Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 58. Sitzung des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 58., 59. und 60. Sitzung liegt Ihnen vor. Im Ältestenrat ist vereinbart worden, die Tagesordnungspunkte 22 und 24 am Donnerstag und die Tagesordnungspunkte 26 und 27 am Freitag zu tauschen. Wird der so geänderten Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 58., 59. und 60. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich unserem Kollegen und langjährigen Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus zu seinem heutigen runden Geburtstag recht herzlich gratulieren.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE und auf der Regierungsbank – Heiterkeit bei Patrick Dahlemann, SPD: Die 50 sieht man dir gar nicht an! – Gratulationen)
Es gibt auch wenig überraschend wieder Geburtstage aus den vorangegangenen Monaten. Ich gratuliere nachträglich ganz herzlich unseren Kolleginnen und Kollegen Karsten Kolbe, Marc Reinhardt, Bert Obereiner, Jacqueline Bernhardt, Birgit Hesse, Thomas Schwarz, Ralf Mucha und Holger Kliewe.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der AfD hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Heimat im Wandel – Alternative für ländliche Räume“ beantragt.
Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen und liebe Gäste! „Heimat im Wandel – Alternative für ländliche Räume“, die meisten werden mitbekommen haben, dass es eine neue Studie gibt, eine Studie, die meint, dass Investitionen in die ländlichen Räume, insbesondere in die ländlichen Räume in Mitteldeutschland, verlorene Gelder sind, weil die Produktivität in den ländlichen Räumen um 20 Prozent hinter der Produktivität in den urbanen Gebieten zurückliegt und weil das mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln nicht aufzuholen ist.
Werte Kollegen, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir genau ein solches Bild der ländlichen Räume politisch und ökonomisch zutiefst ablehnen müssen.
Was man hier hört, das ist Wirtschaftsliberalismus im schlimmsten, im kapitalistischen Sinne, wie man sich das nur vorstellen kann, ein Kapitalismus der Großkonzerne ohne Herz und ohne Seele und ohne jedes Verständnis dafür, dass ländliche Räume als solche lebens- und schützenswert sind, dass die ländlichen Räume einen Wert an sich darstellen.
Ich möchte Sie deswegen zu einem kleinen Spaziergang einladen, einem Spaziergang durch ein Dorf, so, wie ich es in meiner Kindheit kennengelernt habe, wenn ich mit unserem Hund Gassi gegangen bin, und wie ich mir vorstelle, dass Dörfer strukturiert sein sollten. Wenn man losgeht, kommt man am Rathaus vorbei, einer kommunalen Verwaltungsstruktureinheit, in der in einem Bürgerbüro
(Vincent Kokert, CDU: Was sind denn das für Dörfer, wo es Rathäuser gibt? – Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD)
800 Einwohner, heute eingemeindet in der Globalgemeinde, zehn Dörfer mit insgesamt 3.000 Einwohnern.
Man kommt am Rathaus vorbei – kommunale Verwaltungsstruktur, statt Kreisgebietsreform. In diesem Rathaus gibt es ein Bürgerbüro, in dem alle wesentlichen Verwaltungsangelegenheiten vor Ort erledigt werden können, und es gibt einen Raum für Verwaltungsangelegenheiten, die dem Landratsamt, dem Kreis, zukommen, sodass man die Reise, die hier ja durch die Kreisgebietsreform mitunter zu einer Tagesreise ausartet, in die Kreisstadt vermeiden kann.
Das setzt eine ordnungsgemäße, funktionierende Digitalisierung voraus, sodass der Bürger wesentliche Verwaltungsangelegenheiten von zu Hause im digitalen Wege erledigen kann. Auch da machen wir Schritte in die richtige Richtung, aber es ist noch viel Aufholbedarf.
Dann kommt man weiter vorbei an handwerklichen kleinen Betrieben, an mittelständischen Struktureinheiten, in denen eine ganze Familie mitarbeitet. Das setzt Förderung solcher Familienarbeit voraus. Das Gleiche gilt für Dorfkneipen, Dorfläden. Die sind heute in dörflichen Strukturen nicht zu unterhalten, wenn nicht die Familie an einem Strang zieht und alle mitarbeiten. Das heißt, man muss in dieser Familienmitarbeit natürlich auch Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung weiter fördern und unterstützen und nicht mit Hinweis auf prekäre Arbeits
Familienarbeit schafft keine prekären Arbeitsverhältnisse, sondern stattet Familien mit dem finanziell und wirtschaftlich Notwendigen aus, um im dörflichen, im ländlichen Gebiet überhaupt eine solche Struktur aufrechterhalten zu können,
ein Dorfladen, in dem wenigstens die Grundbedürfnisse befriedigt werden können, den man dann auch mit flexiblen Öffnungszeiten unterstützen, mit Existenzgründerdarlehen ausstatten könnte, wenn man das wollte. Ein entsprechender Antrag der AfD ist hier im Haus leider abgelehnt worden.
Dorfkneipen – da gilt dasselbe. Existenzgründungen, der Dorfladen, wenn er schon in dem Dorf nicht beheimatet werden kann, könnte mit einem Fahrdienst versorgt oder durch einen Fahrdienst ersetzt werden, indem man Bäcker, Metzger und andere Betriebe unterstützt und mit entsprechenden Gründerdarlehen ausstattet, damit sie solche Fahrbetriebe anbieten können, die gegebenenfalls regelmäßig oder auf Zuruf Dörfer, örtliche ländliche Strukturen versorgen.
Wenn ich weiterlaufe, dann komme ich an landwirtschaftlichen Betrieben vorbei, landwirtschaftliche Betriebe nicht verstanden in dem Sinne, wie sie sich bei uns entwickeln zu Agrarunternehmen kapitalistischer Art, die einhergehen mit einem strukturlosen Aufkauf unserer ländlichen Flächen und unserer Strukturen, sondern familiäre, kleine landwirtschaftliche Einheiten, die mit Familienarbeit und Unterstützung existenziell die Struktur der Landwirtschaft wegorientieren,
(Thomas Krüger, SPD: Dann muss man den Strukturwandel zurückdrehen. Wie wollen Sie das denn machen? Mit viel Geld wahrscheinlich!)
wegorientieren von diesen Agrargroßunternehmen, die wir heute haben. Dazu muss man natürlich den Ausverkauf unserer Landwirtschaft und überhaupt unserer Bodenflächen zu Spekulationszwecken unterbinden. Das ist notwendig, wenn wir dem Run in das Betongold verhindern wollen. So schaffen wir ländliche Strukturen, die sich nur zur Abdeckung von Wirtschaftsinteressen eignen, die aber den ländlichen Raum nicht aufwerten. Ländliche Räume und ländliche Strukturen, ländliche Grundstücke müssen reserviert sein für diejenigen, die in diesem ländlichen Raum leben und arbeiten wollen.
Wenn man das erreicht, dann kommt man auch wieder vorbei auf seinem Spaziergang an Hecken am Rande der Felder, an Feldrainen. Man muss den Hund ein bisschen
Die Natur dankt es uns mit einem Rückgang nicht nur der Bienen – wie wir jetzt in Bayern gehört haben, ein elementares Volksanliegen –, sondern Singvögel und anderes Kleingetier, Insekten aller Art verschwinden aufgrund dieses Raubbaus an unserer landwirtschaftlichen Fläche, an diesem Fehlverhalten auch der Agrarunternehmen selbst.
Wenn ich weitergehe, dann komme ich, hier würde man sagen, an Häusern mit Backsteingotik und Gutshäusern vorbei, leider bei uns sehr häufig an verfallenden Gutshäusern, sodass wir deutlich mehr Gelder investieren müssen in den Wiederaufbau dieser alten Gutshäuser, die Perlen im ländlichen Raum darstellen. Leider sind es Perlen, die viel zu häufig nicht genutzt werden.
Auch da komme ich wieder zu meinem Thema Bodenspekulationen. Man müsste dafür sorgen, dass Flächen, die aufgekauft werden, die im Privateigentum stehen, entsprechend instandgesetzt werden, notfalls durch entsprechende Fehlabgaben oder Missstandsabgaben, die das regulieren. Zur Not muss die Gemeinde selbst die notwendigen Erneuerungsarbeiten vornehmen und die Kosten von den Eigentümern dieser verfallenden Gutshäuser eintreiben, denn unsere Gutshäuser sind mehr und wichtiger als nur ein Spekulationsmittel für Bodenspekulanten, sie sind Kern unserer ländlichen Strukturen.
Wenn ich dann weiterlaufe, komme ich vorbei an Fußballvereinen, Schützenvereinen und an der Feuerwehr. Es ist eine Vereinsstruktur, die noch im ländlichen Bereich in unseren Dörfern lebt, die aber am notwendigsten Minimum dahinexistiert und viel mehr Unterstützung braucht, denn ein geordnetes Vereinsleben gerade in den Dörfern ist Liebe zur Heimat, Liebe zur Tradition und drückt Brauchtum und die Liebe zu unserem Vaterland, zu unserer Heimat aus, Werte, die wir nicht vergessen sollten und dürfen.