Jochen Schulte
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Last Statements
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja vor einer Weile eine Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geführt und wie wichtig der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist. Und wie schnell er informiert, das hat man ja nun heute wieder erlebt. Ich bin ja heute Morgen um 7.30 Uhr selber mit den Kolleginnen und Kollegen im Finanzausschuss gewesen und ich weiß gar nicht, wann es genau eingestellt worden ist, aber es war doch dann ziemlich schnell nach Ende der Sitzung ja auch die Mitteilung aus dem NDR „Finanzausschuss rettet wieder einmal die MV-Werften“. Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist richtig und das ist falsch.
Weswegen ist es richtig? Es ist natürlich deswegen richtig, weil der Finanzausschuss – und das macht der Finanzausschuss, das haben wir in diesem Haus so beschlossen als Landtag, weil der Finanzausschuss das zuständige Gremium ist, und nicht der Landtag selber, der im Rahmen des Werftenfinanzierungsgesetzes dann seine Zustimmung geben muss, wenn unter bestimmten Voraussetzungen Gelder von der Landesregierung freigegeben werden sollen oder nicht –, deswegen hat der Finanzausschuss in gewisser Weise, ich setze das jetzt mal gedanklich in Anführungszeichen, natürlich auch die Werften wieder einmal gerettet, weil er diese Zustimmung als Vorratsbeschluss, das ist ja schon ausgeführt worden, heute erteilt hat.
Aber warum ist das falsch? Weil, wenn man hört, der „Finanzausschuss“ oder auch das Land oder die Landesregierung, das ist in dem Zusammenhang völlig egal, „rettet wieder einmal die MV-Werften“, dann wird da ein Zusammenhang dargestellt, und das ist ja auch eben von Herrn Abgeordneten Kramer im Grunde so gemacht worden, dann wird da ein Zusammenhang dargestellt, als ob das ein Vorgehen wäre, das es in dieser Form vorher schon mal gegeben hätte. Und jetzt meine ich nicht die einzelne Entscheidung des Finanzausschusses, da hat es natürlich immer wieder mal auch im Zusammenhang mit Genting, mit den MV WERFTEN entsprechende Beschlüsse gegeben, sondern ich meine den Gesamtsachverhalt Genting/MV WERFTEN auf der einen Seite und – wir können es ja ganz offen in diesem Raum sagen – die anderen Werftenschwierigkeiten, insbesondere im Stichwort „P&S Werften“, die wir in diesem Land gehabt haben.
Und das sage ich an dieser Stelle, und ich glaube, wir haben das vor – wann ist die letzte Landtagssitzung gewesen, vor einer Woche –,
vor einer Woche hier aufgrund des Antrages der Fraktion DIE LINKE, zur Aussprache habe ich das ja auch gesagt, haben wir ja auch über das Thema Werften gesprochen, ich habe das hier an dieser Stelle auch gesagt, und ich wiederhole das gern an dieser Stelle noch mal: Wir als SPD-Landtagsfraktion – ich habe das auch vernommen aus der Fraktion der CDU, und ich sage das auch, normalerweise würde ich aus einer nicht öffentlichen Sitzung auch nicht das Abstimmungsverhalten von Kolleginnen und Kollegen zitieren, aber es ist ja nun auch schon über die Presse gegangen, heute Morgen hat ja auch die Fraktion DIE LINKE diesem Antrag zugestimmt, was ich begrüße und sehr gut finde –, wir, diese Fraktionen, SPD, CDU und DIE LINKE, wir stehen natürlich in unserer Verantwortung auch weiter zu diesen drei Werftstandorten, zu den Beschäftigten, zu den Unternehmen.
Und wir stehen eben nicht, Herr Abgeordneter Kramer, wir stehen nicht zu einem in Hongkong oder in Singapur ansässigen Konzern Genting, sondern wir stehen zu einem in diesem Land ansässigen Unternehmen MV WERFTEN GmbH und zu dessen Beschäftigten und zu dessen wirtschaftlicher Situation, und darum geht es uns und den Kolleginnen und Kollegen, die auch heute Morgen im Finanzausschuss mit aller Verantwortung, die sie da haben, diese Entscheidung getroffen haben.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, warum führen wir diese Diskussion eigentlich? Es ist eine Dis
kussion, die mich tatsächlich in diesem Land immer wieder erstaunt. Ich muss das an dieser Stelle auch mal ganz deutlich sagen. Da haben wir, ich habe mir das vorher mal rausgesucht, weil das sind Zahlen, die sprengen dann auch manchmal mein Vorstellungs- und auch Erinnerungsvermögen, jetzt rekurriere ich mal auf Genting, nicht auf MV WERFTEN, sondern auf Genting tatsächlich als Tourismuskonzern, so, wie Sie das eben getan haben, Herr Kramer, Genting ist ein Tourismuskonzern, und vergleiche das mal mit TUI.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe das hier in diesem Haus schon mal gesagt und ich will das gerne noch mal wiederholen, nur, damit man das einordnen kann, in welcher Lage wir uns eigentlich bewegen, nämlich in einer Situation, die weder Genting noch TUI verursacht hat, sondern die insgesamt dem Ausbruch dieser Corona-Pandemie geschuldet ist und den gesamten Tourismus und Kreuzfahrtmarkt auf der Welt hat zusammenbrechen lassen. Und vor diesem Hintergrund, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, hat ja im Frühjahr dieses Jahres TUI 1,8 Milliarden – Milliarden Euro! – an KfW-Darlehen bekommen, 1,8 Milliarden im Frühjahr dieses Jahres. Im September 2020 hat TUI dann noch mal eine zweite Kreditlinie bekommen, beziehungsweise Anleihen sind vom Bund übernommen worden von 1,2 Milliarden Euro. Die einzige Gewissheit, die der Bund in diesem Zusammenhang hat, Herr Kramer, ist, dass er diese Anleihen möglicherweise irgendwann mal in Aktien umwandeln kann. Ob diese Aktien dann überhaupt irgendeinen Wert haben, das will ich mal dahingestellt sein lassen. MV WERFTEN hat zumindest ein Anlagevermögen.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Anfang Dezember – wenn ich das richtig im Kopf habe, ist das jetzt gerade am 2. Dezember gewesen –, da hat die TUI noch mal eine weitere Staatshilfe aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds von bis zu 1,1 Milliarden Euro als Kreditlinie bekommen. Und nur, damit man mal die Größenverhältnisse sieht, weil hier immer gesagt wird, MV WERFTEN, die haben ja so wenig Beschäftigte, die spielen ja überhaupt keine Rolle in diesem Land, am Anfang der Krise in diesem Land haben die MV WERFTEN etwas mehr als 3.000 Beschäftigte in diesem Land gehabt an drei Standorten. Ich befürchte – und ich glaube, diese Befürchtung haben wir alle –, am Ende dieser Situation werden es diese 3.000 Beschäftigten nicht mehr sein, da muss man auch ehrlich miteinander umgehen.
Aber ich will das mal ins Verhältnis setzen: Der TUIKonzern hat in Deutschland momentan – das sind die Zahlen vom September dieses Jahres – nur noch etwas mehr als 8.000 Beschäftigte, 8.000 Beschäftigte auf der einen Seite und, wenn ich mich jetzt nicht verrechnet habe, Kreditlinien, Darlehensvolumen, Anleihevolumen von über 4 Milliarden Euro. Über 4 Milliarden Euro! Und das ist nur ein einziges Beispiel. Ich könnte Ihnen auch andere Unternehmen, ich könnte Ihnen auch die MEYER WERFT benennen.
Und dann gestatten Sie mir, an dieser Stelle auch noch mal deutlich zu machen, weil es offensichtlich dem einen oder anderen immer noch nicht klar ist, in welcher Situation sich die MV WERFTEN mit diesen drei Standorten, mit den Beschäftigten, übrigens auch dann hinterher wieder als Steuerzahler, befinden, weil wir hoffen ja alle, dass die tatsächlich wieder in eine Situation kommen und
dann nicht nur die Kredite bedienen können, sondern in diesem Land auch wieder Steuern zahlen. Und dann will ich Ihnen mal noch zwei Beispiele machen, damit deutlich wird, wie das eigentlich einzuordnen ist und dass es eben nicht vergleichbar ist mit der Situation P&S, die wir hier im Land hatten, sondern dass es tatsächlich Corona geschuldet ist und dass wir natürlich auch eine Verantwortung als Politik haben, solange wir das verantworten können, im Interesse übrigens nicht des Aktionärs, sondern der Arbeitsplätze hier im Land und der Leute, die hier, Herr Kramer, da haben Sie ja völlig recht, hoch qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, dass wir deren Arbeitsplätze hier im Land erhalten sollen. Ich habe kein Interesse daran, Herr Kramer, dass die hinterher vielleicht nach Papenburg oder sonst wo, nach Baden-Württemberg gehen. Ich möchte diese Beschäftigten hier im Land erhalten haben, dass sie hier weiterarbeiten können.
Und dann gestatten Sie mir das mal – das ist auch wieder der oft gescholtene öffentlich-rechtliche Rundfunk, aber als Informationsquelle, zumindest finde ich das, kann man ihn immer wieder seriös nutzen –, da hat es am 21. September, das können Sie nachschauen auf der Seite des NDR, da hatte es am 21. September ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der MEYER WERFT gegeben. Das ist nicht mehr der ältere Herr Meyer, der Herr Meyer senior, das ist inzwischen sein Sohn, Jan Meyer, und der sagt dann, als Geschäftsführer der Meyer-Gruppe – wozu übrigens auch Rostock gehört, das vergessen einige Leute immer gerne –, dass das Unternehmen in einer großen existenziellen Krise steckt, einer großen existenziellen Krise. Und das ist genau das Problem, das die MV WERFTEN auch haben, auch sie stecken in einer entsprechenden existenziellen Krise, und die Ursachen sind auch die gleichen, nämlich tatsächlich der Zusammenbruch des Kreuzfahrtmarktes und dementsprechend des Baumarktes für Kreuzfahrtschiffe in Deutschland.
Und weiter sagt der Geschäftsführer der MEYER WERFT in Papenburg, und das ist ja nun ein durchaus als seriös in Deutschland angesehenes Unternehmen, mit neuen Aufträgen rechne er frühestens ab 2022, frühestens ab 2022, und genau auch das ist das Problem, das wir mit den MV WERFTEN haben. Wir sind heute in einer Situation, dass wir wissen, wir müssen eine Zeit überbrücken, damit es dann tatsächlich an dieser Werft, an diesem Standort auch wieder Schiffbau gibt, so, wie wir ihn vor der Krise gehabt haben. Wir können natürlich einen anderen Weg gehen, wir können auch den Weg gehen, der da sagt, wir machen jetzt die Werft dicht, dann freuen sich die Konkurrenten umso mehr, dann haben sie vielleicht nicht erst 2022 den nächsten Auftrag, sondern vielleicht schon Ende 2021, aber wir wissen, dass es keinen Schiffbau mehr in Mecklenburg-Vorpommern an diesen drei Standorten geben wird. Das ist nicht der Weg, den wir wollen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.
Und um die Brisanz dieser Situation im gesamten Schiffbau noch mal deutlich zu machen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, noch ein Zitat von Herrn Meyer junior.
Und dann sagt er da in diesem Interview, es stehen alle unsere Arbeitsplätze auf dem Spiel. Wir reden von allen 5.500 MEYER-Mitarbeitern.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn ein Land wie Niedersachsen, wenn der Bund auch dort schaut und sagt, was können wir tun, um unsere Industriestandorte zu erhalten, wer sind wir denn, dass wir uns in diesem Land nicht hinstellen und sagen, wir bemühen uns genauso verantwortungsbewusst im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, die wir haben, diese Standorte auch zu erhalten, und natürlich wissen wir auch, dass das schwierig ist, und natürlich wissen wir auch, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß ist, dass alle Arbeitsplätze erhalten bleiben, aber soll man denn deswegen gleich am Anfang den Kopf in den Sand stecken und sagen, wir tun dann gar nichts?! Das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, kann doch nicht dann tatsächlich die richtige Reaktion sein!
Und weil, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ja immer gesagt wird, ja, es sind ja nur ein paar Tausend Arbeitsplätze und die Zuliefererbetriebe, ich habe es heute Morgen in der Aussprache dann noch mal gehört, die haben ja alle die Möglichkeit, auch noch woanders, da haben sie noch ein zweites Standbein, können noch was anderes machen, die brauchen ja die Werften gar nicht. Und dann, weil ja hier immer so getan wird, als ob hier in Mecklenburg-Vorpommern ja sowieso alles anders läuft, und hier, hier spielen betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Überlegungen keine Rolle, dann komme ich noch mal zurück auf die MEYER WERFT und wieder auf den Geschäftsführer dieses Unternehmens, der dann sagt, wenn unser Unternehmen tatsächlich vor die Wand fährt – ich rede nicht von den MV WERFTEN, ich rede von der MEYER WERFT in Papenburg –, wenn unser Unternehmen vor die Wand fährt, dann sind es nicht nur diese 5.500 Arbeitsplätze, die in ihrem Bestand bedroht sind, dann sind es in der Region über 14.000 und in ganz Deutschland 24.000 weitere Arbeitsplätze.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das sind dann die gleichen Zulieferbetriebe, Herr de Jesus Fernandes, die auch bei uns im Land sitzen. Wo sollen die denn dann ihre Produkte lassen? Die eine Werft in Emden ist kaputt und die anderen Werften hier im Land wollen Sie auch kaputtgehen lassen. Das ist doch Ihre Logik, die dahintersteckt, meine Damen und Herren!
Und um es noch mal deutlich zu machen, ja, ich bin selber auch ein gebranntes Kind, ich habe – ich weiß gar nicht, wie viele Jahre – diesen Untersuchungsausschuss zu den P&S Werften leiten dürfen, Harry. Weißt es auch nicht mehr genau, wie viele Jahre es waren? Aber eins habe ich an der Sache auch gelernt: Es ist eine signifikant andere Situation, in der wir uns heute befinden, als das, was bei P&S gelaufen ist. Und wer das nicht erkennen will, der will nicht den Tatsachen ins Auge schauen und will nicht sehen, dass trotz aller Schwierigkeiten, die wir tatsächlich haben, hier auch eine reale Chance für diesen Standort besteht, für dieses Land, für alle drei Werftstandorte und für die Beschäftigten in diesem Land.
Und deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werden wir weiterhin mit unseren Kollegen von der CDU und – ich bin mir am Ende des Tages auch relativ sicher – von den Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, weiter daran arbeiten, dass wir alles tun, alles, was verantwortungsbewusst getan werden kann, um hier die Standorte und die Arbeitsplätze zu sichern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Darf ich?
Also, Herr Kramer, Herr Kramer, nur zwei Hinweise dazu, einmal zu dem Aktienkursverfall der Genting-Hong-KongAktien. Darüber reden wir ja an sich zwar nicht, weil wir reden ja über die MV WERFTEN, aber nur, weil Sie es angesprochen haben.
Der Aktienkursverfall der Aktie von Genting Hong Kong hing nicht damit zusammen, dass irgendwelche, ich weiß nicht was, Misswirtschaft da stattfand, das hängt einfach damit zusammen oder das hing damit zusammen, dass das Unternehmen einen bestimmten, aufgrund von Investitionen einen bestimmten Überschuldungsgrad gehabt hat. Und das hat zu entsprechenden Herabratings bei den Agenturen geführt. Das hier anzuführen und zu sagen, nach dem Motto, man hat doch schon vorher gesehen, dass das Unternehmen in Schwierigkeiten war, das ist doch unredlich, weil dann werfen Sie hier Dinge rein, von denen Sie entweder keine Ahnung haben,
oder aber Sie können nicht unterscheiden zwischen einer Überschuldung eines Unternehmens aufgrund von Investitionen oder aber von Misswirtschaft.
Der zweite Punkt, den ich nur kurz ansprechen will, weil Sie ja auch deutlich gemacht haben, es wäre quasi eine Sondersituation bei Genting: Zahlen von Carnival Cruise, das ist der größte Konkurrent von Genting im Bereich Kreuzfahrtmarkt, drittes Quartal 2020 Umsatzeinbruch von 99,5 Prozent, von 6,5 Milliarden US-Dollar auf 31 Millionen US-Dollar, Verlust von 2,9 Milliarden USDollar im dritten Quartal im Vergleich zu einem Gewinn von 1,8 Milliarden US-Dollar im dritten Quartal 2019. Allerdings, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Kollege Kramer, Carnival Cruise – und das kommt aus anderen Bereichen der Tourismuswirtschaft auch – sagt, Buchungen fürs zweite Halbjahr 2021 entwickeln sich gut. Und vor dem Hintergrund ist es unverantwortlich, die Position zu vertreten, die Sie und Ihre Fraktion hier in diesem Haus vertreten. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Sicherlich sollte man sich, Herr Professor Weber, da gebe ich Ihnen völlig recht, sicherlich sollte man sich bei all denjenigen, die gerade in dieser Zeit nicht nur vielleicht das leisten, was sie ohnehin machen, sondern auch darüber hinaus noch ihre Leistungen im Interesse dieser Gesellschaft erbringen, bedanken. Und ich bin auch ganz ehrlich, ich kann auch im Moment nicht mehr diesen Begriff „systemrelevant“ hören, weil am Ende des Tages ist, glaube ich, jeder Beschäftigte, jede Arbeitnehmerin, jeder Arbeitnehmer, der an seiner Stelle, an der er arbeitet, an der sie arbeitet, ihre Leistung erbringt, dafür mit verantwortlich, dass unsere Gesellschaft so funktioniert, wie sie funktioniert, und da das das System in Gänze ist, ist am Ende des Tages jeder Mitarbeiter, aber auch jede Unternehmerin, jeder Unternehmer in diesem Sinne systemrelevant. Und wenn man sich dann bedankt, dann muss man sich tatsächlich bei allen bedanken, die tatsächlich auch in dieser schwierigen Zeit ihrer Arbeit nachgehen.
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein ähnliches Thema schon mal vor Monaten gehabt – wenn ich das richtig im Kopf habe, nach der Sommerpause –, und da habe ich an dieser Stelle auch gesagt, Beifall klatschen reicht nicht, weil irgendwann, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wird der Beifall schal. Wenn es nur darum geht, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch den Selbstständigen, den Unternehmerinnen und Unternehmern, die arbeiten, ihre Leistungen unter diesen schwierigen Bedingungen erbringen, zu sagen, ja, es ist toll, dass ihr das macht, und das ist es dann gewesen, dann werden die sich natürlich irgendwann zu Recht fragen: Wie viel Wert hat denn überhaupt der Beifall?
Und ich glaube, so, wenn ich das mal interpretieren darf, habe ich auch die Worte vom Herrn Kollegen Foerster verstanden.
Und deswegen muss man sich – und ich habe das an dieser Stelle ja schon öfter gesagt –, deswegen muss man sich tatsächlich auch mal überlegen, wie gehe ich denn überhaupt mit Menschen um, übrigens nicht nur in einer Arbeitsmarktsituation, sondern generell. Welche Anforderungen stelle ich an sie? Was kann ich überhaupt erwarten, gerade wenn ich sehe, dass jemand vielleicht auch in dieser Situation jemanden hat, der vielleicht selber über die Maßen gefährdet ist, um die er sich kümmern muss, um den er sich kümmern muss, und trotzdem jeden Tag seiner Arbeit nachgeht?
Und ich will mal einmal ein Beispiel aufgreifen, das hat der Kollege Foerster eben auch angesprochen, und da wird dann ja auch im Grunde die Fragwürdigkeit der Situation, in der wir uns heute – übrigens nicht erst seit Corona-Zeiten, sondern grundsätzlich – schon befinden, deutlich. Er hat das Beispiel angesprochen der DRKKrankenhäuser in Grimmen und Grevesmühlen, wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe.
Und, Herr Professor Weber, ich kenne die Betriebsvereinbarung nicht, die da geschlossen worden ist oder die da zum Abschluss ansteht, und es liegt mir fern, irgendwie in die Rechte von Betriebsräten einzugreifen, im
Gegenteil, ich stehe auf dem Standpunkt – auch übrigens im Interesse des Unternehmens und der Geschäftsführung –, jedes Unternehmen kann sich glücklich schätzen, wenn es einen starken Betriebsrat hat, weil das nützt dem Unternehmen.
Aber unabhängig davon möchte ich mal auf eines deutlich hinweisen: Sie haben eben die Stellung der Betriebsräte angesprochen, aber, Herr Professor Weber, ich gehe einfach mal davon aus – alles andere würde mich jetzt wundern –, Sie kennen den 77 (3) Betriebsverfassungsgesetz. Und für die Kolleginnen und Kollegen, die ihn nicht kennen, will ich das mal gerade zitieren. Da heißt es nämlich drin: „Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen“,
„die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.“
Ja, Herr Kollege Foerster, das weiß Herr Weber auch, Herr Professor Weber, also alles andere würde mich jetzt wundern.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das hat auch seine Bedeutung, weil diesen Regelungsgegenstand aus der Verantwortung, aus der Obhut von Betriebsräten zu nehmen, hat einen einzigen Grund: Man will den Betriebsrat nicht in die Situation bringen, dass er quasi zwischen Baum und Borke steht, zwischen Unternehmen und Belegschaft, denn ein Betriebsrat hat eine andere Funktion als eine Gewerkschaft. Eine Gewerkschaft ist „nur“ – „nur“ in Anführungszeichen – Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und der Betriebsrat hat auch die Unternehmensbelange, die betrieblichen Belange zu berücksichtigen. Und deswegen ist das so geregelt.
Und Unternehmen, die diesen Weg wählen, das sage ich auch aus meiner anwaltlichen Erfahrung, die diesen Weg wählen, bewegen sich nicht nur auf sehr, sehr dünnem Eis, sie gehen häufig auch einen Weg, der ein einziges Ziel hat, nämlich Tarifverträge, tarifvertragliche Regelungen zu unterlaufen.
Ich will das dem DRK nicht unterstellen, ich kenne den Einzelfall nicht, aber das ist im Regelfall der Fall.
Deswegen, Herr Professor Weber, habe ich gesagt, ich kenne diese Betriebsvereinbarung nicht. Aber es geht, wenn es hier um die Frage von Tariflohn geht, dann ist der Betriebsrat definitiv nicht zuständig.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an dem Beispiel Krankenhäuser – und ich will das gar nicht auf das DRK kaprizieren –, lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Weiteres deutlich machen. Wie sieht denn die Situation heutzutage aus an den Kliniken? Ich mache das jetzt mal allgemein. Da haben Sie auf der einen Seite Spitzenverdiener, die im Jahr mehrere Hunderttausend Euro verdienen. Und das gönne ich denen. Jemand, der in der Klinikleitung ist, der dort als Chefarzt beschäftigt ist, der hat eine verantwortungsvolle Tätigkeit, und es geht mir nicht um irgendeine Debatte um Sozialneid. Und wir haben auf der anderen Seite das Pflegepersonal, das häufig überlastet ist, das schon nicht mehr weiß, wie sie eigentlich die Arbeit vor Ort noch erledigen sollen, und die nicht ansatzweise vergleichbar viel verdienen.
Und jetzt will ich nicht jemandem zu nahe treten, man muss ja auch nicht die Gehälter vergleichen, die auf der einen Seite ein Chefarzt und auf der anderen Seite vielleicht ein Krankenpfleger oder eine Krankenschwester bekommt. Aber die medizinische Versorgung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in diesem Land ist doch nur dann gewährleistet, wenn beide Teile dieser Berufsgruppe entsprechend verdienen und entsprechend bezahlt werden. Und natürlich freuen sich gerade auch diejenigen, die heute vielleicht auf Intensivstationen diejenigen betreuen, pflegen, die an Covid-19 erkrankt sind, darüber, dass sie Anerkennung bekommen. Aber sie würden sich wahrscheinlich genauso viel freuen oder noch mehr freuen, wenn sie neben der Anerkennung auch das Gehalt bekommen würden, das dann am Ende des Tages auch eine Anerkennung ihrer Leistung ist, und nicht nur den Beifall, den sie zusätzlich erhalten.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe das an dieser Stelle schon häufiger gesagt, ich bin nie, ich bin nie ein Freund des Begriffes „Niedriglohnland Mecklenburg-Vorpommern“ gewesen. Ich habe das immer für einen falschen Weg gehalten. Und ich habe auch in diesem Haus – ich bin ja nun schon etwas länger Mitglied dieses Hauses – manch schwere Debatte auch innerhalb der eigenen Koalition damit führen müssen, auch innerhalb meiner eigenen Fraktion und Partei. Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wollen wir uns doch mal ehrlich angucken – das hat nichts damit zu tun, dass ich jetzt als Besserwisser dastehen möchte –: Heute zeigt sich doch, dass dieser Weg ein falscher war. Und ich bin froh darüber, dass wir in den letzten Jahren auch mit einer breiten Unterstützung in diesem Haus – und übrigens auch, das sage ich an dieser Stelle auch, gerade unter dieser Ministerpräsidentin – einen anderen Weg eingeschlagen haben, der gezeigt hat, das ist kein Niedriglohnland und dass wir andere Prioritäten setzen müssen, nämlich, dass wir tatsächlich gucken müssen, wenn wir zum Beispiel über Unternehmensansiedlungen reden, dass wir nicht nur über die Quantität der Arbeitsplätze reden, sondern auch über die Qualität,
und dass die Qualität am Ende des Tages auch das ist, was das sichert, dass dieser Arbeitsplatz über den Ablauf der Fördermittelbindungsfrist auch in diesem Land erhalten bleibt, weil es nützt uns nichts,
es nützt uns nichts, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir an der einen Stelle sagen, wir haben jetzt für zehn Jahre einen Arbeitsplatz, und dann geht der weiter.
Und das Beispiel, die Beispiele, die da angesprochen worden sind, ich greife das einmal auf, Herr Foerster hat das angesprochen, Majorel. Es ist schon – wir haben ja auch persönlich, ich habe auch mit den Betriebsräten hier vor Ort die Gespräche geführt, wir haben das auch begleitet, die Gespräche, die der Betriebsrat auch mit der Geschäftsführung und mit dem Wirtschaftsministerium geführt hat in Bezug auf die Befürchtungen, was die Standortschließungen angeht –, und ich sage das hier an dieser Stelle ganz deutlich, es ist schon seltsam, wenn man eine Unternehmensgruppe hat, eine Holding, die in ganz Deutschland 17 Standorte hat, davon 5 in Ostdeutschland, und von den 5 ostdeutschen Standorten sollen 4 geschlossen werden zum Ende nächsten Jahres. Und die Überlegung, die dahintersteht, nach allen Informationen, die man hat, ist nicht, dass es in der Unternehmensgruppe nicht genug zu tun gibt, sondern dass die Vertragsgestaltungen offensichtlich so sind, also die Kundenbeziehungen offensichtlich so sind, dass man sich überlegt hat, ich kann die auch anderweitig verlagern, entweder auf westdeutsche Standorte oder auf Standorte außerhalb Deutschlands.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn da eine Unternehmensgruppe steht – und Majorel sagt Ihnen vielleicht nicht so viel, aber Bertelsmann sagt Ihnen was,
Majorel ist ein konsolidiertes Unternehmen der Bertelsmann-Gruppe, das heißt, es wird in der Konzernbilanz der Bertelsmann-Gruppe geführt und der BertelsmannGruppe gehören 50 Prozent der Majorel Holding – und wenn einer der weltweit größten Konzerne diese Art von Unternehmensstandortpolitik wählt, da kann ich nur sagen, das ist nicht der Weg, den ich hiermit unterstützen will und den meine Fraktion, meine Partei in diesem Land unterstützen.
Und ich habe das, und ich sage das an dieser Stelle, ich sage das an dieser Stelle und ich habe das auch gegenüber den Betriebsräten erklärt, wir begleiten momentan diese Gespräche intern, aber ich habe das auch klipp und klar gesagt, wenn die Gespräche, die dankenswerterweise durch die Landesregierung, durch das Wirtschaftsministerium zur Sicherung dieser Standorte geführt werden, wenn die nicht zum Erfolg führen, dann werden wir das auch öffentlich begleiten. Es kann nicht angehen, dass Standorte auf die Art und Weise ins Ausland verlagert werden. Und hier wird im Regelfall schon nur noch Mindestlohn bezahlt!
Und dann zu sagen, ich gehe irgendwo nach Rumänien oder nach Ostasien, weil ich dort dann vielleicht auch deutschsprachige Mitarbeiter habe, die können dann die technische Abwicklung auch betreuen, das kann nicht
der Weg sein, um Arbeitsplätze – weder in MecklenburgVorpommern noch in Deutschland insgesamt – zu sichern, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Und, sehr geehrte, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an der Stelle auch noch, weil Herr Kollege Foerster das angesprochen hat, ein, zwei Sätze zu den Werften sagen.
Herr Professor Weber, ich weiß, dass es in diesem Land unterschiedliche Einstellungen zu den Werften gibt. Da werden wir wahrscheinlich auch nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Ich stehe alleine schon deswegen auf dem Standpunkt, dass man die Werften auch als industriellen Kern nicht nur für die Werften im eigentlichen Sinne, sondern für die maritime Wirtschaft in diesem Land insgesamt erhalten muss, weil da geht es auch um Technologieentwicklung, da geht es um Standortsicherung, da geht es um die vielen Zuliefererbetriebe, die nicht alle von diesen drei Werftstandorten abhängig sind, aber die auch mit diesen Werftstandorten Kompetenz sammeln und nach außen weitergeben können.
Und ich sage das hier an dieser Stelle, das ist eine äußerst schwierige Situation, in der wir uns momentan mit Genting und den MV WERFTEN bewegen. Und keiner von uns, Sie haben ja alle auch die Diskussion – wir sind ja als SPD-Fraktion auch in engem Kontakt auch mit der IG Metall und mit den Betriebsräten an den drei Standorten –, keiner von uns wird wahrscheinlich momentan die Hand dafür ins Feuer legen und sagen können, das geht so oder so aus, das geht positiv aus oder negativ aus. Aber ich sage das hier an dieser Stelle – und ich habe das ja, glaube ich, vor einem Monat oder vor anderthalb Monaten, schon mal gesagt, auch in diesem Haus –, was wir als SPD-Landtagsfraktion tun können, verantwortungsvoll tun können gegenüber diesen Werftstandorten und gegenüber diesem Land in Gänze, das werden wir tun, um diese Standorte und möglichst viele Arbeitsplätze in diesem Bereich in diesem Land zu erhalten. Und da geht es nicht nur um den einzelnen Arbeitsplatz, da geht es auch um industrielle Kompetenz, die in diesem Land insgesamt erhalten werden muss. Und dafür zu kämpfen, dafür lohnt es sich! Und dafür jeden Einsatz zu wagen, den man verantworten kann, dafür lohnt es sich tatsächlich, und das werden wir tun, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.
Und, meine Damen und Herren, meine Damen und Herren, ich will jetzt auch zum Ende kommen.
Sehr geehrter Herr Kollege Foerster, ich weiß nicht, was Sie jetzt konkret umgetrieben hat, diese Aussprache heute auf die Tagesordnung zu setzen. Ich vermute mal, dass es auch solche Geschichte ist wie zum Beispiel mit dem DRK, aber auch die Gesamtsituation. Aber was ich glaube …
Das ist völlig in Ordnung.
Aber, sehr geehrter Kollege Foerster und sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, eins wird an dieser Debatte deutlich: Völlig losgelöst von den unterschiedlichen politischen Standpunkten, den unsere Fraktionen, den unsere Parteien haben – ich kann jetzt nicht für die AfD sprechen, vielleicht wird das ja noch deutlicher gemacht –, aber zumindest aus den Debatten, die ich auch über die ganzen Jahre hier im Haus verfolgt habe zwischen SPD, CDU und der Fraktion DIE LINKE, glaube ich, dass wir in dieser Frage tatsächlich nicht auseinanderdividiert werden. In diesem Haus – zumindest zwischen diesen drei Fraktionen, das ist jetzt keine Abwertung Ihrer Fraktion, ich kenne Sie einfach, was die Frage angeht, nicht lange genug –, aber in dieser Frage gibt es eine klare Positionierung in diesem Haus: Wir wollen sichere, qualitativ hochwertige und gut bezahlte Arbeitsplätze in diesem Land, und was wir dafür tun können, das werden wir tun, und das haben wir an dieser Stelle schon häufiger erklärt und das werden wir auch im nächsten Jahr deutlich machen. Spätestens dann, Herr Kollege Foerster, ich habe Ihnen ja zugesagt gestern, dass Sie das Gutachten von der SPD-Fraktion zum Thema Tarifvertragstreue bei der öffentlichen Auftragsvergabe bekommen, spätestens nächstes Jahr werden wir das noch mal deutlich machen, wenn wir auch in die öffentliche Debatte mit unserem Koalitionspartner zu diesem Thema mit einem eigenen Gesetzentwurf zum Thema Tariftreue bei der öffentlichen Auftragsvergabe eintreten werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will das jetzt hier nicht in das Lächerliche reinziehen, weil auch einige Bemerkungen da gekommen sind über die Länge der Rededauer.
Aber, sehr geehrter Herr Reuken, wir haben dieses Thema – das ist jetzt nicht Ihre Schuld, das ist halt nach der Geschäftsordnung der Aufsetzung auf die Tagesordnung geschuldet –, wir haben dieses Thema lang und breit gestern diskutiert, und ich habe dort auch deutlich gemacht, was ich von der Frage „Alleinschaffung eines Verkehrsverbundes“ halte, nämlich, dass das nicht das Problem löst, auch nicht die Fragen, die Sie angesprochen haben. Deswegen gestatten Sie mir einfach, auf das zu verweisen, was ich gestern gesagt habe. Ich hoffe, dass das innerhalb von 24 Stunden bei allen Kolleginnen und Kollegen noch in Erinnerung ist. Und aus den Gründen, die ich dargelegt habe, werden wir den Antrag heute hier auch ablehnen. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht, dass Sie sich jetzt wundern, ich bin nicht der neue energiepoliti
sche Sprecher meiner Fraktion. Herr Stamer lebt auch noch, der ist auch vom Grundsatz her gesund,
allerdings ist ihm die Sprache weggeblieben. Das liegt auch nicht an der Debatte in den letzten zwei Tagen, sondern hat einfach damit zu tun, dass er heiser ist. Und deswegen hat er mich gebeten, seine Rede hier vorzutragen, und das tue ich dann auch gerne.
Herr Stamer, Herr da Cunha, ja, bei mir sind im Moment in der Fraktion dermaßen viele Abgeordnete krank, da kommt man schon mal als PGF durcheinander.
Ja, ich gebe mir Mühe, Kollege Ritter!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als das Erneuerbare-Energien-Gesetz, besser bekannt unter seiner Kurzform EEG, im Jahr 2000 von der rot-grünen Koalition im Bund auf den Weg gebracht worden war, handelte es sich um einen Meilenstein für die Energiewende. Dass wir unsere Art und Weise zu leben und vor allem zu wirtschaften, radikal würden ändern müssen, war da bereits seit 30 Jahren bekannt. Seit Ende der 70er-Jahre lagen valide Berechnungen zum Einfluss von CO2-Emissionen auf die Temperatur der Erdoberfläche und der daraus folgenden Entwicklung des Klimas auf dem Tisch. Dass ein heißer werdender Planet negative Folgen mit sich bringt, konnten wir in den letzten Monaten ebenfalls zur Genüge in den Nachrichten „bewundern“. Und wer sich die Medienberichterstattung Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre anschaut, der stellt fest, dass das Bewusstsein „Wir müssen etwas tun“ bereits einmal vergleichsweise hoch ausgeprägt war, wie es heute in weiten Teilen der Bevölkerung – gewisse Herrenrunden ausgenommen – wieder ist.
Unser Koalitionspartner wird uns möglicherweise in seinem Redebeitrag daher sicherlich gleich noch einmal darauf hinweisen, dass es die CDU unter der Kanzlerschaft von Helmut Kohl war, die mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991 das erste Ökostromgesetz überhaupt weltweit auf den Weg gebracht hat. Erstmals mussten die großen Stromkonzerne den erneuerbaren Strom auch verpflichtend abnehmen und dafür auch, wen wundert es, bezahlen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, aber erst mit der Verabschiedung des EEG, neun Jahre später nahm der Ausbau der neuen Energien richtig Fahrt auf. Zum Vergleich: Zwischen 1990 und dem Jahr 2000 wuchs die installierte Fotovoltaikleistung in Deutschland von 2.000 Kilowattstunden auf 100.000 Kilowattstunden an, also das 50-Fache an installierter Leistung binnen zehn Jahren. Bis 2010 stieg die installierte Leistung an Fotovoltaikanlagen dann auf 18 Millionen Kilowattstunden an, also das 180-Fache. Und im letzten Jahr wurden in Deutschland 46,4 Terrawattstunden an erneuerbarem Strom allein aus Sonnenenergie produziert.
Das EEG, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist durchaus eine Erfolgsgeschichte. Nehmen wir die Windenergie an Land: 1990 wurden über Windenergieanlagen in Deutschland 0,072 Terrawattstunden an Strom produziert. Bis zum Jahr 2000 war diese Strommenge bereits auf 9,7 Terrawattstunden angewachsen, und im vergangenen Jahr, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, steuerte Windenergie an Land bereits 101,2 Terrawattstunden an Strom zu unserem Energiemix bei. Das maßgeblich von der SPD geprägte EEG hat also wie kaum ein anderes Gesetz das Wachstum der erneuerbaren Energien beflügelt. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte man in der Debatte nie vergessen.
Und es wurde im Laufe der Jahre …
Ich gebe den Applaus an den Kollegen da Cunha weiter.
Und es wurde im Laufe der Jahre, 2017 zuletzt, den Entwicklungen des Marktes mehrfach angepasst.
Aktuell befindet sich in Berlin die nächste Novelle des EEG in der Beratung von Bundestag und Bundesrat. Bereits in den kommenden Wochen soll im Bundesrat abschließend über den Entwurf beraten werden. Für uns war das Anlass, die EEG-Novelle hier und heute im Landtag zum Thema einer Aussprache zu machen. Für meine Fraktion ist klar, die Energiewende hier in MecklenburgVorpommern ist nicht einfach nur ein Ökoprojekt. Für uns ist die Energiewende ein Vorhaben, das wesentlich über die Zukunftsfähigkeit unseres Landes mitbestimmen wird. Erneuerbare Energien ermöglichen bei uns im Land, wo wir die Voraussetzungen zur Produktion erneuerbaren Stroms besitzen, aus Wind, Sonne, Biomasse, Wertschöpfungspotenziale, die zum wirtschaftlichen Wachstum des Landes beitragen werden, die gute Arbeitsplätze schaffen, die dazu beitragen, ein lebenswertes Mecklenburg tatsächlich auch für zukünftige Generationen zu erhalten.
Eine erfolgreiche Energiewende erfordert aber, dass wir die drei Hauptsektoren des Energieverbrauches zusammendenken, die da sind Strom, Wärme und Mobilität. Und genau an dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, setzt unsere Kritik an der vorliegenden Novelle des EEG 2021 an. Aus unserer Sicht wird mit der jetzigen Novelle die Chance vertan, die Sektorenkopplung deutlich voranzubringen.
Nehmen wir Mechanismen, die beispielsweise die Wasserstoffwirtschaft befördern würden – im Kabinettsbeschluss des EEG vom September finden wir hierzu nichts, keine Ausnahme beziehungsweise von der EEG-Umlage bei der Produktion von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, selbst dann nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der Wasserstoff als Speicher genutzt wird. Bei der Sektorenkopplung werden in der Kürze der Zeit keine wesentlichen Änderungen mehr im Entwurf des EEG möglich sein, aber wir – wir in diesem Land – müssen als Land auf die Bundesebene regelmäßig Druck machen, hier mittelfristig sinnvolle Lösungen zu finden. Wenn ein Windrad beispielsweise Strom produziert, obwohl im Netz gerade kein Strom benötigt wird, dann darf dieses Windrad nach aktuellen Regeln den Überflussstrom nicht zur Produktion von Wasserstoff verwenden.
Warum nicht? Es wäre doch logisch. Jede Hausfrau würde von den übrig gebliebenen Kartoffeln beim Sonntagsessen noch einmal lecker Bratkartoffeln machen.
Das ist der Speiseplan vom Kollegen da Cunha.
Im Stromsektor, liebe Kolleginnen und Kollegen, werfen wir die guten Kartoffeln aktuell weg. Ergo, wir alle, und das ist durchaus ernst gemeint, wir alle müssen bessere, ich sage jetzt mal nicht „Hausfrauen“, sondern Haushälter werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kabinettsbeschluss des EEG sieht vor, dass für alle Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energie ab einer Kilowattstunde Spitzenleistung zukünftig ein Smart Meter verpflichtend werden soll. Das Ziel, den Verteilnetzbetreibern zukünftig die Möglichkeit zum Steuern und Abregeln von Anlagen geben zu wollen, ist dabei sogar richtig, nur sind wir längst nicht so weit. Die Netzbetreiber selbst sagen, dass sie so kleinteilig noch gar nicht regeln können. So verursacht eine solche Pflicht aber nur Kosten, die beispielsweise den Ausbau von Solaranlagen auf Hausdächern zum Erliegen bringen werden. Wissen Sie, wie viel Strom man mit einer Kilowattstunde Fotovoltaikanlage in der Mitte von MecklenburgVorpommern pro Jahr erzeugen kann? Rund 970 Kilowattstunden, für die Sie eine Einspeisevergütung von 79 Euro im Jahr erhalten. Ein Smart Meter verursacht aktuell noch jährliche Mehrkosten von bis zu 80 Euro.
Ich hoffe, Sie können nachvollziehen, warum die Forderung meiner Fraktion lautet, die Grenze für die Pflicht zu Smart Metern bei zehn Kilowattstunden einzuziehen. Im Bundesrat wird aktuell die Schwelle von sieben Kilowattstunden diskutiert, aber ich hoffe, dass dort noch ein wenig Luft nach oben ist. Die Grenze zum Einbau von Smart Metern anzuheben, würde insbesondere die Betreiber kleinster Anlagen deutlich von Kosten entlasten und so auch die Bereitschaft heben, derartige Anlagen zu installieren. Das EEG soll schließlich erneuerbare Energien fördern und nicht verhindern.
Aus Landessicht muss auch an einer anderen Stelle nachgebessert werden, die in der großen Politik offensichtlich keine riesige Rolle spielt. Die Rede ist von Altholzkraftwerken. Es mögen nicht viele sein, aber wir haben eine Handvoll in Mecklenburg-Vorpommern, beispielsweise in Hagenow. Wir wünschen uns für diese Altholzkraftwerke, die sich aus Erlösen für das Verbrennen von Altholz und dem Verkauf von Strom und Wärme finanzieren, eine Übergangslösung bei den Stromerlösen aus dem EEG, der bis 2026 komplett abschmilzt. Aktuell sind die Erlöse für das Holzverbrennen und für den Strom so niedrig, dass wir sonst die bestehenden Anlagen im Land, die ab Januar aus der Förderung fallen würden, verlieren könnten. Es geht also nicht um neue Dauertatbestände, sondern darum, Bewährtes zu bewahren.
Mit Blick auf das Energiepotenzial in der Ostsee wünscht der Kollege da Cunha sich, dass der Ausbaukorridor für
Windenergie auf See deutlich erweitert wird. Und ich glaube, das ist nicht nur sein Wunsch, das ist auch der Wunsch der gesamten Fraktion.
Für die sehr langen Planungs- und Vorlaufphasen für Windparks auf dem Wasser ist das, was im jetzigen Entwurf drinsteht, zu wenig, um die ehrgeizigen Ziele Deutschlands beim Klimaschutz auch zu erreichen. Wer 2030 Windenergie in der Ostsee ernten möchte, der muss das 2020 auch ins Gesetz schreiben, sonst wird das nämlich nichts. Da vermisse ich, da vermissen wir den notwendigen Mut, sich große Ziele zu setzen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Stichwort „Wind“ bringt mich zum letzten Punkt, den man aus Sicht der umfangreichen EEG-Novelle herausgreifen muss, der tatsächlich auch Nachbesserungsbedarf besitzt. Wir sind uns, glaube ich, einig darin, dass die Energiewende nur gelingen kann, wenn wir Menschen vor Ort auch mitnehmen werden, ihre Akzeptanz gewinnen. Wir haben bei der Windenergie hinsichtlich Akzeptanz hier im Land auch mit großen Mühen Pionierarbeit geleistet. Unser Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz war eine der ersten Regelungen dieser Art und inzwischen – dazu wird gegebenenfalls Herr Minister Pegel auch noch Ausführungen machen – greift dieses Gesetz auch regelmäßig und wird zur Anwendung gebracht.
Auch bei der bedarfsgerechten Nachtbefeuerung sind wir hier im Land vorangegangen mit einer, wie wir als Fraktion finden, deutlich besseren Idee als der, die der Bund jetzt umsetzen möchte, weil bei uns auch Vorsorge zur Nachrüstung alter Anlagen getroffen worden ist. Akzeptanz erhöhen, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Grundsatz, den wir hier in Mecklenburg-Vorpommern gerade unter Führung der SPD verfolgen.
Nun waren wir sehr hoffnungsfroh, als der Referentenentwurf des EEG den politischen Raum zur Diskussion erreichte. Eine verpflichtende Zahlung je erzeugter Kilowattstunde stand da im Raum. Vergünstigte Stromtarife für Anwohnerinnen und Anwohner, das klang alles auch nach den Debatten, die wir im Land hier lange geführt haben, sehr gut. Aber im Ergebnis, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein am Start stehender stolzer Tiger am Ende doch wohl eher als Bettvorleger gelandet. Im Kabinettsbeschluss war auf einmal aus einer verpflichtenden Zahlung nicht etwa ein „soll“, sondern ein „darf“ geworden. Windparkbetreiber „dürfen“ die Umlandgemeinden finanziell beteiligen. Die Krönung des ins Gegenteil verkehrten Ansatzes ist dann, dass sie, die Betreiber, im Folgejahr die freiwillig an die Gemeinden gezahlte Umlage inklusive einer fünfprozentigen Verwaltungspauschale dann auch noch über das EEG zurückholen können. Letztendlich zahlen also alle Stromkunden, alle Verbraucher die Abgaben für die jeweilige Gemeinde und nicht derjenige, der die Rendite erzielt. Sorry, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber das ist vielleicht gut gemeint gewesen, aber sicherlich nicht gut gemacht.
Vergünstigte Strompreise für Anwohnerinnen und Anwohner wurden übrigens ganz aus dem Kabinettsbeschluss gestrichen. Der sehr geehrte Wirtschaftsminister
Peter Altmaier sollte sich die ganze Angelegenheit vielleicht einmal hier im ländlichen Raum, vielleicht im Wahlkreis vom Kollegen Krüger anschauen, um dann tatsächlich auch mal mit den Menschen vor Ort darüber zu sprechen, wie sich so etwas vor Ort darstellt
und wie man Akzeptanz tatsächlich erhöht.
Wer im Umfeld eines Windparks lebt, der soll zumindest davon auch einen Nutzen haben. Die verpflichtende Abgabe von 0,2 Cent je Kilowattstunde an die klar zu definierenden Gemeinden im Umfeld eines Windparks sollte und ist für unsere Fraktion das Mindeste, was die Menschen in unserem Land, in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt erwarten können und erwarten dürfen. Wenn ein Windpark schon dort steht, wo er steht, dann soll die Gemeinde wenigstens genug Geld für den Sportplatz, einen Kindergarten oder aber für die Feuerwehr haben,
und zwar sicher und regelmäßig und nicht als Almosen eines Betreibers, der das darf, aber nicht muss. Und wir erwarten auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass diese Abgabe der Windparkbetreiber nicht erstattungsfähig ist. Entweder zahlt der Windparkbetreiber eine Abgabe oder wir können gleich die Menschen im Umfeld einer solchen Anlage von der EEG-Umlage befreien. Das wäre dann auch nicht teurer. Aber linke Tasche rein und rechte Tasche raus, ich denke mal, das ist kein Ansatz, den man tatsächlich dann verfolgen sollte.
Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Dass die AfD heute ihre ablehnende Haltung der Energiewende wahrscheinlich erneut kundtun wird, das ist erwartbar. Das ist auch nicht weiter schlimm, das ist Meinungsfreiheit. Ich möchte aber noch mal kurz betonen, dass der Bund sich dazu verpflichtet hat, in den kommenden beiden Jahren die EEG-Umlage für Verbraucherinnen und Verbraucher konstant zu halten.
Aus Sicht meiner Fraktion ist das das richtige Signal. Wir werden diese zwei Jahre nutzen müssen, um über die Zukunft der EEG-Umlage zu sprechen. Für uns als SPDFraktion in diesem Land ist klar, wir brauchen ein System, das die Sektorenkopplung mit senkt und mittelfristig zu sinkenden Energiepreisen für alle Verbraucher beitragen kann und beitragen wird.
Und verstehen Sie bitte die Kritik an einzelnen Punkten der EEG-Novelle nicht falsch. Im Grundsatz begrüßen wir das EEG 2021, vermissen aber gerade, gestatten Sie mir dann, das auch so pointiert auszudrücken, gerade bei der CDU/CSU im Bund, die Energiewende auch endlich deutlich mit Nachdruck nach vorne zu bringen. Die vorliegende Novelle ist dann halt so was wie das Stromeinspeisungsgesetz von 1991, irgendwie okay, aber eben auch nur irgendwie okay. Wenn man eine echte Reform wie das Thema Energiewende mit dem nötigen Rückenwind versieht, wenn ich diesen hier in diesem Landtag häufig benutzten Ausdruck an der Stelle auch mal gebrauchen darf, dann ist die jetzige Farbkonstellation im
Bund möglicherweise dafür nicht die richtige. Aber das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Punkt, den wir nicht zu diskutieren und zu entscheiden haben, das ist ein Punkt, den die Kolleginnen und Kollegen im Bundestag dann untereinander klären müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt der interfraktionelle Antrag der Fraktionen von SPD, CDU und LINKE zu einer weiteren Änderung der Geschäftsordnung des Landtages hier in Mecklenburg-Vorpommern vor. Wir haben uns in diesem Haus, als wir die Geschäftsordnung das letzte Mal überarbeitet haben, darauf verständigt, dass wir das, was damals neu eingeführt worden ist, hier ausprobieren werden, evaluieren wollen und dann im Nachgang schauen wollen, ob man gegebenenfalls noch mal Änderungen, Ergänzungen vornimmt. Das ist jetzt zwischen den verschiedenen Fraktionen erarbeitet worden und liegt Ihnen heute vor.
In dem Zusammenhang will ich das kurz gliedern. Es handelt sich bei dem vorliegenden Änderungsvorschlag für die Geschäftsordnung letztendlich um vier verschiedene Positionen:
Ich will einmal mit einem Punkt anfangen, der wahrscheinlich der unproblematischste für alle ist. Da geht es nämlich tatsächlich nur darum, in den Paragrafen 88 und 96 der Geschäftsordnung – und das sind die Ziffern 5 und 6 des vorliegenden Vorschlages – unter I, dass das, was hier im Haus ohnehin schon in Absprache zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführern regelmäßig so gehandhabt worden ist, nun auch in der Geschäftsordnung verschriftet wird, dass die entsprechenden Redezeiten für persönliche Bemerkungen beziehungsweise für Erklärungen zur Abstimmung sowie bei anderen ähnlichen Punkten auf zwei Minuten begrenzt werden.
Ein weiterer Punkt, das ist das, was Ihnen unter I.4 vorliegt, eine weitere Einfügung in die Geschäftsordnung des Landtages, dass dann, wenn es tatsächlich bereits bei der Einbringung von Gesetzentwürfen seitens der Landesregierung eine entsprechende Verbandsanhörung gegeben hat, was ja der Regelfall ist, dass dann mit der Vorlage des entsprechenden Gesetzentwurfes dem Landtag auch mitgeteilt wird, welche Anhörung dort tatsächlich schon oder wer genau angehört worden ist, damit es möglicherweise keine Doppelungen gibt beziehungsweise die entsprechenden Unterlagen im Zweifelsfall, wenn das gewünscht ist, auch hier eingeholt werden können. Das ist, glaube ich, etwas, was relativ unproblematisch ist und was auch von allen Beteiligten so ohne Weiteres mitgetragen werden kann.
Ein weiterer Punkt oder zwei weitere Punkte sind da natürlich schon eher politisch sensibel. Da geht es im Endeffekt um die Frage, wie agiert der Landtag in der aktuellen Corona-Situation.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns über eines an dieser Stelle klar werden: Dieses Haus, unabhängig von allen politischen Differenzen, die die Fraktionen teilt, dieses Haus als Ganzes ist das höchste Verfassungsorgan dieses Landes und es ist unser aller Aufgabe ‒ mit welcher Art und mit welchen Mitteln auch immer ‒, die Funktionsfähigkeit und die Arbeitsfähigkeit dieses Hauses möglichst lange, auch in dieser Situation, aufrechtzuerhalten. Ich stelle mir lieber nicht vor, wenn wir zum Beispiel gestern nicht hätten tagen können. Dann wäre es nämlich unter anderem auch nicht zu einer Beschlussfassung über den Nachtragshaushalt gekommen, mit allen Konsequenzen, die dann daraus resultiert wären.
Da mag man nun das politisch anders bewerten, Herr Professor Weber, was den Nachtragshaushalt angeht, aber es macht an der Stelle deutlich, dass letztendlich dieses Haus für maßgebliche Entscheidungen hier in diesem Land Verantwortung trägt und deswegen auch die Arbeitsfähigkeit dieses Hauses sichergestellt werden muss.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns dann, da gibt es momentan, wenn ich das richtig in der Diskussion verfolgt habe, noch keinen Konsens über alle Fraktionen, es gibt dann aber zumindest zwischen den drei Fraktionen und ihren Parlamentarischen Ge
schäftsführern, die diesen Antrag vorbereitet haben, insofern einen Konsens, dass das, was teilweise schon gehandhabt worden ist, nämlich in den Ausschüssen die Durchführung von Videokonferenzen oder auch Telefonkonferenzen, dass das tatsächlich verschriftet und in der Geschäftsordnung dieses Landtages festgehalten wird.
Und wenn man tatsächlich das dann auch verschriften will, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn man das normieren will, dann muss man sich natürlich auch damit auseinandersetzen, wie geht man mit dem Thema von Beschlussfassungen um, wenn Videokonferenzen durchgeführt werden. Wie sichert man das ab, dass Beschlussfassungen entsprechend auch ordnungsgemäß durchgeführt werden? Wie sichert man es auch ab, wenn zum Beispiel eine Kollegin oder ein Kollege der Auffassung ist, dass es in dieser Form nicht durchgeführt werden sollte? Und das ist das, sehr geehrte Damen und Herren, was Ihnen in diesem Vorschlag unter der Ziffer I.1 bis 3 vorliegt. Da geht es tatsächlich darum, wie ein entsprechendes Verfahren sichergestellt werden kann.
Ein weiterer Punkt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, hängt letztendlich auch mit der Situation zusammen, in der wir heute alle arbeiten, in der wir auch in diesem Haus ‒ in Anführungszeichen ‒ leben. Wir haben es ja nun letzte Woche auch gehört, dass es hier innerhalb der Landtagsverwaltung die ersten positiv getesteten Fälle an SARS-CoV-2 gibt und es natürlich nicht auszuschließen ist, dass auch hier im Haus auch Kolleginnen und Kollegen, auch jemand unter uns, tatsächlich sich infiziert. Und da ist es natürlich schon etwas schwieriger für eine Ordnungsbehörde bisher, zu sagen, dieser Kollege, diese Kollegin muss jetzt zu Hause bleiben. Und deswegen schlagen wir Ihnen dann ein Verfahren, das sich an das Verfahren mit der Aufhebung der Immunität anlehnt, vor, dass nämlich tatsächlich die Ordnungsbehörden, die Gesundheitsämter dann verpflichtet sind, die Präsidentin des Landtages darüber zu unterrichten, und nur wenn die Präsidentin des Landtages das auch nachträglich genehmigt, diese entsprechende Anordnung einer Quarantäne gegenüber einem Mitglied dieses Hauses dann Bestand behält.
Das ist im Wesentlichen das, was wir Ihnen vorschlagen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Ich würde mich freuen, wenn wir eine angeregte Diskussion zu diesem Novellierungsvorschlag dann im Rechtsausschuss führen könnten, damit der Landtag dann möglichst breit eine entsprechende Änderung der Geschäftsordnung beschließen kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen!
Liebe Kollegin Schwenke, es ist völlig egal, ob Weihnachten ist oder nicht Weihnachtszeit, wir müssen hier sowieso arbeiten, deswegen will ich jetzt auch nicht auf den Weihnachtsmarkt oder sonst irgendwas eingehen, sondern tatsächlich auf Ihren Antrag hier.
Wenn ich mir das anschaue, sehr geehrte Frau Kollegin Schwenke, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, was Sie unter Ziffer I aufgeschrieben haben, dann ist das schon etwas, ich glaube, wenn hier alle Abgeordneten in diesem Haus und viele Menschen in diesem Land tatsächlich sich mit dem Thema beschäftigen, beschäftigen würden, beschäftigen wollen, dann würden viele – und das haben ja auch die Redebeiträge, angefangen vom Minister über den Kollegen Eifler, auch den Abgeordneten Reuken, hier deutlich gemacht – sagen, dass das alles Dinge sind, die man als sinnvoll, als erstrebenswert, als wünschenswert, das ist völlig egal, wie man das jetzt benennen will, auffassen kann. Das Problem, sehr geehrte Frau Kollegin Schwenke, ist, glaube ich, auch nicht die Frage, ob man sich das wünscht oder ob man das anstrebt – ich will das jetzt mal jetzt von dem Wunschgedanken wegbringen, sondern als Zielvorstellung, die man formuliert, als politisches Ziel, das man formuliert –, dass man das anstrebt.
Die Frage, und das ist hier ja auch deutlich geworden, sehr geehrte Frau Kollegin, ist die Frage, kann ich das umsetzen unter den bestehenden Rahmenbedingungen, bestehenden Finanzierungsbedingungen. Und wenn ich auf die bestehenden Finanzierungsbedingungen schaue, dann kann ich auf das verweisen, was Herr Minister Pegel gesagt hat, dann bewegen wir uns natürlich in einem Korsett, das ohnehin sehr eng geschnürt ist. Das wissen Sie aber auch. Deswegen, also Sie sind ja nun, dafür kennen wir uns auch noch lang genug, Sie sind ja auch nicht weltfremd.
Und, sehr geehrte Kollegin, dann muss man tatsächlich mal überlegen – und da bin ich jetzt auch ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob wir das hier schon mal angesprochen haben, ich glaube, ich habe das schon mal getan –, dann müssen wir, und auch das ist angerissen worden von Herrn Minister Pegel, dann müssen wir uns an dieser Stelle wirklich mal überlegen, ob wir Grundlegendes an den Rahmenbedingungen ändern müssen, und zwar nicht – nicht zu früh klatschen, liebe Mignon –, …
Nein, ich wollte dich auch vorher schon bremsen.
... nicht so sehr, was die Frage der zur Verfügung stehenden Finanzmittel angeht, da sage ich gleich noch was dazu,
sondern zu den rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen wir uns bewegen, denn das grundlegende Problem, das grundlegende Problem, das wir in diesem Land haben, ist ein Flächenland, das sehr groß ist, aber auf der anderen Seite mit 1,6 Millionen Einwohnern eine sehr, sehr geringe Einwohnerzahl pro Quadratkilometer hat. Und man kann das, für mich ist das immer ein ganz einfacher Vergleich, ich nehme dann immer Hamburg, weil Hamburg hat auf einer viel, viel kleineren Fläche sogar mehr Einwohner als Mecklenburg-Vorpommern. Und dieses Dilemma kriegen wir, selbst, wenn die Reproduktionsrate in Mecklenburg-Vorpommern steigen würde, werden wir das in den nächsten Jahren nicht gelöst bekommen, weil so schnell geht das denn auch nicht. Und deswegen muss man sich hier mal fragen, was ist denn ein anderer Punkt, an dem man ansetzen könnte.
Und dann sage ich das an dieser Stelle auch ganz deutlich, das ist eine Diskussion, die wir alle – da nehme ich meine eigene Fraktion, meine eigene Partei nicht aus, weil es ist eine sehr schwierige Diskussion, und ich habe das auch noch nie von jemandem anders gehört in diesem Haus –, dann muss man mal die Frage aufwerfen, und ich glaube, Herr Minister Pegel hat einmal ganz kurz eben die Frage des ÖPNV-Gesetzes angesprochen, da muss man tatsächlich die Frage aufwerfen, ob das ÖPNV-Gesetz, so, wie wir das haben, wie es Anfang der 90er-Jahre hier ausgestaltet worden ist, so, wie es übernommen worden ist wie viele Gesetze hier im Land vom Grundgedanken her aus den alten Bundesländern, ob diese Ausgestaltung des ÖPNV-Gesetzes tatsächlich die richtige ist.
Und es ist eine, das ist keine leichte Diskussion, weil wenn wir in diese Diskussion eintreten wollten, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann werden wir nicht auf einmal nur darüber reden, was wir tun, was wir als Land tun, sondern dann reden wir auf der anderen Seite darüber, was denn die Kommunen, die Kreise tun, denn die sind die kommunalen Aufgabenträger für den sonstigen ÖPNV. Und viele der Punkte, sehr geehrte Frau Kollegin Schwenke, die Sie hier angesprochen haben, beruhen ja letztendlich, oder die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, beruhen ja letztendlich auf dem hier im Lande bestehenden System, auf der einen Seite der SPNV als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs mit der Aufgabenträgerschaft des Landes, und in dem anderen Bereich der sonstige, sogenannte sonstige ÖPNV, also Bus- und Straßenbahnverkehre, in der Aufgabenträgerschaft, es heißt gesetzlich der Kommunen, faktisch sind es die Landkreise und die beiden kreisfreien Städte in diesem Land.
Und ich will es nur an einem Beispiel deutlich machen – ich kann es auch an mehreren Beispielen deutlich machen, ich will erst mal eins aufgreifen, weil das ja auch von Ihnen angesprochen worden ist –, das Thema eines einfachen und einheitlichen Tarifsystems. Nun will ich das „einfache“ mal dahingestellt sein lassen. Ich glaube nicht, dass es in Deutschland irgendwo ein einfaches Tarifsystem gibt, aber ich glaube, das haben Sie auch nicht gemeint. Aber wenn man auf ein einheitliches Tarifsystem abstellt, dann scheitert das in diesem Land ja im Endeffekt auch an der Bezahlbarkeit. Weil natürlich ist es richtig, was wir im SPNV haben, da haben wir ein einheitliches Tarifsystem. Sie können von der deutschpolnischen Grenze bis nach Hamburg den SPNV benutzen. Das ist völlig egal, da ist ein Tarifsystem. Das ist das
Tarifsystem der Bahn und das ist auch angepasst mit den anderen, mit den privaten Eisenbahngesellschaften, dass es da keine Probleme gibt. Aber in dem Moment, wo man tatsächlich Umsteigebeziehungen hat zwischen Straßenbahn und Bus, rein in die Bahn oder von einem Landkreis in den anderen Landkreis, dann ist das mit dem Tarifsystem schon in vielen Fällen – nicht in allen Fällen, aber in vielen Fällen – am Ende.
Und das hängt am Ende des Tages natürlich mit dem Geld zusammen. Sie wissen das. Der eine oder andere Kollege/Kollegin hier im Haus weiß das auch. In dem Moment, wo Sie die Bahn wechseln, Sie haben es hier, glaube ich, auch angesprochen in Ihrem Antrag, entstehen die sogenannten Durchtarifierungs- und Harmonisierungsverluste, und die machen die Geschichte teuer. Es sind ungefähr die 20..., also das ist jetzt eine Schätzung, eine Schätzung, basierend auf dem, was das Land an dem einzig funktionierenden Verkehrsverbund bezahlt, wären es ungefähr 20 Millionen Euro in diesem Land. Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, 20 Millionen Euro – und das habe ich an dieser Stelle schon gesagt – für keinerlei Mehrleistung, sondern nur für den Umstand, dass Sie ein Ticket kaufen, um mit dem Ticket auch im Nachbarkreis da weiter den Bus, oder was immer es auch ist, benutzen zu können, und 20 Millionen nur dafür aufzuwenden, das kann sich dieses Land nicht leisten. Und deswegen muss man, wenn man diese Frage ernsthaft angeht, tatsächlich darüber diskutieren, ob diese Struktur, die wir heute haben – SPNV, ÖPNV mit unterschiedlichen Aufgabenträgern –, ob die tatsächlich zukunftsgerecht ist für dieses Land.
Aber wenn Sie diese Diskussion führen – nicht in diesem Antrag, weil da wird sie nicht aufgenommen –, wenn Sie diese Diskussion über das ÖPNV-Gesetz führen, dann führen Sie natürlich auch eine Diskussion mit den Kommunen, mit den Kreisen, weil das ist nun mal eine originär kommunale Aufgabe, also eine kreisliche Aufgabe in diesem Land. Und so groß natürlich immer das Interesse bei den kommunalen Gebietskörperschaften ist, zu sagen, wir wollen finanzielle Unterstützung des Landes für unsere Aufgabe haben, ich habe noch nie in diesem Land eine kommunale Gebietskörperschaft – und ich habe die Diskussion ja auch bei den Versuchen und bei dem Ergebnis Kreisgebietsreform selber erlebt –, ich habe noch nie eine kommunale Gebietskörperschaft erlebt, die gesagt hat, aber die Aufgabe, die wir haben, die wollen wir auf jeden Fall loswerden. Die meisten haben immer nur gesagt, gebt uns mehr Aufgaben, aber gebt uns bitte auch Geld dafür, dass wir das machen können.
Und ich glaube auch, dass diese Diskussion hier ähnlich laufen wird. Und das kann ich aus Sicht eines Landrates oder eines Oberbürgermeisters im ersten Moment auch nachvollziehen, weil der möchte natürlich auch mitentscheiden oder darüber entscheiden, was bei ihm vor Ort, zum Beispiel im Bereich des ÖPNV, stattfindet. Und deswegen werden wir, wenn wir das System angehen müssen, mit den kommunalen Gebietskörperschaften diese Diskussion führen müssen, weil ansonsten, sehr geehrte Frau Kollegin Schwenke, ist alles das, was Sie unter Ziffer I aufgeschrieben haben, wünschenswert, aber am Ende des Tages wird es nicht finanzierbar sein, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Haushaltssituation, in der wir uns ja nun momentan befinden, und die wird sich ja in den nächsten Jahren nicht ändern. Das haben wir ja nun gestern schon beschlossen. Wir wissen
ja heute schon, dass wir die nächsten Jahre, wenn es gut läuft, dafür brauchen werden, die Schulden, die wir in dieser Situation aufgenommen haben, tatsächlich wieder zu tilgen. Ich kann nicht erkennen, dass da substanziell mehr Geld im System sein wird.
Deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie es mir nicht übel, Frau Kollegin Schwenke, ich habe das schon öfters gesagt, die Zielstellung, die teile ich, den Weg, den sehe ich so nicht, wie Sie ihn aufzeigen. Aber das ist halt auch eine unterschiedliche politische Auffassung, und ich hoffe, das nehmen Sie mir nicht übel.
Gestatten Sie mir, an einer anderen Stelle noch zwei, drei Punkte aufzugreifen, die Sie unter Ziffer II angesprochen haben. Da wird es dann – nicht, was Ihren Antrag angeht, aber auch, was die reale Situation in diesem Land angeht –, da wird es dann natürlich schon teilweise hanebüchen. Ich sage das ausdrücklich, Frau Kollegin: Nicht Ihr Antrag ist hanebüchen, sondern das, womit wir uns in der Realität dieses Landes auseinandersetzen müssen. Und ich will das an einem konkreten Beispiel meiner Heimatstadt deutlich machen.
Sie haben hier unter II.2 unter anderem die Ausweitung von Straßenbahnnetzen angesprochen. Und die Frau Kollegin Kröger, die wird das als Abgeordnete der Rostocker Bürgerschaft in den letzten Wochen und Monaten verfolgt haben, da ging es unter anderem um die Frage der Refinanzierung von neuen Straßenbahnen beziehungsweise die Frage von Sanierungen.
Und dann kann ich mich...
Nein, es geht hier nicht um Bürgerschaft. Auch Sie haben es mitbekommen, Herr Peters, es geht nicht um Bürgerschaft, sondern es geht im Endeffekt auch um lokale, na, ich hätte jetzt beinahe gesagt, Unwilligkeit.
Jetzt habe ich selber, ich glaube, vor eineinhalb Jahren mit den Vorständen des Rostockers kommunalen Unternehmens mal darüber gesprochen. Die haben mich darauf angesprochen, sie wollten Geld haben für die Sanierung oder für die Neuanschaffung von Straßenbahnen, Gesamtvolumen 120 Millionen – wie gesagt, Herr Peters, Frau Kröger kennen das, 120 Millionen –, mal lockere 80 Millionen Zuschuss vom Land. Ich habe ja nur ganz müde in die Tasche gelacht, als ich das gehört habe, weil die Überlegung, dass da zwei Drittel finanziert werden vom Land, ist, glaube ich, so was von weltfremd, das kann man sich gar nicht vorstellen.
Aber, und das ist das Entscheidende, ich habe denen damals meinen Vorschlag gemacht, und ich habe den Finanzminister rangeholt und ich habe den Verkehrsminister mit rangeholt und wir haben mal mit den beiden Vorständen am Rande eines Termins uns erst mal ganz locker drüber unterhalten, mit der Überlegung, vielleicht kommt da ja was. Ich habe denen gesagt, es hat ja mal in der Vergangenheit ein sogenanntes Stadtbahnkonzept gegeben, nutzt das doch mal! Überlegt doch mal, wie man den Straßenbahnverkehr mit Stadtbahnfahrzeugen ins Umland nutzen kann. Das kann man bis Wismar, bis Ribnitz-Damgarten machen. Das S-Bahn-Netz geht ohnehin bis Güstrow. Das wäre genau das, was hier gewesen wäre.
Und dann erlebt man dort vor Ort die Unwilligkeit von Kommunen, kommunalen Unternehmen, kommunalen Vertretern offenkundig auch, wenigstens darüber nachzudenken. Und es bestand durchaus die Bereitschaft des Landes, darüber nachzudenken, ob man das dann finanziert, beziehungsweise da ist ja auch, Sie haben ja GVFG-Mittel angesprochen in Ihrem Antrag, auch das hätte da zum Einsatz kommen können. Und wenn ich das in den Kommunen vor Ort erlebe, dass nicht mal die Bereitschaft besteht, darüber nachzudenken, dann, sehr geehrte Frau Kollegin Schwenke, dann frage ich mich, warum ich hier in diesem Landtag darüber diskutieren soll, dass man so was machen sollte, weil das scheitert nicht am politischen Willen des Landtages, das scheitert am Unwillen vor Ort.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist etwas, wo ich dann am Ende des Tages auch kein Verständnis mehr für habe, wie gesagt, nicht für Ihren Antrag, aber wenn man tatsächlich die Situation des Nahverkehrs in diesem Land verbessern will, dann werden sich auch die kommunalen Vertretungen und wer immer dann die Entscheidung da trifft, egal ob Oberbürgermeister oder Vorstände von Unternehmen, werden die sich bewegen müssen. Und das sehe ich momentan nicht.
Und Sie haben einen zweiten Punkt, oder ich will noch zwei weitere kurz ansprechen, zwei weitere Punkte. Alles will ich hier nicht aufreißen, dafür reicht selbst die Redezeit eines SPD-Abgeordneten in diesem Haus nicht. Aber ich will das noch mal ansprechen, eine Machbarkeitsstufe für die Weiterentwicklung der landeseigenen Verkehrsgesellschaft zu einem Landesverkehrsverbund.
Frau Kollegin Schwenke, ich will das nur noch mal deutlich machen: Das Problem ist nicht ein landeseinheitlicher Landesverkehrsverbund. Das ist eine Organisationsfrage. Da können Sie eine GbR schalten oder was auch immer Sie da machen wollen. Das Problem sind die Verkehrsunternehmen, die in der Region unterschiedlich die Leistungen erbringen, weil selbst wenn Sie einen einheitlichen Verkehrsverbund haben, dann haben Sie immer noch nicht einen gemeinsamen Tarif. Und wenn Sie den gemeinsamen Tarif haben, dann kommen Sie wieder zu der Situation, die ich eben angesprochen habe beziehungsweise der Minister angesprochen hat, mit der Frage der Durchtarifierungs- und Harmonisierungsverluste.
Und der zweite Punkt, den ich noch ansprechen möchte, ist, den Finanzbedarf für die Ausweitung des sonstigen ÖPNV-Angebotes zu ermitteln, mit dem Ziel, die Aufgabenträger mit Landesmitteln zusätzlich zu unterstützen. Ich bin, und das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich, ich bin sogar bereit, mich dafür einzusetzen in meiner eigenen Fraktion, bei den Koalitionsfraktionen, dass, wenn man tatsächlich zu einer Neustrukturierung des Nahverkehrs in diesem Land kommt, dass auch zumindest übergangsweise – am Ende wird man es vielleicht sowieso komplett finanzieren müssen, das ist je nachdem, welches Modell man wählt –, dass das hier vonseiten des Landes unterstützt wird. Aber solange ich nicht erkenne, dass aus der kommunalen Ebene mitgewirkt werden soll an der Frage, wie der zukünftige Nahverkehr in diesem Land unterstützt wird – und ich habe es, ich bin nicht in den Verhandlungsrunden gewesen, aber ich habe es jetzt am Rande miterlebt im Zusammenhang mit
dem Azubi-Ticket, dass das ja am Ende im Endeffekt darauf hinausläuft, ein bisschen so nach türkischem Basar – das ist jetzt nicht rassistisch gemeint, sondern nur als Spruchwendung benutzt –, dass man tatsächlich gesagt hat: Na, was kriege ich denn noch obendrauf, was kann ich noch an anderer Stelle raushandeln? Und dieses Spiel, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dieses Spiel bin ich nicht bereit mitzumachen, weil wenn, dann muss es tatsächlich eine substanzielle Verbesserung für die Nutzerinnen und Nutzer in diesem Land beim ÖPNV bringen.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau …
Sehr geehrte Frau Präsidentin! So spricht es sich besser.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, dass Sie mir heute denn noch mal die Gelegenheit geben, den Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD und CDU hier einzubringen. Wir hatten den ja schon für die letzte Landtagssitzung angekündigt und dann auch noch mal verschoben. Ich denke mal, das ist heute auch noch der passende Zeitpunkt, auch darüber zu diskutieren.
Sehr geehrte Kollegen, ich will da gar nicht allzu viele Worte zu machen.
Vielleicht nur noch ein Hinweis ans Präsidium: Ich rede auch gerne länger, aber die Uhr läuft noch nicht. Danke!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will da jetzt nicht unnötig viele Worte machen, aber wir diskutieren ja nun schon seit Monaten im Endeffekt über die Auswirkungen, die die Corona-Pandemie auch für die Wirtschaft unseres Landes in allen Bereichen mit sich bringt. Und
natürlich ist das, was wir hier machen, worüber wir diskutieren, worüber wir entscheiden, die Beschlüsse, die wir fassen, auch die finanziellen Mittel, die wir als Landtag dann auch über den Nachtragshaushalt zur Verfügung gestellt haben, auch der Wirtschaft zur Verfügung gestellt haben, wichtig und richtig. Und sicherlich geht es auch in erster Linie einmal darum, dass das, was an Wirtschaftskraft in diesem Land ist, möglichst gut durch diese Krise zu bringen. Und ich wünsche mir, dass alle Unternehmerinnen und Unternehmer, alle, die – in welcher Form auch immer – wirtschaftlich selbstständig sind, egal ob das Kulturschaffende sind oder im Gastronomiebereich oder wo auch immer, dass die bestmöglich durch diese Krise kommen. Und es wird sicherlich auch in den nächsten Wochen und Monaten gerade für diesen Personenkreis nicht einfacher werden.
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns diese Corona-Krise anschauen, dann muss man auch erkennen, dass neben den ganzen Beeinträchtigungen, Einschränkungen, negativen Auswirkungen etwas stattgefunden hat, was wir uns vielleicht vor einem dreiviertel Jahr oder vor einem Jahr, vor Beginn dieser Krise so alle nicht vorgestellt haben. Diese Corona-Krise ist auch im wirtschaftlichen Bereich ein Katalysator gewesen, der Veränderungsprozesse in einer Art und Weise beschleunigt hat, wie sich das viele von uns sicherlich nicht vorgestellt haben. Wir haben lange schon über Bereiche von Digitalisierung in allen möglichen Lebensbereichen diskutiert, wir haben auch über Digitalisierung im Bereich der Wirtschaft gesprochen, was notwendig ist, was gemacht werden kann, was vielleicht auch tatsächlich zu einem wirtschaftlichen Impuls für unser Land geeignet ist. Und dann ist diese Welle im wahrsten Sinne über uns hinweg gerollt, rollt noch immer über uns hinweg und zwingt uns Veränderungen auf, die wir in dieser Schnelligkeit zumindest so sicherlich nicht erwartet haben.
Und deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, muss man auch sehen, dass bei allen negativen Auswirkungen, die diese Situation mit sich bringt, man natürlich auch die Möglichkeiten erkennen muss, die im Bereich auch der wirtschaftlichen Entwicklung dadurch befördert werden. Deswegen will keiner von uns, dass diese Corona-Krise länger dauert, und deswegen wird auch keiner von uns sich hingestellt haben oder sich hinstellen und sagen, ja, wir finden es gut, dass diese Krise ist. Aber wir sind in dieser Situation, wir sind in dieser Krise und wir müssen dann natürlich auch schauen, welche positiven Effekte wir tatsächlich dabei nutzen können. Und einer der positiven Effekte ist natürlich auch, dass man gegebenenfalls, gerade bei kleineren Unternehmen, bei Start-ups, sehen kann, welche Chancen bei der Bewältigung dieser Krise und bei der Bewältigung von Problemen, die auch nach der Krise auftauchen werden oder weiterbestehen werden, tatsächlich genutzt werden können.
Jeder von Ihnen wird in den letzten Wochen und Monaten in einem Maße zum Beispiel Videokonferenzen genutzt haben, wie er das sicherlich vorher noch nie im Leben getan hat. Und das wird etwas sein, was sicherlich auch nach der Krise so weitergehen wird, vielleicht nicht in dem Maße, aber man hat sich an diese Situation auch gewöhnt und man wird sicherlich auch nicht in den Modus zurückfallen, der vorher war. Viele Leute in diesem Land – wir bedauern es an der einen oder anderen Stelle – werden gezwungen sein oder sind gezwungen, zum Beispiel verstärkt online einzukaufen. Auch das wird
Veränderungsprozesse, selbst, wenn wir sie nicht wollten, wird Veränderungsprozesse mit sich bringen, die weit über diese Krise hinaus Auswirkungen zeigen. Und das gibt es sicherlich bei vielen anderen Bereichen auch. Und eine dieser Möglichkeiten ist natürlich auch, neue Produkte, neue Ideen zu entwickeln, wie man zum Beispiel mit Problemen, die sich durch die Corona-Krise ergeben, umgehen kann.
Nun haben wir als Beispiel, ein Beispiel daran, ausgewählt, und ich erlaube mir, das dann auch mal aus dem Antragstext zu zitieren, weil das ja auch der Hintergrund des Änderungsantrags der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE ist. Da steht dann unter Ziffer 2: „Beispielsweise wäre eine mobiltelefonbasierte Lösung für die Registrierung von Besuchern in Gaststätten und Bars eine Möglichkeit, die Arbeit von Gesundheitsämtern zu erleichtern, den Verwaltungsaufwand der Gaststätten zu reduzieren und den Anforderungen des Datenschutzes besser als bisher nachzukommen.“ Wir haben das eigentlich nur als Idee, als Beispiel aufgefasst und ich wäre nie auf die Überlegung gekommen, auf die Idee kommen, dass dieser eine Punkt, der wirklich nur beispielhaft aufgeführt worden ist, dass sich daran hinterher alle hochziehen und sagen, also das geht doch überhaupt nicht. Und ich war etwas irritiert, als der Datenschützer dieses Landes gleich halleluja schrie und sagte, das kann man nicht machen, da ist der Datenschutz tatsächlich infrage gestellt.
Und nun ist es gut, dass der Antrag nicht auf der letzten Landtagssitzung debattiert worden ist, sondern heute, nicht gut für unser Land, das sage ich an dieser Stelle auch, gut für diesen Antrag, weil diese Kritik, die hat sich erledigt, nicht dadurch erledigt, dass hier der Antrag geändert worden ist, sondern weil das, was hier konkret vorgeschlagen worden ist, inzwischen schon Realität ist, Realität allerdings nicht bei uns im Land entwickelt von einem Unternehmen bei uns im Land, von einem Start-up hier aus Mecklenburg-Vorpommern, sondern von einem jungen Unternehmen aus Süddeutschland, an dem unter anderem Herr Hopp – wenn ich das jetzt richtig … –, der frühere SAP-Gründer, beteiligt ist, die eine entsprechende App entwickelt haben, die läuft unter dem Namen „luca“, l-u-c-a, wer das nachgucken möchte, ist vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik als datenschutzrechtlich anerkannt worden, als sicher anerkannt worden, und gerade mit der Überlegung, dass es den Gesundheitsämtern in Restaurants und den Nutzern von Gaststätten die Möglichkeit eröffnet, datenschutzrechtlich sicherer dann tatsächlich alles zu machen, zu handhaben, ohne dass tatsächlich hier die entsprechenden Punkte, so, wie sie auch aus der Kritik hier im Land aufgekommen sind, überhaupt noch eine Rolle spielen.
Ich finde das schön für diejenigen, die diese App nutzen können, für die Restaurants, sofern sie wieder aufmachen können, dass sie dann tatsächlich, selbst wenn die Corona-Krise gar noch nicht zu Ende sein sollte, aber dass sie ihren Gästen dann vielleicht etwas mehr Sicherheit geben können bei der Nachverfolgung von Daten. Ich finde das schön für die Gesundheitsämter, weil die da nicht mit dem Papierwust, mit dem sie heute konfrontiert werden, tatsächlich mehr konfrontiert sind. Und ich finde es auch schön aus datenschutzrechtlichen Überlegungen heraus, weil, wer hier einmal durch eine Gaststätte, durch ein Restaurant gegangen ist, dort was bestellt hat und dann irgendwo einen Zettel hingelegt bekommen hat oder eine Liste, wo schon zehn Leute draufgestanden
haben und jeder konnte sich dann die Adresse, den Namen, die Telefonnummer von jemandem angucken, da habe ich mich natürlich schon gefragt, ist das datenschutzrechtlich überhaupt in Ordnung. Das Problem hat man mit einer solchen App nicht mehr, und sie funktioniert.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, damit will ich es dann auch zum Ende bewenden lassen: Ich hätte mich gefreut, wenn man nicht gleich aus diesem Land gesagt hätte, das geht nicht, das funktioniert nicht, das haben wir noch nie so gemacht. Ich hätte mich gefreut, wenn tatsächlich dann gesagt worden wäre, ist eine Überlegung, kann man machen, vielleicht ist das etwas, was aus diesem Land heraus entwickelt werden kann. Nun ist das nur ein Beispiel, es wird sicherlich noch eine Vielzahl von anderen Möglichkeiten geben, was hier auch gegebenenfalls aus diesem Land von jungen Unternehmen entwickelt werden kann. Und ich glaube, es wäre ein gutes Signal, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn das dann aus diesem Landtag entsprechend unterstützt würde. Deswegen würde ich mich auch freuen, meine Damen und Herren, wenn Sie diesen Antrag mit unterstützen würden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal bin
ich ja doch irritiert, wenn ich hier Debatten zu Anträgen verfolge. Und ich komme gleich noch mal auf das, was Herr Lerche hier gesagt hat, weil das ist … Ja, gut, da sage ich gleich etwas dazu.
Aber, Frau Kollegin Kröger, wenn Sie Herrn Abgeordneten Wildt vorwerfen, ob er zu viel Rotwein getrunken hätte,
als er seinen Redebeitrag
geschrieben hat –
gefragt oder nicht festgestellt –, da müsste ich Sie jetzt fragen, in welchem Zustand des komatösen Alkoholmissbrauchs Sie Ihren Änderungsantrag geschrieben haben.
Also wenn Ihnen, wenn Ihnen,
sehr ge…
Herr Kollege Ritter, Herr Kollege Ritter, ich hoffe, Sie wissen, dass ich auch im Umgang mit Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE differenzieren kann.
Und Sie haben es ja auch vorhin festgestellt bei dem Antrag, den Frau Kollegin Schwenke hier eingebracht hat und über den wir debattiert haben. Aber deswegen nehme ich mir natürlich auch heraus, auf solche Bemerkungen entsprechend zu reagieren.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann will ich noch mal für alle diejenigen, die das vielleicht vorher nicht gelesen haben, auf die qualitative Hochleistung, die hier vonseiten der Fraktion der LINKEN zu diesem Ursprungsantrag eingebracht worden ist, hinweisen, nämlich die besteht darin, dass der Änderungsantrag wie folgt lautet: „Der Landtag möge beschließen: In Ziffer 2 wird Satz 2 gestrichen.“
Das ist, das ist die Aussage.
Jetzt komme ich noch mal – damit jeder weiß, worum es geht –, komme ich noch mal zu dem Satz 2 in Ziffer 2. Das
ist dieser ominöse Beispielsatz mit den mobiltelefonierten oder basistelefonierten Lösungen anstelle von Zettelwirtschaft. Das zu streichen, dieses Beispiel, ist die Herausforderung, die die Fraktion DIE LINKE an diesen Landtag gestellt hat!
Es wäre nun schön gewesen, Frau Kollegin Kröger, wenn Sie das wenigstens dann noch ansatzweise hier begründet hätten, warum dieser Satz genau gestrichen werden soll.
Das haben wir ja alle gewusst, warum der gestrichen werden sollte, weil, als dieser Änderungsantrag – das vermute ich jedenfalls mal – von Ihnen formuliert worden ist, da gab es ja noch die Berichterstattung vor dem Hintergrund der Aussagen des hiesigen Landesdatenschutzbeauftragten, dass das alles datenschutzrechtlich nicht ginge.
Das hat sich nun erledigt.
Es hat sich offensichtlich erledigt.
Was sich nicht erledigt hatte, war der Änderungsantrag, Frau Kollegin Kröger.
Und deswegen wäre es ja vielleicht schön gewesen, wenn Sie in irgendeiner Art und Weise da noch drauf eingegangen wären oder aber gesagt hätten, Änderungsantrag hat sich erledigt.
Dann kommen wir zum eigentlichen Kern des Geschehens. Worum geht es denn hier eigentlich? Geht es hier darum, ob jemand in einer Kneipe sitzt und einen QRCode einscannt oder nicht? Nein, das ist doch gar nicht das Entscheidende! Das Entscheidende bei der ganzen Geschichte ist – und da hat der Kollege Wildt recht –, wir leben in einer sich verändernden Welt,
und die Frage der Anwendung von digitalisierten Lösungen ist heute eine ganz andere als noch vor einem Jahr oder vor zwei Jahren oder vor zehn Jahren. Ich hoffe, dass wir darüber nicht zu diskutieren brauchen, außer vielleicht mit Herrn Lerche von der AfD.
Und wenn das so ist, dann kommen wir zum nächsten Punkt. Und das ist doch jetzt nicht einfach aus der Luft gegriffen, dass ich vorhin gesagt habe, na ja, gut, diese Lösung, die hier als Beispiel angedacht worden ist, kommt eben nicht aus Mecklenburg-Vorpommern, sondern aus Süddeutschland. Das hat doch Gründe. Das hängt doch nicht damit zusammen, dass die Leute in Süddeutschland intelligenter sind als die in MecklenburgVorpommern. Also ich hoffe, dass das keiner in diesem Raum glaubt. Der Hintergrund,
der Hintergrund …
Ja, das ist aber eine andere Geschichte, auch wenn Sie aus Baden-Württemberg sind, Herr Professor Weber, das ist jetzt kein guter Anhaltspunkt.
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das hat doch einen anderen Hintergrund. Der Hintergrund ist doch der, dass privates Kapital in Süddeutschland in einem viel größeren Maße vorhanden ist als hier bei uns im Land.
So, und wenn wir das mal einfach so zur Kenntnis nehmen, wenn wir das einfach mal so zur Kenntnis nehmen, dann müssen wir doch hier in diesem Land überlegen, wie man wenigstens ansatzweise das kompensieren kann.
Und eine der Überlegungen – Sie können die ja auch für schlecht halten, Frau Kollegin Kröger, wenn Sie sich denn wenigstens ernsthaft mit dem Antrag auseinandergesetzt hätten,
Sie können den ja sogar für schlecht halten, wenn Sie einen anderen Vorschlag unterbreiten, aber ein Lösungsansatz ist doch zum Beispiel, dass man aus den Haushaltsmitteln, die man hier im Nachtragshaushalt hat oder die überhaupt dieses Land zur Verfügung stellt,
dass man sagt, wir wollen junge Unternehmen in diesem Land unterstützen. Was ist daran verkehrt, dieses politische Ziel zu verfolgen? Ich dachte immer, auch Ihre Fraktion wollte eine wirtschaftliche Weiterentwicklung dieses Landes haben und nicht nur vielleicht in den nächsten 30 Jahren hier vom Tourismus leben müssen.
Und, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn das so ist, dann ist es halt auch eine Möglichkeit zu sagen, und es ist aus meiner Sicht eine sinnvolle Möglichkeit zu sagen, das geht nicht nach dem Gießkannenprinzip an alle, die sich irgendwie wo mal gemeldet haben, nach dem Motto, da habe ich eine tolle Idee und jetzt gründe ich ein Unternehmen und dann geht das schon ab, und da nehme ich die öffentliche Kohle aus den Steuermitteln, sondern dass man dann tatsächlich sagt, Leute, wenn ihr Geld haben wollt, dann bitte, legt ein Projekt vor.
Übrigens, meine Damen und Herren, das ist nichts, was der Staat erfunden hat. Wenn Sie irgendwo hingehen, zu einer Bank, und dort hingehen und sagen, gehen wir zur Investmentabteilung, also nicht zur Sparkassenabteilung oder zur Kreditabteilung, sondern tatsächlich in den Bereich, wo es um das Investment geht, auch in Unternehmen, auch in Start-ups, dann werden die Ihnen sagen, ja, ihr könnt gerne kommen, aber ihr müsst mal ein Projekt vorlegen, ein Projekt, wo wir beurteilen können, hat das überhaupt eine Chance. Und dann sagen die ganz offen – ich habe mich ja mit den Leuten auch mal unterhalten –, die sagen ganz offen, wenn wir investieren, dann machen wir es einfach so, wir gehen davon aus, bei zehn Projekten, da bleiben nachher drei übrig, die tatsächlich Geld mitbringen, Geld auch für diejenigen, die da investieren. Und diese drei Projekte, die finanzieren alle Kosten im Endeffekt bei allen anderen sieben, die vor die Wand gefahren werden. Aber diese drei Projekte oder diese zehn Projekte werden wenigstens so weit beurteilt, dass sie sagen können, da besteht eine Aussicht auf Erfolg. Ob die sich realisiert, ist eine ganz andere Frage, aber es besteht eine Aussicht auf Erfolg.
Und ich meine, so verantwortungsvoll sollte man doch bitte auch mit Steuermitteln umgehen, dass hier sich ein Projekt angeguckt wird und gesagt wird, besteht da überhaupt eine Aussicht auf Erfolg. Dass sich möglicherweise derjenige, der das beurteilt, irren kann, das will ich ja gar nicht bestreiten. Auch diejenigen, die bei Banken für so was zuständig sind, die bei Investmentgesellschaften für so was zuständig sind, die haben sich schon geirrt. Ich verweise nur auf diejenigen, die zum Beispiel mal irgendwann gesagt haben, Facebook ist keine Erfolgsgeschichte, wen interessiert denn so was. Heute ist Facebook so groß, auch vom Umsatz her, dass gerade aktuell gesagt wird, dass die US-amerikanische Regierung und, ich glaube, 47 von 50 Bundesstaaten überlegen, ob die marktbeherrschend sind und zerschlagen werden müssen. Diese Entwicklung hat ein Unternehmen durchgeführt, das vor ein paar Jahr… – Jahren hätte ich beinahe gesagt –, Jahrzehnten noch als Start-up aus der Wäschetrommel kam.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das sind alles Dinge, über die wir hier in einer Art und Weise diskutieren, nach dem Motto, haben Sie zu viel Rotwein getrunken. Und das sage ich Ihnen, Frau Kröger, das ist das, was ich Ihnen übel nehme. Diese Einstellung, diese Einstellung, an dieses Thema heranzugehen, führt dazu, dass in Zukunft auch diese Ideen nicht in diesem Land entwickelt werden, sondern eben in Baden-Württemberg und Bayern, weil die anders darüber diskutieren. Und Sie können, in der Sache können Sie politisch andere Auffassungen haben als ich, das ist völlig unbenommen, aber man sollte doch tatsächlich erkennen können, dass man bestimmte Chancen auch nutzen muss und sie erkennen muss, wenn sie sich bieten. Und wenn Sie dann in der Sache sagen können, nein, das halte ich nicht für sinnvoll, dann begründen Sie das vernünftig und tun Sie das nicht so ab, indem Sie hier über den Kollegen Wildt herziehen und seine Rede lächerlich machen. Das hat Herr Kollege Wildt genauso wenig verdient, wie das Abgeordnete Ihrer Fraktion verdient haben.
Und, meine Damen und Herren, um es noch mal deutlich zu machen, es geht hier nicht um Kneipen, es geht auch
nicht um QR-Codes bei der Benutzung von Kneipen, es geht um eine ganz einfache Frage: Wollen wir Mittel bereitstellen? Wollen wir dieses Land voranbringen, dadurch, dass wir öffentliche Mittel verwenden, wenn ein Start-up kommt und sagt, wir haben eine gute Idee im Bereich der Digitalisierung und die wollen wir bitte schön auch mit Mitteln aus dem Land finanziert haben? Und wer das will, der stimmt für diesen Antrag, und wer es nicht will, der lässt es bleiben. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es wäre sinnvoll gewesen, wenn die Fraktion der AfD der Überlegung ihres Parlamentarischen Geschäftsführers tatsächlich gefolgt wäre und diesen Antrag von der heutigen Tagesordnung zurückgezogen hätte.
Ich will hier gar nicht über die Frage von Parteiveranstaltungen in Gaststätten zum jetzigen Zeitpunkt diskutieren. Ich glaube, das scheitert schon an den Gaststätten und nicht so sehr an der Frage, ob Parteien Veranstaltungen durchführen können grundsätzlich. Aber ich will tatsächlich mal auf den Antragstext eingehen, im Vergleich dazu auch die aktuell geltende Rechtsverordnung des Landes hier zitieren.
Es heißt im Antrag: „Die Landesregierung wird aufgefordert, die in vorherigen Corona-Verordnungen enthaltene Ausnahme“ – und jetzt kommt das eigentlich Entscheidende –, „dass Vereine, Verbände und Parteien mit Genehmigung der zuständigen Gesundheitsbehörde Versammlungen abhalten können, die gesetzlich oder satzungsmäßig erforderlich sind“, Rest schenke ich mir jetzt, „wieder … aufzunehmen.“
Jetzt heißt es – nur zum Vergleich – in der aktuellen Corona-Verordnung dieses Landes, in Kraft getreten oder Gültigkeit ab dem 01.12.: „Abweichend von § 8 Absatz 1 dürfen unaufschiebbare gesetzlich oder satzungsmäßig erforderliche Veranstaltungen oder Ver
sammlungen von Vereinen, Verbänden und Parteien stattfinden.“ Was haben wir da? Wir haben eine Regelung, dass Versammlungen von Vereinen, Verbänden und Parteien, die satzungsgemäß erforderlich sind, stattfinden dürfen.
Nein, Herr Professor Weber, das ist nicht richtig, was Sie sagen! Es ist nicht richtig. Wir haben etwas, was nicht kumulativ gilt, sondern etwas, was alternativ gilt. Wir haben eine Regelung, und das ist das Entscheidende bei der Sache, die einmal entweder unaufschiebbar gesetzlich ist oder satzungsmäßig erforderlich. Und das ist der entscheidende Punkt. Das heißt also, Sie haben das, was Sie haben wollen, haben Sie in dieser Verordnung drinstehen.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ist diese Veranstaltung, ich verkürze das jetzt einfach mal, gesetzlich unaufschiebbar, wenn ich das jetzt richtig zitiert habe, unaufschiebbar gesetzlich bedingt. Das kann zum Beispiel sein, ich nehme einen Verein, da ist der gesamte Vorstand weg. Und da der Vorstand handlungsfähig bleiben muss, sind sie gesetzlich gezwungen, innerhalb einer bestimmten Frist einen neuen Vorstand zu wählen. Das ist gesetzlich erforderlich. Da führt kein Weg dran vorbei.
Oder aber die zweite Alternative: Sie haben Ihren Verein, und da steht dann drin, zwingend erforderlich alle zwei Jahre Neuwahl eines Vorstandes. Das ist satzungsgemäß erforderlich. Und unter diesen Voraussetzungen können Sie die entsprechenden Veranstaltungen machen, unter der zusätzlichen Prämisse.