Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich begrüße Sie recht herzlich heute zu unserer Plenarsitzung und eröffne hiermit diese Plenarsitzung. Ich begrüße unsere Gäste auf der Zuschauertribüne, ich begrüße ebenfalls die Vertreterinnen und Vertreter der Medien. Ich möchte Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass wir eine Ausstellung aufgebaut haben in der 1. Etage des Funktionsgebäudes, die von Schülern gestaltet wird für Zivilcourage, Toleranz und gegen Gewalt - eine Ausstellung, die wirklich sehenswert ist. Ich bitte Sie, machen Sie rege davon Gebrauch. Zivilcourage, Toleranz und gegen Gewalt, das ist etwas, was uns bis in die heutigen Tage begleitet, wofür wir immer einstehen müssen.
Ich erinnere einfach daran, dass ich mich heute freue, die Plenarsitzung zu eröffnen und nicht an Feierlichkeiten zum 56. Jahrestag des Bestehens der DDR teilzunehmen. Deshalb nochmals recht herzlich willkommen heute zu dieser Plenartagung des frei gewählten, demokratisch gewählten Parlaments.
Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen Herr Dr. Krause. Die Rednerliste führt die Abgeordnete Wolf.
Es haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Minister Wucherpfennig, Frau Abgeordnete Dr. Kaschuba, Frau Abgeordnete Künast, Herr Abgeordneter Ohl, Frau Abgeordnete Reimann.
Ich möchte zu Beginn dieser Sitzung recht herzlich Herrn Huster zum Geburtstag gratulieren, ich wünsche ihm alles Gute, weiterhin eine gute Zusammenarbeit hier im Parlament.
Ich möchte Ihnen noch folgenden Hinweis geben: Um 13.00 Uhr werden wir heute die Vereidigung des Präsidenten und weiterer Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs und ihrer Stellvertreter vornehmen. Die Stühle für die gewählten Verfassungsrichter sind, wie Sie sehen, bereits aufgestellt, die Vereidigung soll hier in der Mitte des Plenums stattfinden. Es ist daher für die Presse erforderlich, dass Bildaufnahmen auch aus den Gängen zwischen den Fraktionen heraus gemacht werden können, ich bitte Sie, dass Sie dafür Verständnis haben, dass speziell bei der Vereidigung auch von den Gängen aus Bilder gemacht werden.
Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Damit eröffne ich die Aussprache. Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Kuschel, Die Linkspartei.PDS.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben es gemerkt, insbesondere bei der CDU-Fraktion herrscht Freude darüber, dass ich heute hier die Plenarsitzung als Redner eröffnen und beginnen darf.
Im Protokoll wird jetzt wieder vermerkt „Unruhe bei der CDU“. Warum? Ich habe noch gar nichts gesagt. Das sorgt wenigstens dafür, dass wir sehr schnell munter werden und auf die erforderliche Betriebstemperatur kommen. Überraschend, Frau Präsidentin, war für mich, dass Sie sich dahin gehend geoutet haben, dass Sie offenbar bis 1989 immer Ehrengast der Jubiläumsveranstaltungen zum 7. Oktober waren. Meines Wissens betraf das immer nur einen ausgewählten Personenkreis. Mich freut es, dass Sie auch dazu stehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil die CDU am 16. September 2005 lieber Wahlkampf gemacht hat, anstatt sich mit den Problemen Thüringens zu beschäftigen, kann der Antrag der SPD-Fraktion bedauerlicherweise erst heute beraten werden.
Die CDU hat für ihre verfehlte Politik vom Wähler dann zwei Tage später auch in Thüringen die Quittung erhalten und ist nur noch drittstärkste Kraft. Ich kann nur sagen,
liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, machen Sie weiter so. Die Linskaprtei.PDS hat in Thüringen ein ordentliches Ergebnis erzielt und Altministerprä
sident Vogel hat sich - wie so oft - geirrt, als er am Wahlabend der Bundestagswahl 2002 meinte, die PDS würde nun endlich in die politische Bedeutungslosigkeit verschwinden. Welche Fehleinschätzung!
Meine Damen und Herren, solche Fehleinschätzungen sind bei der CDU häufiger zu erleben, auch wenn es um die Finanzlage des Landes und der Kommunen geht. Die Fraktionsvorsitzende der CDU, Frau Lieberknecht, hat gestern darauf verwiesen, dass bei Oppositionsreden zunächst immer ein Empörungsblock vorangestellt wird und dass das für sie völlig unverständlich sei. Ich kann hier Frau Lieberknecht durchaus verstehen, für die selbst ernannte Staatspartei, die so genannte Thüringenpartei, die CDU, die zwar nur noch drittstärkste Kraft ist, aber an Verlust des Selbstbewusstseins mangelt es ihr dort nicht, für diese Partei ist jede Form von Kritik schmerzend.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist aber schwach.)
Dies kennen wir ja auch. Doch die Empörungen sind berechtigt und können eigentlich auch beim jetzigen Thema der Kommunalfinanzen nicht oft genug geäußert werden.
Meine Damen und Herren, die Landeszuweisungen an die Kommunen bildeten bereits gestern bei der ersten Lesung zum Haushaltsentwurf 2006/2007 einen Schwerpunkt. Insofern drohen in der jetzigen Debatte an einigen Stellen Wiederholungen. Ich will das möglichst vermeiden und mich damit auseinander setzen, ob die SPD-Forderung im vorliegenden Antrag berechtigt ist, bei den Kommunen in den nächsten beiden Jahren keine Kürzungen vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, der Finanzausgleich, das ist ja allgemein bekannt, hoffe ich zumindest, auch bei der CDU, ist kein Gnadenakt einer Landesregierung oder der Mehrheitsfraktion hier im Landtag, sondern Verfassungsauftrag. Seitdem es den Finanzausgleich gibt - das ist seit 1995 der Fall - wird über dessen Höhe und auch über die Systematik gestritten. Die CDU ist dabei nie müde geworden zu behaupten, in Thüringen gibt es den besten Finanzausgleich der neuen Länder.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: So ist es.) Insofern ist jede Kritik, unabhängig davon, wer sie äußert, unberechtigt. Diese Behauptung der CDU ist mehrfach durch Fakten widerlegt. Das hält aber die CDU nicht davon ab, ihre Behauptung immer wieder zu erneuern. Ich möchte noch einmal auf die Zahlen und Fakten verweisen. Die tatsächliche kommu
nale Verbundquote, also der Anteil der Landeseinnahmen, die letztlich an die Kommunen weitergereicht wurden, haben sich von 1995, damals waren es 31,08 Prozent, auf 27,17 Prozent in 2005 reduziert. Dabei sind alle Entwicklungen bei den Landeseinnahmen mit berücksichtigt worden. Wenn wir die Landeseinnahmen und die kommunalen Einnahmen der letzten zehn Jahre einmal vergleichen, dann ist durchaus festzustellen, dass die Landeseinnahmen in diesem Zeitraum um 63 Mio. € gesunken sind. Das hätte nach den Regelungen im Finanzausgleich durchaus eine Kürzung von etwa 20 Mio. € gerechtfertigt.
Wenn man weiterhin unterstellt, dass die kommunalen Steuereinnahmen im gleichen Zeitraum angestiegen sind, dann wäre es nach unserer Berechnung auch möglich gewesen, den Finanzausgleich um etwa 120/130 Mio. € zu kürzen. Tatsächlich ist er in diesem Zeitraum um 270 Mio. € gekürzt worden. Dabei haben wir überhaupt nicht berücksichtigt, dass innerhalb des Finanzausgleichs Zweckbindungen ausgesprochen wurden. Ich erinnere daran, dass allein bei der Auftragskostenpauschale eine Steigerung von ursprünglich 19 Mio. auf inzwischen 136 Mio. erfolgte, was einer Kürzung gleichkommt, weil die Mittel zweckgebunden sind. Wir haben auch nicht berücksichtigt, dass weitere Aufgaben dem Finanzausgleich zugeordnet wurden. Insgesamt ist einzuschätzen, die Thüringer Kommunen haben in den letzten Jahren einen überproportionalen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts geleistet und trotzdem ist diese Konsolidierung nicht gelungen.
Am 21. Juni 2005 hat die Diskussion zum Finanzausgleich eine neue Qualität erhalten. An diesem Tag hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof entschieden, dass der Thüringer Finanzausgleich in Teilen verfassungswidrig ist. Für uns war diese Entscheidung nicht überraschend, für die CDU wohl doch. Nun hatte die CDU eigentlich vor, wie seit 1995 bis heute auch in den nächsten beiden Jahren die Finanzzuweisungen an die Kommunen drastisch zu kürzen. Bis zu 400 Mio. € waren zunächst im Gespräch. Das wäre ein Fünftel des Finanzausgleichs gewesen und hätte sicherlich zu katastrophalen Folgen auf der kommunalen Ebene geführt.
Offenbar hat die CDU dabei ein Konzept nach dem Grundsatz verfolgt, zunächst das Land und dann auch noch die Kommunen finanziell zu ruinieren. Nunmehr fallen die Kürzungen im Finanzausgleich etwas moderater aus. Insgesamt in beiden Jahren sind es noch rund 100 Mio. €. Doch Kürzungen bleiben Kürzungen und sie sind nicht berechtigt und insbesondere nicht begründbar. Zunächst muss klargestellt werden, dass der Haushaltsentwurf, so wie er vorliegt, auf den Daten der Steuerschätzung No
vember 2004 basiert. Zwischenzeitlich liegen aber die Ergebnisse der Steuerschätzungen Mai 2005 vor. In der Steuerschätzung November 2004, das hat die Finanzministerin gestern in der Haushaltsdebatte dargelegt, ist es tatsächlich so, dass die prognostizierten Steuereinnahmen des Landes für 2006 etwas niedriger ausgefallen wären als 2005. Die Prognose aus Mai 2005 sagt jedoch etwas anderes aus. Wenn wir diese Zahlen zugrunde legen, kann das Land in den nächsten beiden Jahren durchaus mit Steuermehreinnahmen rechnen. Wenn die Regelungen des Finanzausgleichs zur Anwendung kommen würden, würden daraus Mehreinnahmen für die Kommunen von rund 90 Mio. € resultieren.
Demgegenüber will aber die Landesregierung diese Finanzmittel kürzen und dies halten wir einfach nicht für sachgerecht und begründbar; auch deshalb nicht, weil natürlich dieses Gerichtsurteil im Raum ist. Man muss tatsächlich fragen, wie eine Landesregierung mit einem solchen Urteil eines höchsten Gerichts umgeht, das zwar die Zeitspanne für die Korrektur der verfassungswidrigen Bestandteile bis 2008 gezogen hat, aber in einer solchen Zeit noch mal Kürzungen vorzunehmen, ist für uns die Missachtung dieses Verfassungsgerichts und seiner Entscheidungen.
Nun gestehen wir ein, dass das Land in einer komplizierten Situation ist. Das haben die Kommunen nicht zu vertreten. Die Kommunen waren bisher bereit und es gibt auch deutliche Signale, das hat die letzte Mitgliederversammlung des Gemeinde- und Städtebundes verdeutlicht, dass sie auch künftig bereit sind, durchaus einen vertretbaren Anteil zur Konsolidierung der Haushaltsfinanzen zu leisten. Wir haben diese Diskussion aufgegriffen und deshalb haben wir bereits im August den Kommunen das Diskussionsangebot unterbreitet, auf die eigentlichen auf der Grundlage der Mai-Steuerschätzung dieses Jahres zu erwartenden Mehreinnahmen aus dem Finanzausgleich in den nächsten beiden Jahren in Höhe von 90 Mio. € zu verzichten. Die Mai-Steuerprognose sagt gleichzeitig, dass die Kommunen in den nächsten beiden Jahren auch mit Steuermehreinnahmen, insbesondere resultierend aus der Gewerbesteuer, rechnen können. Auch darauf muss noch mal hingewiesen werden: Die Änderungen bei der Gewerbesteuer sind nur eine Korrektur von Fehlentscheidungen aus den Jahren 1999 und 2000. Das den Kommunen in jedem Fall jetzt als Steuermehreinnahmen eins zu eins anzurechnen, ist auch unseriös, denn es wurde nur eine Fehlentwicklung korrigiert, die das Land im Bundesrat mitgetragen hat, auch wenn es der Bundestag beschlossen hat. Die erhöhte Gewerbesteuerumlage der letzten Jahre, die erst vor kurzem wieder aufgehoben wurde, hat ja
auch dazu geführt, dass die Kommunen einen höheren Anteil an den Landeshaushalt abführen mussten. Unbestritten ist aber, die Kommunen können mit 90 Mio. € Steuermehreinnahmen rechnen. Deshalb haben wir vorgeschlagen, dass die Kommunen auf 90 Mio. € Zuwachs aus dem Finanzausgleich verzichten. Diese Diskussion ist von den Kommunen durchaus positiv aufgenommen worden. Das heißt aber im Umkehrschluss: keinerlei Kürzungen im Finanzausgleich.
Wenn die Landesregierung der Auffassung ist, dass die Kommunen zu viel Geld bekommen, dann müssen sie sich schnell daran machen, die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs umzusetzen und zu ermitteln, was unter einer angemessenen Finanzausstattung zu verstehen ist, insbesondere im eigenen Wirkungskreis und insbesondere wie hoch der noch verbleibende Betrag für freiwillige Leistungen zu sein hat. Solange das nicht klar ist, verbieten sich einfach derartige Kürzungen und Sie, die Mitglieder der Landesregierung und insbesondere die Finanzministerin zusammen mit dem Innenminister - es ist ja nur der Staatssekretär da, aber der wird das weiterleiten -, sind aufgefordert, schnellstmöglich Klarheit zu schaffen. Solange diese Klarheit nicht da ist, können Sie nicht damit rechnen, dass wir oder auch die kommunale Familie einfach weiter zusehen, wie Sie in die Finanzausgleichsmasse eingreifen.
Abschließend noch mal der Appell an die Landesregierung und an die CDU: Wenn Sie schon auf uns nicht hören, ist das zwar auch nicht verständlich, weil sich vieles bestätigt hat von dem, was wir gefordert haben, das so falsch nicht war, aber Sie sollten zumindest ein Urteil eines Verfassungsgerichtshofs für verbindlich erachten. Jeden Versuch, ein solches Urteil zu unterlaufen, bewerten wir als Missachtung dieses Verfassungsorgans. Danke.
Abgeordneter Kuschel, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass ich nicht gesagt habe, dass ich an Veranstaltungen teilgenommen habe, die Ihnen vielleicht nur bekannt sind, sondern es gab immer Veranstaltungen, an denen alle teilnehmen mussten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, habe ich ein Glück, dass heute nur ein guter Freund von mir Geburtstag hat. Am 21. Juni 2005 -
nein, nicht nur Herr Huster, es gibt noch mehr, die am 7. Oktober Geburtstag haben, Herr Zeh - verkündete der Thüringer Verfassungsgerichtshof das Urteil zum abstrakten Normenkontrollverfahren der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag zu den Vorschriften des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes. Es stellte fest, dass die Regelungen der §§ 3, 4, 7, 19 a, 21, 22 und 26 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes über die Bildung und Verwendung der Finanzausgleichsmasse, insbesondere auch für nach Maßgabe des Landeshaushalts zu gewährende besondere und investive Finanzzuweisungen, mit Artikel 93 Abs. 1 Satz 1 der Thüringer Verfassung unvereinbar sind. Des Weiteren wurde festgestellt, dass der Gesetzgeber spätestens 2008 den KFA im Freistaat Thüringen im erforderlichen Umfang neu regeln muss.
Mit dieser Entscheidung weist das Verfassungsgericht darauf hin, dass sich die notwendigen Mittel, welche den Kommunen aus der Finanzausgleichsmasse zustehen, an den zu leistenden Aufgaben orientieren müssen. Die Landesregierung erhielt hierzu die Aufgabe, die dazu notwendigen Ausgaben hinreichend genau zu bestimmen. Doch statt dieser Aufgabe erste Priorität einzuräumen, sind im Doppelhaushalt 2006/2007 weitere Kürzungen der Landesregierung im Kommunalen Finanzausgleich enthalten. Sie lassen die Besorgnis aufkommen, dass insbesondere die Landesregierung die Einräumung der Übergangsfrist bis zum 31.12.2007 für die Neuregelung des KFA offensichtlich als Freibrief für wiederholte Einschnitte in den KFA sieht. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat sehr umfassend und mit Bedacht die derzeitige Rechtslage beurteilt und am Ende seines Entscheidungsprozesses mit einer klaren Logik eine Entscheidung getroffen. Das Gericht setzt ableitend aus Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz und Artikel 91 und 93 der Thüringer Verfassung die Gewährung des Selbstverwaltungsrechts unserer Thüringer Kommunen als Leitlinie für die Beurteilung ihrer notwendigen Finanzausstattung. Auch wenn das Gericht keine Zahl für die Höhe des Finanzausgleichs liefert, den Rechenweg hat es klar bestimmt. Mit verblüffender Klarheit, wie ich denke, stellte es dar, dass natürlich die Möglichkeit besteht, die Untergrenze für das finanzielle Ausfüllen des Begriffs „kommunale Selbstverwaltung“ in Verbindung
Ganz besonders wichtig ist ebenso die Nachvollziehbarkeit derartiger Berechnungen. Eine nachvollziehbare Bestimmung des notwendigen Finanzbedarfs ist heute wichtiger, denn die kommunalen Vertreter müssen nicht ständig das ungute Gefühl haben, womöglich benachteiligt worden zu sein. Eine derartige Offenheit in der Berechnung könnte - das ist unsere Überzeugung - zu einem besseren Verständnis füreinander führen. Leider ist diese für Thüringen so dringende Offenheit und das Verständnis durch den Entwurf des Doppelhaushalts 2006/2007 schon vertan, bevor ernsthafte Chancen dazu bestanden. Deshalb halten wir es für dringend geboten, dass es zu keiner weiteren Aushöhlung des Verfassungsgerichtsurteils kommt. Das Urteil ist kein Freibrief für weitere Streichungen im KFA. Das Gericht hat - und das ist für alle verständlich - eine Übergangsfrist eingeräumt, in der der Landesregierung die Möglichkeit eröffnet werden sollte, die notwendigen Erhebungen für die Bemessung der einzelnen Aufgaben und Ausgaben durchzuführen. Das Gericht hat zutreffend gesagt - ich zitiere: „Indem der Freistaat Thüringen die finanzielle Lebensfähigkeit seiner Gemeinden und Gemeindeverbände nach Maßgabe des Artikels 93 der Thüringer Verfassung gewährleistet, schafft er eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Kommunen die ihnen zukommenden Aufgaben eigenverantwortlich erfüllen und so ihr in Artikel 91 Abs. 1 und 2 der Thüringer Verfassung verbürgtes Selbstverwaltungsrecht tatsächlich wahrnehmen können.“ In Kenntnis der an dem Urteil ausgemachten Aussagen ist umso unverständlicher, dass die Landesregierung ein Weiterso veranstaltet, statt die Vorgaben zügig umzusetzen. Die angekündigten wiederholten Kürzungen im Finanzausgleich vermitteln uns den Eindruck, die Landesregierung und auch die CDU-Fraktion stellen ihre Taten unter das Motto: „Ist der Ruf erst ruiniert, regiert es sich ganz ungeniert.“ Als Begründung muss herhalten, dass Gemeinden dank der Entscheidungen der rotgrünen Bundesregierung nun auch noch Steuermehreinnahmen verbuchen können und geringere Gewerbesteuerumlage abzugeben haben. Tatsache ist, die Steuereinnahmen der Kommunen sind leicht gestiegen, und das trotz des Schlechtredens der Regierungsarbeit der SPD und der Grünen im Bund durch die Damen und Herren der CDU-Fraktion.
Tatsache ist aber auch, dass nicht tatsächliche Steuermindereinnahmen in Thüringen, sondern falsche Erwartungshaltungen zu den Steuereinnahmen, gepaart mit zu hohen Ausgabeansätzen, die Misere in Thüringen alljährlich verschlimmern. Wir haben
das ja gestern in der Diskussion zum Doppelhaushalt hören können. Dies zulasten der Städte und Gemeinden ausbügeln zu wollen, ist mindestens schlechter Stil. So sollen für die rein kommunale Aufgabe der Betreibung von Kindertagesstätten und Kindergärten die Mittel aus dem KFA entfernt werden. Völlig gegenläufig zu den in den letzten Jahren in den KFA gegebenen Aufgaben sollen Mittel für Landesaufgaben wie das Erziehungsgeld für immer aus dem KFA und damit aus der Finanzmasse entfernt werden. Das Landeserziehungsgeld wird im Übrigen nicht kommunaler, wenn man es umbenennt in Elterngeld. Ich bedaure, dass sich die Landesregierung nicht mal an ihre eigenen Grundsätze hält. Auch wenn in den ersten Verhandlungen zwischen der Landesregierung und den Spitzenverbänden zum vorliegenden Doppelhaushalt angestrebte Kürzungen des KFA teilweise wieder verworfen wurden, bleibt das dauerhafte Abziehen von Finanzmasse in Bezug auf das so genannte Familienfördergesetz in Höhe von 17 Mio. € für die Familienstiftung, die ohne Ersatz ja ab 2008 gestrichen werden, und von 20 Mio. bis 23 Mio. € für das neue Erziehungsgeld. Darüber hinaus verschiebt sich innerhalb des KFA das Verhältnis zwischen den Landkreisen und den Gemeinden, ohne dass darauf reagiert wird. Das Familienfördergesetz greift also intensiv in den Kommunalen Finanzausgleich ein und verstößt damit gegen die Kernaussagen des Verfassungsgerichtsurteils vom 21. Juni 2005. Darum sieht die SPD-Fraktion die dringende Notwendigkeit, die momentan in der Finanzausgleichsmasse befindlichen Summen ungekürzt zu belassen, bis Klarheit herrscht, welche Summen für die Erhaltung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts notwendig sind. Deswegen bitten wir um die Zustimmung zu unserem Antrag.