Thomas Günther

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Last Statements

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut zwei Zentimeter Kantenhöhe Bildungspolitik haben wir vor uns liegen. Die Statistikabteilung des MBJS hat einmal wieder Überstunden gemacht und uns, wie ich glaube, auch noch die letzte Zahl aus der EDV herausgequetscht. Ich finde es eher erschreckend, was alles erfasst wird, nicht, was nicht erfasst wird. Es werden zum Beispiel Kinder mit Migrationshintergrund in Kitas erfasst. Ich frage mich: warum eigentlich? Aber egal.
- Ich finde, man muss nicht alles statistisch erfassen, auch wenn Landtagsabgeordnete sehr neugierig sind.
Angesichts so vieler Informationen dürfte alles klar sein. Ein jeder weiß, dass wir in unseren Kindertagesstätten - Andreas Büttner hat vorgetragen, dass das Glas halbleer ist
- er hat ganz friedlich auf das halbleere Glas verwiesen - den Personalschlüssel in den letzten fünf Jahren verbessert haben. Dennoch ist er weiterhin unbefriedigend und soll - das sagen alle Parteien - noch einmal verbessert werden. Da müssen wir zulegen.
Ein jeder weiß aus der Antwort auf diese Große Anfrage aber auch: Wir haben bundesweit eine der besten Versorgungsquoten. Schon deutlich über 80 % der Zwei- und Dreijährigen besuchen eine Kita oder eine Tagespflege. Wir haben den Personalschlüssel verbessert und zusätzlich 1 000 Erzieherinnen und Erzieher eingestellt. Der Landeszuschuss für die Kindertagesbetreuung hat sich in den letzten fünf Jahren von 137 Millionen Euro auf 218 Millionen Euro erhöht. Sie werden, wenn Sie den Haushalt insgesamt betrachten, wohl kaum eine Ausgabeposition finden, die eine derart rasante Steigerung hinter sich hat. Auch die Ausgaben pro Kind haben in diesem Zeitraum um 52 % zugenommen.
Was den Bereich Schule angeht, so haben wir jetzt schwarz auf weiß: Die Summe der investierten Gelder hat sich auch hier kontinuierlich erhöht. Ich verweise auf die sehr interessante Anlage 10, die ein deutliches Plus bei allen allgemeinbildenden Schularten sowohl in öffentlicher als auch in privater Trägerschaft ausweist. Das Highlight sind die Ausgaben für private weiterführende Schulen, die sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt haben. Das wird übrigens nur noch getoppt von den Versorgungsausgaben, die sich im gleichen Zeitraum fast verzehnfacht haben. Trotzdem sage ich als Fazit: Bildung ist uns nicht nur gut und teuer. Bildung ist uns etwas wert.
Erklärungsbedürftig ist die verringerte Anzahl der Lehrerinnen und Lehrer. Der Grund ist - auch das wird erklärt -, dass 2011 der Sozialtarifvertrag der Lehrkräfte ausgelaufen ist, woraufhin sich der Beschäftigungsumfang erhöht hat. Das ist eine sehr schwierige Sache mit der Statistik.
Die einzelnen Daten verdeutlichen, wie gut die Bildung in Brandenburg in den vergangenen fünf Jahren vorangekommen ist: Jedes Jahr sind mehr als zehn Schulen mit einem Ganztagsangebot zu der ohnehin schon hohen Quote von 57 % hinzugekommen. Auch die Anzahl der FLEX-Klassen ist in diesen fünf Jahren um 50 gestiegen.
Nur eine Zahl ist in den letzten fünf Jahren gesunken, nämlich die Anzahl der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss. Dass die Zahl gesunken ist, ist wirklich gut so. Die aktuellen 8 % sind noch zu viel. Wir nehmen uns vor, diese Zahl zukünftig weiter zu senken. Wir werden deshalb eine verbindliche Berufsorientierung mit einer individuellen Begleitung durch ein Mentorenprogramm einführen und daran arbeiten, dass alle Schülerinnen und Schüler eine Chance auf einen guten Start ins Berufsleben bekommen. Denn entscheidend ist nicht, wie laut man die Defizite beklagt - Herr Büttner hat dies zu meiner Überraschung heute eher leise getan -, und auch nicht, welche fantastischen Versprechungen gegeben werden - da überbieten
sich derzeit alle -, sondern entscheidend ist, dass man etwas tut: für die Verjüngung der Lehrerschaft - haben wir getan, gegen Unterrichtsausfall - haben wir getan, für gemeinsames Lernen - haben wir getan, für weniger Schüler ohne Abschluss haben wir getan, für mehr Chancengleichheit in der Bildung haben wir mit dem Schüler-BAföG getan. Dann gewinnt man eben Kompetenz und Vertrauen. Darüber haben wir in den letzten fünf Jahren nicht nur geredet, sondern wir haben gehandelt und damit unter Beweis gestellt: Bildung hatte in dieser Koalition sehr hohe Priorität. Ich bin davon überzeugt, dass auch die nächste Koalition dem Bildungsbereich hohe Priorität einräumen wird. Darauf freue ich mich. - Vielen Dank.
Geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hoffmann, Sie haben gesagt, Sie könnten quasi meine Rede halten. Ganz so einfach will ich es Ihnen doch nicht machen. Ich finde, Unterrichtsausfall ist ein ernstes Thema, und ich finde, ein zu ernstes Thema, als dass man das hier zu einer politischen Showveranstaltung machen kann.
Genau das machen Sie. Sie haben den fast wortgleichen Antrag im Bildungsausschuss eingebracht, Sie haben hier eine mündliche Anfrage gestellt,
Jetzt liegt dieser Antrag vor, und Sie haben jedes Mal - der Sachverhalt ist, das ist richtig, nicht gut, der ist nicht hinzunehmen - die gleiche Antwort bekommen. Vielleicht haben Sie nicht richtig zugehört, ich rufe es noch einmal in Erinnerung: Es ging darum, dass die Erkrankung einer Lehrerin nicht sofort als Dauererkrankung erkennbar war. Das passiert, wo Menschen arbeiten - wir haben 17 000 Beschäftigte und über 800 Schulen -, das ist nicht schön und nicht erfreulich, aber möglich.
Das passiert unabhängig davon, wer im Land regiert.
Wenn das nicht erkannt wird - da will ich niemandem die Schuld zuschieben -,
braucht es eben vom Schulleiter über das Schulamt bis zum Ministerium eine Zeit, bis gesagt wird: Hier gibt es die Situation, dass eine Dauererkrankung vorliegt und man Ersatz schaffen muss. - Dann ist es auch nicht so, dass wir Lehrerinnen und Lehrer als willfährige Gesellen durchs Land schicken und ihnen sagen: Hierhin musst du jetzt ein halbes Jahr, 50 oder 100 km weit weg, obwohl dein Arbeits- und Lebensort bisher ein ganz anderer war. - Ich finde, das kann man nicht machen. Das kann, glaube ich, jeder, der selbst eine Familie hat, nachvollziehen.
Zu allem, was in dem Antrag steht, also dem Meldesystem usw.: Es gibt eine Arbeitsgruppe beim MBJS, die sich diesem Thema widmet; es gibt auch regelmäßig Tagungen mit den Leitern der Schulämter.
Es gibt ja demnächst ein Landesschulamt, und ich habe die Hoffnung, dass mit diesem Landesschulamt auch ein wenig die
Egoismen wegfallen. Es gibt dann jemanden, der so etwas landesweit steuern kann, und somit werden die Egoismen der einzelnen Schulamtsbereiche zumindest geringer. Und wir haben etwas, was kaum ein Land hat: Wir haben ein Quasi-Meldesystem nach jedem Schuljahr. Wir erfassen - und zwar ständig den Unterrichtsausfall nach einem klaren System.
Da lese ich in der Zeitung, dass das gar nicht so selbstverständlich ist. Die grüne Bildungsministerin in NRW musste sich durch den Landesrechnungshof erst dazu zwingen lassen und macht jetzt keine permanente Erfassung, sondern eine Stichtagserfassung.
In jedem Land - schauen Sie nach, Sie können googeln - gibt es dieses Spiel, dass die Opposition sagt, Unterrichtsausfall sei der Landesregierung anzulasten. Die Landesregierung sagt fast das Gleiche, was wir hier sagen. Das kann man hin und her treiben, es ist Wahlkampf - alles klar. Wir haben etwas gegen Unterrichtsausfall getan.
Wir haben nicht nur die 3 % Vertretungsreserve im Land, und auch das gibt es nicht überall.
Wir haben noch einmal 10 Millionen Euro zusätzlich draufgelegt. Wir haben an den Schulen Vertretungskonzepte, wir kümmern uns präventiv um Lehrergesundheit, wir haben die Unterrichtsverpflichtung für Lehrerinnen und Lehrer an Grund- und Oberschulen gesenkt.
Genau deswegen haben wir zum nächsten Schuljahr einen zusätzlichen Einstellungsbedarf. Vor allem, die wichtigste Maßnahme: Wir stellen jedes Jahr hunderte neue Lehrerinnen und Lehrer ein. Dadurch wird Brandenburg in der Lehrerschaft langsam aber stetig jünger und damit - so hoffe und glaube ich - auch ein wenig gesünder.
Was wir hier gemacht haben, können wir in jedem Wahlkampf sagen, und wir können auch ehrlich hinzufügen: Wir wollen es nicht, aber wir werden es nicht verhindern - Unterrichtsausfall wird vorkommen. - So ehrlich muss man es den Menschen ins Gesicht sagen. Die Frage ist: Was macht man dagegen? Wir haben etwas getan, und damit können wir uns, glaube ich, sehen lassen. Damit können wir ehrlich nach draußen gehen und sagen: Das haben wir in den letzten vier Jahren getan. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! E-Learning da habe ich mich gefragt: Was ist das eigentlich? In Zeiten moderner Medien schaut man ja zunächst einmal bei Wikipedia nach. Dort habe ich eine Definition gefunden, die so ausführlich und umfangreich ist, dass auch schon der Einsatz einer PowerPoint-Präsentation - und das ist eine zugelassene Definition als E-Learning gilt. Das bringt uns also nicht weiter.
Dann habe ich mich gefragt: Wann braucht man ein Modellprojekt? Ein Modellprojekt braucht man dann, wenn man vorhat, etwas für die Allgemeinheit umzusetzen, was man vorher im Kleinen erproben möchte, wo man aber noch völlig bei null steht und überhaupt nicht weiß, was einen erwartet und wohin es gehen soll. Die Frage, ob und wie man das umsetzt, erprobt man dann in einem solchen Modellprojekt.
Wenn denn E-Learning - so definiere ich das jetzt einmal - der Einsatz moderner technischer Mittel beim und zum Lernen ist, dann stellt sich die Frage, wo wir da stehen. Da stehen wir bei Weitem nicht mehr vor dem Nichts; es ist also nicht so, dass wir nicht bereits wissen, wie man damit umgehen soll. Die Schulen sind da schon wesentlich weiter. Wenn ich mir nur einmal meine Schulen in meinem Landkreis anschaue, dann kann ich nur sagen: Es gibt keine Schule ohne Internetanschluss. Es geht höchstens noch um die Frage der Geschwindigkeit, also wie viel DSL zur Verfügung stehen. Die Träger sind auch so pfiffig, dass sie die Schulen mittlerweile Stück für Stück mit Smartboards ausstatten. Da sagen mir Schülerinnen und Schüler, so wie es letztens bei einer Besuchergruppe der Fall war: Leute, wir brauchen nicht so viele Smartboards, sondern wir brauchen Lehrerinnen und Lehrer, die sich uns zuwenden.
Was ist in Brandenburg wichtig zu diesem Thema? Es sind drei Dinge: Das Distance-Learning, wie es im Antrag enthalten ist, wird erprobt, und das ist auch gut so. Herr Büttner ist auch schon darauf eingegangen. Wir haben dieses Thema aber auch in der Demografie-Kommission - Sie hätten dort einmal vorbeischauen sollen - sehr intensiv besprochen, weil es nur unter bestimmten Bedingungen eingesetzt werden kann. Da waren wir uns einig: Es gibt Grenzen des Einsatzes. Es sollte nicht bei
ganz kleinen Kindern, für den Anfangsunterricht, verwendet werden, sondern eher für den Fachunterricht ab Klasse 5/6. Es sollte auch nicht gänzlich eine Lehrerin oder einen Lehrer ersetzen.
Der zweite wichtige Punkt: Wir brauchen Medienkompetenz, und zwar sowohl bei Schülerinnen und Schülern als auch bei Lehrerinnen und Lehrern. Bei Schülern stellt sich natürlich die Frage, wie man dieses elektronische Medium für Lernzwecke einsetzt, wie man es richtig macht. Aber auch die Gefahren des Internets bis hin zur Suchtgefahr spielen eine Rolle. Bei Lehrerinnen und Lehrern ist es natürlich schon aufgrund des Alters ein Thema, dass man insoweit vielleicht etwas mehr Nachhilfe braucht. Ich habe daher geschaut, was das LISUM so anbietet. Dabei sind Stichworte aufgetaucht wie „Konzepte zum E-Learning“, es werden Onlinekurse angeboten, Kursdatenbanken, Plattformen, iPortfolio, Sprachförderung durch E-Learning usw. Das ist alles da; man muss es nur nutzen.
Es darf aber nicht nur um die technische Umsetzung, also um den technischen Umgang mit dem Medium gehen, sondern das elektronische Medium muss immer als Unterstützung, als Zusatz genutzt werden. Es kann den Lehrer entlasten, aber es soll bitte schön einen abwechslungsreichen, interessanten und vielfältigen Unterricht noch spannender machen. Es soll nur Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck sein, es soll den Lehrer und die Pädagogik nicht ersetzen. Genau dafür brauchen wir aber kein Pilotprojekt. E-Learning bzw. die technische Unterstützung der Lehre durch technische Möglichkeiten können guten Unterricht verbessern und diesen noch besser machen, aber schlechten Unterricht - und das ist das Wesentliche - machen sie damit leider nicht zu gutem Unterricht. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie sich die Zeiten doch ändern: In der ersten Pressemitteilung der frisch wieder in den Landtag gewählten FDP lautete es noch: Schulämter abschaffen! - Herr Büttner wird sich noch erinnern. Vor fünf Jahren schrieb die CDU Brandenburg - damals noch eine Regierungspartei - folgenden Satz in ihr Wahlprogramm:
„Die Aufgaben und Strukturen der staatlichen Schulämter sind … grundsätzlich zu überprüfen, um die … Serviceleistungen für die Schulen zu verbessern.“
Genau das ist passiert, und der Evaluationsbericht, den es damals gab, feiert übrigens bald seinen vierten Geburtstag. In der Zwischenzeit gab es aber nicht nur diesen Bericht, sondern auch unzählige Gespräche, Workshops und Verhandlungen. Aber es gibt nun seit einigen Monaten - Gott sei Dank! - auch ein Ergebnis. Dieses Ergebnis - ich habe nachgeschaut - haben die Grünen jüngst in einer Pressemitteilung als „überstürzt“ bezeichnet. Diese Aussage ist angesichts einer vierjährigen Entwicklung doch sehr wagemutig. So bringen Sie das Land nicht voran, wie es in Ihrem Wahlprogramm vorwärts gehen soll.
Meine Damen und Herren! Es hat sich in Brandenburg einiges getan. Es hat auch nicht nur diesen Bericht und die Workshops gegeben, es hat auch eine Vereinbarung mit den Bildungsgewerkschaften gegeben, und darüber bin ich sehr froh. Die Vereinbarung stellt fest:
„… dass eine Reform der staatlichen Schulaufsicht erforderlich ist, um den zukünftigen pädagogischen, demografischen und fiskalischen Herausforderungen an die Bildungslandschaft Brandenburgs gerecht zu werden.“
Es hat lange gedauert, zu dieser Vereinbarung zu kommen, aber ich bin froh, dass es dazu gekommen ist. Das heißt für mich, dass die Personalvertretungen sich den Veränderungen stellen und konstruktiv an Lösungen mitarbeiten. Das heißt auch, dass die allermeisten Beschäftigten - natürlich - nie begeistert über Veränderungen sind, sich aber gegenüber diesen Veränderungen - der Veränderung ihrer Aufgaben und möglicherweise auch ihres Arbeitsortes - offen gezeigt haben. Das ist eine Notwendigkeit, die auch außerhalb des öffentlichen Dienstes von vielen Menschen in unserem Land jeden Tag wahrgenommen wird.
Dass man innerhalb der Schulaufsicht Arbeit auch anders aufteilen kann, hat in der Anhörung das Land Sachsen-Anhalt gezeigt. Es ist nämlich machbar, dass mit dieser Neuverteilung von Aufgaben und der Nutzung moderner technischer Möglichkeiten die Schulrätinnen und Schulräte sogar mehr Zeit für die Betreuung der Schulen vor Ort haben, und genau das wird in anderen Bereichen der Verwaltung auch als Antwort auf die demografische Entwicklung gesucht und ausprobiert. Nicht Bürger sollen durchs Land reisen, sondern Verwaltung.
Die Arbeit der Schulämter ist eine gute und wichtige Serviceleistung für die Schulen, besonders im schulrechtlichen Bereich. Aber damit stehen die Schulämter bei Weitem nicht alleine da. Wir haben, wie ich finde, kurioserweise in der gleichen Ausschusssitzung, in der wir die Anhörung zum Schulbehördenreformgesetz gemacht haben, auch über das Beratungs- und Unterstützungssystem für die Schulen und die regelmäßige Schulevaluation geredet. Auch das sind zwei ganz wichtige Institutionen, um die Schulqualität zu sichern.
Schlussendlich soll also eine einheitliche Landesschulbehörde gegründet werden. Die bisher eigenständigen Schulämter sollen durch vier Regionalstellen, die die Präsenz im Land sichern sollen, ersetzt werden. Dadurch wird es insgesamt weniger Leitungsstellen geben, und ich finde, das ist - wenn man im Schulbereich schon sparen muss - genau die richtige Stelle. Ich spare lieber dort als bei Lehrerinnen und Lehrern.
Meine Damen und Herren! Die Schulaufsicht selbst muss sich den Herausforderungen der Zukunft stellen, und ich bin der Meinung, mit diesem Schulbehördenreformgesetz tut sie das auch. - Vielen Dank.
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Rede des Kollegen Hoffmann hatte ich kurz überlegt, etwas ganz anderes zu sagen, weil ich über den positiven Grundakzent positiv überrascht war.
Was liegt uns hier auf dem Tisch? Die Evaluation eines neuen Förderinstruments - Schüler-BAföG -, das es in Brandenburg und nirgendwo sonst gibt. Das ist eine einmalige, gute Sache. Ich fand es mutig, schon nach drei Jahren eine Evaluation dieses neuen Förderinstruments anzusetzen.
Kollege Hoffmann hat etwas von „Inanspruchnahme“ gesagt. In diesem Zusammenhang kann ich einen Vergleich zu dem uns allen bekannten Bildungs- und Teilhabepaket ziehen. Man wäre froh, wenn dessen Inanspruchnahme nur halbwegs so gut wäre wie beim Brandenburger Schüler-BAföG.
Das Schüler-BAföG ist eine Leistung, die 2 500 Schüler der 11., 12. und 13. Klassen aus einkommensschwachen Familien bekommen. Das ist eine gute Inanspruchnahme, wenn man die Gesamteinwohnerzahl berücksichtigt und zudem weiß, dass ungefähr 20 000 Schülerinnen und Schüler in Brandenburg die gymnasiale Oberstufe besuchen. Deshalb kann ich feststellen: Das Schüler-BAföG kommt an. Es wird angenommen. Es ist bekannt; denn viele haben mitgeholfen, dass es bekannt wird.
Interessant finde ich, dass - laut Evaluation - die mit Abstand meisten Antragsteller von der Möglichkeit, Schüler-BAföG zu beantragen, von Eltern, von Bekannten oder in der Schule erfahren haben. Das zeigt, dass das Thema Schüler-BAföG, obwohl es erst vor relativ kurzer Zeit eingeführt wurde, erstaunlich präsent im Land ist.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Schulen, die meist sehr genau über den sozialen Hintergrund ihrer Schüler Bescheid wissen und die dieses Wissen offensichtlich genutzt haben, um gezielt über das Schüler-BAföG zu informieren und dafür zu werben.
Auch einige Landkreise haben offensichtlich ihre Leistungsempfänger gezielt darauf hingewiesen, dass es auch das Schüler-BAföG gibt und wer anspruchsberechtigt ist. Das macht sich dann besonders gut, wenn sich Jobcenter und BAföG-Amt unter einem Dach befinden.
Wichtig ist folgende Feststellung: Das Schüler-BAföG ist nicht ausschließlich eine zusätzliche Leistung für Hartz-IV-Empfänger. Das sollte sie auch nie sein. Etwa die Hälfte der Familien
bekommt diese Leistung, weil das monatliche Haushaltsnettoeinkommen unter 2 000 Euro - bei einem minderjährigen Kind oder unter 2 500 Euro - bei zwei minderjährigen Kindern liegt. Zu dieser Gruppe zählen in Brandenburg aktuell immerhin 1 200 Familien. Das ist die soziale Realität in Brandenburg im Jahr 2013.
Schaut man sich den prozentualen Anteil der Schüler-BAföGEmpfänger regionalisiert nach Landkreisen an, erkennt man: Das ist praktisch identisch mit dem Sozialatlas Brandenburgs. In der Stadt Potsdam und in Potsdam-Mittelmark bekommen wir ahnen es - weniger als 10 % der Schülerschaft in der Sekundarstufe II diese Leistung; dafür sind es in der Prignitz über 40 % der Schülerinnen und Schüler - eine Zahl, die mich wirklich umgehauen hat.
Angesichts dieser Zahlen sage ich: Das Schüler-BAföG kommt genau an der richtigen Stelle an, nämlich dort, wo es gebraucht wird.
Es gibt einen - zumindest für mich - weiteren interessanten Fakt, auch wenn dieser nur eine Nebenerkenntnis der Evaluation ist: Mehr als die Hälfte - 51 % - der Empfänger von Schüler-BAföG besuchen ein Gymnasium. Daran wird deutlich, dass das brandenburgische Gymnasium nicht das ist, was manche noch vom Gymnasium denken. Es ist nicht mehr eine elitäre Bildungsanstalt für Besserverdienende. Falls bisher noch jemand diese Position vertreten hat, so sollte sie mit der vorliegenden Evaluation endgültig vom Tisch sein.
Die Möglichkeit der Ausbildungsförderung für Abiturienten ist den betroffenen Familien sehr wichtig, was man an der hohen Rücklaufquote sieht: 40 % derjenigen, die angefragt wurden, haben geantwortet. Jeder, der schon einmal eine Umfrage gemacht hat, weiß: Das ist eine ganze Menge.
Ich behaupte: Den Menschen sind diese 50 oder 100 Euro einfach wichtig. Deshalb setzen sie sich damit auseinander. Sie antworten, weil sie um Sinn und Zweck dieses Förderinstruments genau wissen.
Ja, ich bin sehr gespannt.
Nicht 41, sondern 51 % derer, die Schüler-BAföG erhalten, befinden sich an einem Gymnasium. Und das ist - ich habe extra noch einmal nachgeguckt - ein bisschen weniger als der Anteil der Kinder insgesamt, die an einem Gymnasium das Abitur machen. Also kann man sagen - das ist meine Schlussfolgerung daraus -, dass das Gymnasium in Brandenburg nicht sozial selektiert. Nur das war die Aussage. Schauen Sie noch einmal genau hin: 51 % derer, die die Leistung bekommen, befinden sich am Gymnasium.
Kommen wir neben den statistischen Daten auch zu der Frage in der Umfrage und den Aussagen, die die Befragten dazu getroffen haben: Wie wichtig ist Ihnen diese Leistung? Was bedeutet Ihnen diese Unterstützung? - Mich hat schon sehr überrascht, dass die Leute in Bezug auf das Schüler-BAföG sagen: Das, was ich hier bekomme, ist nicht einfach Geld, das ich mitnehme, sondern das reizt mich an, diese Ausbildung, Abitur zu machen, es reizt mich aber auch an - und das haben drei Viertel gesagt -, eine weitere Ausbildung anzustrengen, zum Beispiel ein Studium. Die überraschendste Aussage allerdings war die auf die Frage, die ich gar nicht gestellt hätte, die aber der Gutachter gestellt hat: Halten Sie die Höhe der Leistung für ausreichend? Ich hätte gedacht, da sagt selbstverständlich jeder: Natürlich ist die nicht ausreichend, ich hätte gerne mehr. Das ist ja auch nachvollziehbar. Aber das Gegenteil ist der Fall, die Mehrzahl derer, die Schüler-BAföG bekommen, halten diese Leistung auch der Höhe nach für ausreichend. Große Überraschung!
Ich weiß natürlich, meine Damen und Herren, dass sich die meisten hier im Raum nicht oder nur schwer vorstellen können, dass 100 Euro mehr oder weniger im monatlichen Budget …
Herr Hoffmann, ich glaube, eine Frage pro Rede reicht. Danke.
… die Bildungskarriere der einzelnen Kinder beeinflussen können. Das können sich viele hier nicht vorstellen. Da sage ich aber: Ja, es gibt in Brandenburg Familien - nicht wenige - und zahlreiche Regionen, in denen man vor der Frage steht: Kann ich es mir leisten oder nicht? Da muss Politik nämlich nicht nur das muss sie auch, aber nicht nur - Lehrer einstellen; das haben wir gemacht. Es reicht auch nicht, nur schicke Schulgebäude hinzustellen - auch die gibt es in Brandenburg -, sondern die Politik muss diesen Familien eben auch Entscheidungshilfe zu der Frage einer höheren Bildungslaufbahn ihrer Kinder geben. Da ist dieser Anreiz zugegebenermaßen ein kleiner.
Ich habe gerade gesagt, diese 3,6 Millionen Euro, die im Haushalt des Bildungsministeriums stehen, sind nur ein Drittel von dem, was wir heute zum Beispiel beschlossen haben, um Vertretungsunterricht zu organisieren.
Wie kommt nun aber Schüler-BAföG zu den Bedürftigen? Wir kennen das ja alle aus unseren Bürgersprechstunden. Da kommen Bürgerinnen und Bürger, die beschweren sich darüber,
dass Anträge zu schwierig sind, dass Behörden zu unfreundlich sind, dass alles viel zu kompliziert und zu bürokratisch ist. Mich hat am Ergebnis der Umfrage sehr überrascht, dass die Familien äußerten, dass sie von den Ämtern Hilfe und Unterstützung bekommen, dass das auch noch schnell geht und dass sie mit der Arbeit der Ämter - und das dürfte auch einmalig sein - zufrieden sind, auch mit der Beratung durch die Ämter. Da kann ich nur sagen: Vielen Dank an die Landkreise und kreisfreien Städte.
Meine Damen und Herren, Schüler-BAföG hilft den Familien nicht nur, es ist auch eine unbürokratische Leistung; denn auch darauf sollte noch einmal hingewiesen werden - wer zum Beispiel Arbeitslosengeld II oder Wohngeld oder Kinderzuschlag bezieht, dessen Anspruch ist schon einmal geprüft worden, und deshalb bekommt er eben auch automatisch SchülerBAföG. Unbürokratisch finde ich auch die Tatsache, dass keine Quittungen gesammelt und eingereicht werden müssen. Da gibt es natürlich Raum für Mutmaßungen und Spekulationen, klar, aber der Gutachter hat zumindest gesagt, dass er keine Anzeichen dafür gesehen hat, dass eine Fehlverwendung der Mittel vorliegt. Das ist auch ganz klar, denn hier bekommen Familien Geld und Unterstützung, bei denen das Geld so knapp ist, dass sie jeden Euro dringend für die Ausbildung ihrer Kinder brauchen.
Aber, meine Damen und Herren, nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen könnte. Genau das möchte die Koalition mit dem Gesetzentwurf. Wenn nur rund 3 % der Familien den geringeren Satz von 50 Euro dieser Ausbildungsförderung bekommen, dann liegt es nahe zu sagen: Auch die sollen in Zukunft 100 Euro bekommen, zumal das für den Landeshaushalt mit überschaubaren 36 000 Euro jährlich zu Buche schlägt. Dafür aber wird die Bearbeitung der Anträge noch unbürokratischer und die Botschaft noch klarer. Und die lautet: In Brandenburg gibt es 100 Euro zur Unterstützung von Kindern aus einkommensschwachen Familien. Ich würde mir genauso wie der Gutachter wünschen, dass diese Botschaft noch klarer, noch stärker, noch deutlicher nach außen vermittelt wird - von Schulen, Landesregierung, Medien, Elternhäusern, Politikern, von allen, die dazu etwas zu sagen haben; denn die Brandenburger Ausbildungsförderung ist keine milde Gabe, sondern eine Unterstützung auf dem mühsamen Weg zum Aufstieg durch Bildung. Und das zu fördern ist eine Kernaufgabe von Bildungspolitik. Dafür ist jeder Euro gut angelegtes Geld. Vielen Dank
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hoffmann, Opposition zu sein ist so eine Sache; irgendwie hat das etwas. Man kann sich immer hier vorn hinstellen und von der Landesregierung fordern, Neues auszuprobieren, innovativ, unkonventionell und progressiv zu sein sowie auf die Veränderungen in Brandenburg zu reagieren. Wenn dann von der Landesregierung ein Vorschlag kommt, kann man immer gut sagen: Das wollen wir auf keinen Fall!
Gleichzeitig ist es euer Recht als Opposition, keinen eigenen Vorschlag zu unterbreiten. Aber dafür seid ihr auch nicht gewählt, dafür ist die Koalition bzw. die von ihr getragene Landesregierung gewählt. Koalition und Landesregierung erkennen die grundsätzliche Entwicklung: Brandenburg verändert sich.
Auch wenn Ruhe und Kontinuität gefordert werden - das ist verständlich, auch im Bildungsbereich -, bleibt es dabei: Brandenburgs Bildungslandschaft wird sich verändern, und zwar zwangsläufig. In 15 Jahren wird die Zahl der Schulen noch ein
mal merklich kleiner werden, auch weil sich - hoffentlich nicht ganz so merklich - die Zahl der Schülerinnen und Schüler weiter verringert. Das verändert die Bildungslandschaft in Brandenburg deutlich. Uns wurde Anfang der Woche ein Bericht übergeben, der Vorschläge enthält, wie man damit umgehen kann.
Es kommt eine weitere große Herausforderung hinzu: Wir werden in Zukunft in jedem Jahr immer weniger Geld haben. Das wissen wir schon heute mit großer Sicherheit. Auch darauf müssen wir uns einstellen.
Wie soll nun die Last dieser Veränderung verteilt werden? Das ist die Gretchenfrage. Die Landesregierung schlägt vor, die Schulverwaltung den größeren Teil tragen zu lassen. Ich kann diese Prioritätensetzung nachvollziehen. Nach einer Abwägung würde auch ich lieber jedes nur mögliche Optimierungspotential in der Schulverwaltung ausschöpfen, wenn ich im Gegenzug die Ausstattung der Schulen beibehalten oder sogar noch verbessern kann.
Insofern ist der Grundansatz des Gesetzentwurfs nachvollziehbar: Reine Verwaltungsaufgaben der Schulämter sollen zentralisiert und damit effektiver gelöst werden. Aufgaben sollen bei einer Stelle gebündelt und Beratung in der Fläche belassen werden. Eine einheitliche Behörde - und damit weniger Leitungsstrukturen - soll entstehen. Unter dem Strich steht - das wird auch in der Begründung des Gesetzentwurfs deutlich weniger Personal, aber ohne Qualitätsverlust.
Auf das grundsätzliche Ziel könnte man sich schnell verständigen. Wie das aber in der Praxis funktionieren soll, ist die wesentlich schwieriger zu beantwortende Frage. Weitere Fragen sind zu beantworten: Welche Aufgabe konkret kann zentralisiert werden, welche sollte in den Außenstellen wahrgenommen werden? Wie sieht die Struktur der neuen Behörde aus? Wie erfolgt die Mitwirkung der Beschäftigten?
Über all diese Fragen haben viele, viele Monate Ministerium, Personalräte und Gewerkschaften gebrütet. Ergebnis ist der vorliegende Gesetzentwurf. Er beantwortet immer noch nicht alle Fragen des täglichen Lebens, aber er setzt einen organisatorischen Rahmen. Bis zum Start des Landesschulamtes in knapp einem Jahr sind noch offene Probleme abzuarbeiten. Für die Beschäftigten des Staatlichen Schulamtes Eberswalde deutet sich eine regionale Lösung an, wenn ich das, was ich dazu der Presse entnehme, richtig werte.
An dieser Stelle sei den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Schulämtern, die sich konstruktiv, aber auch kritisch - das ist gut - an dem Veränderungsprozess beteiligt haben, noch einmal Dank gesagt. Sie waren und sind bereit, sich neuen Aufgaben zu stellen und, wenn nötig, den Arbeitsort zu wechseln. Angesichts dessen ist es mir durchaus recht, wenn man, wie in diesem Fall, ein paar Monate länger braucht.
Ich stelle abschließend fest: Leider ist es nicht nur in Brandenburg, sondern überall in Deutschland so, dass Neues im Allgemeinen und neue Strukturen im Besonderen sich immer rechtfertigen müssen. Offenbar sind wir alle so zufrieden mit dem, was wir haben, dass wir das Bekannte nicht verlieren wollen.
Ich bin da, offen gesagt, völlig anders und gebe dem Neuen eine Chance. Deshalb sehe ich der weiteren Beratung über diesen Gesetzentwurf auch positiv entgegen. Ich freue mich sehr auf eine hoffentlich spannende Diskussion. - Vielen Dank.
Zum Fahrplanwechsel im nächsten Monat wird der Regionalexpress 6 - der Prignitz-Express - nach Berlin-Gesundbrunnen durchgebunden. Das ist im Grunde eine gute Nachricht. Gleichzeitig erhöht sich aber für Reisende Richtung Norden die Fahrtzeit durch einen Halt von 21 Minuten im Bahnhof Hennigsdorf.
Mich würde interessieren, was der Grund für diesen außergewöhnlich langen Aufenthalt ist.
Herr Minister, stimmen Sie mir zu, dass für alle Menschen, die nördlich von Hennigsdorf wohnen, der Vorteil der direkten Anbindung an Berlin durch den längeren Halt im Bahnhof Hennigsdorf wieder verloren geht?
Wenn Sie mir zustimmen - werden Sie den VBB beauftragen, so schnell wie möglich - ich würde sagen, spätestens zum nächsten Fahrplanwechsel im Sommer - eine Lösung für dieses Problem zu suchen?
Herr Minister, Sie sprachen im Zusammenhang mit dem Ausbau des nördlichen Berliner Rings davon, dass sich dieser Ab
schnitt für eine Sonderfinanzierung eignen würde. Können Sie das näher erläutern?
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin von Halem, auch von mir gute Besserung! Sie haben das Thema „lebenslanges Lernen“ angesprochen. Wir alle erwähnen es oft in Reden und Vorträgen. Mir fällt dazu ein Beispiel aus der Praxis ein: Meine Tante wollte in jüngeren Jahren als sie noch 80 war - nie einen Computer anfassen. Sie wollte aber unbedingt wissen, wie das mit dem SMS-Schreiben funktioniert. Heute skypt sie regelmäßig mit der Freundin in Amerika, und das mit über 80. Zwischen diesen beiden Polen lagen mehrere Kurse an ihrer Volkshochschule. Ohne diese hätte sich für meine Tante eine völlig neue Welt nie erschlossen. Das ist für mich ein richtig gutes Beispiel - aber nur ein Beispiel - dafür, wie Erwachsenenbildung wirkt.
Sie wirkt so: Einige Menschen erlernen Fremdsprachen oder verbessern ihre Kenntnisse, um im Beruf weiterzukommen. Andere holen Teile ihres verpassten Schulabschlusses nach. Wieder andere bilden sich politisch weiter - auch das ist uns wichtig - oder nehmen grundlegende Bildungsangebote wahr, weil sie das Schreiben und das Lesen nie richtig gelernt oder wieder verlernt haben. Dabei ist es übrigens egal, nach welcher Methode sie es sich angeeignet haben.
Es sei nicht unerwähnt gelassen: Natürlich gibt es auch das Weinseminar und den Töpferkurs; das gehört dazu. Auch solche Interessen sollen ohne hohe finanzielle Hürden für eine breite Masse der Bevölkerung erreichbar sein.
Damit ist die Vielfalt von Weiterbildung in Brandenburg grob umrissen.
Als Anbieter sind an erster Stelle die Volkshochschulen zu nennen; denn an diesen finden 90 % der so wichtigen Grundbildungskurse statt. Bei - nur geschätzten - 125 000 funktionalen Analphabeten in unserem Land erschließt sich die gewaltige Aufgabe, vor denen die Volkshochschulen und Heimbildungsstätten stehen.
Das Problem im Zusammenhang mit der Weiterbildung besteht darin, dass es sich fast immer um freiwillige Zusatzangebote handelt. In Deutschland besteht zwar Schulpflicht, aber keine gesetzliche Pflicht zur Weiterbildung. Ich behaupte: Genau deshalb steht die Weiterbildung immer ein bisschen im Schatten der Bildungspolitik.
Seit seinem Bestehen unterstützt das Land Brandenburg die Weiterbildungseinrichtungen kontinuierlich. Man muss leider feststellen - insoweit schließe ich mich meiner Vorrednerin an -: auf kontinuierlich niedrigem Niveau. Mit aktuell 2,36 Millionen Euro pro Jahr erreichen wir laut Deutschem Institut für Er
wachsenenbildung in fast allen Vergleichskategorien, die man bilden kann, nicht einmal die Hälfte - ich betone: nicht einmal die Hälfte - des Bundesdurchschnitts.
Die Höhe der Finanzierung in Brandenburg hat sich seit 20 Jahren - unabhängig davon, welche Koalition bzw. Partei regiert hat - nicht geändert. Mit einer Ausnahme: Rot-Rot hat im ersten Regierungsjahr die Mittel zur Förderung der Weiterbildung um 300 000 Euro erhöht. Das war ein guter, wichtiger Ansatz, der uns einen Schritt nach vorn brachte. Aber ich finde, er hat uns nicht weit genug nach vorn gebracht. Deshalb greifen wir die Idee des Perspektivvertrages auf: Die Verbände der Weiterbildung sollen sich noch verbindlicher als bisher verpflichten, Angebote zu bestimmten Themen zu unterbreiten, und zwar mit qualifiziertem und entsprechend entlohntem Personal. Der Schwerpunkt soll ganz klar - das ist uns wichtig - auf Angeboten der Grundbildung für die Zielgruppe, die ich vorhin nannte, liegen.
Der Verhandlungsauftrag an die Landesregierung ist bewusst weit formuliert. Auf der anderen Seite wird sie nämlich aufgefordert, die Finanzierung der Weiterbildung auf erhöhtem Niveau, mindestens entsprechend der jährlichen Inflationsrate, zu gewährleisten. Das ist ein kleiner Schritt, der uns aber jedes Jahr ein kleines Stück weiterbringt.
Die Idee kommt ursprünglich aus Niedersachsen - Frau von Halem sagte es - und wurde von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufgegriffen. Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag einzubringen; denn das Anliegen ist uns wichtig. Die Idee ist, wie gesagt, nicht neu. Die Grünen in Niedersachsen hatten sie übrigens noch Anfang des Jahres - im Hinblick auf Frau Wanka - als „billiges Wahlkampfmanöver“ bezeichnet, da sie vergessen hatte, das Geld in den Haushalt einzustellen. Das sollte uns nicht passieren. Wenn wir in Brandenburg diesen Fehler vermeiden, wird ein solcher Vertrag ein gutes Beispiel für gegenseitiges Geben und Nehmen in der Politik und gleichzeitig ein wichtiger Schritt in Richtung auf eine noch qualifiziertere Fortentwicklung der Weiterbildung in Brandenburg sein. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Am 19. August 2013 berichtete die „Märkische Allgemeine“ über eine Auswertung des MDR, wonach Brandenburger Schülerinnen und Schüler bei der bundesweiten Mathematikolympiade und beim Wettbewerb „Jugend forscht“ im Ländervergleich die wenigsten Sieger stellen würde.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie sehen die Brandenburger Ergebnisse bei bundesweiten Wettbewerben insgesamt aus?
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 7,5 Millionen Analphabetinnen und Analphabeten in unserem Land - für ein modernes Deutschland eigentlich ein völlig unhaltbarer, unvorstellbarer Zustand und trotzdem Alltäglichkeit.
Die Wahrscheinlichkeit, dass wir alle einen Analphabeten bzw. eine Analphabetin kennen, ist statistisch gesehen relativ hoch. Genauso wahrscheinlich ist es, dass niemand von uns weiß, wer es ist; denn Analphabetismus findet in der Tat meist im Verborgenen statt. Ich würde sogar sagen: Dies ist eines der letzten Tabuthemen in unserer Gesellschaft.
Meist ist Analphabetismus aber auch nur ein Symptom, dass ganz grundlegende Fähigkeiten und Kenntnisse entweder nicht ausreichend erworben oder nicht genutzt werden und dadurch wieder verloren gegangen sind. Daher wird das Problem auch viel umfassender unter dem Stichwort „Grundbildung“ einge
reiht. Diese dient dem Erwerb grundlegender Kompetenzen für die eigenständige Gestaltung des Lebens, für Teilhabe und aktives Handeln in der Gesellschaft.
Ich bin der FDP dankbar, dass sie offenbar den vor uns liegenden Internationalen Alphabetisierungstag der UNESCO am 8. September dazu nutzt, dieses Thema wieder einmal ins Licht zu rücken.
Nicht dankbar bin ich allerdings für das, was Sie konkret aufgeschrieben haben. Sie tun so, als wäre Grundbildung ein völlig unentdecktes Land. Sie fordern zum Beispiel, die Kultusministerkonferenz möge für dieses Thema sensibilisiert werden. Das dürfte bei der Kultusministerkonferenz Kopfschütteln und Belustigung auslösen, denn sie hat bereits im Februar 2011 zusammen mit dem Bundesbildungsministerium und weiteren Akteuren - auch dem von Ihnen genannten Verband - eine nationale Strategie für Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener beschlossen. Und nicht nur die Strategie, auch das anschließende Förderprogramm für die Jahre 2012 bis 2015 widmet sich der von Ihnen zu Recht geforderten arbeitsplatzorientierten Alphabetisierung und Grundbildung.
Meine Redezeit reicht nicht, um alle diesbezüglichen Aktivitäten in Brandenburg zu nennen. Unsere Sprachförderung in den Kitas ist bekannt; danach muss man gleich den Volkshochschulverband mit seinen angeschlossen Volkshochschulen nennen und ihm danken: Allein in den Jahren 2011 und 2012 haben über 900 Menschen an den Grundbildungskursen der Volkshochschule teilgenommen. Am LISUM organisiert die zuständige Fachstelle „Alphabetisierung und Grundbildung für Erwachsene“ genau die geforderte wichtige Weiterbildung für Multiplikatoren, zum Beispiel Mitarbeiter in Jobcentern oder Lehrer. Sie entwickelt und vertreibt Materialien und Curricula zur Grundbildung, unterstützt Tagungen, Projekte und Vernetzung. Es gibt ein Online-Lernportal; auf dem Brandenburger Bildungsserver werden Sie viele Angebote zum Thema Grundbildung finden.
Gern.
Man kann immer alles mit allem verbinden und relativ leicht solche Thesen aufstellen. Für solche Zusammenhänge gibt es Annahmen, aber keine Belege. Die Frage ist: Tun wir genug für Grundbildung und Alphabetisierung? - Dazu habe ich ausgeführt und möchte es weiterhin tun.
Es gibt eine Öffentlichkeitskampagne des Bundes; sie wird hier unterstützt. Im Bildungsministerium gibt es zu diesem Thema eine Ausstellung mit Plakaten von Gymnasiasten aus Jüterbog. Wer sagt, dass das alles gut und wichtig ist, aber noch nicht reicht, dem möchte ich ausdrücklich zustimmen.
Abschließend möchte ich aus einer Pressemitteilung der FDPBundestagsfraktion vom Februar 2012 vortragen:
„Die Herausforderung Alphabetisierung lässt sich nur meistern, wenn die Kommunen, die Länder und der Bund gemeinsam dauerhaft und nachhaltig im Bildungsbereich zusammenwirken können. (…) Wir begrüßen deshalb die Forderung des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung e. V. nach einer Aufhebung des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich.“
„Eine verlässliche Infrastruktur für die nationale Aufgabe Alphabetisierung zu schaffen und zu sichern ist aufgrund der ausschließlichen Möglichkeit der Projektförderung schwierig.“
Ich hätte es nicht besser sagen können. - Vielen Dank.
Für das laufende Schuljahr hat die freie Immanuel-Oberschule im Oranienburger Ortsteil Friedrichsthal durch das Bildungsministerium die Zulassung als Gesamtschule erhalten. Laut Schulportrait lernten im vergangenen Schuljahr in der einzigen 10. Klasse dieser Schule 9 von insgesamt 34 Schülerinnen und Schülern der bisherigen Oberschule.
Laut Schulgesetz umfassen die Bildungsgänge einer Gesamtschule in integrierter Form den Bildungsgang der erweiterten Berufsbildungsreife, der Fachoberschulreife und den Bildungsgang zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife. Da wir alle aus eigener Erfahrung wissen, welch hohe Anforderungen an die Errichtung einer gymnasialen Oberstufe in einer öffentlichen Schule gestellt werden, frage ich die Landesregierung: Wie gewährleistet diese Schule die für Gesamtschulen vorgeschriebene Regelung des Schulgesetzes mit der vorhandenen Schülerzahl?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde diesen Antrag schon außerordentlich interessant. Er scheint mir allerdings ein Altantrag, ein Überbleibsel zu sein: vor sechs Wochen geschrieben. Dann sagten Sie sich: Na ja, wir haben uns die Arbeit gemacht, jetzt wollen wir ihn nicht zurückziehen. - Vielleicht hat auch unsere langjährige Überzeugungsarbeit in der Sache Früchte getragen, und Sie finden das Handeln der Landesregierung - denn das beschreibt der Antrag - mittlerweile gut.
Ich glaube, Letzteres trifft zu: Sie wollen das populäre Thema Klassenfahrten einfach noch einmal auf die Tagesordnung des Landtages bringen, um es noch einmal zu ventilieren, um daraus rückblickend Honig zu saugen.
Das hat Herr Senftleben ja getan; es war ein reiner Rückblick. Er hätte es anders wissen können, und ich behaupte: Er weiß es auch anders, denn der Antrag im Text beschreibt exakt das, was die Ministerin - ich habe mir die Daten herausgeschrieben - am 8. Mai in einer Pressekonferenz vorgestellt und bezüglich dessen sie am gleichen Tag die Schulämter angewiesen und den Bildungsausschuss am 23. Mai informiert hat. Da müssen Sie komplett abwesend gewesen sein, denn in der Begründung Ihres Antrags steht immer noch:
„Verzicht auf Erstattung von Reisekosten ist schnellstmöglich zu beseitigen.“
Das ist beseitigt. Genau das war nämlich der Kernbestand des Urteils, das in Frankfurt (Oder) gefällt wurde. Das ist weg, das existiert nicht mehr. Dafür gibt es eine Übergangsregelung, die die Ministerin vorgestellt hat. Diese Regelung orientiert sich natürlich an Recht und Gesetz, und zwar am Bundesreisekostenrecht, an dem, was andere Bundesländer in diesem Bereich tun.
Der Hauptpersonalrat des Ministeriums hat diese Regelung als beispielhaft gelobt. Das kommt auch nicht oft vor.
Um einmal in die Praxis zu gehen, denn das ist entscheidend: Ich habe mich mit Mitarbeitern eines Schulamts unterhalten, und mir wurde gesagt: Die Gelder sind angekommen. - Sie reichen nach ihrer Angabe auch für die Bezuschussung von Klassenfahrten aus.
Und: Es gibt vor allen Dingen keinen Run auf Klassenfahrten nach dem Motto „Wir fahren jetzt überallhin, wo es schön ist“, sondern die Schulen gehen sehr verantwortlich mit dieser neuen Freiheit, mit dieser Übergangsregelung um.
Ja, bitte.
Auch das ist bereits von der Ministerin angekündigt worden.
Da es sich um etwas handelt, was in der Zukunft passieren wird, ist es erst einmal vorbereitet. Diesem Antrag entsprechend - deshalb sage ich es noch einmal: der Antrag ist die Ankündigung und Vollzugslage des Ministeriums - wird es im Herbst den Entwurf einer Verwaltungsvorschrift zur Neuregelung geben, im Herbst auch deshalb, damit sich die Schulen, die Klassenfahrten relativ lange planen, vorbereiten können.
Die Regelung wird zum Schuljahr 2014/15 in Kraft treten. Auch da gibt es kein Defizit mehr, sodass wir als Parlament die Landesregierung hier nicht zu irgendetwas drängen oder auffordern müssten. Es ändert sich - das muss man auch deutlich sagen - für Schüler und ihre Eltern nichts. Die VV-Schulfahrten gilt. Die Lehrer bekommen jetzt ihre Auslagen erstattet und müssen nicht mehr Verzicht erklären. Die VV-Schulfahrten setzt auch einen Rahmen.
Hier wurde ein etwas engerer Rahmen beantragt; so verstehe ich den Antrag von Herrn Hoffmann. Ich halte auch das nicht für den richtigen Weg, weil die Ministerin, wie gesagt, angekündigt hat, die VV im Herbst neu aufzulegen und dann genau das zu tun, was der Antrag fordert: ein Budget für die Schulen einzuführen. Ein Budget symbolisiert auch ein gewisses Maß an Freiheit, an Entscheidungsmöglichkeiten. Wenn man aber gleichzeitig die Kriterien noch enger macht, reduziert das die Entscheidungsmöglichkeiten.
Ich glaube, das, was an Grundsätzen in der Verwaltungsvorschrift geregelt ist, ist richtig, soll Bestand haben. Wir brauchen diesen Antrag nicht, denn die Überschrift ist schlicht und ergreifend falsch.
Klassenfahrten müssen nicht ermöglicht werden, Klassenfahrten finden statt, fanden statt und werden zukünftig stattfinden. - Vielen Dank.
Wir sind ja nun glücklicherweise übereingekommen, den Ausbau der Kindertagesbetreuung über das bisher vereinbarte Maß
hinaus zu fördern. Neben der Förderung von Investitionskosten beabsichtigt der Bund auch, sich mit Zuschüssen zu den Betriebskosten der Einrichtungen an dieser gemeinsamen Aufgabe zu beteiligen. Demnach soll es sowohl - wie man hört Betriebskostenmittel für die Schaffung neuer Betreuungsplätze als auch einen dauerhaften Zuschuss zum Betrieb von bereits bestehenden Betreuungseinrichtungen geben.
In diesem Zusammenhang interessiert mich, nach welchem Modus die Landesregierung plant, diese Betriebskostenzuschüsse an die Kreise und kreisfreien Städte weiterzuleiten.
Frau Ministerin, mir ging es darum, dass Sie diese Mittel für eine Aufgabe, die uns allen sehr am Herzen liegt, den Trägern zielgerichtet zur Verfügung stellen. Über eine Verbundquote wäre das nicht gewährleistet, denn das hieße ja, dass es sozusagen in die allgemeine Finanzmasse einginge. Wie können Sie es anstellen, dass Sie diese Mittel der Aufgabe dann auch zielgerichtet folgen lassen?
Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mit einem Zitat beginnen:
„Inklusion ist ein komplexer Prozess, der gut vorbereitet werden muss. Ansonsten besteht die Gefahr, dass wir das Projekt auf Kosten der Kinder und Lehrer umsetzen.“
Das stammt von Wilfried Steinert, ehemaliger Leiter der Waldhofschule in Templin, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats „Inklusion“ und ein bundesweit anerkannter Experte zu diesem Thema.
Genau darum geht es; es geht nicht darum, das Ganze auf Eis zu legen oder sogar zu stoppen. Wir sind auf dem Weg zur inklusiven Schule und da gibt es kein Zurück.
Das übrigens nicht nur, weil es die UNO beschlossen hat, sondern weil es unserem Selbstverständnis vom gemeinsamen Leben und Lernen entspricht. Brandenburg ist da schon weiter als manch anderes Land. Trotzdem stellen wir doch alle bei unseren täglichen Gesprächen fest: Es bleibt immer noch ein kompletter Richtungswechsel für unser Land.
Ich weiß nicht, Frau von Halem - die Sie den Antrag hier geschrieben haben -, was Sie auf Ihren Veranstaltungen, mit denen Sie - wirklich dankenswerterweise - durchs Land getourt sind und viel geworben haben, erlebt haben. Dort, wo ich über dieses Thema gesprochen habe, hatte ich den Eindruck, dass es noch viel Veränderungsbedarf im Denken und im täglichen Handeln gibt und vor allen Dingen die Anforderungen an diesen Prozess riesig sind.
Eines aber zog sich durch all diese Meinungsäußerungen mit einer durchaus positiven Tendenz, und zwar: Wenn ihr das macht, dann aber bitte gut vorbereitet, sorgfältig und: Nehmt bitte alle mit!
Ich sage ganz klar: Ich hätte mir auch ein schnelleres, beherzteres Herangehen gewünscht. Bildungspolitiker sind auch immer unruhige und ungeduldige Leute. Aber wenn wir alle zusammen wollen - und ich sehe, dass es in diesem Haus große Gemeinsamkeit beim Thema Inklusion gibt -, dass Inklusion ein Erfolgsmodell wird, dass es einen guten Ruf im Land hat, dann darf man auch diese mahnenden Worte nicht überhören.
Zu dem von Ihnen vorgelegten Antrag: Wenn wir so einen Antrag vorgelegt hätten, hätte man uns vorgehalten, dass alles, was dort geschrieben steht, Wunschdenken sei, nach dem Motto: Wir beschließen mal eben, dass Inklusion stattfindet. Uns hätte man unterstellt: Okay, ihr habt jetzt die Pilotschulen
auf den Weg gebracht, habt ihnen gesagt, sie sollen für uns Erfahrungen sammeln, und wir werden diese Erfahrungen ernst nehmen. Dann hätte man uns gesagt: Aber ihr schafft schon vorher Tatsachen.
All diese Punkte, Frau von Halem, die Sie aufgeschrieben haben, müssen Stück für Stück abgearbeitet werden. Die Lehrpläne und die Leistungsbewertungen müssen inklusiv umgestaltet werden. Die Lehrerfortbildung muss weiter vorankommen - nicht nur an der Uni, sondern auch die der Lehrerinnen und Lehrer, die schon in der Schule sind.
Bei dem, was Sie aufzählen, kommen dann auch noch richtig dicke Bretter: Alle Kinder, auch die schwerbehinderten - so steht es in Ihrem Antrag -, sollen an allgemeinbildenden Schulen, und zwar durchgängig, unterrichtet werden. Die Schnittstelle zum Hort und der Übergang zum Beruf sollen geklärt werden. Das wünsche ich mir auch alles. Die Landesregierung arbeitet auch an solch schweren Themen, und sie merkt auch da, wie schwer es ist, die Kommunen mitzunehmen, den Bund mit an Bord zu bekommen, sich gegen Zuständigkeitszersplitterung zu wehren und zu bündeln, Jugendhilfe und Gesundheitssystem mitzunehmen. Da ist es eben leider nicht mit der Änderung der Schulbau-Richtlinie getan.
Es wird vermutlich noch viele Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte dauern, das alles umzusetzen. Man muss daran halt weiterhin kontinuierlich arbeiten. Aber bei allen konkreten Umsetzungsschritten müssen aus meiner Sicht an erster Stelle die Sorgfalt und eine gute inhaltliche, materielle und personelle Untersetzung stehen. Dazu abschließend noch ein Zitat von Wilfried Steinert:
„Wenn das Projekt von vielen Partnern mitgetragen wird, steigt auch die Akzeptanz.“
Denn eines ist klar: Der Prozess ist unumkehrbar, gemeinsames Lernen muss laut UN-Menschenrechtskonvention Standard werden. Jetzt geht es darum, die Bedingungen gut zu gestalten, und dafür brauchen wir noch mehr Zeit. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie sagte ein ehemaliger Bildungsminister jüngst bei einer Anhörung in diesem Haus: Der demografische Wandel fand 1990 in den Krankenhäusern statt. - Recht hat er. Sechs Jahre später landete der demografische Wandel in unseren Schulen und wir hatten nur noch fast halb so viele Schüler wie vorher. Die Landesregierung - ich erinnere daran - hat schon damals gehandelt. Sie hat dies nicht von oben herab getan, sondern unter Einbeziehung von Lehrern, Eltern, Schülern, Politikern, Schulträgern und Gewerkschaften Kriterien künftiger Schulstandorte für die Sekundarstufe I aufgestellt.
Wir haben die „Kleine Grundschule“ eingeführt; genau deshalb können Oberschulen in Grundzentren im ländlichen Raum heute mit zwei mal 15 Schülerinnen und Schülern eine 7. Klasse einrichten. Alle Bemühungen waren und sind darauf gerichtet, möglichst viele Schulstandorte zu erhalten. Wenn wir die Kriterien aber vor Ort im konkreten Fall angewandt haben und es aus diesen Gründen zu Schulschließungen kam, war in der Regel die Reaktion nicht: Endlich! Gut, dass die Landesregierung entschlossen handelt! - Nein, dann sah die Bewältigung der demografischen Entwicklung anders aus. Egal, ob Landrat, Bürgermeister oder örtlicher CDU-Abgeordneter - im konkreten Fall hat man diese konsequente und vorausschauende Initiative nicht, wie hier gerade, gefordert, sondern man hat dagegen protestiert. Das ist einfach; schwieriger ist es, selbst zu
handeln. Und noch viel schwieriger ist es - das haben wir heute bei der CDU gesehen -, Vorschläge zu machen.
Die CDU hat zwar diese Aktuelle Stunde beantragt, aber ich dachte, es würde mehr Inhalt kommen, mehr Substanz, konkretere Beispiele. Demografischer Wandel ist nichts Allgemeines, sondern findet immer konkret, vor Ort, statt. Dort muss man Probleme und Konflikte aushalten.
Ich weiß, wie weh das tut. Obwohl ich aus dem Speckgürtel komme, musste ich in den 90er Jahren als Stadtverordneter meine Hand für die Schließung der Schule heben, auf die ich zehn Jahre lang gegangen bin. Es fordert ehrenamtlichen Kreistagsabgeordneten bei der Schulentwicklungsplanung einiges ab, die Schließung einer funktionierenden Schule mit genügend Schülerinnen und Schülern zugunsten der Stärkung einer anderen Schule zu empfehlen; sonst hätten möglicherweise beide keinen Bestand. Das erfordert Mut und Weitsicht.
Wir müssen den demografischen Wandel nach eigenen Möglichkeiten gestalten. Dabei muss jeder Verantwortung wahrnehmen, egal wo in Brandenburg er gewählt ist. Einfacher ist es, mit dem Finger nach Potsdam zu zeigen; das tun leider einige und erwarten Hilfe von oben. Ich hatte heute den Eindruck, dass CDU und FDP auf eine Planwirtschaft warten.
Es überrascht mich, dass gerade Herr Büttner nach Plänen ruft.
Aber die nächste Herausforderung steht vor der Tür. Wir haben eine - wieder sehr breit aufgestellte - Kommission gegründet, um das „demografische Echo“, das in den nächsten fünf bis zehn Jahren in unsere Grundschulen kommt, zu bewältigen. Wieder wird es Maßnahmen geben, die uns zunächst das Grauen in den Nacken treiben. Manches wird mit Schule, wie wir sie kennen, nichts mehr zu tun haben: Reiselehrer, Schulfilialen ohne eigene Leitung, Blockunterricht, Teleunterricht, Kooperation mit weiterführenden oder anderen Grundschulen. Bei all diesen Maßnahmen kommt es darauf an, dass man sie umsetzt und klug kombiniert. Wenn aber - ich habe Zahlen genannt - trotz solcher Maßnahmen Qualität und Vielfalt am Standort X nicht ausreichen und es zu einer Schließung kommen muss, dann zeigt sich ganz konkret, wie ernst Politiker in Land wie Kommune, wie ernst alle Menschen, die Verantwortung tragen, den demografischen Wandel nehmen - und die Bewältigung der Probleme, die er mit sich bringt. Dafür wünsche ich uns allen viel Mut und Rückgrat.
Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat: Anfang des Jahres, da überraschten die Bildungsminister aus Bayern, Niedersachsen und Sachsen mit der Vorstellung von Eckpunkten eines sogenannten Bildungsstaatsvertrags. Einheitliche Standards für Schulabschlüsse und in der Lehrerbildung sollten da vereinbart werden. Das klingt populär, das ist populär, aber die Initiative, die ist schlicht und ergreifend populistisch. Denn nichts sagt diese Initiative zur ebenso populären Forderung zur Abschaffung des Kooperationsverbots, und genau das scheint auch gewollt zu sein. Das Kooperationsverbot soll erhalten bleiben, das Kooperationsverbot, das uns verbietet, dass im Bildungsbereich bei so wichtigen Themen wie Inklusion Bund und Länder dieses Thema gemeinsam stemmen, das soll zementiert werden. Und neben dem Wahlkampfeffekt - das kam ja kurz vor der Niedersachsenwahl - ist das des Pudels Kern der Initiative. Die dient in keiner Weise dem bildungspolitischen Fortschritt, denn: Bildungspolitik in Deutschland ist schon wesentlich weiter. Wir haben bereits seit 2004 gemeinsame Standards für die von der Kultusministerkonferenz anerkannten Abschlüsse. Wir haben auch kein Anerkennungsproblem, denn diese so erworbenen Abschlüsse nach diesen Standards der Kultusministerkonferenz sind bundesweit anzuerkennen.
Beim Abitur sind wir schon einen Schritt weiter. Da haben wir nicht nur diese gemeinsamen Standards, sondern dann ab 2017 sogar einen gemeinsamen Aufgabenpool für die Abiturprüfung. Wir haben gemeinsame Qualitätsrahmen für Schulevaluation, und wir haben die gemeinsamen Standards zur Lehrerbildung. Wir haben all das. Und die Bundesländer, die ein ehrliches Interesse an mehr Vergleichbarkeit in der Bildung haben, die sollten als Allererstes diese Regelung in ihrem eigenen Land umsetzen.
Wie die Lehrerbildung zeigt, haben gerade diese Länder, die jetzt diese Initiative ergriffen haben, hier auch großen Nachholbedarf. Brandenburg hat, wie Sie wissen, die Lehramtsausbildung auf Bachelor und Master umgestellt mit 300 Punkten und mindestens fünf Jahren für alle Lehrämter - für alle Lehrämter. Dagegen gibt es in Bayern noch immer keine Initiative in diese Richtung. Und Sachsen hat eine vierjährige Grundschullehrerausbildung eingeführt mit einem anschließenden Jahr Referendariat.
An dieser Stelle noch einmal zur Erinnerung: Brandenburg hat sich bei der Föderalismusreform explizit gegen eine Ausweitung der Länderkompetenzen eingesetzt und dafür viel Kritik eingesteckt - gerade auch von den Südländern, gerade auch aus Bayern. Brandenburg wird deshalb aber zukünftig auch alle ernsthaften und sinnvollen Initiativen für mehr und bessere Vergleichbarkeit, für einheitlichere Standards unterstützen.
Aber: Das Problem mit den gemeinsamen Abiturprüfungen mit Berlin hat für mich auch gezeigt: Vereinheitlichung ist kein Selbstzweck. Schon deshalb würde ich nicht mehr jeder Initiative einfach hinterherlaufen. Für mich lohnt es sich, genauer hinzuschauen, ob die Bedingungen von vier- oder sechsjähriger Grundschule, von unterschiedlich aufgebauten Bildungssystemen in den einzelnen Ländern, unterschiedlichen Größendimensionen von Stadtstaat und von dünn besiedeltem Flächenland, ob all das Vereinheitlichung überhaupt sinnvoll und umsetzbar macht.
Bei der Initiative aus Sachsen, Niedersachsen und Bayern stellen sich all diese Fragen nicht, denn das war eine bunte Wahlkampfrakete, bei der auch nichts mehr hinterherkam und die spätestens mit der Niedersachsenwahl verglüht ist. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einer Frage beginnen: Was ist Ihnen Bildung wert, erst einmal nicht im Landeshaushalt, sondern ganz persönlich, Ihnen privat? Viele werden jetzt sagen: Bildung ist mir natürlich viel wert, eine ganze Menge. Es ist ja auch für die allermeisten hier in diesem Raum keine große Leistung; denn in der Regel muss niemand von uns auf etwas verzichten, um seinen Kindern neue Bücher, Zirkel und Taschenrechner zu kaufen oder die
Klassenfahrt zu ermöglichen. Bei einem guten Teil der Menschen aber, für die wir Politik machen, stehen schon wesentlich ernsthaftere Entscheidungen an. Da muss bei jeder zusätzlichen Ausgabe überlegt werden, ob man sie sich auch wirklich leisten kann, vielleicht auch dauerhaft leisten kann. Wer dann sagt, das neue Sofa zum Beispiel kann noch ein Jahr warten, weil jetzt erst einmal das Laptop für den Nachwuchs in der Oberschule gebraucht wird, der hat meinen tiefen Respekt.
Nun geht es hier bei unseren Haushaltsverhandlungen um deutlich mehr als ein Sofa. Dafür sind wir aber in einer - sage ich noch viel schwierigeren Situation. Es geht eben nicht darum, Neuanschaffungen ein oder zwei Jahre nach hinten zu schieben, sondern es gilt zu entscheiden, was man sich zukünftig noch leisten kann. Zu entscheiden - um einmal bei dem Beispiel zu bleiben -, ob der Sommerurlaub statt zwei Wochen nur noch eine Woche dauert, ist schon eine wesentlich schmerzhaftere Entscheidung. Genau diese Entscheidung, umgesetzt in große Politik, steht mit dem Doppelhaushalt 2013/14 an.
Und es wird wieder entschieden: Ja, es wird anderswo gespart, um in die Priorität Bildung zu investieren. Für diese Entscheidung gebührt auch der Landesregierung mein großer Respekt. Wenn wir das im Parlament verabschieden, gebührt auch uns Parlamentariern dafür eine gehörige Portion Respekt.
Nun ist es im privaten Leben wie in der Politik: Muss man eine schwierige finanzielle Entscheidung mit schmerzhaften Folgen treffen, treten Menschen auf den Plan, die sagen, dass alles nicht so schlimm sei, man es irgendwie hinbekäme, man sogar noch viel mehr Geld ausgeben könne und eigentlich alles gar kein Problem sei. Man müsse ihnen nur vertrauen.
Im richtigen Leben nennen sich diese Personen oft Finanzberater. Wir haben hier im Landtag die Opposition. Sie schlagen einem dann so illustre Sachen vor wie Eingriffe in Leistungsgesetze, Kürzungen bei Hochschulmitteln oder den Rückgriff auf die Versorgungsrücklage für Beamte, die bereits im Dienst befindlich sind. Wenn diese Berater dann vollmundig Ratschläge erteilen, ist es gut, einmal genauer hinzuschauen und sie an ihren Taten zu messen.
Schauen wir einmal, wo Brandenburg bildungspolitisch nach zehn Jahren CDU-Mitverantwortung stand, und vergleichen wir dazu den rot-roten Haushalt 2013/2014 mit dem Haushalt des Jahres 2009. Im Jahr 2009 umfasste der Einzelplan 05 1,2 Milliarden Euro, im Jahr 2013/2014 fast 1,5 Milliarden Euro, was eine Steigerung von exakt 291,2 Millionen Euro ist. Zudem erhöhten sich die Personalausgaben in dieser Zeit um 128,8 Millionen Euro, obwohl die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer - wie uns immer vorgehalten wird - wegen sinkender Schülerzahlen zurückgegangen ist. Wenn Sie diese 128,8 Millionen Euro einmal heimlich durch die 17 000 Lehrerstellen teilen, werden Sie staunen, wie hoch wir - auch materiell - jede einzelne Lehrerin und jeden einzelnen Lehrer in diesem Land anerkennen und wertschätzen.
Seit 2009 haben wir neben den tarifbedingten Lohnsteigerungen noch 70 Millionen Euro mehr für die Kitabetreuung eingesetzt und die Gelder für die Lehrerfortbildung fast verdoppelt.
Zudem erhöhten wir die Mittel für den Landesjugendplan um etwa 2 Millionen Euro und setzten für die Erhöhung der Anzahl der Stellen im Referendariat zusätzlich 6 Millionen Euro ein. Auch die zusätzliche 1 Million Euro für den Sport sollte nicht unter den Tisch fallen. Man höre und staune - wir sind diesbezüglich völlig ideologiefrei -: Unter Rot-Rot sind die Ausgaben für Schulen in freier Trägerschaft - ich habe es einmal addiert - seit 2009 um 34,7 Millionen Euro gestiegen.
- Ja. Damit aber nicht genug. Unter den eingangs beschriebenen Umständen - etwa schwierige Haushaltslage - haben wir noch zusätzliche Ausgaben getätigt, und zwar 7,1 Millionen Euro für die Personalausstattung der inklusiven Pilotschulen und 4 Millionen Euro im Haushaltsplan 2013/2014 für SchülerBAföG. Noch einmal: An den Taten sollte man sie messen.
Meine Damen und Herren, mit dieser Bilanz - das sage ich ganz klar - kann sich sowohl die Linke als auch die SPD erhobenen Hauptes vor die Menschen in Brandenburg stellen.
Das eben Genannte umfasste jedoch nur die Dinge, die mit Geld - zumeist mit sehr viel Geld - verbunden waren. Nun will ich aber noch einige andere inhaltliche Maßnahmen - wenn auch nur gerafft - nennen: Stärkung der Basiskompetenzen in Deutsch, Mathematik, Englisch, dazu Bereitstellung konkreter Aufgaben, Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachkompetenz, Einführung eines verbindlichen Grundwortschatzes für Deutsch in den Klassen 1 bis 4, zusätzliche Bereitstellung konkreter Lektürelisten.
Durch die Einführung des Bereiches „Grundlegende Bildung“, der die Stunden für Deutsch, Mathematik, Sachunterricht und Musik umfasst, haben wir die Lernzeiten in den Klassen 1 und 2 erweitert und flexibilisiert. Überall um uns herum registriert man das und erkennt es an. Brandenburg ist schon lange nicht mehr das Land, das bei Vergleichen immer die hinteren beiden Plätze belegt.
Natürlich geht dies auch mir - wer könnte das anders sagen als ein Bildungspolitiker - viel zu langsam. Dennoch erkennt man wie zum Beispiel die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ im Sommer dieses Jahres - bei der Draufsicht deutliche Fortschritte im Brandenburger Bildungssystem. So wurde uns unter anderem die Senkung der Zahl der Schulabbrecher positiv angerechnet.
Dass wir eines der gerechtesten und durchlässigsten Schulsysteme Deutschlands haben, wird uns bei Studien praktisch regelmäßig attestiert. Zudem bescheinigte uns die OECD gerade, dass wir überdurchschnittlich viele Hochqualifizierte und nur halb so viele Geringqualifizierte wie im Bundesdurchschnitt haben. Auch das scheinen mir keine Indikatoren für den Niedergang des Bildungssystems zu sein.
Bei den Bildungsausgaben stellt sich immer die Frage: Wie rechnet man es hin und her? Eine gängige Rechnung ist, die Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt zu orientieren. Diesbezüglich liegen wir über dem Durchschnitt der bundesdeut
schen Flächenländer, und zwar auch über denen, die bei PISA immer so gut abschneiden.
Die Forderung nach mehr - ich sagte es bereits - spricht jedem Bildungspolitiker aus dem Herzen. Künftig werden wir uns in allen Bereichen - das hätten wir uns früher gewünscht - am Westniveau messen lassen müssen. Genau das fordern auch ständig die Ministerpräsidenten - zumeist die CDU-Ministerpräsidenten im Westen -, die uns daran messen wollen.
Im Vergleich sehen wir übrigens überall gut aus: Wir haben mehr Lehrer in den Klassen, erteilen mehr Unterricht und haben mehr Ganztagsangebote. Zudem haben wir - das ist für uns selbstverständlich - eine bessere Kitabetreuung. Wenn ich mir all diese als Indikatoren anschaue, sage ich beim Blick voraus: Ich warne davor, die Latte der Versprechungen - das ist der letzte Haushalt dieser Legislaturperiode - hochzulegen.
Jedoch müssen wir in den kommenden Haushalten zwei Herausforderungen bewältigen. Erstens müssen wir eine qualitativ hochwertige Schule - ich wiederhole: qualitativ hochwertig! auch in den weiten ländlichen Räumen Brandenburgs erhalten. Zweitens: Wir sollten einen klaren Schritt in Richtung gemeinsames Lernen aller Kinder machen. Eine inklusive Schule wird nicht mehr viel mit der Schule unserer Eltern und Großeltern wahrscheinlich auch nichts mehr mit der eigenen Schule - zu tun haben; dennoch wird sie unser aller Zusammenleben positiv verändern.
Meine Damen und Herren, Kindern das Rüstzeug für das Leben mitzugeben ist nie leicht. Aber man kann in Brandenburg gute Schule machen, was jeden Tag unter Beweis gestellt wird. Den vielen Tausenden, die daran beteiligt sind, vom Hausmeister über die Schulsekretärin und - natürlich - die Lehrerinnen und Lehrer bis hin zum Schulsozialarbeiter, gebührt Anerkennung und von dieser Stelle aus zum guten Schluss mein herzlicher Dank.
Verehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie von der CDU nehmen den letzten Ländervergleich in Deutsch und Mathematik zum Aufhänger für eine Aktuelle Stunde. Das ist keine besonders neue Idee und die Ergebnisse sind auch kein Grund zum Jubeln. Von mir haben Sie jedenfalls keinen Jubel gehört; ich habe von der Ministerin auch keinen gehört. Aber wir sind nicht - ich habe nämlich den Antrag zur Aktuellen Stunde gut gelesen und, wie ich denke, auch verstanden -, wie Sie darin schreiben, wieder einmal Schlusslicht, sondern belegen die Plätze 7, 10 und 11 in den getesteten Kategorien.
Einen Grund zum Jubeln fand ich auch nicht, als Brandenburg 2008 attestiert wurde, „der PISA-Aufsteiger“ zu sein. Ich glaube, diese Tests bieten generell weder Grund zu Jubel noch zu Depressionen. Wir haben aus den vorangegangenen Tests Konsequenzen gezogen: Wir haben mehr Verbindlichkeit, mehr einheitliche Standards, auch mehr Überprüfungen - was nicht allen Schulen gefällt - eingeführt.
Diese Tests sind aber nicht die absolute Wahrheit, und sie sagen schon gar nichts über das gesamte Bildungssystem eines Landes aus. Es gibt sogar Wissenschaftler - Politiker dürften das nie machen -, die sich öffentlich fragen: Wozu dienen eigentlich solche Vergleiche? Und sie sagen: Man könnte sie genauso gut abschaffen.
Was Sie sonst in Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde schreiben, ist ein Potpourri der populärsten bildungspolitischen Forderungen des Landes - Herr Hoffmann hat es gerade vorgetragen -, also alles nur alter Wein in alten Schläuchen, so wie es auf den ersten Blick aussah. Aber dann wird es doch noch interessant, dann stellen Sie nämlich das Bundesland Bayern als leuchtendes Beispiel hin. Da dachte ich, dass das doch noch eine ganz interessante Aktuelle Stunde werden könnte.
Sie nehmen ausgerechnet Bayern als positives Beispiel, eben jenes Bundesland, das gerade beschlossen hat, gegen den Länderfinanzausgleich zu klagen, unter anderem mit der Begründung: Diese nimmersatten Nehmerländer leisten sich eine Ausstattung, die wir uns nicht leisten. - Wenn diese Klage erfolgreich sein sollte, dann reden wir hier über ganz andere Dinge als über die Frage: Können wir noch mehr Geld in Bildung geben? Dann müssen wir nämlich noch mehr sparen, auch im Bereich der Bildung - das wird der Effekt sein.
Mit dieser Argumentation, Herr Hoffmann, geben Sie den Bayern Nahrung, Stichwort: Vertretungsreserve - ich hatte schon befürchtet, dass das gar nicht angesprochen wird. Eine Vertretungsreserve wie in Brandenburg, wo 103 % der notwendigen Unterrichtsstunden finanziell abgesichert sind, kennt man in Bayern nicht. Dort wird Geld an die Schulen gegeben, mit dem sie sich unter anderem Vertretungslehrer einkaufen sollen. Sie können sich vorstellen: Wenn im Bayerischen Wald montags der Physiklehrer ausfällt, dann wissen Sie genau, wie qualifiziert vermutlich die Vertretung ist. In der Regel wird das dann über Mehrarbeit der bestehenden Kolleginnen und Kollegen abgeleistet, was wiederum nicht zur Lehrergesundheit beiträgt. Folge ist, dass den Gymnasien - also den bayerischen Lieblingsschulen - im Februar dieses Jahres ein Unterrichtsausfall von 3 % attestiert wird; die Attestierung erfolgt nicht wie bei uns kontinuierlich, sondern stichpunktartig. Deshalb sind die Bayern mit diesem System auch ausgesprochen unzufrieden und haben eine mobile Reserve von 500 VZE eingeführt.
Jetzt höre man und staune über den Größenvergleich: Bayern hat rund 3 700 allgemeinbildende Schulen und rund 78 000 Lehrerinnen und Lehrer. Zum Vergleich: Das Brandenburger Bildungsministerium hat bei rund 17 000 Lehrerinnen und Lehrern im laufenden Schuljahr neben der Vertretungsreserve von 3 % und den 450 Neueinstellungen zusätzlich - zum Beispiel, um Kollegen in Dauerkrankheit zu vertreten - 260 Lehrerinnen und Lehrer befristet eingestellt. Meine Damen und Herren, Sie sehen also, über welches Ausstattungsniveau wir hier reden. Auch wenn wir uns beklagen - es ist in Brandenburg wahrlich nicht schlecht.
Die von Ihnen geforderten 6 % gibt es nirgendwo in Deutschland, auch nicht in Bayern und anderen guten PISA-Ländern. Solche Forderungen wären Wasser auf die Mühlen des bayerischen Ministerpräsidenten gegen den Länderfinanzausgleich. Gleiches gilt auch für die Forderung nach mehr Unterricht und damit mehr Lehrern für die Grundschulen. Sie versuchen uns schon eine ganze Weile zu erzählen, bayerische Grundschüler hätten mehr Unterricht als brandenburgische. Das gibt aber kein Vergleichsindikator der Kultusministerkonferenz her. Sowohl beim erteilten Unterricht pro Klasse als auch bei der berühmten Schüler-Lehrer-Relation werden Brandenburg mehr erteilter Unterricht und kleinere Klassen attestiert. Auch diese Argumentation wäre für den bayerischen Ministerpräsidenten aus Ihrer Schwesterpartei wieder ein Beleg dafür, dass die Ossis den Hals nicht vollkriegen.
Nun hat aber Bildung nicht nur einen quantitativen Effekt. Wie wir gerade gesehen haben, hilft viel nicht immer viel. Wer nach Qualität fragt, muss nämlich fragen: Welche Chancen eröffnet Bildung und wie durchlässig ist das Bildungssystem?
- Lustig fand ich das nicht. - In Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde schreiben Sie, dass eine hohe Abiturquote nicht der Maßstab für Bildungserfolg sei, und Sie loben an der Stelle Bayern, wo es laut einer Bertelsmann-Studie mehr Bildungsauf- als -absteiger gibt. Nun war es aber die Bertelsmann Stiftung, die schon vor einiger Zeit eine andere Studie herausgegeben hat, wonach das Land Brandenburg das Land mit der sozial gerechtesten Bildungspolitik war und Bayern als Schlusslicht ausgemacht wurde. Die Indikatoren dafür waren vielsagend, wie ich finde:
Die soziale Herkunft bestimmt in Bayern mehr als doppelt so stark den Bildungserfolg wie in Brandenburg; die Sitzenbleiberquote ist in Bayern doppelt so hoch wie die in Brandenburg. Wenn man dann noch mit der Abiturquote 7 % unter Brandenburg liegt, wenn man also nicht nur früher, sondern auch mehr aussortiert, dann nimmt man Bildungschancen, wo man eigentlich welche eröffnen sollte.
Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie das für vorbildlich halten, dann sagen Sie es, sagen Sie es im Land und besprechen es mit Ihren und allen anderen Wählerinnen und Wählern.
Brandenburg geht einen risikoreicheren Weg. Wir verzichten keineswegs auf Leistungen, aber bei uns ist das Abitur eben nicht das exklusive Recht einer auch noch sozial homogenen Bildungselite.
Je mehr Kindern man diesen Weg ermöglicht, umso größer wird natürlich auch das Risiko, bei solchen Leistungsvergleichen nur im Mittelfeld zu landen. Nur, um bei diesen Leistungsvergleichen besser auszusehen, bin ich jedenfalls nicht bereit, schärfer auszusortieren und weniger Bildungschancen zu eröffnen.
Meine Damen und Herren, ich habe einmal das, was hier so theoretisch klingt, praktisch umgesetzt; das hat ja Auswirkungen auf konkrete Lebenswege von Menschen. Nehmen wir also einmal an, die neugeborene Tochter des Stahlwerkers aus meiner Heimatstadt müsste nicht in Brandenburg, sondern in der bayerischen Provinz aufwachsen. Das hieße: Mama müsste die ersten drei Jahre zu Hause bleiben, weil es so lange keinen Kitaplatz gibt. Den zu bekommen ist völlig aussichtslos. Später dann - aber nur, wenn der Antrag so zeitig wie zu DDR-Zeiten die Autoanmeldung abgegeben wurde - gibt es mit viel Glück eine Chance auf einen Kitaplatz. In der Schule ist die Kleine eine Spätzünderin, sie bekommt nicht genug Unterstützung, denn es gibt 10 % weniger Ganztagsschulen in Bayern als in Brandenburg. Trotzdem wird sie - so beinhaltet es das bayerische Bildungssystem - nach Klasse 4 eingetütet, sie erfüllt natürlich nicht die Anforderungen für das Gymnasium, möchte den auch da möglichen schwierigeren Weg gehen und scheitert dann am Zweifel ihrer Eltern, die knapp bei Kasse sind und auch nicht mit Schüler-BAföG überzeugt werden können, weil sie dann auch noch die Aussicht haben: Wenn die Kleine mit dem Abi fertig ist, winken Studiengebühren. Davon lassen sie sich natürlich abschrecken.
Meine Damen und Herren, ein solches Szenario nenne ich - so wie Sie die Überschrift Ihres Antrags zur Aktuellen Stunde gewählt haben - eine Bildungsmisere, und ich bin sehr froh, dass Brandenburg davon weit entfernt ist.
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich neige nicht zu euphorischen Übertreibungen, aber bei dem vorliegenden Gesetzentwurf traue ich mir zu, zu sagen: Dieses neue Lehrerbildungsgesetz wird die Schule - und damit unser ganzes Land - gewaltig verändern.