Protocol of the Session on October 7, 2004

Meine Damen und Herren Abgeordneten, sehr verehrte Mitglieder der Landesregierung, sehr geehrte Medienvertreter, liebe Gäste, ich begrüße Sie recht herzlich heute Morgen zur Eröffnung der 4. Plenarsitzung des Thüringer Landtags. Ich freue mich besonders, dass ich Sie heute nicht begrüßen muss, um zum 55. Mal den Tag der Republik zu feiern, sondern dass wir eine Debatte hier eröffnen können in einem frei gewählten Plenum.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Schriftführer haben neben mir Platz genommen die Abgeordnete Ehrlich-Strathausen und die Abgeordnete Frau Holbe.

Es haben sich für die heutige Sitzung Ministerpräsident Althaus, Minister Wucherpfennig und der Abgeordnete Döring entschuldigt.

Ich möchte zu Beginn dieser Sitzung besonders herzlich Herrn Mike Huster gratulieren, der heute Geburtstag feiert. Alles Gute für Sie.

(Beifall im Hause)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesvertretung des Vereins Deutscher Ingenieure hat heute zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, der nach dem Ende dieser Plenarsitzung gegen 20.00 Uhr stattfinden wird und zu dem ich Sie recht herzlich einladen möchte.

Ich möchte Ihnen ferner bekannt geben, dass der Ältestenrat gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung weiteren Medienvertretern eine Dauerarbeitsgenehmigung für die 4. Wahlperiode für Bildund Tonaufnahmen im Plenarsaal erteilt hat:

- Herrn Lutz Gerlach (MDR Radio Thüringen), - Herrn Michael Reichel (Fotograf "Freies Wort") und - Herrn Mario Gentzel (freier Fotograf).

Darüber hinaus habe ich aufgrund der Dringlichkeit gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung Herrn Michael Helbing vom Radio LOTTE Weimar sowie der Fotografin Antje Kaunzner für die heutige und die morgen stattfindende Plenarsitzung eine Sondergenehmigung erteilt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte noch einen Hinweis zur Tagesordnung geben.

Zu den Punkten 3 a und b: Die Fraktionen haben sich dahin gehend verständigt, ihren gemeinsamen Gesetzentwurf in Drucksache 4/211 in der heutigen Plenarsitzung in erster und zweiter Beratung und in der morgigen Plenarsitzung in dritter Beratung gemeinsam mit der zweiten Beratung des gemeinsamen Gesetzentwurfs in Drucksache 4/212 zu behandeln und dazu die Fristen zu verkürzen. Widerspricht dem jemand? Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann werden wir so verfahren.

Ich möchte Ihnen weiterhin mitteilen, dass zu TOP 20 - Fragestunde - folgende Mündliche Anfragen hinzukommen: Das sind die Ihnen vorliegenden Drucksachen 4/141, 4/197, 4/198, 4/202, 4/208, 4/209, und 4/214.

Ferner hat die Landesregierung angekündigt, zu den Tagesordnungspunkten 15, 17, 18 und 19 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Ihnen liegt die Tagesordnung vor. Ich habe Ihnen Ergänzungen zur Tagesordnung genannt. Gibt es weitere Anträge zur Tagesordnung? Bitte, Herr Abgeordneter.

Namens der Fraktion der PDS beantrage ich, die Drucksache 4/200 "Thüringer Kommunalwahlrechtsmodernisierungsgesetz", eingereicht in der Frist nach § 51 der Geschäftsordnung, auf die Tagesordnung zu setzen und sie am Ende der bisherigen Gesetzesberatungen einzuordnen. Ich beantrage gleichzeitig, den Antrag der PDS in Drucksache 4/221 "Reform der Kultusministerkonferenz" mit Fristverkürzung auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Ich bitte darum, zur Fristverkürzung Frau Dr. Klaubert das Wort zu erteilen.

Gibt es weitere Anträge? Bitte, Herr Höhn.

Die SPD-Fraktion beantragt, folgende Drucksachen in die Tagesordnung für das Plenum aufzunehmen: "Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinderund Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes" (Familien- förderungsgesetz) in Drucksache 4/186, zum Zweiten den Antrag der SPD-Fraktion "Konzept der Landesregierung zur Schaffung großer und kostengünstiger Strukturen in der Wasser- und Abwasserwirtschaft Thüringen" in Drucksache 4/183. Hier beantrage ich gemeinsame Beratung mit dem TOP 5 der

bisherigen Tagesordnung. Weiterhin beantrage ich, den Antrag "Einrichtung einer Härtefallkommission nach dem neuen Zuwanderungsgesetz" in Drucksache 4/184 in die Tagesordnung aufzunehmen. Ich beantrage weiterhin den Antrag "Keine Auflösung eines Landgerichts und einer Staatsanwaltschaft in Thüringen" in Drucksache 4/218 aufzunehmen. Hier ergeht ebenfalls der Antrag auf Fristverkürzung. Die Begründung für die Dringlichkeit würde ich dann selbst vornehmen.

Herr Abgeordneter Stauch.

Frau Präsidentin, wir beantragen für den Tagesordnungspunkt 4 erste und zweite Beratung an den beiden Plenartagen. Auch dazu gab es schon entsprechende Vorverständigungen im Ältestenrat. Wir bitten, die Tagesordnungspunkte 6 und 16 in gemeinsamer Aussprache aufzurufen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, wir kommen zur Abstimmung, zuerst über den Antrag der SPD in Drucksache 4/186 "Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes" (Familienförderungsgesetz), diesen Antrag in die Tagesordnung aufzunehmen. Wer ist dafür, diesen Punkt in die Tagesordnung aufzunehmen? Das ist die übergroße Mehrheit. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt aufgenommen. Es wurde beantragt, diesen Tagesordnungspunkt zu beraten nach den Gesetzentwürfen, die angegeben sind. Wer stimmt dem zu? Gut, dann wird das entsprechend in die Tagesordnung aufgenommen.

Der nächste Antrag, über den ich abstimmen lasse, ist der Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/183, "Konzept der Landesregierung zur Schaffung großer und kostengünstiger Strukturen in der Wasser- und Abwasserwirtschaft Thüringen". Wer ist dafür, diesen Punkt in die Tagesordnung aufzunehmen? Das ist die übergroße Mehrheit. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt aufgenommen. Es ist beantragt, diesen Tagesordnungspunkt gemeinsam mit TOP 5 der bisherigen Tagesordnung zu behandeln in gemeinsamer Aussprache. Wer ist für diese Platzierung? Gut, dann wird er entsprechend gemeinsam mit TOP 5 behandelt.

Wir kommen zu dem nächsten Antrag der SPD "Einrichtung einer Härtefallkommission nach dem neuen Zuwanderungsgesetz" in Drucksache 4/184. Wer ist für die Aufnahme dieses Tagesordnungspunkts? Damit ist er aufgenommen. Auch dieser

Tagesordnungspunkt sollte nach den bisherigen Anträgen behandelt werden, also wäre nach 19 einzuordnen. Wer ist für diese Einordnung? Dann wird entsprechend die Rangfolge vorgenommen.

Wir kommen zum Antrag der PDS in Drucksache 4/200 "Thüringer Kommunalwahlrechtsmodernisierungsgesetz". Das soll aufgenommen werden in die Tagesordnung. Wer ist dafür, diesen Antrag aufzunehmen? So, damit ist dieser Antrag nicht aufgenommen.

(Zwischenruf Abg. Lieberknecht, CDU: Wir enthalten uns.)

Wer enthält sich der Stimme? Gibt es Gegenstimmen? 3 Gegenstimmen. Damit ist dieser Antrag angenommen. Die Platzierung nach den bisherigen Anträgen, wer ist für diese Platzierung nach den Gesetzen? Der Antrag ist angenommen in dieser Reihenfolge.

Wir kommen damit zum nächsten Antrag, das ist der Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/218 "Keine Auflösung eines Landgerichts und einer Staatsanwaltschaft in Thüringen". Hier wäre Fristverkürzung angesagt. Es hat sich der Abgeordnete Höhn gemeldet, um die Dringlichkeit und begründen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Dringlichkeit unseres Antrags gibt es zwei Gründe. Wir haben am 9. September hier von dieser Stelle vom Ministerpräsidenten die Ankündigung gehört, ein Landgericht und eine Staatsanwaltschaft in Thüringen zu schließen. Wir haben in der Zeit danach vom zuständigen Minister gehört, dass sich eine Kommission bis zum Ende des I. Quartals 2005 mit dieser Evaluierung der Standorte beschäftigen soll und wir haben am 1. Oktober, also letzte Woche Freitag, im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zur Kenntnis genommen, dass der zuständige Staatssekretär dort das Ende dieser Evaluierungszeit der Kommission schon auf den 30. November festgelegt hat. Das heißt mehr als eine Halbierung der Zeit, wo man sich mit diesen Strukturen beschäftigen soll. Das ist der erste wesentliche Grund, warum wir der Meinung sind, dass dieser Antrag heute hier auf die Tagesordnung kommen und entsprechend beraten werden muss.

Der zweite Grund, meine Damen und Herren, geht wesentlich tiefer. Wir alle wissen, unser Staatsgefüge ruht auf drei Säulen, Legislative, deren Bestandteil dieses hohe Haus ebenfalls ist, Exekutive und Judikative. Vor allem letztere können ihre Aufgabe nur dann erfüllen, wenn sie frei und unabhängig ihren Job tun und entsprechende Ermittlungen und

Verfahren durchführen können. Wir haben als Abgeordnete dieses hohen Hauses nach unserer Auffassung ganz einfach die Pflicht zu verhindern, dass auch nur der leiseste Verdacht einer politischen Einflussnahme auf Entscheidungen und Tätigkeiten der Judikative überhaupt aufkommen kann.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage das deshalb, meine Damen und Herren, weil wir in der vergangenen Legislatur schon mehrmals leider zur Kenntnis nehmen mussten, dass es diese politische Beeinflussung in die Arbeit der Justiz in Thüringen gegeben hat.

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Schwachsinn!)

Herr Abgeordneter Höhn, Sie sollten zur Dringlichkeit sprechen.

Richtig! Weil wir diesen Verdacht einer politischen Einflussnahme nicht aufkommen lassen dürfen, dazu sind wir verpflichtet, ist es unsere Aufgabe als Thüringer Landtag, lieber jetzt als nachher, lieber heute als morgen, über einen solchen Antrag abzustimmen, damit auch in Zukunft die Justiz in Thüringen frei und unabhängig agieren kann. Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Gibt es Gegenrede? Bitte, Herr Abgeordneter Carius.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Höhn, Sie haben ganz offensichtlich kein Vertrauen in die Regierung und schon gar nicht in die Richter, die in dem Expertengremium darüber befinden sollen, welches Gericht nach welchen Faktoren abgeschafft oder vielmehr zusammengelegt werden soll.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ah!)

In der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten am 9. September

(Unruhe bei der SPD)

erklärte er unter Punkt 5, ich darf zitieren, Frau Präsidentin: "Wir verschlanken die Justizverwaltung. In der

laufenden Legislaturperiode verringert sich die Zahl der Amtsgerichte von bislang 30 auf 25. Eines von derzeit 4 Landgerichten wird aufgelöst, ebenso eine von 4 Staatsanwaltschaften." Frau Präsidentin, ich fahre im Zitat fort, und zwar aus der Replik des Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herrn Matschie. Hier heißt es: "Lassen Sie uns über wirklichen Abbau von Bürokratie reden. Belassen wir es nicht dabei, Ämter zusammenzulegen oder hin- und herzuschieben". Punkt.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Sie müssen bis zum Ende zitieren!)

Es ist seitdem ein Monat verstrichen. Natürlich haben sich erste Proteste formiert, das Expertengremium tagt mittlerweile. Der Justizausschuss hat sich übrigens nicht auf Antrag der SPD-Fraktion mit dem Thema bereits ausführlich beschäftigt. Das Einzige, was sich wirklich verändert hat, ist hier offensichtlich das Motto der Replik der SPD, die zunächst sagte, zu kurz gesprungen, Herr Ministerpräsident, und jetzt sich in die Reihe der Besitzstandswahrer wieder zurückfügt.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Biss- chen primitiv.)

Warum sie dann nicht gleich...

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Es geht um die Unabhängigkeit der Justiz!)

Das hat mit der Unabhängigkeit der Justiz zunächst erst einmal gar nichts zu tun. Warum Sie noch nicht einmal die Amtsgerichte dann auch noch gleich verteidigen oder eine Rücknahme der Regierungserklärung fordern, das, meine Damen und Herren, bleibt offensichtlich Ihr Rätsel. Die einzige Dringlichkeit, die hier gegeben ist, ist, dass Sie sich entscheiden müssen, ob Sie Besitzstandswahrer sein wollen, oder ob Sie an dieser Reform dieses Landes mit teilhaben wollen.

Meine Damen und Herren, ich empfehle die Ablehnung dieses Antrags.