Ole Kreins
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Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte, jetzt kommt noch mal ein Feuerwerk über alle angeblichen Missstände, aber Sie benennen durchaus sinnvolle Infrastrukturprojekte, die Anwohnerinnen und Anwohner in den Wohnlagen in Friedrichsfelde, Karlshorst, Biesdorf, Mahlsdorf und Kaulsdorf entlasten sollen. Sie themati
(Stefan Gelbhaar)
sieren die TVO zu Unrecht als Verkehrsinfrastrukturprojekt, das nicht mehr urban und städtisch ist.
Aber ich will zu Ihrer Rede kommen: Die Geschäftsordnungsspielchen sind Spielchen der anderen. Daran haben wir uns nicht beteiligt, das müssen Sie zugeben. Und ich will auch lieber zum Inhalt kommen. Geschäft der Opposition ist – das ist eine Binsenweisheit – die Nörgelei. Und wenn die Nörgelei nicht funktioniert, dann stellt man das Volk gegen den Senat, gegen die Regierung auf und tut so, als wäre alles ganz tragisch.
Die Berlinerinnen und Berliner fahren trotz Ihrer Nörgelei Fahrrad.
Ich will Sie noch von einem Irrtum befreien, Herr Kollege Gelbhaar, hier hätte irgendjemand die Verkehrswende verschlafen. Das heißt, dass Sie sie nicht wahrgenommen haben.
Die haben Sie schon längst verschlafen, denn wir reden nicht mehr über Pferdekutschen, Zeppeline und Elektrobusse, nein, die Verkehrswende ist im vollen Gang. Der ÖPNV wird ausgebaut. Neue Straßenbahnstrecken kommen hinzu. Die Nord-Süd-S-Bahnverbindung wird gebaut. Im ÖPNV verzeichnen wir jährlich Fahrgastrekorde bei BVG und S-Bahn. Die BVG erwirtschaftet wieder Gewinne. Wir sind bei S-Bahn und BVG in Milliardengrößenordnungen in die Fahrzeugbestellung eingestiegen. Die Taktzeiten verdichten sich. Betriebszeiten verlängern sich. Das Thema Barrierefreiheit und Sicherheit beim ÖPNV wird verbessert.
Wir haben eine anerkannte und erfolgreiche Fußverkehrsstrategie. Trotz der wachsenden Stadt und der wachsenden Bevölkerung nimmt der Anteil der Pkw am Modal Split ab. Die Berlinerinnen und Berliner legen ihre Wege mit Rad, aber auch mit Bahn und zu Fuß zurück. Warum sage ich das? – Weil die Grünen im Hause so tun – das war auch Schwerpunkt dieser Legislaturperiode –, als würde jeder und jede in Berlin ausschließlich mit dem Fahrrad unterwegs sein und es wäre scheinbar nur die einzige Möglichkeit, durch diese Stadt zu kommen. Die Berliner SPD steht zum Umweltverbund aus Rad-, Fußverkehr und ÖPNV.
Nein! Ich habe ihn auch nicht gestört.
Ich würde gerne fortfahren. – Wir werden im Gegensatz zu Ihnen keine Politik machen, die gegen eine Verkehrsart geht, sondern es geht um das integrierte Miteinander in einem begrenzten Verkehrsraum. Herr Gelbhaar! Wer nicht verstehen will, dass es hier um das Miteinander in dieser Stadt geht, der kann keine Verantwortung für Berlin insgesamt übernehmen.
Nur um mal kurz anzureißen, was wir hier gemacht haben: Es gibt eine von allen Akteuren hier im Haus anerkannte Radverkehrsstrategie als theoretisches Konzept. Wir haben in den vergangenen Jahren die Haushaltsansätze erhöht, die für den Radverkehr von Bedeutung waren. Wir haben ein umfangreiches Radleihsystem auf die Straße gebracht und werden mit den Senatsbeschlüssen zur mittelfristigen Finanzplanung, die am Dienstag bekanntgeworden sind, Gelder in Größenordnung von 40 Millionen zur Verfügung stellen. Die wachsen dahin auf. Seit Beginn der Legislaturperiode haben wir die Finanzierung des Radverkehrs mehr als verdoppelt. In den letzten zehn Jahren – auch unter Rot-Rot – sind schon an vielen Bahnhöfen Abstellplätze entstanden.
Noch im September wird eine Fahrradinfrastrukturgesellschaft gegründet, um die Defizite, die in dieser Legislaturperiode sichtbar geworden sind, anzugehen. Grün Berlin GmbH wird das Dach bilden, und unter diesem Dach werden Planung und Steuerung der Verkehrsinfrastruktur des Landes und der Bezirke gebündelt. Wir begegnen damit zwei Defiziten – erstens den ausgedünnten Abteilungen der Tiefbauämter einiger Bezirke und zweitens beantworten wir die Frage der Koordination zwischen den Bezirken untereinander und den Bezirken und der Senatsebene auf der anderen Seite.
Wenn wir Priorität für den Umweltverbund voraussetzen, kontinuierlich Geld bereitstellen, Personal in der Senatsverwaltung und in den Bezirken bereitstellen, bleibt ein weiteres gesetzgeberisches Defizit, und das haben wir uns alle nicht auf die Agenda geschrieben, nämlich die Frage, wie wir die komplexen und zeitaufwendigen Planungs-, Genehmigungs- und Bauprozesse für die Radverkehrsanlagen beschleunigen können. Dazu steht in beiden Anträgen relativ wenig. Hier 42 Seiten Volksgesetzgebung, ein Artikelgesetz, da ein Antrag der Grünen in Form einer Resolution, hier 100 000 Unterschriften, allerdings in der alten Fassung vor dem Sommer, mittlerweile noch erheblich geändert, da drei Unterschriften: Pop, Gelbhaar, Kapek. Hier die guten Ziele zur Förderung des Radverkehrs, die wir teilen, aber auch einige Defizite im Gesetz, die Sie auch kennen, hier in Ihrem Antrag alte Kamellen, Platzhalter und bereits in Umsetzung begriffene Initiativen.
Hier der Versuch, Radverkehr über andere Verkehrsarten zu stellen, und hier der Versuch, Carsharing als Bestandteil des Umweltverbunds zu verkaufen.
Ein Seitenhieb sei mir gestattet, bevor ich zum Schluss komme.
Wenn die gesetzgeberische Kompetenz der Grünen außerhalb des Parlaments liegt, und das haben einige scheinbar schon verstanden, dann kann es durchaus sein, dass die Grünen auch außerhalb des Parlaments landen werden.
Punkte im Radverkehrsgesetz, an denen man Defizite festmachen kann, sind das Versprechen längerer Ampelphasen für alle und zeitgleich grüne Welle für Autos und Radfahrer, die man bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten schwer realisieren kann. Aber lassen Sie uns das diskutieren! In der nächsten Legislaturperiode wird auch dieses Thema ein weiteres wichtiges Thema sein, egal in welchen Konstellationen hier Verantwortung übernommen wird. Den Radverkehr werden wir ausbauen und fördern, ob mit Gesetz oder ohne. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuvorderst möchte auch ich mich beim Ausschussbüro, bei Herrn Wagner und Frau Huang, be
(Martin Delius)
danken. Sie haben den Ausschuss immer in einem sicheren Fahrwasser schippern lassen, obwohl Sie nicht am Ruder waren, um mal dieses Bild zu nutzen; am Ruder war ja der Ausschussvorsitzende. Wir haben keinen Schiffbruch erlitten und am Ende des Zeitraums dann doch einen guten Bericht auf die Beine gestellt. Ich möchte mich aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Ihrem Büro, in der zweiten Reihe, bedanken, die wir nicht so häufig gesehen haben, die aber die Organisation vollzogen haben,
bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses, bei denjenigen, die für Sicherheit und Versorgung gesorgt haben, sowie ganz ausdrücklich beim Stenografischen Dienst. Die Anzahl der Protokolle war sehr umfangreich; das füllt mehrere Aktenordner in meinem Büro.
Man kann es gar nicht deutlich genug hervorheben: Für uns war das absolut wichtig, weil wir sonst unsere Arbeit nicht hätten leisten können. – Zuletzt auch ein Dank an Herrn Delius, da Sie stets bemüht waren, den Ausschuss voranzubringen.
Zum Bericht: Ja, er ist umfänglich; kürzer hätte man ihn nicht machen können. Trotz seiner 380 Seiten ist er gut strukturiert und gut lesbar. Wir haben den Untersuchungsauftrag und die 264 Einzelfragen – manche mehr, manche weniger intensiv – bearbeitet. Der Adressat des Berichts ist das Abgeordnetenhaus, insofern ist es schön, dass noch so viele Parlamentarier aufmerksam sind. In zweiter Linie ist es aber auch die Öffentlichkeit. Deswegen war es wichtig, dass die Zeugenbefragungen zum großen Teil öffentlich stattgefunden haben und wir, Herr Delius hat es gerade gesagt, sehr umfangreiche Zeugenbefragungen durchgeführt haben. Wir haben umfangreich Material gesammelt und Zeugen befragt. Zum Ende des Ausschusses hatten wir sehr viel weniger Zeit für die Beweiswürdigung, für die Abwägung der unterschiedlichen Argumente und der Glaubhaftigkeit von Zeugen; auch das ist ein Hinweis für und an uns und an diejenigen, die am Zeitplan gearbeitet haben. Wir haben sachlich abgearbeitet und die Aussagen, die im Bericht formuliert sind, mit Fundstellen belegt. Wir haben uns darauf eingelassen, Argumente aufzunehmen, wenn sie formal und inhaltlich richtig waren. Dinge, die unbegründet waren, die aus der Abteilung „Geschichten vom SanktNimmerleins-Tag“ oder aus anderen, kontrafaktischen Geschichtsschreibungen kamen, haben wir nicht aufgenommen. Wir haben hingegen alles aufgenommen, was mit Zeugenaussagen und Dokumenten belegbar war. Die umfangreichen Wortwechsel, die Fragen und Antworten der Verhöre, haben wir nicht dokumentiert, vielmehr haben wir versucht, den Bericht lesbar zu halten.
Was haben wir gefunden? – Ich nenne Ihnen etwas, was am Wenigsten überraschend ist; das ist ein kurzer Abschnitt aus dem Bereich der unvorhersehbaren Ereignisse. Solche Dinge können zu Bauverzögerungen oder auch zu Terminschwierigkeiten führen, nicht jedoch zu einer Absage eines Eröffnungstermins. Was meine ich? – Ich meine die Auswirkungen neuer EU-Sicherheitsvorschriften zu Flüssigkeitsscannern oder auch den harten Winter 2010/2011; all das soll neben der Insolvenz eines Planers genannt werden. Meiner Beurteilung nach ist das für die Terminverschiebung nicht relevant, aber es ist eines unserer Untersuchungsergebnisse. Ich weiß, dass Sie das nicht so interessant finden.
Der zweite Punkt, den wir gefunden haben, betrifft das Thema individuelles Versagen und Fehleinschätzungen. Hier will ich näher darauf eingehen, dass Terminwarnungen von der Geschäftsführung nicht ernst genommen wurden bzw. die Insolvenz eines Teils der Planungsgemeinschaft pg bbi nicht abgewendet wurde. Wir haben Planungsverzüge, die sichtbar waren, von denen die Geschäftsführung an vielen Stellen jedoch glaubte, das sei korrigierbar. Wir haben festgestellt, dass die pg bbi einerseits plante, andererseits die Bauüberwachung kontrollierte, schon bei der Planung mangelhaft besetzt war und bei der Bauüberwachung die mangelnde Planung natürlich auch nur mangelnd überprüfen konnte. Wir haben die Überschätzung der Herausforderungen zusätzlicher Gebäudebestandteile und des Ebenenshifts auf die Planung und der Brandschutzanlage insgesamt durch die FBB. Wir haben feststellen können, dass die Geschäftsführung den Aufsichtsrat mangelhaft und unzureichend informiert hat, nicht nur an einer, sondern an mehreren Stellen. Ein Aufsichtsrat ist natürlich immer nur so gut wie die Information der Geschäftsführung an ihn.
Deswegen ist das auch ein Teil dieses Berichts.
Wir wissen, dass die Geschäftsführung Berichte an den Aufsichtsrat verändert hat, dass sie die Ampelfarben verändert, neu eingefärbt und beschönigt und auch textlich, sprachlich gerändert hat. Auch das trug dazu bei, dass die Öffentlichkeit nicht immer einen ausreichenden Blick auf den Stand der Dinge am Flughafen BER hatte.
Bei den individuellen Fehlleistungen haben wir auch die zeitintensive Bestandsaufnahme des Herrn Amann im Jahr 2012/2013, die dazu geführt hat, dass Stillstand auf der Baustelle herrschte und, wenn ich mich recht entsinne, 124 000 Bauschäden dokumentiert wurden, von denen nur, das kam für die Öffentlichkeit nicht heraus, ein Bruchteil – ein kleine dreistellige Zahl – systemrelevant war. Wir hatten den Kampf der Alphatiere, wie wir es genannt haben, innerhalb der Geschäftsführung zwischen Schwarz und Körtgen, aber auch zwischen Amann und Mehdorn, die unklare Hierarchien organisiert haben.
Und da sind wir dann schon beim dritten Punkt, strukturelle Defizite und Organisationsversagen. Diese unklare Hierarchie der Geschäftsführung ist bei den Zeugenbefragungen deutlich herausgekommen. Einer dachte immer, der andere wäre verantwortlich, und beide wollten dann an der Stelle in der Geschäftsführung nicht die Verantwortung tragen.
Deutlich kritisch ist zu sehen, dass gewisse Dinge unter ästhetischen Gesichtspunkten entschieden worden sind und nicht unter technisch-praktischen, wie eine Entrauchungsanlage, die nach unten entrauchen soll. Auch an diesem Punkt war die Herausforderung deutlich sichtbar, dass wir dort zu einem anderen Ergebnis kommen können.
Es gab Kommunikationsstörungen zwischen Projektsteuerung und Geschäftsführung, eine mangelhafte Unternehmenskultur in Bezug auf die Kritikfähigkeit und die – wie der Kollege Evers immer sagte – autosuggestive Fixierung auf den Eröffnungstermin innerhalb der FBB.
Wir haben Verantwortungslücken innerhalb der FBB aufdecken können und natürlich auch geteilte Verantwortlichkeiten unter vielen verschiedenen Akteuren. Es gab ein mangelhaftes manipulationsanfälliges Berichtssystem und Planungsgemeinschaften, die nicht ertüchtigt waren.
Beim Thema Fehlentscheidungen kommt man zu dem Punkt, dass man verschiedene Dinge kritisch sehen kann, beispielsweise die Übernahme der Bauherrenfunktion der Flughafengesellschaft, ohne sich ausreichend Know-how für Schnittstellenkoordination durch die FBB einzukaufen. Aber auch die Umplanungen am Baukörper selbst haben zu Bauverzögerungen und zum Planungsverzug geführt.
Die Trennung von der pg bbi war einer der umstrittensten Punkte an diesem Prozess. Der Entscheidungsprozess im Aufsichtsrat, der für uns transparent gewesen ist, zeigt, dass die Flughafengesellschaft diese Entscheidung nicht vorbereitet hat und sich der Aufsichtsrat zu dieser Entscheidung erst durch Bohren und Nachfragen in einer nächtlichen Sitzung durchringen konnte.
Welche Schlussfolgerungen haben wir formuliert? Das berührt natürlich die Frage, die hier im Parlament schon diskutiert worden ist: Brauchen wir mehr Experten in Aufsichtsräten? – Die Antwort lautet: Es geht um öffentliches Geld in öffentlichen Unternehmen, die das Ziel des Allgemeinwohls verfolgen. Es geht um öffentliche Rechtfertigung und Verantwortungsübernahme. Insofern kann man das nicht auf Private delegieren. Wenn der Ausschuss eine Erkenntnis gewonnen hat, dann die, dass wir unsere öffentliche Verwaltung so aufstellen müssen, dass sich der Aufsichtsrat auch unabhängig von Geschäftsführungen informieren lassen kann. Das sind die Dinge, die
für uns als Haushaltsgesetzgeber und als diejenigen, die über Personal entscheiden, entscheidend sind. Wir müssen dafür die Grundlagen legen.
Zweite Frage: Brauchen wir in der öffentlichen Hand Großprojekte, oder sollen wir sie lieber ganz lassen? Die Frage ist vorhin schon bei der Staatsoper diskutiert worden. Die Prämissen mit der realistischen Finanz- und Kostenplanung, mit der transparenten Risikoberichterstattung sind auch benannt worden.
Als Parlament müssen wir – das ist die dritte Herausforderung – solche Prozesse intensiver begleiten. Wir haben in der letzten Legislaturperiode relativ wenige Anfragen gestellt, in dieser Legislaturperiode wesentlich mehr. Das verdeutlicht den Blick der Parlamentarier auf dieses Problem. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, innerhalb von Themensetzungen zu arbeiten. In Brandenburg gibt es einen Sonderausschuss, und im Bundesinnenministerium gab es eine Untersuchung einer Sonderkommission. Aber den Austausch der Erkenntnisse zwischen den Ebenen muss man organisiere. Da gibt es noch verfassungsrechtliche Hürden.
Wo stößt der Ausschuss an seine Grenzen? – An dem Punkt haben wir die rückblickende Wertung abgeschlossen und sind zum Tagesgeschäft gekommen. Wir stießen immer wieder an Grenzen, wenn der Untersuchungsauftrag unkonkret war, wir uns also an die Frage der Standortentscheidung, der Planfeststellungsverfahren, des Planfeststellungsbeschlusses und der gescheiterten Privatisierung abarbeiten mussten oder an der Frage – ein Lieblingsthema der Grünen – der Flugrouten von Flugzeugen, die noch gar nicht starten und landen.
Schwierig, aber ich gebe mir Mühe.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe Ihnen die Empfehlung, sich die 380 Seiten durchzulesen. Dabei wird Ihnen niemand das Wort abschneiden. – Vielen Dank!
Herr Kollege Esser! Kollege Schneider hat schon das Emotionale gesagt. Ich sage es ganz praktisch: Wenn die Haushälter und die Verkehrspolitiker sich verbinden, dann kommt eigentlich immer etwas Gutes für die Stadt dabei heraus. An der Stelle reden wir über mehr U-Bahnen und mehr Straßenbahnen. Damit jetzt wieder zurück zum Thema!
Berlin ist eine wachsende Stadt, das ist schon erkannt worden. Wir haben neue Quartiere, Verdichtung allerorten. Wir brauchen also nicht nur eine Ausweitung des Streckennetzes, sondern eben auch dichtere Taktzeiten, längere Taktangebote in den Randzeiten, und wenn wir auf den Punkt kommen, der heute bereits angesprochen worden ist: Der U-Bahnausbau soll ergänzend zum Straßenbahnausbau erfolgen, er soll ihn nicht ersetzen. Das, um die politische Prioritätensetzung klarzustellen. Für uns hat es Priorität, die Projekte, die wir begonnen haben, durchzuführen, das ist die Verlängerung der Straßenbahn Richtung Turmstraße und darüber hinaus, der zweite Bauabschnitt in Adlershof und die Anbindung der Bahnhöfe Mahlsdorf und Ostkreuz an das Straßenbahnnetz. Ich glaube, das ist unstrittig in dieser Rederunde.
(Joachim Esser)
Wir Sozialdemokraten setzen uns damit auch weiterhin für die Stärkung des Umweltverbundes ein, das heißt: Fußverkehr, Radverkehr und den ÖPNV. Es ist wichtig, das auch noch einmal zu sagen, weil es in unserem Haus durchaus kontroverse Diskussionen darüber gegeben hat.
Unabhängig davon gibt es auch die Debatte über die Verlängerung von S-Bahnlinien. Wenn man das eine an der einen Stelle will, muss man an der anderen sagen, dass die Verlängerung der S-Bahn über Spandau hinaus auch ein gutes Entwicklungsvorhaben gewesen wäre, das jetzt lange Zeit auf Eis gelegen hat. Insofern ist es noch einmal wichtig, hier die Gelegenheit zu nutzen und den Kämpferinnen und Kämpfern aus meiner Fraktion – Kollege Buchholz und Frau Grosse – dafür zu danken, dass Sie uns so lange unterstützt haben.
Ich will Ihnen gleich sagen: Wir wollen keine Prestigeprojekte, sondern sinnvolle, das heißt für den Fahrgast wirksame Ergänzungen. Das sollen Fahrzeitgewinne sein, Mobilitätsvorteile, Erschließung von neuen Gebieten, die gegenüber dem motorisierten Individualverkehr im Vordergrund stehen. Wir wollen mit diesem Auftrag, einem Bericht, Entscheidungsgrundlagen für uns erarbeiten, Stichwort Kosten- und Zeitpläne. Wir haben heute bei zwei Untersuchungsausschüssen das Stichwort gehabt, aber wir haben es auch als praktisches Beispiel bei der Verlängerung der U 55. Wir möchten auf der Grundlage von Fakten entscheiden. Deswegen ist das so notwendig. Bei der Frage zukünftiger Bauprojekte müssen natürlich auch die Baukapazitäten in der Stadt für die U-Bahn eine Rolle spielen. Nicht alle Projekte sind gleichzeitig umzusetzen. Manche sind natürlich möglichst kostenintensiv und manch andere leider, oder glücklicherweise, kostenarm umzusetzen, aber das muss man auch miteinander in Abwägung bringen.
Siebtens: Die Mittelbeschaffung soll nicht auf Kosten anderer sinnvoller ÖPNV-Projekte gehen. Das ist, glaube ich, auch beschlossen und auch Konsens in dieser Stadt. Und wir müssen natürlich auch – achtens – an die zusätzlichen indirekten Kosten denken, die wir bei diesen Projekten mitbedenken sollten. Längere U-Bahnlinien bedeuten längere Umlaufzeiten, bedeuten mehr Fahrpersonal und mehr Wagen. Und auch das sollte in unsere Entscheidungsgrundlage zu einem späteren Zeitpunkt einfließen.
Ich gebe Ihnen recht, ich freue mich, dass die Debatte in dieser Stadt eröffnet worden ist. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen zu dieser Initiative, auch wenn sie nur einen kleinen Schritt darstellt, und insofern freue ich mich einerseits auf die weitere Diskussion in diesem Jahr, andererseits natürlich auch auf die Umsetzung und Realisierung, den Bericht und den Diskussionsstand danach. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Abgeordneter Baum! Ich staune sehr. Sie haben vor einem Jahr die Piratenstudie zum fahrscheinlosen ÖPNV veröffentlicht. Das ist im Juni gewesen, wenn ich mich recht entsinne. Sie hatten ein Jahr Zeit, die Defizite dieser Studie zu erkennen. Sie hatten ein Jahr Zeit, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Mit den Anträgen, die heute vorliegen, haben Sie die falschen Schlussfolgerungen gezogen.
Man kann dabei nur staunen, denn bereits die Analyse ist falsch. Erstens: Im Grundsatz, ja, das ist richtig, wollen alle Berlinerinnen und Berliner einen preiswerten ÖPNV, doch viele Berlinerinnen und Berliner sind bereit, für einen zuverlässigen, pünktlichen, sauberen, sicheren ÖPNV mit kurzen Takten, guter Erreichbarkeit und Barrierefreiheit einen entsprechenden Preis zu bezahlen. Für jeden Berliner ist das, was er als gerechten Preis für die Mobilität empfindet, etwas Unterschiedliches. Das hat auch etwas mit dem Einkommen zu tun und mit dem, was man zu bezahlen bereit ist. Allerdings muss man auch feststellen, dass trotz steigender Preise sich zunehmend mehr Berlinerinnen und Berliner für den ÖPNV entscheiden. Die BVG vermeldet im Jahresrhythmus Fahrgastrekorde trotz der Preisentwicklungen, die wir bei den Tarifen haben.
Zweitens: Es gibt neben dem ÖPNV im Umweltverbund weitere Fortbewegungsarten, die kostengünstiger und
umweltschonender sind. Das sind Fuß- und Radverkehr. Ich will nicht jeden Radfahrer auf die Schiene bringen. Diejenigen, die zu Fuß gehen wollen, sollen das auch weiterhin tun. Also warum wollen Sie diese Gruppen in eine Zwangsumlage einbringen? Und andersherum: Nicht jeder Autofahrer wird mit 35 Euro Zwangsabgabe, die Sie zuletzt vorgeschlagen haben, sofort auf den ÖPNV umsteigen. Selbst wenn wir Maut und Parkgebühren noch exorbitant erhöhen, bedeutet das nur eine weitere soziale Spreizung und dass motorisierte Mobilität nicht mehr für jeden zur Verfügung stehen kann.
Diejenigen, die Geld haben, fahren dann Auto, und die anderen quetschen sich in die bereits jetzt schon vollen Züge. Es gibt ja in Tokio und Peking neue Berufsbilder von Leuten, die die Fahrgäste in den ÖPNV quetschen. Sie müssen sich das mal für Berlin vorstellen. Der Berliner würde wahrscheinlich ruppig zurückdrücken.
Nein, danke! – Wenn man drittens ein Mindestmaß an Fahrkomfort für den ÖPNV erreichen will, müssen umgehend die Takte in den Hauptverkehrszeiten verdichtet werden. Allein diese Folgekosten für den Mehrbedarf an Zügen und Fahrpersonal sind von Ihnen bisher nicht berücksichtigt worden.
Viertens: Bei der Finanzierung steht zur Auswahl: Zwangsgebühr, Umlage für alle oder Zwangssteuern, Steuern sind ja immer ein Zwang, aber Steuererhöhungen für alle und nicht wenig, denn eine Pkw-Maut in der Innenstadt und die Parkplatzgebühren allein werden den ÖPNV nicht finanzieren können. Weiterhin ist ungeklärt, wie Pendler an den Kosten des ÖPNV mit ihrer Abgabe beteiligt werden sollen. Ungeklärt ist weiterhin, wie sich Touristinnen und Touristen und Privatreisende, die nicht in Hotels untergebracht werden, an den Kosten des ÖPNV beteiligen. Und wer finanziert darüber hinaus die notwendigen Investitionen? Wer bezahlt die Sanierung und Modernisierung des ÖPNV-Netzes? Wer bezahlt die Barrierefreiheit? Ich bezweifle, dass man mit 25, 35 oder 45 Euro diese Bedarfe decken und gleichzeitig Sanierungsstau abbauen kann.
Das ist Augenwischerei, verehrter Kollege Baum! Den Bürgern was zu versprechen, was nirgends funktioniert und nicht seriös durchgerechnet ist, ist Augenwischerei. Das muss man einfach mal so benennen.
Dass Sie mit dem Antrag den Senat beauftragen zu prüfen, was Ihre Studie nicht geleistet hat, und als Nächstes noch sagen, er soll im Haushalt Vorsorge treffen, wundert
(Andreas Baum)
mich schon ein bisschen mehr. Wir hatten im Dezember Haushaltsberatungen. Ich kann mich nicht entsinnen, vielleicht mögen Sie mich ja korrigieren, dass Sie für den fahrscheinlosen ÖPNV dort Geld einstellen wollten.
Ich glaube, Sie waren so sehr mit Ihrem Wunschtraum beschäftigt, dass Sie es einfach verpennt haben.
Und der fünfte Punkt ist der entscheidende: das Thema Zwangsmobilität. Die Partei der Freiheit des Netzes und der Bürgerrechte macht sich gerade zur Partei des Zwangs. Ihr freiwilliges Solidarticketmodell ist und bleibt eine Zwangsveranstaltung für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende, Arbeitslose, Rentnerinnen und Rentner.
Ihre Nahverkehrsabgabe bleibt Zwang für Radfahrerinnen und Radfahrer, Autofahrer und Fußgänger, die den ÖPNV nicht nutzen müssen oder wollen.
Ohne Zwang werden Sie Ihr Ziel nicht erreichen. Das sollten Sie öffentlich sagen, dass Sie dazu Zwang brauchen, denn sonst zerplatzen Ihre Träume wie Seifenblasen.
Wir können das gerne mal machen, Herr Baum, wir testen das mal, ich kassiere gleich nach der Plenarsitzung 35 Euro Nahverkehrsabgabe von Ihnen, und Sie dürfen mit dem Fahrrad nach Hause fahren. – Schönen Abend noch!
Herr Kollege Baum! Ich bin persönlich auch ein Stück weit enttäuscht.
Sie haben gerade gesagt, dass die Berliner Politik Radfahrerinnen und Radfahrer tötet. Also ich bitte Sie, das explizit hier noch mal klarzustellen.
Das ist nicht die Art und Weise des Diskurses, den man hier machen sollte. Das ist das Erste.
Das Zweite ist: Sie haben es gerade schon gesagt, Ihre Kalkulation sind 35 Euro. Ich komme nicht auf 35 Euro, selbst wenn ich es nachrechne, und auch in Ihren schönen Studien kommt man nicht darauf.
Drittens: Was machen Sie mit denjenigen, die das Angebot des ÖPNV nicht annehmen wollen oder müssen? Was machen Sie mit denjenigen, die z. B. über Arbeitslosengeld-II-Bezug im Berlin-Ticket S sind?
Das sind Fragen, die Sie nicht beantwortet haben.
Solange Sie die nicht beantworten, bleibt das ein Wunschtraum, eine Illusion, der Sie sich hingeben, denn Solidarität hat natürlich was damit zu tun, dass die einen was geben, die ein breiteres Kreuz haben, und diejenigen, die ein schmales Kreuz haben, was nehmen. Das ist richtig. Aber Solidarität organisiert man, indem man Verständnis dafür erwirbt, und nicht, indem man alle in eine Zwangsjacke steckt, schon gar nicht diejenigen Rentnerinnen und Rentner, die eben nicht mehr auf den ÖPNV angewiesen sind und andere Mobilitätsarten haben.
Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gelbhaar! Hier kommt schon mit der Anmeldung des Titels dieser Aktuellen Stunde ein falscher Zungenschlag in die Debatte,
denn ich hatte erstens nach Ihrer Rede das Gefühl, Sie waren genauso überrascht über diese Rederunde wie ich.
Und zweitens: Sie nehmen die Realität nicht wahr. Denn dass Sie die richtigen Weichenstellungen zum Umweltverbund in der Stadt nicht sehen, wundert mich doch sehr. Im Januar haben wir darüber gesprochen, dass 3,1 Milliarden Euro für die Beschaffung von Zügen und rollendem Material bei der BVG ermöglicht werden – Aktuelle Stunde! Im Dezember hatten wir den Abschluss unserer Haushaltsberatungen. Da sind die Mittel für die Radwege, die Radinfrastruktur, das Fahrradverleihsystem, aber auch Mittel für U-Bahn und S-Bahn deutlich erhöht worden. Für das Jahr 2016 stehen damit 15,3 Millionen Euro für den Radwegebau zur Verfügung. Auch S-Bahn und BVG erhalten Rekordsummen. S-Bahn und BVG bieten dichtere Takte an, sie weiten ihr Angebot in der wachsenden Stadt aus. Das alles ist die Verkehrswende, von der Sie sprechen. Die BVG vermeldet jährlich neue Fahrgastrekorde. Und im vergangenen Jahr 2015 erreichte uns die Zahl: 11,8 Millionen Euro sind tatsächlich für den Radverkehr ausgegeben worden. Ich kann mich an kein derartig hohes Volumen für den Radwegebau in diesem Haus erinnern. Und damit erreichen wir 2017 endlich die Zielmarke von 5 Euro pro Jahr und Einwohner – gleichwohl es mittlerweile auch wieder neue Zielmarken gibt wie die des nationalen Radwegeplans, die dann doppelt so hoch sind. Aber auch die werden dann irgendwann erreicht.
Sie haben das Fahrradverleihsystem angesprochen. Im letzten Verkehrsausschuss hat Staatssekretär Gaebler, unser vorderster Fahrradbeauftragter, mitgeteilt, dass das Vergabeverfahren kurz vor dem Abschluss steht
und dass wir deutlich mehr Leistung bekommen werden als wir tatsächlich bisher für das System geplant haben und auch deutlich mehr als wir bisher im Fahrradverleihsystem hatten.
Ich will Ihnen noch eine frohe Kunde des Umweltverbundes mitteilen: 30 Prozent der Wege werden zu Fuß zurückgelegt. Also wenn Sie den Umweltverbund, das Rad, die Fußverkehre und den ÖPNV nicht sehen, dann ist das – Entschuldigung! – Realitätsverweigerung! Und mit einer sich der Realität verweigernden Opposition kann man beim besten Willen keine Politik machen.
Ich möchte hier noch mal an den Modal Split erinnern: Bei 13 Prozent liegt der Radverkehr, bei 27 Prozent der ÖPNV, und Kfz- und Fußverkehr liegen ungefähr bei 30 Prozent – je nachdem, 2011, das sind die letzten Zahlen gewesen. Daran können Sie sich auch orientieren.
Sie vergleichen Berlin heute mal nicht mit Kopenhagen, aber mit Paris und London. Dann sagen Sie doch, wie hoch der Anteil des Radverkehrs dort ist! Der liegt bei 2 bis 3 Prozent. Also wenn Sie in Berlin Zustände haben wollen wie in Paris, dann müssen Sie tatsächlich nichts tun. Aber wir machen Politik und deswegen auch eine erfolgreiche Verkehrsstrategie.
Lassen Sie mich vielleicht grundsätzlich auch etwas zur Volksgesetzgebung im Allgemeinen und zu diesem Volksbegehren im Besonderen sagen! Der Souverän entscheidet nicht nur alle fünf Jahre und entsendet Vertreterinnen und Vertreter in dieses Haus und in die Bezirksverordnetenversammlungen. Nach meinem Verständnis endet Demokratie nicht mit dem Wahlakt, und deswegen haben die Wählerinnen und Wähler in Einzelfragen auch die Möglichkeit, mit einem Volksbegehren ihren Willen kundzutun und dieses dann in Gesetzesform zu gießen. Das hat der rot-rote Senat eingeführt. Ich will das hier noch mal betonen, weil diese Errungenschaft auch aus der Feder von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kommt und wir deswegen an diesen Errungenschaften nichts kritisieren werden. Es geht in der Volksgesetzgebung in der Tat nicht um Ersatzparlamentarismus,
weil wir oder Sie oder das Haus insgesamt scheitert, sondern um eine wichtige und richtige Ergänzung der Demokratie, und das möchte ich auch so verstanden wissen. Uns Parlamentariern bleibt aber dauerhaft, auch über die Einzelfragen hinaus, das Gemeinwohl mit den und entgegen der Einzelinteressen abzuwägen. Diese Abwägung betrifft auch unterschiedliche Bevölkerungsgruppen. Und als linke Volkspartei wissen wir,
dass es auch die vermeintlich unausgesprochenen, vermeintlich kleinen – – Ja, Sie lachen über die angeblich unbedeutsamen Interessen! Aber auch diese müssen Artikulation finden und sich auch in unserer Gesetzgebung wiederfinden. Die müssen auch in diesem Hause Gehör finden und nicht nur die Gruppen, die sich lautstark mit großen Medienkampagnen in dieser Stadt durchsetzen.
Ich sage Ihnen das insbesondere, weil es für mich in der Frage der Volksgesetzgebung eine Rolle spielt, wie wir Einzelinteressen, Gemeininteressen und das Gesamtwohl miteinander verbinden. Das ist eine entscheidende Frage.
Ich habe mich in den letzten Wochen auch intensiv mit den Initiatoren, mit der Initiative beschäftigt und mich vor zwei Wochen das erste Mal mit ihnen getroffen. Der Gesetzentwurf ist ungefähr zehn Tage veröffentlicht. Man kann also die ungefähr 100 Kommentare von den Bürgerinnen und Bürgern zu diesem Gesetzentwurf auch lesen,
und man wird feststellen: Einige finden das gut; einige wollen da noch deutlich weiter gehende Punkte diskutieren. Am Mittwoch sind wir Abgeordnete – das ist sozusagen eine Fußnote – als Verkehrssprecher eingeladen, nach dem nächsten Verkehrsausschuss mit den Initiatoren an ihrem Gesetzeswerk zu basteln. Aber ich sage Ihnen gleich: Nur das Einbinden von fünf verkehrspolitischen Sprechern dieses Hauses ist noch lange nicht der Diskurs mit der Stadtgesellschaft, und der ist dringend notwendig. Und wenn man Demokratie ernst meint, muss man es eben auch glaubhaft in Parteien und Verbänden diskutieren und für seine Positionen werben – das haben die Initiatoren des Begehrens eher nicht gemacht.
Ich hoffe, dass es auch im Sinne unserer Demokratie ist, dass die Initiatoren nicht morgen mit den Unterschriftenlisten in die Welt stürmen, sondern das mit dem ADFC und den anderen Mobilitätsverbänden diskutieren, auch mit den Fußgängerinnen und Fußgängern, mit der BVG und ihren Fahrgästen sowie den Autofahrerinnen und Autofahrern dieser Stadt. Denn das ist vonnöten. Denn wenn wir gemeinsam mit den Initiatoren zu einer anderen Verkehrspolitik kommen wollen, dann muss die Stadtgesellschaft mitgenommen werden, und die im Entwurf vorhandenen Einschränkungen für die Fußverkehre, für die Busspuren, für den motorisierten Individualverkehr müssen ehrlich benannt und auch abgewogen werden.
Ich kann mir für Berlin eigentlich nicht vorstellen, dass wir mit einem Volksbegehren zum Radverkehr scheitern. Ich will es mir aber auch nicht vorstellen, dass wir Folgebegehren für Einzelinteressen haben: die Auflösung von Tempo-30-Zonen, gegen Parkraumbewirtschaftung oder für freie Taxisspuren, gesondert von Bus- und Radspuren. Wenn es künftig Politik wird, mit Einzelinteressen gegen die Gesamtheit, die Mehrheit dieser Stadt zu agieren, dann müssen wir auch intensiv in den Diskurs gehen und uns um das Gemeinwohl kümmern.
Ich möchte aber auch positive Dinge zu diesem Begehren sagen: Die zügige Beseitigung der Mängel an den Radwegen dauert in vielen Bezirken, insbesondere im Nebenstraßennetz, zu lange. Man sieht das an den 1 500 Kilometern straßenbegleitenden Radverkehrsanlagen deutlich. Ich habe das Gefühl, in einzelnen Bezirken gilt das Vogel-Strauß-Prinzip: Kopf in den Sand – dann muss man auch die Fehler nicht sehen und braucht es auch nicht wiederherzustellen. Viel zu lange und viel zu häufig lagen die Schwerpunkte bei den Baumaßnahmen im Straßenland, zu selten bei Geh- und Radwegen, und zu häufig waren es lange, teure Baumaßnahmen. Wenn man sich heute die Asphaltdecken und die Straßenbeläge anschaut, sind die Flicken schlecht gemacht und halten auch nicht dauerhaft.
Wir haben uns im Verkehrsausschuss deswegen in einer Haushaltsberatung dafür eingesetzt, dass die Tiefbauabteilungen in den Bezirken aufgestockt werden mit
Verkehrsplanern und Verkehrsingenieuren. Im Haushaltsbeschluss hingegen fand das jedoch keine Würdigung. Ich denke, als Verkehrspolitiker unserer Fraktion sind wir da deutlich dabei, das auch weiterhin zu vorzutragen.
Das wäre der Flaschenhals gewesen, denn bei der Bauplanung und der Bauverwendung der Mittel müssen wir noch an der Umsetzung arbeiten. Wir haben – ich habe es vorhin schon gesagt – die Mittel für die Sanierung und den Neubau der Radwege kontinuierlich erhöht, und auch deswegen muss dieser Flaschenhals gelöst werden.
Ein weiterer guter Vorschlag ist die Frage der Fahrradstaffel: Sie führt nicht nur zu mehr Sicherheit auf Radwegen, weil falsch parkende PKWs schnell erkannt werden, sondern auch zu mehr Sicherheit für Radfahrerinnen und Fußgänger, weil das Thema verkehrssichere Räder und rücksichtsvolles Verhalten auch noch mal thematisiert wird. Auch teile ich die Ansicht des Begehrens, dass es sich bei Fahrraddiebstahl nicht um den kleinen Kiezklau handelt, sondern um professionell organisierte Kriminalität. Massenhafter Fahrraddiebstahl ist keine Bagatelle, und die Aufklärungsquote liegt gefühlt oder zumindest für die Öffentlichkeit gefühlt bei nahezu 0 Prozent.
An anderer Stelle bin ich wiederum skeptisch: 100 000 neue Fahrradstellplätze an den U- und S-Bahnstationen bedeuten auch, dass wir viel Platz finden müssen. Oder die 12 km langen Radschnellwege durch die Stadt, die ausschließlich für den Radverkehr vorgehalten werden sollen, die bevorrechtigte Kreuzungssituation haben sollen und die auch nicht von Ampeln unterbrochen werden sollen: 12 km in der Länge der Stadt, und davon 8 bis 10 Routen – ich halte das tatsächlich für sehr ambitioniert, solche Regionen, solche Strecken zu finden. Aber das ist in der medialen Resonanz, und deswegen ist es eines der Themen.
In der Realität bedeutet das, dass wir uns wahrscheinlich darüber auseinandersetzen müssen, den Verkehrsraum neu aufzuteilen. Das bedeutet eben auch Beschränkungen für Fußgängerinnen und Fußgänger. Das bedeutet auch Vorfahrtsänderungen zulasten von Bus und Straßenbahn. Das bedeutet aber auch Wegfall von Parkplätzen für Anwohnerinnen und Anwohner. Das alles bitte ich dann auch mit der Stadtgesellschaft zu diskutieren – das gehört zur Demokratie dazu.
In einem möchte ich Ihnen die Zahlen noch mal vor Augen führen: 13 Prozent Anteil am Modal Split der zurückgelegten Wege für den Radverkehr. Das schwankt zwischen Innenstadt bei 20 Prozent und Stadtrand bei 10 Prozent. Wir machen aber Politik nicht nur für 20 Prozent dieser Stadt, sondern auch für die anderen 80 Prozent, und deswegen – nicht, weil es gegeneinander steht – muss man es eben miteinander aushandeln, und
wenn wir Radverkehr fördern wollen und die Akzeptanz für die Radverkehrsstrategie erlangen wollen, dann geht das nur miteinander, dann geht es auch nur um ausgewogene Dinge. Denn wenn sich eine Gruppe zulasten der anderen Gruppen dauerhaft durchsetzt, wird das nicht gehen. Da bin ich an Ihrem Punkt, dass wir den Verkehrsraum neu diskutieren.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen: Berlin wird Fahrradstadt. Das ist ein Prozess, der sich entwickeln wird. Berlin bleibt Fußgängerstadt, und Berlin ist ÖPNV-Stadt. Diesen Umweltverbund gilt es zu stärken. – Vielen Dank!
Hochgeschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Otto! Ich teile Ihre Ausführungen nicht. Erstens, weil es sich da in der Tat um einen Bericht aus Brandenburg handelt.
Zweitens, weil ich schon allein die Polemik Ihrer Argumente in der Überschrift Ihres Antrages nicht mehr nachvollziehen kann. Sie schreiben in Ihrem Antrag von einem „Milliardengrab BER“. Da steht ein 2017 fertiger Flughafen, umfangreiche Infrastruktur, auch Schieneninfrastruktur, ein millionenschweres Schallschutzprogramm, das die Anwohner vor Lärm schützt. Gerade, dass die Grünen sagen, dass so ein Schallschutzprogramm ein Milliardengrab ist, entbehrt natürlich nicht einer gewissen Komik. Für Sie ist der Flughafen ein Milliardengrab, weil Sie den Flughafen nicht wollen – sagen Sie es doch so!
Ohne Polemik ist dagegen der Bericht des Landesrechnungshofes in Brandenburg – –
Ich zitiere ungern in Plenardebatten, aber mit Erlaubnis der Präsidentin würde ich gerne einen Satz zitieren aus der schriftlichen Antwort des Landesrechnungshofs an den Journalisten Metzner vom „Tagesspiegel“. Auf die Frage, welche grundsätzlich strukturellen Defizite der Rechnungshof in Bezug auf Gesellschafterversammlungen im Aufsichtsrat der FBB festgestellt hat, antwortet dieser:
Der Landesrechnungshof hat entsprechend seiner Zuständigkeit nur die Strukturen aufseiten des Gesellschafters Brandenburg geprüft.
Damit ist doch klar, dass der Bericht des Landesrechnungshofs Brandenburg nur bedingt übertragbar auf Berlin ist, insbesondere weil die Besetzung der Gremien Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung im Land Brandenburg nach einer anderen Systematik erfolgte als im Land Berlin. Auch das wissen Sie, Herr Otto, Sie
haben es gerade anklingen lassen mit der Fragestellung der Verantwortung des Finanzsenators.
Ich teile den Hinweis des Landesrechnungshofs an anderer Stelle aber auch nicht: nämlich die Frage der Besetzung des Aufsichtsrates mit Experten, während in der Gesellschafterversammlung ausschließlich die Eigentümer sitzen sollen und im Aufsichtsrat sogenannte Experten sein sollen. In diesem Haus haben wir bereits mehrfach darüber diskutiert, ob eine Besetzung des Aufsichtsrats mit Experten sinnvoll ist. Unsere Argumente von damals waren, dass bei privaten Bauvorhaben und bei privaten Bauherrn derartige Fehlleistungen, wie sie am Flughafen BER passiert sind, auch stattfanden und dass es wahrlich nicht wenige Flughafenbauexperten gibt, mit Ausnahme der selbsternannten Flughafenbauexperten
nein, nein, Sie wissen, wen ich meine –, und dass es sich hierbei in aller Verantwortung um öffentliche Gelder handelt und dass sie in öffentlicher Kontrolle, und zwar in exekutiver wie legislativer Kontrolle, verausgabt werden müssen.
Diese Argumente waren damals richtig und sind es auch heute, und deswegen kann es keine öffentlichen Projekte ohne öffentliche Kontrolle mit öffentlichen Mitteln geben. Kein Spielgeld für private Glücksritter!
Ein weiteres Defizit des Berichtes des Landesrechnungshofes Brandenburg ist die Beurteilung der mit der Prüfung über Haftungsfragen beauftragten Kanzlei. Sie sagen, sie ist nicht zu dem richtigen Ergebnis gekommen, und zwar, weil der Bereich eingeengt gewesen sei. – Ja, der zeitliche Bereich war eingeengt auf den Zeitraum 2010 bis 2013, also den Zeitraum, in dem sowohl Harald Wolf als auch noch Frank Henkel im Aufsichtsrat gesessen haben. Allerdings ist festzuhalten, dass mit der Beauftragung der Anwaltskanzlei die Prüfung der Haftungsfragen zwar auf Beschluss der Gesellschafterversammlung erfolgt ist, aber unabhängig von Weisungen, was das Ergebnis anbelangt. Und das müssen Sie auch noch mal zur Kenntnis nehmen, denn, Herr Otto, man kann auch ein Ergebnis so lange prüfen, bis es einem passt, und das ist dann natürlich nicht mehr der Sache angemessen.
Der brandenburgische Landtag hat zu Recht – obwohl mir nicht zusteht, das zu beurteilen – abgelehnt, die Haftungsprüfung erneut zu veranlassen. Ein Argument ist möglicherweise, dass zivilrechtlich nichts mehr zu holen ist, denn den Vergleich zwischen dem Schadensregu
lierer, der Schadensversicherung, und der Flughafengesellschaft hat es ja anscheinend auch gegeben.
Bliebe nur noch Strafrecht, und strafrechtlich: Es sitzen hier auch Ausschussmitglieder des Untersuchungsausschusses des Flughafens BER. Da wäre doch sofort der Hinweis gewesen an die Staatsanwaltschaft: Bitte ermittelt doch! – Weder in Berlin noch in Brandenburg haben aber Staatsanwälte erfolgreich gegen Aufsichtsratsmitglieder ermittelt.
Und auch wir im Untersuchungsausschuss nach 1720 Aktenordnern und 70 gehörten Zeugen haben kein strafrechtlich relevantes Verhalten der Aufsichtsräte gefunden. Das muss man auch mal zur Kenntnis geben.
Bedenkenswert ist noch eine Aussage der Präsidentin des Berliner Landesrechnungshofes, die sagt – sie untersuchen das nicht –, wir wollen nicht parallel zum Untersuchungsausschuss des Parlaments untersuchen. Das ist keine Arbeitsverweigerung, sondern ein Appell an uns, den Untersuchungsausschuss endlich mit einem Ergebnis zu versehen und der Öffentlichkeit unsere Ergebnisse zu präsentieren. Nach knapp 70 Zeugen – drei Dutzend Zeugen sind noch beantragt und nicht gehört, und wir haben noch sechs Sitzungen Zeit – diskutieren wir immer noch für die letztlich verbleibenden Sitzungen, wie wir Zeugen positionieren. Und die Vertreter der Grünen und der Linken haben sich im Ausschuss nicht auf den Vorschlag des Ausschussvorsitzenden verständigen können, ein geordnetes Verfahren zur Formulierung eines Abschlussberichts zu finden.
Was die Berlinerinnen und Berliner wissen, was Journalisten wissen, was der Landesrechnungshof in Brandenburg auch schon weiß, das sind die Ursachen der Verschiebungen und Verzögerungen. Insofern sind wir auch aufgefordert, die Ursachen und die individuellen strukturellen Defizite zu benennen, sonst laufen wir am Ende Gefahr, dass die Öffentlichkeit sagt, der Flughafen wird nicht fertig, aber wir mit unserem Untersuchungsausschussbericht auch nicht! Das können wir auch nicht wollen. – Vielen Dank!
Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Verständnis dafür, dass die Grünen, Linken und Piraten über die derzeit größte Herausforderung dieser Tage, Wochen und Monate sprechen wollen. Die Unterbringung der geflüchteten Menschen, ihre soziale und medizinische Versorgung, die Umsetzung der Schulpflicht, die Fragen der Sprachförderung, die Aufgaben des Registrierens und Bearbeitens der Anträge auf Asyl, die Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt – all das sind unbenommen große Herausforderungen und unbestritten auch der parlamentarischen Diskussion notwendig.
Dieser Diskussion entzieht sich aber niemand, und Sie werden auch wahrnehmen, dass sie in fast allen Gremien dieses Hauses allgegenwärtig ist.
Die Bürgerinnen und Bürger erwarten allerdings auch von uns, dass wir jene Probleme lösen, die den Grünen, Linken und Piraten nicht als drängendste erscheinen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns zu Recht, dass wir eine verlässliche und langfristige Politik machen. Deshalb haben wir heute das Thema „Perspektiven für die BVG: Investitionen in den ÖPNV“ auf die Tagesordnung gesetzt. Es geht schlichtweg um nichts weniger als die Mobilität aller Menschen in unserer Stadt. Und auch diese Herausforderung gehen wir an.
Die BVG ist mit über 12 000 Mitarbeitern das größte landeseigene Unternehmen. Im letzten Jahr wurde der milliardste Fahrgast gezählt. Sie hat 10 U-Bahn-Linien, 22 Straßenbahnlinien, mehr als 150 Buslinien, dazu noch die Nachtbuslinien. Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass sich die Aufgaben der BVG als Mammutaufgaben darstellen. Die BVG ist ein kommunales Unter
nehmen, das bundesweit seinesgleichen sucht, was Leistung und Dimension seines Angebots betrifft. Und gemessen am Betrieb und der Zuverlässigkeit muss ich feststellen, dass sie dieser Aufgabe gerecht wird. Trotz der Schwierigkeiten, die sich ergeben, bietet sie anerkannte zuverlässige Mobilität zu sozial verträglichen Preisen. Damit unterscheidet sie sich auch von der SBahn. Von einer BVG-Krise war weit und breit nichts zu hören.
Sie hat das vertraglich vereinbarte Niveau bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit durchgehend eingehalten.
Ich glaube, ich spreche für die Kolleginnen und Kollegen, wenn ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BVG großen Dank ausspreche.
Die Beschäftigten haben eine hervorragende Arbeit gemacht. – Ohne Ihre Arbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen der BVG, könnten wir keine leistungsstarke, kostengünstige, umweltfreundliche Mobilität in dieser Stadt anbieten.
Dennoch steht es mit der BVG – das sei nicht zu verhehlen – nicht zum Besten. Wie jedes Unternehmen braucht die BVG Investition. Sie konnten kürzlich die Zahlen lesen: die U-Bahn-Wagen im Kleinprofil sind 27 Jahre alt, im Großprofil sind sie 29 Jahre alt. Vorsichtig gesagt haben sie die beste Zeit schon hinter sich. Kaufmännisch: Sie sind wartungsintensiv und damit unwirtschaftlich.
Wie wir wissen, geht es hier nicht nur um Investitionen, um Aufrechterhaltung des Bestands, sondern natürlich auch um die Herausforderung: Berlin wächst, und die wachsende Stadt hat in den letzten drei Jahren 175 000 Menschen aufgenommen. Wenn man über wachsende Stadt spricht, muss eines klar sein, dass es eben nicht nur um Wohnraum geht, es geht auch um ein mitwachsendes Mobilitätsangebot für unsere Stadt. Die Menschen kommen in unsere Stadt, nicht nur weil sie hier wohnen, sondern weil sie hier auch Arbeit finden und weil sie in der Metropole ein vielfältiges Mobilitätsangebot haben. Unternehmerisch gesprochen: Mobilität ist ein weicher Standortfaktor, und wir haben ein gutes Mobilitätsangebot.
Wenn wir den Bevölkerungsprognosen Glauben schenken dürfen, dann wird sich dieser Wachstumstrend weiterentwickeln. Mittelfristig rechnen wir mit 250 000 Menschen zusätzlich in dieser Stadt. Was folgt daraus für die BVG? – Erstens kann es nicht nur um die Erneuerung des Bestands gehen, sondern wir müssen auch eine Angebotserweiterung formulieren. Die U 5 wird verlängert, wir wollen das Straßenbahnnetz westwärts aufbauen, die Lücken im Osten schließen, wir wollen Taktverdichtung.
(Präsident Ralf Wieland)
Außerdem brauchen wir zur Hauptverkehrszeit mehr Wagen, denn die Berlinerinnen und Berliner wollen eine angenehme Fahrt haben, und wer die Zustände in den Hauptverkehrszeiten kennt, wird feststellen, es ist sehr beengt.
Als Verkehrspolitiker muss ich an dieser Stelle feststellen, was die Auslastung der Fahrzeuge betrifft, ist die BVG am Limit, und wir brauchen dringend neue Spielräume. Einerseits machen wir das mit SIWA – hier werden neue U-Bahn-Wagen angeschafft. Andererseits soll mit der Beschaffungsgesellschaft der Weg in die kontinuierliche Bestellung und Inbetriebnahme gegangen werden. Das ist Ausdruck einer umsichtigen Politik aus Konsolidieren und Investieren.
Und das alles vor dem Hintergrund der Schuldenbremse.
Senat und BVG wollen insgesamt – Herr Esser hören Sie zu! – 3 Milliarden Mark in die Neubeschaffung von Fahrzeugen investieren.
Entschuldigung! Euro!
Damit schaffen wir es, der wachsenden Stadt gerecht zu werden. So können wir den Berlinerinnen und Berlinern zuverlässige und gute Mobilität zur Verfügung stellen. Ich finde, das ist sehr wichtig, und sowohl der Haushaltsgesetzgeber als auch die BVG werden ihre Beiträge zur Finanzierung der Investitionen, aber auch zur Konsolidierung und zum Schuldenabbau beitragen. Von diesem Leistungsbeitrag der BVG muss klar sein: Das geht hauptsächlich über neue Fahrgäste, über mehr Fahrgäste.
Mit der Konstruktion der Tochtergesellschaft für Beschaffung stellen wir auch sicher, dass die dringend notwendigen Investitionen tatsächlich kommen und nicht durch die Schuldenbremse ausgebremst werden. Das ist eine politische Lösung, die ich richtig finde, und ich denke, das zweite Signal ist auch noch mal hervorzuheben: Der Verkehrsvertrag der BVG mit dem Land Berlin soll 2020 auslaufen. Ich denke, es ist klar, dass wir ihn verlängern wollen. Eine Privatisierung der BVG kommt mit uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht in Frage.
Hören Sie zu! – Vielmehr bieten sich zunehmend neue Optionen der Beteiligung der BVG an der Ausschreibung der S-Bahnteilnetze Nord-Süd und Stadtbahn – auch das
ist eine Option, die wir damit eröffnen. Die Senatoren Geisel und Kollatz-Ahnen haben mit einer Absichtserklärung die Verlängerung des Verkehrsvertrags in Aussicht gestellt, und damit bekennt sich auch der Senat dazu, dass er den Vertrag bis 2035 verlängern will. Das schafft für die BVG Handlungssicherheit; damit sichern wir bei den Kolleginnen und Kollegen Arbeitsplätze. Das ist ein gutes Signal für die BVG, und das muss man hier auch noch mal deutlich anerkennen.
Schließlich will ich Ihnen fünf Herausforderungen benennen, die längerfristiger Natur sind; erstens die Umsetzung des inklusiven Gedankens: Das meint das zuverlässige Funktionieren von Rolltreppen, Aufzügen, das ZweiSinne-Prinzip bei Orientierungshilfen wie auch die konsequente Umsetzung beispielsweise des Pilotprojekts „Sprechender Bus“. Hier liegen uns Abgeordneten weder Ergebnis geschweige denn Konzeption dieses Feldversuchs vor, und an den letzten Feldversuch der BVG können wir uns ja alle noch erinnern: Das war das Kneeling.
Zweitens, die Beschleunigung von Bus und Bahn: Die ÖPNV wird neue Fahrgäste anziehen und attraktiv sein, wenn er zu Qualitätsvorteilen gegenüber anderen Verkehrsarten kommt. Die schnelle Verbindung von A nach B ist eines dieser Qualitätskriterien. Wir müssen Busse und Bahnen beschleunigen. Das liegt nicht ausschließlich in der Verantwortung der BVG; auch wir müssen hierfür bei der Verkehrslenkung die Rahmenbedingungen dazu setzen.
Drittens: Wir Sozialdemokraten wollen gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Unternehmen. Es darf im Unternehmen keine Kollegen zweiter Klasse geben – gute Arbeit muss auch gut bezahlt werden.
Wie belastbar diese Zahlen des Letters of Intent sind, muss sich dann noch zeigen, wenn wir bei Arbeitnehmervertretungen höhere Lohnentwicklungen erkämpfen müssen.
Viertens: Wir brauchen eine Kostenstruktur bei der BVG, die es uns ermöglicht, einen preiswerten und sozialverträglichen ÖPNV anzubieten. Preistreibende Spielchen wie das Cross-Border-Leasing müssen ein für alle Mal der Vergangenheit angehören; das darf nie wieder passieren – eine Beschaffungsgesellschaft ist keine Risikokapitalgesellschaft. Die Fahrpreise müssen bezahlbar bleiben.
Fünftens: Die beschriebenen Leistungszuwächse von 8 Prozent müssen sich so verteilen, dass die Fahrgäste tatsächlich ein besseres Angebot haben. Es lohnt sich nicht, nachts leere U-Bahnen im Fünf-Minuten-Takt fah
ren zu lassen, sondern wir wollen die Leistungszuwächse in Form von Fahrzeugverlängerung, Streckenneubau, Taktverdichtung auch bei den Berlinerinnen und Berlinern erreichen; das muss tatsächlich dort ankommen. Einschränkungen, auch von Buslinien wie in der Vergangenheit, müssen vor diesem Hintergrund noch mal überprüft werden.
Sechstens, Innovation: Die BVG ist als größtes kommunales Verkehrsunternehmen auch Vorantreiber und Motor von Innovationen. Solche Dinge wie mit dem digitalen Fahrausweis, die wir in den letzten Wochen lesen mussten – dass dort entscheidende datenschutzrechtliche Bedingungen nicht eingehalten worden sind –, möchte ich tatsächlich nicht mehr erleben.
Sie sehen: Auch mit der neuen Strategie des Senats mit der BVG ist unsere parlamentarische Arbeit als Gesetzgeber, als Haushaltsgesetzgeber und als Kontrollorgan gefordert. Ich würde mir wünschen, dass auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition sich dieser Aufgabe aufnehmen und nicht im Klein-Klein der Nörgelei, der üblichen Spielchen verharren. Das wäre ein Wunsch von mir an Sie. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Gelbhaar! Die Reise eines Senators der SPD nach Paris mit einem Senator der CDU, das muss man natürlich mal betrachten, sollte vielleicht nicht im Wahlkampf stattfinden, denn sonst haben Sie ja wieder Sorge, auf der Oppositionsbank zu landen.
(Stefan Gelbhaar)
Paris ist ja bekanntlich die Stadt der Liebe. Dann vielleicht doch lieber Idaho.
Über die Bedeutung des Radverkehrs brauchen wir an der Stelle nicht erneut zu sprechen. Wir sind uns im Haus einig: Radverkehr ist emissionsarm, gesund und flächen- und ressourcenschonend. Wir freuen uns, dass wir in dieser Stadt mit einer Radverkehrsstrategie und einem wachsenden Radverkehr nicht nur im Innenstadtbereich nach vorne gehen.
Zur fahrradgerechten Stadt der Grünen gehört für die Grünen der Blick nach Kopenhagen – heute mal nach Idaho – und dann zu drittens auch wieder der Blick nach Kopenhagen. Dabei ist das immer wieder – wie der Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen – ein schiefer Vergleich zwischen Berlin und dem ländlichen Idaho oder der „Kleinstadt“ Kopenhagen, die flächenmäßig so groß ist wie der Bezirk Spandau und die so viele Einwohner hat wie zwei Berliner Bezirke zusammen. Selbstverständlich eignen sich kleinere Städte mit kürzeren Wegen für den Radverkehr, und auch Berlin als große Stadt muss sich für Radverkehr eignen. In diese Richtung sind wir auch unterwegs.
Die Grünen schlagen drei Maßnahmen vor, die durchaus diskutierenswert sind. Erstens – breitere Radwege für schnelleres Radeln und gefahrloses Überholen. Ich finde, dass man das da machen soll, wo es möglich ist. Es gibt ja noch den Dissens, auch an manchen Stellen dieses Hauses, ob man dafür den Straßenraum verkleinern muss. Ich finde, da, wo es möglich ist, sollten wir das machen.
Zweitens – die grüne Welle für Radfahrerinnen und Radfahrer. Dazu kann man festhalten, dass das durch den Senat in einem Feldversuch probiert worden ist. Man muss natürlich an der Stelle auf den Gesamtverkehrsfluss achten.
Die letzte Maßnahme, die medial schon häufig beschrieben worden ist, ist das Rechtsabbiegen bei roten Ampeln, und, wenn ich das richtig verstanden habe, auch die Idaho-Regelung, also nicht nur das Rechtsabbiegen, sondern das Stoppen vor der Ampel und das Queren einer roten Ampel für Radfahrerinnen und Radfahrer. Gerade bei der letzten Maßnahme hege ich erhebliche Zweifel, ob das zu mehr Sicherheit oder nicht doch zu mehr Verunsicherung von Fußgängerinnen und Fußgängern und Autofahrerinnen und Autofahrern führt. Um das machen zu können, benötigt man Kreuzungsbereiche, die weit einsehbar sind, die eine entsprechende kurze Kreuzungsquerungszeit haben.
Nein!
Wenn ich dem Antrag richtig folge, dann ist das eben auch die Querung der gesamten Straße, und ich glaube, dass mit mehr Schnelligkeit nicht zwangsläufig mehr Sicherheit verbunden ist.
Deswegen stelle ich die Frage, ob nicht andere Maßnahmen – Kreuzungsumbau, breite Radspuren, Radfahrstreifen und frühere Sortierung von auf der Straße nach rechts abbiegendem motorisierten Individualverkehr und geradeaus fahrendem Radverkehr – geeigneter sind, die Sicherheit zu erhöhen, statt dass heute die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird und hier Ideen ausprobiert werden, die an anderer Stelle vielleicht mit anderen nationalen Verkehrsordnungen übereinstimmen. Die bundesdeutsche Straßenverkehrsordnung steht dem entgegen; hierzu wird es erheblichen Diskussionsbedarf im Ausschuss geben.
Letztlich bleibt mir die Frage, ob wir das, was wir für die Radfahrerinnen und Radfahrer erlauben wollen, nicht auch für Fußgängerinnen und Fußgänger ermöglichen. Warum sollten denn nur Radfahrer/-innen die Kreuzung queren dürfen, warum nicht auch Fußgänger/-innen und Rollstuhlfahrer/-innen? Wie wird sich dann der Straßenverkehr verhalten, gerade wenn wir über Hauptstraßen reden? Ich denke, wir diskutieren das im Ausschuss, das ist der passende Ort dafür, auch Kontroversen zu diskutieren. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Kollege Baum! Ich habe eine andere Wahrnehmung. Die hat etwas mit den wachsenden Zahlen der Radfahrerinnen und Radfahrer zu tun, mit dem wachsenden Anteil am Modal Split. Es hat etwas damit zu tun, dass Berlin eine sehr attraktive Fahrradstadt ist. Der Vergleich, den Sie vorhin genommen haben, hinkt. Wenn man Berlin mit kleinen Gemeinden wie Münster oder Freiburg vergleicht,
sind das kurze Wege und andere Bedingungen. Sie haben von Spandau bis nach Hellersdorf ein Radwegenetz. Wenn man von Spandau nach Hellersdorf will, braucht man zwei Stunden. Das hat etwas mit der Größe der Stadt zu tun. Deshalb ist es an der Stelle für viele nicht attraktiv.
Ich habe 40 Sekunden gesprochen. Was war denn da so irritierend, dass Sie schon eine Zwischenfrage haben? – Nein, Herr Delius!
Nein, keine Zwischenfrage an der Stelle. – Wir haben eine andere Wahrnehmung und sagen, dass diese Wahrnehmung auf der Straße stattfindet. Die Radfahrerinnen und Radfahrer fahren Rad. Das machen Sie, weil die Infrastruktur eine gute ist.
Selbstverständlich diskutieren wir heute über diesen Antrag. In diesem Antrag steht, dass wir einen neuen Fahrradbeauftragten brauchen. Wenn wir ihn schon nicht für das Land brauchen, dann brauchen wir ihn für die Bezirke. Das ist im Übrigen alter Wein in neuen Schläuchen. Die Diskussion hatten wir schon im Jahr 2012. Die damals gefallenen Argumente, die für die Position des Senats oder für unsere Mehrheitsposition standen, gelten heute immer noch.
Der Fahrradbeauftragte war zu einer Zeit eingeführt worden, als die Fahrradinfrastruktur anders aussah, als das Bewusstsein noch nicht vorhanden war. Es hat zu einem Bewusstseinswandel geführt, zu einer Lobbyarbeit. Das war vor 20 Jahren. Es ist auch gelungen, einen Bewusstseinswandel herbeizuführen.
Berlins Radverkehr wächst auch ohne den Radverkehrsbeauftragten. Deswegen ist es notwendig, dass Verwaltung den Radverkehr als Gesamtaufgabe betrachtet. Ich finde es nett, dass Sie den Kleinverkehrsplanern die Krone des Radverkehrsbeauftragten in den Bezirken aufsetzen wollen. Ich will das aber einmal an einem praktischen Beispiel durchexerzieren: Es gibt in einem Bezirk einen Radverkehrsbeauftragten, der sagt, dass hier der Radfahrstreifen erneuert werden muss. Er spricht mit dem FahrRat, mit dem Stadtrat. Der Stadtrat stimmt dem zu. Er spricht mit der Bezirksverordnetenversammlung. Diese sprechen mit dem ADFC. Alle sind sich einig und ziehen eine Linie, stellen ein paar Schilder, und fertig ist der Radfahrstreifen. Nun kommt der Nicht-Fahrradbeauftragte daher und sagt: „Aber der Fußweg ist zu schmal“, oder „wir brauchen Parkplätze an der Stelle, weil es Gewerbetreibende gibt“. Sie merken, dass es in einem begrenzten Verkehrsraum nicht gegeneinander funktioniert. In einem begrenzten Verkehrsraum funktioniert Verkehrspolitik nicht gegen Teile der Fußgängerschaft und auch nicht gegen Teile der mobilisierten Verkehrsinfrastruktur und insbesondere nicht bei Planungsprozessen. Radverkehr kann nicht von den restlichen Verkehrsarten losgelöst sein. Auch das ist eine Schwäche Ihres Antrags. Radverkehr ist in der gesamtstädtischen Mobilität relevant.
Jetzt werden Sie natürlich sagen: Die Bezirke haben viel zu wenig Radfahrbeauftragte. Da sage ich Ihnen: Jeder Verkehrsplaner, jeder Verkehrsingenieur sollte Radfahrbeauftragter werden, und er sollte Fahrrad als integralen Bestandteil der verkehrlichen Mobilität in dieser Stadt
(Andreas Baum)
verstehen. Dann haben wir auch ein weniger großes Umsetzungsproblem.
Das Thema Personal und Radwegeplanung in den Bezirken spricht auch für sich. Es gibt Bezirke, die werden vom ADFC – ich war gestern gerade da – gelobt. Und es gibt Bezirke, die werden nicht gelobt. Wieso schaffen es einzelne Bezirke, Radverkehrsstrategien erfolgreich umzusetzen, Mittel freizumachen, Stellplätze zu organisieren, Jugendverkehrsschulen zu ertüchtigen und Radwege und Radfahrstreifen zu bauen, das Radfahren in Parks freizugeben, und wieso schaffen andere Bezirke es nicht?
Es hängt auch an der politischen Verwaltung, es hängt auch an der politischen Verantwortung der Bezirke und an den Prioritätensetzungen in den Bezirksämtern.
Seien wir uns bewusst, dass das ein Teil des Problems ist!
Weil wir die Erfordernisse für die wachsende Stadt gesamtstädtisch haben und nicht in einzelnen Bezirken, die wir loben wollen, oder in anderen Bezirken, die wir kritisieren wollen, müssen wir das Thema gesamtstädtisch angehen. Ich freue mich an der Stelle, über den Antrag im Ausschuss reden zu können. Uns wird sicherlich einiges Besseres einfallen. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Das waren zwei Punkte. Erstens: Sie haben Berlin mit kleineren Städten verglichen.
Ja, Wien! Entschuldigen Sie mal! Berlin und Wien, das sind Verhältnisse – – Der Großteil der Städte, die dort verglichen worden sind, sind kleinere bundesdeutsche Städte. Tun Sie doch nicht so, als hätte man Berlin mit größeren Städten wie Paris, New York, London oder Wien verglichen, wenn Wien die einzige Ausnahme ist.
Natürlich sind wir nicht zufrieden. Wir haben ja auch eine sehr vernünftige Verkehrsstrategie.
Das Zweite, das ist ein sehr famoser Hinweis. Halten wir es doch mal fest! In Ihrem Antrag steht oben als Thema: „Fahrradbeauftragte/-r“. Der zweite Punkt Ihres Antrags und der vierte Punkte beschäftigen sich mit den Radverkehrsbeauftragten. Redet man über Radverkehrsbeauftragte, halten Sie dagegen: Sie haben den Antrag wohl nicht gelesen! – Herr Kollege! Vielleicht haben Sie Ihren eigenen Antrag nicht gelesen.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Moritz! Wäre heute ein grüner Parteitag, so hätte man Ihrer Rede, wenn man Grüner gewesen wäre, ein wenig zujubeln können. Aber gehen Sie raus in die Stadt, und nehmen Sie wahr, dass es an anderer Stelle keinen Jubel für diese Rede gegeben hätte! Dieser Vortrag, den Sie gerade gehalten haben, über die A 100, über Ihre Ressentiments gegenüber einem Infrastrukturprojekt, ist einfach unbegründet. Sie haben dort mit falschen Tatsachen agiert. Es ist ein Stück weit auch grüne Verbotsideologie,
die Sie da vor sich hertragen. Ich will Sie nur daran erinnern: Auch die Wählerinnen und Wähler der Linken haben sich in einer repräsentativen Umfrage, in der letzten, die mir bekannt ist, für den Weiterbau der A 100, 16. Bauabschnitt ausgesprochen, bei den Wählerinnen und Wählern der Linken sogar mit einer Mehrheit, bei den Grünen zwar nicht mit einer deutlichen Mehrheit, aber insgesamt will die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner den Weiterbau der A 100.
Und insofern ist das ein Aspekt, den man durchaus – –
Was haben Sie denn? Entschuldigung, das ist ein Parlament. Ich will es Ihnen gar nicht erklären.
Wir können nichts hören. Das ist sozusagen das Problem an Ihrer Dogmatik, dass Sie schon ein Bild von der Welt haben und dass Sie das nach außen tragen und dass Sie deswegen keinen anderen Argumenten zuhören wollen.
Mir ist das schon klar. Die wirtschaftliche Dynamik muss mal angesprochen werden, die wir nicht ausschließlich mit Fahrradverkehr und über die S-Bahn organisieren können.
Nein. Ich habe noch nicht mal zwei Sätze zu Ende geführt. Das ist wirklich eine Art und Weise, liebe Kollegen! Keine Zwischenfragen, die ganze Rede nicht!
Wir wollen die Mobilität der Berlinerinnen und Berliner fördern, aber eben auch die Dynamik, die Wirtschaftsverkehre, die wir haben, die wir brauchen, über die Luft, über die Wasserstraße, über die Schiene, aber eben auch über die Straße, nicht abwürgen. Und die Abwehrhaltung, die Sie entwickeln, ist arbeitsplatzgefährdend und kann eigentlich nicht Teil einer Gesamtstrategie sein. Und die Gesamtstrategie ist: Wenn wir den Radverkehr und den ÖPNV in der Innenstadt fördern wollen, müssen wir den Innenstadtautoverkehr frei gestalten. Und dazu dient die die A 100. Sie ist ein Teil einer Maßnahme eines Gesamtkonzepts, Verkehre um den Innenstadtbereich herumzulenken. Zu diesem Gesamtkonzept gehören natürlich auch die Radverkehrsstrategie, die Lärm- und Luftreinhalteplanung, die Parkraumbewirtschaftung usw. Aber ich sage Ihnen gleich, wir werden das nicht mit Verboten und Drangsalierungen hinbekommen, sondern nur mit attraktiven Angeboten. Deswegen müssen wir den Verkehr um die Innenstadt herumlenken.
Ich will Ihnen dazu sagen, dass wir eine ganze Menge machen in den Bereichen. Wir haben es letztes Mal zum Radverkehr schon diskutiert. Zum Thema S-Bahn organisieren wir einen S-Bahn-Vertrag, der Mehrleistungen und Zuverlässigkeit bietet. Den ÖPNV bei der BVG haben wir deutlich erhöht. Es geht hier nicht nur um eine einmalige oder einseitige Finanzierung des Straßenverkehrs, da muss ich Ihnen entgegenhalten.
Und wenn wir über die Finanzierung reden, dann müssen wir darüber reden, dass es in der Tat Bundesgeld ist und dass es im Bundesverkehrswegeplan angemeldet ist. Zu dieser Anmeldung müssen wir irgendwann Planungsrecht schaffen. Und wenn wir Planungsrecht haben wollen, müssen wir das ausgewogen diskutieren, wir im Parlament, aber auch auf planungsrechtlicher Ebene, und dafür braucht man Fakten. Das, was Sie vorhin über die Michelangelostraße gesagt haben – es wundert mich, wo Sie es her haben. Denn die verkehrlichen Untersuchungen über die Folgen einer Verlängerung der A 100, 17. Bauabschnitt, gibt es noch nicht. Und das ist Kern dieses Antrags, uns Informationen zur Verfügung zu stellen, damit wir das politisch abwägen. Das kann eigentlich nicht gegen die Sinne der Grünen sein, Argumente zu sammeln. Das Letzte, dass wir dann über Fakten entscheiden und nicht über Bauchgefühle, sondern über tatsächliche Realitäten in dieser Stadt zu entscheiden haben, das ist, glaube ich, notwendig.
Und wenn wir auf einen Punkt kommen, der diese Debatte so hochleben lässt, wie sie derzeit hochlebt, das ist der Zeithorizont. Da gebe ich meinem Vorredner recht: nicht in dieser und nicht in nächster Legislatur wird über den 17. Bauabschnitt entschieden werden. Deswegen kann man sich bis dahin bewaffnen mit Argumenten, aber auch nicht Zeit ins Land verstreichen lassen, die uns untätig sein lässt. – Insofern vielen Dank!
Es ist ja eine große Wertschätzung, dass man „man“ und „ich“ verwechselt, sozusagen die handelnden Akteure und den Senat. Aber die Frage ist doch ganz einfach zu beantworten: Die autogerechte Stadt war die Struktur, die Straßenvorrang organisiert hat, den motorisierten Straßenverkehr. Und alle Wege, die da kreuzen könnten – Fahrradverkehr, Fußgängerverkehr –, drüber und drunter geleitet hat, und sozusagen vom Schlafzimmer bis zum Arbeitsplatz eine autogerechte Stadt gebaut hat. Der Hintergrund der A 100 ist nicht die Organisation von mehr Pkws in der Stadt, sondern die Bündelung von Verkehr um den Innenstadtbereich herum, um die innerstädtischen
Quartiere attraktiv zu machen. Das ist das Entgegengesetzte von der autogerechten Stadt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Baum! Man kann es nicht oft genug sagen: Metropolen von heute brauchen den Radverkehr, so auch Berlin. Und wenn ich von Metropolen rede, dann rede ich nicht von Münster oder Freiburg, die Bevölkerungszahl und Fläche eines unserer Bezirke haben – Amsterdam und Kopenhagen, die Sie in den Vergleich ziehen, passen schon eher. Aber diese Städte sind von der Einwohnerzahl und der Fläche kleiner und haben insofern andere Voraussetzungen. Wenn man also Äpfel mit Birnen vergleicht, muss man in der Konsequenz redlich sein und sagen, dass unsere Radverkehrsstrategie erfolgreich ist.
Warum sie so erfolgreich ist, hat etwas mit den Dingen zu tun, die auch in diesem Haus Konsens sind: Radverkehr bietet kostengünstige Mobilität. Die Wege können schnell zurückgelegt werden – innerhalb des S-Bahnrings ist das Fahrrad wahrscheinlich die schnellste Fortbewegungsart in der Art.
Ja, Herr Kollege, Motorroller sind schneller, alles klar! Da sind wir dann schon wieder bei der ideologischen Fixierung auf den motorisierten Individualverkehr! 50 Prozent aller Wege in Berlin sind unter fünf Kilometern. Da brauchen Sie keinen Motorroller, da können Sie das Fahrrad nehmen. Das ist gesund, leise und emissionsarm. Lernen Sie dazu!
Der Radverkehr schont den öffentlichen Haushalt. Auch das ist eine Erkenntnis, und wir werden nachher noch zu den Kostensachen kommen. Radverkehr braucht wenig Infrastruktur und wenig Platz und ist deswegen kostengünstig. In diesem Haus gibt es darüber Konsens, das habe ich schon gesagt. Der Konsens ist in diesem Parlament, das in anderen Punkten nicht unbedingt auf Einigkeit orientiert ist, ein hohes Gut. Deswegen reden wir auch über Details. Mit der Fortschreibung des Radverkehrskonzepts aus dem Jahr 2011 haben Senat und Abgeordnetenhaus den Radverkehr zum integralen Bestandteil ihrer Politik gemacht.
Ich sage Ihnen auch – das muss man immer wieder rahmen: Eine Großstadt kann nicht allein auf Radverkehr setzen, sondern braucht einen Mobilitätsmix. Es ist also nicht sinnvoll, Radverkehrspolitik zulasten anderer
(Andreas Baum)
Verkehrsarten zu machen und sich auf die Förderung nur eines Verkehrsmittels zu konzentrieren.
Wir wollen die Fehler der autogerechten Stadt nicht wiederholen, indem wir ihr eine fahrradgerechte Stadt mit all den Folgen für den Fußverkehr und andere Verkehrsarten entgegensetzen. Das wird es mit uns nicht geben!
Die Lebenslagen der Menschen in der Stadt erfordern unterschiedliche Lösungen, und wir dürfen auch nicht den Wirtschaftsverkehr und die Wertschöpfung vergessen: Wirtschaftsverkehr lässt sich eben nicht ausschließlich mit dem Radverkehr abwickeln. Wenn man eine moderne Verkehrspolitik macht, so gehört der Radverkehr neben dem Fußverkehr, dem ÖPNV und dem motorisierten Individualverkehr zu den wichtigen Verkehrsarten für die Stadt, und deswegen kann es kein Gegeneinander geben. Die Abwägung zwischen den Verkehrsarten ist ein Kompromiss, und wer Kompromisse und Abwägungen nicht trifft, agiert unseriös.
In der autogerechten Stadt spielte das Rad lange eine untergeordnete Rolle. Diese Zeiten sind vorbei. Deswegen müssen wir gemeinsam diesen Weg energisch voranschreiten: Wir wollen den Radverkehr stärken. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir den Anteil des Radverkehrs in den letzten zehn Jahren verdoppeln konnten. Da sagen Sie immer, das sei trotz der Senatspolitik passiert. Wenn Sie aber andere Großstädte wie Paris anschauen, sehen Sie: Gerade weil der Senat so gehandelt hat, sind wir heute Paris zehn Jahre im Ausbau des Radwegenetzes voraus.
Der Anteil der mit dem Rad zurückgelegten Kilometer liegt bei 14 Prozent. Wenn man das differenziert, unterscheidet sich das zwischen Stadtrand- und Innenstadtbezirken. Also brauchen wir die Routen und Tangentialverbindungen, und dazu werde ich noch etwas sagen.