Protocol of the Session on May 3, 2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße ebenso unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Frau Abgeordnete Holbe Platz genommen, die Rednerliste führt Abgeordneter Eckardt.

Für die heutige Sitzung haben sich Frau Abgeordnete Doht und Frau Abgeordnete Ehrlich-Strathausen entschuldigt.

Bevor wir in die Tagesordnung der Sitzung einsteigen, bitte ich Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben und der ermordeten Polizistin Michaela Kiesewetter zu gedenken.

Ich danke Ihnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen folgende Hinweise zu geben: Die Initiative Rodachtal e.V. präsentiert sich ab heute bis zum 10. Mai im Foyer vor dem Landtagsrestaurant mit einer Vielzahl von Angeboten. Ich lade Sie herzlich zur Eröffnung der Präsentation um 13.00 Uhr im Foyer ein.

Begleitend zu unseren Plenardebatten findet eine kleine Ausstellung des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt zum Thema „Umwelt“ in der Lobby des Plenarsaales statt.

Der MDR hat heute zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, der nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 20.00 Uhr beginnen wird. Begleitend dazu wurde vor dem Landtagsrestaurant eine Multimediabox aufgebaut. Ich lade Sie herzlich für heute Abend ein, es wird bestimmt ein sehr interessanter und schöner Abend werden.

Ich möchte Ihnen ferner mitteilen, dass sich der Ältestenrat in seiner 32. Sitzung am 24. April dieses Jahres erneut mit dem Aufruf des letzten Tagesordnungspunkts in Plenarsitzungen befasst hat. Der Ältestenrat kam einvernehmlich überein, donnerstags nach 19.00 Uhr grundsätzlich keine weiteren Tagesordnungspunkte aufzurufen.

Ich möchte Ihnen folgende Hinweise zur Tagesordnung geben:

Zu Tagesordnungspunkt 2 a) bis i): Die angekündigten Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses haben die Drucksachennummern 4/2994 bis 4/2996. Ich gebe noch folgenden Hinweis: Da die Beschlussempfehlungen nicht in der nach § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu entnehmenden Frist von zwei Werktagen vor Beginn der Beratung verteilt wurden, ist gemäß § 66 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung Fristverkürzung zu beschließen. Da die Verteilung erst heute erfolgen konnte, ist für eine Beratung dieser Tagesordnungspunkte in der heutigen Plenarsitzung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Geschäftsordnung in Verbindung mit § 56 Satz 4 der Geschäftsordnung die Zustimmung von zwei Dritteln der Abstimmenden erforderlich. Ich mache Sie darauf aufmerksam, wenn die Zweidrittelmehrheit nicht erreicht wird, sondern nur die einfache Mehrheit, können die Tagesordnungspunkte erst in der morgigen Plenarsitzung beraten werden. Wir stimmen deshalb jetzt ab. Wer ist für die Fristverkürzung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Fristverkürzung? Wer enthält sich der Stimme? Keine Gegenstimme, keine Stimmenthaltung. Damit ist die Fristverkürzung beschlossen.

Außerdem wurden Änderungsanträge der Fraktion der Linkspartei.PDS zu den Gesetzentwürfen der Fraktion der CDU über den Bürgerbeauftragten sowie über das Petitionswesen angekündigt, die unmittelbar nach Eingang hier verteilt werden.

Zu Punkt 17 a, Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/2953, wurde ein Alternativantrag durch die Fraktion der CDU in Drucksache 4/2998 eingereicht, der heute noch verteilt wird.

Zu Punkt 20: Der Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2006 hat die Drucksachennummer 4/2968. Dieser Tagesordnungspunkt wird morgen als erster Tagesordnungspunkt aufgerufen.

Zu Punkt 21, der Fragestunde, kommen folgende Mündliche Anfragen hinzu: die Drucksachen 4/2962, 4/2963, 4/2964, 4/2965, 4/2967, 4/2969 und 4/2975.

Die Landesregierung hat angekündigt, zu den Tagesordnungspunkten 9, 11 und 13 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.

Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der von mir genannten Ergänzungen widersprochen? Abgeordneter Buse.

Frau Präsidentin, namens der Fraktion der Linkspartei.PDS beantrage ich, den Antrag „Beabsichtigte Än

derung des Kommunalen Finanzausgleichs“ in Drucksache 4/2961 - fristgerecht eingereicht - auf die Tagesordnung zu setzen, und bitte darum, ihn nach Tagesordnungspunkt 17 im Zusammenhang mit der Aussprache zur Großen Anfrage zu behandeln.

Danke. Es ist richtig, der Antrag wurde fünf Werktage vor der Plenarsitzung, also in der Frist des § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung, eingereicht und verteilt. Wir stimmen daher über die Aufnahme dieses Tagesordnungspunkts ab. Wer der Aufnahme des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS in die Tagesordnung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer großen Zahl von Stimmenthaltungen ist dieser Antrag in die Tagesordnung aufgenommen.

Wir stimmen damit über die Platzierung dieses Antrags ab. Es ist beantragt worden, dies gemeinsam mit der Großen Anfrage „Haushaltslage und Haushaltsentwicklung des Landes“ nach Tagesordnungspunkt 19 zu behandeln. Wer ist für diese Einordnung des Antrags, den bitte ich ums Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? Keine Gegenstimme, keine Stimmenthaltung. Damit ist der Platzierung zugestimmt und wir werden diesen Tagesordnungspunkt entsprechend aufrufen.

Abgeordneter Schröter hatte sich ebenfalls gemeldet.

Meine Damen und Herren, namens der CDU-Fraktion beantrage ich die Aufnahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung „Thüringer Landesplanungsgesetz“ in der Drucksache 4/2274 in der zweiten Beratung in die Tagesordnung. Die Einordnung soll nach dem Tagesordnungspunkt 1 als Punkt 1 a erfolgen.

Wir haben den Antrag gehört. Der federführende Ausschuss für Bau und Verkehr hat den Gesetzentwurf am 26. April dieses Jahres abschließend beraten. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr in Drucksache 4/2966 wurde in der Frist des § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung, die zwei Werktage beträgt, verteilt.

Wir stimmen daher über die Aufnahme des Tagesordnungspunkts ab. Wer der Aufnahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung in die Tagesordnung zustimmt, den bitte ich ums Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? Bei 2 Stimmenthaltungen und einer Anzahl von Gegenstimmen ist der Aufnahme dieses Tagesordnungspunkts zugestimmt worden.

Wir stimmen über die Platzierung ab. Die Fraktion der CDU hat die Einordnung als Tagesordnungspunkt 1 a vorgeschlagen. Wer ist für diese Einordnung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diese Einordnung, den bitte ich um das Handzeichen. 1 Gegenstimme. Wer enthält sich der Stimme? Bei einer großen Zahl von Stimmenthaltungen ist die Platzierung als Tagesordnungspunkt 1 a vorgenommen worden.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Tagesordnung festgestellt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1

Thüringer Gesetz über die Wieder- einführung eines einkommens- und vermögensunabhängigen Blinden- geldes Gesetzentwurf der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD - Drucksache 4/2618 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/2905 - ZWEITE BERATUNG

Ich erteile der Abgeordneten Jung aus dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit das Wort zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, werte Gäste, durch Beschluss des Landtags am 25. Januar 2007 ist der von den Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD eingebrachte Gesetzentwurf „Thüringer Gesetz über die Wiedereinführung eines einkommens- und vermögensunabhängigen Blindengeldes“ an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit - federführend - und den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen worden. Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit hat den Gesetzentwurf in seiner 35. Sitzung am 23. Februar 2007 und in seiner 36. Sitzung am 23. März 2007 beraten. Diese Beratungen standen unter der Begleitung der Gespräche der Landesregierung mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband, so dass der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit sich in seiner ersten Beratung am 23. Februar 2007 vertagt hat und in seiner zweiten Beratung die Berichterstattung und das Ergebnis der Gespräche durch die Landesregierung entgegengenommen hat. Da die Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD dem Ansinnen nicht nachgekommen sind, ihren Gesetzentwurf aufgrund dieser Ergebnisse zurückzuziehen, hat der Ausschuss am 23. März 2007 diesen Gesetzentwurf

abgelehnt. Da der federführende Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfohlen hat, fand eine Beratung im mitberatenden Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten nicht statt.

Danke. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Abgeordnete Künast, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die CDU-Mehrheit im Sozialausschuss hat mit der Beschlussempfehlung zur Ablehnung des gemeinsamen Gesetzentwurfs der Oppositionsfraktionen bereits dokumentiert, wie sie mit unserem Gesetzentwurf im Landtag umgehen will. Deshalb will ich heute bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nicht mehr wirklich um Zustimmung werben. Denn ich fürchte, dass das nach der Diskussion im Sozialausschuss vertane Zeit ist. Aber es bleibt trotzdem die Hoffnung auf politische Einsicht und vielleicht auf ein kleines Wunder. Das gemeinsame Gespräch aller drei Fraktionen mit dem Thüringer Blinden- und Sehbehindertenverband vor der Einbringung unseres Gesetzes hat gezeigt, wie es mit christlicher Nächstenliebe in der „Ein-Stimmen-CDU-Mehrheitsfraktion“ in diesem Landtag tatsächlich aussieht. Damals hatte ich noch auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf gehofft, aber eher geht eben ein Kamel durch ein Nadelöhr. Bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, geht es jetzt offenbar nur noch um die Vermeidung von weiterem Gesichtsverlust. Sie wollen das leidige Thema „Blindengeld“ nun endlich abhaken. Deshalb und nur deshalb beabsichtigen Sie zähneknirschend im nächsten Jahr die Wiedereinführung eines Blindengeldes, eines Blindengeldes, was diesen Namen angesichts der beabsichtigten Höhe von 220 € im Monat fast nicht mehr verdient. Trotzdem war es eine politische Kehrtwendung, die Sie vollziehen mussten. Es war und ist einfach nicht mehr zu übersehen und zu überhören: Die christdemokratische Alleinregierung in Thüringen steht beim Blindengeld bundesweit allein auf weiter Flur, denn nirgendwo sonst in Deutschland werden blinde Menschen so schlecht behandelt wie in Thüringen.

(Beifall bei der SPD)

Damit das so bleibt, werden Sie sich bei diesem Thema zumindest an einer Stelle treu bleiben: Thüringen bleibt auch zukünftig das bundesweite Schlusslicht, wenn es um die Leistungen des Blindengeldes geht, es sei denn, Sie würden unserem Antrag dennoch zustimmen. Die Möglichkeit bleibt Ihnen nach wie vor noch offen. Wir werden Sie von dieser Ent

scheidung nicht entbinden und unseren Gesetzentwurf nicht zurückziehen, wie es vielen von Ihnen lieb wäre, sondern wir denken, zeigen Sie Flagge gegenüber den betroffenen Menschen und der Bevölkerung. Zeigen Sie im Vergleich aller Bundesländer, was der Thüringer CDU Politik für Behinderte wert ist.

Meine Damen und Herren, im Umgang mit dem Blindengeld in den vergangenen zwei Jahren wird das wahre Gesicht der Thüringer Christdemokraten deutlich. Sozialpolitik ist bei Ihnen Almosenpolitik. Diese von der CDU getragene Landesregierung will Bittsteller anstelle von selbstbewussten Menschen, die ihre Rechte einfordern. Nicht nur die unmittelbar Betroffenen, nein, die Bevölkerung hat es längst gemerkt und schon stand das nächste Volksbegehren vor der Tür, und das mit immer näher rückender Landtagswahl. Deshalb wächst bei der CDU-Fraktion noch keine Einsicht für ihre Irrwege, aber die Sorge um den Erhalt vieler warmer Stühle fördert doch das Denkvermögen. Ich bin mir sicher, sowohl die Betroffenen selbst als auch große Teile der Bevölkerung werden 2008 und 2009 verstehen, dass die von Ihnen beabsichtigte Wiedereinführung des Blindengelds fast auf der Hälfte des früheren Niveaus keinerlei Grund zum Jubeln ist. Eines ist klar: Selbst diese erzwungene Umkehr war nur dank der Hartnäckigkeit des Thüringer Blinden- und Sehbehindertenverbands und dieser Opposition möglich.

Sie, Herr Kollege Panse, hätten selbst Ihre beabsichtigte Minimallösung in der Fraktion nicht umsetzen können ohne unseren Gesetzentwurf, der gleichzeitig der Entwurf des Thüringer Blinden- und Sehbehindertenverbands war, und ich behaupte mal, der weiterhin auch der Entwurf dieses Verbands ist.

Das, meine Damen und Herren, was dort von der Landesregierung in den letzten Wochen mit den Verbandsvertretern verhandelt wurde, grenzt an Erpressung.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Da werden Verbandsvertreter in die Ecke getrieben und irgendwann fallen dann Entscheidungen nach dem Motto „Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“. Oder in nackten Zahlen: Besser 220 € und die für alle, als nichts und weiter Bittsteller zu sein. Selbst diesen Spatz in der Hand gibt es frühestens ab 2008 - warum eigentlich nicht schon dieses Jahr? Die Mittel sind doch da. Oder dient der Haushaltsansatz für die Blindenhilfe wieder nur als Sparbüchse?

Wir haben bereits damals bei der Streichung des Landesblindengeldes sehr zu Recht von einem sozialen Kahlschlag gesprochen. Es hat sich bewahr

heitet und ich sage Ihnen dazu später auch noch einige Zahlen. Wir haben es damals für skandalös gehalten, dass dieser Wegfall zeitgleich verbunden war mit der Einführung eines ebenfalls von den Betroffenen und den Oppositionsfraktionen in diesem Haus erzwungenen Behindertengleichstellungsgesetzes. Ich halte es heute für einen Skandal, wenn diese Landesregierung noch nicht einmal beabsichtigt, die im Haushalt eingestellten Mittel tatsächlich für Blindengeld und Blindenhilfe einzusetzen. Genau das könnten Sie mit unserem Gesetzentwurf nämlich tun und genau das verweigern Sie, obwohl diese Mittel im Haushalt stehen. Sie verweigern das zu einem Zeitpunkt, in dem sich darüber hinaus die wirtschaftliche Lage und damit auch die Steuereinnahmen für den Landeshaushalt verbessern.

Sie, Herr Minister Zeh, haben am 7. Oktober 2005 in diesem Hause anlässlich unseres Antrags zur Sicherung des Landenblindengelds unter anderem erklärt - Frau Präsidentin, ich erlaube mir zu zitieren: „Deshalb müssen wir alles tun, um den Sozialstaat nicht zu überfordern. Das ist auch ein Grund, warum wir zukünftig die Blindengeldzahlung auf die Regelung der Blindenhilfe umstellen müssen.“ Wir müssen mit unserem Gesetz weder den Sozialstaat noch den geltenden Haushalt überfordern, sondern schlicht und einfach das tun, was nämlich der Haushaltsgesetzgeber, das Parlament, vorgesehen hatte. Der aber wurde offensichtlich etwas hinters Licht geführt - ganz vorsichtig formuliert. Die im Bereich der Blindenhilfe und des Härtefonds eingestellten Mittel waren entweder von Anfang an eine Beruhigungspille für die öffentliche Diskussion oder aber die den Haushalt aufstellende Landesregierung wusste fachlich außerordentlich wenig. Wenn von annähernd 13 Mio. € im Landeshaushalt im Bereich der Blindenhilfe 7,1 Mio. € am 31.12.2006 nicht zum Einsatz kamen und wenn von 1 Mio. € im Härtefonds 936.000 € nicht verwendet werden konnten - was bitte ist denn das? Das ist ein Armutszeugnis. Jedenfalls hat es nichts mit Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit zu tun, aber auch gar nichts. Vielleicht ist es einfach ein Hinweis auf den Stellenwert der Behindertenpolitik in diesem Lande. Ob wir als Haushaltsgesetzgeber bei der Aufstellung faktisch verschaukelt werden oder ob das Fachressort wenig weiß, in beiden Fällen ist es ein Trauerspiel.

Deshalb noch einmal, Herr Minister Zeh und werte Kollegen von der CDU: Wenn wir die im Doppelhaushalt zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, dann ist dieser Gesetzentwurf der Opposition kostenneutral umzusetzen. Lieber Kollege Panse, weil die Zahlen nun einmal zum Haushalts-Ist Ende 2006 auf dem Tisch liegen, nun zu Ihrer Erinnerung: Sie haben in der Sitzung vom 09.06. des vergangenen Jahres aufgrund unseres Antrags zur Wiedereinführung eines Landesblindengelds erklärt - Frau Präsidentin, auch

hier erlaube ich mir zu zitieren: „Wir haben Ihnen damals auch schon immer gesagt, dass wir umsteuern wollten, aber ein Umsteuern nicht, um den Haushalt zu sanieren, sondern weil wir es ordnungspolitisch für richtig halten und dabei bleibt es.“ Was aber haben Sie getan? Die Blindenhilfe als Sparbüchse verwendet und den Menschen eine Leistung vorgegaukelt, die es für die meisten gar nicht gab. Genau das haben Sie getan. Sie, Herr Minister Zeh, wie erklären Sie sich denn Ihre Aussage in der gleichen Sitzung, und auch hier erlaube ich mir zu zitieren: „Es gibt sogar Prognosen, die unter Umständen eine höhere Haushaltsbelastung durch die Blindenhilfegeldzahlung prophezeien.“ Ein Ministerium lässt sich nicht leiten mit Prognosen, auch wenn das mitunter der Arbeitsstil zu sein scheint. Ich erinnere hier nur an die Familienoffensive und den Kinderschutz - viele, viele falsche Prophezeiungen. Sie haben doch erlebt, was passiert, wenn Ihre Parteifreunde prophezeien, dass sich andere CDU-regierte Länder bei Abschaffung des Blindengelds anschließen werden. Was bitte, liebe Kollegen von der CDU, hat sich denn in den vergangenen zwei Jahren ordnungspolitisch geändert? Sowohl Sie, Herr Minister Zeh, als auch der Kollege Panse haben doch in der Plenarsitzung erklärt, dass einkommens- und vermögensunabhängige Zahlungen an Menschen mit Behinderungen ordnungspolitisch falsch sind. Gibt es da nun eine neue Rechtsauffassung? Was allerdings ordnungspolitisch falsch ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das ist der Umgang mit Verbänden. Die treibt man nicht in die Ecke und zwingt sie nicht zu Verzweiflungstaten, sondern man behandelt sie als Partner. Ich sage das heute vor allen Dingen auch mit Blick auf den Thüringer Landesblinden- und Sehbehindertenverband. Spätestens seit der Familienoffensive gilt das aber auch für den Umgang mit den freien Trägern der Wohlfahrtspflege. Da läuft etwas mächtig schief in der Diskussionskultur der Landesregierung mit all den Vereinen und Verbänden, die doch die Säulen funktionierender Sozialpolitik in Deutschland sind. Solch ein Umgang ist nicht nur falsch, er ist auch nicht klug. Der Blinden- und Sehbehindertenverband hätte Ihnen z.B. sicher bei der Haushaltsaufstellung für den Haushalt 2006 und 2007 helfen können und die Treffgenauigkeit wäre dann entschieden besser gewesen. Deshalb mein Rat: Bevor Sie sich mangels anderer Kenntnisse auf Prophezeiungen verlegen, sollte man doch besser das Wissen der Verbände nutzen.

(Beifall bei der SPD)

Heute haben Sie noch einmal die Möglichkeit, tatsächlich umzukehren und Ihren damals eingeschlagenen Irrweg zu verlassen. Da ich aber befürchte, dass Sie genau das nicht tun werden, sei mir zum Schluss noch mal ein Hinweis gestattet. Ich hoffe, dass anhand der Diskussionen um das Blindengeld

in den letzten beiden Jahren jedem Bürger dieses Landes klar wird, wie christdemokratische Sozialpolitik im Lande Thüringen tatsächlich aussieht. Ich hoffe, dass anhand der Kürzungen von 400 € im Jahr 2005 über die totale Streichung bis hin zu angekündigten 220 € - und das auch erst im nächsten Jahr - jedem Bürger in diesem Land klar wird, was einem blühen kann, wenn der Herr Thüringer Ministerpräsident Althaus und die Thüringer CDU vom Bürgergeld fabulieren. Da braucht man nun wirklich kein Prophet zu sein, es reicht völlig, sich die praktizierte Willkür bei den blinden und sehbehinderten Menschen vor Augen zu führen.

(Beifall bei der SPD)