Ich begrüße Sie zur 11. Sitzung des Landtages und stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort.
Bevor wir jedoch in die Tagesordnung eintreten, möchte ich natürlich auch unserem Kollegen Vincent Kokert ganz herzlich zu seinem heutigen Geburtstag gratulieren.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Fragestunde. Die Fragen der Landesregierung liegen Ihnen auf Drucksache 7/455 vor.
Ich rufe auf den Geschäftsbereich der Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung und bitte die Abgeordnete Frau Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE, die Fragen 1 und 2 zu stellen.
In der Landtagssitzung am 8. Dezember 2016 wurde der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU „Schulsozialarbeit in gemeinsamer Verantwortung von Land und Kommunen fortführen“, Drucksache 7/85, beschlossen.
1. Wann und mit welchen Ergebnissen wurde die in Ziffer 3 des Antrages geforderte Prüfung, ob und für welchen Zeitraum ungebundene Mittel aus dem Einzelplan 10, Kapitel 1027, Titel 633.08 für die Förderung der Schulsozialarbeit ab 2017 genutzt werden können, abgeschlossen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Guten Morgen, Frau Abgeordnete Bernhardt! Am 8. Dezember 2016, Sie haben es gerade gesagt, hat der Landtag beschlossen, die Schulsozialarbeit in gemeinsamer Verantwortung von Land und Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern fortzuführen. Nach wie vor ist die Schulsozialarbeit ein Handlungsfeld der Jugendsozialarbeit und somit kommunale Pflichtaufgabe der Jugendhilfe. Dank des Engagements verschiedener gesellschaftlicher Ebenen, die sich auch in gemeinsamer Verantwortung für die langfristige Ausgestaltung der Schulsozialarbeit einsetzen, hat sie sich in den vergangenen Jahren als unverzichtbarer Mittler zwischen der Schule und der Jugendhilfe entwickelt.
Vor dem Hintergrund der veränderten Anforderungen an Schule und den vielfältigen Problemlagen der jungen Menschen wächst die Bedeutung der Schulsozialarbeit auch noch. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat sich die
Landesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung dazu bekannt, die Kommunen bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die Schulsozialarbeit langfristig anteilig zu unterstützen. Damit ist die Finanzierung der derzeit aus dem ESF anteilig geförderten Schulsozialarbeit bis 2020 und darüber hinaus gesichert.
Zusätzlich stellt das Land ab 2017 entsprechend dem Landtagsbeschluss Mittel zur Verfügung, um so den Kommunen die Finanzierung der bereits 2016 aus unverbrauchten BuT-Mitteln geförderten Stellen in der Schulsozialarbeit langfristig zu erleichtern. Im Landtagsbeschluss wird die Landesregierung aufgefordert, bis zum 30. Juni 2017 dem Ausschuss für Soziales, Integration und Gleichstellung über die Umsetzung des Landtagsbeschlusses zu berichten. Dieser Bericht wird sich damit auf die Umsetzung der Ziffer 3 des Landtagsbeschlusses auch beziehen.
Ich kann Ihnen bereits jetzt mitteilen, dass aufgrund der Zweckbestimmung des Titels 1027, 633.08 eine Finanzierung der Schulsozialarbeit über diesen Titel nicht möglich ist. Im Haushalt 2016/2017 konnte aber ein Titel im Einzelplan 06 im Kapitel 0608 der Maßnahmegruppe 30, das ist der Titel 683.30, identifiziert werden, über den eine Finanzierung möglich ist. Für den Haushalt 2018/2019 ist beabsichtigt, einen neuen Titel mit einer entsprechenden Zweckbindung dann vorzusehen.
2. Wie viele ungebundene Mittel stehen im aktuellen Haushaltsjahr im Sinne des Beschlusses zur Verfügung und werden in welcher Höhe anteilig auf die Landkreise und kreisfreien Städte für die Aufrechterhaltung der Stellen in der Schulsozialarbeit verteilt?
Für die Förderung der Schulsozialarbeit stellt das Land den Landkreisen und kreisfreien Städten in diesem Haushaltsjahr zusätzlich 1,8 Millionen Euro zur Verfügung, um so den Kommunen die Finanzierung der bereits 2016 aus unverbrauchten BuT-Mitteln geförderten Stellen in der Schulsozialarbeit langfristig zu erleichtern. Gemäß der Vorgabe des Landtagsbeschlusses erfolgt die Mittelverteilung in bereits bewährter Weise anhand des Anteils der in dem Landkreis oder der jeweiligen kreisfreien Stadt lebenden 10- bis 26jährigen Einwohnerinnen und Einwohner. Nicht zuletzt den vielfach artikulierten Wunsch der Kommunen aufgreifend erfolgt die Umsetzung dieser Förderung dann nach dem bereits in den Landkreisen und kreisfreien Städten bekannten Förderkonditionen auf der Grundlage der Richtlinie zur Förderung der Schulsozialarbeit, also nichts Neues, sondern das, was dort schon bekannt ist an Förderung.
In der Sitzung des Sozialausschusses am 29. März 2017 wurde durch die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern mitgeteilt, dass für dieses Jahr noch keine Förderbescheide an die Beratungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz ausgereicht wurden und dass dem Antragsverfahren nach Paragraf 6 der Verordnung zum Verfahren und zur Bemessung der Förderung von Beratungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz ein Interessenbekundungsverfahren vorangestellt wurde.
3. Aus welchen Gründen wurden die Förderbescheide noch nicht erteilt und zu wann ist mit der Ausstellung der Förderbescheide zu rechnen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Abgeordneter Koplin! Da die veranschlagten Haushaltsmittel das Antragsvolumen überstiegen, musste ein Verstärkungsmittelantrag beim Finanzministerium gestellt werden, der am 2. März 2017 genehmigt worden ist. Derzeit läuft das Bewilligungsverfahren und 31 Fördermittelbescheide von insgesamt 42 zu erlassenden wurden bereits versandt.
Wenngleich also jetzt ein Großteil der Fördermittelbescheide versandt wurde, gibt es generell das Problem in den Beratungsstellen oder zu fördernden Stellen, dass sehr spät die Förderbescheide im Jahr ausgereicht werden, generell. Können Sie sich und uns das erklären, woran das wohl liegt?
Ja, hier in diesem speziellen Fall wie gesagt an dem Umstand, dass das Volumen überschritten wurde und wir dort dann zwischen den beiden Häusern noch eine Abstimmung brauchen. Ansonsten würde ich dies gern mitnehmen.
4. Mit welcher Begründung und auf welcher rechtlichen Grundlage wurde das Interessenbekundungsverfahren durchgeführt und ist diese Vorgehensweise auch in Zukunft bei einer etwaigen Neustrukturierung der Beratungslandschaft vorgesehen?
Herr Koplin, jetzt müssen wir ein bisschen in die Gerichtsurteile einsteigen. Zur Frage der öffentlichen Förderung der Beratungsstellen im Sinne des Paragrafen 3 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes und der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nach den Paragrafen 8 und 9 in diesem Gesetz hat das Bundesverwaltungsgericht 2003 und 2004 zwei grundlegende Entscheidungen getroffen.
Mit dem Urteil vom 3. Juli 2003, das ist das Bundesverwaltungsgerichtsaktenzeichen 3 C 26 aus 02, wurde entschieden, dass anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, die zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots wohnortnaher pluraler Beratungsstellen erforderlich sind, einen Anspruch auf eine Förderung von mindestens 80 Prozent ihrer notwendigen Personal- und Sachkosten haben. Dieser Anspruch erfolgt direkt aus dem Gesetz.
Mit dem Urteil vom 15. Juli 2014, das ist Bundesverwaltungsgerichtsaktenzeichen 3 C 48 aus 03, hat das Bundesverwaltungsgericht darüber hinaus festgestellt, dass
nach Paragraf 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz erbringen, ohne sich an der Konfliktberatung zu beteiligen und den Beratungsschein dann auszustellen, Anspruch auf öffentliche Förderung nach Paragraf 4 Absatz 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes haben,
forderlichkeit nur gerechtfertigt ist, wenn der Landesgesetzgeber die Kriterien für die Auswahl unter den Beratungsstellen festgelegt hat, wenn das in den Beratungsstellen nach Paragrafen 3 und 8 tätige Personal über den Versorgungsschlüssel des Paragrafen 4 Absatz 1 Satz 1 hinausgeht.
Das in Mecklenburg-Vorpommern im Paragrafen 1 der Verordnung zum Verfahren und zur Bemessung der Förderung von Beratungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz – das ist die Schwangerschaftskonflikt-Förderverordnung – festgelegte Interessenbekundungsverfahren fußt auf dieser Nummer 3 des Urteils vom 25. Juli. Um die darin vorgeschriebene „Auswahl“ von Beratungsstellen umzusetzen, ist zunächst das Interesse unter den potenziellen Trägern von Beratungsstellen einschließlich der Antragslage in Bezug auf den Mindestversorgungsschlüssel zu ermitteln. Diese Vorgehensweise ist auch künftig innerhalb der Schwangerschaftsberatung im Rahmen dieser Förderverordnung umzusetzen.
Hinsichtlich einer etwaigen Neustrukturierung der Beratungsstrukturen in den Beratungsbereichen der allgemeinen sozialen Beratung, Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung, Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Sucht- und Drogenberatung, Migrationsberatung, Beratung von Menschen mit Behinderung und Beratung für sexuelle Gesundheit und Aufklärung, die Teil des Modellprojekts zur Beratungslandschaft im Landkreis Vorpommern-Greifswald sind, entscheidet der Landkreis als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe beziehungsweise Sozialhilfe, ob und inwieweit ein solches Interessenbekundungsverfahren auch dort durchgeführt wird.