Burkard Dregger

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Last Statements

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind leider nach den bisherigen parlamentarischen Beratungen genauso schlau wie vorher. Der Handlungsbedarf ist nicht klar geworden. Das liegt daran, dass offenbar auch Sie es, die Sie es beantragt haben, nur mit relativer Unlust verfolgt haben.
Sie haben auch nicht dafür gesorgt, dass die mitberatenden Ausschüsse Bildung, Innen oder Recht hier überhaupt diskutiert hätten. Ich glaube, es wäre der Sache angemessen gewesen, auch hier die Beratung zu ermöglichen.
Nein, danke! – Wir hatten eine Ausschusssitzung in unserem Arbeits- und Integrationsausschuss mit einer außerordentlich dürftigen Beratung ohne Erkenntnisgewinn. Der Erkenntnisgewinn kam weder von Ihrer Seite, noch kam er – das muss man sagen – von der Senatsverwaltung. Die Senatorin war nicht anwesend. Die Auskünfte derjenigen, die da waren, waren außerordentlich dürftig.
Wenn wir uns jetzt vor Augen halten, dass Antidiskriminierungsschutz nicht neu erfunden, sondern möglicherweise zu ergänzen ist, müssen wir uns darüber unterhal
ten, ob und gegebenenfalls welche Regelungslücken überhaupt vorhanden sind. Kollege Lehmann hat völlig zu Recht vorhin darauf hingewiesen, welche gesetzlichen Regelungen es bereits gibt, und hat darauf hingewiesen, dass die vorliegende Evaluierung des Bundesgesetzes ausgewertet werden muss, nicht nur von uns,
sondern bitte auch von der zuständigen Senatsverwaltung, damit wir vernünftig feststellen können, ob es überhaupt einen Regelungsbedarf und an welcher Stelle exakt es einen solchen gibt. Das ist in den bisherigen parlamentarischen Beratungen nicht geschehen.
Wir sträuben uns überhaupt nicht – ich stimme Herrn Kollegen Lehmann auch hier völlig zu – gegen eine Ergänzung des Antidiskriminierungsschutzes. Das haben wir auch zu jedem Zeitpunkt in den parlamentarischen Beratungen klar erklärt. Es geht nicht an, dass wir Dinge nicht sorgfältig bearbeiten und verabschieden und Sie sich hinstellen und das bejammern. Sie hätten selbst einen gewissen Beitrag dazu leisten können, dass die Regelungslücken sichtbar werden.
Das ist nicht geschehen. Deswegen halte ich das derzeit nicht für entscheidungsreif. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Pop! Mir ist eigentlich nicht deutlich geworden, was Sie an dem Masterplan kritisieren wollen. Deswegen möchte ich einfach mal unsere Überlegungen auf die wesentlichen Kernpunkte zusammenfassen. Es geht, wie auch vorhin angeklungen ist, nicht nur um das, was wir hier in Berlin tun, sondern auch um das, was Deutschland und die Europäische Union tun, weil nämlich die Fragen der Flüchtlingsmigration Fragen sind, die nicht Berlin allein zu bewältigen hat, sondern die Bundesregierung und die Europäische Union sind gleichfalls Akteure. Bundesregierung und Berliner Senat werden ihrer Verantwortung gerecht, um den Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Zustrom von 1,1 Millionen Menschen nach Deutschland im vergangenen Jahr, darunter 79 000 Erstankömmlinge in Berlin, wirksam zu begegnen. Wir stellen den Schutz und die Integration der wirklich Schutzbedürftigen unter den Asylantragstellern sicher, und wir reduzieren gleichzeitig den Zustrom der nicht Schutzbedürftigen und sorgen für ihre konsequente Rückführung. Das ist verantwortungsvoll und richtig, und unser Innensenator Frank Henkel hat hierbei unsere volle Unterstützung.
Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, stellen sich all unseren Maßnahmen zur Begrenzung des Zustroms Nichtschutzbedürftiger entgegen. Sie wollen ihre Rückführung in ihre Herkunftsländer behindern. Sie beklagen eine angebliche Abschaffung des Asylrechts. Und Sie wollen mit diesem Vorwand die notwendigen Problemlösungen erschweren, um anschließend ein Bild von Chaos und Überforderung zu zeichnen. Das ist widersprüchlich, unzutreffend, einer Opposition unwürdig und letztlich verantwortungslos.
Wenn ein Masterplan Integration erfolgreich sein will, dann ist es eine der vorrangigen Aufgaben, eine Überforderung zu verhindern. Jede ungeregelte Zuwanderung kann die noch so guten Integrationsanstrengungen konterkarieren. Daher war es Anfang dieses Jahres die vordringliche Aufgabe auf Bundesebene und Voraussetzung für den Masterplan Integration, diesen Zustrom verantwortungsvoll zu begrenzen und ihn dabei möglichst auf die Schutzbedürftigen zu beschränken.
Nein, danke! – Genau darüber haben wir mit Ihnen gestritten, und genau das haben wir erreicht. Während die Schutzquote der Asylantragsteller im Jahr 2014 noch bei 31,5 Prozent und im vergangenen Jahr bei 49,8 Prozent lag, liegt sie heute bei 62 Prozent. Das beweist, dass wir Schutzbedürftigen weiterhin Schutz gewähren und den Zuzug von nicht Schutzbedürftigen reduziert haben. Das haben wir zum einen dadurch erreicht, dass alle Westbalkanstaaten sowie die drei Maghrebstaaten Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a, Abs. 3 GG qualifiziert werden. Dies ermöglicht die Beschleunigung der Asylverfahren und die schnellere Rückführung der nicht Schutzbedürftigen. Das ist wichtig, denn die Schutzquote in diesen Herkunftsstaaten liegt durchgehend bei unter 2 Prozent. Es gibt kaum Fluchtgründe.
Die Zuwachszahlen aus den Westbalkanstaaten zeigen, dass diese Neuerung nicht nur die Asylverfahren und die Rückführung beschleunigt hat, sondern dass sie den Zuzug aus diesen Ländern reduziert hat. Während im Jahr 2014 noch 61 500 Asylanträge – über 30 Prozent – und im Jahr 2015 über 123 000 Asylanträge – über 25 Prozent – aus diesen sicheren Herkunftsstaaten kamen, waren es in den ersten vier Monaten dieses Jahres nur noch 8 500 – 3,5 Prozent. Das ist ein großer Erfolg der Bundesregierung.
Zur Wahrheit gehört auch, dass wir, die CDU, diese Maßnahmen bereits vor Jahren vorgeschlagen haben, zuletzt in den Koalitionsverhandlungen auf der Bundesebene im Jahr 2013. Es ist zu begrüßen, dass sich angesichts des dramatischen Anstiegs der Asylbewerberzahlen im letzten Jahr sowohl die SPD als auch der nichtgrüne Ministerpräsident Kretschmann – wenn auch spät und nur auf unseren Druck hin – zu den notwendigen Entscheidungen bereit erklärt haben.
Dazu sind Sie, meine Damen und Herren von der Berliner Opposition, offenbar heute noch nicht in der Lage.
Zweitens: Ohne Zweifel haben auch die Grenzschließungen einiger Staaten auf der sogenannten Balkanroute einen erheblichen Anteil an der Reduzierung des Zustroms. Doch das gilt in gleicher Weise für das in Rekordzeit verhandelte und in Kraft gesetzte EU-TürkeiAbkommen. Es gewährleistet den sicheren Zugang für schutzbedürftige Flüchtlinge und verschließt die EUAußengrenze wirksam für illegale Zuwanderung. Das ist zu begrüßen.
Mit der erfolgreichen Begrenzung des Zuzugs ist auch eine Voraussetzung geschaffen worden, um die Integration der wirklich Schutzbedürftigen in unser Land erfolgreich gestalten zu können. Dafür haben wir als Koalition mit dem Masterplan Integration und Sicherheit wichtige Entscheidungen getroffen. Dieser Masterplan listet eine Vielzahl von notwendigen Maßnahmen auf, um diese Herkulesaufgabe, so viele Neuankömmlinge zu integrieren, zu bewältigen. Allein aus dem Jahr 2015 sind es noch 55 000 in Berlin. Neben der Registrierung und Versorgung, die inzwischen dank der guten Arbeit von Senator Czaja und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hervorragend funktioniert,
geht es um die temporäre und vor allem langfristige Unterbringung der Menschen.
Dabei ist zu beachten, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge inzwischen 5 000 Asylanträge pro Monat in Berlin bescheidet. Das hat zur Folge, dass ein wachsender Teil der Betroffenen als sogenannte Statusgewandelte Wohnungen außerhalb von Not- und Gemeinschaftsunterkünften auf dem Wohnungsmarkt nachfragt. Daher muss jetzt mit Hochdruck an der Schaffung neuen und bezahlbaren Wohnraums gearbeitet werden. Wir werden das sehr gerne unterstützen.
Eine weitere ungeheure Herausforderung ist die Vermittlung der deutschen Sprache, die auch Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration ist. Hier haben die Willkommensklassen noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Ein Sprachstandsniveau von A1 nach einem Jahr, wie es leider nicht selten vorkommt, reicht nicht aus, um Kinder in den Regelunterricht zu integrieren und ihnen dort eine Chance auf Teilnahme zu geben. Hier erwarten wir die Entwicklung besserer Konzepte zur Alphabetisierung und zum Erwerb der deutschen Sprache. Wir werden die Bereitstellung der nötigen Ressourcen unterstützen.
Wir brauchen auch eine Schulbauoffensive.
Vielen Dank! Ich freue mich über diese Übereinstimmung. Das ist Beschlusslage der CDU-Fraktion.
Wir müssen hier investieren, denn wir müssen dafür sorgen, dass die vielen Kinder in unserer Stadt eine Chance haben.
Auch die Arbeitsmarktintegration steckt noch in den Anfängen. Es kommt darauf an, die Qualifikationen der Flüchtlinge festzustellen und sie entsprechend ihrer Kompetenzen weiterzubilden und fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Der Fall der Vorrangregelung zugunsten deutscher und europäischer Arbeitnehmer ist dank der exzellenten Lage der deutschen Wirtschaft und des deutschen Arbeitsmarktes vertretbar.
ARRIVO ist ein Projekt, das seine Praxistauglichkeit noch beweisen muss. Wir werden es aber unterstützen und hoffentlich zum Erfolg führen.
Wertevermittlung ist ein wichtiges Thema für uns, denn wir mussten feststellen, dass nicht jeder die Grundwerte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit seiner Muttermilch aufgenommen hat. Deswegen ist es ungeheuer wichtig – –
Ich glaube, es ist für den Zusammenhalt und für das Funktionieren eines demokratischen Landes von ungeheurerer Bedeutung, dass die Grundwerte und Grundregeln des Zusammenlebens kennengelernt werden können, damit sie auch übernommen und eingehalten werden können.
Wenn wir sie den Menschen, die neu ankommen, vorenthalten, können sie sie nicht lernen, und dann haben sie auch keine Chance auf Teilhabe in diesem Land. Deswegen ist das eine unserer Kernforderungen und –verantwortungen.
Zum Schluss: Wir haben keine Lustempfindungen bei der Aussprache von Sanktionen,
aber es ist richtig, dass die Bundesregierung die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schafft, dass im Fall von Integrationsverweigerung auch ein Nachdruck erzeugt
werden kann. Das geschieht mit dem jetzt debattierten und bevorstehenden Integrationsgesetz auf Bundesebene.
Das gilt auch für die Wohnsitzzuweisung. Mit ihr sollen arbeitsuchende Flüchtlinge nicht drangsaliert werden, sondern ihre Anzahl soll gesteuert und die Arbeitsmarktintegration soll erleichtert werden. Ich glaube, ein demokratischer Staat muss auch die Handhabe haben, um seine Regeln durchzusetzen. Mir ist auch wichtig zu sagen: Ich kann nicht feststellen, dass die überwiegende Zahl der Flüchtlinge nicht integrationswillig wäre. Im Gegenteil: Die weit überwiegende Zahl der Flüchtlinge ist integrationswillig. Das kann ich bestätigen.
Es gibt aber Einzelfälle, in denen sich der demokratische Staat auch das Mittel vorbehalten muss, seine Regeln durchzusetzen. Davor sollten wir nicht zurückschrecken. – Vielen herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sie legen uns heute einen Antrag vor, mit dem Sie uns erklären wollen, dass gesetzwidrig sich in Deutschland aufhaltende Menschen nicht illegal seien.
Es ist schon erstaunlich, zu welchen Irrationalitäten Sie bei der Überschrift Ihres Antrags fähig sind, denn Sie schreiben selbst: Kein Mensch ist illegal – Legalisierung von Menschen ohne Aufenthaltsstatus. – Das ist ein Widerspruch in sich, der sich einem nicht erschließt.
Worum geht es? – Sie schreiben es, und ich stimme Ihnen zu: Es ist ein ernstes Thema. Man muss es allerdings nur richtig beschreiben. Es geht um verdeckt im Inland lebende Menschen ohne Aufenthaltsstatus, um Menschen, die sich hier unter Angabe falscher Identität einen Aufenthalt möglicherweise erschlichen haben, sowie um Menschen, die den Behörden bekannt sind, die aber keinen Aufenthaltsstatus haben.
Wie ist die Rechtslage derzeit? – Dass der Gesetzgeber sich mit dem Thema bereits beschäftigt hat, ergibt sich aus dem Aufenthaltsgesetz. Zunächst hat der Bundesgesetzgeber § 25a Aufenthaltsgesetz geschaffen, der vorsieht, dass gut integrierte Jugendliche, die nur einen Duldungsstatus haben, eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Dann wurde § 18a Aufenthaltsgesetz hinzugefügt und genau das für qualifizierte geduldete Erwachsene ergänzt. Zuletzt ist § 25b Aufenthaltsgesetz hinzugefügt
worden, wonach nachhaltig integrierte Erwachsene ebenfalls die Möglichkeit haben, aus dem Duldungsstatus herauszukommen. Sie sehen, der Bundesgesetzgeber hat bisher darauf abgestellt, dass der Betroffene entweder eine besondere Qualifikation besitzt oder eine besondere Integrationsleistung erbracht hat.
Bei Ihnen geht es jetzt um alle anderen. Die Zahlen, die Sie nennen, sind erschütternd. Es ist richtig, sich damit auseinanderzusetzen, und ich glaube auch, dass es richtig ist, was Sie sagen, dass Illegale in Unsicherheit leben, dass sie sich unter schwierigen Wohnverhältnissen und Gesundheitsverhältnissen bewegen. Worin ich Ihnen jedoch nicht zustimme, jedenfalls nicht, ohne dass wir es intensiver beraten, das ist, dass die einzige Option die Legalisierung durch den Gesetzgeber ist.
Die Legalisierung können auch die Betroffenen vornehmen, denn es ist nicht zu viel verlangt, sich gesetzeskonform in einem Land zu verhalten.
Es ist auch nicht so, wie Sie schreiben, dass erst durch die Legalisierung durch den Gesetzgeber die Menschenrechte gewährleistet wären. Das ist schlichtweg falsch. Jeder Mensch, jedes Individuum in diesem Land hat unveräußerliche Menschenrechte, Grundrechte. Die werden jedem zuerkannt. Das bedeutet: Wenn er sich den Behörden stellt, wird er menschenwürdig behandelt
und so, wie die Gesetze es verlangen. Ich glaube, es ist nicht zu viel verlangt, dass wir als Staat den Anspruch haben, dass diejenigen, die sich in unserem Land aufhalten, sich unseren Gesetzen unterwerfen und ihnen entsprechen.
Sie werfen uns dann noch Ausgrenzungspolitik vor; damit meinen Sie die Asylpakete I und II. Was das mit Ausgrenzung zu tun hat, kann ich nicht verstehen. Bei Ihnen steht offenbar der Gedanke dahinter, dass der souveräne Staat kein Recht hat, selbst zu entscheiden, wen er einwandern lassen möchte und wen nicht. Ich bin der diametral anderen Auffassung. Ich bin der Auffassung, dass ein souveränes Land das Recht hat zu entscheiden, wen es einwandern lässt, wen es duldet, wen es nicht dulden möchte. Das kann man nicht als „illegal“ oder „menschenunwürdig“ bezeichnen.
Bitte schön!
Nein, das haben Sie falsch verstanden.
Davon habe ich nichts gesagt. Ich wollte gerade ergänzen, vielleicht darf ich das tun: Sie wollen eine Sofortabstimmung. Sie nehmen uns die Chance, diese Fragen ernsthaft zu beraten. Wenn Sie die Sofortabstimmung haben wollen, können Sie sie haben.
Ich frage mich nur, warum Sie einen Antrag, der Ihnen so wichtig ist, am Ende der Legislaturperiode einreichen, zu einem Zeitpunkt, zu dem eine parlamentarische Beratung nicht mehr möglich ist.
Da stellt sich die Frage, wie ernsthaft Ihnen das Anliegen ist, das Sie hier vortragen. Ich sehe jedenfalls keine Veranlassung, Ihrem Antrag im Rahmen einer Sofortabstimmung zuzustimmen. Wir werden ihn ablehnen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Birk! Ich schließe mich selbstverständlich den guten Wünschen für Ihre Zukunft an und möchte Ihnen meine Wertschätzung für die gute gemeinsame Zusammenarbeit zum Ausdruck bringen, auch wenn ich etwas bedauere, dass Sie versucht haben, im Hinblick auf das E-Governmentgesetz das nicht vorhandene Haar in der Suppe zu finden.
Wir verabschieden heute nach intensiven Beratungen das Berliner E-Governmentgesetz. Dieses Gesetz ist das stringenteste und innovativste E-Governmentgesetz Deutschlands. Es wird zum Maßstab für alle anderen Bundesländer in Deutschland. Das sagen nicht wir, sondern das bescheinigen uns alle Experten einhellig.
Ich möchte gleich zu Beginn meinem Kollegen Sven Kohlmeier von der SPD-Fraktion herzlich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit danken. Unsere enge und effiziente Zusammenarbeit ist ein guter Beweis für die erfolgreiche Zusammenarbeit dieser Koalition aus CDU und SPD in dieser Legislaturperiode. – Vielen Dank!
Worum geht es? – Es geht darum, die Voraussetzungen für eine Verwaltungsmodernisierung zu schaffen, die den Anforderungen des modernen Bürgers und des modernen Unternehmens an effizientes Regieren und Verwalten im digitalen Zeitalter gerecht werden. In einer Stadt, die den selbstgestellten Anspruch hat, die Hauptstadt der Digitalisierung zu sein, muss das selbstverständlich werden. Es wird dann nicht mehr darum gehen, ob und wann Bürgeramtstermine zur Verfügung stehen, sondern es wird zunehmend darum gehen, ob Bürgeramtstermine überhaupt notwendig sind.
Wie ist die bisherige Lage? – Jede Senatsverwaltung, jede nachgeordnete Behörde und jede Bezirksverwaltung sucht sich ihre eigene IT-Lösung. Eine Standardisierung im Hinblick auf Ausstattung, Kompatibilität, Medienbruchfreiheit, Benutzerfreundlichkeit, Barrierefreiheit und Sicherheit ist weitgehend nicht gegeben. Soweit sie zustande gekommen ist, ist dies das Verdienst des ITStaatssekretärs Andreas Statzkowski,
der mit Geduld und Beharrlichkeit darauf hingearbeitet und Überzeugungsarbeit geleistet hat. Wir wollen als Gesetzgeber diese Bemühungen unterstützen. Daher hat die CDU-Fraktion bereits vor zwei Jahren umfangreiche Vorarbeiten geleistet, Expertengespräche geführt und eine digitale Agenda für Berlin beschlossen. Heute freue ich mich, dass unser E-Government-Gesetz sämtliche Kernpunkte unserer digitalen Agenda für Berlin enthält. Danach werden dem IKT-Staatssekretär zukünftig wirksame Mittel an die Hand gegeben, um die Transformation
(Thomas Birk)
von der analogen Papierverwaltung zur serviceorientierten elektronischen Verwaltung flächendeckend zu ermöglichen.
Welches sind die wichtigsten Mittel für diese zentrale digitale Führung? – Wir wollen die zentrale Standardisierung der IT im Land durchsetzen und das federführend durch den zukünftigen IKT-Staatssekretär. Wir geben ihm dafür die zentralen IKT-Haushaltsmittel an die Hand für die verfahrensunabhängige IT, damit er bei der Beschaffung darauf achten kann, dass die Standardisierung durchgesetzt wird. Wir werden das ITDZ, also den ITDienstleister des Landes Berlin, dafür einsetzen, die Standardisierung durchzusetzen. Wir werden dafür sorgen, dass die elektronische Aktenführung bis zum 31. Dezember 2022 flächendeckend eingeführt worden ist.
Wir werden Verwaltungsabläufe auf elektronische Verfahren umstellen. Wir werden den elektronischen Identitätsnachweis flächendeckend einführen. Wir werden interaktive elektronische Formulare über ein einheitliches Portal einführen. Wir verpflichten zur Bereitstellung der frei verfügbaren öffentlichen Daten in maschinenlesbarer Form. Und – besonders wichtig für uns – wir stärken die IT-Sicherheit, denn es geht darum, dass ein Land und eine Landesverwaltung weniger angreifbar ist als bisher durch Schadsoftware ebenso wie durch gezielte Cyberattacken. Dazu werden wir den BSI-Grundschutz zum Mindeststandard erheben, und wir werden dafür sorgen, dass alle Behörden an das Berlin-CERT, das Reaktionssystem gegen Angriffe, angeschlossen werden. Wir haben an die Mitarbeiterinteressen gedacht und werden dafür sorgen, dass flächendeckend Schulungen vorgenommen werden, damit wir die Mitarbeiter auf den Weg in diese digitale Verwaltung mitnehmen können.
Abschließend: Die Umsetzung dieses Gesetzes wird eine enorme Herausforderung sein, aber die Anstrengung wird sich lohnen. Berlin kann zum Vorbild effizienten bürger- und unternehmensfreundlichen und sicheren Regierens werden. Dafür stehen wir! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Spies! Ihre Rede war ganz freundlich und nett, Sie sind auch ein extrem freundlicher und netter Kollege, aber in Ihrem Antrag zeichnen Sie, im Begründungstext jedenfalls, ein sehr düsteres Bild der Berliner Jobcenter, und ich frage mich, ob das angemessen ist.
Ich bin regelmäßig da. Sie können gerne mal mitkommen! – Eine drastische Fehlsteuerung beschreiben sie dort, und ich frage mich, ob dies wirklich nachvollziehbar ist. Jedenfalls sprechen unsere Erfolge am Arbeitsmarkt eine andere Sprache.
Warum Sie alle Beiräte, Versammlungen und Kooperationsausschüsse öffentlich tagen lassen wollen, erschließt sich mir nicht. Sie erklären es auch nicht. Die Jobcenter sollen ferner Tätigkeiten vermitteln, die der Ausbildung, Qualifikation, den Möglichkeiten und dem Willen der Betroffenen entsprechen. Das sollen sie bereits heute! – Sie wollen bedarfsgerechte Sozialberatung. Das geschieht teilweise, darüber kann man sicherlich reden. – Warum Sie die zwölf Jobcenter zu einem Träger zusammenfassen wollen, ist ebenfalls nicht erkennbar, Sie erklären es auch nicht.
Warum Sie keine Callcenter einsetzen wollen, erschließt sich aus Ihrem Antrag ebenfalls nicht. Sie verschweigen dabei, dass durch deren Einsatz 89 Prozent der Kundenanliegen schnell und unbürokratisch erledigt werden können. Wenn diese Personen alle vorsprechen müssten, würde das zum Erliegen des Geschäftsbetriebes beitragen. – Sie wollen den Grundsatz des Forderns und Förderns infrage stellen. Niemand hat Lustempfinden dabei, Sanktionen auszusprechen, aber manchmal tragen sie dazu bei, dass Leistungsbezieher ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen,
und es besteht überhaupt keine Veranlassung, das infrage zu stellen. – Ein weiterer Punkt: Der Petitionsausschuss soll nun vier Mal im Jahr tagen. Bitte schön, das kann er gerne machen. Ob der Tagungsort nun in irgendeiner Weise relevant ist, ich weiß es nicht. Vielleicht können Sie es uns im zuständigen Fachausschuss erklären, und dann können wir vielleicht noch vor dem Ende der Legislaturperiode darüber entscheiden. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Trifft es zu, dass die Träger der Integrationslotsen seit Januar auf die Erstattung der von ihnen verauslagten Kosten für Lohn, Krankenversicherung und BVG-Marken durch die Senatsverwaltung warten müssen und dass die bisher geltende 100-Stunden-Grundqualifizierung nicht mehr allen, sondern nur noch einem Lotsen pro Träger zuteilwerden soll? – Danke!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! CDU und SPD wollen, dass alle Berliner Bezirke für alle bezirklichen Bürgerämter elektronische Dokumentenprüfgeräte zum Einsatz bringen.
Wir wollen, dass die Bürgerämter zukünftig gefälschte Personaldokumente besser erkennen können.
Warum ist das wichtig? – Meine Schriftliche Anfrage vom 19. Februar 2015 hat ergeben, dass beim Einsatz von elektronischen Dokumentenprüfgeräten in den drei Bürgerämtern des Bezirkes Neukölln im Rahmen eines Pilotprojekts im Zeitraum von Januar 2014 bis Februar 2015 70 gefälschte Personaldokumente festgestellt worden sind. Wozu führt das? – Werden Fälschungen nicht erkannt, erfolgt die Erfassung der Personen im Melderegister. Dadurch werden die gefälschten Daten behördlich registriert, und es können in der Folge weitere Dokumente vom Bürgeramt ausgestellt werden, z. B. Meldebescheinigungen, die die unrichtigen Daten enthalten. Auf dieser Grundlage können Täter beispielsweise Transferleistungen beantragen, Konten eröffnen, Verträge abschließen und Ähnliches, ohne dass Plausibilitätsprüfungen erfolgen und entsprechende Prüfprogramme Unregelmäßigkeiten feststellen können.
Weiteres hat meine Schriftliche Anfrage zutage gefördert: Im Jahr 2014 sind beim Einsatz eines Dokumentenprüfgeräts bei der Kriminaltechnik des LKA 674 Personaldokumente überprüft und hierbei rund 58 Prozent – 387 Dokumente – als gefälscht festgestellt worden. Der polizeiliche Staatsschutz stellte 2008 mindestens acht betrügerische Kontoeröffnungen durch islamistische Extremisten unter Verwendung gefälschter Personaldokumente fest, die zur Finanzierung des terroristischen Dschihads missbraucht worden sind.
Zudem wurden bei dem für die allgemeinen Urkundenfälschungen und Dokumentenkriminalität zuständigen Fachbereich des LKA seit 2012 neun Fälle bearbeitet, in denen durch gefälschte Dokumente Meldebescheinigun
gen erwirkt und diese zur Scheinlegalisierung des Aufenthaltes und zur Begehung weiterer Straftaten – einschließlich Kontoeröffnungsbetrug – verwendet wurden. Seit 2012 sind zwölf Fälle erkannt worden, in denen durch die Vorlage gefälschter Personaldokumente die Aufnahme in das deutsche Meldewesen erreicht und der Bezug von staatlichen Leistungen unberechtigt erschlichen worden sind. Der Schaden hat in Einzelfall zwischen 20 000 und 40 000 Euro betragen.
In Berlin leben Menschen aus 180 Herkunftsländern, die alle über völlig unterschiedliche Ausweisdokumente verfügen. Kein noch so gut geschulter Mitarbeiter eines Bürgeramts ist in der Lage, allein durch Inaugenscheinnahme Fälschungen flächendeckend zu identifizieren. Es ist also davon auszugehen, dass in den Bürgerämtern in Berlin, in denen die elektronischen Dokumentenprüfgeräte derzeit nicht eingesetzt werden, eine hohe Zahl von gefälschten Personaldokumenten unerkannt bleibt. Das führt zu erheblichen Folgeschäden und zu erheblichem Missbrauch und Straftaten.
Bei meinem Besuch bei der Bundesdruckerei habe ich mich davon überzeugt, dass durch den Einsatz elektronischer Dokumentenprüfgeräte gefälschte Personaldokumente sekundenschnell und zuverlässig erkannt werden können. Alle bekannten Echtheitszeichen der Personaldokumente der meisten Staaten sind programmiert, und regelmäßige Updates stellen sicher, dass auch modernste Fälschungen erkannt werden können. Daher wollen wir, dass die Bezirke in ihren Bürgerämtern diese elektronischen Dokumentenprüfgeräte anschaffen und zum Einsatz bringen. Dabei wollen wir sie finanziell unterstützen. Wir haben die notwendigen Mittel dafür im Doppelhaushalt 2016/2017 eingestellt, sodass die Bezirke bei dieser Beschaffungsmaßnahme keine erheblichen Kosten zu befürchten haben. Dass das Ganze sinnvoll ist, ergibt sich insbesondere auch aus der Betrachtung der vermeidbaren Folgeschäden. Deswegen möchten wir die Bezirke mit unserem Antrag veranlassen, diese Dokumentenprüfgeräte einzusetzen.
Bitte schön!
Das ist eine berechtigte Frage. Der Aufwand wird geringer, denn der Prüfvorgang dauert nur fünf bis zehn Sekunden. Wenn Sie das Dokument auflegen, wird Ihnen das Gerät sofort eine Antwort geben. Das ist kein höherer Zeitaufwand. Im Gegenteil: Es steigert die Effizienz, weil erreicht wird, dass die gefälschten Dokumente erkannt werden können, was bei der Vielzahl von Personaldokumenten und Menschen aus verschiedenen Ländern, die Personaldokumente vorlegen, allein mit Inaugenscheinnahme nicht möglich ist. Es ist eine sehr sinnvolle Sache. Ich hoffe, dass wir es in den Fachausschüssen gemeinsam so bewerten und beschließen können. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Stadtteilmütter, Kiezmütter und Integrationslotsen werden weit über Berlin hinaus als Erfolgsgeschichte geschätzt. Unser Landesprogramm beschäftigt inzwischen 157 Integrationslotsen und Stadtteilmütter. Dazu kommen über Beschäftigungsmaßnahmen finanzierte Stadtteilmütter und Integrationslotsen. Das Ziel, zu 250 weiteren Positionen zu kommen, ist fast erreicht. Sie werden auch dringend in unserer Stadt gebraucht angesichts des großen Zustroms von Asylbewerbern.
Die auf zwei Jahre befristeten Beschäftigungsmaßnahmen dienen dem Ziel, neben der Betreuung der Asylbewerber, die Integrationslotsen und Stadtteilmütter, die nicht selten erwerbslos waren, bevor sie diese Tätigkeit übernommen haben, für eine spätere Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren, entweder in die wachsende Zahl der Stellen des Landesprogramms oder in andere Berufe bei anderen Trägern. Hierzu werden die Betroffenen rechtzeitig vor Auslaufen der Maßnahme individuell beraten, insbesondere darüber, welche Anschlussqualifizierung für sie sinnvoll ist. Zwischenzeitlich konnte die Qualifizierung von Stadtteilmüttern standardisiert und verbessert werden. Über eine Basisqualifizierung hinaus erlernen sie nicht nur die für ihre Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten, sondern sie werden weiter durch Basis- und weiterführende Module qualifiziert. Ein Berufsbild soll auch entwickelt werden, und für Zusatzqualifizierungen existiert ein Themenkatalog als Grundlage. Weitergehende individuelle Perspektiven vermitteln Coaches oder Berater. Es geht also um zweierlei: Zum einen sollen diejenigen Integrationslotsen, die in diesem Beruf dauerhaft arbeiten wollen, hierfür eine Perspektive erhalten. Genau dies stellt unser Landesprogramm sicher. Zum anderen sollen diejenigen, die nicht selten aus der Arbeitslosigkeit kommen und sich über ihre Lotsentätigkeit hinaus qualifizieren wollen, eine Perspektive für eine dauerhafte Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt erhalten. Die Verbindung von Integrationsarbeit und Weiterqualifikation, ob als Integrationslotse oder darüber hinaus, funktioniert. Diesen Weg werden wir weitergehen. Ihres Antrags bedarf es dazu nicht. – Vielen Dank!
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Wie weit ist die Planung für die Willkommen-in-ArbeitBüros, und in welchen Flüchtlingsunterkünften sollen diese mit welcher personellen Ausstattung eingerichtet werden? – Danke!
Vielen Dank, Frau Senatorin! – Ist geplant, dass derartige Einrichtungen zumindest in allen größeren Unterkünften
geschaffen werden, oder reden wir nur von dem Sonderfall Tempelhofer Feld? Wird dort auch eine Vermittlung stattfinden, oder ist es mehr eine Beratung, während die Vermittlung nach wie vor in den Jobcentern stattfindet? – Danke!
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute einen Antrag der Piratenfraktion, der die Gründung eines landeseigenen Unternehmens zur Versorgung Berlins mit Breitbandinfrastruktur zum Ziel hat. Sie begründen diese Initiative mit der digitalen Daseinsvorsorge und mit einer angeblichen wirtschaftspolitischen Notwendigkeit – insbesondere aus Sicht der Start-up-Unternehmen. Ich möchte diese Begründungen etwas kritisch untersuchen.
Erstens: Wir wollen, ebenso wie Sie, den gleichberechtigten Zugang zum Netz für alle Verbraucher, denn ohne Zugang zum Netz – das ist heute schon verschiedentlich angesprochen worden – ist heute keine Teilnahme am öffentlichen Leben möglich. Deshalb ist dieser gleichberechtigte Zugang aller Verbraucher zum Netz ein Teil der Daseinsvorsorge. Berlin hat heute mit Abstand den höchsten Stand des Breitbandausbaus in Deutschland. Über 90 Prozent der Haushalte können 50 Mbit/s oder mehr abrufen, das heißt, der Breitbandausbau in Berlin deckt derzeit – jedenfalls weit überwiegend – den Bedarf der Verbraucher. Damit das so bleibt, wird es darauf ankommen, den wachsenden Verbraucherbedarf angesichts des wachsenden Datenvolumens zutreffend zu prognostizieren und auf einen entsprechenden Ausbau rechtzeitig hinzuwirken.
Nein, danke!
Keine Zwischenfragen! – Nichts spricht dafür, dass dies in Berlin nicht funktioniert. Mit anderen Worten: Die Sicherstellung der digitalen Daseinsvorsorge bedarf nicht der Gründung eines landeseigenen Unternehmens zum Breitbandausbau.
Zweitens: Interessanter ist Ihr wirtschaftspolitischer Argumentationsversuch. Sie sagen, dass differenzierte Tarifstrukturen der Provider für das über die Daseinsvorsorge hinausgehende Übertragungsvolumen und die Übertragungsgeschwindigkeiten die Start-up-Szene schwä
chen. Ich stimme Ihnen zu, die Interessen der Gründerszene in Berlin in unsere Erwägungen einzubeziehen. Berlin liegt bei der Anzahl der Start-ups vor Hamburg, Köln und München. Viele Arbeitsplätze entstehen. Bereits heute hat sich die Stadt zum Top-Standort für Gründer in Deutschland entwickelt. 2012 investierten deutsche und ausländische Wagniskapitalgeber in Berlin 133 Millionen Euro in Start-ups, in Baden-Württemberg 24 Millionen Euro, in Bayern 19 Millionen und in Hamburg 14 Millionen Euro. Um diese gute Ausgangslage auszubauen, muss das innovative Umfeld des Start-upStandortes Berlin ausgebaut werden. Während heute Start-ups beispielsweise mit geringen Verkehrsmengen ihre qualitätssensiblen Dienste nur über das Best-EffortNetz verbreiten können, haben etablierte Anbieter wie Google die Möglichkeit, die Verbreitung ihrer Dienste durch eigene Netze oder sogenannte Content-DeliveryNetworks zu optimieren. Durch diese eigenen Strukturen ist es ihnen möglich, ihre Produkte qualitativ abzusichern. Kleine Start-ups können sich diese großen Investitionen in Infrastruktur nicht leisten. Gerade dies birgt die konkrete Gefahr der Wettbewerbsverzerrung oder erheblicher Marktzugangsbarrieren für Marktjungunternehmen.
Wenn man also wie Sie wirtschaftspolitisch argumentiert, so muss es das Ziel sein, dass die Qualität im Internet auch für kleine und innovative Unternehmen sicher und finanzierbar verfügbar ist. Dann aber müsste es – wenn man Ihrer Argumentation folgt – Jungunternehmen ermöglicht werden, gleich gute Qualität für ihre Produkte anbieten zu können, und dies ließe sich mit einem mit immer mehr Datenverkehr belasteten Netz nur durch Managed Services erreichen, das heißt, gekaufte. Das bedeutet, ich glaube, dass das wirtschaftspolitische Argument nicht durchschlägt.
Durch die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes und die Einfügung von § 41a wurden bereits die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen, um einem Unternehmen, das Telekommunikationsnetze betreibt, Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Datenübermittlung und diskriminierungsfreie Datenzugang oder Zugang zu Inhalten stellen zu können. Dieser dynamische und sich an konkreten Gefährdungen orientierende Ansatz eines Diskriminierungsverbots ist aus meiner Sicht am ehesten geeignet, einer möglicherweise drohenden Gefahr der Verdrängung des offenen Internets entgegenzutreten. Innovationen und die Entwicklung neuer Anwendungen als wahre Garanten eines offenen und lebendigen Internets werden durch eine solche Regelung ausdrücklich nicht ausgebremst.
Ich habe mich in meinen bisherigen Äußerungen noch gar nicht der Frage zugewandt, ob ein Berliner Landesunternehmen ein probates Mittel wäre, um die Entscheidung des Europaparlaments zur Netzneutralität auf der Berliner Ebene zu korrigieren. Es ist auch von Herrn Gelbhaar völlig zutreffenderweise diese Frage gestellt worden. Ich
bin gern bereit, im zuständigen Ausschuss genau diese Frage intensiv zu erörtern und zu prüfen, ob Sie durchschlagende Argumente für Ihre Netzagentur vorbringen können. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Integrationspolitik heute steht im Zeichen des großen Zuzugs von Asylantragstellern.
Über 70 000 Neuankömmlinge haben wir in Berlin allein in diesem Jahr aufgenommen, registriert und versorgt. Aber damit allein ist es nicht getan,
denn es ist nicht das Ziel und die Hoffnung der vielen Fluchtsuchenden, ihre Heimat aufzugeben, ihr Vermögen zu veräußern, den Erlös an zweifelhafte Schlepper zu bezahlen, um nach einer riskanten und entbehrungsreichen Reise in einer Berliner Turnhalle oder Messehalle zu enden.
Das ist auch nicht unser Interesse.
Nein, danke! – Es kommt vielmehr darauf an, dass diese Menschen die deutsche Sprache erlernen, dass wir die ankommenden Kinder und Jugendlichen in Kitas und Schulen unterbringen, dass sich die Berufsfähigen weiterqualifizieren und in den Arbeitsmarkt integrieren,
dass die nicht Berufsfähigen qualifiziert werden, dass die vielen Zuwanderer die Grundregeln unseres demokratischen Zusammenlebens erlernen, dass sie das Gewaltmonopol des demokratischen Staats akzeptieren, die Gleichberechtigung von Mann und Frau
und auch die Religionsfreiheit, die das Recht auf Austritt aus einer Religionsgemeinschaft beinhaltet,
dass wir sie gegen Einflussnahmen durch radikale Kräfte, insbesondere aus dem radikalen salafistischen Umfeld warnen und schützen. Das alles ist eine gigantische Aufgabe.
Der zur Abstimmung vorliegende Haushalt wird dieser Herausforderung gerecht. Das gilt für alle Einzelpläne, auch für den für Integration. Wir investieren insbesondere in die Sprachförderung für Flüchtlinge. Wir bauen eine Regelförderung für Integrationslotsen auf. Es entsteht ein
neues Erstberatungszentrum, ein Härtefallfonds zur Unterstützung der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Wir investieren in die Bekämpfung von antisemitischen und islamistischen Extremismus, u. a. auch durch die Förderung des jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus im Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Wir investieren zudem in den Schutz von Opfern von Menschenhandel, insbesondere auch durch die Aufnahme von Solwodi Berlin e. V in unser Programm für Beratungs- und Hilfsangebote für ausländische Frauen. Ich bitte Sie, unserem vorliegenden Haushaltsplan auch für den Einzelplan Integration und Frauen zuzustimmen, damit diese wichtigen Maßnahmen umgesetzt werden können. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 13. Januar 1991 ist das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz in Kraft getreten, das seit 1993 Landesgleichstellungsgesetz heißt und seitdem eine hohe Anzahl von Änderungen erfahren hat. Kollege Lehmann hat bereits darauf hingewiesen: Im Berliner Landesrecht gibt es bereits eine ganze Reihe von Gesetzen, die Regelungen zum Schutz vor Diskriminierungen zum Schwerpunkt haben. Dazu gehören erstens das Landesgleichstellungsgesetz, das dem Ziel dient, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu vollenden, zweitens das Landesgleichberechtigungsgesetz zur Begegnung von Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen, drittens das Gesetz zur Gleichberechtigung von Menschen unterschiedlicher sexueller Identität, viertens das Partizipations- und Integrationsgesetz, das dem Ziel dient, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund zu ermöglichen. Weitere Landesgesetze enthalten Einzelregelungen zur Bekämpfung von Diskriminierungen aller Art.
Nein, danke!
Der Bund – darauf ist hingewiesen worden – hat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verabschiedet. Auch insoweit gibt es Schutz. Hierzu läuft eine Evaluation. Es ist sicherlich klug, die dort zu ziehenden Erkenntnisse einzubeziehen.
Last but not least enthält die Berliner Verfassung klare verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbote. In Artikel 10 heißt es:
Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder
(Carsten Schatz)
seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden.
und:
Frauen und Männer sind gleichberechtigt.
und in Artikel 11:
Menschen mit Behinderungen dürfen nicht benachteiligt werden.
Ich zähle das alles auf, damit es Ihnen nicht gelingt, hier den Eindruck zu erwecken, Ihr Gesetzentwurf eines Berliner Landesantidiskriminierungsgesetzes sei die Erfindung des gesetzlichen Antidiskriminierungsschutzes in Berlin. Berlin verfügt bereits heute über einen beispielhaften gesetzlichen Diskriminierungsschutz. Er geht weit über das hinaus, was die zugrunde liegenden EURichtlinien vorschreiben. Diese beschränken sich auf ein Diskriminierungsverbot aufgrund der Rasse, der ethnischen Herkunft und des Geschlechts. Wir hier in Berlin sind schon viel weiter.
Es ist richtig, bestehende gesetzliche Regelungen auf ihre Wirksamkeit, Angemessenheit und etwaige Schutzlücken zu überprüfen. Es kommt daher bei den bevorstehenden Beratungen darauf an, zunächst einmal festzustellen, ob es überhaupt einen Regelungsbedarf für einen weiteren Schutz vor Diskriminierungen gibt und worin ein etwaiger Regelungsbedarf besteht.
Sollten wir zu dem Ergebnis kommen, dass eine gesetzliche Regelungslücke besteht, müssen wir uns fragen, wie wir sie schließen. Dann wird sich die Frage stellen, ob wir das durch ein fünftes Landesgesetz machen sollten oder ob es nicht besser wäre, die bestehenden gesetzlichen Regelungen zu ergänzen. Für unser christliches Menschenbild ist die Unverletzlichkeit der Würde eines jeden Menschen wesentlich.
Darum ist es für uns auch selbstverständlich, dass wir die Diskriminierung des Einzelnen wegen äußerer Merkmale oder seiner Veranlagung ablehnen und dies in wirksamer Weise gesetzlich abgesichert sehen möchten. Grundsätzlich sind wir der Ansicht, dass die bestehenden gesetzlichen Regelungen diese Absicherungen bieten. Wir sind aber gern bereit, dies in den zuständigen Parlamentsausschüssen einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Darauf sollen wir uns konzentrieren. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir arbeiten dafür, dass Schutzbedürftige geschützt und dass Nicht-Schutzbedürftige zurückgeführt werden. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, das als Abschottung und Ausgrenzung bezeichnen, dann ist das ein Beweis für Ihren Realitätsverlust.
(Canan Bayram)
Deutschland leistet wie kein anderes Land Vorbildliches zum Schutz von Flüchtlingen. Seit Jahren nimmt Deutschland weit mehr Asylbewerber auf als jedes andere Land der Welt, das nicht unmittelbar an ein Bürgerkriegsgebiet grenzt – mehr als alle Mittelmeeranrainerstaaten zusammen, mehr als die USA und Kanada zusammen, in der ersten Hälfte dieses Jahres über die Hälfte aller Asylbewerber, die nach Europa gekommen sind. Es sollen über 800 000 in diesem Jahr werden. Dies stellt Europa, Deutschland und Berlin vor große Herausforderungen: für die Registrierung der Asylantragsteller, ihre Unterbringung und Versorgung, die Durchführung der Asylverfahren, die Rückführung der abgelehnten Asylbewerber, die Integration der Schutzbedürftigen, die innere Sicherheit und den inneren Zusammenhalt unseres Landes. Wir sind stolz auf das überwältigende, ehrenamtliche Engagement der Deutschen, der Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie geben unserem Land ein besonderes, menschliches Antlitz, und es ist wahr, ohne sie unterbliebe in der jetzigen Notsituation auch einiges Notwendige.
Wir sind ebenso stolz auf die großen Anstrengungen des Bundes, des Landes Berlin und der Bezirke. In deren Mittelpunkt stehen die CDU-geführten Senatsverwaltungen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Senatoren Frank Henkel und Mario Czaja. Ihnen verdanken wir, dass alles Menschenmögliche unternommen wird, um die Herausforderungen des Flüchtlingszustroms zu bewältigen.
Berlin hat allein im September etwa 12 000 Asylantragsteller aufgenommen. Das sind so viele wie in den Jahren 2011, 2012 und 2013 zusammengerechnet in einem einzigen Monat. Täglich erreichen durchschnittlich 500 bis 1 000 neue Asylantragsteller unsere Stadt. Die erforderlichen Entscheidungen zur Erweiterung der Kapazitäten bei Registrierung und Unterbringung sind getroffen, die Umsetzung läuft. Dadurch werden Mario Czaja und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Flut von Asylantragstellern Herr werden. Lieber Mario Czaja, dafür haben Sie unsere volle Unterstützung!
Nein, danke! – Und unser CDU-Innensenator, Frank Henkel, sorgt mit den Berliner Sicherheitsbehörden für die Bewahrung der Sicherheit in unserer Stadt – im Interesse aller Berlinerinnen und Berliner und im Interesse der Asylantragsteller. Er sorgt – gegen Ihren Widerstand, meine Damen und Herren von der Opposition – konsequent für die menschenwürdige Rückführung der ausreisepflichtigen, abgelehnten Asylantragsteller. – Lieber Frank Henkel, auch hierfür haben Sie unsere uneingeschränkte Unterstützung.
Meine Damen und Herren von der Opposition! Was wollen Sie eigentlich? Sie lassen nichts unversucht, um die Flüchtlingspolitik unseres Landes als menschenunwürdig zu verunglimpfen. Und Sie reden dabei völlig an der Realität vorbei.
Fragen Sie doch mal die Asylantragsteller, die in diesem Jahr nach Deutschland kommen, warum sie den Weg ausgerechnet in ein kleines Land in der Mitte Europas wählen!
Warum nehmen sie diese Strapazen auf sich, um unser Land zu erreichen? Deren Abstimmung mit den Füßen widerlegt Sie. Die kommen nach Deutschland, weil Deutschland frei, gerecht, stabil und erfolgreich ist. Kurzum: Es ist einzigartig.
Sie hingegen reden davon, Europa sei eine Festung – eine weitere völlig absurde Desinformation.
Tatsache ist, dass die Grenzen Europas im Wesentlichen offen sind, dass die Menschen in Scharen und ungehindert in die Europäische Union, den Schengen-Raum und unser Land kommen. Niemand, der Asyl beantragt, wird abgewiesen. Ich fordere Sie auf: Nehmen Sie die Fakten zur Kenntnis, und führen Sie die Menschen nicht in die Irre!
Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie erwecken den Eindruck, als wollten Sie unser Land chaotisieren. Sie unternehmen nichts, um den übergroßen Zustrom von Zuwanderern zu begrenzen, und Sie unternehmen alles, um die Abschiebung von Nicht-Schutzbedürftigen zu behindern. Sie wollen das Chaos erzeugen, um wieder in Ihre absurden Wehklagen über die unmenschlichen Bedingungen in unserem Land einstimmen zu können.
Wohin das führt, ist am Beispiel der Gerhart-HauptmannSchule in dem von Ihnen regierten Bezirk FriedrichshainKreuzberg zu betrauern.
Sie haben es in Ihrer nicht zu übertreffenden Inkompetenz fertiggebracht, durch ein einzigartiges Herumgeeiere, den 18 Besetzern ungewollt ein Nutzungsrecht zu geben. Und nun scheitern Sie dabei, Ihr selbsterzeugtes Chaos zu beseitigen und die Schule zu räumen. Man stelle sich vor, Sie wären nicht nur für die Bewältigung einer 18-köpfigen Schulbesetzung verantwortlich, sondern für die Bewältigung eines noch nie dagewesenen Zustroms von 800 000 Flüchtlingen. Gott möge unser Land davor beschützen!
Meine Damen und Herren von der Opposition! Werden Sie Ihrer Verantwortung als Opposition endlich gerecht! Entfalten Sie politische Initiativen,
damit die Nicht-Schutzbedürftigen Platz machen für die wirklich Schutzbedürftigen!
Unser CDU-Justizsenator, Thomas Heilmann, hat das mit seinen Vorschlägen für ein Asylbewältigungsgesetz getan.
Darin unterbreitet er umfassende Vorschläge zur Vereinfachung, Straffung und Beschleunigung der Asylverfahren.
Das ist absolut zu begrüßen. – Auch Sie, lieber Thomas Heilmann, haben unsere vollständige Unterstützung.
Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, sind jedoch nicht einmal bereit, über diese Vorschläge zu diskutieren.
Sie rufen „verfassungswidrig“. Damit wollen Sie jede sachgerechte Debatte unterbinden. Sie sind nicht bereit, sich den Sorgen der Menschen in unserem Land zu stellen. Sie wollen sie unterdrücken. Sie entfremden damit die Menschen von unserer parlamentarischen Demokratie.
Sie bewirken, dass sich die Menschen mit ihren Sorgen alleingelassen, nicht mehr vertreten fühlen. Verstecken Sie sich nicht länger hinter Ihrem moralisierenden Gutmenschengetue! Stellen Sie sich der Diskussion! Das ist Ihre Aufgabe als Opposition.
Wie verantwortungsvolle Politik aussieht, das beweist die CDU-geführte Bundesregierung. Diese hat ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Flüchtlingswelle verabredet. Ich möchte nur einige Punkte nennen. Erstens: Alle West-Balkan-Staaten werden als sichere Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Abs. 3 Grundgesetz qualifiziert. Das ermöglicht die Beschleunigung der Asylverfahren und die schnellere Rückführung der Nicht-Berechtigten. Das ist wichtig, denn der Zuzug von Asylantragstellern aus den West-Balkan-Staaten steigt weiter an, obwohl es dort keine Fluchtgründe gibt:
von 25 000 Asylanträgen im Jahr 2012 auf über 115 000 allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres.
Nein, danke! – Das sind knapp 40 Prozent aller Asylanträge. Zugleich liegt die Schutzquote in diesen Staaten bei faktisch null Prozent. Es gibt praktisch keine Fluchtgründe.
Machen wir uns klar: Artikel 16a Grundgesetz dient allein dem Zweck, politisch Verfolgte und Bürgerkriegsflüchtlinge zu schützen. Es dient nicht dem Zweck, Zuwanderung aus anderen Gründen zu organisieren.
Zweitens: Fehlanreize für unberechtigte Asylanträge werden beseitigt und Geldleistungen weitergehend durch Sachleistungen ersetzt. Drittens: Für vollziehbar Ausreisepflichtige wird die Leistungsgewährung befristet. Nimmt der Ausreisepflichtige seine Ausreisemöglichkeit nicht wahr, reduzieren sich seine Leistungsansprüche auf das unabdingbar Notwendige. – Das alles ist richtig, und wir unterstützen unsere Bundeskanzlerin in diesem Kurs.
Abschließend: Wir müssen davon ausgehen, dass auch diese Maßnahmen möglicherweise nicht ausreichen. Deswegen müssen wir eine offene Diskussion über weitere führen. Die Zahlen lassen möglicherweise davon ausgehen, dass die Herausforderungen nicht allein in diesem Jahr bewältigt werden können. Deswegen müssen wir eine offene Diskussion über weitergehende Vorschläge führen. Wir können uns nicht nur mit den Folgen der Zuwanderung und des Zustromes von Menschen beschäftigen, sondern wir müssen uns auch mit den Ursachen beschäftigen, um die Probleme bei der Wurzel zu ergreifen.
Meine Damen und Herren von der Opposition! Stellen Sie sich der Diskussion! Erkennen Sie: Wir haben nicht nur eine Verantwortung gegenüber den Asylantragstellern/unseren Gästen, sondern wir haben ebenso eine Verantwortung für unser Land! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Kollege Lauer! Ich habe mich jetzt gefragt, ob ich überhaupt erwidern soll, weil ich mich gefragt habe, was Sie überhaupt ausgesagt haben.
Außer diversen Äußerungen unterhalb der Gürtellinie, die am Rande der parlamentarischen Sitte sind, habe ich eigentlich nichts vernommen. Deswegen möchte ich noch mal deutlich machen, ganz kurz, worauf es ankommt. In diesem Jahr sind wir alle überrascht worden – das darf ich, glaube ich, für alle einräumen – –
Ja, Sie wissen alles besser. Sie gucken ins Internet, da steht das wahrscheinlich geschrieben.
Wir arbeiten daran, wir lernen noch was! – Wenn Sie alles vorhergesehen haben, dann hätte ich gern Ihren Hinweis am Anfang dieses Jahres gehabt, dass wir in diesem Jahr 800 000 Asylantragsteller zu erwarten haben.
Diese Hinweise gab es weder von der Bundesebene noch von der Europäischen Union.
Ich verstehe gar nicht, was Sie wollen!
Danke schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich kann Sie auch gar nicht verstehen, weil Sie alle gleichzeitig schreien; das hilft gar nicht. Also wenn Sie alles besser wissen, dann nehme ich das so zur Kenntnis. Alle Experten in diesem Land haben es nicht so gut gewusst wie die Piraten. Und diejenigen, die professionell an den Dingen arbeiten, haben die Konsequenzen daraus gezogen, als die Erkenntnisse bekannt waren. Und das heißt, als bekannt war, dass die Flüchtlingszahlen sich in dieser Weise entwickeln, sind die notwendigen Dinge auf den Weg gebracht worden. Das machen wir jetzt im Rahmen der Haushaltsverhandlungen, das machen wir darüber hinaus in der Verwaltung, der ich sehr dankbar bin.
Ich möchte noch mal auf einen wichtigen Punkt hinweisen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen einschließlich der Führungen der Senatshäuser –
Nein, danke! Ich rede jetzt, Herr Kollege Taş!
leisten Übermenschliches, um den Menschen, die an unsere Tür klopfen und um Schutz nachsuchen, Schutz zu gewähren. Das hat meinen tiefen Respekt und das hat auch Ihren tiefen Respekt verdient. Ich danke selbstverständlich auch nochmals den Ehrenamtlichen, ohne die diese kurzfristige Bewältigung dieser großen Zahl nicht möglich wäre. Lassen Sie uns doch zusammenstehen, lassen Sie uns vernünftig die Fakten zur Kenntnis nehmen und daraus die richtigen Schlussfolgerungen ziehen! Dann werden wir auch die richtige Politik machen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Dr. Dix! Wir beraten heute den Datenschutzbericht 2014. Auf 196 Seiten hat unser Datenschutzbeauftragter seinen Bericht über die Tätigkeit seiner Behörde zur Sicherung des Datenschutzes und der Informationsfreiheit zusammengefasst. Mit strengem Blick hat er wieder Missstände identifiziert und Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Der Senat hat hierzu zwischenzeitlich Stellung genommen, und es ist unsere Aufgabe im Fachausschuss des Abgeordnetenhauses, insbesondere die Punkte näher zu prüfen, in denen der Datenschutzbeauftragte auf der einen Seite und der Senat auf der anderen Seite unterschiedliche Auffassungen vertreten.
Auch der Datenschutzbericht 2014 spiegelt die fortschreitende Digitalisierung unseres Lebens wider – zu Hause, in Schulen und Universitäten, am Arbeitsplatz, in der öffentlichen Verwaltung und bei unseren Unternehmen. Viele Sachverhalte, die der Datenschutzbeauftragte in seinem Bericht thematisiert, entstammen der digitalen Welt. Datenschutz beschäftigt sich immer mehr damit, wer auf welche Daten, die immer mehr digital verfügbar sind, digital zugreifen darf. Datensicherheit beschäftigt sich immer mehr damit, wie der unberechtigte digitale Datenzugriff Unbefugter unterbunden werden kann.
Wir können die fortschreitende Digitalisierung nicht stoppen oder auch nur bremsen. Wir wollen das auch nicht, sondern wir wollen die großen auch in der Digitalisierung liegenden Chancen zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen in unserem Land nutzen, auch für die Stärkung des Unternehmensstandortes Berlin. Dazu gehört auch, dass wir die öffentliche Verwaltung auf dem Weg in die digitalisierte Welt mitnehmen, dass wir dafür Sorge tragen, dass die öffentliche Verwaltung digital nicht abgehängt wird. Dazu müssen wir die berechtigten Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihrer Personalvertretungen berücksichtigen. Wir müssen an ihre Qualifizierung denken, auch in den wichtigen Bereichen des Datenschutzes und der Datensicherheit.
Datenschutz und Datensicherheit in der öffentlichen Verwaltung können wir nur sicherstellen, wenn wir die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die notwendigen Mindeststandards erarbeitet, in allen Berli
(Sven Kohlmeier)
ner Behörden eingeführt und ständig der technischen Weiterentwicklung angepasst werden können. Dies wird ohne eine zentrale Steuerung der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung nicht möglich sein. Diese zentrale Steuerung wird ein Hauptaugenmerk bei den bevorstehenden Beratungen zum Entwurf eines E-GovernmentGesetzes sein müssen. Ich glaube, wenn wir das im Augenmerk bewahren, werden wir auch die Mahnungen des Datenschutzbeauftragten aus seiner heutigen Rede berücksichtigen können.
Wir müssen ferner beraten, wie wir die zentrale IKTArchitektur und die IKT-Sicherheitsarchitektur des Landes optimieren können, insbesondere unter Einbindung des zentralen IT-Dienstleisters des Landes. Das ITDZ bietet inzwischen allen Behörden des Landes Berlin seine Dienstleistungen auf dem IT-Sicherheitsniveau der Zertifizierung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik an, und es muss unser Ziel sein, dass diese sicheren Angebote flächendeckend in Anspruch genommen werden.
Zur zentralen Steuerung gehören auch die zentrale Festsetzung von Standards für einen wirtschaftlichen IKTEinsatz und ein barrierefreier Zugang und eine barrierefreie Nutzung der IKT innerhalb der öffentlichen Verwaltung und im Verhältnis zu Bürgern und Unternehmen. Die Standardisierung einer einheitlichen verfahrensunabhängigen IKT-Ausstattung wird uns helfen, das Ausstattungsniveau der Behörden zu verbessern und die digitale Dividende in Form geringerer Beschaffungskosten zu realisieren. Diese Aufgabe und Verantwortung werden wird nur erfüllen können, wenn wir auch weiterhin im Zuge der Digitalisierung auf den Rat unseres Datenschutzbeauftragten und seiner Behörde zurückgreifen.
Ich möchte sehr gern Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Dix, und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Ihre engagierte Arbeit und Ihren Datenschutzbericht danken und diesen Dank erweitern auf unsere in den vergangenen Jahren sehr konstruktive und gute Zusammenarbeit im Fachausschuss und darüber hinaus. Das möchte ich angesichts Ihrer bevorstehenden Ausscheidens aus dem Amt hervorheben. Herzlichen Dank und alles Gute!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bitte gestatten Sie mir vier Anmerkungen. Erstens: Seenotrettung ist wichtig, und Seenotrettung geschieht – bislang gezielt in den Hoheitsgewässern der europäischen Mittelmeeranrainerstaaten und bei eingehenden Notrufen weit darüber hinaus. Nunmehr wird auch die gezielte Seenotrettung weit über die Hoheitsgewässer der europäischen Küstenstaaten hinaus ausgedehnt durch die Ausdehnung der Triton-Mission der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Künftig werden Schiffe, Hubschrauber, Flugzeuge und moderne Aufklärungstechnologien eingesetzt, um gezielt außerhalb der Hoheitsgewässer unserer Mittelmeeranrainerstaaten nach Schiffsbrüchigen zu suchen, unabhängig von eingehenden Notrufen. Die Einsätze werden von einer neuen Frontex-Niederlassung auf Sizilien koordiniert. Die deutsche Bundesmarine beteiligt sich schon heute. Das ist vorbildlich.
Zweitens: Wir dürfen nicht nur an den Symptomen der Flucht- und Wanderungsbewegungen arbeiten. Wenn wir nicht wollen, dass Menschen ihre Heimat verlassen und ihr Heil in unsicheren Überfahrten über das Mittelmeer suchen, dann müssen wir uns auch mit den Ursachen beschäftigen.
(Canan Bayram)
Nein, danke! – Die Ursachen liegen nicht in Europa. Kriegerische Auseinandersetzungen wie in Syrien und im Irak zwingen viele Menschen zur Flucht. Im letzten Jahr haben 73 500 Syrer, Eritreer, Afghanen und Iraker allein in Deutschland Asyl beantragt. Und in den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es mehr 32 000 Antragsteller aus diesen Ländern. Es muss also das Ziel verantwortungsvoller Politik sein, die Lebensbedingungen in den Herkunftsstaaten mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu verbessern – mit Frieden sichernden und friedensschaffenden Missionen, mit Diplomatie, mit Entwicklungshilfezusammenarbeit, mit allen Möglichkeiten, die wir haben.
Drittens: Verantwortlich für Schiffbruch, Seenot und Tod auf dem Mittelmeer sind die Menschenschlepper, die den Betroffenen ihr Vermögen nehmen, sie auf seeuntüchtigen Schiffen auf hoher See aussetzen und ihren Tod in Kauf nehmen. Es reicht nicht, Seenotrettung zu betreiben, sondern wir müssen mit allen verfügbaren Mitteln gegen diese Verbrecher vorgehen. Dazu gehören auch die diskutierten polizeilichen und militärischen Mittel.
Viertens: Schließlich muss es uns darum gehen, die Aufnahmebereitschaft von uns Europäern zu steigern. Das wird nur gelingen, wenn wir es schaffen, den Zuzug auf wirklich Schutzbedürftige zu beschränken und die Rückkehr von Nichtschutzbedürftigen durchzusetzen. Die Schutzquoten liegen nicht bei allen Asylantragstellern so hoch wie bei Syrern, 84,2 Prozent, Irakern, 91,4 Prozent, Afghanen, 38,4 Prozent, und Eritreern, 69,1 Prozent. Nicht wenige Asylantragsteller wenden sich ohne Fluchtgründe nach Europa.
Nein, danke! – Armut veranlasst nicht wenige dazu, Zugang in die ja auch sozialpolitisch sichere Europäische Union zu suchen. In den ersten vier Monaten des Jahres 2015 waren unter den Top Ten der Herkunftsstaaten fünf Staaten, in denen es keine nennenswerten Fluchtgründe gibt,
in denen die Schutzquoten nicht über 0,5 Prozent gelegen haben. Und aus diesen Ländern kam die Hälfte der Asylanträge aus den Top-Ten-Staaten, eine erhebliche Zahl. Das gehört auch zur Wahrheit. Und wenn Sie wie ich wollen, dass die Aufnahmebereitschaft der Menschen in diesem Land und in ganz Europa gegenüber Flüchtlingen steigt, dann müssen wir ihnen versichern können, dass wir die Schutzbedürftigen schützen und nicht die nicht Schutzbedürftigen aufnehmen. Und da wüsste ich gern mal – –
In diesem Bereich haben Sie bisher überhaupt keine Ideen entwickelt, sondern Sie beschränken sich immer auf ein Teilthema, und das halte ich für unglücklich. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute die Vorkommnisse der letzten Wochen, die uns erschrecken und zutiefst betrüben, die aber auch nicht neu sind, weil wir wissen, dass derartige Vorkommnisse auch schon vor einem Jahr und davor stattgefunden haben. Wir behandeln heute einen Oppositionsantrag, der die Seenotrettung im Mittelmeer wiederbeleben möchte. Bei aller Trauer und Anteilnahme ist es wichtig, dass wir versuchen, die Lage nüchtern zu analysieren. Wer sind die Menschen, die die Bootsflüchtlinge in den Tod schicken? Sind die Toten des Mittelmeeres nicht Opfer gewissenloser, raffgieriger und verbrecherischer Schlepperbanden?
Diese Verbrecher pferchen verzweifelte Menschen auf seeuntüchtigen Booten ein. Sie schließen Hunderte von Menschen, wie wir jetzt erfahren mussten, unter Deck ein mit der schrecklichen Folge, dass diese Menschen einen qualvollen Tod sterben, wenn das Boot kentert.
Diese verbrecherischen Schlepper nehmen Tote nicht nur etwa billigend in Kauf, sondern ihr perfides Geschäftsmodell, mit dem sie ihre Opfer ausbeuten, hat Tote zum Ziel,
denn sie wissen, nichts kann unsere Bereitschaft zur Ausdehnung der Seenotrettung auf internationale Gewässer mehr steigern als Meldungen über Tote auf den Nachrichtenbildschirmen der europäischen Staaten.
Nein, danke! – Es ist schlimm, aber wahr, nichts befeuert das Geschäft der Schlepper mehr als die Ausdehnung unserer Seenotrettung auf internationale Gewässer.
Das ist es, was die kriminellen Schlepper wollen, das beschreibt auch das Dilemma, in dem wir uns befinden.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir bei aller Betroffenheit schon versuchen zu analysieren, wie es zu diesen Unglücken kommt. Wichtig ist aber auch, dass wir uns über den Inhalt Ihres Antrags genau unterhalten. Geht es um eine Wiederbelebung der Seenotrettung? – Nach dem Seenotrettungsübereinkommen der Vereinten Nationen haben alle Küstenstaaten in ihren Hoheitsgewässern Seenotrettung durchzuführen.
Nein, danke!
Nein. – Das geschieht. Was wir debattieren, ist nicht die Wiederbelebung der Seenotrettung, sondern die Ausdehnung der Seenotrettung auf internationale Gewässer.
Das ist richtig, aber hierzu gibt es kein internationales Übereinkommen und damit keine bestehende Rechtspflicht,
für Küstenstaaten ebenso wenig wie für Binnenstaaten.
Einen weiteren Punkt möchte ich in die Debatte einfügen. Wieso meinen wir eigentlich, dass Wanderungs- und Flüchtlingsbewegungen zwischen Kontinenten, hier zwischen dem bevölkerungsreichen Afrika in das vergleichsweise kleine Europa, ausschließlich ein europäisches Problem sind? Ist es nicht ein globales Problem? Ist hier nicht neben uns selbstverständlich auch die Weltgemeinschaft gefordert?
(Canan Bayram)
Was nun – und das ist meine abschließende Frage – sind die Konsequenzen, die wir aus diesen Vorkommnissen ziehen müssen? – Selbstverständlich, und ich glaube, da sind wir völlig einig,
müssen wir nach allen Kräften verhindern, dass Schlepper weiterhin Menschen auf hoher See umbringen.
[Canan Bayram (GRÜNE): Nein, Herr Dregger, das sehen Sie falsch, da sind wir uns nicht einig! – Martin Delius (PIRATEN): Wir sind uns nicht einig! Das möchte ich im Protokoll stehen haben! Nicht in einem Satz einig!]
Dazu gehört auch für uns die Verbesserung und auch die Ausdehnung der Seenotrettung, ebenso wie die jetzt diskutierten polizeilichen und militärischen Maßnahmen zur Bekämpfung des Schlepperunwesens. Dazu gehört aber auch die enge Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Staaten, sofern sie überhaupt intakt sind und funktionieren.
Ich lege auch gar keinen Wert auf allmächtige Einigkeit,
sondern mir kommt es darauf an, dass wir auch nachhaltig die Verhältnisse verbessern. Ich bin nicht der Meinung, dass wir durch Seenotrettung allein die Verhältnisse nachhaltig verbessern werden,
sondern ich glaube, es ist wichtig, dass wir nachhaltige Veränderungen herbeiführen, damit es zu solchen Flüchtlingsströmen und solchem Übersetzen nicht kommt.
Wenn Sie mir da nicht beistimmen, täte es mir leid.
Dazu gehört auch die Stabilisierung der Herkunftsstaaten,
denn es ist wichtig, dass wir darauf hinwirken, dass es keine Fluchtgründe mehr gibt. Ich hoffe, Sie werden mir auch darin zustimmen.
Richtig! Sie weisen darauf hin, wir diskutieren auch über die Erweiterung des sicheren Zugangs zu Asyl im europäischen Territorium. Ich glaube, wir müssen offen sein, das zu diskutieren, und wir sind offen, das zu disku
tieren. Wir müssen aber eines mitbedenken. Insoweit wir den sicheren Zugang für Schutzbedürftige erweitern, müssen wir den Zugang für Nichtschutzbedürftige schließen. Wenn wir nur das eine tun und das andere unterlassen, dann werden wir das Geschäft der Schlepper fortsetzen und die Unterstützung der Bevölkerung, die Aufnahmebereitschaft der Menschen verlieren. Das ist nicht im Interesse derjenigen, die wirklich schutzbedürftig sind. Deswegen ist mein Vorschlag und mein Wunsch, dass wir diese Fragen nicht oberflächlich in fünfminütigen Plenarbeiträgen diskutieren, sondern dass wir uns die Zeit nehmen, die das Thema verdient, um in Ausschüssen eine vernünftige Lösung zu erarbeiten. Daran sind wir jedenfalls sehr interessiert. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Kollege Taş! Wenn Sie darauf Wert legen, dass das Haus zu einer gemeinsamen Resolution kommt, sollten Sie den Kollegen schon den nötigen Respekt entgegenbringen – auch in der Sache. Ich glaube, ich habe mich unmissverständlich dahin gehend geäußert, dass wir es unterstützen werden, dass die Seenotrettung ausgedehnt wird. Ich habe darauf hingewiesen, dass das nicht ausreichend ist. Mir ist völlig unbegreiflich, warum Sie es ablehnen, in eine Resolution weitere Maßnahmen aufzunehmen.
Wir sind auch bereit, über sicheren Zugang nach Europa für Asylbewerber zu diskutieren und Wege dafür zu suchen. Wir verschließen uns dem nicht. Aber wir müssen auch dafür Sorge tragen, dass unsere Asylgesetzgebung eingehalten wird. Wir haben die Situation, dass nicht alle, die um Asyl nachsuchen, asylberechtigt und schutzbedürftig sind. Es ist unsere gesetzliche Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass die, die schutzbedürftig sind, geschützt werden und die, die nicht schutzbedürftig sind, nicht geschützt werden. Diesen Minimalkompromiss sollten wir eigentlich in diesem Haus haben können. Denn wenn wir den nicht hinbekommen, erfüllen wir nicht unseren Auftrag, und dann sehe ich auch nicht, wie wir den Menschen außerhalb dieses schönen Gebäudes erklären wollen, dass wir uns nur auf die eine Sache konzentrieren und auf die andere Sache nicht. Ich glaube, beides bedingt einander.