Protocol of the Session on August 31, 2011

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 40. Plenarsitzung des Landtags Brandenburg. Ich darf daran erinnern: In der Heilandskirche in Sacrow haben wir eine Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag des Mauerbaus abgehalten, die die Enthüllung der Stelen umfasste, die die Schicksale von zwei dortigen Maueropfern in Erinnerung halten sollen.

Am Folgetag haben wir in der Nikolaikirche in Potsdam eine Gedenkveranstaltung gehabt und auf dem Alten Markt eine Schweigeminute eingelegt. Für alle, die dort nicht waren, ist es wichtig, in Erinnerung zu rufen, wie viele Mauertote es gegeben hat. Ich bitte Sie, sich aus diesem Anlass zu einer Gedenkminute zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich zu schweigendem Gedenken von den Plätzen.)

Ich danke Ihnen.

Ich begrüße unter unseren Gästen eine Seniorengruppe der Gewerkschaft IG Metall aus Teltow. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Gestern haben wir - das ist Ihnen bekannt - den Länderbeauftragten Oberkonsistorialrat Zeitz in den Ruhestand verabschiedet und seinen Nachfolger, Oberkonsistorialrat Vogel, in sein Amt eingeführt. Ich begrüße ihn als unseren zukünftigen Begleiter hier im Landtag Brandenburg.

(Anhaltender allgemeiner Beifall)

Er wird uns genauso wie Monsignore Przytarski in bewährter Weise begleiten. Vielen Dank!

Meine Damen und Herren, gibt es Bemerkungen zur Tagesordnung? - Da das nicht der Fall ist, bitte ich um Zustimmung zur Tagesordnung. - Danke sehr. Damit ist die Tagesordnung beschlossen.

Minister Dr. Woidke wird heute bis 15 Uhr abwesend sein und von Ministerin Dr. Münch vertreten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für das Haushaltsjahr 2012 (Haushaltsgesetz 2012 - HG 2012)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/3650 einschließlich Korrekturblatt

1. Lesung

in Verbindung damit:

Haushaltsbegleitgesetz zum Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für das Haushaltsjahr 2012 (Haushaltsbegleitgesetz 2012 - HBeglG 2012)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/3814

1. Lesung

und

Finanzplan des Landes Brandenburg 2011 bis 2015

Unterrichtung durch die Landesregierung

Drucksache 5/3651 einschließlich Korrekturblatt

und

Personalbedarfsplanung 2015 und ressortübergreifende Personalentwicklungsplanung für die brandenburgische Landesverwaltung (gemäß Artikel 1 § 3 Absatz 3 Haushaltssicherungsgesetz 2003)

Unterrichtung durch die Landesregierung

Drucksache 5/3652

Ich eröffne die Debatte mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Dr. Markov erhält das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen!

Haushaltspolitik ist noch nie auf so viel Interesse gestoßen wie in diesem Jahr. Woran liegt das? Es liegt daran, dass 2009 eine weltweite Finanzkrise ausgebrochen ist, und auch daran, dass diese Krise nicht beendet ist und wir tagtäglich in den Medien in den Zeitungen, im Rundfunk, im Fernsehen - mit neuen Botschaften diesbezüglich überhäuft werden. Die Finanzkrise, die 2009 vorrangig auf der Basis der Verschuldung der privaten Haushalte hervorgerufen wurde, hat sich mittlerweile zu einer Krise der öffentlichen Haushalte gewandelt, und das macht natürlich Sorge. Wenn man liest, dass sich die beiden großen Parteien in den Vereinigten Staaten von Amerika nicht darauf einigen können, eine höhere Kreditaufnahme zuzulassen, und sie deswegen eine Volkswirtschaft aufs Spiel setzen, stimmt das nachdenklich.

Die Debatten über die Frage, wie man Herr dieser Staatsverschuldung werden kann, werden permanent von den unterschiedlichsten Seiten betrachtet. Der Präsident der Europäischen Zentralbank Trichet sagt: „Wir müssen Anleihen herausgeben!“ Dazu sage ich klar und deutlich: Ja, diese Auffassung teile ich,

weil gemeinsame Anleihen der Euro-Länder dazu beitragen, die Zinslast zu verringern.

Ich sage auch: Wenn Frau Lagarde vom Internationalen Währungsfonds sagt, bei den Banken bestünde eine Liquiditätskrise, empfehle ich, einfach einmal nachzuschauen: Das Handelsvolumen auf den Finanzmärkten dieser Welt beträgt zwischen 13 und 14 Billionen Euro, und das sind fast ausschließlich institutionelle Anleger. Es besteht kein Mangel an Geld. Eine Überschussliquidität ist vorhanden. Deswegen sind die Finanzprodukte ja erfunden worden, damit man nicht mehr in Realwirtschaft investiert, sondern mit Finanzprodukten Erlöse und Gewinne akquirieren kann.

Das Hauptproblem ist, dass die Banken sich untereinander nicht mehr trauen, dass bei den Banken eine Riesenvertrauenskrise herrscht. Das kann enorme Ein- und Auswirkungen auf die reale Wirtschaft haben, weil dann möglicherweise nicht mehr ausreichend Kredite für den privaten Verbrauch und für den Klein- und Mittelstand zur Verfügung gestellt werden. Das hätte auch wirtschaftspolitische Auswirkungen.

Deswegen handelt es sich dabei nicht einfach nur um eine Finanzkrise, sondern wir müssen aufpassen, dass sich diese Finanzkrise nicht zum Totengräber der realen Wirtschaft entwickelt.

(Beifall DIE LINKE, SPD und GRÜNE/B90)

Da kann und muss man politisch entgegenhalten: Natürlich gibt es dazu die unterschiedlichsten Vorschläge. Die Ursachen für die damalige Finanzkrise und auch die jetzige sind nach wie vor nicht beseitigt. Es gehört eben dazu, dass man klar und deutlich Schranken setzt, was eine Bank mit den Geldern ihrer Kunden nämlich der Bürger - anfangen darf und was nicht. Der Bürger gibt sein Geld der Bank, er bekommt relativ geringe Zinsen nicht von allen Banken, das sage ich dazu -, dann wird spekuliert, dann werden dramatische Verluste eingefahren, und dann wird dem Bürger gesagt: So, jetzt musst Du mit Deinen Steuergeldern dafür geradestehen. - Das muss man verbieten. Leider ist es uns politisch noch nicht gelungen, das zu verbieten.

(Starker Beifall DIE LINKE, SPD und GRÜNE/B90)

Wenn man schon den Handel mit Finanzprodukten zulässt, muss man ihn besteuern. Jeder von Ihnen, der in einem Laden einkauft,

(Beifall DIE LINKE, SPD und GRÜNE/B90)

zahlt für das Produkt, das er erwirbt, Mehrwertsteuer, meistens 19 %. Dieser irrsinnige Handel mit spekulativen Produkten wird nicht besteuert - 0,00 %. Ich habe vorhin die Billionensumme des weltweiten Finanzvolumens genannt. Überlegen Sie einmal, welche enormen Mittel es ergäbe, die zusätzlich zur Lösung der Probleme, die diese Welt gegenwärtig hat, beitragen könnten, wenn man den Finanzhandel nur zu 0,1 % besteuern würde - viele unserer Probleme könnten gelöst werden. Deswegen ist die Aufforderung an die Bundesrepublik Deutschland: Lassen Sie uns hier mit einer Finanztransaktionssteuer anfangen, und lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass sie weltweit eingeführt wird. Das ist der richtige Weg.

(Beifall DIE LINKE, SPD und GRÜNE/B90)

Wenn man die Verursacher der Krise mit dafür verantwortlich machen will, muss man über eine ordentliche Bankenabgabe nachdenken. Die muss so gestaltet sein, dass sie etwas einbringt, und nicht so, dass sich im Laufe von vielen, vielen Jahren Beträge ansammeln, mit denen man mitnichten in der Lage ist, irgendein Problem zu lösen, falls es wieder eine Krise gäbe.

Selbstverständlich hat das Auswirkungen auf Brandenburg bzw. kann Auswirkungen auf Brandenburg haben. Wenn die Staatsverschuldung noch so hoch ist, hat man wenigstens - das muss man zugestehen, das ist auch in der Finanzministerkonferenz lange debattiert worden - bei der Kreditvergabe an die Länder einen Umschwung herbeigeführt. Vorher haben sich die Banken billiges Geld von der Europäischen Zentralbank geliehen und es zu exorbitanten Zinsen im kurzfristigen Laufzeitbereich an die notleidenden Länder verliehen, die nie in der Lage sein werden, es zurückzuzahlen. Deswegen ist die Idee, wie es jetzt gemacht worden ist, langlaufende Kredite zu geringeren Zinsen, der eindeutig richtigere Weg. Dem nachzukommen fällt diesen Ländern schwer genug.

Der Bürger spürt das; er fragt sich: Haben diese Finanztransaktionen Auswirkungen auf die Sicherheit meines Arbeitsplatzes? Tragen sie unter Umständen dazu bei, dass die Inflation nach oben steigt? Ist mein Geld noch sicher? - Wir - als Land Brandenburg, als diese Landesregierung - müssen versuchen, den Haushalt so aufzustellen, dass wir Spielräume im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten haben, entsprechend zu reagieren. Ich wiederhole - damit man weiß, wie schnell sich so etwas ändern kann -: Sie erinnern sich bestimmt, dass uns bei der Mai-Steuerschätzung 2010 80 Millionen Euro Mindereinnahmen und bei der November-Steuerschätzung 200 Millionen Euro Mehreinnahmen vorausgesagt wurden. Das ist eine Differenz von fast 280 Millionen Euro innerhalb eines halben Jahres. Auch die Wirtschaftsweisen können nicht mit Exaktheit vorhersagen, wie sich die Wirtschaft entwickelt.

Gegenwärtig sind die Prognosen für die Bundesrepublik Deutschland und damit auch für die Länder - auch für Brandenburg - sehr positiv. Trotzdem hat das Land Brandenburg Risikoabschläge in seine mittelfristige Finanzplanung eingerechnet. Wir haben nicht auf die gesamten möglichen Steuermehreinnahmen gesetzt. Dafür sind wir von der Opposition im Ausschuss für Haushalt und Finanzen kritisiert worden.

(Burkardt [CDU]: Falsch!)

Ich halte es für richtig, dass man eine vorsichtige Haushaltspolitik betreibt, die einem notwendige Reserven belässt. Das Land Brandenburg - diese Regierung des Landes - hat seinen Bürgern in der Koalitionsvereinbarung einige Prämissen mitgeteilt, für die wir geradezustehen haben, zum Beispiel: Den Wandel sozial gestalten. - Das heißt, diese Gesellschaft an die notwendigen Anpassungen heranführen. Es steht auch in der Präambel, dass wir den Haushalt konsolidieren müssen, denn auch das hat etwas mit „sozial gestalten“ zu tun. Wenn wir die Zinsbelastung immer weiter nach oben schrauben, weil die Nettokreditaufnahme nicht begrenzt wird, dann bedeutet das, dass wir uns die politischen Spielräume für die Zukunft nehmen. Wir setzen pro Jahr ungefähr 700 Millionen Euro für Zinszahlungen ein - 700 Millionen Euro! Wenn Sie dem die zur Verfügung stehenden Mittel entgegenhalten, bei denen das Land gesetzlich nicht gebunden ist - sie liegen bei etwa 850 Millionen bis 900 Millionen Euro -, können Sie sehen,

welchen Spielraum wir hätten, wenn wir diese Zinslast nicht vor uns herschieben würden. Deswegen: Der politischen Gestaltungsfähigkeit wegen müssen wir von diesen Lasten herunter, um uns mehr Spielräume für andere notwendige politische Felder zu erschließen.