Protocol of the Session on June 29, 2018

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist schon 9.01 Uhr. Ich begrüße Sie zur 42. Sitzung des Landtages. Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen. Ich hoffe, Sie hatten gestern Abend einen schönen Abend, nicht zu heftig, dass wir heute den Tag noch gut über die Runden kriegen. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und auch beschlussfähig ist. Die Sitzung ist damit eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 34: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Gemeinsame wassertouristische Potenziale nutzen! Weiterentwicklung und Kooperation der gemeinsamen Tourismusdestination Brandenburg, Mecklenburg-Vorpom- mern und Berlin, auf Drucksache 7/2257. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/2308 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Gemeinsame wassertouristische Potenziale nutzen! Weiterentwicklung und Kooperation der gemeinsamen Tourismusdestination Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin – Drucksache 7/2257 –

Änderungsantrag der Fraktion der AfD – Drucksache 7/2308 –

Das Wort zur Begründung des Antrages hat für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Wippermann.

Guten Morgen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Thomas Krüger, SPD: Guten Morgen, Frau Wippermann!)

Wir, die Koalitionsfraktionen der SPD und CDU, möchten heute wiederholt mit unserem Antrag den Fokus auf einen wichtigen touristischen Teilbereich lenken.

Wer an Urlaub in M-V denkt, hat neben Erholung in unberührter Natur vor allem eines im Kopf, Freizeit im und am Wasser zu verbringen. Nicht nur die Küstenabschnitte der Ostsee locken jährlich Tausende von Besucherinnen und Besuchern in unser Bundesland, auch die Flüsse und Seen im Binnenland üben einen nicht zu unterschätzenden Reiz auf Touristen aus dem In- und Ausland aus. Der Nordosten der Republik verfügt über eine einzigartige Fluss- und Seenlandschaft, die die Grundlage für einen prosperierenden Wassertourismus darstellt, der für Mecklenburg-Vorpommern, aber auch für Brandenburg und Berlin ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.

In einem Arbeitsgespräch, das der SPD-Arbeitskreis Wirtschaft vor circa einem Jahr mit meiner geschätzten Sprecherkollegin Barbara Hackenschmidt führte – Frau Hackenschmidt ist Mitglied der SPD-Fraktion in Brandenburg –,

(Thomas Krüger, SPD: Ach so! – Peter Ritter, DIE LINKE: Ach so, ja!)

wurde deutlich, wo uns der Schuh drückt, nämlich an genau denselben Stellen, sei es die Befahrbarkeit der Nebenwasserstraßen des Bundes, der schlechte Zustand der Schleusen, die immer noch mangelnde Zusammenarbeit der Tourismusdestinationen diesseits und jenseits der Landesgrenzen und so weiter. Uns wurde deutlich, dass die Risiken, aber auch die Chancen, die unsere Bundesländer im Bereich des Wassertourismus erwarten, eines gemeinsamen Handelns aller Betroffenen bedürfen. Auch die besondere Rolle Berlins wurde bei diesem Termin herausgearbeitet, stellen die Berliner doch heute und auch in Zukunft eine interessante Zielgruppe für Urlaub in und am Wasser dar.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Gemeinsam mit der Bundeshauptstadt Berlin, die, wie Sie wissen, ebenfalls über ein dichtes Netz von Wasserstraßen verfügt, muss daher umgehend die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet gefestigt und erweitert werden, um bereits erfolgreiche Initiativen zu stärken, nicht genutzte Potenziale zu nutzen, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und die daraus resultierenden Gefahren auch zügig abzuwenden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wie wollen wir dies erreichen? Mit mehreren Anträgen hat der Landtag in der letzten wie auch in der jetzigen Legislaturperiode die Landesregierung aufgefordert, durch unterschiedliche Initiativen, zumeist an die Bundesregierung gerichtet, den Wassertourismus in M-V zu stärken. So beinhaltete der Antrag 6/5526 neben dem Bekenntnis der Landesregierung zu den mecklenburgischen Wasserstraßen – warum eigentlich nicht auch zu den vorpommerschen, muss man hier nebenbei mal fragen –

(Beifall Dr. Wolfgang Weiß, DIE LINKE)

auch die Aufforderung, sich beim Bund für weitere, vor allem touristische Schiffbarkeit von Wasserstraßen einzusetzen. Weitere Punkte an den Adressaten Bund waren unter anderem die Themen „Schleusungsmöglichkeiten“, „Vernetzung von Tourismusverbänden“ und „Förderung der Zusammenarbeit mit den Ländern Berlin und Brandenburg“.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, vor fast genau zwei Jahren hatten wir schon einmal einen ähnlichen Antrag auf der Tagesordnung dieses Landtages, und ich bin mir sicher, dass der Herr Wirtschaftsminister Glawe in seiner Rede auch ausführen wird, wie die Landesregierung den Auftrag des Parlaments von damals umgesetzt hat. Also was ist nun neu und somit die Motivation unseres neuen Antrages?

In dem Gespräch mit meiner Sprecherkollegin damals wurde klar, dass Brandenburg und Mecklenburg-Vorpom- mern zwar über das größte zusammenhängende Wassersportrevier verfügen, aber Landesgrenzen immer noch trennender sein können als Flüsse, um gemeinsame Interessen durchzusetzen. Um Ufer, die durch Flüsse getrennt werden, zu vereinen, baut man Brücken.

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

Unsere Brücke soll dieser Antrag werden, den wir zusammen mit den Brandenburger Kollegen erarbeitet haben. Dieser ähnlich lautende Antrag wurde bereits vom Brandenburger Parlament – Antragsteller waren die Frak

tionen der SPD, CDU und DIE LINKE – am 31.05.2018 beschlossen.

(Nikolaus Kramer, AfD: Schön abgeschrieben.)

Berlin befindet sich derzeit noch in der interfraktionellen Abstimmung. Können wir diesen Antrag heute hier beschließen, soll dies als positives Signal auch für Berlin gelten, sich uns und dem Brandenburger Landtag rasch nach der Sommerpause anzuschließen. So können und wollen wir geschlossen unsere Interessen gegenüber dem Bund durchsetzen. Das ist also das Novum. Wir, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin, müssen mit einer Stimme sprechen, um den Forderungen, die vor allem an die Bundesregierung gerichtet sind, mehr Gewicht zu verleihen und die schon auf den Weg gebrachten Initiativen nachhaltig zu unterstützen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Lassen Sie uns also diesen Antrag auf den Weg bringen! Ich freue mich nunmehr auf die Rede des Ministers und die anschließende Aussprache. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 210 Minuten vorzusehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: He!)

Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Für die Landesregierung hat zunächst ums Wort gebeten der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. Herr Glawe, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! MecklenburgVorpommern, Brandenburg und Berlin verfügen über das größte vernetzte Wassersportrevier in Deutschland. Mit 5.000 Seen, Flüssen und Kanälen, die miteinander verbunden sind, werden wertvolle Teile der europäischen Kulturlandschaft verbunden.

Meine Damen und Herren, die ITB in Berlin hat gezeigt, dass in besonderer Weise die Zusammenarbeit zwischen Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg ganz wichtig ist, da Brandenburger und Berliner oft gerade auch Flüsse und Seen besonders lieben und dafür sorgen, dass viele Kontakte einerseits zur Erholung, andererseits auch zur Belebung von Wasserstraßen beitragen. Von daher ist es sehr wichtig, dass wir gemeinsam wassertouristische Potenziale nutzen, das Revier weiterentwickeln und als gemeinsame Tourismusdestination verstärkt miteinander kommunizieren, um am Ende auch den Bund dazu zu bewegen, seiner Verantwortung nachzukommen. Aufgrund ihrer zentralen Lage im europäischen Wasserstraßennetz nehmen sie eine besondere Stellung und Funktion aus allen Richtungen ein. Durch Nordsee, westliche Ostsee, Elbe, Mittellandkanal und Oder bestehen direkte Verbindungen an das Gewässersystem auch in Richtung Mecklenburg-Vorpommern. Dafür sind eine enge Kooperation der Länder und natürlich die Unterstützung notwendig. Die verbundenen Was

serwege können durch gemeinsame Ziele für die Bundesländer Wertschöpfungsketten erschließen.

In Mecklenburg-Vorpommern ist der Wassertourismus eine Wachstumsbranche mit überdurchschnittlich gestiegenen Bruttoumsätzen. In den vergangenen Jahren – ich nehme mal die letzten zehn Jahre – haben sich die Bruttoumsätze in diesem Bereich verdreifacht. Im Jahre 1999 waren es 157 Millionen Euro, im Jahre 2009 fast 500 Millionen Euro. Das heißt, dass es insgesamt 1.400 Anbieter mit 7.000 Beschäftigten in diesem Bereich gibt. Der Anteil des Wassertourismus am touristischen Angebot insgesamt liegt bei etwa zehn Prozent. Für die Weiterentwicklung von ländlichen Räumen ist der Wassertourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Laut Landeswassertourismuskonzept Seen- und Flusslandschaft M-V 2014 belaufen sich die wirtschaftlichen Effekte dort auf einen Umsatz von 199 Millionen Euro pro Jahr und die Einkommenseffekte betragen fast 100 Millionen, das heißt, davon werden rund 3.000 Vollzeitarbeitskräfte bezahlt.

In gewässerreichen Regionen können Umsätze aus den Bereichen Bootstourismus, Motorbootfahren, Segeln, Kanufahren, Hausbootfahren mit Charterbooten, Surfen, Wasserski, Tauchen und Angeln genauso erzielt werden wie aus verschiedenen Bereichen der Schifffahrt. Dazu zählen die Bereiche der Fahrgast- und Traditionsschifffahrt sowie Flusskreuzfahrten entlang der Wasserstraßen. Es gibt im Land derzeit 350 Wasserwanderrastplätze, Marinas und Sportboothäfen mit 14.000 Liegeplätzen an den Küsten und 7.700 Liegeplätzen im Bundesland.

Dauerhafter Erfolg beruht auf Investitionen an den richtigen Standorten, zum Beispiel zur Erstellung eines Sportboothafennetzes. Das betrifft sowohl gewerbliche Investitionen in touristische Einrichtungen und im Wassertourismus, Marina-Sportboothäfen et cetera, aber auch Investitionen in die touristische Infrastruktur. Wenn Sie durch das Land reisen, sehen Sie am Wasser neben einer einzigartigen Naturausstattung Seebrücken, Schiffsanleger, Wasserwanderrastplätze, Anlegestellen, Strandpromenaden, Badestellen, Rettungstürme und barrierefreie Strandabgänge, die genutzt und natürlich auch gesucht werden.

Die Förderung ist ein wichtiges Element der Arbeit seit 1990 aller Landesregierungen in Mecklenburg-Vorpom- mern. Im Bereich Infrastruktur wurden 368 wassertouristische Infrastrukturmaßnahmen gefördert. Insgesamt wurden dadurch Investitionen in Höhe von fast 600 Millionen Euro ausgelöst. Die Förderung betrug immerhin 420 Millionen. Im Bereich Gewerbe mit 175 Sportboothäfen und Marinas wurden 400 Millionen Euro investiert und die Förderung lag bei 145 Millionen durch das Land Mecklenburg-Vorpommern.

Zusammenfassend möchte ich die Bedeutung damit unterstreichen, dass allein das Wirtschaftsministerium über eine halbe Milliarde Euro in diesen Bereich des maritimen Tourismus gesteckt und damit Unternehmen gefördert hat. Ich sehe jedoch derzeit mit Sorge, was für Entwicklungen und Bestrebungen auf Bundesebene im Bereich der Bundeswasserstraßen infolge der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie durch das neue Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ erfolgen. Durch die Kategorisierung der Wasserstraßen und Einstufung der Bundesstraßen mit Tourismusverkehren als sonstige Wasserstraßen möchte sich der Bund immer mehr aus der Verantwortung für den Erhalt und

die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen ziehen. Mit dem Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ möchte das Bundesverkehrs- und Bundesumweltministerium viele Fließgewässer renaturieren und damit die ökologische Qualität im Hochwasserschutz stärken. Das könnte unter Umständen eine Einschränkung der wassertouristischen Nutzung in diesen Gebieten bis hin zum Entzug von Wassertourismusrevieren bedeuten.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das kam aus Bayern.)

Das können wir nicht hinnehmen. Daher plädiere ich dafür, dass wir uns gemeinsam länderübergreifend beim Bund dafür einsetzen, dass die sogenannten Nebenwasserstraßen des Bundes durchgängig für Motorboote schiffbar bleiben und seitens des Bundes wieder unterstützt werden. Dabei sind vom Bund die Schleusen in ihrer Substanz zu erhalten.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gab auf Anfrage aus dem parlamentarischen Raum die Auskunft, dass es die meisten Schleusen als sanierungsbedürftig einstuft. Zwar wurde zwischenzeitlich immer wieder modernisiert, an vielen nagt aber der Zahn der Zeit und es wird auf Verschleiß gefahren, sodass sich viele Schleusen in einem baukritischen Zustand darstellen. Es wird eingeschätzt, dass 85 Prozent dieser in den nächsten zehn Jahren unbedingt saniert werden müssen. Daher ist ein Aufschub in die Zukunft nicht mehr hinzunehmen. Sanieren allein reicht aber nicht, wir benötigen ein Sofortinvestitionsprogramm des Bundesverkehrsministeriums für den Erhalt der Substanz der Schleusen. Hier ist ein klarer Zeitplan erforderlich.

Als Grundlage für Erhaltungsinvestitionen in den Wassernebenstraßen soll der Bund ein Konzept erstellen, damit die Belange der betroffenen Bundesländer und Regionen bei der Entwicklung und Umsetzung des Konzeptes berücksichtigt werden können. Dafür sollten sich die drei Bundesländer gemeinsam – das ist wichtig – beim Bund einsetzen. Dazu ist es auch wichtig, dass sich ebenfalls alle relevanten Akteure über die Landesgrenzen hinweg vernetzen und austauschen. In Kooperation mit den relevanten Akteuren des Tourismusbereiches ist die Darstellung der verfügbaren Angebote auf geeigneten digitalen Plattformen zu fördern.

Zusammengefasst kann man sagen, wir brauchen eine durchgängige Barrierefreiheit des Gewässersystems in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin. Dafür sind auch Instandsetzungen und der Betrieb entsprechender Schleusen notwendig. Der Erhalt der durchgängigen Schiffbarkeit macht ein Soforthilfeprogramm erforderlich. Um die Erfolgsgeschichte der Branche fortzusetzen, sind abgestimmte Prozesse und eine Kooperation mit den Nachbarländern Brandenburg und Berlin sachdienlich.

Zwischen Branchenvertretern und der Landesregierung funktioniert es. Auch die Länderebene mit Brandenburg und Berlin funktioniert. Das zeigt, dass die Vermarktung als gemeinsame Tourismusdestination mit der wassertouristischen Publikation „Dein Sommer, unser Element“ der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern insgesamt auf gutem Weg ist. Jetzt müssen wir eine bessere Zusammenarbeit mit dem Bund erreichen und wir werden demnächst Gespräche im Bundesverkehrsministerium zu diesem Thema auch als Land Mecklen

burg-Vorpommern führen. Von daher will ich jetzt meine Ausführungen erst mal beenden. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Lerche. Und bis Herr Lerche hier vorn am Pult Platz genommen hat, begrüße ich …

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD und Dirk Lerche, AfD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)