Protocol of the Session on September 29, 2006

Ich eröffne die heutige Sitzung des Thüringer Landtags und heiße Sie herzlich willkommen. Ich begrüße ebenfalls unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Abgeordnete Wolf Platz genommen und die Rednerliste wird vom Abgeordneten Rose geführt.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Frau Abgeordnete Hennig, Herr Abgeordneter Mohring und Herr Abgeordneter Pilger.

Ich habe aufgrund der Dringlichkeit gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung Herrn Johannes Heyder vom Radio F.R.E.I. für diese Plenarsitzung eine Genehmigung für Tonaufnahmen im Plenarsaal erteilt und gebe Ihnen das hiermit bekannt.

Ich rufe hiermit den Tagesordnungspunkt 8 auf. Wir hatten gestern bei der Feststellung der Tagesordnung beschlossen, diesen Beratungsgegenstand heute als ersten Tagesordnungspunkt aufzurufen.

Thüringer Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/2296 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte, Herr Minister Goebel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, am 9. September 2004 sagte Ministerpräsident Althaus in seiner Regierungserklärung, ich zitiere: „... wir brauchen mehr Freiheit und Wettbewerb für unsere Hochschulen, um international konkurrenzfähig zu sein. Denn Wissenschaft und Hochschulen sind ganz unzweifelhaft Keimzellen für die wirtschaftliche Entwicklung Thüringens. Sie sind wichtige Standortfaktoren, die zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen. Deshalb wird der eingeschlagene Weg von Partnerschaft und Hochschulautonomie weiter beschritten und das Thüringer Hochschulgesetz entsprechend weiterentwickelt... Wir wollen die Haushaltsführung weiter flexibilisieren und die Hochschulautonomie stärken.“

Mehr Freiheit, Qualität und Effizienz, das wollen wir mit dieser bisher umfassendsten Hochschulreform

in Thüringen erreichen. Mit Deregulierung und Straffung schaffen wir starke Entscheidungsträger und klare Kompetenzen.

Das vorliegende Gesetz ist mehr als eine bloße Novellierung des bestehenden Hochschulgesetzes. Es umfasst das komplett neu gefasste Thüringer Hochschulgesetz, das Thüringer Hochschulgebühren- und -entgeltgesetz, das Thüringer Gesetz zur Errichtung der Teilkörperschaft Universitätsklinikum Jena sowie die Änderung des Personalvertretungsgesetzes und drei Verordnungen, etwa der Thüringer Lehrverpflichtungsverordnung. Das vorliegende Gesetz ist ein modernes Hochschulgesetz, das das Verhältnis von Staat und Hochschule auf eine neue Ebene hebt - auf die von Partnern. Partner legen ihre Ziele gemeinsam und auf gleicher Augenhöhe fest. Das adäquate Instrument dafür sind Zielvereinbarungen zwischen Land und Hochschule.

Ziel des neuen Hochschulgesetzes ist es, die nationale wie internationale Wettbewerbsfähigkeit der Thüringer Hochschulen, ihre Attraktivität in Forschung, Lehre, Studium, Weiterbildung und Technologietransfer sowie Leistungs- und Innovationsfähigkeit, ihre Wissenschafts- und Forschungssysteme zu stärken. Die Mittel dazu sind: Erweiterte Autonomie und flexiblere Entscheidungsstrukturen der Hochschulen verbunden mit einer Neuausrichtung und Neuordnung des Verhältnisses zwischen Staat und Hochschulen.

Da die Hochschulen selbst am besten wissen, wo ihre Stärken, Schwächen und Chancen liegen, entlassen wir sie in eine sehr weitgehende Freiheit. Aufgabe des Staats ist es, den Gesamtprozess und das große Ganze im Auge zu haben. Deshalb zieht der Staat sich aus der Detailsteuerung zurück. Vor diesem Hintergrund ist das Gesetz optimal austariert zwischen größtmöglicher Freiheit der Hochschulen einerseits und der Wahrung staatlicher Verantwortung andererseits.

Schlaglichtartig die Kernpunkte des Gesetzes: Die bereits eingeführten neuen Steuerungsinstrumente, Rahmenvereinbarungen - wir nennen es Hochschulpakt - und Ziel und Leistungsvereinbarung werden gesetzlich verankert und so dauerhaft und von den Hochschulen einforderbar implementiert. Die Hochschulen sollen größere Freiräume hinsichtlich ihrer inneren Verfassung und Organisation haben, Entscheidungen über die hochschulinterne Organisationen werden weitgehend auf die Hochschulen übertragen. Die Spitze der Hochschulen wird neu gestaltet. Klare Entscheidungen basieren auf Kompetenz und Verantwortung. Diesem Leitgedanken entsprechend soll die Organisationsstruktur auf der zentralen Ebene angepasst werden. Die Hochschulleitung wird gestärkt. Sie besteht künftig aus dem

Präsidium mit dem Präsidenten an der Spitze. Als zentrale Organe der Hochschule werden ein Hochschulrat und der Senat verbindlich vorgegeben. Der Hochschulrat besteht aus sechs, acht oder an der Friedrich-Schiller-Universität zehn überwiegend externen und gemeinsam von Hochschule und Land ausgewählten Persönlichkeiten. Dadurch wird die Innensicht der Fachleute mit den Ideen aus der Mitte der Gesellschaft kombiniert. Die Vielfalt in der ständigen Aufgaben- und Auftragsüberprüfung wird gewährleistet.

Die Einführung der gestuften Studienstruktur als Regelangebot ist ein wesentlicher Schritt zur Internationalisierung entsprechend dem Bologna-Prozess. Neue Studiengänge soll es zukünftig nur noch in der Bachelor-Master-Struktur geben. Die neuen Abschlüsse machen Studienleistungen vergleichbarer, erhöhen die Mobilität und sorgen für ein oftmals auch schnelleres Studium. Der Hochschulzugang von qualifizierten Berufstätigen wird erweitert und die Durchlässigkeit zwischen den Hochschularten sowie der Berufsakademie erhöht. Es soll den Hochschulen gestattet werden, sich wirtschaftlich in verschiedenen Geschäftsfeldern zu betätigen. Das Universitätsklinikum Jena soll gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät als Teilkörperschaft der Friedrich-SchillerUniversität verselbständigt werden. Forschung und Lehre in der Medizin und moderne Krankenversorgung bilden so auch künftig eine Einheit. Eigenständige Entscheidungsstrukturen sichern hohe Leistungsfähigkeit.

Durch das neue Thüringer Hochschulgebühren- und -entgeltgesetz werden die auch bisher schon bestehenden Gebührentatbestände zusammengefasst und vereinheitlicht. Neu sind die Einführung eines Verwaltungskostenbeitrags in Höhe von 50 € für jedes Semester ab dem Sommersemester 2007 und die Möglichkeit der Erhebung von Gebühren für postgraduale nicht konsekutive Studiengänge sowie für bestimmte Service- und Ergänzungsangebote der Hochschulen. Der Verwaltungskostenbeitrag wird heute schon in der überwiegenden Zahl der Länder erhoben. Hervorzuheben ist für Thüringen, dass die Hälfte dieser Einnahmen den Hochschulen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zusätzlich zur Verfügung steht.

Meine Damen und Herren, wir haben diesen Gesetzentwurf intensiv mit den betroffenen Einrichtungen, ihren Mitgliedern sowie den Interessenvertretungen diskutiert. Grundsätzlich wurde der Gesetzentwurf insbesondere von den Hochschulen mit Ausnahme der Technischen Universität Ilmenau, den Wirtschafts- und Handwerksverbänden sowie den überregionalen Gremien positiv bewertet. Mit den eingegangenen Einwänden, Anregungen und Ergänzungsvorschlägen haben wir uns intensiv beschäftigt. Sie wurden ausgewertet, gewürdigt und der Ge

setzentwurf aufgrund dieser Stellungnahmen in verschiedenen Punkten noch einmal verändert, bevor er diesem Hohen Haus zugeleitet wurde. So wurde das Auswahlverfahren des Präsidenten neu beschrieben. Es wurde klargestellt, dass der Hochschulrat primär empfehlenden und beratenden Charakter hat. Dies wird dadurch unterstrichen, dass die jeweils zuständigen Organe in der Hochschule bei ihren Entscheidungen die Beschlüsse und Empfehlungen des Hochschulrats zu würdigen haben. Davon abweichende Entscheidungen müssen dem Hochschulrat gegenüber begründet werden. Auf übereinstimmende Anregung der Hochschulen wurde die Auswahl der Hochschulratsmitglieder einem Auswahlgremium übertragen. Damit soll eine übereinstimmende Legitimation und Akzeptanz des Rats gewährleistet werden. Die jeweiligen Zuständigkeiten, Aufgaben und Beteiligungen von Präsidium, Rat und Senat wurden deutlicher formuliert, zum Teil auch neu justiert. Ebenfalls wurde das Gesetz auf übereinstimmende Anregung der Hochschulen dahin gehend geändert, dass die Dekane von den jeweiligen Kollegialorganen ausgewählt und vom Präsidenten bestätigt werden.

Die zum Teil „Hochschulmedizin“ eingegangenen Stellungnahmen haben insgesamt eine breite Zustimmung zum Ausdruck gebracht. So äußerte sich der Generalsekretär des Wissenschaftsrats positiv. Der Wahrung der Belange von Forschung und Lehre sei in allen wesentlichen Aspekten Rechnung getragen worden. Der Entwurf verfolge in konsequenter Umsetzung des Integrationsmodells eine Vorstandsverfassung, die diesem weitreichende Entscheidungsbefugnisse überlassen.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden neuen Landeshochschulgesetz werden die nationale wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Thüringer Hochschulen, ihre Attraktivität in Forschung, Lehre, Studium, Weiterbildung und Technologietransfer weiter gestärkt. Dieses Gesetz bietet den Hochschulen so etwas wie Geleitschutz für ihre Reformen. Es verdient breite Zustimmung all derer, die davon überzeugt sind, dass Wissenschaft und Forschung die wichtigsten Zukunftsindikatoren sind, und all derer, die sich für Hochschulen einsetzen, die in einer Zeit globalen Wandels ihre Freiheiten bewahren und neu gewinnen, aber zugleich hohe Qualität und Effizienz in Forschung und Lehre bieten wollen.

Lassen Sie mich abschließend noch einige Sätze aus der Stellungnahme des gemeinsam von der Stiftung der Hochschulrektorenkonferenz und der Bertelsmann Stiftung getragenen Zentrums für Hochschulentwicklung in Gütersloh zitieren. „Das neue Gesetz“ - ich zitiere - „verankert das neue Steuerungsmodell in grundsätzlich überzeugender Weise in den rechtlichen Rahmenbedingungen. Die klare Orien

tierung am Modell der konsekutiven Studienstruktur ist ein Vorzug des Gesetzes. Positiv zu würdigen ist die klare Feststellung der Richtlinienkompetenz des Präsidenten. Die Straffung der Gremienstruktur der Hochschulen erscheint als wichtiger Schritt. Die Berufung von Hochschullehrern durch den Präsidenten ist ein deutlicher Schritt zur Steigerung der Personalautonomie der Hochschulen. Der vorliegende Gesetzentwurf zeugt von dem Bemühen, eine Entwicklung hochschulgesetzlicher Rahmenbedingungen in Richtung des derzeitigen Standards nachzuvollziehen.“

Meine Damen und Herren, fasst man diese Worte des für Hochschulentwicklung in Deutschland wohl wichtigsten Instituts zusammen, so heißt dies: Die Thüringer Hochschulen bekommen mit diesem Gesetz Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche, eigenverantwortliche Zukunftsgestaltung und damit eine gute rechtliche Grundlage zur weiteren Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

Mit den anstehenden Verhandlungen zum Abschluss einer neuen Rahmenbedingung, der Fortführung also des bewährten Hochschulpakts, werden wir gemeinsam, Landesregierung und Haushaltsgesetzgeber, auch die notwendigen materiellen Grundlagen sichern. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Kaschuba, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, der Minister hat in der Begründung zum Thüringer Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften, das immerhin 173 Seiten Text umfasst, noch mit einem weitreichenden Anhang aus seiner Sicht die Modernität dieses Gesetzes unterstrichen und hat auch betont, dass die Landesregierung damit das große Ganze im Blick hat und dass die Hochschulleitungen gestärkt werden. Damit hat er Recht. Diese Stärkung der Hochschulleitungen, insbesondere des Präsidiums, des Präsidenten und des Hochschulrates - den Senat will ich hier schon einmal wegnehmen -, ist immerhin verknüpft mit einem weitreichenden Abbau inneruniversitärer Demokratie. Das muss man auch dazu sagen, das haben Sie weggelassen. Und Sie haben auch darauf aufmerksam gemacht, dass der Hochschulrat vor allen Dingen die Innensicht der Fachleute aus der Mitte der Gesellschaft in die Hochschulen bringt. Das ist sicher ein positiver Ansatz, er hat aber auch eine andere Seite. Es sind Leute, die nicht mit dem unmittel

baren Leben innerhalb einer Hochschule verbunden sind. Der Außenblick kann sicher sehr förderlich sein, was die Arbeit in den bisherigen Kuratorien gezeigt hat, aber gleichzeitig kann es auch zu einer Ausrichtung der Hochschulen führen, die sehr wirtschaftspolitisch und weniger wissenschaftspolitisch orientiert ist.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Sie haben ausdrücklich gesagt, dass Sie ein schnelleres Studium mit dem neuen Hochschulgesetz befördern wollen. Das geht klar aus dem Gesetzestext hervor. Sie formulieren auch die Orientierung für das Studium. Die Orientierung ist gleich im Eingang formuliert, also ein Berufsabschluss und die Möglichkeit, um schnell in die Selbstständigkeit zu gehen. Ob das ausschließlich das Ziel von Hochschulbildung sein sollte, zweifeln wir an. Wir sind der Meinung, dass Bildung ein hohes Gut der Gesellschaft ist und dass die Hochschulen in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle spielen. Hochschulen sind nicht nur Einrichtungen, an denen man schnell und zügig ausbildet und marktgerecht ausbildet. Hochschulen haben innerhalb der Gesellschaft einen hohen kulturellen Wert und auch einen hohen bildungspolitischen Wert. Diesen bildungspolitischen Wert untersetzt Ihr Gesetzentwurf nicht mehr aus unserer Sicht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wenn man eigentlich wissen möchte, was eine Gesellschaft für Vorstellungen hat, dann muss man sich ihr Bildungssystem aufmerksam betrachten, da hier auch das Selbstverständnis einer Gesellschaft materialisiert vorliegt. Wie sich zum Beispiel die herrschenden Eliten vorstellen, was den Besitzenden vorbehalten ist, da gehe ich auf die Gebührenordnung nachher noch einmal ein, wie Menschen auf ihre soziale Rolle vorzubereiten sind, dazu hatte ich bereits einen Satz gesagt, was alle wissen und können sollten und wie sie mit ihrer natürlichen Verschiedenheit umgehen sollen und was verlangt wird, welche Idealbilder von Menschen im Umlauf sind usw.

An dieser Stelle möchte ich schon eine Anmerkung machen: Ein Hochschulstudium muss auch die Möglichkeit haben, sich das Wissen, die Kompetenzen der Hochschule anzueignen. Sie wollen in dem Gesetz Gebühren erheben für alles, was außerhalb der Studienordnung, des Studienganges liegt. Wenn jemand zum Beispiel noch einen Sprachlehrgang machen möchte, so muss er dafür eine Gebühr bezahlen.

(Zwischenruf Prof. Dr. Goebel, Kultusmi- nister: Kann!)

Natürlich, das steht ja drin.

Das finde ich schon außerordentlich problematisch, wenn man nicht als Mitglied der Hochschule sich die Kompetenzen der Hochschule selbst aneignen kann. Ihr Gesetz sagt sehr viel aus über Ihren Anspruch an Bildung und Wissenschaft in dieser Gesellschaft. Ich habe es schon gesagt, Sie orientieren wirklich auf die Vorbereitung auf die berufliche Tätigkeit, einschließlich unternehmerischer Tätigkeit. Im nächsten Satz kommt dann, dass auch wissenschaftliche Methoden erlernt werden sollen und Ähnliches. Aber das ist erst einmal die Zielstellung, die Sie für Hochschulbildung formulieren.

In Ihrem Gesetz wird aus unserer Sicht Bildung nicht als kulturelle, soziale und politische Chance zur Teilhabe von Menschen definiert, sondern Bildung wird hier definiert als eine Möglichkeit, Menschen marktgerecht auszubilden und wettbewerbsfähig zu machen. Das kann nicht das Ziel von Gesellschaften sein.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ihr Gesetzentwurf macht erneut den einseitigen Bildungsbegriff der Landesregierung deutlich. Sie haben schon genügend Schwierigkeiten mit der Schulbildung; offensichtlich wollen Sie das auch im Bereich der Hochschulbildung noch ein bisschen fortsetzen. Hochschulen werden von Ihnen wirklich nur mit dem Tunnelblick auf die Bedürfnisse der Wirtschaft und der betriebswirtschaftlich determinierten Schlussfolgerungen betrachtet. Sie sagen, Sie machen über die neuen Strukturen die Hochschulen wettbewerbsfähig. Wir wissen, dass die Hochschulen selbst in Bezug auf das alte Hochschulgesetz einen Änderungsbedarf hatten. Sie wollten einen Änderungsbedarf, Sie wollten eine gewisse Entfesselung, Sie wollten das Berufungsrecht haben, Sie wollten auch die Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Betätigung haben. Aber was machen Sie? Sie geben dem Präsidenten die Richtlinienkompetenz. Er entscheidet im Wesentlichen, was dort zu passieren hat. Der Hochschulrat, der gemeinsam mit dem Ministerium und dem Präsidenten über die Rahmenvereinbarung verhandelt und der gleichzeitig auch über die Ziel- und Leistungsvereinbarung verhandelt, entscheidet damit je nach der Mittelmaßgabe, welche finanziellen Mittel sie in dem Hochschulpakt bereitstellen und ganz wesentlich über die inhaltliche und strukturelle Ausrichtung einer Hochschule. Das erscheint mir problematisch, wenn in diesem Meinungsbildungsprozess nicht die Mitglieder der Hochschule einbezogen sind, wie es bisher über das Konzil möglich war. Das ist jetzt nicht mehr möglich.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Was wir überhaupt nicht nachvollziehen können, wir befinden uns in einer äußerst komplexen Ge

sellschaft. Sie reden selbst immer darüber. Sie reden über Wertedebatten in der Gesellschaft. Sie reden darüber, dass man sich insgesamt auf Innovation und Wissenschaftsentwicklung orientieren soll, und Sie beschneiden die Möglichkeiten für Menschen, sich in dieser hoch komplexen Gesellschaft zu orientieren, indem Sie sich Wertmaßstäbe und auch Orientierungsfähigkeiten aneignen, indem Sie auf ein schnelles konsequentes fachorientiertes - ich würde jetzt sagen - sehr fachlich eingeengtes Studium - ich könnte auch einen anderen Begriff nehmen - Ihr Hochschulgesetz ausrichten. Sie vernachlässigen im Hochschulgesetz aus unserer Sicht die Grundlagenforschung, Sie vernachlässigen auch den Status der Geisteskultur und Sozialwissenschaften, die zu solchen Wertediskussionen durchaus herangezogen werden müssen. Diese Wissenschaften haben ja den eigenständigen Auftrag, das kulturelle Gedächtnis einer Gesellschaft zu erfassen und es nach vorn zu treiben. Dazu bietet dieses Hochschulgesetz unserer Meinung nach keinen Rahmen mehr,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

sondern es verengt ganz einfach. Zum anderen möchte ich darauf aufmerksam machen, Sie haben einen breiten Gebührenkatalog in diesem Hochschulgesetz aufgelegt. Sie haben noch nicht eine allgemeine Studiengebühr formuliert und erhoben, so will ich das einmal sagen, das haben Sie noch nicht getan. Aber Sie erheben die Verwaltungsgebühr in Form von 50 €, wovon die Hälfte die Landesregierung kassiert, die andere Hälfte verbleibt an den Hochschulen, keiner weiß warum, das könnten Sie vielleicht noch erklären, warum Sie das Ganze halbieren, die 50 €, und warum Sie diese Gebühr jetzt erheben müssen. Sie erheben Gebühren für alles Mögliche, was man an einer Hochschule in Anspruch nehmen kann. Am Schlimmsten finde ich aber, dass Sie für die ab 60-Jährigen, die noch einmal an einer Hochschule ein Studium aufnehmen wollen, ausschließlich für diese Altersgruppe, eine Gebühr von 125 bis 500 € pro Semester erheben. Das ist Altersdiskriminierung, die Sie dort betreiben, weiter ist das nichts.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das muss man Ihnen auch in dieser Deutlichkeit sagen. Auch über 60-Jährige, viele hier in diesem Raum befinden sich ja auf dem Pfad dahin, haben noch den Anspruch auf Bildung, denke ich.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Sie auch!)

Ich auch, das leugne ich nicht ab, aber viele, die hier sitzen, auch. Ein Stückchen Bildung kann dem einen oder anderen auf keinen Fall schaden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)