. Auch wird ein Agieren von Dienststelle und Personalvertretung auf gleicher Augenhöhe verankert. Des Weiteren soll dem Personalrat entsprechend dem Betriebsverfassungsgesetz ein umfassendes Informationsrecht auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten eingeräumt werden - sicherlich ein interessanter Aspekt. Ebenfalls in Analogie zum Betriebsverfassungsgesetz wird die Anzahl der Freistellungen für Personalratsmitglieder neu geregelt. Dies ist aus Sicht meiner Fraktion gerechtfertigt und erforderlich, weil die Arbeit der Personalräte nicht weniger aufwändig als die der Betriebsräte ist. Auf eine Beteiligung der Beschäftigten kann nicht verzichtet werden, nur mit ihnen und mit ihren Erfahrungen gelingen Reformen und kann die Qualität der Verwaltungstätigkeit nachhaltig verbessert werden. DIE LINKE wird daher nicht müde werden, auch zum Ende dieser Legislaturperiode Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung als wesentliche Elemente des politischen Selbstverständnisses der LINKEN einzufordern und bringt trotz der bisherigen ablehnenden Strategie der CDU-Mehrheit dieses Hauses diesen überarbeiteten Gesetzentwurf ein.
Die Novellierung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes ist notwendig. Ich hoffe auf Ihre Unterstützung. Bisher hat sich die Mehrheit in Thüringen diesbezüglich zumindest ziemlich uneinsichtig gezeigt, auch mit Verweis auf die Debatte 2005. Nachdem hier und heute aufgezeigt, dürfte jedoch auch der Letzte zur Einsicht gelangen, dass Thüringen ein modernes Personalvertretungsgesetz braucht.
Zumindest aber das eigens von der CDU-Landesregierung ausgerufene Jahr der Demokratie dürfte mit Blick auf mehr demokratische Mitbestimmung auch im öffentlichen Dienst beflügeln. Immerhin haben Sie bereits beim Volksbegehren „Mehr direkte Demokratie in Thüringer Kommunen“ eine Rolle rückwärts oder auch in diesem Zusammenhang besser gesagt eine Rolle vorwärts gemacht, aber
ob dies nun eher dem bevorstehenden Wahlkampf zuzuschreiben ist als einem ernst gemeinten Einsatz für die Belange der Menschen, das mag mal dahingestellt sein. Jedenfalls aber darf dieser Sinneswandel, Herr Mohring, keine Eintagsfliege bleiben und vielleicht kann ich Sie auch in diesem Zusammenhang zu diesem Personalvertretungsgesetz bewegen. Sie können uns heute zeigen, wie ernst Sie es meinen mit dem Jahr der Demokratie, mit demokratischer Mitbestimmung. Ich würde mich persönlich über eine spannende Debatte freuen, auch in der verbleibenden Zeit, Herr Kölbel, federführend im Innenausschuss und auch im Justizausschuss und ich hoffe, dass Sie sich dieser Arbeit nicht verweigern. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der heutige Gesetzentwurf fußt sozusagen auf der Tatsache und der Bearbeitung und Behandlung des Thüringer Beamtengesetzes. Ich rufe noch einmal in Erinnerung: Staatssekretär Dr. Spaeth hatte im Zusammenhang mit der Diskussion zum Beamtenrecht angekündigt, auch das Besoldungsrecht schnellstens zu erarbeiten und vorzulegen. Insofern ist es heute gelungen, dass das Tarifergebnis für die Beschäftigten des Landes inhaltsgleich und zeitgleich auf die Thüringer Beamten, Richter, Anwärter und Versorgungsempfänger übertragen wird. Wie Sie richtig formuliert haben, Frau Ministerin, hier wird die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse endlich mit der Verantwortung der jeweiligen Dienstaufgaben einhergehen. Das ist gut und richtig so. Was vernünftig ist, das sage ich auch an dieser Stelle, findet unsere Unterstützung. Ich weiß, dass es ein Kraftakt für die Haushaltskasse dieser Landesregierung ist, aber ich denke, es ist notwendig. Wir könnten kritisieren, es hätte schon vorher geschehen können. Jetzt schieben wir es natürlich so ein bisschen und es erhält das Geschmäckle und den Geruch der Wahlnähe, aber nichtsdestotrotz haben die Beamten und Bediensteten des Landes das verdient. Wir sind also in dieser Frage nicht kleinlich und ich sagte ja, Sie können sich zumindest diesbezüglich auf meine Fraktion verlassen. Wir werden also dieses Gesetz mittragen. Aber, Sie wissen, einen Wermutstropfen finden wir auch in dieser Passage immer. Das werden Sie uns als Opposition zugestehen. Aber
glauben Sie es mir, so dramatisch wird es nicht sein. Ich will nur noch mal das Thema Jahressonderzahlung, sprich Weihnachtsgeld, aufgreifen. Hier fehlt, denke ich, die Angleichung zwischen Beamten und Tarifbeschäftigten immer noch. Wir könnten uns zum Beispiel vorstellen, dass die Jahressonderzahlungen im TV-L ebenfalls inhaltsgleich auf die Beamten übertragen werden. Vielleicht kann es noch einmal im Diskussionsprozess, ich habe gehört, dass es da schon Abstimmungen auch zwischen den Fraktionen gibt, im Ausschuss vorgenommen werden.
Auch bezüglich des Themas Arbeitszeit will ich noch einmal auf die Forderung nach der Rückkehr zur 40-Stunden-Woche aufmerksam machen, was ein schwerwiegendes Thema und auch in Anträgen seitens der Oppositionsfraktion von LINKE und SPD formuliert worden ist, nämlich auch für die Beamten in Thüringen die 40-Stunden-Woche wieder einzuführen. Das haben wir mehrfach getan, die Kollegen und Genossen der SPD auch. Ich hoffe, dass zumindest auch nach der Landtagswahl hier schnellstmöglich eine Einigung erzielt werden kann. Ich will aber auch darauf verweisen, dass wir z.B. Probleme mit einem Vorschlag des DGB haben, der z.B. im Gegenzug zur 40-Stunden-Woche eine Erhöhung des Pensionsalters anbietet. Hier sollte es aus unserer Sicht eine Angleichung bei 65 Jahren sowohl bei der Rente als auch bei den Pensionen geben. Ich darf zusammenfassen: Das Gesetz findet unsere Zustimmung. Wir sollten schnellstmöglich zu einer Entscheidung kommen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Werte Mitglieder des Landesverbandes der Schwulen und Lesben Thüringen, ich darf Sie auch recht herzlich begrüßen. In der ersten Lesung des Gesetzentwurfs, meine Damen
und Herren - und da richte ich meinen Blick noch mal auf den Innenminister Scherer - hatte er mit Verweis auf das Verwaltungsverfahrensgesetz noch etwas vollmundig angekündigt, dass die Regierung und die CDU-Mehrheit doch auch bei der Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Thüringen aktiv sei.
Ich gestehe, meine Fraktion hat das Beamtengesetz zum Anlass genommen, Sie beim Wort zu nehmen, Herr Minister. Wir kennen das Ergebnis, wie Sie sich gestern zum Beamtengesetz verhalten haben. Dennoch sah die Landtagsmehrheit keine Veranlassung, den heute vorliegenden Gesetzentwurf zur umfassenden Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in Thüringen an die zuständigen Ausschüsse zu verweisen, um sie dort weiterzuberaten. Ich denke - Herr Höhn hat hier in seinem Beitrag darauf verwiesen - es ist eine Unmöglichkeit, die sich hier abgespielt hat.
Mit dieser Ablehnung, meine Damen und Herren, haben Sie nicht nur uns als Fraktion, sondern auch die Betroffenen zutiefst berührt.
Ich will noch eine Einflechtung auf die Anmerkung des Innenministers Herrn Scherer machen. Sie stellen sich gestern in der Diskussion zum Thüringer Beamtengesetz hier an das Rednerpult und behaupten ganz dreist und kühn, es müsse ja noch sehr umfangreich die Gleichstellung im Beamtengesetz geprüft werden. Ja, meine Damen und Herren, wo sind wir denn eigentlich hier? Es ist doch nun keine neue Nuance, das Bundesrecht auf Landesrecht zu übertragen, also keine neue Erfindung des Landes Thüringen. Sie haben außerdem noch vier Wochen Zeit gehabt, sehr ausführlich im Haushalts- und Finanzausschuss zum Beamtengesetz Stellung zu nehmen. Sie waren bis heute nicht in der Lage, hier nur annähernd einen eigenen Beitrag dazu zu leisten. Sagen Sie allen Ernstes, was Sie politisch wollen oder nicht wollen, das wäre zumindest ehrlich an dieser Stelle.
Hinsichtlich Ihres politisch-moralisch antiquierten Menschenbilds sind Sie ja nicht einmal bereit, darüber nachzudenken. Es ist für mich auch eine - und das sage ich auch ganz deutlich - politische Unverfrorenheit und Instinktlosigkeit, wenn sich Herr Mohring gestern in seiner Funktion als Fraktionschef der CDU hierher stellt und sich herablässt über eine Art Vergangenheitsaufarbeitung und DIE LINKE maßregelt, wie DDR- und die eigene Verantwortung zu verarbeiten sei, Sie aber im gleichen Atemzug durch Ihre pure Ignoranz Menschen wegen ihrer Sexualität diskriminieren und gesellschaftlich ausgrenzen.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sind sicher unfähig, sich Überlegungen und Inhalten zu unserem Gesetz, zu dem Gesetz der Betroffenen auch nur annähernd zu verständigen. Sie treffen durch Ihre ignorante Ablehnung den Verband der Lesben und Schwulen in Deutschland, insbesondere den Landesverband Thüringen. Diese außerparlamentarischen Akteure haben ja ursprünglich den vorliegenden Gesetzentwurf maßgeblich erarbeitet. Auch dafür von mir persönlich noch mal einen recht herzlichen Dank.
DIE LINKE hat sich - und die Möglichkeiten hatten alle Fraktionen hier in diesem Hause - als parlamentarischer Arm zur Verfügung gestellt. Die außerparlamentarisch wie parlamentarisch erhobene Forderung nach Gleichstellung von Schwulen und Lesben und deren Lebenspartnerschaften hat nicht nur Rückhalt in aktuellen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs; darauf möchte ich im Einzelnen noch mal eingehen.
In Thüringen, meine Damen und Herren, steht mit Blick auf das Kriterium der sexuellen Orientierung ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot in Artikel 2 Abs. 3 der Thüringer Verfassung. Daher geht es auch fehl, wenn Vertreter der CDU ein aktuelles, aber gelinde gesagt überaus konservatives Urteil - darauf haben Sie sich ja berufen - des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Gleichstellung im Beamtenrecht zitieren. Es ist auf die Situation in Thüringen nicht anwendbar. Die Thüringer Verfassung geht hier über das Grundgesetz hinaus und entfaltet für den Gesetzgeber viel stärkere Bindungen. Nebenbei bemerkt, hat der LSVD eine aktuelle Kampagne gestartet mit dem Ziel, Artikel 3 des Grundgesetzes um das Diskriminierungsverbot wegen des Kriteriums der sexuellen Identität zu erweitern. Damit würde das Grundgesetz der Verfassungslage in Thüringen angepasst.
Doch Sie, meine Damen und Herren der CDU, die Sie sonst so gern und oft die Verfassung vor sich hertragen, lassen eine um die andere Möglichkeit verstreichen, um im Landesrecht verfassungsgemäße Zustände herzustellen. Bei der Beratung des Gesetzentwurfs zum Beamtenrecht hätten Sie für diesen Teilbereich die Anpassung durchaus vornehmen können, ja müssen. Es lagen Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE vor. Wir haben sie hier noch mal im Plenum eingebracht. Diese korrespondieren inhaltlich mit den Änderungsvorschlägen des Gesetzentwurfs zur Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Sie haben die Änderungsanträge abgelehnt. Wir gehen davon aus, dass Sie
heute Gleiches tun werden.
Die Diskriminierung der Lesben und Schwulen und ihrer Lebenspartnerschaften wird sich in Thüringen durch Ihr Handeln bzw. Ihre Untätigkeit, meine Damen und Herren von der CDU, demnach fortsetzen, sei es die Diskriminierung bei der Eintragung der Partnerschaft oder auch bei deren Auflösung, seien es beamtenrechtliche Vorschriften wie z.B. Beihilfevorschriften oder der Familienzuschlag. Thüringen wird damit leider weiterhin Schlusslicht in Deutschland bleiben, was die Anpassung des einfachen Landesrechts angeht.
In der Verfassung ist Thüringen mit dem geltenden Artikel 2 Abs. 3 allerdings sogar weiter als das Grundgesetz. Aus dem Diskriminierungsverbot ergibt sich für den Gesetzgeber, den Landtag, die Pflicht zur Rechtsanpassung. Mit Ihrer Verweigerung, insbesondere mit Blick auf die Versäumnisse im Beamtenrecht, begehen Sie, meine Damen und Herren der CDU, sehenden Auges einen Verfassungsbruch.
Daher wird meine Fraktion die Verabschiedung des noch immer mit diskriminierenden Vorschriften behafteten Änderungsgesetzes zum Beamtenrecht zum Anlass nehmen, die Einreichung eines Antrags auf Normenkontrolle beim Thüringer Verfassungsgericht ins Auge zu fassen. Wir sind uns der Unterstützung des Landesverbandes der Schwulen und Lesben in dieser Tatsache sicher. Dem LSVD wie auch unserer Fraktion werden angesichts der klaren verfassungsrechtlichen Bestimmungen in Thüringen sehr gute Chancen vor Gericht eingeräumt, dass das Vorgehen der CDU-Landtagsmehrheit für verfassungswidrig erklärt wird.
Wir, meine Damen und Herren, als Fraktion DIE LINKE haben allerdings die Hoffnung bis zum Schluss noch nicht ganz aufgegeben, dass selbst die CDU sich endlich den gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Realitäten in Sachen Gleichstellung von Lesben und Schwulen bzw. deren Lebenspartnerschaften stellen wird. Dem Stichtag und Wahltag, spätestens 30.08., und notwendigen gesetzlichen Regelungen zur Lebenspartnerschaft mit anderen Mehrheiten im Landtag - darauf hat ja Herr Höhn verwiesen - werden wir uns gern diesbezüglich mit einbringen.
Meine Damen und Herren, ich will verweisen auf einige Forderungen mit Blick in Richtung andere Bundesländer, um Ihnen noch mal vor Augen zu halten, dass wirklich Thüringen Schlusslicht ist hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bestimmung und der Umsetzung des Lebenspartnerschaftsrechts. Es gibt momentan drei weitere Bundesländer, die in ihrer Lan
desverfassung die Benachteiligungen wegen der sexuellen Orientierung verbieten: Berlin, Brandenburg und Bremen. Diese Länder scheinen ihre Landesverfassung ernster zu nehmen als Sie hier in Thüringen. Sie haben ihre verpartnerten Landesbeamten beim Familienzuschlag der Stufe 1, bei der Beihilfe und der Hinterbliebenenpension bereits mit den verheirateten Landesbeamten gleichgestellt. In den Bundesländern, die ihr Landesrecht an das Lebenspartnerschaftsgesetz angepasst haben, ist die Gleichstellung meist in zwei Phasen verlaufen. Das liegt daran, dass das Beamtenbesoldungs- und Versorgungsrecht bis 2006 noch Bundesrecht war. Deshalb haben einige Bundesländer bei ihren Landesanpassungsgesetzen die Gleichstellung beim Familienzuschlag der Stufe 1 und der Hinterbliebenenpension ausgespart und nur die Gleichstellung bei der Beihilfe in ihre Landesanpassungsgesetze mit einbezogen. Die Beihilfe war schon immer Landesrecht. Hamburg z.B. hat das Landesanpassungsgesetz erst nach der Föderalismusreform an das Lebenspartnerschaftsgesetz angepasst, die Gleichstellung beim Familienzuschlag der Stufe 1 und der Hinterbliebenenpension aber gleichwohl ausgespart. Sie soll zusammen mit der durch die Föderalismusreform notwendig gewordenen Reform des hamburgischen Beamtenrechts erfolgen und ist vom Senat bereits angekündigt worden. Lässt man das Beamtenbesoldungs- und Versorgungsrecht außer Betracht, dann haben inzwischen auch die Bundesländer Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland und Schleswig-Holstein Lebenspartner in ihrem gesamten Landesrecht mit Ehegatten gleichgestellt. In Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sind umfassende Landesanpassungsgesetze in Vorbereitung bzw. in der Beratung. In Hessen ist die Gleichstellung im Koalitionsvertrag vereinbart worden.
Ab dem 01.01.2009, meine Damen und Herren, gelten in allen Bundesländern, außer Baden-Württemberg und Thüringen, das Personenstandsgesetz, die Personenstandsverordnung und das Lebenspartnerschaftsgesetz. Damit ist dort einheitlich die Zuständigkeit der Standesämter gegeben. Das Verfahren ist vollständig dem der Ehegattenschließung angeglichen. Nur Baden-Württemberg und Thüringen haben von der sogenannten Länderöffnungsklausel im Lebenspartnerschaftsgesetz Gebrauch gemacht. Sie haben ihre abweichenden Regelungen leider beibehalten. Die anderen Bundesländer haben für ihre Lebenspartner das neue Personenstandsrecht vor allem aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung übernommen. Sie brauchen keine doppelten Meldewege zu installieren und brauchen die Beamten, die keine Standesbeamten sind, nicht zusätzlich zu schulen. Außerdem ist die neue Regelung logischerweise bürgerfreundlicher. Wenn Bürger eine Personenstandsurkunde benötigen, brauchen
sie sich nur noch an ihr Wohnsitzstandesamt zu wenden. Zudem, meine Damen und Herren, können Bürger in den übrigen Bundesländern frei wählen, bei welchem Standesamt sie die Lebenspartnerschaft eingehen wollen, und zwar über die Landesgrenze hinweg. In Thüringen können Lebenspartner die Lebenspartnerschaft nur bei dem Amt eingehen, das für ihren Wohnort zuständig ist. Ein Ausweichen zu einem anderen Thüringer Amt oder einem Standesamt in einem anderen Bundesland ist nicht möglich. Das empfinden zu Recht viele Thüringer Lesben und Schwule als Schikane und das gehört abgeschafft.
Ich erwidere noch mal und erneuere noch mal unsere Klageankündigung in Form eines Normenkontrollantrags vor dem Verfassungsgericht. Sie haben uns mit dem gestrigen Beamtengesetz dazu eine Steilvorlage geliefert. Leider müssen sich wieder einmal Thüringer Gerichte bemühen, das, was hier politisch nicht umgesetzt worden ist, zu korrigieren. Ich danke Ihnen.
Auswirkungen des Tarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe auf Beschäftigte in Thüringen
Durch Beschluss von Bundestag und Bundesrat ist das Wach- und Sicherheitsgewerbe in den Geltungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes aufgenommen worden. Der Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) hat darauf angekündigt, für den mit einer sogenannten Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen abgeschlossenen Tarifvertrag beim Bundesarbeitsministerium Antrag auf Allgemeinverbindlichkeitserklärung zu stellen. Der Tarifvertrag, der ab 1. Mai 2009 in Kraft treten soll, sieht für die Beschäftigten in einigen Bundesländern, darunter Thüringen, den Wegfall der Sonn- und Feiertagszuschläge und erheblich reduzierte Nachtarbeitszuschläge vor. Betroffen wären auch Kolleginnen und Kollegen, die den Landtag, Ministerien und andere öffentliche Einrichtungen bewachen. Verhandlungen mit der mitgliederstarken Branchengewerkschaft ver.di hatte der BDWS abgebrochen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie bewertet die Landesregierung grundsätzlich die Aufnahme des Wach- und Sicherheitsgewerbes in den Geltungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes?
2. Ist aus Sicht der Landesregierung gerechtfertigt, einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären, der für Beschäftigte in bestimmten Bundesländern erhebliche Nachteile beinhaltet; wie wird die Position begründet?
3. In welcher Form will die Landesregierung tätig werden, um die drohenden Nachteile für die Beschäftigten des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Thüringen zu verhindern?
4. Wie kann aus Sicht der Landesregierung gegen Pseudogewerkschaften vorgegangen werden, die ganz offensichtlich nicht die Interessen der Beschäftigten vertreten?
Danke, Frau Vorsitzende. Herr Minister, Sie haben jetzt ausgesagt, bisher haben die Tarifparteien keinen Antrag gestellt und die Aussage des Bundesverbandes ist, es wird eine grundlegende Überarbeitung geben. Wir wissen ja, laut Entsendegesetz ist, wenn keine Einigung erzielt wird, kein einheitlicher Tarifvertrag entsteht, eine Kommission zu bilden. Sehen Sie Möglichkeiten, als Landesregierung darauf Einfluss zu nehmen, dass hier schnellstmöglichst innerhalb einer Kommission ein Kompromiss gefunden wird?
Herr Staatssekretär, Sie haben von Teilbereichen gesprochen, die fertiggestellt werden sollen im Anschluss Sömmerda Richtung Sangerhausen. Können diese Teilbereiche noch einmal näher benannt werden, um was es sich da im Speziellen handelt? Gibt
es da verschiedene Abschnitte?
Entwicklung der Arbeitssituation an den Thüringer Arbeitsgerichten
Einer dpa-Meldung vom 28. Januar 2009 ist zu entnehmen, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einer Flut von Kündigungsschutzklagen rechne. Die Klagewelle werde das BAG in Erfurt nach gerichtseigenen Prognosen voraussichtlich Mitte nächsten Jahres erreichen. Grund seien vor allem die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Nach den derzeit vorliegenden Analysen und Szenarien werden sich diese Krise und damit die Auswirkungen auf Thüringen noch verschärfen. Aus den Informationen des Gerichts lässt sich damit indirekt schließen, dass die erwartete Klageflut die Arbeitsgerichtsbarkeit der einzelnen Bundesländer schon viel früher treffen wird.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie hat sich die Arbeitssituation in der Thüringer Arbeitsgerichtsbarkeit seit 2004 entwickelt, insbesondere mit Blick auf die Verfahrenszahlen, Verfahrensdauer und die Personalsituation und mit Blick auf die einzelnen Gerichtsstandorte?
2. Welche Prognose lässt sich nach Ansicht der Landesregierung für die weitere Entwicklung der Arbeitssituation an den Thüringer Arbeitsgerichten für die kommenden zwei Jahre treffen, insbesondere mit Blick auf die in Frage 1 genannten Parameter und das Kriterium der verschiedenen Verfahrensarten?
3. Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung in diesem Problemfeld - auch mit Blick auf etwaige Äußerungen von Thüringer Fachverbänden und Praktikern?
4. Mit welchen konkreten Maßnahmen und in welchem Zeitrahmen will die Landesregierung einem etwaig festgestellten Handlungsbedarf nachkommen?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Revolution in Thüringen ist zumindest hinsichtlich des Beamtenrechts in Thüringen ausgeblieben. Wir haben einen sehr umfangreichen Gesetzentwurf diskutiert, aber obwohl so ein umfangreicher Gesetzentwurf vorliegt, musste die Landesregierung und auch die CDU-Fraktion in der Diskussion zugeben, dass selbst - und das setze ich mal voraus - nach heutiger Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs noch Novellierungsbedarf bleibt.
Novellierungsbedarf. Es wird von dieser Seite auch der enge Zeitraum moniert. Es ist mehrfach in der Diskussion auch im Haushalts- und Finanzausschuss darauf abgezielt worden.
Tatsächliche Ursache, meine Damen und Herren, dieses Problems ist zumindest auch nach Ansicht meiner Fraktion wieder einmal - und das ist heute Morgen auch schon angesprochen worden - eine verfehlte Entscheidung der sogenannten Föderalismusreform I. Es war nicht nur mit Blick auf die Beschäftigten im öffentlichen Dienst eine Schnapsidee, das Beamtenrecht derart weitgehend in die Länderkompetenz zu geben, aber die neoliberalen Wettbewerbsföderalisten hatten sich auch hier leider durchgesetzt. Dass der ungehemmte Wettbewerb und der freie Markt nicht unbedingt das Allheilmittel sind, durften wir heute nach der heftigen Diskussion zu den verschärften Folgen der Wirtschafts- und Finanzwelt live erleben. Es ist davon auszugehen, dass der Wettbewerbsföderalismus im Beamtenrecht ebenfalls bald sehr negative Folgen mit sich bringen wird. Es gibt doch schon kritische und warnende Stimmen aus den anderen Bundesländern, weil dort schon Phänomene der Abwerbung, die heute auch schon hier in der Aktuellen Stunde zur Sprache gekommen sind, größerer Personengruppen durch andere Bundeslän
der mit lukrativen Bedingungen zu beobachten sind. Im Schatten der Fußball-WM 2006 - um es noch mal in Erinnerung zu rufen - ist die Föderalismusreform I also kein zweites Sommermärchen geworden, so stellt sich jetzt auch für den Bereich des Beamtenrechts heraus.
In der Anhörung lagen zahlreiche Änderungsvorschläge vor allem von Fachleuten aus der Praxis und Betroffenen vor. Eine wirkliche inhaltliche Diskussion ist aus meiner Sicht leider nicht zustande gekommen. Die CDU-Fraktion beschränkte sich in ihren Aus- und Änderungsanträgen auf eine bloße redaktionelle Arbeit. Wir haben eine Punkt- und Kommadiskussion geführt, die zumindest für den inhaltlichen Aspekt wenig hilfreich war. Das ist, denke ich, auch in der Beschlussempfehlung so, wie sie jetzt vorliegt, zu erkennen.
Nicht einmal dringende Verfassungsvorgaben wurden von der CDU-Mehrheit berücksichtigt, nicht einmal, wenn oberste Bundesgerichte oder gar selbst der Europäische Gerichtshof dies in Urteilen verlangen. Hierauf liegt daher als einer Art Kontrapunkt der Schwerpunkt der Änderungsanträge meiner Fraktion DIE LINKE. Sie liegen nach dem Ausschuss nun auch dem Plenum zur Entscheidung vor. Leider ist wieder mit einer Ablehnung zu rechnen.
Wo bleibt hier der von Ihnen viel beschworene Respekt vor den Gerichten, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion? Der Europäische Gerichtshof hat jüngst entschieden, dass gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften im Beamtenrecht gleichzustellen sind. Dennoch haben Sie den von meiner Fraktion gestellten Änderungsantrag für den Bereich der Beihilfe und anderer Vorschriften abgelehnt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Familienzuschlag, das, gelinde gesagt, ein konservatives Weltbild vertritt, geht unseres Erachtens auch fehl, denn der Familienzuschlag ist in seiner tatsächlichen Funktion und Struktur ein Verheirateten- bzw. Partnerschaftszuschlag, und zwar jetzt schon. Daher ist auch mit Blick auf die Entscheidung des EuGH nicht nachvollziehbar, dass dieser Angleichungsschritt im Thüringer Beamtenrecht nun ausbleibt. Mit Blick auf andere Bundesländer, welche ebenfalls das Beamtenrecht regeln mussten, verlässt Thüringen den Vorsatz einer halbwegs einheitlichen Gesetzgebung. Außerdem hält damit Minister Scherer bzw. die CDU für ihn eine Zusage - ich darf das noch einmal in Erinnerung rufen - aus der ersten Lesung zu unserem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zur Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Thüringen nicht ein. Das Versprechen lautete, dass bei zukünftigen Gesetzgebungsverfahren dieser Gleichstellungsverpflichtung nachgekommen würde. Schauen Sie ins Protokoll.
Die Frage stelle ich heute tatsächlich: Wie ist Ihr Verhalten? Wir können das Thema bei der nachfolgenden Debatte wahrscheinlich erst am morgigen Tag der zweiten Lesung zur Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes noch abschließend führen. Doch Verfassungsvorgaben sind nicht nur bei dieser Frage übergangen worden, wie Sie aus den vorliegenden Änderungsanträgen entnehmen können, wird auch bei der Frage der Gleichbehandlung der Teilzeitbeschäftigten mit Blick auf das Problem Mehrarbeit die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ignoriert.
Sie, meine Damen und Herren der CDU, laufen hier unter Umständen sehenden Auges in Klageverfahren mit den Betroffenen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist hier zu deutlich verletzt und nicht nur hier.
Auch mit Blick auf die Gestaltung der Besoldung gibt es noch Ungereimtheiten. 20 Jahre nach der Einheit ist nicht nachvollziehbar, warum immer noch bestimmte Gruppen von Beamten jetzt ganz im weiteren Sinne gefasst mit Abschlägen im Vergleich zu ihren West-Kollegen leben müssen. Diese Punkte wurden auch in der Anhörung moniert. Dass es nun auf die Anwärter repariert wurde - ich gestehe ein, auch meine Fraktion hat hier dies mit Zustimmung signalisiert -, ändert jedoch nichts am Grundproblem. Da können Sie, meine Damen und Herren von der CDU, gegebenenfalls sagen, ja, aber wir haben eben nun einen stärkeren Wettbewerb im Föderalismus, da können wir nur antworten, das Gebot der Gleichbehandlung - oder nennen Sie es Gerechtigkeit - gebietet aber, gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Dieser Maxime müssten Sie als Vertreter einer ausgewiesenen christlichen Partei doch nicht gänzlich abgeneigt sein. Also wieder das Problem, die Föderalismusreform war eben kein großer Wurf.
Angesichts der sich zuspitzenden Wirtschafts- und Finanzkrise steht nach Ansicht meiner Fraktion nicht eine Stärkung des Wettbewerbs auf der Agenda, sondern das Ziel der möglichst weitgehenden sozialen Absicherung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse. Es ist nicht der Wettbewerb, der eine Gesellschaft und einen Staat zusammenhält, auch nicht der Wettbewerb der Länder um Beamte, die Thüringer Landesregierung hatte die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz damit verteidigt, dass nun die Länder selbst weitreichende Reformen durchführen könnten.
Wo ist nun diese Reform? Diese Frage stellt sich nach wie vor. Der vorliegende Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, lässt eine solche jedenfalls nicht erkennen. Es wäre gut gewesen, wir hätten mehr Zeit zur Beratung der rechtlichen Regelungen gehabt, aber der 1. April, das wissen Sie, als Pflichtdatum für das Inkrafttreten drängt. Dieser zeitliche Galopp
war auch von zahlreichen Anzuhörenden kritisch angemerkt worden. Ich möchte hier als Beispiel nur den DGB nennen. Es dürfte daher nicht verwunderlich sein, wenn sich in der Umsetzung nach dem 1. April kleinere oder auch größere Macken und Mängel zum Gesetzentwurf zeigen sollten.
Wenn man schon mit Schwächen rechnen muss, wäre zumindest das zuständige Ministerium sehr gut beraten, mit Beginn der Laufzeit des Gesetzes eine Arbeitsgruppe zur Evaluation und Gesetzesfolgenabschätzung ins Leben zu rufen. Der Landtag als Gesetzgeber hat auch einen solchen Kontroll- und Evaluierungsauftrag.
Meine Fraktion, DIE LINKE, wird dieser Aufgabe nachkommen, parlamentarisch wie auch außerparlamentarisch. Darüber hinaus werden wir auch weiterhin über das Gesetz hinausgehende Reformschritte erarbeiten. So tritt DIE LINKE zum Beispiel weiterhin für die Angleichung der Rechtsstellung von Beamten und Angestellten ein. Was wiederum heißt, eine Entwicklung des öffentlichen Dienstes nach einheitlichen Grundsätzen, die Gleichbehanldung der Statusgruppen Angestellte und Beamte. Wir halten es für erforderlich, meine Damen und Herren, dass staatsvertraglich einheitliche Regelungen, aber über den Musterentwurf der norddeutschen Küstenländer hinaus, getroffen werden. Dies nicht nur zu Fragen der Altersgrenzen, sondern auch zu der völlig ungeordneten wechselseitigen Anerkennung von Laufbahnabschlüssen. Wir werden auch, wie Staatssekretär Späth im Haushalts- und Finanzausschuss angekündigt hat, genau zu den Regelungen dieser Besoldung und Versorgung zu entscheiden haben, wenn möglich noch im April. Insofern kann ich ja ankündigen, dass ich den Entschließungsantrag der SPD auch für meine Fraktion mittragen kann. Ich denke auch, dass die Benachteiligungen der Beamten mit einer sogenannten Ostbiografie der Vergangenheit angehören müssen.
Zur Arbeitszeitregelung, meine Damen und Herren, hatten wir jüngst ein Gesetz eingebracht, welches die 40-Stunden-Woche festschreibt. Heute lassen Sie erneut die Chance verstreichen, bundesweit die rote Laterne als Schlusslicht aller Bundesländer mit einer Korrektur der Arbeitszeit loszuwerden. Mit Ihrem Gesetzentwurf hat die Landesregierung die Option vertan, als erste umfängliche Regelung nach der Föderalismusreform ein qualitativ hochwertiges und modernes Landesbeamtenrecht vorzulegen.
Mit unseren Änderungsanträgen, meine Damen und Herren, unternehmen wir als Fraktion DIE LINKE zumindest den Versuch, einen Teilbereich zu heilen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke. Herr Kollege Fiedler, Sie haben in Ihren Ausführungen meine Kollegin Berninger der Kommunistischen Plattform zugeordnet. Sie wissen ja, wir sind nicht in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Können Sie mir mal die Quelle Ihrer Weisheit erschließen und sagen, wo haben Sie denn diese Information her?
Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren! Herr Fiedler, noch mal persönlich an Ihre Adresse gerichtet: Sie werden sicherlich im Anschluss noch mal die Gelegenheit haben, darauf zu reflektieren. Es hat mich schon so ein bisschen in Rage gebracht, wenn Sie sich hierher stellen, zum einen poltern auch gegen die Ausführungen meines Kollegen Dr. Roland Hahnemann. Das setzt erst einmal voraus, dass man erstens gewillt ist zu verstehen, was er hier vorgetragen hat, und zweitens sollte man die Voraussetzung dafür haben, sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen. Ich denke, das ist kein Stil und keine Art und Weise, wie man hier in diesem Haus miteinander umgehen sollte.
Zum Zweiten bringt mich in Rage, wenn Sie vollkommen kritikresistent sich hierher stellen und alles abschütteln, was an kritischen Hinweisen, Informationen seitens der Opposition zur Regierungserklärung gemacht wird. Sie stellen sich hierher und unterbreiten eine Glorifizierung der Regierungsarbeit und blenden jegliche Kritik aus. Des Weiteren ist es auch so ein Gipfel der Unverfrohrenheit, wenn Sie uns immer in die Tasche stecken wollen, wir seien diejenigen, die die Polizei verunglimpfen, in der Öffentlichkeit schlecht darstellen etc. Wir machen auf das Verursacherprinzip aufmerksam, wer letztendlich dafür zuständig ist und diese Kalamitäten, die Herr Gentzel hier ausführlich noch mal dargestellt hat, produziert hat. Das ist unsere Aufgabe als Opposition und davon sprechen wir Sie nicht frei.
Wir benennen diejenigen beim Namen, die diesen Murks verzapft haben. Herr Fiedler, wenn Sie hier sehr lautstark Ihre Position vorgetragen haben, dann ist die Lautstärke nicht immer Ausdruck von Rechthaben und über den Inhalt und die Form Ihrer Darbietung, naja, da will ich auch keine Wertung treffen. Der Brüller, den Sie hier geleistet haben, ich erinnere nur mal an Dr. Gasser, als er noch als Innenminister hier gestanden hat und auf Fragen der Opposition reagiert hat, nicht mit Ausführungen, sondern mit der Darstellung, er sei am Überlegen - so haben Sie heute formuliert -, alles ist in Bewegung. Also, dieser Satz wird mit Sicherheit auch in Stein gemeißelt werden, meine Damen und Herren.
Ich will zurückkommen zur sogenannten Regierungserklärung. Herr Innenminister Scherer, die Regierungserklärung, die Sie heute früh gehalten haben, hat ja wenig Umfang und auch wenig Inhalt, eigentlich weniger Inhalt als ein Tagesbericht einer kleineren Polizeiinspektion, um es mal so zu vergleichen, gehabt. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, Sie mussten in dem Reigen der neuen Minister irgendetwas logischerweise Positives hier vortragen und zu Papier bringen. Eine Bilanz nach Amtsantritt Ihrer Person gespickt mit haushalterischen Einzelheiten ist - und das sage ich auch noch mal ganz deutlich - das peinliche und bedauerliche Ergebnis Ihrer Regierungserklärung. Ich muss - und das sage ich unumwunden - der SPD und Herrn Gentzel dies zugute halten, wenn Sie, Herr Innenminister Scherer, sich allein nur an den Punkten der Großen Anfrage der SPD gerieben hätten und Sie hätten sich daran orientiert, dann wäre zumindest halbwegs ein inhaltlicher Ansatz für eine vernünftige Regierungserklärung zustande gekommen. Sie verstecken sich heute Morgen hinter einer - und das sage ich auch deutlich - vor Ort gut und sehr gut geleisteten Polizeiarbeit - Herr Fiedler, nehmen Sie das noch mal zur Kenntnis - und schlussfolgern
daraus das Loblied für die Landesregierung und die mit Mehrheit hier sitzende CDU-Fraktion. Sie lassen vermissen jegliche konzeptionelle Überlegung zur Frage - jetzt nenne ich es noch mal, falls es der eine oder andere noch nicht begriffen hat - des Personalbedarfs zum tatsächlichen Personalbestand, zur Situation des großen Anteils nicht dienstfähiger Beamter und die Ursachen, die letztendlich dahinterstecken. Sie orientieren sich an einem Personalbedarf allein mit Blick auf die einzustellenden Polizeianwärter mit der Erhöhung von 120 auf 160. Sie wissen dabei genau, spätestens seit OPTOPOL ist ein Personalbedarf von 200 im Ausbildungsbereich notwendig.
Genau - meine Damen und Herren, wenn Sie sich erinnern - an dieser Stelle zu diesen strittigen Fragen „Personaldebatte“ ist bekanntlich OPTOPOL gescheitert. Es kann ja eine politische Strategie sein, dass Sie, Herr Innenminister, mit 19 Seiten Regierungserklärung - da stelle ich nur einmal den Vergleich an, den Ihre Kollegin Frau Lieberknecht als Sozialministerin hier geleistet hat mit 91 Seiten - nur die positive Bilanz ziehen und die Erwartungen hegen, die können wir Ihnen allerdings erfüllen, dass die Opposition die Schwachstellen hier aufgreift. Sie lassen jede politisch-strategische Orientierung im Polizeibereich offen, strukturelle Konzepte - einfach Fehlanzeige. Ein Stellenplankonzept, ein Personalentwicklungskonzept, ein Ausbildungskonzept, ein Konzept zur Verwendung und zum Einsatz der diensteingeschränkten Beschäftigten sowie die Ausrichtung auf die sogenannte neue Kriminalität, wie Computer-, Software- oder auch Internetkriminalität - alles Fehlanzeige.
Aussagen zur Tarifanpassung - jetzt gehe ich nicht auf die Forderung der 8 Prozent ein, die momentan in aller Munde ist und zur Beförderungsmethodik unter den Polizeibeamten - Fehlanzeige. Sie wissen, Herr Minister, dass allein im Bereich des gehobenen Dienstes enorme Schwierigkeiten bestehen und Beamte finanziell bestraft werden, wenn sie sich befördern lassen, ich glaube in Richtung A 9, Sie wissen, was ich damit meine.
Das Ausbildungsprofil der Polizeifachschule in Meiningen muss - und das ist eine Forderung auch der Gewerkschaften, Herr Fiedler, weil Sie uns immer unterstellen, wir würden sozusagen im eigenen Saft schmoren, nein, nein, auch wir haben die Gespräche mit den Einzelgewerkschaften, da betone ich, wir nehmen nicht nur das Loblieb zur Kenntnis, sondern wir nehmen auch die Kritiken zur Kenntnis, die dort geäußert werden - differenziert und geschärft werden. In Gesprächen mit Beamten wurde immer wieder deutlich, dass im Bereich der Gefahrenabwehr im Kriminalbereich der aktuelle Bezug im Ausbildungsprofil fehlt. Ich habe heute erwartet,
Herr Innenminister, dass Sie zumindest die künftige Strukturfrage der Thüringer Polizei erwähnen. Das ist ja mit einem Satz kurz benannt worden. Was Sie allerdings gemacht haben, ist, OPTOPOL zum Unwort des Jahres zu erklären. Wie viel Zeit, Geld und Personal für OPTOPOL aufgewandt wurden, bleibt wohl für immer auch Ihr Geheimnis. Doch nicht alles, was in diesen Katalog aufgenommen wurde, ist ja Teufelszeug. Der Ex-Innenminister Dr. Gasser hat doch mit einem Personalstab, und nicht allein und auch nicht nur mit der CDU-Fraktion oder mit Herrn Fiedler, die heute alle noch im Polizeibereich Verantwortung tragen, sein Konzept, seine Ideen und die Ideen der Polizeibeamten aufgenommen, deren Wissen in OPTOPOL investiert. Die Frage, die ich heute berechtigterweise stelle, ist: Wie weiter, Herr Scherer? Dies bleibt in diesem Zusammenhang die offene Frage.
Durch bauliche Investitionen, ein Bereich, den Sie sehr ausführlich benannt haben, und die sächliche Ausstattung der Thüringer Polizei haben sich die Bedingungen vor Ort verbessert. Das ist vollkommen unstrittig und findet auch unsere Unterstützung. In PIs, die ich selbst kennenlernen durfte, die ich besucht habe, wurden vernünftige Arbeitsbedingungen geschaffen, damit letztendlich auch ein ordentlicher Dienst geleistet werden kann. Es bleibt aber auch in diesem Zusammenhang noch einiges offen. Mit Blick auf den Investitionskoloss, ich will es einmal so bezeichnen, Herr Fiedler hat es hier benannt, bei der Bereitschaftspolizei hier in Erfurt wird dies ja noch mal deutlich.
In diesem Zusammenhang allerdings gestatten Sie mir eine Bemerkung zum Versorgungsbereich, also hier der Bereich Einsatzküche/Mensa. Da ist für Erfurt einiges geplant. Wir wissen aber auch und kennen die Größenordnung der Investitionen, die in der Fachschule in Meiningen getätigt worden sind. Jetzt gibt es natürlich dort berechtigte Ängste, dass dieser Bereich in Meiningen privatisiert werden soll. Dann muss ich natürlich die berechtigte Frage stellen. Dort sind in Größenordnungen öffentliche Steuergelder, öffentliche Mittel hineingeflossen. Also welche Strategie fahren Sie in dieser Richtung? Da werden Sie massiven Widerstand auch meiner Fraktion entgegennehmen dürfen, wenn dort eine Privatisierung vorangetrieben wird. Sie kennen die Investitionshöhe, die sich im zweistelligen Millionenbereich befindet. Da sage ich schon unseren Widerspruch an.
Zum Bereich Kontaktbereichsbeamter oder Polizei vor Ort in der Fläche, wie es so schön benannt wird: Herr Innenminister Scherer, Sie sagen etwas zu Ihrem angeblich bewährten Konzept der Kontaktbereichsbeamten, zurzeit 167 mit 199 Dienstposten, fünf Dienstposten nicht besetzt. Weil eben der Kontaktbereichsdienst wie Sie richtig einschätzen, ein
wichtiges und unverzichtbares Bindeglied zwischen Bevölkerung und Polizei ist, sollten Sie uns, mir verraten, wie viel Bedarf tatsächlich angemeldet ist. Ich erinnere in dem Zusammenhang an die jüngste Sitzung des Gemeinde- und Städtebundes - es waren ja einige Kollegen mit vor Ort. Bürgermeister haben, als Sie Ihre Ausführungen gemacht haben, logischerweise die berechtigte Frage gestellt, was ist mit meinem Kontaktbeamten vor Ort. Einer war es in dem Fall, der es sehr laut vorgetragen hat. Aber Sie wissen genau, es gibt noch ähnliche Anmeldungen zu dieser Frage, auch aus der Ecke, wo ich herkomme, gibt es diesen Anmeldungsbedarf. Also ich hätte schon mal gern gewusst, wie viel Anforderungen bei Ihnen im Innenministerium in Ihrem Hause auf dem Tisch liegen, wie groß der Bedarf in dieser Richtung eigentlich angezeigt ist. Ein leistungsfähiges und ausreichendes Personal im Polizeibereich kollidiert jedoch mit der politischen Aussage Ihres Ministerpräsidenten, da will ich noch mal auf die Strukturfrage vom Herbst 2004 eingehen, wonach ja 7.400 Stellen der Landesverwaltung abgebaut werden mussten. In diese Richtung zielt auch der Antrag der SPD-Fraktion, wo ich hier schon verraten darf, dass dieser die Zustimmung meiner Fraktion finden wird.
Die Frage der Bedarfsentwicklung, der Bedarfskonzeption und das Strukturkonzept der Landesregierung geht nach unserer Auffassung auf Kosten der inneren Sicherheit, so wie es hier schon dargestellt worden ist.