Protocol of the Session on December 10, 2004

Ich begrüße Sie recht herzlich, meine Damen und Herren Abgeordneten, verehrte Regierungsvertreter, Vertreter der Medien und liebe Gäste auf der Tribüne.

Ich eröffne die 9. Plenarsitzung des Thüringer Landtags. Als Schriftführer haben neben mir Platz genommen die Abgeordnete Künast und der Abgeordnete Worm. Frau Abgeordnete Künast wird die Rednerliste führen. Für die heutige Sitzung haben sich Herr Minister Schliemann und Herr Minister Wucherpfennig entschuldigt.

Wir treten damit in die Tagesordnung ein. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/404 ERSTE BERATUNG

Ich bitte Herrn Staatssekretär Baldus um die Begründung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, am 1. Januar 2005 tritt das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern in Kraft. Das so genannte Zuwanderungsgesetz löst u.a. das derzeit geltende Ausländergesetz ab und ändert auch das Asylbewerberleistungsgesetz. Aufgrund dieser bundesrechtlichen Regelungen bedarf es einer Novellierung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes. Mit den zu beschließenden landesrechtlichen Änderungen wird sichergestellt, dass für die im Zuwanderungsgesetz genannten Flüchtlingsgruppen auch künftig eine Aufnahmeverpflichtung für die Landkreise und kreisfreien Städte besteht. Das Land bleibt verpflichtet, die Kosten zu tragen. Keine Anwendung findet das Flüchtlingsaufnahmegesetz künftig auf Ausländer, die nicht abgeschoben werden können. Das sind insbesondere Ausländer mit schweren traumatischen Belastungen, deren medizinische Versorgung im Heimatland nicht sichergestellt ist. Nach dem Zuwanderungsgesetz wird dieser Personenkreis sowohl status- als auch leistungsrechtlich besser gestellt. Die statusrechtliche Besserstellung bedeutet, dass sie ab dem nächsten Jahr Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis haben. Finan

ziell werden sie dadurch besser gestellt, dass sie ab Januar 2005 anstelle der abgesenkten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz die höheren Sozialhilfesätze erhalten. Der Vollzug des Sozialhilferechts fällt aber in die originäre Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte. Das heißt, dass die Ausländer, die Anspruch auf Sozialhilfe haben, die kommunalen Haushalte belasten. Ausgeglichen werden diese Aufwendungen der Kommunen im Wesentlichen dadurch, dass das Land anstelle der Kommunen die Kosten für eine andere Ausländergruppe übernimmt. Es handelt sich hierbei um die Ausländer, die aus humanitären Gründen in Deutschland aufenthaltsberechtigt sind.

Ich komme zu einem weiteren wesentlichen Aspekt der Novelle. § 7 Abs. 1 des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes regelt die Kostenerstattung an die Landkreise und kreisfreien Städte. Diese Vorschrift ermächtigt den Innenminister, durch Rechtsverordnung das Verfahren, die Form sowie die Höhe der an die Landkreise und kreisfreien Städte zu erstattenden Kosten zu regeln. Wenn es im Gesetz auch nicht ausdrücklich aufgeführt ist, so umfasst die Verordnungsermächtigung nach Ansicht des Innenministeriums auch die Befugnis, den Zeitraum der Kostenerstattung festzulegen. In der Thüringer Flüchtlingskostenerstattungsverordnung ist der Erstattungszeitraum für sozialhilfeberechtigte Ausländer auf längstens 18 Monate begrenzt. Diese Befristung wurde bislang auch von allen akzeptiert. Die kommunalen Spitzenverbände haben aber in der Vergangenheit immer wieder die Frage gestellt, ob die in § 7 des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes genannte Ermächtigungsgrundlage auch tatsächlich diese zeitliche Begrenzung zulässt. Durch eine Ergänzung des § 7 Abs. 1 können diese Zweifel ausgeräumt werden.

Abschließend möchte ich auf ein weiteres Anliegen der kommunalen Spitzenverbände eingehen. Von Seiten der Verbände wurde im Rahmen der Anhörung angeregt, durch eine Streichung des § 2 Abs. 1 des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes eine vermehrte Einzelunterbringung ausländischer Flüchtlinge zu ermöglichen. Es mag zutreffend sein, dass es hierdurch den Kommunen erleichtert wird, auf sich ändernde Zugangszahlen zu reagieren. Das Bundesrecht schreibt jedoch vor, dass Asylbewerber in erster Linie in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen sind. Eine diesem Grundsatz entgegenstehende landesrechtliche Regelung wäre verfassungsrechtlich bedenklich.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen: Mit dem Gesetzentwurf wird das Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz an bundesrechtliche Änderungen angepasst. Zugleich wird auch

künftig ein tragfähiger Rechtsrahmen für die Kostenerstattung gewährleistet. Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir treten damit in die Aussprache ein. Das Wort hat die Abgeordnete Berninger, PDS-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung legt mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes in erster Linie eine redaktionelle Überarbeitung des Gesetzes hinsichtlich der Angleichung an das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli dieses Jahres vor, das am 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten wird. Auch wenn einige Behörden das Gesetz immer noch zu Ungunsten der Betroffenen auslegen, bleibt festzustellen, das Gesetz sieht keine generelle Nachrangigkeit der Einzelunterbringung von Flüchtlingen gegenüber der Gemeinschaftsunterkunft vor, sondern fordert zur Einzelfallentscheidung, zur Abwägung persönlicher und kommunaler Interessen auf. Und trotzdem wurde Einzelunterbringung in der Vergangenheit von einigen Thüringer Landkreisen grundsätzlich abgelehnt, häufig in Ermessensauslegung aus dem in § 2 des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 16. Dezember 1997 zu interpretierenden oder interpretierbaren Ausschluss bestimmter Flüchtlingsgruppen von der dezentralen Unterbringung. Die Landesregierung folgt mit der Streichung dieser Ausnahmen auch der Argumentation von Verwaltungsgerichten in Thüringen, die, wie zum Beispiel das Verwaltungsgericht in Meiningen am 13. November 1999, feststellten, dass die Auflage, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, bei der Duldungsverlängerung rechtswidrig sei und die Betroffenen in ihren Rechten verletzt würden, sofern persönliche Belange für die dezentrale Unterbringung überwiegen würden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit Beachtung dieser Rechtsprechung wird der auf der von Flüchtlingsorganisationen und auch der PDSFraktion häufig wiederholten grundsätzlichen Forderung nach angemessener Bereitstellung von dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge in allen Landkreisen und Städten entsprochen. Insbesondere für Familien, Kranke und traumatisierte Flüchtlinge sehen wir einen verstärkten Bedarf an Einzelunterbringung. Eine tatsächlich angemessene Bereitstellung von Einzelunterbringungsmöglichkeiten ist aus unserer Sicht eine sehr wichtige Voraussetzung für die Integration von in Thüringen leben

den Menschen ausländischer Herkunft. Die Unterbringung von Asyl Suchenden in ganz normalen Wohnsiedlungen würde - anders als die Praxis, der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften am Stadtrand oder außerhalb von Wohngebieten - wegführen von der praktizierten Gettoisierung dieser Menschen. Sie bedeutet die Chance, durch persönliche Kontakte unbegründete und diffuse Vorurteile und darin begründete Ängste abzubauen. Die Menschen bekämen die Chance, miteinander zu leben statt weit voneinander entfernt und nebeneinander her. Die in verschiedenen aktuellen Studien belegten fremdenfeindlichen Einstellungen in der deutschen Bevölkerung, die in den letzten Jahren stark angestiegen sind, und ich will nicht schon wieder die Zahlen des Thüringen-Monitors und die erschreckenden Ergebnisse dieser Studie zitieren, sondern diesmal eine aktuelle Studie des Soziologen und Konflikt- und Gewaltforschers Wilhelm Heitmeyer. Nach den Daten seiner Studie sind fast 60 Prozent der Deutschen der Meinung - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis -, "es leben zu viele Ausländer in Deutschland." Ich erinnere, nicht einmal 2 Prozent der Thüringer Bevölkerung sind Menschen ausländischer Herkunft. Diese aus der Angst vor dem Fremden Herrührenden in den letzten Jahren unverhältnismäßig angestiegenen fremdenfeindlichen Einstellungen begründen sich aus Unkenntnis, aus dem Nichtwissen der Deutschen um die Situation von Flüchtlingen und aus dem Nichtwissen um die Zustände in den Ländern, aus denen diese Menschen flüchten müssen. Und sie begründen sich daraus, dass die Menschen kaum eine Chance haben, miteinander zu leben und einander kennen zu lernen und so eben Vorurteile und Ängste abzubauen. Sie begründen sich aus mangelnden Integrationsmöglichkeiten und Integrationsangeboten. Diese Möglichkeiten und Angebote sollten wir ausbauen, die Menschen im Exil in ihren sozialen Rechten stärken und nicht die Migranten bekämpfen, sondern die Fluchtursachen in den Herkunftsländern, für die wir Mitverantwortung tragen. Eine Leitkultur- und Patriotismusdebatte würde nur dazu dienen, den Graben zwischen Deutschen und Nichtdeutschen weiter zu vertiefen,

(Beifall bei der PDS)

Misstrauen in die Toleranzfähigkeit dieses Staates zu schüren und Wasser auf die Mühlen der extremen Rechten zu leiten. Eine humane Flüchtlingspolitik auf Landesebene könnte diesen Tendenzen, die sogar den sonst eher ruhigen Ausländerbeauftragten der Landesregierung, Herrn Peters, zu einer entschiedenen Kritik bewogen haben, etwas entgegensetzen. Auch wenn der politische Wille hierzu bisher kaum erkennbar ist, werden wir auch in dieser Legislatur den Finger in die Wunde einer restriktiven Flüchtlingspolitik legen und Vorschläge zum Beispiel zur Abschaffung der Residenzpflicht, zu menschenwür

diger Unterbringung und Versorgung und zu angemessener sozialer, rechtlicher und ärztlicher Betreuung von Flüchtlingen unterbreiten. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Taubert, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit dem ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes schiebt die Thüringer Landesregierung vordergründig vor, eine Anpassung an das am 01.01.2005 in Kraft tretende Zuwanderungsgesetz erreichen zu wollen. Wird der vorliegende Gesetzentwurf aber unverändert verabschiedet, dann ergibt sich in Verbindung mit der durch das Haushaltsstrukturgesetz vorgeschlagenen Änderung der Thüringer Verordnung über die Kostenerstattung nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz eine deutliche Verschiebung der Kosten zu Lasten der Kommunen. Es ist - wie wir wissen - nicht die einzige ungerechtfertigte Verschiebung von Kosten zulasten der Kommunen, aber gerade in diesem sensiblen Bereich besonders schädlich. Die Thüringer Landesregierung hat den unzweifelhaft bestehenden Änderungsbedarf nicht genutzt, um Spielräume für Kommunen zu schaffen bzw. zu erhalten und den geänderten gefallenen Flüchtlingszahlen Rechnung zu tragen. Im Gegenteil, anstatt den Kommunen angesichts der sinkenden Flüchtlingszahlen Einzelunterbringung zu erleichtern, wie auch der Gemeinde- und Städtebund gefordert hat, stiehlt sich das Land durch eine Veränderung der oben genannten Kostenerstattungsverordnung - und die Grundlage wird hier im Gesetz gelegt - einfach aus der Verantwortung und will den Kommunen künftig nur noch Kosten für jeden tatsächlich aufgenommenen Flüchtling erstatten, ganz gleich, wie viele Plätze die Kommunen auf Veranlassung des Landes vorzuhalten verpflichtet sind. Bei der Stadt Erfurt könnte so leicht ein Betrag von einer halben Millionen Euro zustande kommen, auf dem die Stadt sitzen bleiben wird. Es ist eben nicht so - wie oft vermutet -, dass sich Landkreise und kreisfreie Städte mit der bisher geltenden pauschalen Erstattung den Haushalt sanieren konnten und nun nur dieses Missverhältnis gerade gezogen wird.

Die wirklichen Gewinner der Erstattung von Leistungen aus der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern, die gab es nur in den ersten vier Jahren nach der Wende. Da wurden mit freundlicher Unterstützung einiger zuständiger Bearbeiter in Mi

nisterien und im Landesverwaltungsamt Verträge geschlossen, mit denen richtig Geld zu verdienen war. Dies änderte sich glücklicherweise nach 1995. Die Pauschalierung der Vergangenheit war auskömmlich für Kommunen. Dabei sind die heutigen Verträge in ihren Tagessätzen nur noch halb so hoch wie Anfang der 90er-Jahre. Die meisten zuständigen Kommunen haben mehrjährige Verträge mit den Betreibern dieser Unterkünfte geschlossen. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum die Landesregierung nicht zumindest eine Übergangsphase einräumt, die eine Abfinanzierung der bestehenden Verträge ermöglicht.

Ein weiterer Griff in die Kassen der Kommunen wird außerhalb des KFA erfolgen, und wenn man einmal greift, dann kann es auch ein bisschen mehr sein. Frau Diezel hatte uns ja gestern den Betrag von 2 Mio.        liegenden Flüchtlingsaufnahmegesetz zu diesen beiden schwer wiegenden Veränderungen möchte ich einige Worte sagen. Die Aufnahme der Flüchtlinge, die künftig eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes erhalten werden, in dem Katalog des § 1 des FlüAG zu streichen - das sind Flüchtlinge, die eine Aufenthaltserlaubnis bei Verbot der Abschiebung besitzen, wenn diesen Ausländern Folter oder Todesstrafe droht oder sie nach der Menschenrechtskonvention aufenthaltsberechtigt sind. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass diese Personen nicht unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen, aber der Vergleich zu den jüdischen Flüchtlingen zeigt uns, dass das Land durchaus bereit sein kann, diese Kosten den Kommunen zu erstatten. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum diese Kosten auch bei den Kommunen hängen bleiben sollen. Insofern müssen wir in der anschließenden Diskussion auch im Ausschuss das Thema klären. Die Festlegung des Erstattungszeitraums - also die Aufnahme dieses Begriffs - scheint ganz harmlos und eine Klarstellung zu sein. Herr Gasser hat darauf hingewiesen. Tatsächlich ist es aber so, dass diese Klarstellung dazu dienen soll, etwas festzuklopfen, worauf der Gemeinde- und Städtebund und auch der Thüringische Landkreistag hingewiesen haben, was nicht rechtens ist. Bei den von den Kommunen wahrzunehmenden Aufgaben nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz handelt es sich um eine staatliche Aufgabe, die auch nicht nach einem gewissen Zeitraum auf die Kommunen übergeht. Artikel 93 Abs. 1 der Thüringer Landesverfassung garantiert den Kommunen bei der Übertragung staatlicher Aufgaben, die zu einer Mehrbelastung führen, einen angemessenen finanziellen Ausgleich. Es kann nicht sein, dass es hier eine Eigeninteressenquote geben kann. Diesem widerspricht aber die oben genannte Festlegung mit dem so genannten Erstattungszeitraum.

Die genannten Beispiele zeigen auf, dass es dem Land darauf ankommt, sich finanziell zu entlasten. Was erwartet das Land von den kommunalen Spitzenverbänden, wenn sie - wie von der Landesregierung vorgesehen - zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden in der Härtefallkommission sitzen. Sie müssen doch vor allem ihr Augenmerk darauf richten, welche finanziellen Auswirkungen eine jede Entscheidung für ihre Mitglieder hat, wenn die 18 Monate Erstattung, die das Land den Kommunen in diesen Fällen zugesteht, abgelaufen sind. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Stauche, CDU-Fraktion.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Abgeordnete, Sie erinnern sich sicher noch an die langen Debatten im Bundestag und Bundesrat zum Zuwanderungsgesetz. Erst nach vielen Beratungen ist es gelungen, Kompromisse zu dem Gesetzentwurf zu finden und in Gesetzesform zu gießen. Da das Gesetz am 1. Januar 2005 in Gänze in Kraft treten wird, bedarf es parallel dazu eines entsprechenden Landesgesetzes. Dies liegt uns heute zur ersten Beratung vor. Wir wissen schon, dass mit dem Gesetz ein großer Schritt getan wird. Denn unter anderem wird damit das seit langen Jahren geltende, an verschiedenen Passagen oftmals umstrittene Ausländergesetz ersetzt. Auch das Asylbewerberleistungsgesetz wird mit dem Zuwanderungsgesetz geändert. Dies hat wiederum zur Folge, dass der aufgrund dieses Gesetzes durch die Landkreise und kreisfreien Städte aufzunehmende Personenkreis einer Neufassung bedarf. Dazu soll mit dem Gesetz an den verschiedenen Stellen Klarstellung des bisher geltenden Gesetzes herbeigeführt werden. Die verschiedentlich in jüngster Vergangenheit diskutierte Einrichtung einer Härtefallkommission findet auch in diesem neuen Gesetz in § 1 Satz 1 Nummer 5 ihre Verknüpfung. Sofern dieses Gremium darum ersucht, kann durch die oberste Landesbehörde angeordnet werden, dass auch einem solchen Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Dies stellt etwa einen Fall dar, der unter den Anwendungsbereich des hier zu beratenden Gesetzentwurfs fällt. Weiterhin erscheint die Nummer 7 des § 1 Satz 1 von Bedeutung, denn aufgrund des § 15 a Aufenthaltsgesetz können ab dem 1. Januar 2005 unerlaubt einreisende Ausländer, die nicht um Asyl nachsuchen, vor der Entscheidung der zuständigen Behörde über die Aussetzung der Abschiebung oder der Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt werden. Auch

hierzu bedarf es im vorliegenden Gesetz einer Regelung zur Aufnahmepflicht der Landkreise und kreisfreien Städte. Schließlich erscheint mir die Nummer 3 a des Gesetzentwurfs hervorhebenswert, denn mit der bisherigen Regelung konnte die jeweils aktuelle Bevölkerungsstatistik für die Festsetzung des Verteilerschlüssels nicht berücksichtigt werden.

Meine Damen und Herren, auch die Einzelunterbringung - ich habe Probleme damit, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen. Ich habe es in der Praxis erlebt. Ich denke, dass die Gemeinschaftsunterkünfte auch bei uns in Thüringen sehr gut organisiert sind. Ich habe persönlich vor Ort erlebt, wie gut die Betreuung dort war und dass dort oftmals Ausländer, die nicht ortskundig waren, die nicht der Sprache mächtig waren, sehr gut betreut worden sind vom Sozialen und auch vom Ärztlichen her. Ich glaube nicht, dass das immer in Einzelunterkünften in dieser Art geleistet werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb finde ich das nicht in jedem Fall als das günstige Maß, das zu regeln. Aber Sie sehen, wir haben jetzt auch viele Probleme hier angesprochen. Es ist eine komplizierte Materie und deshalb bitte ich im Namen meiner Fraktion um Zustimmung, diesen Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen. Wir haben dort noch einiges zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, es ist die Überweisung an den Innenausschuss beantragt worden. Da mir keine weiteren Redemeldungen vorliegen, stimmen wir über diesen Antrag ab. Wer stimmt der Überweisung an den Innenausschuss zu, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist gegen die Überweisung an den Innenausschuss? Keine Gegenstimme. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Ausschussüberweisung einstimmig zugestimmt worden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Tierseuchengesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/417 ERSTE BERATUNG

Ich bitte Herrn Minister Zeh um die Begründung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht in diesem Tagesordnungspunkt um die Änderung des Tierseuchengesetzes. Wir haben uns monatelang um die Gesundheitsreform Gedanken gemacht, dabei ging es um die Gesundheit der Menschen. Bei dem hier vorgelegten Gesetz geht es nun um die Gesundheit der Tiere. Aber wie sagte doch der französische Schriftsteller Emile Zola: "Die Sache der Tiere ist unlösbar verknüpft mit der Sache der Menschen."

(Beifall bei der SPD)

Das heißt also, der Schutz von Nutztieren dient erstens den Menschen, insbesondere dem Verbraucherschutz. Zweitens: Die Sicherung der Tiergesundheit bewahrt auch die Produzenten vor erheblichen Schäden. Das wissen wir nicht erst seit der so genannten BSE-Krise. Und drittens: Der Schutz von Nutztieren vor Tierkrankheiten und Seuchen ist natürlich auch ein Zweck an sich, denn wir tragen Verantwortung für unsere Mitgeschöpfe. Das ist sozusagen im Verfassungsrang der Bundesrepublik Deutschland so festgeschrieben.

Ihnen liegt die Drucksache 4/417 vor, es ist der Entwurf des Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Tierseuchengesetzes. Sein Ziel ist, die Thüringer Tierseuchenkasse mit dem Tiergesundheitsdienst zusammenzuführen. Dazu soll die Thüringer Tierseuchenkasse von einem nicht rechtsfähigen Sondervermögen des Landes in eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt werden. Die Tierseuchenkasse soll zu einer Einrichtung in eigener Verantwortung gemacht werden. Das ist durch diese Rechtsform am besten gewährleistet. Zum anderen wird ihr die Aufgabe übertragen, die so genannten Tiergesundheitsdienste zu unterhalten. Bisher sind die Tiergesundheitsdienste in Thüringen privatrechtlich in einem Verein organisiert. Im Auftrag der Tierhalter und des Landes nehmen sie Aufgaben auf den Gebieten des Tierseuchenschutzes, des Tierschutzes und der Tiergesundheit wahr. Im Vordergrund der Gesetzesänderung steht das Anliegen, die Arbeit der Tiergesundheitsdienste effizienter zu gestalten. Die größtmögliche Effizienz ist geboten, denn diese Arbeit ist für die Sicherung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes unverzichtbar. Dabei denke ich insbesondere auch an die Erzeugung unbedenklicher und rückstandsfreier Lebensmittel. Ein weiterer Aspekt ist die Verbesserung der Tiergesundheit im Sinne einer präventiven Tierseuchenbekämpfung, sie ist auch für den Landwirt unverzichtbar. Und es ist völlig klar, wenn wir diejenigen, die am Ende für die Tierseuchen zahlen müssen, auch verantwortlich machen für die Tier

gesundheit, dann haben wir einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen denen, die für die Gesundheit zuständig sind, und denen, die am Ende auch bezahlen. Das materielle Interesse ist hier verknüpft mit dem Anliegen der Tiergesundheit.

Nun zum Inhalt der Gesetzesänderung: Es soll durch eine engere Verzahnung zwischen der Solidargemeinschaft der Tierhalter und den Gesundheitsdiensten erreicht werden, dass die Tierhalter zukünftig als Hauptauftraggeber die Aufgabenerledigung der Tiergesundheitsdienste direkt beeinflussen können. Der Gesetzentwurf berücksichtigt somit die veränderten Bedürfnisse der Auftraggeber, sowohl der Landwirte als auch des Landes. Es ist im eigenen Interesse der Mitglieder notwendig, dass Tierhalter hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung von Maßnahmen, für die sie Leistungen aus der Solidargemeinschaft der Tierseuchenkasse erhalten, auch beraten, aber auch kontrolliert werden. Rechtsvorschriften, die freiwillige Teilnahme an Programmen oder andere Maßnahmen reichen bei weitem nicht mehr aus, um einen durchgängig hohen Standard der Tiergesundheit zu garantieren. All diese Instrumente müssen meines Erachtens auch umgesetzt werden in ein Gesetz; sie müssen auch sorgfältig kontrolliert werden. Zur Erreichung dieser Ziele soll die Tierseuchenkasse zukünftig selbst Tiergesundheitsdienste unterhalten, das sagte ich bereits, wie es übrigens auch in Sachsen, in Mecklenburg-Vorpommern, in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg üblich ist.

Die bisherigen Vorstände der Tierseuchenkasse und des Tiergesundheitsdienstes Thüringen e.V. haben durch Beschlüsse dem Vorhaben zugestimmt. Sie haben bereits eine gemeinsame Arbeitsgruppe gebildet, die zur Umsetzung des Vorhabens die notwendigen Schritte einleiten soll. Die an der Erhaltung und Förderung der Tiergesundheit beteiligten Organisationen und Verbände haben ebenfalls ihre Zustimmung zur Organisationsänderung erklärt. Auch aus ihrer Sicht ist dieser Schritt zweckmäßig und eröffnet neue Chancen für gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit.

Ein weiterer Punkt der Gesetzesänderung betrifft eine Situation, die gerade erst in der letzten Woche wieder aktuell geworden ist, ich meine das Auftreten der Scrapie-Erkrankung in unserem Freistaat. Mit dem Gesetz wird klargestellt, dass die Kosten, die durch in solchen Fällen behördlich veranlasste Genotypisierungen von Schafherden entstehen, jeweils zur Hälfte durch das Land und durch die Tierseuchenkasse zu tragen sind. Bei der Genotypisierung werden Erbanlagen der Schafe hinsichtlich einer Resistenz gegenüber Scrapie untersucht. Eine solche Untersuchung liegt im beiderseitigen Interesse, denn aufgrund der Ergebnisse müssen am Ende weniger Tiere getötet werden. Gerade aus

Gründen des Tierschutzes ist das besonders wichtig. Außerdem sparen das Land und die Tierseuchenkasse Kosten für die Entschädigungen, die ansonsten aufgrund des Tierseuchengesetzes jeweils zur Hälfte geleistet werden müssen. Des Weiteren werden mit der Gesetzesnovellierung einige redaktionelle Klarstellungen und Anpassungen an die Rechtsentwicklung vorgenommen.

Meine Damen und Herren, das vorliegende Gesetz besitzt sowohl für die Gesundheit unserer Tiere als auch für die gesundheitlichen Belange der Bürger, der Menschen im Sinne des Verbraucherschutzes große Bedeutung. Wenn die Tierseuchenkasse, um ein Bild zu gebrauchen, ein neues Dach erhält, unter dem auch die Tiergesundheitsdienste Platz finden, dann nützt das allen Beteiligten, sowohl den Menschen als auch den Tieren. Ich bitte Sie deshalb um zügige Fortberatung des Gesetzes in den Fachausschüssen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne hiermit die Aussprache zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. Als erste Rednerin hat Frau Dr. Scheringer-Wright von der PDS-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ausführungen, die wir gerade gehört haben mit dem neuen Dach, die hören sich ja ganz gut an. Aber ich möchte darauf hinweisen, was auch hinter diesem Gesetzentwurf steckt. Der hier vorliegende Entwurf zur Änderung des Thüringer Tierseuchengesetzes dient der Landesregierung neben marginalen Anpassungen, die sich aus dem EU-Recht ergeben, offenbar zwei Zielen: Erstens Verantwortung loszuwerden, indem ein wirksames solidarisches Instrument aus der landeseigenen Struktur herausgebrochen wird, und zweitens die Risikoverlagerung und die de facto finanzielle Austrocknung des Thüringer Tiergesundheitsdienstes e.V.