Gunter Bolick

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Last Statements

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Lay, wie Sie die Welt und die Probleme dieser Welt erklären – so einfach ist es wirklich nicht. Aber wem sage ich das?!
Die schwierige wirtschaftliche Situation, in der sich die gesamte Weltwirtschaft und insbesondere die exportorientierte deutsche Wirtschaft befinden, macht natürlich um Sachsen keinen Bogen. Auftragseinbrüche, besonders im verarbeitenden Gewerbe, von mehr als 40 %, in Einzelfällen bis zu 80 %, trüben die Aussichten auf wirtschaftlichen Erfolg. Erwartete Schrumpfungsprozesse der Wirtschaft um 6 % in diesem Jahr sind Entwicklungen, die in unserem Land in dieser Form bisher weitgehend unbekannt sind. Deutschland und Sachsen waren viele Jahre auf Wachstumskurs. Steigende Inlandsaufträge, umfangreiche Zuwächse beim Export, Deutschland als Exportweltmeister – das alles brachte sinkende Arbeitslosigkeit und zum Teil auch Fachkräftemangel. Nun müssen wir uns auf neue Zeiten einstellen, veränderte wirtschaftspolitische Entscheidungen treffen und eine neue Sichtweise zur Förderung unserer sächsischen Wirtschaft entwickeln.
Sachsen hat sich seit der deutschen Einheit und unter der erfolgreichen Wirtschaftspolitik der CDU über Jahre gut entwickelt. Beim Wirtschaftswachstum konnten wir unter den neuen Bundesländern stets den vordersten oder einen vorderen Platz einnehmen.
Viele Branchen sind aufgrund der Förderpolitik des Freistaates, des ausgezeichneten wissenschaftlichen und infrastrukturellen Umfeldes und natürlich wegen der hervorragenden Eigenschaften und Fähigkeiten unserer Sachsen weltmarktfähig geworden.
Die Förderung der Netzwerke – der Staatsminister hat es schon angesprochen –, vor allem in den Bereichen Fahrzeug, Maschinenbau, Logistik, IT-Branche, hat viele Unternehmen nach Sachsen geholt und Tausende Arbeitsplätze initiiert. Auf dieser Basis können wir Strategien zur Bewältigung der Krise entwickeln. Es muss uns darum gehen, unsere Wirtschaft während der Krise weitgehend zu stabilisieren. Die Vielzahl der uns zur Verfügung stehenden Förderprogramme sowie die verabschiedeten Konjunkturprogramme können uns dabei helfen.
Ich möchte auf einige Schwerpunkte eingehen. Die Gespräche mit Unternehmen in den letzten Wochen haben eine grundsätzliche Problemstellung hervorgebracht: Sachsens Wirtschaft braucht Unterstützung bei der Finanzierung. Eine weltweite Krise an den Finanzmärkten, das fehlende Vertrauen der Banken untereinander und die schwierige Eigenkapitalausstattung, verursacht durch die Krise, haben zu einer Kreditklemme geführt. Sicher, die Banken weisen dies von sich, aber in vielen Gesprächen, die ich selbst und unsere Fachkollegen in den letzten Wochen mit Vertretern der sächsischen Wirtschaft geführt haben, wird dieses Problem deutlich.
Unsere mittelständische Wirtschaft braucht zusätzliche Mittel, um Aufträge abzusichern, Investitionen zu tätigen oder in Effizienzgewinne zu investieren.
Diesem Problem muss unsere volle Aufmerksamkeit gelten. Mit der weiterhin umfassenden Mittelausstattung der Gemeinschaftsaufgabe „Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ sichern wir die Förderung von Investitionen. Durch die veränderten Förderbedingungen reagieren wir richtigerweise auf die veränderte Situation. Nicht nur die Schaffung von Arbeitsplätzen wird gefördert, auch die Sicherung bereits bestehender Arbeitsplätze gilt als Förderkriterium, und neben dem Neubau werden nun auch Erweiterungsinvestitionen und Diversifizierungen gefördert. Wir entsprechen damit der aktuellen Situation und sichern notwendige Investitionen im sächsischen Mittelstand. Diese Verbesserung möchten wir auch – das ist eine Forderung unserer Fraktion – für unsere kleinen Unternehmen erreichen. Es ist notwendig, das Förderprogramm für kleine Unternehmen in den strukturschwachen Gebieten an die Neuausrichtung der GAFörderung anzugleichen.
Einen weiteren wichtigen Baustein stellt das Mittelstandsstabilisierungsprogramm dar. Hier greift der Freistaat ganz gezielt die aktuelle Situation an den Finanzmärkten und die Zurückhaltung der Kreditinstitute bei der Kreditvergabe an die Unternehmen auf. Das MSP zielt auf die Notwendigkeit weiterer Bedarfe an Betriebsmitteln, die Umfinanzierung kurzfristig fälliger Passiva und notwendig werdender Umfinanzierung bei Hausbankwechsel ab. Auch Freiberufler und das sächsische Handwerk sollen von diesem Programm profitieren. Leider können wir noch nicht von einem tatsächlichen Durchbruch und dem vollständigen Wirksamwerden des Programms sprechen. Mit gerade einmal 109 Anträgen bis zum jetzigen Zeitpunkt und 18 Bewilligungen in einer Größenordnung von circa 6 Millionen Euro nutzt dies der Wirtschaft noch nicht im vorgesehenen Maße.
Vor dem Hintergrund einer Mittelausstattung von 300 Millionen Euro zur Absicherung eines Kreditvolumens von 375 Millionen Euro erwarte ich von der Staatsregierung nach dem zögerlichen Anlauf noch mehr Initiative bei der Vermittlung der Möglichkeiten.
Unsere Fraktion hat in den letzten Wochen im Rahmen von Wirtschaftsdialogen sehr intensiv mit Unternehmern, Handwerksmeistern und Angehörigen der freien Berufe zur aktuellen Situation diskutiert und Lösungen initiiert. Wir müssen feststellen, dass die Hilfen des Freistaates einfach noch zu wenig bekannt sind. Sächsische Aufbaubank und Staatsregierung, aber auch die Bürgschaftsbank als private Einrichtung sind hier gefordert, mit den Unternehmen noch stärker in den Dialog zu treten. Die jeweilige Hausbank hat nach unseren Erfahrungen weniger das Bestreben, den Unternehmer diesbezüglich zu beraten.
Lassen Sie mich noch auf die Konjunkturprogramme der Bundesregierung eingehen – nicht auf die Abwrackprämie oder den Kinderbonus, sondern auf die öffentlichen Investitionen. Hier verstärkt die Bundesregierung einen Bereich, den wir in Sachsen bereits seit vielen Jahren als Instrument zur Unterstützung unserer Wirtschaft gezielt nutzen. Ich möchte an dieser Stelle auf einen Ausspruch unseres Finanzministers Prof. Unland verweisen, der richtigerweise sagt, das größte Konjunkturpaket in Sachsen ist unser Doppelhaushalt. Das ist auch unsere Überzeugung.
Ganz bestimmt! Alternativhaushalt – mir gehen immer die Haare hoch, wenn ich das höre.
Mit einer Investitionsquote von mehr als 20 % und damit 6,8 Milliarden Euro in den Jahren 2009 und 2010 sichert der Freistaat im Handwerk und besonders im Baugewerbe viele Aufträge und damit Arbeitsplätze und Umsatz.
Hinzu kommen weitere 800 Millionen Euro – davon 600 Millionen Euro vom Bund und 200 Millionen Euro, welche durch Freistaat und Kommunen getragen werden;
gleichwohl sich dieser Betrag mit Blick auf unsere reguläre Investitionstätigkeit aus dem Haushalt eher bescheiden darstellt – und möglichst auch zusätzliche Maßnahmen in Sachsen. Wir setzen auf Zukunftsinvestitionen in Bildung und Infrastruktur.
Mit der Vereinfachung der Vergabevorschriften ermöglichen wir den Kommunen noch schneller, mit öffentlichen Aufträgen wirksam zu werden. Mit einer Anhebung der Schwellenwerte auf bis zu 1 Million Euro für die Vergabe im Rahmen beschränkter Ausschreibungen kann den Unternehmen in der Region erheblich geholfen werden.
Mein Appell richtet sich an dieser Stelle an die sächsischen Bürgermeister. Sachsen hat nach Aussagen der Handwerkskammer die besten Vergabevorschriften in Deutschland, welche mit der Anhebung der Schwellenwerte noch weiter flexibilisiert werden. Nutzen Sie in Ihren Verwaltungen die Spielräume im Interesse Ihrer örtlichen und regionalen Unternehmen!
Zukunftsinvestitionen und die Unterstützung der sächsischen Unternehmen bei der Finanzierung ihrer Geschäftstätigkeit sind Maßnahmen, die für uns im Vordergrund stehen und auch weiterhin umfassend gesichert bleiben müssen. Erfolgreiche Unternehmen und gute Aufträge sichern nicht nur Umsatz, sondern auch Arbeitsplätze.
Die Zunahme der Arbeitslosigkeit und deren Bewältigung werden uns nach den guten Jahren bis 2008 nun wiederum in stärkerem Maße beschäftigen. Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes ist dabei ein richtiger und begrüßenswerter Schritt, um Fachkräfte, Wissen und Innovationsfähigkeit in den Unternehmen zu halten. Einhergehend mit gezielten Qualifizierungsmaßnahmen schaffen sie für den Unternehmer Wissensvorteile für die Zeit nach der Krise.
Wir müssen aber auch darauf achten, dass wir bei der Berufsausbildung unserer jungen Menschen auf Kurs bleiben und nicht wieder in den Drang verfallen, auszubilden um des Ausbildens willen. Durch eine konsequente und bedarfsgerechte Berufsorientierung müssen wir unsere Schulabgänger in Berufe vermitteln, die in Sachsen Zukunft haben und nachgefragt werden. Nur so können wir auch zukünftig unseren Bedarf an guten Facharbeitern sichern und müssen nicht in Nachqualifizierungen und strukturelle Arbeitslosigkeit finanzieren. Unsere Arbeitsmarktpolitik muss auf den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet bleiben – trotz oder gerade wegen der Krise. Hoch qualifiziertes Personal bringt unseren Unternehmen Wettbewerbsvorteile, die sie brauchen, um am Markt zu bestehen.
Gute Qualifikation sichert auch gute Einkommen und damit eine stabile Binnennachfrage. Sicherlich müssen wir uns auch um diejenigen bemühen, die sich derzeit am Arbeitsmarkt nicht behaupten können und nur schwer eine reguläre Beschäftigung finden. Dieses Bestreben darf aber ausdrücklich nicht dazu führen, dass sich der Staat zu einer Beschäftigungsgesellschaft entwickelt und einen
ausufernden zweiten Arbeitsmarkt mit öffentlicher Finanzierung – nach Vorstellung der Linken – in einer Größenordnung initiiert, die eine reguläre Beschäftigung kaum noch attraktiv macht und zu sozialen Verwerfungen führt,
die im Hinblick auf das individuelle Bildungsniveau des Einzelnen und dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gerechtfertigt ist.
Mit dem massiven Mittelansatz im Haushalt des SMWA zum Kommunal-Kombi befürchten wir das. Der Minister hat es gelobt – wir sehen es etwas anders. Von circa 9 000 Stellen in Deutschland entfallen mittlerweile circa 3 500 auf Sachsen. Damit haben wir zwar einen Spitzenplatz; aber ich wünsche mir Spitzenplätze eigentlich woanders.
Das ist für mich eine echte Disproportion und diese Plätze konzentrieren sich vor allem auf die Städte Leipzig und Zwickau. Wir dürfen natürlich nicht dahin kommen, überdimensionierten Kommunalunternehmen mittels des Kommunal-Kombis hoch subventionierte Arbeitskräfte zuzuführen. Das kann nicht die Lösung der Krise sein,
und ich bin mir sicher, wie die Handwerksmeister vor Ort darauf reagieren werden.
Ein abschließendes Wort sei mir noch zu der Frage Investitionsfähigkeit unserer sächsischen Wirtschaft gestattet. Sachsens Unternehmen verfügen über eine hohe Innovationskraft und werden in vielen Bereichen durch Förderprogramme und die Möglichkeiten unserer Hochschulen und Universitäten, aber auch durch vielfältige Forschungsinstitute unterstützt. Wir müssen diesen Willen unserer Unternehmen, Forschungsergebnisse und Technologien für ihren Wettbewerbsvorteil zu nutzen, auch weiterhin unterstützen. Besonders im Bereich der einzelbetrieblichen Forschung und Entwicklung, aber auch der Verbund-FundE muss es uns gelingen, nicht nur in den Hochtechnologien unseres Freistaates sinnvolle Projekte in sächsischen Unternehmen zu fördern, sondern auch unsere Technologiezentren liegen mir hier am Herzen. Die Technologiezentren haben diese Aufgaben in den letzten Jahren sehr gut begleitet.
Leider sind sie seit mehr als zwei Jahren durch die gegen den Sachverstand veränderten Förderbedingungen von dieser Aufgabe fast völlig ausgeschlossen.
Wenn wir über die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft reden, brauchen wir aber genau diese Technologiemittler wieder aktiv im Prozess. Deshalb fordern wir die zugesagte Unterstützung unserer sächsischen Technologiezentren bei der Vorbereitung entsprechender Techno
logietransferprojekte und Maßnahmen im Bereich der Verbund-FundE. Hier liegen seit Jahren ursprüngliche Innovationsvorteile vollständig brach.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsen ist insgesamt auch in der Krise gut aufgestellt und kann gemeinsam mit dem sächsischen Mittelstand Chancen für die Zeit nach der Rezession ergreifen. Wir werden unsere Wirtschaft nachhaltig unterstützen und Rahmenbedingungen schaffen, die Wirtschaftsentwicklung und Beschäftigung sichern. Hierbei sind wir auf einem guten Weg und werden diesen auch weiterhin konsequent fortsetzen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das beste Konjunkturpaket für Sachsen, das beste Programm für unsere Mittelständler ist ein solide finanzierter, schuldenfreier und auf Investitionen ausgerichteter Haushalt. Den haben wir gestern hier in diesem Hohen Hause verabschiedet.
Ich glaube, das ist eine gute Voraussetzung, um die Turbulenzen der nächsten Zeit überstehen zu können. Unser Haushalt enthält eine Vielzahl von Förderprogrammen, die unseren sächsischen Mittelständlern, unserem Handwerk helfen und die am Ende die „Grundlast“ für die Beschäftigung im Freistaat Sachsen sichern. Wir haben – das ist wichtig – eine hohe Investitionsquote. Darauf haben wir immer Wert gelegt.
Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass hier in Sachsen trotz intensiver Anstrengungen und einer umfassenden Wirtschaftsförderung die Folgen von 40 Jahren Planwirtschaft noch nicht überwunden sind.
Nach 40 Jahren sozialistischer Misswirtschaft kämpfen viele unserer Unternehmen nach wie vor mit einer geringen Eigenkapitalquote und haben hohe finanzielle Belastungen durch aufgenommene Kredite.
Dass eine internationale Finanzkrise gegenwärtigen Ausmaßes auch an sächsischen Unternehmen nicht vorbeigehen wird, liegt wohl auf der Hand. Nur sollte niemand Probleme herbeireden, die es möglicherweise noch nicht gibt. Vor zwei Wochen eröffnete ein Automobilzulieferer in Südwestsachsen eine neue Produktionshalle und hatte über keinerlei Schwierigkeiten zu klagen. Im Gegenteil, er plante schon die nächste Erweiterung seiner Produktion am sächsischen Standort zulasten seines ursprünglich in Südwestdeutschland befindlichen Unternehmenssitzes. Unsere Standortvorteile und unsere Menschen, unsere Fachkräfte haben ihn dazu bewogen.
Das ist die „Chance“ in der „Krise“, wie es angeblich in den chinesischen Schriftzeichen verkündet wird. In schwierigen Zeiten treffen Unternehmen ihre Entscheidungen schneller und klarer nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ich glaube, insoweit stehen wir in Sachsen so schlecht nicht da.
Aber es gibt auch Unternehmen, die in richtigen Schwierigkeiten stecken. Gestern waren zwei Geschäftsführer eines Unternehmens bei mir und suchten Unterstützung. Sie haben in Sachsen ein zentrales Werk für Ersatzteile und Kleinserien von Pkw und Lkw für ganz Europa geplant und sind durch das breit gefächerte Spektrum von den zyklischen Entwicklungen der Automobilindustrie eigentlich nicht tangiert. Der Standort Sachsen hat sich gegenüber Ansiedlungsoptionen in Polen und anderen osteuropäischen Staaten durchgesetzt. In drei Stufen sollen erst 150, dann 250 und – nach dem Endausbau im Jahr 2012 – 450 Arbeitsplätze entstehen. Die Firma hat schon viele Vorleistungen erbracht, die Planung vorfinanziert, das Grundstück gekauft, die ersten Bauaufträge ausgelöst – und die Banken spielen auf Zeit! Wenn die Kreditzusage nicht bald kommt, muss ein Baustopp ausgesprochen werden, müssen Unternehmen ihr Material und ihre Technik abräumen. Das verursacht zusätzliche Kosten. Die zeitlichen Verzögerungen bringen das ganze Projekt ins Stocken. Möglicherweise findet die Bank irgendwann Gründe, um zu sagen: Nein, den Kredit können wir nicht geben. – Damit würde das Projekt in sich zusammenfallen, mit großem Schaden für das Unternehmen – und am Ende auch für unser Land.
Genau diese Abwärtsspirale wollen wir vermeiden. Aus diesem Grund hat sich die Sächsische Staatsregierung Gedanken gemacht. Unser Finanzminister hat ein Mittelstandsstabilisierungsprogramm in Form einer speziellen Regelung für Bürgschaften aufgelegt. Aber dazu möchte ich in der zweiten Runde sprechen.
Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Lay, Sie haben heute Ge
burtstag. Herzlichen Glückwunsch! Darum versuche ich, es nett zu machen.
Sie sehen den Ausweg im zweiten Arbeitsmarkt, aber wir können dort nichts sehen. Sie müssen uns dann noch verraten, wo wir zumindest das Geld herbekommen. Es wäre natürlich schön, wenn wir alle mit festem Gehalt beim Staat einstellen könnten, aber wie es funktionieren soll, hat noch keiner gesagt – und Sie heute leider auch nicht.
Herr Morlok, wir lassen unseren Mittelstand nicht im Stich. Wir haben ihn im Freistaat fast 20 Jahre lang mit viel Mühe und natürlich auch mit viel Geld ausgebaut. Deswegen brauchen Sie keine Befürchtungen zu haben.
Ja, bitte.
Zu Ihrer ersten Frage, Frau Lay: Wir haben in Sachsen schon über viele Jahre Programme für den zweiten Arbeitsmarkt aufgebaut. Auch unsere Fraktion war am Anfang sehr skeptisch, ich persönlich auch.
Immer noch! Dann haben wir gemerkt, dass manches funktioniert, aber wir können solch eine kritische Situation nicht mit dieser Maßnahme auffangen. Das funktioniert überhaupt nicht. Wir müssen uns überlegen, wie wir den ersten Arbeitsmarkt stärken können. Das ist der Ansatz der heutigen Debatte.
Zur Ihrer zweiten Frage: Über die Kommunal-Kombi habe ich gestern schon gesprochen. Das ist ein Programm, bei dem die Bundesregierung ESF-Mittel einsetzt und denen, die es anwenden wollen, freistellt, wo sie die Eigenmittel herbekommen. Genau das ist das Problem an diesem Programm. Deshalb läuft es nicht so richtig. Wirtschaftsminister Jurk hat hier sehr viel Geld eingestellt. Wir sehen das kritisch. Wir glauben auch nicht, dass
es abfließt. Es sind Landesmittel, von denen wir nicht genug haben und die uns sehr weh tun. Wir werden sehen, wie es funktioniert, aber ich weiß aus dem kommunalen Bereich, dass es nicht so läuft, wie wir uns das wünschen.
Jetzt spreche ich wieder zum eigentlichen Anliegen. Wir haben in Sachsen frühzeitig die richtigen Weichen mit umfangreichen Programmen zur Mittelstandsförderung gestellt. Unser Wirtschaftsministerium hat diese Instrumentarien in petto. Unser Wirtschaftsminister wird dazu sicher auch noch etwas sagen. Mit der Mittelstandsrichtlinie des Freistaates werden Unternehmen gezielt in allen Phasen ihrer Entwicklung gefördert. In den Bereichen Intensivberatung und Coaching, Krisenbewältigung und Neustart usw. werden Krisensituationen von Mittelständlern begleitet. Das hat in der Vergangenheit schon vielen geholfen und wird auch in Zukunft helfen.
In der gegenwärtigen Situation geht es vordringlich um die Sicherung von Finanzierungsbedürfnissen, die aufgrund der veränderten Situation an den Finanzmärkten und der daraus resultierenden Zurückhaltung der öffentlichen und privaten Banken nicht mehr im erforderlichen Maß zur Verfügung steht. Sachsen hat seinen Bürgschaftsrahmen erweitert.
Das Mittelstandsstabilisierungsprogramm hat einen Bürgschaftsrahmen von 375 Millionen Euro. Ich will versuchen zu erläutern, wie die Konstruktion aussieht. Normalerweise stellt der Mittelständler einen Kreditantrag bei einer Bank. Die Bank holt sich vom Kapitalmarkt das Geld. Diese Schiene zum Kapitalmarkt funktioniert nicht mehr. Deshalb hat sich die Staatsregierung entschlossen, die SAB als Kapitalmarktkatalysator zwischenzuschalten. Die Hausbank kann sich Geld bei der SAB holen, die SAB holt sich das mit einer Sicherheit des Freistaates vom Kapitalmarkt, zum Beispiel von der KfW oder von der Europäischen Investitionsbank. So versuchen wir den kritischen Punkt, dass die Hausbanken am Kapitalmarkt zurzeit keine langfristigen Kredite abfordern können, zu stabilisieren.
Ich möchte noch einiges zu den Konditionen sagen. Dieses Programm soll in Einzelkrediten bis 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Der Bürgschaftsprozentsatz soll maximal 80 % betragen, sodass 20 % die Hausbank schultern muss. Von den 80 % verbleiben 10 % bei der SAB, also 8 % von der Gesamtsumme, sodass letztlich vom Freistaat 72 % rückgebürgt werden. Dafür gehen die Sicherheiten, die das Unternehmen stellt, die normalerweise bei der Hausbank verbleiben, an den Freistaat. Er kann mit den Sicherheiten gegebenenfalls agieren.
Ich habe vorhin das Problem der Mittelständler dargelegt, die gestern bei mir waren. Ich habe die Sache an die SAB weitergereicht und bin im konkreten Fall ganz gespannt – das Finanzvolumen liegt genau in dem Rahmen –, wie schnell und wie effizient das Problem vonseiten der SAB geklärt wird.
Recht vielen Dank.
Herr Kollege Zais, ich habe vorhin ausgeführt, dass die Stückelung des Programms 10 Millionen Euro beträgt. Glauben Sie, dass 10 Millionen Euro für ein Großunternehmen interessant sind oder für einen Mittelständler?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Konjunkturpaket der Bundesregierung kommt zum richtigen Zeitpunkt und ist auch sinnvoll. Über die Einzelheiten werden wir sprechen.
Frau Hermenau, es ist natürlich schwierig, wenn der Export so stark eingebrochen ist. Gerade der Export nach den USA ist eingebrochen. Das aufzufangen, ist schwierig. Dass man ihn nicht zu 100 % mit Konsumtion auffangen kann, ist klar. Aber dass man ein paar sinnvolle Anreize setzen muss, ist sicher richtig, und genau das wird hier gemacht.
Zu den Ansätzen im Einzelnen. Der größte Brocken – dazu haben Sie gar nichts gesagt – ist die Kreditversorgung der Wirtschaft. Hier will die Bundesregierung mit 15 Milliarden Euro Unternehmen in der Finanzmarktkrise unterstützen. Wir werden darauf achten, dass das insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen sind. Wir wissen, dass die Unternehmen für ihre Auftragsfinanzierung, für Investitionen und möglicherweise auch für Betriebsweitergaben Geld benötigen, und dass die Firmen momentan richtige Probleme haben, von den Banken Geld zu bekommen. Genau das wird mit diesem Paket unterstützt. Ich denke, das ist sehr sinnvoll. Dieses Paket könnten wir eigentlich immer gebrauchen.
Während fragwürdige Finanzprodukte und luftige Immobilienkredite in der Vergangenheit von den Banken bevorzugt wurden – sie haben ihr Geschäft im Wesentlichen darauf ausgerichtet —, wurden Unternehmen mit einem restriktiven Rating belegt. Das hat dazu geführt, dass einiges in der Wertschöpfungskette nicht so gelaufen ist. Das müssen wir schnellstens ändern.
Investitionen zur Gebäudesanierung – darin sind Sie mit uns sicher einer Meinung – sind immer sinnvoll. CO2Senkung ist das Thema, das uns jetzt und künftig stärker beschäftigen wird. Dafür sind 3 Milliarden Euro eingestellt. Dieses Geld kommt direkt unseren Bauhandwerkern, unseren mittelständischen Unternehmen zugute. Das ist wichtig. Im Freistaat Sachsen haben wir schon einige Programme laufen, die Klimaschutz, Energieeffizienz,
Energiespardarlehen usw. sichern. Ich denke, daran gibt es nichts zu kritisieren.
Die erhöhte Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen – diesen Punkt fordern wir schon lange – hat die Bundesregierung mit in das Konjunkturprogramm aufgenommen. Das ist ebenfalls eine sinnvolle Maßnahme.
Kommen wir zur Frage der Kfz-Steuerermäßigung. Darüber kann man sicher geteilter Meinung sein. Das sehe ich auch so. Es mag auch sein, dass ein zeitlich begrenzter Steuererlass den Kauf der Autos zunächst ein wenig voranbringt.
Ich denke, auch die Preispolitik der Autounternehmen könnte hier ein wenig eingreifen, wenn man daran denkt, dass es auf dem europäischen Markt Preisunterschiede bis zu 25 % gibt. Dort sind Spielräume drin. Die Verschrottungsprämie usw. – gut, wer sein Auto weiterhin fahren will, der muss es ja nicht verschrotten; aber man versucht eben, die Binnennachfrage im Automobilbereich anzukurbeln. Ich sehe diese Maßnahmen eigentlich als eine Anpassungsphase, denn wir müssen zu anderen Antriebsarten kommen. Das ist auch der Automobilindustrie bewusst. Ich war vor drei Wochen in Sindelfingen. Dort hatten wir ein Gespräch mit dem Entwicklungsvorstand von Mercedes. Dieser hat eingeräumt, dass sie eigentlich einige Jahre nicht geschlafen, aber zumindest ihre Schularbeiten nicht gemacht haben und dass man jetzt ganz verstärkt auf alternative Antriebsarten, auf alternative Konzepte, auf geringere Verbrauche usw. Wert legt. Das ist eine richtige Zielrichtung. Sie wird uns weiterbringen. Dazu müssen wir eine Anpassung ermöglichen, denn in den Autos sind Riesenvermögen gebunden.
Zu begrüßen ist auch die zeitlich begrenzte Wiedereinführung von degressiven Abschreibungsmöglichkeiten; 25 % auf Neuanschaffung ist eine vernünftige Sache. Damit werden zusätzliche Anreize geschaffen, zu investieren und Beschäftigung zu sichern.
Beim Infrastrukturprogramm der KfW für strukturschwache Kommunen sind 3 Milliarden Euro eingestellt. Auch die zusätzlichen zwei Milliarden Euro für Verkehrsprojekte betrachten wir positiv und hätten dafür in Sachsen sehr gute Verwendung. Dabei bleibt zu hoffen, dass es dem Bundesverkehrsminister gelingt, diese Mittel auch zielgerichtet, effizient und zeitnah umzusetzen.
Mit der Aufstockung der GA um 200 Millionen Euro im kommenden Jahr sollten wir gemeinsam mit den anderen Bundesländern unsere Anstrengungen im Hinblick auf die Neuansiedlungen und die Erweiterung von Unternehmen verstärken. Hier erwarte ich von Staatsminister Jurk und von seiner WfS-Förderung klare Aussagen zur Strategie und eine Zielvorgabe für das, was wir erreichen wollen; denn wir müssen uns auf Branchen einstellen, die am Ende Wachstum bringen.
Ja, bitte.
Bei dem Konjunkturpaket hat möglicherweise jedes Ministerium einen Beitrag abliefern müssen. Jedes Ministerium hat sich etwas ausdenken müssen. Sie wissen ja, wie das Ministerium besetzt ist, sodass ich dazu nicht mehr viel zu sagen brauche.
Frau Hermenau, Sie haben das Kurzarbeitergeld etwas schnöde behandelt. Ich denke, dass das Kurzarbeitergeld schon eine sinnvolle Maßnahme ist. In der Woche, als ich bei Mercedes war – ich sagte es gerade –, war der Betrieb, in dem 35 000 Leute arbeiten, geschlossen. Das muss jedoch überbrückt werden, und Kurzarbeitergeld sichert, dass die Leute nicht auf die Straße gesetzt werden, sondern erst einmal eine Brücke erhalten.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war gestern Abend, nach der Plenarsitzung, auf dem Parlamentarischen Abend unserer sächsischen Wohnungswirtschaft. Leider trifft man dort von der Opposition niemanden. Diejenigen, die hier alles so viel besser wissen, gehen nicht dorthin, wo sie vielleicht einmal ein paar Informationen aus der Praxis gewinnen könnten. Anwesend waren Frau Weihnert und drei, vier oder fünf Kollegen aus meiner Fraktion.
Zum Ersten hätten Sie dort hören können, wie die sächsische Wohnungsbauförderung in den Himmel gelobt worden ist. Es wurde betont, dass wir in Sachsen viel erreicht haben – genau das, was wir wollen –, und als Beispiel hinzugefügt, dass man in Dresden einen Block gebaut hat, in dem man durch Wärmeisolationsmaßnahmen die Betriebskosten pro Quadratmeter auf unter einen Euro senken konnte.
Auch in der Platte. Aber es ist nicht mehr so, wie es früher war. Diesen Trost kann ich Ihnen mitgeben.
Zum Zweiten brachte ein weiterer Redner zum Ausdruck, dass er auch in der gegenwärtigen Krise an die Selbstheilungskräfte der Marktwirtschaft glaubt. Man kann als
Opposition natürlich alles infrage stellen, was Praktiker sagen, aber dann bleibt man nicht sehr glaubwürdig.
Was Herr Scheel hier abgelassen hat, war sowieso unqualifiziert.
Als Mitglied des Finanzausschusses kann er nicht einmal rechnen. Dass China mit seiner Milliarde Einwohnern etwas mehr auflegen muss als Deutschland, ist doch wohl logisch. Wenn man einmal die Einwohnerzahl in Relation setzt, liegen wir in der Pro-Kopf-Produktion weit darüber.
Herr Morlok, von Ihnen bin ich schon ein wenig enttäuscht. Im September ist zum ersten Mal der Export bei Mercedes in die USA um 30 % eingebrochen, im letzten Monat möglicherweise noch mehr. Wenn das ein Managementfehler ist, dass man innerhalb von vier Wochen eine Automobilproduktion umstellt auf möglicherweise andere Modelle – die Frage können Sie sich selbst beantworten.
Ich möchte noch auf das Konjunkturprogramm der GRÜNEN als Antragstellerin für diese Debatte eingehen. Frau Hermenau, wie wollen Sie die Konjunktur mit 80 Millionen Euro in der Bildung ankurbeln, wenn Sie nur Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen anstellen? Ich bitte Sie wirklich, nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass wir hier in Sachsen mehr für Bildung ausgeben als alle anderen Bundesländer.
Das stimmt hundertprozentig. Nehmen Sie unseren Haushalt her. Deshalb fällt auch niemandem an dieser Stelle etwas Gescheites ein.
Wie wollen Sie die Konjunktur ankurbeln, wenn Sie die Gruppengrößen in Kitas ändern? Das haben wir als CDUFraktion in den letzten Wochen ziemlich intensiv mit unseren kommunalen Gremien durchdekliniert.
Ja, bitte.
Frau Hermenau, da liegen wir doch auf einer Welle. Aber dafür müssen Sie doch nicht 79 Millionen für Sozialarbeiter ausgeben. Die Koalition hat ja gerade beschlossen, das Vorschuljahr kostenfrei zu machen, damit wir dort sicher sind, dass zumindest ein Jahr „vorgefertigt“ wird.
Wie wollen Sie die Konjunktur ankurbeln, Frau Hermenau, wenn Sie unsere heimischen Energieträger, zum Beispiel die Braunkohle, verteufeln? Wie wollen Sie die Konjunktur ankurbeln? Ich weiß es nicht. Wie wollen Sie sie ankurbeln, wenn Sie nach wie vor nicht erkennen wollen, dass wir in Sachsen – möglicherweise in Dresden und in manchen anderen Ecken nicht – im ländlichen Raum noch jede Menge Probleme in unserer Straßenverkehrsinfrastruktur haben? Dort könnten wir noch Geld verbauen. Ich hoffe, dass uns auch von der Bundesregierung einiges zur Verfügung steht.
Um die Zukunftsfähigkeit des Freistaates noch ganz zu gefährden, denke ich, dass Sie an die geheime Sparbüchse wollen. Die muss ja irgendwo stehen, vielleicht in der CDU-Fraktion. Gerade Sie als Haushälterin wissen doch, dass genau das unsere Stärke ist, dass wir uns in den vergangenen Jahren Polster aufgebaut und bestimmte Dinge geleistet haben, damit wir Krisen überstehen. Aber die Sparbüchse jetzt gleich einmal zu schlachten, um irgendwelche sinnlosen Programme aufzulegen, das werden wir nicht machen.
Ich glaube, wir können uns in 14 Tagen, wenn wir in der Haushaltsklausur zusammensitzen, über den Alternativhaushalt der Linksfraktion, den Herr Scheel sicher intensiv befördern wird, richtig totlachen. Dort werden wir eine ganze Menge solcher Blasen wiederfinden.
In vier Wochen haben wir unseren Doppelhaushalt hier im Hohen Hause zu diskutieren. Ich bin der Meinung und ich stehe auch dazu, da werden wieder Weichen gestellt. Unser sächsischer Haushalt ist schon, seit die CDU hier an der Regierung ist, ein Konjunkturprogramm für Sachsen, und das wird auch weiterhin so bleiben.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Jahre wieder – wir haben bald Weihnachten – beschert uns die Linksfraktion in diesem Hohen Haus das zweifelhafte Vergnügen einer Bahndebatte.
Ja, ihr auch. – So geschehen zur Sitzung des Sächsischen Landtages im Juli 2006 und im September 2007.
Ja, es geht immer mehr auf Weihnachten zu – Juli, September, November. – Nun ist der Anlass heute ein anderer und da möchte ich weniger auf Ihre Anmerkung zur Struktur der Bahn, zu Ihren Verstaatlichungsparolen usw. als vielmehr zur Situation auf der Bundesebene sprechen.
Offensichtlich sind die Meldungen der letzten Tage und Wochen, welche das Thema dieser Debatte ergeben, wohl darauf zurückzuführen, dass der Bundesverkehrsminister seinen Laden nicht im Griff hat. Darin sind wir uns sicherlich einig.
Im Hinblick auf die Begehrlichkeiten zu Preiserhöhungen der Deutschen Bahn trotzt Herr Tiefensee im Oktober 2006 noch kampfesmutig und führt aus: „Ich erwarte, dass die Bahn die mittlerweile dritte Preisanhebung besser und ausführlicher begründet. Die Kunden haben Anspruch darauf, die genauen Gründe für die Preiserhöhung zu erfahren. Erst dann kann sich die Öffentlichkeit eine Meinung zur Notwendigkeit und Angemessenheit der Preissteigerung bilden. Die Bahn muss alles tun, um einen Zusammenhang zwischen Teilprivatisierung und zusätzlicher Belastung der Kunden zu widerlegen.“ Das waren die Aussagen von Herrn Tiefensee am 11. Oktober 2006.
Zwei Tage später kippte er um und vollzog die unternehmerischen Gründe plötzlich nach.
Nun wieder ein ähnliches Spiel. Am 19. August dieses Jahres verteidigte Herr Tiefensee die angekündigte Preiserhöhung der Bahn zum Dezember dieses Jahres trotz gestiegener Umsätze und Gewinne im 1. Halbjahr 2008. Auch einen Zusammenhang zwischen Preissteigerung und Börsengang wollte der Verkehrsminister nicht erkennen. Noch am 1. September – trotz massiver öffentlicher Kritik
an den Preiserhöhungen, die unter anderem einen Bedienzuschlag von 2,50 Euro beinhalteten –, ließ Herr Tiefensee über seine Sprecherin ausrichten, dass es sich bei den Erhöhungen um unternehmerische Entscheidungen handle – Zitat: „Da bestehen keine Pläne, Druck auf die Bahn auszuüben.“
Ganze zehn Tage später kritisiert Herr Tiefensee gemeinsam mit der Gewerkschaft Transnet die Preispolitik der Deutschen Bahn und den geplanten Bedienzuschlag. Er machte sogar deutlich, dass er gleich mehrfach im Gespräch mit Herrn Mehdorn versucht habe, den Bedienzuschlag zu kippen.
Meine Damen und Herren! Wie viel Gehalt welche Aussage haben mag, möchte ich Ihrer persönlichen Einschätzung überlassen. Für mich geben allein diese wenigen Auszüge aus dem Agieren des Bundesverkehrsministers ein Zeugnis für fehlende Kompetenz und nicht vorhandene politische Weitsicht.
Beim Thema Bahnprivatisierung sieht die Bilanz nicht wesentlich anders aus. Während Herr Tiefensee den Koalitionspartner CDU am 30. Oktober 2007 noch ausdrücklich warnte, die Teilprivatisierung nicht infrage zu stellen und den Börsengang als integriertes Modell, also inklusive des Netzes, mitzutragen, machte er wenige Wochen später eine Rolle rückwärts und lobte den Verbleib des politischen Einflusses auf das Netz der Bahn. Dieser Einfluss blieb allerdings nur durch die vehemente Kritik der CDU erhalten. So ist das.
Während Herr Tiefensee am 30.05.2008 noch jubelnd die Entscheidung des Deutschen Bundestages zur Teilprivatisierung als seinen persönlichen Erfolg wertet, erklärt er der „Süddeutschen Zeitung“ am 06.11., also ein knappes halbes Jahr später, dass der Börsengang aufgrund der Finanzkrise abgesagt und darauf das Thema der Bonuszahlung für den Bahnvorstand vom Tisch sei. Zitat: „Das betrachte ich als meinen Erfolg.“ Also, hin Erfolg, zurück Erfolg – so Herr Tiefensee.
Viele der für unseren Freistaat wichtigen Infrastrukturprojekte, insbesondere im Bereich der Bahn, ruhen beim Bundesverkehrsminister im tiefen See bei Herrn Tiefensee. Zumindest das ist glaubwürdig. Doch dazu in der zweiten Runde.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den Bonuszahlungen brauche ich nichts mehr zu sagen. Die Pirouetten des Herrn Tiefensee haben Herr Morlok und Herr Lichdi präzise offengelegt. Aus meiner Sicht ist die Arbeit von Herrn Tiefensee, bezogen auf die Infrastruktur der Bahn in Sachsen, aber noch einmal zu beleuchten.
Die Arbeit von Herrn Tiefensee auf dem Gebiet der verkehrlichen Entwicklung Deutschlands ist nicht nur im Bereich des Schienenverkehrs von Erfolglosigkeit und fehlender Strategie gekennzeichnet. Nicht ohne Grund titelt „Die Welt“: „Das Chaosministerium des Herrn Tiefensee“.
Zeitgleich erhebt der Bundesrechnungshof neue Vorwürfe gegen den Verkehrsminister. Ihm wird schlampige Arbeit beim Bahn-Großprojekt „Stuttgart 21“ und bei der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm vorgeworfen. – Das nur am Rande.
Für Sachsen zeigt sich das Dilemma in folgenden Entwicklungen: Die Zuweisungen für Bundesautobahnen und Bundesstraßen sind rückläufig. Die Liste der Maßnahmen, die nicht realisiert werden können, ist lang. Auch die Fertigstellung der A 72 ist davon betroffen.
Weiterhin bestehen fehlendes Interesse an einer schnellen Realisierung der Elektrifizierung der Sachsen-FrankenMagistrale, zunehmende Verschlechterung des Bauzustandes der Verbindung Dresden-Berlin ohne Aussicht auf Besserung, fehlende Anbindung des Freistaates an wichtige Fernverkehrsverbindungen, zögerlicher Ausbau wichtiger grenzüberschreitender Grenzverkehrsverbindungen nach Osteuropa, keine Aktivitäten der Wiederherstellung des Zustandes der Elbe wie vor dem Hochwasser von 2002, fehlende politische Unterstützung bei der Sicherung der Nachtfluggenehmigung für Frachtmaschinen des Flughafens Leipzig/Halle – um nur einige zu nennen.
Auch das Großprojekt „City-Tunnel Leipzig“ ist durch fehlendes gemeinsames Handeln der zuständigen Ministerien in seiner Fertigstellung gefährdet, und das bei ständig steigenden Kosten.
In der Öffentlichkeit Versäumnisse bei der Fertigstellung der Sachsen-Franken-Magistrale einzuräumen und wenige Tage später, Herr Staatsminister, gemeinsame Erfolge beim Aufbau Ost zu vermarkten stellt wohl keine Basis für eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen dem sächsischen und dem Bundesverkehrsministerium dar.
Ich kann an dieser Stelle nur beide Ministerien nachdrücklich auffordern, die Fragen der Entwicklung des Schienennetzes in Deutschland und speziell in Sachsen endlich ernst zu nehmen und zielstrebig zu verfolgen,
statt sich mit Ausreden und gegenseitigen Zuweisungen über die Zeit zu retten. Die CDU-Fraktion hat dabei schon vor längerer Zeit einen entsprechenden Vorstoß gemacht und für die dringend notwendige und zielgerichtete Entwicklung des Schienennetzes in den neuen Bundesländern ein gesondertes Schieneninvestitionsprogramm Ost gefordert. Gehen Sie, Herr Jurk, diesen Weg mit Ihrer Fraktion endlich mit und setzen Sie Signale für eine leistungsfähige Bahn auch für Sachsen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute über ein aktuelles wirtschaftspolitisches Thema, das fast täglich durch die Presse geht. Die „Computerwoche“ berichtete am 8. September dieses Jahres:
„Die Erfolgsstory des Halbleiterstandortes Sachsen hat in den vergangenen Monaten einen Dämpfer bekommen.“
Am 7. Oktober jubelte unser Wirtschaftsminister – er ist leider nicht da – in den „DNN“ mit Blick auf das Engagement ausländischer Investoren bei AMD:
„Guter Tag für Mikroelektronikstandort Sachsen!“
Eine Woche später, am 14. Oktober, titelte die „Sächsische Zeitung“:
„Chip-Hersteller Qimonda streicht 950 Stellen.“
Keine andere Branche in Sachsen erlebte in so kurzer Zeit so viel Bewegung.
Doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte hier zu Beginn deutlich feststellen, wir sind auf dem richtigen Weg,
auch in Anbetracht der Turbulenzen an unseren Finanzmärkten.
An dieser Stelle möchte ich unserem Staatsminister der Finanzen und besonders unserem Ministerpräsidenten für die gestern Abend hier aktuell gegebenen Informationen danken. Ich glaube, es ist ein klares und gutes Verhandlungsergebnis. Sachsen hat jetzt Planungssicherheit und wir können uns wieder den Tagesaufgaben widmen. Wir können in Zukunft wieder die Wirtschaft aufbauen. Es ist mir wichtig, das an dieser Stelle noch einmal festzuhalten.
Herr Porsch, hören Sie zu! – Es war der richtige Weg, dass die CDU hier in Sachsen von Anfang an dem Aufbau der gewerblichen Wirtschaft, der Stärkung des Mittelstandes, dem Aufbau der Infrastruktur und der Stärkung unseres Bildungssystems, unserer Universitäten und Hochschulen, unserer Forschungslandschaft allerhöchste Priorität gewidmet hat. Wir sind nicht dem Irrglauben an die Wunderwirkung einer Dienstleistungsgesellschaft unterlegen, sondern wir haben auf das Wahre gesetzt und stehen damit auf solidem Grund.
Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle bescheinigt dem Freistaat Sachsen beim Aufbau des IT-Standortes eine vernünftige und zielgerichtete Förderpolitik. Nur diese Beharrlichkeit hat die Ansiedlung von Infineon, Qimonda und AMD möglich gemacht.
Jeder zweite in Europa produzierte und weltweit jeder fünfte Mikrochip kommt aus Sachsen. Das ist ein Erfolg. Das ist ein Aushängeschild für unseren Freistaat und das Ergebnis zielgerichteter und auf Wachstumsbranchen orientierter Förderpolitik.
Doch auch der Freistaat Sachsen kann sich der internationalen Entwicklung des Marktes und dem technologischen Fortschritt nicht entziehen. Die IT-Branche ist eine der dynamischsten der Welt. Wer bei Forschung und Entwicklung nicht am Ball bleibt, kommt sehr schnell ins Hintertreffen. Insbesondere im Bereich der Speicherchips, in dem Qimonda zu Hause ist, tobt ein weltweiter Preiskampf, besonders mit Konkurrenten in den USA und in Fernost. Sachsen befindet sich in einem globalen Standortwettbewerb und muss auch künftig dafür sorgen, den Anschluss an die Spitze nicht zu verlieren. Deshalb wünschen wir uns eine Lockerung des europäischen Förderrahmens, denn durch die Beschränkung der EUFördersätze ohne entsprechende Ausnahmemöglichkeiten für wichtige Investitionen kann Sachsen im weltweiten Wettbewerb den Anschluss an die Weltspitze möglicherweise verlieren.
Hier muss der Wirtschaftsminister aktiver werden – wieder nicht da – –
An dieser Stelle müssen wir aktiv werden, muss das Wirtschaftsministerium aktiv werden, und ich werde mit dem Wirtschaftsminister darüber noch einmal direkt sprechen.
Vergleicht man den Beschäftigungsanteil der Informations- und Kommunikationsbranche, kommt man zu dem Ergebnis, dass in Dresden mehr als dreimal so viele Menschen in dieser Branche beschäftigt sind wie im Bundesdurchschnitt.
Der Standort ist für Unternehmen wegen der vorhandenen Hochschulen und Technologieinstitute besonders interessant, besonders unserer Technischen Universität in Dresden, die entscheidend zu diesem Image beiträgt.
Sachsen ist im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie spitze in Deutschland und auch in Europa. Das ist die Botschaft, Herr Porsch, die heute von dieser Diskussion in diesem Hohen Haus ausgehen muss und nicht Ihre Nörgeleien und Ningeleien an allen möglichen Entwicklungen.
Wir sind insgesamt gut gerüstet. Unsere Wirtschaft ist breit aufgestellt und eine große Branchenvielfalt ist vorhanden. Der Chemnitzer Raum als Kraftpaket der sächsischen Wirtschaft, der Maschinenbau, die verarbeitende Industrie, unsere Energiewirtschaft, die Logistikbranche usw. geben uns mittlerweile Sicherheit, dass wir auch Turbulenzen, wie sie sich jetzt bei Qimonda zeigen, im internationalen Wettbewerb wieder überstehen werden.
Sicherlich ist es schmerzlich, wenn Entwicklungen wie bei Qimonda dazu führen, dass 950 Arbeitsplätze in einem Unternehmen abgebaut werden müssen. Wir lesen immer wieder in der Zeitung: AMD nimmt neue Leute auf, die Neuansiedlung von Questico Logic ist vorhanden und auch SolarWorld braucht angeblich noch 500 gute Leute. Mit Sozialplan usw. wird es den Leuten dort nicht bange sein.
Vor Kurzem hat sich auch die IG Metall beschwert, dass sie zu feige wären zu streiken, um sich für ihren Arbeitsplatz einzusetzen. Nein, die Situation ist anders. Der Standort Sachsen ist mittlerweile so gut gerüstet, die Arbeitsmöglichkeiten hier in Sachsen sind so gut, dass die Leute keine Angst zu haben brauchen, in kürzester Zeit wieder in Beschäftigung zu kommen. Genau das ist das Positive, das wir in Sachsen erreicht haben.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen jetzt über eine Angelegenheit, die uns allen sehr am Herzen liegt, sehr am Herzen liegen müsste.
Die Verbundnetz Gas AG in Leipzig ist eine der wenigen Erfolgsgeschichten eines ostdeutschen Unternehmens, welches es aus eigener Kraft geschafft hat, sich schon im ersten Halbjahr 1990, also vor Inkrafttreten der Wirtschafts- und Währungsunion, zu gründen und sich, ohne von der Treuhand abgewickelt, reglementiert oder zerschlagen zu werden, zu einem bedeutenden Unternehmen auf dem deutschen Energiemarkt zu entwickeln.
Die VNG ist heute der drittgrößte deutsche Erdgasimporteur, dessen Kerngeschäft die internationale Beschaffung von Erdgas und die Versorgung von Großkunden vornehmlich in Ostdeutschland beinhaltet. VNG ist auch ein verlässlicher Partner unserer Stadtwerke in Sachsen.
Es ist das einzige bedeutende privatwirtschaftliche Unternehmen mit einer ostdeutschen Vergangenheit und Sitz in den neuen Bundesländern. Diesem Unternehmen droht nun offensichtlich eine feindliche Übernahme. Dies wollen und dies müssen wir verhindern.
Deshalb hat die CDU-Fraktion gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner heute diese Debatte im Sächsischen Landtag beantragt.
Zunächst sei mir einmal zum besseren Verständnis ein Ausflug in die Vergangenheit und in die Gesellschafterstruktur gestattet. Seit 1990 war der Gasversorger Ruhrgas fairer Partner der VNG. Im Zuge der Freigabe des Zusammenschlusses der E.ON. AG mit Ruhrgas wurde im Jahre 2002 durch eine sogenannte Ministererlaubnis nach § 24 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung vom Bundesminister für Wirtschaft die Aktionärsstruktur der Verbundnetz Gas AG neu geordnet. Ruhrgas musste seine Anteile an der VNG abgeben. Ziel war es unter anderem, die VNG mit Hilfe eines sogenannten strategischen Investors als unabhängig agierendes Unternehmen zum Wettbewerber der infolge der Ministererlaubnis entstandenen E.ON Ruhrgas zu entwickeln.
Zugleich sollten kommunale Aktionäre mit einer Aufstockung ihrer Anteile auf eine Sperrminorität sicherstellen können, dass die VNG als unabhängiges ostdeutsches Unternehmen erhalten bleibt und damit der Sitz und wesentliche Unternehmensteile der Gesellschaft in Leipzig verbleiben.
Infolge der Neuordnung der Aktionärsstruktur erwarb die EWE AG Oldenburg als neuer strategischer Investor 47,9 % der Anteile an der VNG. Mit den kommunalen Aktionären der VNG, die ihre Anteile in der Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft VNG VuB gebündelt haben, hat sich die EWE AG zudem konsortial verbunden.
Zur Untersetzung des in der Ministererlaubnis geforderten strategischen Auftrages an den potenziellen Erwerber hat sich die EWE AG gegenüber den kommunalen Aktionären der VNG und der deutschen Politik, insbesondere den Ministerpräsidenten Ostdeutschlands, verpflichtet, gemeinsam mit der VNG eine neue Kraft am deutschen Energiemarkt zu etablieren. Dazu sollte in Ostdeutschland eine Holding gegründet werden, die bei Beibehaltung der Unternehmensstandorte Leipzig und Oldenburg beide Unternehmen mit paritätisch besetztem Management führen sollte.
Im Konsortialvertrag sind die oben genannten Zielvorstellungen der Ministererlaubnis ausdrücklich aufgenommen worden.
Leider, meine sehr verehrten Damen und Herren, wurden die blumigen Versprechungen der EWE AG nicht umgesetzt – ganz im Gegenteil. Die EWE AG versuchte schon seit 2003, also ein Jahr nach dem Einstieg, kommunale Anteile der VNG zu erwerben. Derzeit üben die zwölf Kommunen über ihre treuhänderisch gebundenen Anteile 25,79 % der Sperrminorität innerhalb der Verbundnetz Gas AG aus. Die EWE AG hat ihre Anstrengungen, die Mehrheit an der VNG zu erwerben, weiter erhöht. Sie versucht wiederholt und mit Nachdruck, von einzelnen kommunalen Anteilseignern deren an der VNG gehaltene Anteile zu Preisen zu erwerben, die nach meiner Kenntnis beim Dreifachen und damit weit über dem marktüblichen Preis liegen.
Am 18. April 2008 haben zwei Gesellschafter der VNG VuB in Abstimmung mit den anderen Gesellschaftern gegen den geplanten Anteilsverkauf der Stadtwerke Jena-Pößneck an die EWE AG Klage beim Landgericht Gera erhoben, da die verkaufswilligen Stadtwerke nach Auffassung der Mitgesellschafter in der VNG VuB gegen eine im Gesellschaftsvertrag der VNG VuB vereinbarte Andienungspflicht über die Anteile verstoßen haben.
Die Stadt Halle hat einen Austritt der Stadtwerke Halle aus der VNG VuB zum Jahresende angekündigt. Begründet wurde dies damit, dass man bei einer möglichen Veräußerung der Anteile frei darin sein möchte, an wen man eventuell veräußert.
Die zwölf kommunalen Anteilseigner haben den Konsortialvertrag mit der EWE AG am 01.09.2008 gekündigt. Die Verabredung zu einer Zusammenarbeit innerhalb der Aktionärsschaft der VNG wurde damit beendet.
Die Gesellschafter der VuB nehmen damit ihre Verantwortung zur Sicherung der mit der Ministererlaubnis verbrieften Eigenständigkeit der VNG AG in den neuen Bundesländern wahr.
Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht eines der wenigen ostdeutschen Großunternehmen in einer äußerst schwierigen Situation: Die Übernahme der Mehrheitsanteile durch die EWE AG und der Verlust der Sperrminorität der kommunalen Gesellschafter bedeutet gleichzeitig den Verlust der Entscheidungsmöglichkeiten für die Entwicklung des Unternehmens, insbesondere
auch für die Entscheidung über Arbeitsplätze, Firmensitz und gesellschaftliches Engagement.
Mit den Konzentrationsbestrebungen der EWE AG sind nicht nur mehr als 600 Arbeitsplätze in der Region Leipzig infrage gestellt. Das Ausmaß einer solchen Entwicklung ist für die Region gravierend. VNG macht derzeit fünf Milliarden Euro Umsatz. Sie müssen sich diese Zahl einmal verinnerlichen: Das ist fast so viel wie der Umsatz des gesamten Maschinenbaus in Sachsen. Sie können abschätzen, welche Steueraufkommen damit verbunden sind. Eine Vielzahl von Projekten im sozialen Bereich, der Bildung und Wissenschaft, der Kunst und Kultur und auch des Sports genießen die umfangreiche Unterstützung der Verbundnetz Gas AG. Diese Projekte würden bei Erfolg der Übernahmepläne der EWE AG allesamt vor dem Aus oder zumindest vor enormen finanziellen Problemen stehen.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann keineswegs im Interesse dieses Hohen Hauses und der Sächsischen Staatsregierung sein.
Und nicht nur das: Diese Entwicklung hat eine mitteldeutsche Dimension. Sachsen-Anhalt und Thüringen profitieren ebenfalls in nicht unerheblichem Maß vom Vorhandensein des Firmensitzes der Verbundnetz Gas AG in Leipzig.
Wir haben in der letzten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im Rahmen eines Antrages der Koalition über die Entwicklung der Metropolregion Halle-Leipzig-Sachsendreieck diskutiert. VNG ist ein wichtiger Bestandteil bei der wirtschaftlichen Entwicklung dieser europäischen Metropolregion. Deshalb stehen alle Partner der mitteldeutschen Region und besonders die Stadt Halle in der Verantwortung, sich für den Fortbestand von VNG am Standort Leipzig einzusetzen. Der Sinn einer solchen Metropolregion besteht doch gerade darin, das Wohl einer Region über den eigenen Vorteil zu stellen.
Ich möchte noch einen weiteren Aspekt – die Energiepreisentwicklung – ins Feld führen. Bezahlbare Energie- und Versorgungssicherheit können wir nur gewährleisten, wenn die weitere Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte vorankommt. Allein ein gesunder Wettbewerb unter den Herstellern von Energie, den Netzbetreibern und den Versorgern sichert, dass nicht nur in der nationalen, sondern auch in der europäischen Dimension akzeptable Energiepreise für Unternehmen und Bürger zustande kommen.
Auch diese politische Zielstellung widerspricht der geplanten feindlichen Übernahme der EWE AG.
Es ist unsere Aufgabe, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln diese Entwicklung zu verhindern, denn sie schwächt den Standort Sachsen und die Region Mitteldeutschland. Aus diesem Grunde haben wir uns in der Koalition darauf verständigt, den heute vorliegenden
Antrag in das Hohe Haus einzubringen, um die Möglichkeiten des Freistaates Sachsen zu erörtern und eine Einflussnahme der Bundesregierung einzufordern; denn gerade diese benötigen wir dringend.
Der Bundeswirtschaftsminister hat in seiner Ministererlaubnis im Jahr 2002 klar und eindeutig festgelegt, dass eine Neuregelung der Gesellschafterstruktur der Verbundnetz Gas AG mit dem Ziel erfolgen muss, ein eigenständiges und strategisch unabhängig agierendes Energieunternehmen zu erhalten. Gleichzeitig hat sich die EWE AG gegenüber den Ministerpräsidenten der neuen Länder verpflichtet, die VNG als unabhängiges Unternehmen zu sichern und durch die Sperrminorität der kommunalen Anteilseigner den regionalen Einfluss zu erhalten.
Heute müssen wir feststellen, dass die EWE AG klar gegen die Ministererlaubnis verstößt und auch die Zusage gegenüber den Ministerpräsidenten nicht einhält. Mit Lockangeboten versucht sie, kommunale Anteilseigner zum Verkauf zu bewegen. Dabei werden Summen gehandelt, welche den tatsächlichen Wert der Aktienanteile übersteigen. Manche Verwalter öffentlicher Haushalte vergessen dabei offenbar, welche Verantwortung sie für Bürger und Unternehmen haben. Ich möchte hier die kommunalen Anteilseigner ermutigen, sich massiv gegen die Praktiken von EWE zur Wehr zu setzen.
Ich möchte an dieser Stelle auch eine klare Forderung an Bundeswirtschaftsminister Michael Glos richten: Sorgen Sie, sehr verehrter Herr Bundeswirtschaftsminister, dafür, dass eine Ministererlaubnis, die klare Regelungen und Perspektiven für den Fortbestand von VNG am Standort Leipzig beinhaltet, nicht zum bedeutungslosen Stück Papier verkommt!
Sie muss vollinhaltlich eingehalten und umgesetzt werden, notfalls auch mit eindeutigen Maßnahmen gegenüber der EWE. Es kann nicht angehen, dass EWE derart agiert und der Bundeswirtschaftsminister wegschaut. Das werden wir sächsischen Abgeordneten nicht tolerieren.
Unserem Ministerpräsidenten Tillich danke ich für die bisherigen Bemühungen in der Angelegenheit VNG und bitte ihn, sich gegenüber der Bundesregierung intensiv für eine Beendigung des Tauziehens einzusetzen und um ein klares Wort der Kanzlerin und des Bundeswirtschaftsministers zu bemühen.
Wir müssen den Standort Leipzig der Verbundnetz Gas AG erhalten, die vorhandenen Arbeitsplätze sichern und die Vielfalt am deutschen Energiemarkt weiter ausbauen. Eine Übernahme der VNG durch EWE konterkariert diese Zielstellung. Das werden wir nicht zulassen. Wir sind das der Region, den Leipzigern und den Mitarbeitern von VNG schuldig.
Recht vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die einhellige Übereinstimmung mit unserem Antrag wurde von allen Fraktionen signalisiert; ich finde, das ist gut, und das muss auch so sein.
Die Verhältnisse sind klar. Es geht um die Westverlagerung eines unserer größten ostdeutschen Unternehmen, und dem wollen und können wir nicht tatenlos zusehen.
Dem können wir schon deshalb nicht tatenlos zusehen, weil so etwas das hohe Maß an Solidarität, das wir gerade aus Westdeutschland in den vergangenen Aufbaujahren hier in Sachsen erhalten haben, völlig konterkariert. Das ist politisch ein Weg, der nicht gegangen werden darf. Darum bitten wir nicht zuletzt die Bundesregierung um Unterstützung.
Gestern gab es die große Party in Leipzig. Leider konnte niemand von uns dabei sein, weil wir hier im Plenum unsere Aufgaben hatten. Das war terminlich nicht sehr gut koordiniert; das muss man an dieser Stelle auch einmal erwähnen. Alle Akteure waren dabei. Ich verstehe, dass möglicherweise in der Öffentlichkeit nicht Dinge gesagt wurden, die dort vielleicht abgesprochen wurden oder die schon in Vorbereitung sind. Ich habe auch keine Information, dass etwas geregelt wurde.
Aber ich habe die Hoffnung – und das müssen wir hier wirklich deutlich zum Ausdruck bringen, auch unsere Forderung –, dass die Bundesregierung hier als Einzige noch die Möglichkeit hat – wenn die Papiere oder die Ministererlaubnis so wenig trägt, dass die Gerichte am Ende den Dammbruch nicht aufhalten können –, noch eingreifen zu können und das zu verhindern, was nicht passieren darf.
Bitte.
Ich möchte erst einmal etwas zum ersten Teil Ihrer Frage sagen. Wie die Chancen der beiden Ministerpräsidenten stehen, weiß ich nicht; darüber möchte ich auch nicht spekulieren. Ich denke aber, wir haben die besseren Argumente auf unserer Seite. Das müssen wir verdeutlichen.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Ich bin mir sicher, wenn es nur noch darum geht, die Anteile aufzufangen, die die Kommunen verkaufen wollen, dann werden wir in Sachsen eine Lösung finden.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Aufbau Ost ist eine Erfolgsgeschichte, besonders in Sachsen, aber auch in den anderen neuen Bundesländern, und das trotz zahlreicher Unkenrufe und Diskreditierungsversuche von vielen Seiten. Er ist besonders ein Ergebnis der Wiedervereinigungspolitik der CDU.
Es wurde in den neuen Bundesländern nach 40 Jahren Planwirtschaft eine umfangreiche, tiefgreifende und wohl auch einmalig erfolgreiche Entwicklung in Gang gesetzt. Auf breiter Basis ist ein engagierter sächsischer Mittelstand entstanden und hat eine dynamische Entwicklung
unserer Wirtschaft bewirkt. Innovative Unternehmer und Unternehmen, gut ausgebildete Fachkräfte und eine ausgebaute Infrastruktur sichern die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes.
Das, was wir erreichen konnten, ist in erster Linie auf die Unterstützung des Bundes und der Europäischen Union zurückzuführen, die umfangreiche Fördermittel zur Verfügung gestellt haben. Dafür sind wir dankbar und wir haben diese in Sachsen intelligent, zielgerichtet und mit hoher Effizienz eingesetzt.
Die wichtigsten Förderinstrumente zur Sicherung des wirtschaftlichen Aufschwunges in unserem Land sind die Förderungen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe – kurz GA genannt –, die Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur und die Investitionszulage. Ziel unseres Handelns war es dabei stets, den Menschen in unserem Land durch die Entwicklung einer leistungsfähigen Wirtschaft Arbeit zu geben, ihnen dadurch zu ermögli
chen, ihre Familie zu versorgen und sich eine Existenz in Sachsen aufzubauen.
Dass wir bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Ansiedlung von Unternehmen und deren Ausbau ein gutes Ergebnis erzielt haben, zeigen folgende Zahlen:
Von 2000 bis 2007 sind rund 4,3 Milliarden Euro Investitionszulage in die mittelständische Wirtschaft geflossen. Von den Fördersummen her betrachtet hat die GAFörderung eine noch größere Bedeutung für die sächsische Wirtschaft. Von 2000 bis Ende 2007 sind rund 8,4 Milliarden Euro an die Unternehmen ausgereicht worden. Die Gelder flossen in rund 20 000 Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft mit rund 51 Milliarden Euro Investitionsvolumen. Damit wurden die Voraussetzungen für rund 254 000 neue Arbeitsplätze geschaffen und rund 259 000 bestehende gesichert.
Im Bereich der wirtschaftsnahen Infrastruktur wurden bis Ende 2005 rund 4 900 Anträge mit einem Investitionsvolumen von 7,7 Milliarden Euro bewilligt.
Das sind enorme Finanzhilfen, und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Sachsen hat sein Bruttoinlandsprodukt gegenüber 1991 um das 2,6-Fache auf 92,4 Milliarden Euro steigern können und liegt mit Thüringen an der Spitze der Wirtschaftsentwicklung in den neuen Bundesländern. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner lag Sachsen 2007 an der Spitze im Osten.
Auch bei der Entwicklung der Bruttolöhne müssen wir uns nicht verstecken. Der Bruttolohn je Arbeitnehmer hat sich seit 1991 in Sachsen fast verdoppelt. Damit liegen wir in der Entwicklung weit vorn.
Tatsache ist aber auch, dass wir beim Vergleich der vorgenannten Indikatoren mit den alten Bundesländern noch erheblichen Nachholbedarf haben. Beim BIP je Einwohner lagen wir beispielsweise im vergangenen Jahr noch um fast 15 % hinter dem schlechtesten alten Bundesland – Schleswig-Holstein – zurück.
Auch beim Thema Bruttolohn hinken wir erfahrungsgemäß hinter den alten Bundesländern her. Vom schlechtesten westlichen Land trennten uns im vergangenen Jahr im Durchschnitt immerhin 12 %.
Dies zeigt uns in erster Linie, dass wir in Sachsen trotz größter Anstrengungen und Investitionen in Wirtschaft und Infrastruktur noch nicht über die Stärke an Unternehmen und über ausreichend Eigenkapital verfügen, um den Menschen die gewünschten Lohnsteigerungen sichern zu können. Unsere zumeist kleinen und mittleren Unternehmen sind noch von zu vielen Störfaktoren abhängig. Bereits kleinere Marktstörungen, vorübergehende Zahlungsausfälle oder Auftragseinbrüche werden mitunter nur schwer verkraftet. Wir brauchen mehr große Unternehmen, damit Schlagkraft und Entscheidungshoheit zunehmen und Abhängigkeiten verringert werden.
Die Wirtschaft braucht auch weiterhin die Unterstützung des Landes, des Bundes und der Europäischen Union. Nur so kann es uns in den kommenden Jahren gelingen, die
eigenständige wirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren und dauerhaft zu sichern.
Deshalb freue ich mich, dass das Präsidium der CDU Deutschland auf seiner Sitzung am 30. Juni 2008 ein 10Punkte-Programm „Perspektiven für den Osten Deutschlands“ beschlossen hat, an dessen Erarbeitung Ministerpräsident Stanislaw Tillich wesentlich mitgewirkt und damit für den Osten die richtigen Weichen gestellt hat.
Ich zitiere aus Punkt 1: „Wachstum braucht starke ostdeutsche Unternehmen. Die ostdeutschen Länder können schon in naher Zukunft mit der Industriedichte westdeutscher Länder gleichziehen. Das setzt aber weitere Förderung voraus. Für alle ostdeutschen Länder wollen wir daher die im Jahr 2009 auslaufende Investitionszulage bis zum Jahr 2013 verlängern und degressiv ausgestalten. Um bedeutsame Einzelinvestitionen weiterhin zielgenau fördern zu können, wollen wir die Bund-LänderGemeinschaftsaufgabe ‚Regionale Wirtschaftsstruktur’ im jetzigen Förderumfang bis 2013 weiterführen und prüfen, ob eine Verlängerung möglich ist.“ Das ist eine gute Nachricht für unser Land, für unsere Entwicklung und für diese Diskussion.
Allein im Jahr 2007 haben wir durch den Einsatz von 326 Millionen Euro im Rahmen der GA eine Investitionssumme von 1,9 Milliarden Euro in Sachsen initiiert. Auf jeden Euro Förderung kamen somit fast 6 Euro Investitionen. Daher wird wohl niemand mehr an der Effizienz der GA zweifeln können.
Durch die insgesamt 665 geförderten Vorhaben wurden im vergangenen Jahr 7 950 neue Arbeitsplätze geschaffen und 25 540 gesichert. Das Ergebnis zeigt, dass die Gemeinschaftsaufgabe besonders dem sächsischen Mittelstand zugute kommt. Das wollen wir auch in den kommenden Jahren so beibehalten.
Gleichzeitig muss es uns aber auch gelingen, sächsische Leuchttürme zu erhalten und ihre Wirtschaftskraft, die sich in besonderem Maße auf die Regionen auswirkt, zu sichern und auszubauen. Hier müssen wir im internationalen Vergleich auch unkonventionelle Wege gehen können.
Nun möchte ich zu einem weiteren Anliegen des bereits genannten CDU-10-Punkte-Programms kommen. Dort steht: „Bei der Föderalismusreform soll geprüft werden, ob Abweichungsrechte und Öffnungsklauseln eingeführt werden können, mit denen die Länder individuell und schnell auf veränderte Probleme reagieren können.“ Man will damit einen Wettbewerb um intelligente und effiziente Lösungen in Gang setzen, der für Deutschland insgesamt von Nutzen ist.