Protocol of the Session on April 22, 2005

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie alle sehr herzlich willkommen zu unserer heutigen 16. Plenarsitzung des Thüringer Landtags. Ich eröffne die Sitzung, ich begrüße unsere Gäste auf der Zuschauertribüne, unsere Medienvertreter. Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen Herr Abgeordneter Dr. Krause und die Rednerliste wird von der Abgeordneten Wolf geführt. Für die heutige Sitzung liegen mir Entschuldigungen vor von Herrn Minister Wucherpfennig, von Herrn Abgeordneten Ohl und von der Abgeordneten Thierbach.

Ich rufe als Erstes heute auf den Tagesordnungspunkt 16

Bericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2004 dazu: Unterrichtung durch die Prä- sidentin des Landtags - Drucksache 4/803 -

Ich erteile der Abgeordneten Zitzmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich oder mündlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Dieses Grundrecht fand im Jahr 2004 seinen Ausdruck in 956 Eingaben an den Petitionsausschuss des Thüringer Landtags. Zusammen mit 579 Eingaben aus den Vorjahren waren somit 1.535 Petitionen zu bearbeiten. Damit bleibt die Zahl der Neueingaben des Petitionsausschusses ungeachtet einer geringen Steigerung gegenüber dem Vorjahr etwa auf dem Niveau, auf dem sich die Neueingaben seit 1999 bewegen. Dies zeigt, dass die Arbeitsbelastung des Ausschusses in den letzten Jahren nicht zurückgegangen ist. Das konnten Sie schon dem schriftlichen Arbeitsbericht des Petitionsausschusses entnehmen, der mit der Unterrichtung der Präsidentin vom 13.04.2005 - Drucksache 4/803 - als Broschüre verteilt wurde und einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit des Petitionsausschusses gibt. Mit der heutigen Berichterstattung sollen ausgewählte Punkte der Ausschussarbeit dargestellt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das neue Outfit des schriftlichen Berichts soll dazu anregen, sich mit der Praxis des Petitionsrechts näher zu be

schäftigen. Ein guter Inhalt braucht eben auch eine gute Verpackung. Diese Einsicht fiel dem Ausschuss nicht schwer, denn die neue Verpackung kostet weniger als die alte. Außerdem sieht der Leser mit dem Foto des Ausschusses auf der Broschüre nun, mit wem er es zu tun hat. Er hat es mit neun Abgeordneten zu tun, die in acht Ausschuss-Sitzungen 992 Petitionen behandelt haben, 873 davon abschließend. Annähernd drei Viertel der abgeschlossenen Petitionen konnte der Ausschuss damit erledigen, dass den Anliegen entsprochen wurde oder durch Informationen aufgeklärt, durch Weiterleitung an zuständige Stellen unterstützt sowie auf eine Problematik überhaupt aufmerksam gemacht wurde. Bei 156 Eingaben stellte der Petitionsausschuss fest, dass dem vorgebrachten Anliegen nicht abgeholfen werden kann. Den größten Anteil nahmen die Petitionen zur Rechtspflege mit 18,5 Prozent ein. Schwerpunkte waren hierbei der Strafvollzug und gerichtliche Verfahren. Mit einem Anteil von 15,2 Prozent und 10,4 Prozent folgen die Eingaben zu den Sachgebieten Arbeit, Soziales und Gesundheit sowie Wissenschaft, Bildung und Kultur. Hier waren im Wesentlichen Sozialhilfe und Rente sowie Schulen und die Kommunalisierung der Schulhorte Gegenstand der Eingaben. Mit einem Anteil von 8,6 Prozent sind die Eingaben zu kommunalen Angelegenheiten um gut ein Drittel zurückgegangen. Wasser und Abwasser bildeten hier vor allem im ersten Teil des Jahres den Brennpunkt. Aktuelle Tendenzen zeigen einen erneuten Anstieg der Petitionen in diesem Bereich. Mit 85 Sammel- und Massenpetitionen haben sich über 10.000 Bürgerinnen und Bürger an den Ausschuss gewandt. Schwerpunkte waren hierbei die Kommunalisierung der Horte; die Ankündigung, ein Landgericht und mehrere Amtsgerichte zu schließen; die Abschaffung der Beiträge für Wasser und Abwasser sowie der Zusammenschluss von Zweckverbänden und deren stärkere staatliche Kontrolle und die Einführung der Praxisgebühr für Beamte. Gut ein Zehntel der Petitionen wurde 2004 mündlich vorgetragen. Die Tendenz ist gegenüber 2003 leicht steigend. Das zeigte sich vor allem in den Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses. Die Sprechstunden sind zwar mit einem relativ hohen organisatorischen und zeitlichen Aufwand verbunden, wir möchten sie aber nicht missen. Mit seinen Sprechstunden will der Petitionsausschuss aber mündliche Petitionen erleichtern. Sie können sich sicher vorstellen, dass das persönliche Gespräch geschätzt wird, unabhängig davon, ob dem Anliegen entsprochen werden kann. Die Sprechstunden gibt es seit 1991. Nachdem der Petitionsausschuss der 1. Legislaturperiode mit den Sprechstunden begonnen hatte, begannen auch die Petitionsausschüsse anderer Landtage und des Deutschen Bundestages Bürgersprechstunden anzubieten.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die 12.800 € seines Härtefonds wendete der Petitionsausschuss sieben Petenten wegen eines außergewöhnlichen Notstands zu. Diese Entscheidungen sind nicht leicht. Der Petitionsausschuss prüft deshalb sorgfältig, wer und in welcher Höhe etwas aus dem Härtefonds erhält. Um die knappen Mittel möglichst gerecht zu verteilen, werden Mitglieder des Ausschusses nach Möglichkeit beauftragt, bei einem Besuch in einem persönlichen Gespräch festzustellen, wer am dringendsten auf Hilfe angewiesen ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Strafvollzugskommission behandelt als ständiger Unterausschuss des Petitionsausschusses die ihr überwiesenen Eingaben. Weiter befasst sie sich mit dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen, freiheitsentziehenden Maßregeln, der Besserung und Sicherung. Sie informiert sich vor Ort. Für diesen Zweck besuchte die Strafvollzugskommission der 3. Wahlperiode im Jahr 2004 die Justizvollzugsanstalt Tonna und die Jugendhilfeeinrichtung am Schiefergrund in Lehesten. Die JVA Tonna ist ein Neubau, der im Januar 2002 in Betrieb genommen wurde. Für die Unterbringung im geschlossenen Vollzug wurden 406 Haftplätze und im offenen Vollzug 60 Plätze errichtet. Die Anstalt ist nach § 152 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz in Verbindung mit der Thüringer Verordnung über den Vollstreckungsplan vom 26.05.2004 zuständig für den Vollzug von Freiheitsstrafen von mehr als zwei Jahren an männlichen Gefangenen sowie für den Vollzug von Freiheitsstrafen an männlichen Gefangenen, gegen die im Anschluss an die Freiheitsstrafe Sicherungsverwahrung angeordnet ist. Aufgrund der hohen Belegung der Thüringer Haftanstalten musste auch die JVA Tonna zusätzlich 40 Gefangene aufnehmen. Die Anstalt hat zu diesem Zweck Einzelhafträume in Hafträume mit Zweierbelegung umfunktioniert. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Mehrfachbelegung von Hafträumen ist immer wieder Thema von Petitionen. Wegen der zu geringen Kapazitäten kann dem Grundsatz der Einzelunterbringung der Gefangenen während der Ruhezeit § 18 Strafvollzugsgesetz nicht immer entsprochen werden. Bis zusätzliche Haftplätze zur Verfügung stehen, wird von den Übergangsbestimmungen für bestehende Anstalten Gebrauch gemacht. Nach § 201 Nr. 3 Strafvollzugsgesetz dürfen abweichend von § 18 Strafvollzugsgesetz mehrere Personen vorübergehend in einem Haftraum gemeinschaftlich untergebracht werden. Unter Berücksichtigung der Entwicklung der Gefangenenzahlen sowie des Einzelunterbringungsgrundsatzes wird es für notwendig erachtet, zeitnah zusätzliche Haftplätze zu schaffen. Derzeit erfolgt in einem zweiten Bauabschnitt die Erweiterung der JVA Tonna. Die Anstalt soll von 466 Haftplätzen auf 673 Haftplätze vergrößert werden. Die Fertigstellung ist für das Frühjahr 2006 vorgesehen.

Die Strafvollzugskommission besuchte weiter die Jugendhilfeeinrichtung am Schiefergrund in Lehesten. Die Einrichtung will die Untersuchungshaft und deren schädliche Wirkungen für straffällig gewordene Jugendliche vermeiden, denn es gibt bessere Alternativen als Mauern. Die Betreuung delinquenter Jugendlicher soll außerdem das Strafverfahren sichern und weitere Straftaten verhindern. Zielgruppe sind männliche und weibliche Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren. Die Einrichtung in Lehesten umfasst 18 Plätze. Beim Besuch der Strafvollzugskommission wurden 9 Jugendliche - darunter ein Mädchen - betreut. Das Konzept „Menschen statt Mauern“ überzeugte die Mitglieder der Strafvollzugskommission. Als Erfolg für straffällig gewordene Frauen aus Thüringen sah es die Strafvollzugskommission an, dass 11 weibliche Thüringer Gefangene, die bisher im offenen Vollzug der JVA Chemnitz einsaßen, im Januar 2004 in den offenen Vollzug der JVA Untermaßfeld verlegt wurden. Sie konnten so ihre Strafe heimatnäher verbüßen. Da in Thüringen keine Justizvollzugsanstalt für Frauen existiert, werden Freiheitsstrafen von weiblichen Gefangenen aus Thüringen auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen den Freistaaten Sachsen und Thüringen in der JVA Chemnitz/Teilanstalt Reichenhain vollstreckt. Deshalb hatte die Strafvollzugskommission im September 2003 die Teilanstalt Reichenhain besucht. Dabei wurde auch die Notwendigkeit einer heimatnahen Unterbringung von weiblichen Gefangenen diskutiert. Zwischenzeitlich werden weibliche Gefangene, die für den offenen Vollzug geeignet sind, nicht mehr nach Sachsen überstellt, sondern heimatnah in Thüringen untergebracht. Dafür hat die JVA Untermaßfeld mit eigenen Mitteln kostengünstig ein eigenes Gebäude als offenes Hafthaus mit 15 Haftplätzen geschaffen. Damit wurde den Anregungen der Strafvollzugskommission Rechnung getragen.

Die Strafvollzugskommission der 4. Wahlperiode hat sich am 12.11.2004 konstituiert. Ihr gehören sechs Mitglieder an. Sie hat am 22.03.2005 das Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Hildburghausen GmbH Maßregelvollzug und die Justizvollzugsanstalt Suhl-Goldlauter besucht.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Zusammenarbeit zwischen dem Petitionsausschuss und dem Bürgerbeauftragten bestimmt sich nach dem Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz. Die vom Bürgerbeauftragten nicht einvernehmlich erledigten Petitionen leitet er gemäß § 5 Abs. 1 Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz dem Petitionsausschuss zu. Im Jahr 2004 waren dies 21. Nach § 6 Abs. 2 Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz nimmt der Bürgerbeauftragte an den Sitzungen des Petitionsausschusses teil. Außerdem unterrichtet er den Petitionsausschuss gemäß § 6 Abs. 1 Thüringer Bürgerbeauf

tragtengesetz monatlich über die Petitionen, die er erhalten hat, bei denen er von einer sachlichen Prüfung abgesehen hat oder die einvernehmlich erledigt wurden.

Sehr geehrte Damen und Herren, seit September kann die elektronische Petitionsakte, die E-Akte, genutzt werden. Die E-Akte bietet zurzeit den Mitgliedern des Petitionsausschusses die Möglichkeit, jederzeit direkt auf den vollständigen Inhalt der Petitionsakten zuzugreifen. Die Mitglieder des Petitionsausschusses nutzen die E-Akte besonders zur Vorbereitung der Ausschuss-Sitzungen. Der Ausschuss verzichtet deshalb zu einem wesentlichen Teil auf die für die Beratung der Petitionen sonst notwendige Vervielfältigung der Akten. Außerdem sind einige Ausschussmitglieder bei der Beratung der Petitionen in den Sitzungen online.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Petitionsanspruch aus Artikel 14 der Landesverfassung beinhaltet für den Petitionsausschuss die Pflicht zur sachlichen Prüfung. Das bedeutet, dass der Ausschuss den Sachverhalt ermitteln und prüfen muss. Um die Informationen zu erhalten, die er für seine Prüfung und abschließende Entscheidung benötigt, besitzt er Befugnisse wie ein Untersuchungsausschuss. Dennoch muss der Ausschuss bei seinen Ermittlungen zuweilen sehr hartnäckig und ausdauernd sein. Das heißt aber nicht, dass er sich mit Sherlock Holmes oder Hercule Poirot vergleichen will. Hält der Petitionsausschuss eine Petition für begründet, kann er an die Landesregierung die Forderung oder Empfehlung richten, dem Anliegen z.B. mit Mitteln der Aufsicht abzuhelfen oder die Abhilfe zumindest zu prüfen. Gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags hat der Petitionsausschuss in diesen Fällen die Möglichkeit, die Eingabe der Landesregierung zu überweisen. Nach § 101 der Geschäftsordnung hat die Landesregierung den Petitionsausschuss innerhalb von zwei Monaten über die Ausführung der Beschlüsse zu berichten. Der Petitionsausschuss macht von den Beschlüssen nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben a und b Geschäftsordnung nur sehr sparsam Gebrauch. In der 3. Wahlperiode überwies er der Landesregierung sechs Petitionen zur Berücksichtigung und zwölf Petitionen zur Erwägung. Demgegenüber traf der Ausschuss in der 3. Wahlperiode insgesamt weit über 3.000 Entscheidungen. Bisher ist die Landesregierung in nur drei Fällen dem Ersuchen des Petitionsausschusses gefolgt. Das zeigt, dass den Beschlüssen nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben a und b kaum gefolgt wird. Darauf hatte der Ausschuss bereits in den Jahresberichten 1997 und 2000 hingewiesen und die Auffassung vertreten, dass seinen Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüssen mehr gefolgt werden sollte. In der 4. Legislatur hat der Ausschuss der Landesregierung bisher zwei

Petitionen zur Berücksichtigung und eine Petition zur Erwägung überwiesen. Die Berichte der Landesregierung hierzu stehen noch aus. Sollten sich die bisherigen Erfahrungen auch in der 4. Wahlperiode wiederholen, werden wir überlegen, wie die Umsetzung der Beschlüsse verbessert werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren, damit die Bürger unseres Landes das Petitionsrecht kennen und wissen, an wen sie sich wenden können, leistet der Petitionsausschuss Öffentlichkeitsarbeit. Der Petitionsausschuss nutzte auch die Veranstaltungen zum Tag der Deutschen Einheit sowie die Bürgersprechstunden in den Landkreisen, das Petitionsrecht und die Arbeit des Ausschusses in Gesprächen mit den Bürgern darzustellen. Die Bürgersprechstunden erhöhen außerdem den Bekanntheitsgrad des Petitionsausschusses. Wer sich ausführlich über die Arbeit des Petitionsausschusses informieren will, kann dafür den Jahresbericht nutzen. Permanent präsent ist der Petitionsausschuss im Internet. Eine andere Form der Öffentlichkeitsarbeit liegt in der Bearbeitung der Petitionen selbst. In fast jedem Petitionsverfahren wird der Petent über den Inhalt der Stellungnahme der Landesregierung informiert. Die Petenten erhalten so Gelegenheit, sich zu der Stellungnahme zu äußern. Gleichzeitig wissen sie, welche Informationen dem Petitionsausschuss vorliegen. Die Arbeit des Ausschusses wird so transparenter und folgt den Grundsätzen des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich nun auf einige Einzelfälle eingehen: Nach einer Zungenoperation konnte ein Petent nur noch Flüssignahrung zu sich nehmen. Zunächst hatte die Krankenkasse einen Teil der Kosten für die Spezialnahrung übernommen. Danach musste der Petent die Kosten selbst tragen, obwohl er nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Anspruch auf die Erstattung der Kosten gehabt hätte. Mit Hilfe des Petitionsausschusses erreichte der Petent, dass die Krankenkasse die Kosten für die Flüssignahrung wieder übernommen und zudem seine bisherigen Auslagen erstattet wurden.

Eine kleinere Gemeinde hatte die Aufstellung eines Bebauungsplans für die von dem Kleingartenverein genutzte Gartenanlage beschlossen. Der Bebauungsplan sah rund 30 Baugrundstücke vor, obwohl ein in der Nähe gelegenes weiteres Baugebiet noch nicht ausgelastet war. Nach § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch haben die Gemeinden bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zunächst zu prüfen, ob die Planung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nach § 1 Abs. 5 Baugesetzbuch hat die Gemeinde bei der Aufstellung der Bebauungspläne insbesondere die Belange von Freizeit und Erholung zu berücksichtigen. Der Petitionsausschuss

konnte im Ergebnis der Behandlung der Petition feststellen, dass der Bebauungsplan in Abstimmung mit der oberen Planungsbehörde in dem laufenden Planverfahren auf acht Bauplätze reduziert wurde. Damit wurde den Bedenken der Kleingärtner Rechnung getragen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Ehepaar hatte seinen Wohnsitz aus beruflichen Gründen nach Baden-Württemberg verlegt. Später erwarben sie in Thüringen ein Haus und zogen wieder um. Der Ehemann behielt jedoch seine Arbeitsstelle und eine Wohnung in Baden-Württemberg bei. Die nun als Werbungskosten geltend gemachten Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung erkannte das Finanzamt nicht an. Das konnte der Petitionsausschuss nicht beanstanden. Weil die doppelte Haushaltsführung nicht beruflich veranlasst war, lagen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung nicht vor. Grundsätzlich kann ein Arbeitnehmer die ihm wegen einer doppelten Haushaltsführung entstandenen notwendigen Mehraufwendungen als Werbungskosten geltend machen. Es reicht aber nicht aus, dass der Arbeitnehmer zwei Hausstände unterhält und am Ort der Beschäftigung wohnt. Zusätzlich muss die auswärtige Tätigkeit auch der Grund für die Aufteilung der Haushaltsführung gewesen sein. Das heißt, die doppelte Haushaltsführung muss beruflich veranlasst sein. Hier wurde die doppelte Haushaltsführung durch den Erwerb des Hauses veranlasst.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Forderung nach der Abschaffung von Herstellungsbeiträgen für Wasser und Abwasser war Inhalt einer Reihe von Petitionen zur Änderung des kommunalen Abgabenrechts. Der von der Landesregierung in der 4. Wahlperiode in den Landtag eingebrachte Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und des Thüringer Wassergesetzes wurde dem Innenausschuss federführend überwiesen. Deshalb beschloss der Petitionsausschuss, diese Petitionen dem Innenausschuss als Material zu überweisen, damit sie bei der Beratung des Gesetzentwurfs berücksichtigt werden konnten. Das vom Landtag beschlossene Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und des Thüringer Wassergesetzes beinhaltet für den Bereich der Wasserversorgung den Verzicht auf die Erhebung einmaliger Beiträge sowie eine Umstellung des Finanzierungssystems auf eine reine Gebührenerhebung. Im Bereich der Abwasserentsorgung hat die Beitragserhebung nach der tatsächlichen Grundstückssituation und damit nach dem konkreten Vorteil zu erfolgen. Den Petitionen wurde mit der Gesetzesänderung im Wesentlichen entsprochen.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit drei Sammelpetitionen und einer Massenpetition aus dem Jahr 2005 wird nun auch die Abschaffung von Beiträgen für Abwasser und Straßenausbau gefordert.

Wegen einer Forderung von 1997 pfändete eine Verwaltungsgemeinschaft im Jahr 2004 das Konto eines Petenten. Da seine Beschwerden unbeantwortet blieben, wandte er sich an den Petitionsausschuss. Der Petitionsausschuss stellte fest, dass die Forderung auf einen Bescheid über wiederkehrende Straßenausbaubeiträge beruhte. Aus dem Bescheid war allerdings nicht zu entnehmen, für welches Grundstück er gelten sollte. Er enthielt weder die Bezeichnung der Flurstücke noch deren Grundstücksgröße oder Nutzungsfaktor. Daher wurde veranlasst, dass die Verwaltungsgemeinschaft umgehend die Kontenpfändung einstellt. Das Innenministerium erteilte der Verwaltungsgemeinschaft rechtsaufsichtliche Hinweise zu den rechtlichen Grundlagen für die Erhebung wiederkehrender Beiträge, der Bescheidgestaltung und zur Verjährung abgabenrechtlicher Forderungen.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Eigentümer eines Wohnhauses beanstandete, dass ein Nachbargrundstück als Rinderweide genutzt wird. Das Grundstück des Petenten befindet sich am Rand eines Wohngebiets. An das Wohngebiet schließen sich Wiesen an, die von einem Landwirt als Rinderweide genutzt werden. Die mit den Kühen auftretenden Fliegen und andere Insekten stören den Petenten. Da er befürchtete, dass die Insekten die Gesundheit seiner Familie beeinträchtigen könnten, wandte er sich an verschiedene Behörden. Nach einer vom Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz veranlassten Untersuchung des Instituts für Parasitologie der Universität Leipzig wurden verschiedene Schmeißfliegenarten, Stubenfliegen, Schwebfliegen sowie eine nicht näher bestimmbare Fliegenart, eine Wespen- und eine Wanzenart festgestellt. Die Insekten stammten aus dem Haus des Petenten.

(Heiterkeit im Hause)

Das war schon eine sehr ernste Angelegenheit. Eine Gesundheitsgefährdung durch die Insekten wurde nicht festgestellt. Die Petition war nach den von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen zur Konfliktbewältigung zu beurteilen. Nach diesen Grundsätzen folgt aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme im Sinne von § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch, dass zwischen der im Außenbereich privilegierten landwirtschaftlichen Nutzung und der Wohnnutzung eine Abwägung vorzunehmen ist. Das heißt, der betroffene Bauherr muss ein dem Außenbereich angemessenes Immissionsniveau hinnehmen, da die heranrückende Wohnbe

bauung nur einen Schutz vor Immissionen in Anspruch nehmen kann, der der bestehenden landwirtschaftlichen Nutzung entspricht. Deshalb ist die landwirtschaftliche Nutzung zur Minderung, die Wohnnutzung zur erhöhter Hinnahme von Immissionen entsprechend der Vorbelastung des Gebiets verpflichtet. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wurde dem Petenten vorgeschlagen, die Weidehaltung mit dem Landwirt so abzustimmen, dass sie auf Frühjahr und Herbst beschränkt ist und einen bestimmten Abstand zur Wohnbebauung einhält. Diese Regelung hält der Petent für nicht ausreichend. Der Petitionsausschuss wies den Petenten dennoch darauf hin, dass der bestehende Konflikt nach dem Gebot der Rücksichtnahme nur durch eine einvernehmliche Regelung beigelegt werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wegen der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung ihres Verlobten in die Türkei wandte sich eine Hessin an den Petitionsausschuss. Sie fürchtete, dass der türkische Staat ihren Verlobten nach einer Abschiebung strafrechtlich verfolgen würde. Die Eheschließung und ein gemeinsames Leben wären dann über Jahre nicht möglich. Bevor die für die Eheschließung erforderlichen Nachweise erbracht werden konnten, war der Verlobte bei einer Verkehrskontrolle festgenommen und in Abschiebehaft genommen worden. Entscheidend war, ob die Eheschließung unmittelbar bevorstand. Dies ist bei einer Eheschließung mit einem Ausländer der Fall, wenn das erforderliche Ehefähigkeitszeugnis vorliegt oder eine Befreiung hiervon erteilt worden ist, die für die Anmeldung der Eheschließung erforderlichen Nachweise erbracht wurden und der Termin für die Eheschließung feststeht. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, überwiegt der Schutz von Ehe und Familie Artikel 6 Grundgesetz das öffentliche Interesse an einer Abschiebung. Allein das Bestehen eines Verlöbnisses reicht dagegen nicht aus, um eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung zu bejahen. Nach den Recherchen des Thüringer Innenministeriums war von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung auszugehen, deshalb wurde die Abschiebung storniert und der Verlobte der Petentin aus der Abschiebehaft entlassen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Strafgefangener in der JVA Tonna beanstandete unter Hinweis auf seinen Anspruch auf Einzelunterbringung die Unterbringung in einer 3-Mann-Zelle. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Strafvollzugsgesetz werden Gefangene während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. § 18 Abs. 1 Satz 2 Strafvollzugsgesetz gestattet für den geschlossenen Vollzug eine vorübergehende gemeinschaftliche Unterbringung, wenn dafür zwingende Gründe vorliegen. Im Aufnahmegespräch hatte sich der Petent zunächst

mit einer gemeinschaftlichen Unterbringung einverstanden erklärt. Wegen der angespannten Belegungssituation wurde er dann auch in einen Gemeinschaftshaftraum verlegt. Dieser ist für eine Belegung mit drei Gefangenen vorgesehen und verfügt über eine baulich abgetrennte Sanitäranlage. Damit war der Petent nun nicht mehr einverstanden. Er bestand darauf, in einem Einzelhaftraum untergebracht zu werden. Da dem nicht sofort entsprochen werden konnte, wurde er auf Platz 10 der Warteliste für die Zuweisung von Einzelhafträumen gesetzt. Die Gefangenen werden entsprechend der Platzierung berücksichtigt. Wenig später teilte er dem Petitionsausschuss mit, dass er eine Einzelzelle erhalten hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Elternsprecherin eines Gymnasiums forderte die Einführung der Wahlfremdsprache Spanisch. Die Schüler konnten in der siebenten Klasse neben Englisch als Pflichtsprache Französisch, Russisch oder Latein als zweite Fremdsprache und in der neunten Klasse eine von diesen Sprachen als dritte Fremdsprache wählen. Die Forderung der Petentin wurde vom Gymnasium und dem Staatlichen Schulamt unterstützt. Zwei Lehrerinnen wurde das postgraduale Spanischstudium ermöglicht. Sobald sie ihr Studium abgeschlossen haben, soll mindestens eine der Lehrerinnen an dem Gymnasium eingesetzt werden. Als Übergangslösung für die jetzigen neunten Klassen soll ein Grundkurs Spanisch ab Klassenstufe 11 angeboten werden. Der Petitionsausschuss ging davon aus, dass der Petition damit entsprochen wurde.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen eine Petition vorstellen, die dazu beigetragen hat, dass die Landesrichtlinie zur Förderung von Existenzgründern grundlegend überarbeitet wird. Ein Arbeitsloser beantragte Existenzgründungshilfen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und/oder des Freistaats Thüringen. Er wandte sich bereits im März 2004 an die Gesellschaft für Arbeit und Wirtschaft. Diese lehnte den Antrag, der am 5. Juli 2004 eingegangen war, im Oktober ab. Die GfAW begründete ihre Entscheidung damit, dass der Petent für seine Existenzgründung Überbrückungsgeld von der Agentur für Arbeit erhielt und ab dem 2. Juli 2004 nur noch solche Projekte gefördert werden, für die keine Zuwendungen Dritter für den gleichen Zweck gewährt werden. Die Entscheidung der GfAW war nicht zu beanstanden. Der Petitionsausschuss forderte aber von der Landesregierung, auf eine schnellere Bearbeitung der Anträge und umfassende Beratung der Antragsteller hinzuwirken. Die GfAW wurde beauftragt, ein Konzept zur Vereinfachung von Verwaltungsabläufen und zur Beschleunigung des Verfahrens zu erarbeiten. Mit demselben Ziel wird die Landesrichtlinie zur Förderung von Existenzgründern grundle

gend überarbeitet. Zudem wird zukünftig eine Begrenzung der Zahl der Förderfälle pro Haushaltsjahr erfolgen. Nach Ausschöpfung des Kontingents werden Förderanträge unverzüglich abgelehnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit nunmehr einem halben Jahr habe ich den Vorsitz des Petitionsausschusses inne. Das heißt mit anderen Worten, ein großes Stück Arbeit, die in dem vorgetragenen Tätigkeitsbericht steckt, wurde von meinem Vorgänger, Herrn Abgeordneten Eckehard Kölbel, geleistet.

(Beifall im Hause)

Ich danke ihm für die geleistete Arbeit, für sein Engagement und seine Initiativen im Interesse der Petenten. Maßgeblich dazu beigetragen hat auch das hoch motivierte und engagierte Mitarbeiterteam des Geschäftsbereiches für Petitionen im Thüringer Landtag, an der Spitze Frau Ministerialrätin Martina Roth.

(Beifall im Hause)

Auch hier gilt mein herzlicher Dank den Damen und Herren dieser Abteilung und ich denke, ich darf mich auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten, und damit meine ich ausdrücklich die Mitglieder des Ausschusses aller Fraktionen, bedanken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Petitionen sind in meinen Augen das Beste, was einer Demokratie passieren kann. Die Zuordnung der einzelnen Abgeordneten als Berichterstatter mit thematischer Spezialisierung bewährte sich ebenso wie die hervorragende Unterstützung der Mitglieder des Ausschusses durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung im Thüringer Landtag. Nicht hoch genug kann man die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Petenten einschätzen und würdigen, welches durchaus viel Kraft, Einfühlungsvermögen und mitunter pädagogisches und psychologisches Fingerspitzengefühl benötigen. Alles in allem haben wir ein arbeitsreiches und erfolgreiches Jahr hinter uns. Ich wünsche uns, dass wir im laufenden Jahr diese Qualität der Arbeit mit den Petitionen beibehalten, vielleicht sogar an einigen Stellen noch verbessern können. Herzlichen Dank.

(Beifall im Hause)

Ich danke der Abgeordneten Zitzmann für ihre Berichterstattung und eröffne die Aussprache. Ich erteile der Abgeordneten Sedlacik von der PDS-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, unter der Arbeit im Petitionsausschuss verstehe ich weit mehr, als nur der Kummerkasten des Landes zu sein. Ein Bericht, wie wir ihn jetzt auch wieder gehört haben, einmal im Jahr, kann wohl kaum die Wirkung unserer Arbeit, die Arbeit des Ausschusses wiedergeben. Die vorliegende Broschüre, Frau Vorsitzende hat darauf hingewiesen, ist für alle Abgeordneten und auch für die Wahlkreise eine gute Gelegenheit, nachzulesen, was es so für Spezialfälle gab. Die waren nicht immer lustig; manchmal liest sich diese Broschüre auch fast wie ein Krimi.

Werte Anwesende, das Petitionsrecht erkennt ja die Unvollkommenheit des Rechts- und Sozialstaates an. Sie konnten es gerade hören, auch in Zahlen verpackt, von unserer Vorsitzenden, es gibt noch immer genügend Anlässe für Bitten, für Beschwerden, für Notfälle, die durch das Raster der Leitungssysteme fallen - Unrecht, das im komplizierten Rechtsschutzsystem nicht immer ausgeglichen werden konnte. Aber so trocken wie der jährliche Bericht hier immer abgehandelt wird, so trocken ist unsere Arbeit im Petitionsausschuss tatsächlich nicht. Der Wille aller Mitglieder, fraktionsunabhängig Aufklärung zum Sachverhalt der Petitionen zu erlangen und sich flexibel und unbürokratisch um Lösungen und Kompromisse zu bemühen, dieser Wille ist ungebrochen in unserem Ausschuss und ich denke, das zeichnet auch die Arbeit in unserem Ausschuss aus. Wir sehen uns als Dienstleister in einem sehr grundsätzlichen Sinne. Zunehmende Erfahrungen lassen uns Mitglieder im Ausschuss auch kritischer werden. Wir lassen uns nicht mehr so leicht abspeisen mit nichts sagenden Antworten der Ministerien auf konkrete Nachfragen. Das wurde inzwischen auch honoriert und wir kommen hier sehr sachlich und auch zügig voran. Für mich ist auch immer wichtig, dass jedes Telefonat, und die Mitglieder können davon ein Lied singen, jede Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses eine Form Öffentlichkeitsarbeit darstellt.

Die Vorsitzende Frau Zitzmann berichtete von zahlreichen Aktivitäten, die Arbeit unseres Ausschusses öffentlich zu machen, und ich denke, das gelingt uns auch zunehmend mehr. Zu den Voraussetzungen einer guten Öffentlichkeitsarbeit zählt aber für mich auch insbesondere der Umgang mit der Sprache. Wie versteht der Bürger die vielen Paragraphen? Zu den Voraussetzungen einer guten Öffentlichkeitsarbeit gehört, dass natürlich die Petenten auch verstehen, was wir ihnen mitteilen, was wir ihnen antworten. Verstanden wird der Ausschuss von den Hilfe Suchenden aber nur, wenn er sich einfach, klar, verständlich ausdrückt und nicht hinter einem Juristen- oder Verwaltungsdeutsch versteckt. Nur so wird

deutlich, dass der Petitionsausschuss als unabhängiger Sachverwalter für die Petenten auftritt, jawohl, als Kontrolleur staatlichen Verwaltungshandelns und nicht als Anhängsel dessen.

Im vorliegenden Bericht für das Jahr 2004 wird aber auch deutlich, dass in der Bevölkerung das Bedürfnis besteht, sich bei Beschwerden an unabhängige Institutionen zu wenden, ohne rechtliche und tatsächliche Nachteile befürchten zu müssen. Das gilt für alle, auch besonders für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und dafür werden wir uns einsetzen, dabei soll es auch bleiben.

Hervorheben möchte ich auch, dass der Petitionsausschuss seine Arbeit nicht nur in der Verwaltungskontrolle, sondern zunehmend auch in der Gesetzeskontrolle sieht. Vermehrt wenden sich Bürgerinnen und Bürger mit Bitten zur Gesetzgebung an den Ausschuss, wie z.B. mit Sammel- und Massenpetitionen gegen das Kommunalabgabengesetz zu Wasser/Abwasser. Hier machten sich Bürgerinnen und Bürger für ein Anliegen gemeinsam stark und legten dem Petitionsausschuss zahlreiche Unterschriftslisten vor. Trotz der viel beklagten Politikverdrossenheit legt dies doch ein beredtes Zeugnis vom Willen der Bevölkerung ab, sich zu engagieren und sich einzumischen. Fortsetzung findet dieses Engagement in 30 Sammel- und einer Massenpetition besorgter Eltern, Horterzieher, Lehrerinnen und Lehrer zu Ankündigungen in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten, die Verantwortlichkeit für das Personal im Hort vom Land auf Kommunen und freie Träger zu übertragen. Circa 3.900 Unterschriften liegen 2004 vor und täglich werden es mehr. Das vorliegende Konzept „Bildung und Erziehung von 2 bis 16“ ist keine Antwort auf die Petitionen. Die Petitionen schlummern für mich so dahin, sie sind zwischengeparkt und Tausende somit erst einmal ruhig gestellt. Gleiches passiert mit Sammelpetitionen zur Umstrukturierung der Gerichtsorganisation, es sind inzwischen ca. 7.500. Mich befriedigt dieser Zustand nicht. Unser Ausschuss behandelt diese Petitionen erst nach geschaffenen Tatsachen. Mehr als bisher sollten wir die Autorität unseres Ausschusses nutzen und zeitnah von der Landesregierung Rede und Antwort zu Problemstellungen der Massen- und Sammelpetitionen abverlangen. Und das sollte keine geschlossene Sitzung sein! Das Petitionsrecht gewinnt somit den Charakter eines direkt demokratischen Einflussinstrumentes. Dann würden Tausende tatsächlich spüren, hier im Petitionsausschuss findet gelebte Demokratie statt. Petitionen sind nicht nur Klagen des Bürgers, das Parlament erhält durch sie wertvolle Rückmeldungen über die politische und soziale Wirklichkeit im Lande. In diesem Sinne funktioniert das Petitionswesen als „Frühwarnsystem“, was nicht nur in Wahljahren wahrgenommen werden sollte. Ich denke,

das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes schuldig. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache zu dem Bericht. Noch eine Wortmeldung? Bitte, Herr Abgeordneter Kuschel.