Meine sehr verehrten Abgeordneten, ich eröffne die 14. Plenarsitzung des Thüringer Landtags. Ich begrüße Sie alle recht herzlich, alle Abgeordneten, alle Regierungsvertreter, die Medien und natürlich begrüße ich besonders herzlich unsere Gäste.
Neben mir hat die Abgeordnete Walsmann Platz genommen und die Abgeordnete Wolf als Schriftführer. Ich möchte Frau Walsmann recht herzlich zum Geburtstag gratulieren, die ihn heute hier feiert.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Minister Schliemann, Minister Wucherpfennig, die Abgeordnete Jung, der Abgeordnete Kretschmer, der Abgeordnete Ohl und die Abgeordnete Reimann. Alle genannten Abgeordneten sind erkrankt.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass wir heute in der Mittagspause um 13.00 Uhr eine Präsentation der Stadt Steinbach-Hallenberg sehen können. Es wird dort die Translozierung der Korkenzieherwerkstatt in Steinbach-Hallenberg dargestellt, das heißt, dass die Korkenzieherwerkstatt von einer Straße in die andere transportiert werden soll. Es ist ein sehr ansprechendes Video, was wir unten sehen. Es wird uns, glaube ich, sehr lebhaft vor Augen geführt werden, was für Ereignisse uns im Sommer erwarten.
Ebenfalls vor der Cafeteria lädt heute von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr die UNICEF-Arbeitsgruppe Erfurt zum Kauf von Osterkarten zugunsten von UNICEF ein.
Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass wir heute Abend einen parlamentarischen Abend im Landtag erleben werden. Die Geschäftsstelle Thüringen des Sozialverbands VdK Hessen-Thüringen hat uns eingeladen. Ich gehe davon aus, dass dieser parlamentarische Abend nach Ende der Sitzung beginnt, das wird zwischen 20.00 Uhr und 20.30 Uhr sein. Ich würde mich sehr freuen, wenn viele der Abgeordneten heute Abend an dieser Zusammenkunft teilnehmen können.
Ich bedanke mich bei den Abgeordneten, die gestern am parlamentarischen Abend des Handwerks teilgenommen haben. Ich glaube, das war eine recht erfolgreiche Veranstaltung und ebenso die Eröffnung der Ausstellung anlässlich des 80. Geburtstags von Alfred Traugott Mörstedt. Ich ermuntere Sie, sich diese Ausstellung noch während der Sitzung anzusehen und auch in den nächsten Wochen wird sie
Damit komme ich zu Hinweisen zur Tagesordnung. Zu TOP 1 a und b, Gesetzentwürfe der Landesregierung, Thüringer Gesetz zur Neuorganisation des Kataster- und Vermessungswesens in Drucksachen 4/53 und 4/530 wurden Änderungsanträge der Fraktion der PDS in Drucksache 4/743 und der Fraktion der SPD in Drucksache 4/744 verteilt.
Zu TOP 2 ist Ihnen mitzuteilen, da die Abgeordnete Jung erkrankt ist, wird die Vorsitzende des Ausschusses, Abgeordnete Thierbach, die Berichterstattung übernehmen.
Zu TOP 13: Der angekündigte Wahlvorschlag der Fraktion der PDS, Wahl von Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission, hat die Drucksachennummer 4/738.
Zu TOP 15 - Fragestunde - kommen folgende Mündliche Anfragen hinzu: die Drucksachen 4/728/ 729/730/732 und 734.
Weiterhin hat die Landesregierung angekündigt, zu den Tagesordnungspunkten 7, 8 und 12 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 GO Gebrauch zu machen.
Die Fraktionen sind dahin gehend übereingekommen, die Tagesordnungspunkte 13, Wahl von Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission, und den Tagesordnungspunkt 14, Wahl von Vertrauensleuten für die Ausschüsse zur Wahl der ehrenamtlichen Richter bei den Verwaltungsgerichten des Freistaats Thüringen, unabhängig von der Abarbeitung der Tagesordnung nach der Fragestunde aufzurufen. Außerdem besteht Einvernehmen, schon während der Auszählung der Stimmen für die Wahlausschüsse der Verwaltungsgerichte mit der Tagesordnung fortzufahren, damit wir die umfangreiche Tagesordnung heute am Donnerstag bewältigen können.
Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der von mir genannten Ergänzungen widersprochen? Das ist offensichtlich nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung festgestellt und ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 1 in den Teilen
a) Thüringer Gesetz zur Neuorganisation des Kataster- und Vermessungswesens Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/53
b) Zweites Thüringer Gesetz zur Neuorganisation des Katasterund Vermessungswesens Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/530 dazu: Beschlussempfehlung des Aus schusses für Bau und Verkehr - Drucksache 4/702 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/743 Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/744 ZWEITE BERATUNG
Berichterstatter aus dem Ausschuss für Bau und Verkehr ist der Abgeordnete Schugens und ich bitte den Berichterstatter, uns zu berichten.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich darf den Bericht geben. Dem Ausschuss für Bau und Verkehr lagen der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuorganisation des Kataster- und Vermessungswesens aufgrund eines Beschlusses vom 9. September 2004 zur Beratung vor. Diese Gesetzesinitiative enthielt im Wesentlichen die Regelungen zur Verlagerung der für Vermessungsarbeiten für Private und Kommunen auf Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure als Beliehene. Dazu liegt Ihnen die Drucksache 4/53 vor. Ferner lag dem Ausschuss aufgrund eines Beschlusses vom 27. Januar 2005 der Entwurf eines Zweiten Thüringer Gesetzes zur Neuorganisation des Kataster- und Vermessungswesens in Drucksache 4/530 vor. Diese Gesetzesinitiative zielt auf die Neustrukturierung der Katasterverwaltung im Sinne einer Zweizügigkeit ab. Unterhalb des Ministeriums wird es nur noch ein Landesamt mit unselbständigen Außenstellen geben. Der Ausschuss für Bau und Verkehr hat zu beiden Entwürfen mehrfach beraten und jeweils schriftliche Anhörungsverfahren der Fachverbände und kommunalen Spitzenverbände durchgeführt. Zum ersten Gesetzentwurf hat die Landesregierung umfassend zu den Änderungsvorschlägen Stellung genommen. Im Hinblick auf die neuere verfassungsrechtliche Rechtsprechung zu kommunalem Anhörungsrecht nach Artikel 91 Abs. 4 unserer Landesverfassung hat der Ausschuss zum zweiten Gesetzentwurf ein besonderes Verfahren beschritten. Dem Ausschuss lagen ergänzend die Stellungnahmen vor, die die Verbände gegenüber der Landesregierung zum Referentenentwurf abgegeben hatten und eine Bewertung dieser Änderungswünsche seitens der Landesregierung, ferner ein Bericht des Thüringer Ministers für Bau und Verkehr zu Grundfragen der Neuorganisation des Katasterwesens. Diese Mate
rialien hat der Ausschuss ausdrücklich zum Gegenstand der Anhörung gemacht und damit den kommunalen Spitzenverbänden die Gelegenheit zur Äußerung hinsichtlich möglicher Regelungsalternativen gegeben. Darüber hinaus haben sämtliche Fraktionen schon zum Anhörungsverfahren ihre möglichen Fragen vorgelegt. Auch diese Fragen und Regelungsmöglichkeiten wurden zum Gegenstand der Anhörung. Ich möchte an dieser Stelle den Fraktionen, dem Thüringer Minister für Bau und Verkehr und der Landtagsverwaltung, hier ganz besonders Herrn Poschmann, für die kooperative Art der Zusammenarbeit danken.
Schon zum Zeitpunkt der zweiten Anhörung lag im Übrigen den Anzuhörenden eine Zusammenfassung beider Gesetzentwürfe vor, die die Lesbarkeit des Gesetzes erleichtert haben. Damit konnte der ganze Prozess beschleunigt werden.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend kann über die Ergebnisse der Anhörung gesagt werden, dass eine grundlegende Reform des Kataster- und Vermessungswesens allgemein gewünscht und begrüßt wurde. Zustimmung hat grundsätzlich auch der gewählte Entwurf gefunden. Im Einzelnen wurde allerdings gefragt, inwieweit Kommunen zu eigenständigen Vermessungen berechtigt sein sollten, ferner, ob mit der gegebenen neuen Struktur der Liegenschaftsund Katasterverwaltung abschließend zukunftsweisende organisatorische und institutionelle Voraussetzungen für kostengünstige Zugriffe auf Geoinformationsdaten möglich würden. Der Ausschuss hat mehrheitlich beschlossen, die beiden Gesetzentwürfe zusammenzufassen und eine neue Fassung zur Annahme zu empfehlen. Die vom Ausschuss empfohlenen Änderungen betreffen insbesondere folgende Fragen:
In Artikel 1 des Gesetzes, dem Thüringer Gesetz über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, soll anstelle der vorgesehenen Partnerschaften die Möglichkeit der gemeinsamen Berufsausübung in Form von Arbeitsgemeinschaften erhalten bleiben. Grundsätzlich erscheinen die Regelungen der Arbeitsgemeinschaften besser handhabbar, da bei der Arbeitsgemeinschaft klare Rechtsverhältnisse herrschen. Ferner wurde in den Empfehlungen aufgegriffen, die Verpflichtung zur Bestellung einer Vertretung für den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur erst ab einer Abwesenheit von drei Wochen zu fordern. Damit sollen übliche Urlaubsregelungen unproblematisch und unbürokratisch möglich sein, dies in § 10 Abs. 1. Ferner empfiehlt der Ausschuss, die Arten der vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen zu reduzieren und Vorgaben für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen zu formulieren.
Der Ausschuss empfiehlt damit klare und handhabbare Regelungen, die ihrerseits wesentliche Fragen der Berufsausübung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure enthalten. Dies soll in § 12 Abs. 2 geregelt sein. Gleichzeitig wurde die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen in § 23 entsprechend angepasst.
Darüber hinaus wurden Einzelheiten der Voraussetzung zur Entlassung aus dem Amt in Artikel 19 Abs. 1 Nr. 4 präziser geregelt und bei der Entlassung aus dem Amt zwischen den Fällen einer endgültigen und einer vorläufigen Entlassung differenzierter und spezifizierter unterschieden. Für den Fall einer lediglich vorläufigen Entlassung wurde ein besonderes Rechtsregime vorgesehen, dies in § 20 Abs. 1. Dadurch soll sichergestellt werden, dass im Falle einer lediglich vorläufigen Amtsenthebung eine Fortführung des Unternehmens auch im Hinblick auf die dort beschäftigten Mitarbeiter möglich wird. Neu eingefügt hatte der Ausschuss in Artikel 8 eine Überprüfungsklausel. Danach wird die Landesregierung verpflichtet, zum Ende des Jahres 2006 dem Landtag einen Bericht zu Erfahrungen mit der Anwendung des Gesetzes vorzulegen. Die Landesregierung hat dabei insbesondere über die Erfahrungen der funktionalen, organisatorischen und örtlichen Gliederung der Verwaltung, über die Verbesserung der kostengünstigen Bereitstellung der verschiedenen Geodaten für die Nutzung und die Entwicklung der beruflichen Stellung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure zu berichten. Sie nimmt dabei auch zur Notwendigkeit der Gesetzesänderung mit dem Ziel der Zusammenführung aller das Kataster- und Vermessungswesen betreffenden Gesetze in einem Gesetz Stellung. Ihnen ist bekannt, diese Forderung gibt es seit geraumer Zeit. Mit dieser Empfehlung berücksichtigt der Ausschuss die in den Anhörungen deutlich gewordenen Wünsche nach einer weiteren Reform. Er empfiehlt aber zugleich die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfs, um so der Tätigkeit der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure die notwendige Sicherheit und Rechtsklarheit, und dies schnellstmöglich, zu schaffen.
Dem Ausschuss lagen zwei weitere Änderungsanträge vor. Diese zielten darauf ab, einen zweistufigen Aufbau mit dem zuständigen Ministerium als oberste Behörde und acht Katasterämtern in jeweils unterer und eigenständiger Behörde vorzusehen bzw. die kommunale Ebene zu stärken. Diese Anträge hat der Ausschuss mehrheitlich abgelehnt.
Ich danke Ihnen für den Bericht und eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Hauboldt von der PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sollte man dem Thüringer Ministerium für Bau und Verkehr auf der Grundlage des heute vorliegenden Gesetzentwurfs Fleiß bescheinigen oder nicht? Ich meine, nein.
Nur eingangs, meine Damen und Herren, zwei Bemerkungen: neues Ministerium, alte ungelöste Probleme, gleicher Minister. Es geht auch nicht, wie hier schon erwähnt, um Quantität, sondern viel mehr um Qualität.
Uns liegen nun die Gesetzentwürfe aus dem Ministerium vor, denen es insgesamt an etwas mangelt, nämlich an Mut und Reformwillen. Ich möchte nur erinnern, auf dem gestrigen parlamentarischen Abend haben Sie, Frau Kollegin Lieberknecht, es selbst erwähnt, Sie haben Mut für Reformen gefordert und dies lassen Sie, meine Damen und Herren, hier mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vermissen. Ich will kurz darstellen, warum dies so ist.
Das uns heute zur Abstimmung vorliegende Gesetz zur Neuorganisation des Kataster- und Vermessungswesens ist kein wahrhaftiger Fortschritt, sondern aus Sicht der PDS-Fraktion nur Flickschusterei, was schon der eigentlich gegangene ungewöhnliche Verfahrensweg andeutet. Da kann man natürlich, einige kennen sich in diesem Metier aus, Bezugspunkte zum Schach herstellen. Der erste Gesetzentwurf, ich will das nur noch einmal in Erinnerung rufen, wurde ja vor anderthalb Jahren vorgelegt. Das könnte man zum Beispiel mit einer Hängepartie vergleichen.
Den zweiten Gesetzentwurf kann man damit vergleichen, dass hier eine Rochade vorgenommen wurde, indem der Turm in die Mitte gestellt wird das wäre das Landesvermessungsamt, mittig platziert - und der König, Sie haben gesagt, das ist korrekt, der geht in die Verteidigungsstellung - dazu will ich keinen Bezug herstellen -, der wird in die Ecke gerückt und die Bauern - das wären die Katasterämter werden geopfert, um irgendwie hier den Erfolg zu bringen. Ich denke, das kann es letztendlich nicht
sein. Das Resümee kann deshalb nur lauten: Aufgabe erkannt, aber das Ziel verfehlt, meine Damen und Herren. Thüringen braucht konstruktiv durchdachte zukunftsfähige Lösungen. In diesem Sinne möchte ich zwei Ansatzpunkte nennen:
Eine grundsätzliche und umfassende Aufgabenkritik hat nicht stattgefunden. Auch Einsparpotenziale und tatsächliche Synergieeffekte sind nicht konkret benannt worden. Vielleicht werden wir jetzt noch eines Besseren belehrt. Was stattgefunden hat, ist einmal mehr eine konzeptionslose Zusammenlegung von Ämtern. Den Katasterämtern wird ihre Selbständigkeit genommen, sie werden zu Dienststellen deklariert. Folglich haben sie keine Amtsleiter mehr, sondern nur noch Dienststellenleiter. Aber an den Prozessen an sich wird sich nichts ändern. Ich hatte es in der ersten Beratung bereits erwähnt, diesbezüglich kann man eigentlich nur von einer so genannten Türschildaktion sprechen, während Einsparpotenziale letztendlich nicht erkennbar sind.
Vom Übergang der dreistufigen zur zweistufigen Verwaltung kann hier ebenfalls keine Rede sein. Vielmehr schafft die Landesregierung durch das Zusammenlegen des Landesvermessungsamts und der Katasterämter zu einem Amt für Vermessung und Geoinformation eine Mammutbehörde - meine Damen und Herren, im Ausschuss haben die schriftlichen Anhörungsverfahren mehrfach darauf hingewiesen, ich erinnere nur an die Kritiken der Vereine und Verbände genau zu dieser Aussage -, die sich schwer lenken lässt und keinerlei Nutzen für die Bürger bewirkt. Der Bürgernähe wird doch damit nicht Rechnung getragen. Auch wird damit eine Verwaltungsverschlankung nicht erreicht. Von gleicher Fragwürdigkeit ist der Kabinettsbeschluss, ich glaube, aus dem Jahre 2002, Dezember, mit dem die Zahl der Katasterämter von 35 auf acht mit neun Außenstellen reduziert wurde. Nicht genug, dass das Ministerium hier eigentlich vorbei am Landtag entschieden hat, nun soll im Nachhinein per Gesetz dieser Mangel beseitigt werden. Eine Anpassung der Liegenschaften hat bis heute nicht stattgefunden. Die in der Begründung erwähnten Einspareffekte sind damit auch auf der Strecke geblieben. Ich erinnere auch an die Diskussion hinsichtlich der Bundesratsinitiativen zur Frage Bodenmanagement. Dazu möchte ich nachher noch einige Ausführungen machen.
Ein tragfähiges Konzept für Thüringen wird dadurch eben nicht hergestellt. Thüringen ist überverwaltet. Die hohe Verschuldung, meine Damen und Herren, macht das Land finanziell handlungsunfähig und engt
den Gestaltungsspielraum von Politik erheblich ein. Hier muss angesetzt werden. Die Zauberworte heißen Deregulierung, Bürokratieabbau, Transparenz, Bürgernähe und Demokratiezuwachs. So ist bei jedem Gesetzentwurf, also auch bei dem gegenständlichen, zu prüfen, ob Bedarf für eine Verlagerung von Aufgaben besteht. In diesem Sinne ist eine Übertragung der Kataster- und Vermessungsaufgaben auf Landkreise und kreisfreie Städte anzustreben. Sachliche Gründe, die gegen eine Kommunalisierung sprechen, hat die Landesregierung bis heute nicht vorgetragen und sind uns auch durch die Verbände nicht mitgeteilt worden. Wir fordern, dass die Katasterverwaltung in Thüringen unter strikter Beachtung des Konnexitätsprinzips in kommunaler Trägerschaft organisiert wird, und - das sage ich eindeutig - das auch zu 100 Prozent.
In Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg hat sich die Kommunalisierung im Wesentlichen bewährt. Aber auch die Zusammenlegung von Grundbuchämtern und Katasterämtern eben zu diesen Bodenmanagementämtern, wie sie auf Bundesebene gerade diskutiert werden, spricht genau für unsere Forderung. Arbeitnehmer, die die übertragenen Aufgaben bisher wahrgenommen haben, sollen in den Dienst der kommunalen Gebietskörperschaften übernommen werden. Die erforderlichen Personalumsetzungen sollen in einer für die Kommunen annahmefähigen und für die betroffenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes verträglichen und übersichtlichen Form erfolgen. Hier besteht aus unserer Sicht noch Diskussions- und Verhandlungsbedarf. Genannt sei das Stichwort Kommunalpakt. Das Land und die kommunalen Spitzenverbände bestimmen im Einvernehmen miteinander, wie die Personalüberleitungen vollzogen werden.
Die bisherige Doppelstruktur im Thüringer Katasterund Vermessungswesen belastet einerseits den Haushalt, andererseits befinden sich die zurzeit im Land Thüringen tätigen Vermessungsingenieure, 79 sind es wohl an der Zahl, in direkter Konkurrenz zu den Aufgaben der Kataster- und Vermessungsbehörden. Daher, meine Damen und Herren, begrüßen wir die Auslagerung der Vermessungsaufgabe auf die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure. Damit werden Doppelstrukturen beseitigt, klare Zuständigkeiten und Transparenz geschaffen. Dafür treten wir im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und auch der Wirtschaft ein. Auch hier verweise ich noch mal auf die schriftlichen Stellungnahmen der Verbände dazu.
Aber wir gehen mit unserer Forderung noch weiter. Wir setzen uns für eine strikte Aufgabentrennung ein, das heißt, auch die Träger der unmittelbaren Landesverwaltung müssen sich mit ihren Katasterund Vermessungsvorhaben an die Freiberufler wen
den. Der Konflikt zwischen den Interessen der Kommunen und den Interessen des Verbandes der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure ist auch uns ersichtlich. Dennoch fordern wir, dass die Vermessungsaufgaben gänzlich von den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren wahrzunehmen sind.
Lassen Sie mich noch kurz einige Gründe dazu aufzeigen. Das Vorhaben von Messtrupps allein für Katastervermessungsvorhaben von Trägern der unmittelbaren Landesverwaltung ist wirtschaftlich aus unserer Sicht nicht sinnvoll. Auch das stützt unsere Forderung nach vollständiger Verlagerung der Vermessungstätigkeit auf die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure. Durch die vollständige Übernahme der Vermessungstätigkeit wird eine Konzentration der Vermessungs- und Katasterverwaltung auf die Führung und Überprüfung des Liegenschaftskatasters ermöglicht. Hier hat Thüringen - das ist uns auch mehrfach bescheinigt worden - noch enorme Defizite, die es aufzuholen gilt. In diesem Bereich kann dann auch nur das Fachpersonal gebündelt werden.
Erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, abschließend noch eine Bemerkung. Thüringen ist das einzige Bundesland, das sich nunmehr den Luxus erlaubt, vier Gesetze auf dem Gebiet des Katasterund Vermessungswesens zu haben. Von Deregulierung keine Spur. Auch hier erinnere ich noch mal, wo letztendlich der Mut auch für sinnige Strukturen, für sinnige Reformen erkennbar sein soll. Die lange Zeit, die das Gesetzgebungsverfahren nun in Anspruch genommen hat, hätte genutzt werden können und müssen, um ein modernes, zukunftsorientiertes Gesetz im Bereich des Thüringer Kataster- und Vermessungswesens zu schaffen. Im Interesse derjenigen, die mit diesem Gesetz arbeiten und leben müssen und es auch praktisch anwenden müssen, wäre dies eigentlich ein wahrer Fortschritt gewesen. Diese Chance hat die Landesregierung in anderthalb Jahren leider leichtfertig verschlafen. Ich danke Ihnen.