Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 67. Sitzung des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet.
Die vorläufige Tagesordnung der 67., 68. und 69. Sitzung liegt Ihnen vor. Die Beratung des Tagesordnungspunktes 20 entfällt, da der Antragsteller zwischenzeitlich die Aufsetzung der Aussprache gemäß Paragraf 43 Nummer 2 unserer Geschäftsordnung zurückgezogen hat. Weiterhin entfallen die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 36 bis 61, da die Antragsteller zwischenzeitlich die Aufsetzung der Antworten auf die Kleinen Anfragen zurückgezogen haben.
Die Fraktion DIE LINKE hat die Aufsetzung der Aussprache gemäß Paragraf 43 Nummer 2 unserer Geschäftsordnung „Serie von Polizeiskandalen – rückhaltlos aufklären, Vertrauen wiederherstellen, Konsequenzen ziehen“ beantragt. Im Ältestenrat bestand Einvernehmen, die Aufsetzung dieser Aussprache auf die Tagesordnung nach dem Tagesordnungspunkt 34 am Freitag zu setzen.
Wird der so geänderten vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 67., 68. und 69. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Ihnen liegt ein Dringlichkeitsantrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3767 zum Thema „Kinderklinik Parchim erhalten“ vor. Wir werden diese Vorlage, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach angemessener Zeit für eine Verständigung innerhalb und zwischen den Fraktionen nach dem Tagesordnungspunkt 3 aufrufen. Ich werde das Wort zur Begründung der Dringlichkeit erteilen sowie die Abstimmung über dessen Aufsetzung durchführen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.
Ich möchte gerne unserem Kollegen Peter Ritter ganz herzlich nachträglich zu seinem runden Geburtstag gratulieren. Herzlichen Glückwunsch!
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE, Freie Wähler/BMV und auf der Regierungsbank)
Weiterhin möchte ich unseren Kollegen Dirk Stamer, Henning Foerster und unserer Kollegin Eva-Maria Kröger ebenfalls ganz herzlich nachträglich zum Geburtstag gratulieren.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE, Freie Wähler/BMV und auf der Regierungsbank)
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion DIE LINKE hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Land zum Leben braucht Zukunft – Klimaschutz stärken“ beantragt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist so wunderschön bei uns. Wir haben eine reichhaltige Natur, kluge und engagierte Menschen, wir leben, wo andere Urlaub machen. Mecklenburg-Vorpommern ist ein Land zum Leben. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten viel getan, um unsere Natur und Umwelt zu bewahren, denn uns war schon lange klar, dass wir Natur und Umwelt nur geborgt haben von unseren Kindern und Enkeln. Aber reicht das? Tun wir genug, um auch nachfolgenden Generationen ein gutes Leben in einer intakten Natur mit gesunder Luft und sauberem Wasser zu ermöglichen? Meine Antwort heißt: Nein, das tun wir nicht.
Die heutige junge Generation lässt sich nicht blenden von gelben Rapsfeldern, den Wäldern, der Ostsee und den vielen Seen im Land. Sie sieht diese Schönheit bedroht. Sie rufen uns zu: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“
Das schönste Bundesland Deutschlands, das Land zum Leben, heute und in Zukunft. Die Jungen haben es satt, immer nur vertröstet zu werden, zu hören, dass alles zu teuer ist. Sie wollen Resultate sehen und sie formulieren ihre Forderungen klar und deutlich.
Übrigens sind das nicht alles neue Forderungen. Seit Jahren fordern Jugendliche in den verschiedensten Formaten in der Zusammenarbeit mit dem Landtag immer und immer wieder besseren und umweltfreundlicheren öffentlichen Verkehr, kostenfreie Freizeittickets für Bus und Bahn, bessere Radwege, nachhaltigere Landwirtschaft, mehr regionale Produkte, Schutz der Gewässer. Neu hinzugekommen ist eigentlich nur ihre Forderung nach schneller Umsetzung der Energiewende und nach Ausstieg aus der Kohleverbrennung. Vor allem wollen sie gehört und ernstgenommen werden. Damit dies geschieht, reichen „Jugend im Landtag“, „Jugend fragt nach“ und anderes nicht aus. Da braucht es eine machtvolle Bewegung in Deutschland und der ganzen Welt. Diskreditierungsversuche und Häme prallen an den jungen Leuten ab.
Uns selbst für die Leugner des menschengemachten Klimawandels sahen die Wahlergebnisse nicht so rosig
aus, sodass Ihre Jugendorganisation nicht mehr ganz so zufrieden ist mit Ihrer Politik in Sachen Klimaschutz.
Und ja, auch wir haben unser Fett wegbekommen. Es reicht eben auch für uns nicht, wenn sich einige sehr engagiert für Klimaschutz einsetzen. Klimaschutz muss ganz oben auf die Agenda der Politik, angefangen bei den Meinungsmachern auch in unserer Partei und Fraktion. Die nächsten fünf bis zehn Jahre werden darüber entscheiden, wie sich unser Planet und damit auch unser Bundesland weiterentwickeln werden,
Meine Damen und Herren, die jungen Leute von „Fridays for Future“ haben hier in Mecklenburg-Vorpommern ihre Forderungen in einer Landespressekonferenz vorgelegt – an einem schulfreien Freitag wohlgemerkt. Es wurden der Landespolitik neun konkrete Forderungen ins Stammbuch geschrieben. Wie zu lesen war, haben sich die Jugendlichen bei Frau Schwesig und Herrn Backhaus erfolgreich für die Gründung eines Klima- und Nachhaltigkeitsrates eingesetzt – ein Gremium, das den Jugendlichen ermöglichen soll, sich einzubringen. Das ist eine gute Sache.
Umso bedauerlicher, eigentlich beschämender finde ich es, dass sich der Energieausschuss nicht dazu entschließen konnte, unserem Antrag zu folgen und mit den Jugendlichen über ihre Forderungen zu sprechen.
Geht das das Parlament nichts an? Ich hoffe, dieser Klimarat wird keine Beruhigungspille wie so manches andere Gremium. Wenn Sie es ernst meinen mit den Jugendlichen, dann müssen Taten folgen.
Schauen wir uns die konkreten Forderungen der Jugendlichen an. Sehr wichtig ist ihnen, dass wir aus der Kohleverstromung aussteigen. Zum Glück war es uns parteiübergreifend gelungen, das Kohlekraftwerk in Lubmin zu verhindern. Auch aus dem Suchen und Fördern von Braunkohle im Westen Mecklenburg-Vorpommerns ist zum Glück nichts geworden.
Ansonsten wäre unser Problem deutlich größer als ein Kohlekraftwerk in Rostock, für das der Liefervertrag ohnehin 2025 ausläuft.
Aber die Energiewende hin zu 100 Prozent erneuerbarer Energien stockt gewaltig, auch in MecklenburgVorpommern. Mecklenburg-Vorpommern hat sich mal auf einem guten Weg befunden. Doch was zeichnet die Energiepolitik heute aus? Nach und nach geht gerade im ländlichen Raum die Akzeptanz für die Erneuerbaren weiter zurück.
wischt der Energieminister mit einem Handstreich als populistisch und Schaufensterpolitik vom Tisch. Es gibt kein Leitbild, wie sich die Landesregierung eine sozial gerechte Energiewende in Mecklenburg-Vorpommern vorstellt.
Das Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz allein wird es nicht bringen. Von den selbst gesteckten Zielen, dem Ausbau der Solarenergie wieder Schwung zu verleihen, wurde sich offenbar auch schnell wieder verabschiedet. Verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Minister, dass die Energiewende nicht vorankommt, dafür gibt es zahlreiche Gründe und die liegen zum großen Teil auch in der verfehlten Politik des Bundes, aber ich frage mich ganz erstaunt: Wer regiert denn eigentlich im Bund? Und dann, Herr Minister, nehmen Sie es mir nicht übel, auch wenn Sie das ebenso wieder als Populismus bezeichnen, Biss haben Sie nicht und den braucht man bei solch schwierigen Themen. Steter Tropfen höhlt den Stein.
Sehen wir uns den Verkehrsbereich an und klopfen ihn auf die Möglichkeiten für die Verwirklichung der Forderungen der Jugendlichen ab, da sieht es ganz düster aus. Ein substanzieller Beitrag zur dringend erforderlichen Verkehrswende ist von dieser Koalition nicht zu erwarten. Auto, Motorrad und Moped, am besten mit 15 schon – das ist Ihr Beitrag für weniger Individualverkehr und mehr Klimaschutz. Über die Radwege will ich jetzt nicht reden, dazu kommen wir ja heute noch.
Aber was erzählen Sie den Jugendlichen zu deren Forderung nach einem landesweiten Schülerfreizeitticket für Bus und Bahn? Was erzählen Sie der Wirtschaft zu deren Forderung nach einem kostenfreien Azubiticket? Wischen Sie das genauso vom Tisch wie unsere häufigen Vorstöße? Unrealistisch, alles nicht finanzierbar, wollt ihr kostenfreie Kitas oder kostenlos Bus und Bahn fahren – das nenne ich Populismus.
Ich erwarte ja nicht die Lösung aller Probleme über Nacht, aber entsprechende Ziele, an deren Verwirklichung man schrittweise geht, das wäre schon mal ein Anfang.
Ich mache das konkret. Schauen Sie nach Hessen! Dort hat die schwarz-grüne Regierung sich überlegt, in Anlehnung an das 365-Euro-Ticket in Wien zunächst das Schülerticket für 1 Euro am Tag einzuführen. Aktuell laufen die Vorbereitungen für ein Seniorenticket nach diesem Prinzip. Ziel ist ein Bürgerticket für 365 Euro im Jahr für den landesweiten Nahverkehr. Natürlich steht hier auch die Frage der Finanzierung, aber das Ziel ist formuliert und wird angegangen. Und deshalb noch mal die Frage: Wie soll der Verkehr im Land zum Leben in 20 Jahren aussehen? Wo sind Ihre Ideen?
Wo sind Konzepte und Ihre Visionen? Der Landesverkehrsplan formuliert die jedenfalls nicht. Er gießt die
verfehlte, auf Individualverkehr ausgerichtete Politik nur in eine Broschüre. Und, Herr Minister Backhaus, es reicht auch nicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Ich darf Sie mal zitieren: „Wir müssen aber besser werden, zum Beispiel bei der Mobilität und bei alternativen Antrieben.“ Zitatende.