Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 27. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und auch beschlussfähig ist. Damit ist die Sitzung eröffnet. Die Tagesordnung für die heutige Sitzung liegt Ihnen vor.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich unserem Minister und Kollegen Harry Glawe und unserem Kollegen Wolfgang Waldmüller herzlich zum Geburtstag gratulieren.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE und BMV – Peter Ritter, DIE LINKE: Saalrunde!)
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – JugendMobilität verbessern – Modellprojekt „Moped-Führerschein mit 15“ verlängern, auf Drucksache 7/1335. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1516 vor.
Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Jugend-Mobilität verbessern – Modellprojekt „Moped-Führerschein mit 15“ verlängern – Drucksache 7/1335 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Einen guten Morgen in dieses Hohe Haus!
Die Gesellschaft in Mecklenburg-Vorpommern steht in der Frage der Mobilität vor neuen Herausforderungen. Um einer Zersiedlung und Abwanderung im ländlichen Raum entgegenzutreten, müssen die Menschen neben der allgemeinen Daseinsvorsorge über eine ausreichende Mobilität verfügen. Nur so kann am Ende dem demografischen Wandel ein Stück entgegengewirkt werden.
Gerade aus diesem Grund haben wir als CDU uns immer wieder für eine Verbesserung der Mobilität auch für Jugendliche im ländlichen Raum eingesetzt und bereits im April dieses Jahres einen entsprechenden Antrag eingebracht. Wir fordern schon seit Langem die Absenkung des Mindestalters für Moped-Führerscheine auf 15 und für das begleitete Fahren auf 16 Jahre.
Unser Ziel ist es, gleichwertige Lebensverhältnisse auch in strukturschwachen ländlichen Gebieten, die besonders vom demografischen Wandel betroffen sind, zu gewähr
leisten. Hierfür soll unseres Erachtens in einem ersten Schritt das Mindestalter für Moped-Führerscheine von derzeit 16 auf 15 Jahre und in einem zweiten Schritt das Alter für das begleitete Fahren von derzeit 17 auf 16 Jahre, abgesenkt werden. Diese Forderung wird auch vom Vorsitzenden des Fahrlehrerverbandes unseres Landes unterstützt.
Sehr geehrte Damen und Herren, bereits im Juli 2011 hat der Deutsche Bundestag einen Beschluss gefasst, das Mindestalter für die Fahrerlaubnis Klasse AM, das heißt, Kleinkrafträder, Mopeds und vierrädriger Leichtkraftfahrzeuge, auf 15 Jahre zu senken. Mit der Dritten Verordnung über Ausnahmen von den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung vom Mai 2013 hat die Bundesregierung die Grundlage für den Modellversuch „Moped mit 15“ geschaffen. Die Länder Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt waren von Anfang an an diesem Projekt beteiligt. Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben sich erst später für die Teilnahme an dem Modellprojekt entschieden. Unser Land hat sich aufgrund unserer Initiative im Frühjahr dieses Jahres daran beteiligt.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Erfahrungen der Länder Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen zeigen ein positives Ergebnis des Modellversuches. Nachdem im Oktober unser Land in das Modellprojekt aufgenommen wurde, machen derzeit erste Jugendliche ihren Führerschein. Das Modellprojekt läuft aber im April des kommenden Jahres wieder aus. Deshalb gibt es für die Jugendlichen, die sich bisher an der Führerscheinausbildung beteiligen, ein Problem: Sie haben zwar die Möglichkeit, die theoretische Ausbildung unkompliziert und ohne Probleme zu bewältigen, aber für die Praxisausbildung – das hat uns auch der Fahrlehrerverband unseres Landes noch mal bestätigt – besteht das Problem, dass man in dem Winterhalbjahr sehr, sehr schlechte Bedingungen hat, um diese Praxisausbildung zu machen. Schon deshalb ist es notwendig, die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass das Modellprojekt weitergeführt wird oder eine abschließende Rechtsgrundlage dafür entwickelt wird. Auch wenn auf der Verkehrsministerkonferenz die Verkehrsminister der Länder bereits beschlossen haben, das Projekt bis 2020 weiterzuführen, bedarf es hierfür auf Bundesebene einer Rechtsgrundlage. Für Letzteres, und das ist bekannt, muss allerdings die 3. EU-Führerscheinrichtlinie entsprechend angepasst werden.
Meine Fraktion ist dafür, dass aus dem Modellprojekt so schnell wie möglich eine ordentliche Gesetzesänderung ins Dauerrecht hervorgeht. Modellprojekte sind schön und gut, aber sie müssen auch irgendwann enden. Zahlen und Fakten liegen in ausreichenden Mengen vor. So haben zum Beispiel in Sachsen-Anhalt bereits 772, in Sachsen 1.564 und in Thüringen 1.201 Jugendliche an den Prüfungen teilgenommen.
Der Verband der Fahrlehrer unseres Landes, das habe ich schon erwähnt, unterstützt unsere Initiative. Nur wenn Jugendliche die weiten Wege im ländlichen Raum zur Schule, zur Ausbildungsstätte oder den Freizeiteinrichtungen angemessen zurücklegen können, wird es auch für diese Regionen eine Zukunft geben. Im Interesse der örtlichen Bindung junger Menschen ist daher die Erhöhung der Mobilität ein wichtiges Kriterium, um den Weggang dieser Bevölkerungsgruppe zu verhindern.
Meine Fraktion steht sowohl dem Modellversuch „MopedFührerschein mit 15“ als auch dem begleiteten Fahren ab
16 Jahren positiv gegenüber. Nicht umsonst war diese Forderung auch Teil des CDU-Wahlprogrammes zur Landtagswahl. Wir sind der Auffassung, dass die Jugendlichen in unserem Land durchaus in der Lage sind, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Die Ergebnisse des...
Die Ergebnisse des laufenden Modellversuches, aber auch des bisherigen begleiteten Fahrens ab 17 sind durchweg positiv. Aus diesem Grunde ist es notwendig, auf dem bereits eingeschlagenen Weg weiterzugehen, um die individuelle Mobilität der Jugendlichen in unserem Land zu verbessern. Unterstützen Sie unsere Jugendlichen mit einem klaren Votum und helfen Sie dabei, unsere ländlichen Räume attraktiv zu gestalten! Ich freue mich nun auf eine breite Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Immer schön an die Redezeit denken, wegen der Familienfreundlichkeit, ne!)
Aber zunächst würde ich – die sind im Alter von 6 und 8 – eher über die Generation darüber nachdenken. Davon sind meine Mädels noch ein Stück weit weg, dass sie ihren Moped-Führerschein mit 15 machen wollen.
(Minister Dr. Till Backhaus: Früher durften wir das schon. Da bin ich schon mit 13 Moped gefahren. – Heiterkeit auf der Regierungsbank)
Jetzt schauen mich einige an und sagen, ich wüsste gar nicht, wie schnell das geht. Das mag sein, aber zurzeit zumindest ist das kein Thema. Für viele andere ist es das aber. Und weil es das ist, haben wir hier im Landtag, ich glaube, vor einem Dreivierteljahr – nicht in diesem Saal, sondern, Sie wissen, in den alten Räumlichkeiten – genau diese Frage bereits aufgegriffen und erörtert. Wir haben gemeinsam die Bemühungen der Landesregierung beim Bund unterstützt, dass wir nachträglich in den bestehenden Modellversuch „AM 15“ – so die Kurzbezeichnung dieses Führerscheintyps – aufgenommen werden.
Wir sind, das wissen Sie auch, Ende September nachträglich in die Rechtsverordnung, die der Bund bereits vorher hat laufen lassen, aufgenommen worden. Sie wissen, dass es in Sachsen, in Sachsen-Anhalt und in Thüringen bereits seit dreieinhalb Jahren diesen Modellversuch gibt. Das Bemühen war, dort ebenfalls mit aufgenommen zu werden, was lange Zeit nicht in Aussicht stand, weil ein begonnener Modellversuch auf der Schlussgraden natürlich nur begrenzt dazu einlädt, weitere Bundesländer aufzunehmen. Aber nachdem Brandenburg erkennbar auf offene Ohren gestoßen war, haben wir uns dem gerne angeschlossen. Sie wissen, dass wir seit Ende September dabei sind. Seit 12. Oktober dieses Jahres werden durch die DEKRA als die die Fahrprüfungen abnehmende Stelle im Lande die entsprechenden Fahrprüfungen abgenommen.
Ich bin dankbar für den Hinweis, dass der Winter keine optimale Zeit ist für Moped-Führerscheine, zumindest für den praktischen Teil, obgleich wir wissen, dass bereits erste entsprechende Fahrschulen daran arbeiten, und zwar nicht nur theoretisch, sondern tatsächlich auch praktisch. Wir wissen aber ebenfalls, dass Ende April 2018 der Modellversuch auslaufen soll. Dieser Modellversuch wird begleitet durch die BASt. Das ist eine Bundesstelle, die Forschungsaufgaben im Bereich des Straßenbaus und der Straßenverkehrssicherheit übernimmt.
Wir wissen darüber hinaus, dass die bisherigen Erkenntnisse die Sorgen, die sich ein Stück weit damit verbunden haben, nicht bestätigen, sondern ganz im Gegenteil, eine Verstärkung der Verkehrssicherheit nahelegen. Wir glauben umgekehrt, dass eine breitere Datenbasis hilfreich ist. Von daher war es sinnvoll, dass zwei weitere Bundesländer, damit jetzt insgesamt fünf, an diesem Modellversuch teilnehmen. Um die Datenbasis weiter zu verbreitern, glauben wir auch, dass es richtig ist, mindestens zwei weitere Jahre den Modellversuch laufen zu lassen, damit Sie überhaupt eine belastbare valide Größe von Beteiligten haben, an der man dann messen kann, ob die Besorgnisse, die zum Teil mit diesem Modellversuch verbunden sind, widerlegt werden können.
Noch mal: Sie dürfen mit diesem Führerschein bis zu 45 Stundenkilometer fahren und Sie dürfen bereits mit 15 fahren. Wichtig ist mir: Das gilt nicht bundesweit. Das überrascht manchen, deswegen glaube ich, in so eine transparente Debatte gehört auch dieses offene Wort. Sie dürfen mit diesem Führerschein nur in den Bundesländern fahren, in denen die Rechtsverordnung diese Führerscheinklasse auch ermöglicht, aber das ist künftig der gesamte Osten, Ausnahme Berlin. Ich glaube, dass durch diese Bewegungsmöglichkeiten – wenn Sie mal bei 45 Stundenkilometer hochrechnen und das, was man typischerweise an Strecken zurücklegt – in dem Bereich tatsächlich eine breite Mobilität erreicht wird.
Eine große Sorge, die vielleicht in ostdeutschen Bundesländern weniger stark ist: Ich kann mich erinnern, dass bei der letzten Diskussion hier einige unter Ihnen mir laut zugerufen haben, sie hätten ja auch mit 15 den MopedFührerschein gemacht und die Verkehrssicherheit nicht gefährdet. Da war ich nicht dabei, das kann ich nicht beurteilen. Das glaube ich Ihnen gerne. Ich weiß aber, dass es in anderen Bereichen Deutschlands durchaus größere Sorgen gab.
Noch mal: Die bisherigen Erkenntnisse der Bundesstelle, die diese Dinge mit Forschungsarbeit begleitet, sprechen nicht dafür, dass die Verkehrssicherheit gefährdet wird, sondern, ganz im Gegenteil, sie spricht für das, was theoretisch vorher verschiedene Verkehrsminister geltend gemacht haben, dass es sogar zu einer Verstärkung der Verkehrssicherheit beiträgt. Warum? – Weil sie auch heute jungen Menschen mit 15 bereits das Zweirad ermöglichen, nur eben nicht das Moped, sondern das Mofa. Die Mofa-Fahrmöglichkeit setzt keinen klassischen Führerschein voraus mit solider theoretischer Ausbildung und solider praktischer Ausbildung und einer fundierten Fahrprüfung beziehungsweise sogar zwei, weil sie eine theoretische und praktische brauchen, sondern bei dem Mofa brauchen sie bloß eine entsprechende Prüfbescheinigung, die einem sehr viel geringeren Anforderungsprofil entspricht, als wir das bei dem Moped-Führerschein haben, sodass wir sagen, die gleiche Altersgruppe, die jetzt schon mit zwei Rädern motorisiert auf die Straße darf, wird mit dem Moped-Führerschein mit 15 deutlich besser theoretisch und praktisch geschult. Das war die Grundlage für die Annahme, die wir vorher geäußert haben, dass wir überzeugt sind, dass es die Verkehrssicherheit sogar erhöht.
Und noch mal: Bisher sprechen die BASt-Zahlen genau dafür, ein bisschen wie bei dem begleiteten Fahren mit 17. Frühere Praxis ist durchaus tauglich und fundierte Ausbildung in der Fahrschule hilft, Gefahren besser einschätzen zu können. Von daher gehen wir davon aus, dass wir Verkehrssicherheit sogar verbessern an der Stelle.
Ziel ist es, mehr Mobilität zu erreichen. Da gucken wir jetzt offen eingestanden mit diesem Antrag vor allen Dingen auf den Moped-Führerschein mit 15. Es gibt einen Ergänzungsantrag, der sagt, lass uns doch noch den ÖPNV einbauen. Wir könnten mit Sicherheit auch noch Reiseverkehre per Flugzeug mit einbauen. Die Idee war, sich tatsächlich zu konzentrieren auf den MopedFührerschein mit 15 und die damit ermöglichte Mobilität im ländlichen Raum. Ich will sehr dafür werben, das in einem kraftvollen Akt konzentriert auf diesen Bereich zu tun.
Wir sehen, dass wir bei anderen Bundesländern durchaus auf offene Ohren gestoßen sind. Wir haben die Verkehrsministerkonferenz als ostdeutsche Bundesländer Mitte November gemeinsam genutzt, uns dort ein breit getragenes Votum abzuholen, wo die Verkehrsministerkonferenz der Länder insgesamt den Bund bittet, diese Erweiterung um mindestens zwei weitere Jahre zu verfolgen, sodass wir sagen können, wir wissen auch, dass wir bundesweit Unterstützung erfahren. Der Bund prüft allerdings noch. Wir hoffen, dass wir mit Beschlüssen möglichst in allen ostdeutschen Landtagen bewirken können, dass deutlich wird, dass das sehr breit gesellschaftlich getragen ist, und wir dann deutlich vor April 2018 wissen, dass zwei weitere Jahre Versuchsphase folgen.
So weit in der Vorrede ein bisschen anklang, es wäre auch schon schön, wenn es endgültig zugelassen würde: Das steht zurzeit in der Kurzfristigkeit nicht zu erwarten, weil die BASt erst mal bis April 2018 den Modellversuch hat. Dann fängt sie an, die Daten auszuwerten. Die Erfahrung, die zumindest wir an ein, zwei Stellen, wo wir als Landesverkehrsministerium solche Projekte federführend begleitet haben, gemacht haben, ist, dass sie mindestens ein Jahr Nachlaufzeit haben, bevor die Gutachten vorliegen. Deswegen wäre es sehr schön, wenn bis Ende 2018 ein entsprechender Bericht erstellt würde, in der Zeit der Testlauf aber weitergeht. So hätte man hoffentlich ein Übergangsszenario, wenn alle Diskussionen gelaufen sind, alle Gutachten vorliegen und die verlängerte zweijährige Modellphase endet, dass man dann sofort in den Regelbetrieb übergehen kann und kein Gap, kein zeitliches Loch dazwischen entsteht, eine ungeregelte Phase, sodass wir quasi in den alten Rechtszustand zurückfallen. Deshalb wäre meine Hoffnung zurzeit, dass wir wenigstens zwei Jahre obendrauf bekommen. Dann wäre uns schon sehr geholfen und denen, die es nutzen, auch. Damit hätten wir die Zeit, die entsprechenden Dinge auszuwerten.
Sie haben zu guter Letzt angesprochen – völlig andere Baustelle, im Antrag auch nicht erwähnt – den Führerschein, das begleitete Fahren mit 16 im Kraftfahrzeug. Wir haben Europäisches Recht. Darüber können wir uns aufregen oder nicht, aber es ist der Versuch, wenn ich mit einem Führerschein aus der Bundesrepublik Deutschland ins Nachbarland Polen fahre, dass über die entsprechenden EU-Richtlinien ein gewisses Mindestszenario für alle feststeht und ich darüber weiß, mit welchen Fahrerlaubnisklassen ich in welchen Ländern fahren darf, weil wir gewisse Angleichungen haben. Diese Angleichung hat aber auch die Folge, dass Altersgrenzen definiert sind. Die Altersgrenze für das Kraftfahrzeug, wie wir es vor Augen haben, ist 17 Jahre in dieser EUVerordnung, und zwar schon als Ausnahme. Die hat Deutschland genutzt. Wir haben das begleitete Fahren mit 17 ausgeschöpft. Solange die EU-Verordnung nicht geändert ist, kommen wir da leider nicht ran.