Katrin Möller

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Last Statements

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Frage lautet: Gedenkt der Senat, noch konkrete Maßnahmen auf den Weg zu bringen, nachdem er nun endlich – nach fünf Jahren – in seiner sogenannten „Strategie zur Bekämpfung von Kinderarmut“ das Ausmaß des Problems beschrieben hat und dennoch nichts Neues vorschlägt als lediglich eine Berichterstattung zum Ende der nächsten Legislaturperiode?
(Regierender Bürgermeister Michael Müller)
Natürlich habe ich eine Nachfrage. Wie ist es denn dazu gekommen, dass, obwohl viele Expertengruppen dazu gearbeitet haben, wie Sie es gerade selbst beschrieben haben, und bezirkliche Akteure, Experten aus der Stadtgesellschaft schon vor anderthalb Jahren konkrete Vorschläge erarbeitet und neue und zusätzliche Maßnahmen vorgeschlagen haben, die unbedingt umgesetzt werden müssten, die auch bereits mit Zahlen und Finanzen hinterlegt wurden, keine dieser Vorschläge in die Strategie gegen Kinderarmut aufgenommen worden sind? Es wurde unter anderem vorgeschlagen – das ist schon länger auf dem Tisch –, die Bedarfsprüfung in Kita und Schule abzuschaffen. Das ist sogar in Ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Das haben Sie nicht gemacht, obwohl man das sofort hätte umsetzen können. Was ist da passiert?
Ich frage den Senat: Wann wird dem Abgeordnetenhaus die dem Gesundheits- und Sozialsenat seit Wochen vorliegende integrierte Maßnahmeplanung gegen sexuelle Gewalt zur Kenntnisnahme und zur Umsetzung vorgelegt?
Vielen Dank! – Ist Ihnen bewusst, dass bereits von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz sowie vom Polizeipräsidenten von Berlin Zustimmungen vorliegen und dass nur noch in Ihrem Hause die Gegenzeichnung fehlt, sodass das dem Abgeordnetenhaus nicht zur Kenntnis gegeben werden kann? Können Sie sich nicht vorstellen, dass es die Menschen, die in einem jahrelangen Prozess dieses Maßnahmenpaket erarbeitet haben, sehr ärgert und alle wollen, dass noch in dieser Legislaturperiode die Maßnahmeplanung das Licht der Welt erblickt, damit die Antigewaltarbeit gemacht werden kann?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Antrag „Kinder- und Jugendförderung gesetzlich regeln!“ ist der letzte einer ganzen Reihe von parlamentarischen Initiativen, mit denen wir seit Beginn der Legislaturperiode auf das Problem des Abbaus und der Bedrohung von Angeboten in diesem Bereich aufmerksam machen. Dass er heute die Priorität der Linksfraktion ist, hat zwei Gründe. Erstens: Der Vorgang hat Aussicht, dass noch in dieser Legislaturperiode etwas passiert. Zweitens ist es uns als Linke wichtig, angesichts des wachsenden Bedarfs und der guten Kassenlage des Landes endlich den Rückbau der Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche zu stoppen und stattdessen mit deren qualifizierter und systematischer Weiterentwicklung zu beginnen.
Für Kinder- und Jugendförderung braucht es eine neue gesetzliche Regelung, weil die derzeitige Vorschrift, 10 Prozent des Jugendetats für diesen Bereich einzusetzen, nicht umgesetzt wird. Als sogenannte freiwillige Leistung ist sie eben ein Angebot nach bezirklicher Kassenlage, und selbst in den Bezirken, die laut Haushaltsabschluss Gewinne im zweistelligen Millionenbereich erwirtschaftet haben, werden diese Mittel lieber in die Rücklagen gepackt – man weiß ja nie, was noch kommt. Dass die Zuweisungen für die Bezirke unzureichend regelhaft sind, ist bekannt, ebenso, dass die Kosten- und Leistungsrechnung nichts mit Bedarfsgerechtigkeit zu tun hat. Da hat es auch nicht viel geholfen, dass im letzten Doppelhaushalt 8 Millionen Euro mehr für die Finanzierung der bezirklichen Jugendarbeit eingestellt wurden. Solange die Finanzierungslogik dieselbe bleibt und die Mangelwirtschaft die Bezirke zwingt, zuerst andere Löcher zu stopfen, wird die Kinder- und Jugendförderung immer hinten runterfallen. So geschehen zum Beispiel in Tempelhof-Schöneberg, wo die zusätzlichen Mittel in dringend notwendige Personalstellen im Jugendamt und eben nicht in die Jugendarbeit geflossen sind.
Eins darf man auch nicht vergessen, dass es nämlich die viel gerühmten Mehrmittel nirgendwo gibt, um die eigentlich erforderliche fachliche Entwicklung von Angeboten zu finanzieren – oder in diesem Fall, weil der Finanzsenator informelle außerschulische Bildung so wichtig findet. Die gibt es, weil die AG Wachsende Stadt auf den Bevölkerungszuwachs reagieren muss. 45 000 Menschen mehr pro Jahr, davon die Hälfte Kinder und Jugendliche, haben natürlich einen Anspruch auf Förderung.
Wir meinen genauso wie der Landesjugendhilfeausschuss, wie die Jugendamtsdirektorinnen und -direktoren, die bezirklichen Jugendhilfeausschüsse und der Rat der
(Martin Delius)
Bürgermeister, dass angesichts der landesweiten Unterausstattung mit Kinder- und Jugendangeboten das übliche Zuständigkeitspingpong und die gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Land und Bezirken endlich ein Ende haben müssen.
Dieses Hickhack hat sich selbst letzte Woche in den Ausschussberatungen im LJHA und auch hier im Hause fortgesetzt, wo man der Meinung war, man brauche hier nichts Neues, die Bezirke machten einfach ihren Job nicht. Zum Glück ist aber die Senatsverwaltung da schon weiter als die Koalitionsfraktionen und hat in Person von Frau Klebba bereits vor gut zwei Jahren eine Gesetzesänderung angekündigt. Es braucht politischen Willen, wenn in der ganzen Stadt zukunftssicher entsprechend der Anzahl der jungen Menschen verbindlich quantitative und qualitative Fachstandards zur Ausstattung der Sozialräume mit Angeboten der Kinder- und Jugendförderung festgelegt werden sollen. Es braucht natürlich auch eine gesicherte Finanzierung, und das geht, zum Beispiel über eine Zweckbindung, wie das in anderen Bereichen, u. a. beim Hochbau, ganz selbstverständlich und seit Jahren gemacht wird. Innerhalb oder außerhalb der Globalsumme gibt es diverse Möglichkeiten, wie bei anderen außerschulischen Lernorten, z. B. bei den Jugendkunstschulen und anderen Angebote auch.
Kleine Schritte in die richtige Richtung gab es bereits. Nach Anregung des Rats der Bürgermeister wurde die AG Produktkatalog 2014 beauftragt, ein neues Finanzierungssystem zu entwickeln. Ein bisschen was ist dabei herausgekommen, nämlich ein Plausibilitätskostensatz, der sich an den Mindestpersonalkosten orientiert – viel mehr aber auch nicht. So schließt der Bericht der Arbeitsgruppe auch mit der Feststellung: Produktbudgeterhöhungen und -absenkungen lassen sich grundsätzlich in allen Planmengenverfahren umsetzen. – Das gilt auch für den Fall, dass die politischen Entscheidungsgremien eine zweckgerichtete Erhöhung des Bezirksplafonds für die Kinder- und Jugendförderung für erforderlich halten. Das heißt, man könnte einen bedarfsgerechten Zuweisungspreis festlegen, politisch gewollt. Politischer Wille wurde uns im Ausschuss zugesagt; die Senatsverwaltung hat ein Gutachten zur Prüfung der versprochenen Gesetzesänderung beauftragt, das, so hörten wir, bereits am 20. Juli im Landesjugendhilfeausschuss vorgestellt wird. Es besteht also gute Hoffnung, dass daraus folgend bald tatsächlich ein neuer Gesetzentwurf mit breiter öffentlicher Beteiligung und gemeinsam mit den Bezirken diskutiert wird, so wie wir es mit diesem Antrag im Januar 2014 vorgeschlagen haben. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich frage den Senat: Wann und wie wird der Senat dafür sorgen, dass alle in Berlin geborenen Kinder von Geflüchteten durch die Standesämter die ihnen rechtlich zustehenden Geburtsdokumente erhalten, zumal diese Dokumente schließlich Voraussetzung für jeglichen Leistungsbezug, unter anderem für die medizinische und ärztliche Versorgung, sind?
Ich möchte Sie noch einmal fragen, wann Sie dem Problem Abhilfe schaffen wollen, über das seit dem Herbst letzten Jahres Kinderärzte und Hebammen berichten, dass über 400 Kinder, die in Berlin geboren sind und Geflüchtete als Eltern haben, keine Geburtsurkunde oder keinen Registerauszug erhalten, weil die Standesämter der Meinung sind, dass die Eltern, die Geflüchteten, OriginalDokumente vorlegen müssen, damit das Kind registriert wird und eine Geburtsurkunde erhält.
Das ist bekanntermaßen bei geflüchteten Menschen etwas komplizierter als bei denjenigen, die hier schon lange leben. Teilweise muss der Ehevertrag vorgelegt werden, den die meisten auf ihrer Flucht über das Mittelmeer nicht eingesteckt habe. Es ist eine sehr dramatische Situation. Diese Kinder existieren für die Behörden quasi nicht und bekommen keine medizinische Versorgung.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Familien leben gut in Berlin, wenn sie Zeit, aber vor allem Geld haben. Für alle anderen wird die Sache mit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben schnell zum Problem. Das weiß auch der Senat, und der weiß auch, dass er diesbezüglich keinen Plan hat – vor allem keinen ressortübergreifenden. Deshalb dauert ja auch alles immer so lange, und in vielen Fällen bleibt es bei wortreichen An
kündigungen. Beispiel: Stellungnahme des Senats zum Berliner Familienbericht, der ja nun fast schon ein Jahr alt ist. Dann kommt da so eine eilig zusammengeschusterte Aufzählung vermeintlich guter Taten; von Konzept keine Spur – und das wäre heute nötiger denn je, denn die Stadt wächst und wandelt sich, mit deutlichen Konsequenzen für die Familien, hier und heute vordergründig für die Familien mit Kindern.
Jedes Jahr im Frühling fragt Die Linke die Zahlen zur Kinderarmut ab. Und jedes Jahr kommt dabei heraus, dass ein Drittel der Berliner Kinder und Jugendlichen in armen Familien aufwächst. Die Zahlen sind seit Jahren stabil auf diesem hohen Niveau. Das ist erschreckend und keinesfalls familienfreundlich.
Konkret betrifft es mehr als 170 000 Kinder, die auf Transferleistungen angewiesen sind, und 80 000 Kinder, deren Eltern aufstocken, weil sie von dem, was sie verdienen, nicht leben können. Die soziale Spaltung schreitet fort. Auch bundesweit ist jedes fünfte Kind von Transferleistungen abhängig, aber hier in Berlin haben wir die rote Laterne. Der Stadtentwicklungsplan 2013 hat die Familienarmut als größte Herausforderung für die Stadt beschrieben. Und was tut der Senat? – Er hat es in fast fünf Jahren nicht geschafft, die im Koalitionsvertrag versprochene Strategie gegen Kinderarmut vorzulegen, und das, obwohl sie – so hört man – wohl seit Mai letzten Jahres fertig ist.
Warum passiert da nichts, Herr Czaja? Das liegt in der Schublade der Sozialverwaltung. Warum holen Sie das nicht heraus? – Der Familienbeirat, hat in seinem Bericht aufgeschrieben, was arme Familien brauchen und welche Ressourcen sie haben. Dabei geht es nicht nur um Geld. Es geht um diskriminierungsfreie Unterstützung, um unbürokratische Hilfen und Beratungsangebote, um Ganztagsplätze ohne Bedarfsprüfung in Kita und Schule, um wohnortnahe saubere Spielplätze und Grünanlagen. Das sind doch alles keine Unmöglichkeiten!
Das größte Problem, nicht nur für arme Familien, ist bezahlbarer, familiengerechter Wohnraum und Schutz vor Verdrängung aus der gewohnten Lebensumwelt. Durch die wortreichen Ankündigungen ist bisher keine Wohnung zu bezahlbarer Miete entstanden oder wirksam geschützt worden. Die Studie „Sozialer Wohnraumversorgungsbedarf in Berlin“ belegt, dass der Angebotsmarkt weite Teile Berlins in eine Hartz-IV-freie Zone verwandelt hat. Wenn die Familien aus ihrem Kiez verdrängt werden, weil die Mieten steigen und sie von den Jobcentern auch noch zum Auszug gezwungen werden, helfen Ihre Bildungsverbünde rund um Schule, die Sie uns hier in der Stellungnahme als erstes Handlungsfeld Ihrer
(Roman Simon)
Rahmenstrategie ernsthaft als Lösung angeboten haben, überhaupt nicht.
Die Wohnungslosigkeit von Familien mit Kindern ist bereits ein Riesenproblem. Das betrifft nicht nur die Verdrängten, das betrifft auch die Vielzahl von EU-Bürgern, die hierher kommen, weil sie sich für ihre Kinder eine bessere Zukunft wünschen, und die dann in Abrisshäusern und Parks leben müssen, weil sie keinen Aufenthaltsstatus und damit keine Leistungsansprüche bekommen. Dabei haben sie nach ASOG einen Anspruch auf Unterbringung. Auch sie sind Familien in unserer Stadt, genau wie die Geflüchteten. Aber auch für die Familienförderung dieser großen Gruppe von Menschen haben Sie in Ihrem ganzen Masterplan 14 Zeilen aufgeschrieben – ohne Inhalt, ohne Konzept, ohne finanzielle Untersetzung.
Auch die Analyse von Kinderschutzfällen der letzten Jahre hat deutlich gezeigt, dass beengter Wohnraum, mangelnder Rückzugsraum für einzelne Familienmitglieder für Menschen mit komplexen Problemlagen oft der Grund für Eskalationen sind. Oder wie die Mitarbeiterin einer Wohnungsloseninitiative auf dem AWO-Fachtag neulich sagte: „Wir produzieren uns hier unsere Kinderschutzfälle selbst.“ – Nehmen Sie endlich diese Vorgänge ernst und handeln Sie! Aber Sie haben es ja bisher nicht einmal geschafft, die Leitlinien für die Wohnungslosenhilfe fortzuschreiben; auch hier reine Ankündigungspolitik.
Ein hohes Armutsrisiko hat auch die Gruppe der Alleinerziehenden. Das Konzept zur Unterstützung Alleinerziehender war bereits im Januar 2015 nach der Senatsklausur angekündigt worden und liegt nun pünktlich zum Wahlkampfauftakt vor. Die Initiative des Senats, das Unterhaltsvorschussgesetz auf Bundesebene anzugreifen, ist richtig. Allerdings ist der Senatsvorstoß viel zu zaghaft. Dieses Gesetz ist völlig unzureichend. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Staat Unterhaltsvorschuss höchstens bis zum zwölften Lebensjahr zahlt, dann auch noch viel zu wenig mit maximal 145 Euro monatlich und längstens für sechs Jahre. Wir brauchen Unterhaltsvorschuss bis zur Volljährigkeit und ohne Beschränkung der Bezugsdauer. So fordert es auch Die Linke im Bund.
Und die 50 Euro, die der Senat für geringverdienende Alleinerziehende will, sind erstens schnell weg, und zweitens dürften sie wie alle familienpolitischen Leistungen auf Transferzahlungen wie Hartz IV angerechnet werden. Das heißt, sie werden genau wie Kindergeld und Unterhaltsvorschuss auch bei den Ärmsten wieder nicht ankommen.
Atypische Arbeitszeiten treffen Alleinerziehende besonders hart, und weil es bis zur Durchsetzung familienfreundlicher Arbeitszeiten und existenzsichernder Beschäftigung für alle wohl noch ein weiter Weg ist, muss hier schnell Hilfe her. Die Hilfe des Senats ist: Es soll eine Servicestelle auf Landesebene eingerichtet werden, um berufstätigen Alleinerziehenden, die länger arbeiten müssen, als die Kita auf ist, eine ergänzende Betreuung zu besorgen. Die bringt dann die Kinder in die Kita oder holt sie von dort ab. Diese ergänzende Tagesbetreuung gibt es schon immer. Das Problem ist nur, dass von diesem Angebot kaum jemand etwas wusste und dass sich für 2,50 Euro die Stunde kaum jemand findet, der diesen Job machen will; ganz zu schweigen davon, dass wir bekanntlich ein krasses Personalproblem im ganzen pädagogischen Bereich haben, was auch die Differenz zwischen eigentlich verfügbaren, aber unbelegten Kitaplätzen eindrucksvoll belegt. Allein in Neukölln sind das über 600 unbelegte Plätze, weil kein Personal gefunden wird. Ähnlich ist es mit der ergänzenden Tagespflege, die in den Bezirken personell so gut wie nicht vorhanden ist. Die wird zwar jetzt mit dem letzten Haushalt finanziell bessergestellt, allerdings haben wir das nicht der Einsicht des Senats zu verdanken, sondern dem Mindestlohngesetz, das diese Anpassung zwingend gemacht hat.
Woher die Leute kommen sollen, die durch die neue Servicestelle vermittelt werden, das dürfte spannend werden. Im Großen und Ganzen aber ist der Ausbau der ergänzenden Tagesbetreuung gegenüber einer 24-Stunden-Kita aus unserer Sicht eine richtige Möglichkeit. Besser noch wäre es, den Kitas zu ermöglichen, ihre Öffnungszeiten bedarfsgerecht auszuweiten, z. B. indem die Bedarfsprüfung für den Betreuungsstundenumfang endlich abgeschafft wird. Denn nach diesem bewilligten Stundenumfang richten sich Personalbemessung und Öffnungszeiten.
Das käme allen Kindern zugute, deren Eltern, aus welchen Gründen auch immer, nicht erwerbstätig sind. Es bleibt mir ein Rätsel, warum Sie das nicht endlich machen, obwohl es im Koalitionsvertrag steht. Das würde überdies die Verwaltung in den Jugendämtern entlasten. Die könnten sich dann z. B. um Elterngeldanträge kümmern, was dann wieder den Familien helfen würde. Das hat sich ja inzwischen eigeninitiativ entwickelt, eine Beratungsplattform für Elterngeld im Netz hat sich etabliert, wo verzweifelnde Eltern sich gegenseitig beraten, weil es sonst keiner tut.
Apropos öffentliche Verwaltung: Kein Wort des Senats dazu in puncto Familienfreundlichkeit. Wartezeiten in den Bürgerämtern sind ein Dauerbrenner. Das kostet Menschen Zeit und Nerven. An regelmäßige Schließzeiten in den Kitagutschein- und Elterngeldstellen darf sich diese Stadt nicht gewöhnen müssen.
Der Mangel an Personal im RSD, im Kinderschutzdienst, bleibt ein Problem. Auch wenn endlich mehr Stellen bewilligt wurden, braucht es hier deutliche Signale zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen wie die Fallzahlbegrenzung und Einkommensverbesserungen, denn sonst kommen da keine neuen Leute auf den freien Stellen an. Wir unterstützen ausdrücklich den Protestaufruf für den 2. Juni um 9 Uhr vor der Senatsfinanzverwaltung, wo Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Jugendämter erneut für eine bessere Arbeit kämpfen.
Generell ist die öffentliche Infrastruktur dieser Stadt ein Eingeständnis des Versagens. Laut Familienbericht wünschen sich Eltern Austausch und gemeinsame Aktivitäten mit anderen. Dafür fehlen aber in den Bezirken Räume, Plätze und Ressourcen. Der finanzielle Druck hindert die Bezirke daran, alle sogenannten freiwilligen Aktivitäten, die nicht mit Rechtsansprüchen hinterlegt und damit nicht einklagbar sind, umzusetzen. Das sind genau alle niedrigschwelligen Angebote, die Kindern, Jugendlichen und Familien zugutekommen würden. Stichwort: Kinder- und Jugendfreizeitarbeit! – Da warten wir ja auch immer noch auf den Gesetzentwurf.
Die erzielten Haushaltsüberschüsse der Bezirke – ja, die gibt es, das kann man in dem Bericht an den Hauptausschuss rote Nr. 2735 nachlesen – werden lieber auf die hohe Kante gelegt oder zum Schuldenabbau eingesetzt. Auch hier kommt der Senat seiner Verantwortung für einheitliche Lebensverhältnisse in der ganzen Stadt nicht nach. Von einer Erfolgsbilanz kann jedenfalls keine Rede sein. Die Liste, die das belegt, ließe sich endlos fortsetzen. Ein eigenes Kapitel bräuchten allein die Probleme der Familien mit behinderten Kindern oder behinderter Eltern mit Kindern. Da bleibt der Senat Antworten schuldig. Das Thema „Pflege von Kindern“ bleibt völlig außen vor. Dazu äußert sich der Senat nirgendwo auch nur mit einer Silbe. Berlin ist weit davon entfernt, eine familienfreundliche Stadt zu sein. Man wundert sich schon über die Aktuelle Stunde. Sie haben hier wirklich keinen Grund, sich zu feiern.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die wichtigsten Neuregelungen des vorliegenden Haushaltsumsetzungsgesetzes, des jetzt dringlichen Antrags betreffend den Kitabereich, wo es in der Tat dringenden Verbesserungsbedarf gibt – ja, die SPD/CDU-Koalition hat sich in der Frage Personalverbesserungen im U3Bereich einmal nicht völlig beratungsresistent gezeigt und mit dem neuen Vorschlag von gestern für alle überraschend auf den Druck der Fachöffentlichkeit und auf die stetigen Interventionen und Änderungsanträge der Opposition reagiert.
Jetzt wird ab August 2018 ein Kind weniger pro Fachkraft finanziert, ab 2019 kommt noch ein Viertel Kind oben drauf, allerdings nur im Ganztag. Die Schrittfolge
dahin wurde beschleunigt. Das ist der richtige Weg, das wollten wir auch.
Aber, Herr Saleh – jetzt ist er leider nicht da –, Spitzenreiter, wie Sie über die Presse verkünden ließen, sind wir damit noch lange nicht! Berlin bleibt weiter Schlusslicht im bundesweiten Vergleich und erreicht erst ab Herbst 2018 in der Erzieher-Kind-Relation bei den Kleinsten den Bundesdurchschnitt von 2012.
Sie haben doch noch, wie ebenfalls von uns gefordert, die Leitungsfreistellung von der Gruppenarbeit angefasst. Sie liegt derzeit bei 120 Kindern pro Einrichtung und sollte realistischerweise zukünftig ab 80 Kinder gelten, und zwar für die Aufgaben, die jetzt aktuell schon zu erledigen sind.
Da gibt es jetzt laut Gesetzesvorschlag den ersten Schritt ab diesem Jahr bei 110 Kindern, ab dem nächsten Jahr bei 100 Kindern. Das sieht erst mal wie eine spürbare Verbesserung aus. Allerdings wird mit genau demselben Gesetz gleichzeitig für die Leitungen der bürokratische Aufwand deutlich erhöht, z. B. dadurch, dass das ITgestützte Personalmeldesystem und das Platzvormerksystem verpflichtend für alle gemacht werden. Dadurch geht die gewonnene Leitungsfreistellung nur für den zusätzlichen höheren Verwaltungsaufwand drauf und ist nicht für die verkündeten pädagogischen Arbeiten gedacht, also unter dem Strich keine Verbesserung.
Wie das praktisch umgesetzt werden soll, ist auch noch völlig unklar. Verbindliche IT-Anwendungen in kleineren Einrichtungen sind absolute Zukunftsmusik. Sie schreiben ihre Wartelisten in Karohefte und brauchten erst mal eine technische Ausstattung. Ich denke außerdem, dass derlei kitaorganisatorische Regelungen im Zuge der Rahmenvereinbarungen mit den Trägerverbänden verabredet werden müssten.
Aber mit Beratung und Kooperation mit den Betroffenen und Umsetzern Ihrer Kitapolitik haben Sie gar nichts am Hut. Das ganze Gesetzgebungsverfahren ist absolut chaotisch gelaufen. Das zeigte schon das Trauerspiel im Fachausschuss am letzten Donnerstag, als die Koalitionsfraktion ihre Gesetzesänderungen ohne die übliche Anhörung durchgewinkt haben, sich nicht mal die Mühe machten, ihren Antrag zu begründen, und auch noch keine Meinung zur Stellungnahme des Senats hatten. Da war nichts mit Einigkeit. Und das war noch nicht der Gipfelpunkt dieses unsäglichen Verfahrens, das seinesgleichen sucht, und eines Prozesses, der ein von uns allen getragenes gemeinsames Ergebnis hätte haben können.
Das haben Sie als Koalition gründlich verbockt. Ohne Einbeziehung der Betroffenen, nicht mal des Instituts für Qualitätsentwicklung, das sich das Land Berlin extra für
(Christian Goiny)
Beratung leistet, ohne den Landeselternausschuss, die Fachöffentlichkeit, ohne die Trägerverbände wird auch dieser neue Text abgestimmt. Ich bin gespannt, wie Sie diesen Vertrauensbruch wieder hinbekommen wollen.
Von Lobbyisten lasse man sich nichts sagen, meinte Herr Feiler gestern im Hauptausschuss. Das ist eine Unverschämtheit, denn die sogenannten Lobbyisten sind in diesem Fall keine frei schwebenden Profiteure, sondern die Wegbereiter und Umsetzer Ihrer Kitapolitik.
Die vertrauensvolle Kooperation ist außerdem in § 4 SGB VIII festgeschrieben. Das gilt auch für die Exekutive, verehrter Senat, und insbesondere für die Koalitionsfraktionen. Die Praktiker sind scheinbar nur dann gefragt, wenn es darum geht, den Kitaausbau zu stemmen, damit der Rechtsanspruch umgesetzt werden kann, für den der Senat die Verantwortung trägt.
Neben dem katastrophalen Gesetzgebungsverfahren kritisieren wir, dass Sie zwar kleinteilige organisatorische Veränderungen vornehmen, aber nicht die Chance genutzt haben, endlich die Bedarfsprüfung abzuschaffen, obwohl das schon jetzt in Ihrem Koalitionsvertrag steht.
Wir wollen den ungehinderten Zugang zur ganztägigen Kinderbetreuung für alle Kinder, unabhängig davon, ob ihre Eltern arbeits- oder ausbildungssuchend, studierend, asylsuchend, berufstätig sind oder nicht.
Die Förderung des Kindes muss im Vordergrund stehen. Eltern und Kinder sollen selbst entscheiden können, ob und für welche Zeit sie die Kita nutzen wollen. Ich kann nicht verstehen, warum das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt sein soll.
Das Land Berlin kann damit im Nebeneffekt auch viel Geld, Personal und Stress sparen, denn laut Untersuchungen frisst die Bürokratie für die Bedarfsprüfungen nicht nur die Zeit und die Nerven der Eltern, sondern auch Ressourcen der Fachkräfte in den Jugendämtern, die dieses aufwändige Verfahren jährlich neu durchführen müssen, anstatt andere wichtige Aufgaben zu erledigen. Die Bedarfsprüfung ist überflüssig, teuer, pädagogisch nicht vertretbar und diskriminierend. Sie muss weg.
Deshalb liegt Ihnen heute unser Änderungsantrag für diesen wichtigen Punkt vor. Ich werbe noch mal ausdrücklich für dieses Anliegen.
Kritisch sehen wir auch, dass die Einführung der weitergehenden Beitragsfreiheit über die jetzigen drei Jahre hinaus einen so hohen Stellenwert hat. Ja, auch wir sind
der Meinung, dass Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf und lebenslang kostenfrei sein muss. Die schrittweise Umsetzung der Kitakostenfreiheit steht auch in unserem Wahlprogramm. Dazu stehen wir.
Aber machen wir uns nichts vor! Dieses Vorhaben ist nicht sozialpolitisch oder kitapolitisch begründet. Es ist passiert, weil der Fraktionsvorsitzende der SPD sein Profilierungsprojekt Kitapflicht nicht durchsetzen konnte – zum Glück! Es ist passiert, weil er ein neues, anderes, Projekt brauchte, um seinen Namen für den Wahlkampf populär zu machen. Die volle Umsetzung der Beitragsfreiheit für alle sechs Kitajahre schon im Jahr 2018 für 53 Millionen Euro setzt in diesen Zeiten die falsche Priorität. Das sehen nicht nur wir so, das sehen alle Fachleute und die Elternvertretungen auch so. Aber mit denen reden Sie nicht.
Die Frage ist doch: Was nützt uns eine kostenfreie Kita ohne Personal und ohne Räume? Da draußen, in der wirklichen Kitawelt, herrscht vielerorts Ausnahmezustand. Da herrscht Personalmangel. Da gibt es immer mehr langzeitkranke Kolleginnen und Kollegen infolge ihrer Dauerbelastung. Die Kolleginnen und Kollegen vom Fachausschuss und die Senatorin haben alle das jüngste Hilfegesuch einer Kita in Prenzlauer Berg erhalten – wir erhalten dauernd solche Briefe –, worin beschrieben wird, dass von 26 Pädagogen 11 dauerhaft wegen Krankheit fehlen. Das ist längst kein Einzelfall mehr. In einer Leiterinnenrunde letzte Woche in Lichtenberg konnte sich keine Kollegin mehr daran erinnern, wann ihre Kita zuletzt personell auskömmlich besetzt war. In einem pädagogischen Bereich muss auf Leiharbeit zurückgegriffen werden, um die Betreuung der Kinder halbwegs abzusichern. Es geht inzwischen damit los, dass Öffnungszeiten verkürzt werden, dass Eltern gebeten werden, ihre Kinder später zu bringen oder früher abzuholen. Von Qualität der Betreuung, von frühkindlicher Förderung und von der Umsetzung unseres Berliner Bildungsprogramms, das hier so gern gefeiert wird, von ernst zu nehmender Sprachförderung kann unter solchen Umständen nicht mehr die Rede sein.
Das Schlimmste ist, dass inzwischen dringend benötigte Kitaplätze unbelegt bleiben, weil das Personal fehlt. Dazu, wie dem Personalmangel entgegengewirkt und den Kitas geholfen werden könnte, haben Sie keine erkennbare Strategie.
Die Linksfraktion hat in dieser Legislaturperiode mit diversen Anträgen Vorschläge gemacht, unter anderem zur Verbesserung der Personalausstattung für die Sprachförderung, zur Abschaffung des Eigenanteils der Kitaträger von 7 Prozent, damit sie das Personal aufstocken und besser bezahlen können, zu Kitaplätzen für Flücht
lingskinder, zur Einkommensverbesserung der Erzieherinnen – da drückt der Schuh, dafür wird sehr viel Geld gebraucht. Gerade heute gibt es wieder Warnstreikes in Kitas bei der Arbeiterwohlfahrt, und das werden nicht die letzten sein. Es ist bekannt, dass in Berlin um die 300 Euro weniger bezahlt werden als z. B. im Land Brandenburg. Was wollen Sie in dieser Frage unternehmen?
Die Probleme im Kitabereich sind komplex und müssen von allen nur möglichen Seiten angegangen werden. Deshalb verhandeln wir heute neben dem Haushaltsumsetzungsgesetz auch noch zwei weitere Maßnahmen, die wir in diesem Sinne vorschlagen wollen. Die längerfristige ist erstens: Berlin soll sich für ein bundesweites Kitaqualitätsgesetz einsetzen. Das wird von Fachverbänden schon lange empfohlen und nähme den Bund endlich in die Pflicht, sich auch finanziell stärker für die Weiterentwicklung der Kitaqualität zu engagieren, anstatt nur den Rechtsanspruch zu verkünden.
Wer bestellt, der bezahlt. Die Senatorin meint bisher dazu, dass mit einem solchen Bundesgesetz ein Standardabbau im vorbildlichen Berlin erfolgen könnte. Expertenanalysen haben aber bestätigt, was längst Stadtgespräch ist: Der qualitative Kitaausbau hat mit dem quantitativen nicht Schritt gehalten. Das ist in der Stadt inzwischen deutlich zu sehen.
Zweitens: Für den Schutz von Kitas und anderen sozialen Einrichtungen in Mietobjekten muss es kurzfristige Lösungen geben. Neben einer Personalstrategie, neben dem Kitaaus- und -neubau muss es gleichzeitig um den Erhalt von vorhandenen Einrichtungen gehen. Auch hier häufen sich die Pressemeldungen und Hilferufe von Trägern, besonders von den vielen kleinen Einrichtungen im Innenstadtbereich, die ihre Kitas in Mietobjekten betreiben, weil es dort gar keine anderen Möglichkeiten gibt. Wir brauchen alle diese Kitas dringend, jeden einzelnen Platz. Wir brauchen hier schnell kluge Lösungen und machen mit diesem Antrag hier ein Angebot. Herr Schneider! Bringen Sie diese Stadt tatsächlich mal nach vorne, und diskutieren Sie mit uns über solche Dinge!
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Wir beraten heute zwei Anträge, die sich mit derselben drängenden Problematik in unserer Stadt beschäftigen, nämlich mit der wachsenden Zahl von Familien mit Kindern, die wohnungslos sind. Die großen Wohlfahrtsverbände, die Beschäftigten aus Hilfeeinrichtungen weisen seit Langem darauf hin. Um die 2 600 Kinder leben aktuell in Berliner Einrichtungen der Obdachlosenhilfe. Der Hauptgrund dafür ist, dass ihre Eltern Mietrückstände hatten und ihnen daraufhin die Wohnung gekündigt wurde oder sie zwangsgeräumt wurden. Der Markt für bezahlbaren Wohnraum ist leergefegt, und wer keine Mietschuldenfreiheitserklärung vorweisen kann, hat erst recht kaum eine Chance.
(Hakan Taş)
Unabhängig von der desolaten Wohnraumsituation gibt es eine wachsende Zahl von Menschen, die von den Lebenshaltungskosten erdrückt werden, die bis zuletzt versuchen, ihre Miete dennoch zu zahlen, bis es nicht mehr geht und sie in der Verschuldung landen. Die Jobcenter gehen bekanntlich auch nicht gerade zimperlich mit ihren Kunden um und drängen auf Umzüge, obwohl sie wissen, dass es nahezu aussichtslos ist, bezahlbaren Wohnraum zu finden, speziell für Familien mit mehreren Kindern. Am Ende dieser Prozesse steht dann immer häufiger der Wohnraumverlust.
Dazu kommen immer mehr Menschen, z. B. aus Südosteuropa, in die Stadt, die hier noch nie eine Wohnung hatten, und eine ebenso wachsende Zahl von Menschen, die nicht als Flüchtlinge anerkannt wurden, aber trotzdem in unserer Stadt bleiben. Wer Glück hat, kommt bei Bekannten unter oder in einer der Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Wer Pech hat, muss in Auto, Park oder leer stehenden Gebäuden übernachten. Kein Mensch gehört auf die Straße, aber Kinder ganz besonders nicht.
Hier besteht dringender Handlungsbedarf, denn die Plätze der Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe reichen nicht hinten und vorne. Sie müssen Familien mit Kindern wegschicken, weil ihre Kapazitäten erschöpft sind. Die Häuser sind auch deshalb rappelvoll, weil Menschen nun mal nicht wieder ausziehen können, wenn sie keine Wohnung finden. Bis zu 18 Monate lang essen, schlafen, arbeiten und spielen ganze Familien in nur einem Raum ohne Rückzugsmöglichkeiten für Erwachsene oder Kinder. Das ist eine enorme Belastung für alle Beteiligten. Die Einrichtungen sind weder räumlich noch personell auf die Bedürfnisse von Kindern und Familien eingestellt, bei aller Mühe, die sich die Mitarbeitenden vor Ort geben.
Wir haben im Ausschuss gehört, dass die Unterbringungsmöglichkeiten für Familien mit Kindern in Berlin von 24 auf 30 Plätze aufgestockt werden sollen. Das klingt in Anbetracht der Situation leider wie ein schlechter Witz: 2 600 Kinder, Tendenz steigend. Was ist also zu tun, oder besser gefragt, was ist zuerst zu tun? – Es müssen für die sofortige Hilfe ganzjährige niedrigschwellige Angebote geschaffen werden, die kindgerecht sind und wo es pädagogische Betreuung und Beratung für die Familien gibt.
Wir brauchen schnellstens eine berlinweite Erfassung der Zahl wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Familien mit Kindern, damit zum einen präventiv gehandelt werden kann und der Wohnraumverlust gar nicht erst passiert und damit wir zum anderen endlich einmal wissen, wie viele Unterbringungsmöglichkeiten
überhaupt gebraucht werden für den Fall, dass die Prävention zu spät kommt oder gar nicht möglich war.
Die Zahlen gibt es in den Bezirken, sie müssten nur zusammengeführt und aufbereitet werden. Uns wird immer gesagt, das ginge alles nicht, obwohl es in anderen Metropolen wie München oder Hamburg sehr wohl geht. Der Senat agiert hier leider nach dem Motto: Wo keine Zahlen, da kein Problem. – Dabei haben wir hier immerhin auch einen Kinderschutzauftrag. Diesen umzusetzen kann nicht heißen, dass Familien auseinandergerissen werden, indem man die Kinder in Obhut nimmt. Das ist definitiv nicht die Lösung. Passgenaue Hilfen sind die Lösung.
Wir brauchen schnell eine ressortübergreifende Zusammenarbeit auf Landes- und auf bezirklicher Ebene für die Entwicklung von Verfahren und Strukturen für die ganze Stadt. Uns ist in einer Anhörung berichtet worden, dass gerade die Schwächsten mit ihren Problemen im Kompetenzgerangel zwischen den Behörden aufgerieben werden. Das muss ein Ende haben. Land, Bezirke, Träger, Institutionen und Einrichtungen müssen gemeinsam an der Umsetzung und Entwicklung geeigneter Maßnahmen arbeiten. Dabei wird sich zeigen, wie und welche Ressourcen aufgestockt werden müssen, denn dass die Berliner Unterbringungsleitstelle hoffnungslos überfordert ist und dass die sozialen Wohnhilfen ebenso wie die Jugendämter am Limit arbeiten, ist schließlich kein Geheimnis. Wichtig ist, es muss endlich etwas passieren.
Warum wurde es in der ganzen Legislaturperiode nicht geschafft, die Leitlinien zur Wohnungslosenhilfe fortzuschreiben? Falls Sie das gerade tun, ist dringend auch der Aspekt der Wohnungslosigkeit von Kindern mit Familien zu berücksichtigen. Bei der Gelegenheit können Sie auch gleich mal die fertiggeschriebene Strategie gegen Kinderarmut auf den Tisch packen. Die liegt seit fast einem Jahr bei der Sozialverwaltung zur Gegenzeichnung in der Schublade. Vielleicht steht da schon einiges Hilfreiches drin. Auch an dieser Stelle ist die ganze Legislaturperiode lang nichts passiert. Das ist unverständlich angesichts der dramatischen Situation. Lassen Sie es uns aber jetzt im Ausschuss konstruktiv behandeln! – Danke!
Vielen Dank! – Ich frage: Wie bewertet der Senat den Vorgang in Mitte, wo 86 unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge zu einem Tagessatz von 70 Euro pro Person in nicht gemeldeten, also illegalen Ferienwohnungen untergebracht wurden, obwohl der Bezirk bereits seit über einem Jahr gegen den Betreiber wegen Verstoßes gegen das Zweckentfremdungsgesetz genau in diesen Objekten klagt? Und welche Schlussfolgerungen werden jetzt gezogen?
Vielen Dank! – Das ist gut, dass die Sache in Bearbeitung ist. Wie wollen Sie vermeiden, dass derartige Vorfälle zukünftig noch mal in anderen Bezirken passieren? Das lag wohl hier – wie in anderen Fällen auch – an der schlechten Kommunikation mit dem Bezirk, der sich positiv hervortut, indem er gegen die illegale Nutzung von Ferienwohnungen vorgeht, gerade um Wohnraum für Flüchtlingsfamilien zu bekommen.
Welche Maßnahmen werden resultierend aus diesem Vorgang bzw. aus diesem Fehler getroffen?
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Die Intention der beiden vor uns liegenden Anträge ist richtig. Wer wählen kann und wählen will, der sollte das auch dürfen. Das Wahlrecht steht jedem Menschen grundsätzlich zu und muss nicht begründet werden. Der Ausschluss vom Wahlrecht muss begründet werden. Wie Herr Jupe eben auch schon festgestellt hat, ist eine Altersgrenze immer willkürlich und kann nicht gerecht sein – nach oben nicht und nach unten auch nicht. Herr Jupe! Wir sind schon der Meinung, dass mehr Rechte auch zur Folge haben, dass mehr Verantwortung übernommen wird.
Wie der Berliner Demokratieforscher und Sprecher der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen Wolfgang Gründinger sagt, gibt es keinen Grund, warum ausgerechnet Kinder und Jugendliche, die doch am längsten in diesem Land leben werden, vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Jeder Mensch, gleich welchen Alters, sollte das gleiche Stimmrecht haben, wenn er davon Gebrauch machen will.
(Dirk Behrendt)
Ja, bitte!
Ach, es war Herr Dr. Juhnke! Ich entschuldige mich.
Genau, da geht das Abendland unter! –
Das gleiche Stimmrecht für alle, so meint Herr Wolfgang Gründinger, sei ein Gebot der Demokratie, der Volkssouveränität und der Generationengerechtigkeit. Das Wissen um oder das Interesse an Politik ist kein Kriterium für das Wahlrecht, sonst müssten wir das grundsätzlich für alle einfordern.
Auf Bundesebene werden auch andere Modelle diskutiert. Herr Dr. Behrendt hatte das schon angedeutet. So zählte die linker Ideologie unverdächtige „Wirtschaftswoche“ das Familienwahlrecht zu den zwölf Ideen, die Deutschland voranbringen könnten, weil es einer Gerontokratie vorbeugen könnte. Es sei undemokratisch, dass z. B. ein kinderloses Paar an der Wahlurne doppelt so viel Gewicht habe wie eine Alleinerziehende mit drei Kindern. Das sieht auch die SPD-Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig so. Sie sagte:
Ich fände es aber richtig, wenn Eltern für ihre Kinder wählen gehen dürften, … Doch das ist in Deutschland sehr umstritten.
Zu Recht, wie auch ich finde!
Genau das ist auch der Knackpunkt bei den vorliegenden Anträgen der Piratenfraktion. Demokratische Veränderungen müssen erstritten und verhandelt werden und müssen die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, insbesondere dann, wenn man gleich die Verfassung ändern will. Mal abgesehen davon, dass auch die hier vorgeschlagene Altersstaffelung willkürlich ist, ist eine Absenkung des Wahlalters bis hinunter auf sieben Jahre in unserer Stadtgesellschaft noch nicht mal umstritten. Sie wird überhaupt nicht diskutiert. Sie ist kein Thema.
Auch in diesem Hause kann man nicht gerade von einer leidenschaftlichen Debatte reden. Da muss ich Herrn Dr. Behrendt recht geben. Das Anliegen einer Absenkung des Wahlalters ist insgesamt überaus sträflich behandelt worden, statt dass man darüber, wie in der ersten Lesung im Januar 2012 von Herrn Langenbrinck vorgeschlagen, eine seriöse Debatte geführt hätte. Das zeigte sich schon im mitberatenden Rechtsausschuss, wo die Aussprache zu diesen Anträgen und auch zu unserem Antrag – dem von Grünen und Linken – zum Wahlalter 16 im März 2012 am Ende der ersten Haushaltslesung nach zehn Sitzungsstunden gegen 22 Uhr stattfand. Seitdem schmort z. B. der Wahlalter-16-Antrag im Innenausschuss, und die heute abzustimmenden Piratenanträge wurden ohne Aussprache im Innenausschuss durchgewinkt, was ich nicht nachvollziehbar finde. Ich meine, in einem Stadtstaat, der altersmäßig der jüngste im Bundesgebiet ist und dessen Bevölkerungsprognose besagt, dass bis 2020 die Zahl der unter 18-Jährigen um 23 Prozent steigen wird, hätte uns eine Debatte aus der Perspektive junger Menschen gut zu Gesicht gestanden.
Aber es gibt ja noch Hoffnung und einen Vorschlag für den nächsten Schritt in Richtung Flexibilisierung des Wahlalters. Herr Dr. Juhnke! So verstehe ich auch den Wahlalter-16-Antrag oder den Vorschlag, das Wahlalter auf 16 abzusenken. Das ist schon lange ein Thema in diesem Haus und in dieser Stadtgesellschaft.
Auch wir halten diesen Weg für zielführend – in Richtung Flexibilisierung des Wahlalters. Hier ist jetzt gerade eine Wanderung. Ich höre von Herrn Behrendt mit Entsetzen, dass die SPD, die es ja noch in ihrem Wahlprogramm stehen hatte, sich von diesem Weg wegbewegt hat.
Die SPD hat sich von diesem Weg wegbewegt, und das ist sehr schade. Das funktioniert nämlich in Brandenburg, in Bremen, in Hamburg und in Schleswig-Holstein sowie in elf Bundesländern – wie auch hier in Berlin – zumindest auf kommunaler Ebene. Die schizophrene Situation, dass ab 16-Jährige in den Bezirken wählen dürfen, dass sie an Volksinitiativen, nicht aber an Volksbegehren und Volksentscheiden und den Wahlen zum Abgeordnetenhaus teilnehmen können, ist und bleibt schlicht nicht vermittelbar.
Einige von uns werden das bei der Jahresmitgliederversammlung des Landesjugendrings am 5. März mit jungen Menschen selbst weiter besprechen. Sie haben das dort zum Thema gemacht. Ich erwarte, dass sich auch der Innenausschuss und das Parlament zum Wahlalter-16Antrag konstruktiv verhalten. Zumindest in Vorbereitung auf die nächste Legislaturperiode: Das Wahlalter 16 ist eine realistische und mehrheitsfähige Option.
Zu den Piratenanträgen werden wir uns enthalten. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wir haben ein Problem im Kitasystem, und das ist der Fachkräftemangel. Dieses Problem muss mit allen Möglichkeiten angegangen werden, anstatt es – wie jetzt – auszusitzen oder politische Entscheidungen zu treffen, die komplett populistisch sind, jenseits von fachlicher Strategie und dem tatsächlichen Bedarf wie mit dem merkwürdigen Haushaltsumsetzungsgesetz. Ein paar Wimpernschläge nach Ende der Haushaltsberatungen schüttelt Herr Saleh seine für die Praxis nur homöopathisch wirksamen Vorschläge aus dem Ärmel – ein viertel Kind weniger ab August 2016 bis hin zu einem ganzen Kind weniger ab 2019. In ungefähr vier Jahren haben wir also ein Kind weniger pro Fachkraft bei den unter Dreijährigen. Das ist für Qualität übrig geblieben. Das ist aber auch nur gefühlt der Fall, denn woher die nötigen Fachkräfte kommen sollen, hat noch niemand gesagt.
Sie glauben, damit fein heraus zu sein und sich mit den Problemen im Kitasystem nicht mehr auseinandersetzen zu müssen. Die Probleme gehen aber nicht von alleine weg, sie fallen Ihnen auf die Füße. Schlimmer noch: Sie stressen Eltern, Kinder und Fachkräfte, und das täglich. Kitas sind Bildungseinrichtungen, und die Fachkräfte stellen sich diesem anspruchsvollen Ziel, merken aber, dass sie an ihre Grenzen stoßen. Die gesetzliche verankerte Personalausstattung reicht einfach nicht aus, um all die wachsenden Aufgaben zu erfüllen. Es mangelt an Nachwuchs, es werden keine Leute mehr gefunden, die Leitungsaufgaben übernehmen wollen, und es werden überhaupt keine neue Leute mehr gefunden. Eine Fachberaterin drückte es neulich so aus: Schlimm genug, dass manche Träger in ihrer Not Leute eingestellt haben, die sie eigentlich für nicht qualifiziert genug hielten. Wenn bisher immer noch ein paar Körner aus der Sanduhr gerieselt sind, dann ist das jetzt vorbei. Es kommen keine Bewerbungen mehr. Und außerdem: Warum sollen wir neue Plätze schaffen, wenn wir kein Personal finden? – Das heißt, es müssen endlich echte Anreize geschaffen werden, um Fachkräfte zu gewinnen. Der Kitaplatzausbau, der Abbau von Hürden zum Kitaplatz für Eltern und das Berliner Bildungsprogramm haben nur dann Sinn, wenn auch gut qualifizierte und motivierte Erzieherinnen und Erzieher da sind.
Als im Dezember letzten Jahres vor dem Haus des Finanzsenators Fachkräfte der Sozial- und Erziehungsdienste demonstrierten, wurde zweierlei deutlich: Sie brauchen bessere Arbeitsbedingungen wie z. B. eine angemessene Personalausstattung, aber sie brauchen auch – ganz wesentlich – eine bessere Bezahlung. – Wer sagt, dass sich die Politik nicht in Tarifangelegenheiten einmischen sollte, der irrt. Als Abgeordnetenhaus haben wir das
(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)
Recht und die Pflicht, dem Land als Tarifpartner die Richtung zu weisen. Deshalb dieser Antrag!
Weil es im letzten Jahr gelungen ist, mit dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, der im größten Teil des Bundesgebietes gilt, Einkommensverbesserungen in den Sozial- und Erziehungsdiensten durchzusetzen, ist die Differenz zu den Gehältern der Berliner Beschäftigten unter dem Tarifvertrag der Länder noch deutlicher geworden. So verdient eine Erzieherin ein paar Kilometer weiter hinter der Landesgrenze in Brandenburg nach TVöD als Berufsanfängerin in der Stufe 1 ca. 120 Euro mehr und in der höchsten Stufe 6 ca. 400 Euro mehr als nach TVL hier in Berlin. Das ist nicht akzeptabel und wirbt nicht für eine Berufstätigkeit in unserer Stadt. Das darf und muss nicht so bleiben.
Das Land Berlin kann eigenständig im Vorgriff auf die längerfristige Angelegenheit, die Tarife im TVL zu verbessern, von vorhandenen Möglichkeiten des § 16 Abs. 5 TVL Gebrauch machen. Danach können abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten Beschäftigte höher eingruppiert werden. Das ging in anderen Berufen auch schon.
Wir sind guter Hoffnung, dass unser Antrag positiv im Ausschuss diskutiert wird. Auch die Berliner CDU hat auf ihrem Bildungsparteitag beschlossen, den Finanzsenator aufzufordern, sich – ich zitiere –
gegenüber den anderen Bundesländern für eine perspektivisch deutlich bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher wie nach TVöD einzusetzen.
Sie haben gestattet, dass wir diese Anregung in unseren Antrag aufgenommen haben. Ich finde, das ist eine gute Basis, und ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Danke schön!
Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gründungsaufruf des Berliner Kitabündnisses aus dem Jahr 2008 heißt es:
Als kleine Kinder machen Menschen die größten Schritte in ihrer Entwicklung. Ihre Lernfähigkeit, ihr Erkundungsdrang und ihr Wille, sich die Welt zu erschließen, werden im Laufe des Lebens nie wieder so ausgeprägt sein, wie sie es in dieser Lebensphase sind. … Deshalb haben alle Kinder das Recht auf eine gute und anregungsreiche Kita.
Dieses Recht ist möglichst früh, schon im Krippenalter, zu gewährleisten. Das ist Konsens im Land Berlin. Das bedeutet aber, dass eine Kitabedarfsplanung auch flächendeckend und gemessen an der Zahl der melderechtlich registrierten Kinder und unter Berücksichtigung der sozialräumlichen Belastung von Stadträumen entwickelt werden muss. Es geht darum, die Inanspruchnahme der Kindertagesbetreuung gerade für jene Kinder auszuweiten, die bisher aufgrund des geringen Interesses oder der Unkenntnis oder der Vorbehalte ihrer Eltern nicht in den Genuss der frühen Förderung kommen. Genau hier gibt es Defizite.
Der Zusammenhang zwischen sozialer Belastung und ethisch-kultureller Herkunft einerseits und der Inanspruchnahme von Angeboten der Kitabetreuung ist empirisch nachgewiesen. Das zeigen z. B. immer wieder die Auswertungen der Schuleingangsuntersuchungen, wie z. B. bei der Feststellung zu den Determinanten zur Dauer eines Kitabesuches aus dem Bezirk Mitte in 2012. Dort waren über 92 Prozent der Kinder aus Familien der sogenannten oberen sozialen Schicht bis zur Einschulungsuntersuchung länger als zwei Jahre in der Kita. Der Anteil der Kinder aus den sogenannten unteren sozialen Schichten lag lediglich bei 72,3 Prozent, bei Kindern arabischer Herkunft nur bei 25,3 Prozent und aus westlichen Industrieländern gesamt nur bei 43,5 Prozent.
Das Problem ist also bekannt und beschäftigt nicht wenige Fachverbände. So hat das deutsche Jugendinstitut in seiner Studie „Aufwachsen in Deutschland“ konstatiert, dass vor allem qualitative und interkulturelle Hürden zugewanderte Eltern davon abhalten, ihre Kinder in eine Krippe zu schicken, und dass es insgesamt Eltern mit geringer Schulbildung schwerer haben, überhaupt einen Kitaplatz zu ergattern. Weite Wege zur Einrichtung sind ebenso ein Hindernis. Grundsätzlich wird bestätigt, dass für viele der Zugangshürden nicht der Migrationshintergrund, sondern die geringe Schulbildung der Eltern und ihre soziale Situation ausschlaggebend für die Nichtinanspruchnahme einer Kindertagesbetreuung sind. Das heißt, hier muss Aufklärungsarbeit geleistet werden, um eben diese Familien zu erreichen. Und das heißt natürlich auch, dass wir ausreichend Platzangebote brauchen, und zwar genau dort, wo zwar Kinder sind, aber bisher noch keine oder eine geringe Nachfrage besteht.
Die Frage ist doch: Wie kann der Bedarf gerade bei jenen geweckt werden, die eine Kitaförderung ihrer Kinder am dringendsten brauchen? Es ist notwendig, dies in einer Kitaentwicklungsplanung politisch mitzudenken und zu steuern.
Der Senat plant aber ausschließlich nachfrageorientiert. Wir brauchen jedoch eine Planung, die nicht der Nachfrage hinterherrennt, sondern sich an der Bevölkerungsstruktur, an der Kinderzahl orientiert und nicht nur an der Zahl der Bewerbungen für einen Kitaplatz.
Dies ist auch deshalb nötig, weil in den entsprechenden Kiezen flankierende Maßnahmen ausgebaut werden müssen: die Stadtteilmütter, die jenseits von Amtsstuben mit den Familien reden, aber auch zeitliche und nervliche Kapazitäten von Kitaleitungen oder Jugendamtskolleginnen, die bei den Familien für möglichst frühe Kitaförderung werben müssen. Das muss politisch mitgedacht werden, auch bei der Personalplanung für die Jugendämter. Es ist lächerlich, wie der Senat hier Personalmehrbedarfe abspeist.
(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)
Wir haben diesbezüglich schon diverse Vorschläge gemacht, wie die Abschaffung der Bedarfsprüfung, die übrigens auch im Koalitionsvertrag steht, als eine relevante bürokratische Hürde für die Eltern und als Ressourcenverschleiß im Jugendamt und vieles mehr.
Zuallererst aber braucht es mehr als eine Kenntnisnahme des Problems hier im Land Berlin. Der Senat hat in seinem Bericht zur Bedarfsentwicklung und Schaffung neuer Plätze zwar angekündigt, stärker in den Sozialräumen mit geringem Versorgungsgrad investieren zu wollen, will aber das bestehende Versorgungsniveau nur halten und bleibt damit in seiner Logik der Nachfrageorientierung. Das bleibt auch nach der veröffentlichten Bedarfsplanung 2016 nicht ausreichend definiert. Das reicht bei Weitem nicht aus und wird an der schlechten Inanspruchnahme nichts ändern. Auch die unter dieser Regierungskoalition so angesagten restriktiven Methoden wie Bußgelder und Verpflichtungsansinnen werden hier nichts bewirken. Wir müssen die Familien da abholen, wo sie sind. In der Praxis passiert das längst. Nicht Restriktion, sondern das Angebot führt zum Ziel.
Das will dieser Antrag wie auch der Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses zur Erneuerung der berlinweiten Kitaplatzplanung, nämlich die sozialräumliche Berücksichtigung und Anpassung der derzeit unterschiedlichen Versorgungsquoten aus soziostrukturellen Gründen, und zwar offensiv und nicht reaktiv. – Danke schön!
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Grundsätzlich lässt sich zu den Haushaltsschwerpunkten im Kinder- und Jugendbereich feststellen, dass es zwar Bemühungen gibt, den Anforderungen der wachsenden Stadt gerecht zu werden, allerdings bleiben dabei qualitative Anforderungen auf der Strecke, und das lässt sich nicht schönreden.
Das Sprichwort: Morgen wirst du über die Brocken fallen, die du heute hingeschmissen hast. – hat sich leider in wichtigen Bereichen bewahrheitet.
Ich will drei Beispiele nennen. Erstens: der Maßnahmenplan zur bedarfsgerechten Personalausstattung der Jugendämter. 160 zusätzliche Stellen für den regionalen sozialpädagogischen Dienst! Die Kitagutschein- und Elterngeldstellen wären mindestens notwendig gewesen, um die bestehenden Defizite auszugleichen. 70 Stellen hat der Finanzsenator zugebilligt – nicht, um dem Problem der Arbeitsüberlastung und dem Personalmangel entgegenzuwirken, sondern nur als Anpassung an die gestiegenen Bevölkerungszahlen. Das reicht nicht und ist ein Armutszeugnis.
4 Millionen Euro bräuchte es für die nötigen 90 Stellen. Die sollen nicht da sein? Es wird also weiterhin Schließungen von Kitagutschein- und Elterngeldstellen und des RSD geben. Es ist zu erwarten, dass weiße Fahnen der Kapitulation vor den Fenstern der Jugendämter auch weiterhin zum Stadtbild gehören werden. Auch damit hat Berlin inzwischen bundesweit Berühmtheit erlangt.
Leider – schlechte Ideen kommen selten allein – bleiben die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit gemäß § 11 SGB VIII drastisch unterfinanziert. Auch hier gab es von allen Sachverständigen ein klares Votum und einen Minimalkonsens: 14,1 Millionen Euro hätte es gebraucht, nur um den Status quo aufrechtzuerhalten, ohne dass dabei die wachsende und sich ändernde Bedarfslage berücksichtigt wurde. Aber nicht einmal das war wichtig genug. 4,9 Millionen Euro gibt es nur. Wir beantragen, im Haushalt sofort die Differenz von 9,2 Millionen Euro einzustellen, und wir erwarten, dass die angekündigte Gesetzesänderung zur bedarfsgerechten Ausstattung der Kinder- und Jugendarbeit noch in dieser Legislaturperiode vorgelegt wird, damit die außerschulische Bildung und Förderung neben mehr Aufgaben auch einmal die ihr zustehende Anerkennung erhält und nicht mehr nur den Sparzwängen der Bezirke geopfert wird.
Drittens: Wir stimmen heute über die Überraschungsmillionen für den Kitabereich ab. Gegen mehr Investitionen ist ja grundsätzlich nichts einzuwenden, schließlich brauchen wir dringend weitere Kitaplätze, viel mehr gut qualifiziertes Personal und bessere Arbeitsbedingungen für unsere Beschäftigten, also eine gute Grundlage für gute Qualität. Wir brauchen weniger Kinder pro Fachkraft, Zeit für die Anleitung von Azubis und für die Leitungen, damit sie ihre Managementaufgaben erfüllen können, und eine bessere Bezahlung. Natürlich, Herr Saleh, sind das die richtigen Prioritäten. Da gehören alle Millionen hin. Ich möchte gerne mal wissen, in welchem Paralleluniversum Sie zu Ihren Stammtischen gehen. Hätten Sie mal lieber in den Kitas und bei den Eltern nachgefragt!
Aber auch hier wird das Votum der Realität ignoriert. Es werden alle Sachverständigen ignoriert. Es werden sogar die eigene Senatsverwaltung und die eigene Parteibasis ignoriert. Wegen der Profilierung eines einzelnen Fraktionsvorsitzenden! Jetzt tun Sie auch noch so, als stecke ein Plan dahinter. Das ist nicht Gestalten.
Ja, es ist richtig! Wir haben unter Rot-Rot die letzten drei Kitajahre gebührenfrei gemacht, weil Gebühren ungerecht sind. Wir als Linke haben übrigens einen ordentlichen Parteitagsbeschluss, der langfristig Bildungsgebühren abschaffen will. Sie können aber sicher sein, dass wir unseren Wählern locker erklären können, dass dies für diesen Haushalt nicht unser größtes Problem ist, sondern der Platz- und Fachkräftemangel. Ich möchte im Gegenzug von Ihnen mal wissen, wie Sie den Menschen erklären wollen, wie Sie mit gebührenfreien Kitaplätzen ohne Erzieherinnen und Erzieher umgehen sollen.
Die Gebührenfreiheit ist für diesen Haushalt ein ungeliebtes Geschenk. Wie es der Landeselternausschuss Kita in seiner Stellungnahme ja so treffend ausgedrückt hat und wie Frau Marianne Burkert-Eulitz schon gesagt hat – es ist so schön, dass ich es wiederholen muss –: Danke, Onkel Saleh und Onkel Graf, für die kratzigen Tennissocken! – Dem ist nichts hinzuzufügen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ungefähr 5 700 unter 18-jährige Kinder und Jugendliche wurden in Berlin bis zum 3. November in Einrichtungen für Geflüchtete registriert. Darunter sind etwa 2 400 null- bis sechsjährige Kinder. Die Zahlen sind noch nicht einmal aus allen Unterkünften bekannt und ändern sich täglich. Natürlich ist es auch angesichts des Tempos eine große Herausforderung, zügig eine an den Bedürfnissen von Kindern orientierte Flüchtlingsintegration umzusetzen. Aber genau darum muss es gehen, genau davon sind wir Lichtjahre entfernt.
Dass besonders bei Förderung von Kindern aus Flüchtlingsfamilien im Vorschulalter Handlungsbedarf besteht, dass möglichst viele dieser Kinder in Regelangebote der Kindertagesbetreuung integriert werden sollen, ist politischer Konsens hier im Land, zumal jedes dieser Kinder einen Rechtsanspruch darauf hat.
(Präsident Ralf Wieland)
In Kita und Tagespflege angekommen, sind bisher nur 470 Kinder. Zum Vergleich: Im Januar dieses Jahres waren es 325. Auch in diesem Bereich steht die allgegenwärtige Frage im Raum, warum es nicht besser wird und warum es so lange dauert. Richtig ist, dass die Familien zunächst einmal andere Lebensprobleme haben, sie systembedingt häufig die Unterbringung wechseln müssen, oder dass sie aus Kulturkreisen kommen, wo frühe öffentliche Förderung nicht so bekannt ist. Wichtig ist uns aber, das Kindeswohl im Fokus zu haben. Die Kinder müssen möglichst früh die Möglichkeit haben, wieder Kind sein zu dürfen, indem sie gemeinsam mit Gleichaltrigen Zugang zu Bildungsangeboten erhalten.
Das fördert auch die schnelle gesellschaftliche und sprachliche Integration. Das geht nie wieder so gut wie in diesem Alter. Hier braucht es viel mehr Aufklärung der Eltern über das Bildungsangebot, Kita und den Rechtsanspruch, sachkundiges Personal, das für diese Aufklärung sorgt, und natürlich Kitaplätze. Dass es an dieser Stelle ohnehin knirscht, ist bekannt.
Deshalb haben wir bereits im Januar 2014 – so alt sind die beiden vorliegenden Anträge – vorgeschlagen, Flüchtlingskinder bei der Bedarfsprüfung für Plätze und Personal mitzudenken und mit Kitaträgern Vereinbarungen über schnell und flexibel belegbare Plätze zu treffen. Zu Letzterem wurde uns erklärt, es ginge nicht. Aber auch hier beweisen engagierte Praktiker sehr wohl, dass es geht. Immer mehr Kitas stellen trotz Platzmangels ein bis zwei Plätze für Flüchtlingskinder zur Verfügung; einige Bezirke treffen solche Regelungen.
Ebenso hatten wir mit dem zweiten Antrag vorgeschlagen, die Bezirke ausreichend bei der Schaffung der notwendigen Infrastruktur im sozialen und Familienbereich zu unterstützen und sofort Mittel für entsprechendes Personal zur Koordinierung an die Hand zu geben, und zwar damals. Das Problem, das sich heute zeigt, ist, dass es zwar viel Engagement von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen gibt, aber keinen Austausch über gute Praxis, keine gute Vernetzung und Koordination. Wo keine funktionierenden Strukturen sind, hilft auch kein Handlungsleitfaden.
Im Integrationskonzept, das seit Sommer dieses Jahres existiert, wurde richtig erkannt, dass der Ausbau vorhandener Angebote mit dem Ziel ganzheitlicher Bildung wichtig ist, vorhandene Angebote im Kinder- und Jugendfreizeitbereich, der Familienbildung, in Kultur und Sport. Geflüchtete Familien sollen außerdem mehr über Familienzentren, Beratungsangebote und aufsuchende Elternarbeit erreicht werden. Die Jugendämter müssen viel besser ausgestattet werden und so weiter. Gemeint sind genau all jene Angebote, die in den letzten Jahren sukzessive heruntergewirtschaftet wurden. Es wird alles mehr denn je gebraucht. Jetzt haben wir genau dort ein
Problem, beispielsweise in der Frage, woher plötzlich die benötigten Leute kommen sollen.
Eine Bedarfsabfrage in den Bezirken ergab außerdem, dass es neben mehr Personal in den Ämtern einen hohen Bedarf an Fortbildungen zu interkulturellen Kompetenzen, zu Traumata und anderen Belastungsstörungen, aber auch zum Umgang mit Rechtsextremismus gibt. Das muss jetzt alles Hals über Kopf neben den regelhaften Aufgaben und den zusätzlichen Herausforderungen durch die geflüchteten Familien in den Bezirken gestemmt werden. Dabei ist die große Mehrheit der Geflüchteten noch längst nicht in den Bezirken angekommen. Es gibt Aufgaben und gute Vorschläge ohne Ende. Aber das interessiert die Regierungskoalition sowieso nicht, wie wir gerade wieder erleben. Um auch hier noch einen Satz zur Kita für alle zu sagen: Anstatt auf der Metaebene fachpolitisch sinnvolle Entscheidungen zu treffen, betreiben Sie populistische Machtpolitik und rühmen sich mit Kitagebührenfreiheit, anstatt alle Mittel in mehr Personal und Neubau zu stecken, so wie es alle Sachverständigen raten und Ihre eigene Mitgliedschaft ebenso.
Es muss sich keiner Sorgen machen, Herr Schneider. Dass wir als Linke lieber die richtigen Prioritäten setzen, werden unsere Wählerinnen und Wähler ganz sicher nachvollziehen können.
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Herr Simon! Die 107 Millionen Euro werden erst nach einem Ablauf von drei Jahren fällig. Das ist die Gesamtsumme gewesen, die Sie jetzt hier wiedergegeben haben, die das Kitabündnis fordert. Wir alle fordern stufenweise Aufstockung, aber das kann ich später noch erläutern, wie das eigentlich gemeint ist. Mit den Anträgen der Piraten liegen nun von allen Oppositionsparteien, -fraktionen parlamentarische Initiativen vor, die die Forderungen des Kitabündnisses unterstützen. Auch wir finden, wie Sie wissen, dass da die richtigen Schwerpunkte gesetzt werden und dass hier in Berlin schneller und mehr passieren muss, als bisher vom Senat vorgesehen.
Erst vor wenigen Tagen ist in einer von der Linken beantragten Anhörung zu den Forderungen des Kitabündnisses der dringende Handlungsbedarf noch einmal deutlich formuliert worden. Fakt ist, der für die Kitaqualität wesentliche Personalschlüssel ist zu schlecht, und wie man es auch dreht und wendet: Berlin ist in der Versorgung gerade der Jüngsten so ziemlich Schlusslicht im bundesdeutschen Vergleich, und ob es nun 5,9 oder 6,6 Kinder pro Fachkraft sind, die Relation ist zu schlecht, um den Kindern und ihrem individuellen Bedarf gerecht zu werden.
Frau Senatorin Scheeres argumentiert an dieser Stelle immer gern, dass das Fachkräftegebot, das uns in Berlin von anderen Bundesländern unterscheidet, nicht in den Vergleich eingerechnet wurde. Wir unterstützen sie natürlich bedingungslos, wenn es um die höchste Qualität und das Fachkräftegebot geht, aber die Realität ist: Dieses Fachkräftegebot wird in vielen Berliner Kitas mit ausdrücklicher Genehmigung des Senats längst nicht mehr eingehalten. Seiteneinsteigerinnen, die sich in der Ausbildung befinden, können bis zu 28 Wochenstunden vollständig auf die Personalbemessung angerechnet werden.
Das geht auch schon sechs Monate, bevor der schulische Teil der Ausbildung beginnt. Pro drei Fachkräfte kann also eine Nichtfachkraft tätig sein.
Und das wirkt sich natürlich auf die pädagogische Arbeit aus. Es ist auch zu einfach, Kitaträger zu kritisieren, weil sie zunehmend nicht mehr bereit sind, noch mehr Nichtfachkräfte zu beschäftigen, sprich als Ausbildungsbetrieben zu arbeiten. Sie verhalten sich aus Sorge um die pädagogische Qualität so, die ja wohl immer noch zuerst dem Kind und erst dann dem Azubi gelten sollte. – Herr Simon! Das ändert sich auch dann nicht, wenn Sie im Haushaltsgesetzentwurf zwei Wochenstunden für die Einarbeitung bereitstellen.
Sie wollen außerdem für ca. 12 000 Kinder in sogenannten Brennpunktkitas eine leichte Verbesserung des Personalschlüssels einführen. Wir glauben gern, dass Sie da mehr wollten, aber bei der Prioritätensetzung dieses Senats nicht mehr hinbekommen haben, und trotzdem ist das inakzeptabel, zumindest aus zwei Gründen: Sie durchbrechen damit das Prinzip, das Sie selbst so hoch halten, nämlich, dass sich der Berliner Personalschlüssel auf das einzelne Kind bezieht und von diesem in jede Einrichtung, die es besucht, mitgenommen wird. Doch Ihre Verbesserung ist vom sozialen Raum abhängig, in dem das Kind lebt, nicht von dem, was das Kind braucht. Der wesentliche Knackpunkt ist, dass Sie mit Ihrer Neuregelung die ein- bis dreijährigen Kinder in solche, die mehr, und solche, die weniger pädagogische Zuwendung bedürfen, einteilen. Das ist ungerecht, weil jedes Kleinkind nun einmal seine speziellen Bedürfnisse hat.
Ja!
Herr Eggert! Sie wissen aber auch, dass dieser 40prozentige ndH-Anteil als Maßstab für die Personalbemessung längst überholt ist. Natürlich müssen wir gucken, welche Kriterien wir da ansetzen. Das lehnen wir auch ab, das haben wir auch schon mehrfach beantragt. Das Problem wollten Sie eigentlich auch mal angehen. Man kann nicht nach dem ndH-Anteil gehen. Man kann aber auch nicht nur nach sozialen Prämissen gehen. Wir müssen flächendeckend eine gute Versorgung für alle kleinen Kinder, zumindest im unter Dreijährigenbereich, hinbekommen.
Aha!
Das ndH-Prinzip ab einer bestimmten Prozentzahl, ab einer Stichzahl von 40 Prozent zum Beispiel, ist überall nicht zielführend.
Wir finden, dass diese Prozentzahlregelung nicht geht. Es muss in Bezug auf den individuellen Bedarf, der jeweils vor Ort vorhanden ist, geregelt werden.
Ich würde jetzt aber gerne noch weiter im Kitabereich bleiben. Über Schule wird ansonsten schon reichlich und viel diskutiert.
Wir finden jedenfalls, dass die Forderungen des Kitabündnisses berechtigt sind und dass sie auch realistisch und umsetzbar sind. Wir sind aber anders als die Piraten der Auffassung, dass sie in einem Stufenplan umgesetzt werden sollten, so, wie wir es auch in den Haushaltsberatungen, mit Zahlen hinterlegt, beantragt haben und wie wir es auch erneut beantragen werden: 2016 ein Kind weniger bei den Kleinsten bis zum Alter von zwei Jahren, und ab 2017 für die Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren. Unserer Meinung nach sollte den Vorschlägen des Kitabündnisses folgend ab 2018 die Kitaleitung bei 100 Kindern in einer Einrichtung von der Gruppenarbeit freigestellt sein und ab 2019 bei 80 Kindern.
Das kann man natürlich alles auch schneller und früher umsetzen, wenn die Finanzen das zulassen und wenn uns zum Beispiel die Betreuungsgeldmillionen zur Verfügung stehen. In der Antwort auf meine Schriftliche Anfrage schrieb Herr Feiler, dass der Senat vorschlagen wird, diese Mittel im Kitabereich einzusetzen. Auch die Koalition in Person von Herrn Schneider hat im Hauptausschuss angekündigt, in dieser Frage zur Schlusslesung noch etwas vorzuschlagen, was die Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation im U-3-Bereich betrifft. Da sind wir sehr gespannt. Das wäre ja mal ein Anfang, zumindest für diesen Bereich.
Wie die Anhörung im Bildungsausschuss zeigte, gibt es noch viele weitere Probleme, die dringend gelöst werden müssen. Denn selbst bei genügendem Geld für einen perfekten Personalschlüssel, für die perfekte wissenschaftlich untermauerte Fachkraft-Kind-Relation hätten wir immer noch das Problem des Personalmangels – das ist hier auch schon angesprochen worden. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch darauf hinweisen, dass wir neue Entwicklungen beachten müssen, die uns beschäftigen müssen, nämlich dass der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst für Erzieherinnen und Sozialarbeiterinnen im Bundesgebiet den Tarifvertrag der Länder, der in Berlin gilt, abgehängt hat und nun Erzieherinnen erster und zweiter Klasse produziert. Hier erwarten wir, dass sich der Senat im Rahmen der Tarifgemeinschaft der Länder
(Björn Eggert)
Gedanken macht, wie diese Lücke zu schließen ist. Bis zu 300 Euro weniger in einer Berliner Lohntüte für die gleiche Arbeit im Gegensatz zum Rest des Bundesgebietes ist keine gute Werbung für die Berliner Kita. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, lokale Bildungsverbünde können eine gute Sache sein. Die großen Knackpunkte in unserem Bildungssystem sollen mit den Bildungsverbünden angegangen werden, nämlich die Übergänge zwischen den Institutionen Kita, Grundschule, Jugendfreizeitbereich, weiterführende Schule, Berufsbildung oder Studium. Diese Übergänge sollen fließend werden und nicht mehr wie so häufig Brüche sein. Kinder sollen so bessere Chancen beim Zugang zum Erwerb von Bildung bekommen. Das ist alles schon ausreichend beschrieben worden – von Herrn Langenbrinck und auch von Frau Bentele.
Uns kommt es aber darauf an, diese Bildungsverbünde qualitativ besser auszugestalten. Wir alle haben am 4. Juni in der Anhörung im Fachausschuss die Experten gehört: Es geht bei den Bildungsverbünden nicht nur darum, weitere zu schaffen bzw. die Angebote wild auf alle Bezirke auszuweiten, sondern es geht vor allem darum, dass die Unübersichtlichkeit bei der sehr vielfältigen Finanzierung und die Anbindung an die Quartiermanagements überprüft werden müssen. Dort gibt es eine zeitliche Befristung, die sich oft negativ auf die langfristige Wirkung der Bildungsverbünde auswirkt. Es geht darum, wie man das realisieren kann, dass wichtige Partner wie z. B. Kita- und Schulleitungen oder Jugendämter, die oft aufgrund von Zeitmangel oder Überforderung an solchen Strukturen gar nicht teilnehmen können, besser eingebunden werden.
Sie haben gesagt, Sie wollen die 600 000 Euro in diesem Sinne einsetzen, eine strukturelle Überprüfung der bestehenden Bildungsverbünde durchführen und nicht einfach nur in das System weiter hineinfinanzieren. Das kann ich nur begrüßen. Schön wäre es gewesen, wenn Sie im Ausschuss abgewartet hätten, dass wir die Anhörung gemeinsam auswerten, und wenn wir vielleicht verschiedene Ideen auch aus den anderen Fraktionen hätten mitbesprechen können. Das ist ja nun alles sehr hastig abgelaufen – mit Ihrem Antrag, der heute vorliegt und der eigentlich ein Prüfauftrag ist, mit dem der Senat beauftragt wird, den Bedarf an weiteren lokalen Bildungsverbünden erst mal zu prüfen und zu ermitteln, unter welchen Rahmenbedingungen selbige zukünftig aus dem Landeshaushalt finanziert werden sollen.
Dieser Antrag ist vom 29. September, und bereits zwei Tage später hat die Koalition den Änderungsantrag im Ausschuss vorgelegt – in der zweiten Lesung – und durchgewinkt. Da wir davon ausgehen, dass auch Sie Ihre Änderungsanträge mit den Haushältern rückkoppeln, wird das Geld wohl fließen. Das ist ja nun heute auch ganz deutlich geworden. Ich finde diese Vorgehensweise nicht besonders parlamentarisch und würde mir wünschen, dass zukünftig solche wichtigen Entscheidungen auch mit anderen Kompetenzen besprochen werden. – Danke schön!
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Meine Frage ist: Wann und wie gedenkt der Senat sicherzustellen, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge entsprechend den geltenden gesetzlichen Regelungen in Obhut genommen und versorgt werden und nicht von der Erstaufnahme- und Clearingstelle abgewiesen werden und auf der Straße bzw. in Not- und Sammelunterkünften oder in Hostels landen?
Die Situation stellt sich tatsächlich so dar, dass uns massenhaft Einzelfälle angetragen werden. Sie haben tatsächlich eine ganz andere Wahrnehmung als wir. Aber vielen Dank für das Angebot, das werden wir annehmen.
Ich möchte noch wissen, wie Sie gedenken, in den Bezirken schnellstmöglich adäquate Nachfolgeunterbringungsmöglichkeiten zu schaffen, und ob es geplant ist, die regulären Einrichtungen der Jugendhilfe in den Bezirken mit Ressourcen zu unterstützen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ja, Herr Eggert, die Mittel für den Ausbau der Kitas werden fast ausschließlich nur noch aus Bundesmitteln gezogen. Das ist auch gut so, weil der Bund der Auftraggeber ist. Die große Frage ist, ob das ausreicht. Und die Probleme, die wir im Land Berlin haben, hängen längst nicht mehr
mit der Planung zusammen. Das ist auch richtig. An der Stelle wirklich mal Danke an die Senatsverwaltung!
Die Kindertagesstättenentwicklungsplanung hat ja ermittelt, dass wir einen Mehrbedarf von 18 500 Plätzen bis Mitte 2019 haben. Und wir fragen uns, ob das funktioniert und ausreicht, wenn wir diese Mittel des Bundes nutzen. Auch wir haben zu den Details der Finanzierung aus den verschiedenen Programmen im Rahmen der Haushaltsberatungen einen Berichtsauftrag formuliert. Der bleibt noch abzuwarten. Wir werden sehen, was dabei herauskommt. Der vorliegende Antrag, in der Tat, ist nun fast ein Jahr alt. Einige Fragen sind mit der vorliegenden Planung beantwortet, andere nicht. Der Antrag hat ja eher den Charakter einer Großen Anfrage, die es leider wegen der neuen Geschäftsordnung nicht mehr gibt. Nichtsdestotrotz ist das aktuell, erfordert ein Konzept. Das fehlt bis heute.
Die schon so oft benannten Probleme beim Kitaplatzausbau in dieser Stadt bleiben bestehen. Die große Frage ist: Wo sollen die nötigen Plätze entstehen, und wer soll sie bauen? Es besteht nämlich im Moment tatsächlich die Gefahr, dass die bisherige Dynamik beim Kitaplatzausbau, die durch das hohe Engagement der Träger bestimmt war, nun in ein dynamisches Chaos umschlägt. Die vorhandenen Kapazitäten – das hat die Kollegin BurkertEulitz auch schon deutlich gesagt – für Erweiterung, An- und Umbau sind in den vergangenen Jahren ausgeschöpft worden. Das gilt nicht nur für Beton, das gilt vielfach auch für die finanziellen Ressourcen der Träger, denn die staatliche Förderung beträgt immer nur einen Anteil an den Kosten für die zu schaffenden Plätze. Mehr als zwei Drittel der Kosten für einen neuen Kitaplatz müssen die Träger selbst beisteuern. Noch kostenintensiver sind die nunmehr häufiger notwendigen Neubauten. Hier stoßen viele an ihre Grenzen, denn das finanzielle Risiko ist groß und lässt sich aus den zustehenden Summen laut Kitakostenblatt nicht kompensieren. Wie schon erwähnt, das erhoffte Neubauprogramm aus Landesmitteln wird es nicht geben, jedenfalls im Moment nicht.
Dazu fehlt es auch an ausreichenden Grundstücken, Freiflächen und öffentlich zugänglichen Spielplätzen, besonders im Innenstadtbereich. Dazu kommt, dass zunehmend kleine Kitas existenziell bedroht sind aufgrund steigender Mieten für Gewerberäume. Für Mietsteigerungen gibt es bekanntlich keine höheren Zuweisungen an die Träger. Woher soll also das Geld kommen?
Die sogenannte neue Liegenschaftspolitik des Landes greift das Problem auch nicht adäquat auf. Die kleine Lösung des Erbbaurechtvertrages hat einen großen Haken, weil Grundstücke damit nur mit einer maroden Immobilie darauf erworben werden können, die dann eben auch noch kostenintensiv saniert werden muss.
(Björn Eggert)
Wenn der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, wenn die Kitaplatzausbauplanung umgesetzt werden soll, müssen auch die Flächen-, Mieten- und Grundstücksfragen schnellstens geklärt werden, sonst bleibt die ganze schöne Planung Makulatur. Unklar ist auch, wie die Senatsverwaltung darauf kommt, dass 1 000 Plätze pro Jahr ohne jegliche Förderung aus öffentlicher Hand entstehen werden. Noch einmal: Das Kostenblatt, in dem die Finanzierung für die Kitas geregelt ist, gibt Derartiges nicht her, schon gar nicht wegen des bestehenden siebenprozentigen Eigenanteils, mit dem die Träger jeden Kitaplatz mitfinanzieren. Aber dieses Problem ist, wie ich hörte, in Arbeit.
Solange der Bund z. B. mittels eines Qualitätsgesetzes nicht über die Investitionen in Beton hinaus in die finanzielle Verpflichtung geht, was die Kitas betrifft, muss das Land Berlin eben dafür sorgen, dass ausreichend Plätze, und zwar auch mit der entsprechenden Qualität zur Verfügung stehen. Denn die Schaffung neuer Kitaplätze ist nicht unser einziges Problem. Der bisher eher gefühlte Qualitätsmangel durch Personalmangel in unseren Kitas, besonders bei den Kleinsten, ist ja inzwischen, Herr Eggert, das haben ja wohl alle mitbekommen, wissenschaftlich belegt durch die Bertelsmann-Studie, die Sie sich selbst am Freitag noch angehört haben, wonach in Berlin eine Erzieherin für fast sechs Kinder unter drei Jahren zuständig ist, und das auch nur, wenn keine Kollegin krank oder im Urlaub ist. Empfohlen wird, wie gesagt, die Fachkraft-Kind-Relation 1 : 3.
Und ja, das stimmt, die ersten Tropfen auf den heißen Stein sind in dieser Sache schon gefallen. Ab dem Schuljahr 16/17 gibt es stufenweise etwas mehr Stellen für die unter Dreijährigen, allerdings nur in den sogenannten Brennpunktkitas – was auch immer das sein mag. Wir finden, ein einjähriges Kind hat auch außerhalb von sogenannten sozialen Brennpunkten seine altersspezifischen Bedürfnisse.
Ja, auch für die fachliche Begleitung von Auszubildenden in den Kitas bekommen die Träger zwei Wochenstunden mehr. Vier waren gefordert, na gut, es ist ein wirklich kleiner Schritt, aber immerhin. Aber das reicht natürlich nicht aus, das wissen wir auch alle. Wir haben ja selbst am Freitag alle miteinander bei der Veranstaltung des Kitabündnisses die 200 anwesenden Erzieherinnen und Kitaleiterinnen müde lachen hören angesichts dieser Verbesserungen. Und wir haben ebenfalls ihre scharfe Kritik an den Forderungen des Kitabündnisses gehört, die sie für viel zu niedrig halten; nämlich dass eine Erzieherin für unter Dreijährige nur noch für vier Kinder zuständig sein soll, also für ein Kind weniger, als jetzt gesetzlich geregelt, und dass eine Leiterin ab einer Platzzahl von 80 Kindern nicht mehr für den Gruppendienst eingeteilt werden soll, damit sie ihre wachsenden Aufgaben bewältigt, und das innerhalb der nächsten drei Jahre. Das sind echte Mindestforderungen. Wir sind der Meinung,
dass diese Mindestforderungen neben der Aufgabe Platzausbau mindestens einen Stufenplan des Senats wert sein sollten. – Danke!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Die Jugendberufsagentur wird vermutlich im Oktober an vier Standorten starten. Dann wird sie in der Praxis beweisen müssen, was jetzt in vielen Konzepten und Papieren aufgeschrieben ist. Verehrte Frau Rem
linger! Verehrte Frau Becker! Dann werden wir auch endlich wissen, worüber wir eigentlich reden. Dann wird sich in der Praxis zeigen, wie die Umsetzung funktioniert.
Unser Antrag, den Sie abgelehnt haben,
obwohl Sie ihn gut finden, beschreibt ganz genau, wie eine solche Jugendberufsagentur aussehen sollte, welche Kriterien notwendig sind. Wir haben ihn Ihnen jetzt überlassen, sie können ihn als Handlungsleitfaden, glaube ich, noch ganz gut verwenden.
Ansonsten ist über die letzten zwei Jahre hinweg von allen bereits alles und das wiederholt zur Jugendberufsagentur gesagt worden, was man im Vorfeld einer solchen Umsetzung sagen kann, zuletzt im März in der Aktuellen Stunde, über fünfzig Minuten lang. Das brauchen wir heute nicht zu wiederholen, denn es gibt seitdem keinen neuen Sachstand. Und nur weil der Koalition als Priorität nichts anderes eingefallen ist, wiederholen wir uns heute nicht. – Danke!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Wir brauchen sofort mindestens 160 Stellen mehr für die Berliner Jugendämter, um dem aktuellen Bedarf zu entsprechen.
Danke! – Diese Zahl hat Senatorin Scheeres im März in einer Maßnahmeplanung zur nachhaltigen Sicherung der Aufgabenerfüllung der Berliner Jugendämter vorgelegt. Im Fokus stehen dabei die Kitagutschein- und Elterngeldstellen, vor allem aber die regionalen sozialpädagogischen Dienste, kurz genannt RSD. Das sind diejenigen in
(Dr. Simon Weiß)
unseren Jugendämtern, die stellvertretend für uns alle Verantwortung für den Kinderschutz tragen.
In diesen drei Bereichen sind die qualitativen und quantitativen Anforderungen am schnellsten angestiegen. Hier ist die Personalnot am größten. Bemerkenswert ist, dass diese Maßnahmeplanung im Einklang zwischen Jugendsenat und Bezirken entwickelt worden ist.
Kein Handgemenge hier!
Diese Maßnahmeplanung ist mit Zahlen und Fakten hinterlegt, die in den Bezirken abgefragt wurden und die deutlich machen, dass die Beschäftigten in den Jugendämtern, besonders in den drei Bereichen, ihre Aufgaben unter den bisherigen Bedingungen nicht in der gebotenen Qualität erfüllen können.
Bis diese Maßnahmeplanung überhaupt entstanden ist, war es ein steiniger Weg. Besonders vonseiten der Kinderschützer gab und gibt es erheblichen Druck. Weiße Fahnen der Kapitulation, Hunderte Überlastungsanzeigen, Brandbriefe und Stellungnahmen auch der Vorsitzenden der Jugendhilfeausschüsse, der Jugendamtsdirektorinnen, der Jugendstadträte, des Landesjugendhilfeausschusses zeugen von massivem Handlungsbedarf.
Mit dem Bericht zum Maßnahmeplan ist es nun offiziell. Die Zahl der besetzten Posten beispielsweise beim RSD ist seit Jahren rückläufig. Mitte 2014 lag die Stellenzahl bei wachsenden Aufgaben und bei wachsender Bevölkerungszahl um 124 Vollzeitäquivalente unter dem Stand von Januar 2011. Bezogen auf die Einwohnerzahl ist die Personalausstattung entgegen dem Bedarf um fast 10 Prozent zurückgegangen. Dazu lag die krankheitsbedingte Abwesenheit bei ebenfalls 10 Prozent.
Diese Probleme sind nun erkannt. Von den nötigen 160 Stellen müssen etwa 90 in die Kinderschutzteams, 40 in die Kitagutschein- und 30 in die Elterngeldstellen. Aber auch qualitative Veränderungen müssen laut Maßnahmeplan erfolgen. Im RSD dürfen nicht mehr als 65 Fälle pro Fachkraft bearbeitet werden, mehr nicht. Aktuell bearbei
ten die Kollegen teilweise bis zu 120 Fälle. Das ist völlig inakzeptabel.
Die Gehaltseingruppierungen müssen erhöht werden, sowohl für die Neufachkräfte als auch für derzeit Beschäftigte. Die Eingruppierung E 10 wäre akzeptabel. Für Berufseinsteigerinnen soll wieder ein Anerkennungsjahr eingeführt werden, um nur einige Vorschläge zu nennen.
Auch in den Elterngeldstellen sollen nur noch 600 Anträge pro Fachkraft und in den Kindergutscheinstellen nur noch höchstens 1 000 Betreuungsanträge pro Person anfallen, damit die endlosen Wartezeiten und teilweise Schließungen der Behörden wegen Überlastung endlich ein Ende haben.
Klar ist aber, dass diese vorgeschlagenen Maßnahmen nur auf den aktuellen Mindestbedarf reagieren, was jetzt sofort schon nötig ist. Die Kolleginnen vor Ort haben noch viel weiterreichende Forderungen. Trotzdem ist dieser Maßnahmeplan ein großer Erfolg. Es wird sogar bundesweit so gesehen und beobachtet.
Allerdings spricht der Senat nicht mit einer Stimme. In völliger Ignoranz der im Maßnahmeplan ermittelten Erfordernisse hat nämlich die Arbeitsgruppe Wachsende Stadt im Finanzressort alternativ ein eigenes Bemessungsmodell beschlossen. Dieses bezieht sich lediglich auf die steigende Bevölkerungszahl und berücksichtigt keinerlei qualitative Kriterien. Danach bekommt der RSD beispielsweise für 2016 und 2017 nur 69 statt 90 Stellen und so fort. Das darf so nicht durchgehen. Damit ignoriert der Senat den so mühsam nachgewiesenen Bedarf auf Kosten der Kollegen in den Ämtern und der Rechtsansprüche der Familien.
Mit unserem Antrag fordern wir dazu auf, dem gemeinsamen Maßnahmeplan von Jugendsenat und Bezirken schnellstmöglich zu folgen und die dafür notwendigen Mittel im kommenden Haushaltsplanentwurf darzustellen. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Kann der Senat Hinweise darauf bestätigen, dass zunehmend minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in der Stadt unterwegs sind, ohne die für sie zuständigen Anlaufpunkte zu erreichen, bzw. dass sie von der Polizei aufgegriffen und dann in Not- und Flüchtlingsunterkünften anstatt in der für diese Gruppe zuständigen Clearingstelle abgegeben werden?
Welche Maßnahmen haben Sie bisher ergriffen bzw. werden Sie ergreifen, um die Kommunikation mit den Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei dahin gehend zu verbessern, dass alle darüber in Kenntnis sind, welche geltenden Regelungen und Verfahrensweisen wir bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen hier in Berlin haben? Die haben bis jetzt auch funktioniert, und Sie haben selber bestätigt – wir wissen das hier alle –, dass diese Kinder vom ersten Tag an unter das Berliner Kinderschutzgesetz fallen. Mir geht es um die Kommunikationsstrukturen hin zur Polizei und zu den Betreibern.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Nolte! Es geht in der Tat um Kitapolitik, denn wir haben einen unglaublichen Platzbedarf. Ich darf aus dem Bericht an den Hauptausschuss zur Kindertagesstättenentwicklungsplanung zitieren – ebenfalls vom 29. April 2015 –:
Für das Kitajahr 2015/2016 wird ein maximaler Betreuungsbedarf in Höhe von rd. 160 700 Plätzen prognostiziert. Bis zum Kitajahr 2018/2019 wird der Platzbedarf auf ca. 172 000 Plätze steigen. Bezogen auf den der Planung zu Grunde liegenden Wert … ergibt sich bis Mitte 2017 ein Mehrbedarf in Höhe von 11 500 Plätzen und bis Mitte 2019 von ca. 18 500 Plätzen.
Und wir wissen, dass bisher der reale Bedarf die Prognosen immer übertroffen hat. Niemand sagt, dass dies eine kleine Herausforderung ist, aber es gibt Hürden, die abgebaut werden müssen. Ein Problem, das mit dem Antrag
(Karlheinz Nolte)