Andreas Meihsies

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden hier nicht über rote Grütze, meine Damen und Herren. Aber wenn Sie, Herr Minister, uns unterstellen, wir würden den Überwachungsstaat einfordern, nur weil wir feststellen, dass Ihre Kontrolle und Ihre Aufsicht nicht funktioniert haben, dann ist das eine Unverschämtheit.
Man hat den Eindruck, dass die Gewerbeaufsicht nur zum Kaffeetrinken dort vorbeigefahren ist. Das ist der Hintergrund meiner Frage.
Meine Damen und Herren, ich stelle die Frage, wie Sie jetzt die Entsorgung dieser illegal gelagerten Abfälle sicherstellen wollen. Herr Minister Sander, wie wollen Sie die Entsorgung sicherstellen, und gibt es Verdachtsmomente für eine illegale Entsorgung in der Vergangenheit?
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt eine Beschlussempfehlung zu dem Antrag „Leukämiefälle in der Elbmarsch müssen geklärt werden“ vor, die von allen vier Fraktionen dieses Hauses im Sozialausschuss vorbereitet und gemeinschaftlich beschlossen wurde. Der Beratung und gemeinsamen Beschlussfassung ist eine anderthalbjährige intensive Diskussion vorausgegangen, ein Dialog über die Parteigrenzen und unterschiedlichen Auffassungen zur Atomenergie hinweg, immer mit dem Ziel vor Auge, in diesem Bereich Aufklärung zu leisten. Das war das alleinige Ziel, das wir an dieser Stelle gemeinschaftlich verfolgt haben.
Ich bedanke mich bei der Kollegin und den beiden Kollegen, die bei diesem Dialog konstruktiv mitgearbeitet haben: Frau Meißner, Herrn Böhlke und Herrn Harden. Es war eine gute Arbeit im Sinne der Überschrift dieses Antrags.
Jenseits der unterschiedlichen politischen Auffassungen sind wir dazu gekommen, die Diskussion im Rahmen einer Anhörung zu vertiefen. Dabei ging es um die Frage, wie es zu den 16 Leukämieerkrankungen in der Elbmarsch kommen konnte. In der Anhörung haben wir leider feststellen müssen, dass wir keinen Schritt weitergekommen sind. Aber die durch die Landtagsverwaltung vorbereitete Anhörung war notwendig, um eine vertiefte Diskussion auf einer Sachgrundlage führen zu können. Das Ziel war also, von der Ebene der Spekulation, der Behauptungen und Vermutungen wegzukommen, und dies ist uns mit der Anhörung auch geglückt.
Wir haben in der anschließenden Diskussion zwar unterschiedliche Auffassungen gehabt, die ihren Grund in unterschiedlichen wissenschaftlichen Ergebnissen hatten bezogen auf das, was dort an sogenanntem radioaktiven Inventar in imaginären Kügelchen gefunden wurde.
Wir haben darüber diskutiert, wie wir auch vor dem Hintergrund der zeitlichen Begrenzung der Legislaturperiode weiter damit umgehen. Wir haben uns gemeinschaftlich entschieden, eine Formulierung zu finden, die den neuen Landtag in die Lage versetzen wird, auf der Grundlage dessen weiterzuarbeiten, was wir diskutiert haben. Dieses gemeinsame Ziel wird mit dem heutigen Beschluss erreicht.
Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir in dieser Frage weiterkommen. Das sind wir - jenseits unterschiedlicher Auffassungen in bestimmten energiepolitischen Fragen - den Menschen und insbesondere den betroffenen Kindern schuldig. Ein neuer Landtag kann sich damit auf der von uns geschaffenen Grundlage befassen. Es war ein guter Vorschlag von dir, Uwe Harden, das Bundesamt für Strahlenschutz als neutrale Institution mit hineinzunehmen, damit ein Fragenkatalog vorgelegt werden kann, der es uns ermöglicht, die beiden uns vorliegenden unterschiedlichen Gutachten bewerten zu können. Auch dadurch sind wir einen Schritt weitergekommen.
Wichtig war auch die Bereitschaft auf allen Seiten, Frau Meißner, in der Sache weiterkommen zu wollen. Wichtig war mir ferner, die Begrifflichkeit „Verantwortung zu übernehmen“ in den letzten Satz aufzunehmen. Alle Fraktionen dieses Hauses haben Verantwortung übernommen. Vor dem Hintergrund der neuen Untersuchung, die uns das Bundesamt für Strahlenschutz in den letzten Tagen auf den Tisch gelegt hat, bekommt unser heutiger Beschluss noch eine andere Bedeutung im Hinblick auf die gerade genannte Verantwortung.
Wie gesagt, wir als Grüne-Fraktion freuen uns, dass wir heute mit Ihnen einen gemeinsamen Beschluss fassen können. - Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Herr Minister Ehlen, Ihr Kollege auf Bundesebene, Landwirtschaftsminister Seehofer, vertritt die Auffassung, dass gentechnisch veränderter Raps nicht koexistenzfähig ist. Teilt die Landesregierung diese Auffassung - das ist meine erste Frage -, und wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass gentechnisch veränderter Raps nicht ausgebracht werden darf?
Herr Präsident! Herr Minister Sander, Sie mögen sich ja in den Augen von denjenigen Leuten hinter Formalien verstecken können, die weiterhin an die Atomkraft glauben. Bei uns aber werden Sie damit nicht durchkommen.
Ich will Ihnen einmal ein Zitat eines Kollegen vorlesen, der nicht im Verdacht steht, zu den Befürwortern oder den Gegnern der Atomkraft zu gehören. Es ist nämlich der Bürgermeister aus Hohnstorf, Ihr Kollege Jens Kaidas. Er hat am Tag danach gesagt: Eine einzige Informationskatastrophe hat stattgefunden. Die Samtgemeinden sind nicht informiert worden. Das Ganze ist eine große Sauerei, wenn man Nachrichten unter Verschluss hält, die nicht gerade vertrauensbildend sind.
Herr Minister Sander, E.ON ist der Eigentümer; E.ON ist bei Vattenfall und auch bei Krümmel und Brunsbüttel involviert. Glauben Sie, dass dieser Eigentümer Vertrauen genießt und in Zukunft eine Informationspolitik macht, von der Sie meinen, dass sie richtig ist? Glauben Sie, dass dieser Eigentümer die AKWs weiterhin so betreiben darf, wie er sie zurzeit betreibt? Die zweite Frage ist: Wie wollen Sie eigentlich den Informationsmangel im Landkreis Lüneburg ausgleichen? Denn die informellen Wege sind nicht geeignet, in der Bevölkerung vertrauensbildend zu wirken. - Danke sehr.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Petent, Herr Burkhard Drake, ist Landrat des Landkreises Wolfenbüttel. Er nimmt für sich in Anspruch, im Namen zahlreicher Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Wolfenbüttel zu sprechen.
Die Petition setzt sich mit den Gefahren des Atommülls auseinander, der im Salzbergwerk Asse II zwischen 1967 und 1977 eingelagert wurde. Bekanntlich dringen seit 1991 täglich bis zu 12 m3
Wasser in den Schacht ein. Bundesumweltminister Gabriel sprach von einem GAU auf der Asse.
Das, was viele Kritikerinnen und Kritiker befürchtet haben und vor dem zahlreiche Wissenschaftler gewarnt haben, nämlich dass in diesem Salzbergwerk Wassereinbrüche drohen, ist eingetreten. Alle Warnungen wurden in den Wind geschlagen. Die erste deutsche Atommüllendlagerung ist gescheitert und stellt eine Gefahr für Mensch und Umwelt dar.
Auf diese Gefahren nimmt die Petition Bezug. Der Petent fordert ein aktives Handeln von Politik und Administration. Er äußert Zweifel an dem Sicherheitskonzept und dem Einbringen von Magnesiumchloridlösungen als sogenanntes Schutzfluid, Herr Minister Sander. Er fordert einen Vergleich weiterer Alternativverfahren, um den Schutz der Umwelt zu gewährleisten; er fordert ein Genehmigungsverfahren für den Abschlussbetriebsplan, das materiell dem Atomrecht entspricht. Schließlich fordert er, dass das Atommüllendlager auf Dauer vom Staat betrieben werden soll.
Letztendlich geht es ihm auch darum, dass eine Öffentlichkeitsbeteiligung stattfindet, die diesen Namen auch verdient, und nicht nur eine Information der Öffentlichkeit. Das ist der qualitative Unterschied zu Ihnen, Herr Minister Sander, im Umweltministerium.
Der Umweltausschuss hat sich mit diesen Forderungen auseinandergesetzt. Die jahrelange Kritik der Grünen scheint jetzt auch bei der CDU angekommen zu sein. Denn Herr Dr. Runkel als Mitglied des Umweltausschusses hat dort eine besondere Erkenntnis zu Protokoll gegeben.
Herr Dr. Runkel, Sie sind der Auffassung, dass es noch kein tragfähiges Sicherheitskonzept für die Asse gibt. Sie sehen die Notwendigkeit einer Nachbesserung. Während Umweltminister Sander die Asse schönredet und von Sicherheit dort spricht, sehen Sie etwas anderes. Ich freue mich, dass die CDU nach 40 Jahren Diskussion in der Wirklichkeit des Jahres 2007 angekommen ist.
Meine Damen und Herren, wir haben diese Zweifel benannt und seit vielen Jahren in die Öffentlichkeit getragen. Jetzt, 40 Jahre nach der ersten Einlagerungsgenehmigung, stehen wir vor einer Fehlentscheidung, die wir politisch korrigieren müssen. Für uns als Grüne geht in dieser Frage Sicherheit vor Schnelligkeit. Die Antwort, die die Grünen auf die Petition und auf das Anliegen des Petenten geben, setzt sich aus vier Punkten zusammen:
Erstens. Wir wollen, dass die Arbeiten auf der Asse sofort gestoppt werden und das Schutzfluid nicht eingebracht wird.
Zweitens. Wir wollen eine Überprüfung des Sicherheitskonzeptes durch in dieser Frage unabhängige, alternative Wissenschaftler.
Drittens. Herr Minister Sander, wir wollen, dass das Atomrecht Anwendung findet.
Viertens. Wir wollen eine Überprüfung der Rückholbarkeit der 125 000 Atommüllfässer, die dort eingebuddelt wurden.
Meine Damen und Herren, in diesem Sinne beantragen wir, die Petition von Landrat Drake der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Dürr, schlecht gebrüllt, Löwe! Wenn sich eine Partei in der Diskussion um die Asse nichts vorzuwerfen hat, dann sind es die Grünen. Eine FDP, die dieser Atompolitik jahrelang das Wort geredet hat, meint nun, irgendwie stellvertretend für die Menschen in dieser Region sprechen zu müssen. Da lachen ja die Hühner. Herr Dürr, bleiben Sie einmal auf dem Boden der Tatsachen!
- Herr Dürr, auch mit Zwischenrufen werden Sie das Thema nicht vom Tisch kriegen. Ihr Umweltminister ist gefordert, das Problem vom Tisch zu kriegen, im Zusammenspiel mit dem Bund, der auch Verantwortung trägt. Die Frage ist, wie sich Ihr Umweltminister darstellt, ob er auf die Menschen zugeht, ob er die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen beim Bund einfordert, um Sicherheit in diesem Bergwerk zu schaffen. Sie sagen immer noch, Atommüll könne dort sicher eingelagert werden. Das ist doch nicht der Fall, meine Damen und Herren.
Herr Runkel, bleiben Sie konsequent bei dem, was Sie gesagt haben! „Berücksichtigung“ entspricht der Verantwortung, die die Menschen bei dieser Petition von uns erwarten. Springen Sie über Ihren Schatten! Stimmen Sie, auch gegen Ihre Fraktion, für „Berücksichtigung“! Sie haben die Eingabe aus Verantwortungsbewusstsein an den Umweltausschuss überwiesen. Unterstützen Sie uns bei unserer Forderung, die Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. - Danke sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben nicht nur die angebliche Kuscheligkeit begrifflich benannt, sondern haben auch in einem Eckpunktepapier zum Strafvollzug, das aus Ihrem Ministerium kommt, formuliert, in niedersächsischen Strafvollzugsanstalten gebe es zu viel Fürsorge. Hat auch dieses Komitee festgestellt, dass es zu viel Fürsorge gibt?
Sie wollen im neuen Strafvollzugsgesetz eine Mehrfachbelegung zulassen. Das Komitee hat dies gerügt. Warum wollen Sie die Mehrfachbelegung für den Strafvollzug überhaupt organisieren?
Herr Präsident! Herr Minister Sander, zu den Wissenschaftlern, die sich ernsthaft mit dem Klimaschutz auch an der norddeutschen Küste befassen und sich über den Küstenschutz Gedanken machen, gehört Professor Schirmer von der Universität Bremen. Er gehört zu den Wissenschaftlern, die beim Küstenschutz ernsthaft und aktiv mit dabei sind. Teilen Sie die Auffassung von Herrn Professor Schirmer, dass man darüber nachdenken muss, eine zweite Küstenlinie in diesem Bereich einzurichten? Sind Ihnen diese Überlegungen bekannt und werden Sie dazu auch in Ihrem Generalplan Küstenschutz Aussagen treffen?
Danke sehr, Frau Präsidentin. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, in der FebruarSitzung unseres Fachausschusses haben wir uns ausführlich mit den Fragen der Gefangenenüberführung zu Gerichtsterminen befasst. Wir sind dabei insbesondere auf die bauliche Situation bei den Gerichten eingegangen. Herr Nacke, das haben Sie gerade erwähnt. Danach werden z. B. an vier Gerichten Verbesserungen an Vorführzellen geplant bzw. sind solche Verbesserungen baulich umgesetzt. Wir haben uns sehr eingehend mit den verschiedenen organisatorischen Maßnahmen befasst, die Herr Staatssekretär Oehlerking dargelegt hat. Dabei ging es u. a. um bessere Ausund Fortbildungskonzepte, die Ausstattung mit Mobiltelefonen, eine personelle Verstärkung beim OLG Celle und den Erlass einer Richtlinie für den Vorführ- und Sitzungsdienst. Es gab also eine sehr umfassende und intensive Debatte darüber, wie die Sicherheit für die Zukunft besser gewährleistet werden kann.
Aus Grünen-Sicht sind dies alles sehr sinnvolle Aktivitäten. Was dargelegt wurde, stellt einen guten Weg dar, um Entweichungen zu verhindern und den Schutz vor tätlichen Angriffen und Übergriffen durch Gefangene zu gewährleisten; denn
bei den Vorfällen, die es in diesem Zusammenhang gab - auch dies muss ich hier deutlich machen -, war oftmals menschliches Versagen, zumeist eine Unachtsamkeit des zuständigen Mitarbeiters, einer der Gründe, die dazu geführt haben, dass die Entweichungen überhaupt stattfinden konnten. Wir halten es für gut, dass Schulungen stattfinden, dass evaluiert wird und die Sicherheitslage ständig neu diskutiert wird. Insoweit ist der SPD-Antrag durch das, was im Ausschuss vorgetragen wurde, im positivem Sinne abgearbeitet worden. An dieser Stelle loben wir auch einmal die Regierung. Wir glauben, dass die genannten Aktivitäten zu mehr Sicherheit führen; dies gilt vor allem für die Verbesserung der baulichen Situation. Der Antrag ist also umgesetzt, und wir werden ihm nicht zustimmen, da man etwas, was bereits umgesetzt ist, nicht noch einmal beschließen muss. - Danke sehr.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In dieser Woche überschlagen sich die Schlagzeilen zum Atommüllendlager Asse in den Medien. „GAU in der Grube“ titelte der Spiegel in dieser Woche. „Absaufen nicht ausgeschlossen“ schrieb die Braunschweiger Zeitung.
Erinnern wir uns: Im ehemaligen Salzbergwerk Asse II bei Wolfenbüttel wurden im Auftrag des Bundes zwischen 1967 und 1978 etwa 125 000 Fässer mit schwach radioaktivem und 1 300 Fässer mit mittelradioaktivem Abfall durch die Gesellschaft für Strahlenschutz und Gesundheit verbuddelt, darunter 11 kg hochgiftiges Plutonium. Angeblich geschah dies zu Versuchszwecken, tatsächlich wurde aber der gesamte damalige deutsche Atommüll in die Asse gebracht.
40 Jahre nach Beginn dieser Einlagerung von Atommüll in die Asse ist deutlich geworden, dass der Betrieb nie hätte aufgenommen werden dürfen. Der Versuch ist dramatisch gescheitert.
Meine Damen und Herren, ich habe die Akten der Genehmigung zum Betrieb der Asse eingesehen. Das hat zu einer für mich und auch für meine Fraktion zentralen Erkenntnis geführt: Man war sich der Gefahren bewusst und hat die Risiken der Einlagerung bewusst ignoriert.
Bereits in den ersten Sicherheitsstudien aus dem Jahre 1966 lassen sich klare Hinweise auf die möglichen Gefahren durch das Eindringen von Wasser finden. Als Quelle dieses Warnhinweises, meine Damen und Herren aus dem Umweltminis
terium, nenne ich nur die Sicherheitsstudien zu den Forschungsarbeiten und der Versuchseinlagerung niedrig radioaktiver Abfälle im Salzbergwerk Asse aus dem November 1966.
Meine Damen und Herren, um Ihnen den gesamten Irrsinn dieser angeblichen Versuchseinlagerung deutlich zu machen, will ich aus einem Vermerk des Oberbergamtes vom 31. Mai 1967 zitieren. Der Verfasser dieses Vermerkes listet Forderungen auf, wie mit dem Müll umzugehen ist, der dort eingelagert werden soll. Er trifft Aussagen zur Beschaffenheit der Fixiermittel. Er beschreibt, welche Anforderungen an die Transportbehälter zu stellen sind und dass sie den chemischen Einflüssen von Salzlaugen der ungünstigsten Zusammensetzung standhalten müssen. Er sagt dann - Zitat, Herr Minister Sander -: Von diesen Forderungen sollten wir nicht abgehen. Ihre Erfüllung müsste nachgewiesen werden. - Dann kommt der entscheidende Satz, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion. Sie haben sich ja auch dem Schutz der Umwelt verschrieben und wollen die Schöpfung bewahren. Ein Zitat dieses Verfassers: Von den Versuchen auf der Asse sind solche Nachweise kaum zu erhoffen. Da bei diesen ersten Versuchen sicherlich bewusst nicht mit den Methoden verstärkter Beanspruchung und künstlich beschleunigter Alterung gearbeitet wird, könnten verwertbare empirische Ergebnisse hier erst nach relativ langen Zeiträumen erwartet werden. Gesicherte Versuchsergebnisse als Nachweise einer der wesentlichen Voraussetzungen für eine säkular sichere Endlagerung radioaktiver Stoffe können meines Erachtens nur aus umfangreichen Versuchsreihen im Labor gewonnen werden.
Meine Damen und Herren, das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das war 1967 bekannt. Der Versuch, der dort stattgefunden hat, war eine Täuschung auch der Öffentlichkeit. Ich glaube, man hat sich auch an wissenschaftlicher Stelle selbst getäuscht. Das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was dort passiert ist.
Schon seit Langem ist die Sicherheit dieses Endlagers nicht mehr gewährleistet. Schon seit Langem wird nur Schadensbegrenzung betrieben. Angeblich ist die Standsicherheit der Grube nur noch bis 2013 gegeben. Genauso dramatisch ist: Seit etwa 20 Jahren sickert eine Salzlösung in das Endlager. Die Herkunft dieser Flüssigkeit ist bis
lang ungeklärt. Der Zutritt ist nicht zu stoppen. Langfristig wird Radioaktivität in das Grundwasser gelangen, meine Damen und Herren. Das ist schon wirklich schlimm.
Herr Minister Sander, hier ist Gefahr im Verzuge. Sie sollten diese Gefahr ernst nehmen und sie nicht weiter ignorieren.
Meine Damen und Herren, die Endlagerung in der Asse ist gescheitert. Bundesumweltminister Gabriel spricht öffentlichkeitswirksam von einem GAU. Er muss auch hier diese Verantwortung übernehmen. Aber er ist in diesem Dreiergespann, das hier Verantwortung zu tragen hat, nicht alleine. Er darf das Thema auch nicht nur seiner Kabinettskollegin Frau Schavan überlassen. Auch sie ist als Bundesforschungsministerin verantwortlich; denn es handelt sich um ein Bundesforschungsendlager. Sie steht auch in einer zentralen Verantwortung des Bundes. Aber auch Sie, Herr Minister Sander, sind an dieser Stelle verantwortlich. Sie müssen Verantwortung für die Menschen in diesem Lande übernehmen. Bislang warten wir auf die Übernahme dieser Verantwortung. Sie haben das bislang nicht eingelöst.
Der Betreiber des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit, GSF, plant, das Endlager bis 2017 endgültig zu verschließen. Dazu soll die Asse mit einem sogenannten Schutzfluid aus Magnesiumchloridlösung geflutet werden. Dieses soll angeblich verhindern, dass die Grube zusammenstürzt. Aber auch dabei wird sogar eingeplant, dass Radioaktivität in das Grundwasser gelangt. Das Prinzip Hoffnung lässt an dieser Stelle grüßen, meine Damen und Herren. Ein Sicherheitsnachweis für die Wirksamkeit dieses Vorgehens hat die GSF bislang nicht beigebracht bzw. nicht beibringen können.
Meine Damen und Herren, Experten zweifeln an, dass die geplanten Maßnahmen das Problem überhaupt wirksam beheben können. Einige gehen sogar davon aus, dass das von der GSF geplante Vorgehen das Gefahrenpotenzial gegebenenfalls noch erhöhen wird; denn das Eintreten von Flüssigkeit in das Endlager ist generell brisant, egal ob Salzlösung oder Magnesiumchloridlauge. Beides wird die Korrosion der Fässer erheblich beschleunigen, meine Damen und Herren. Aus dem Versuch ist an dieser Stelle ein grandioser Irrtum ge
worden, und es wird uns erhebliche Steuergelder kosten, diesen Irrtum wieder politisch zu beheben.
Herr Minister Sander, stimmt es eigentlich, dass der Abschlussbetriebsplan mit Sicherheitsbericht erst nach der Landtagswahl öffentlich ausgelegt werden soll? Können Sie deutlich machen, ob Sie das Problem auf die Zeit nach der Landtagswahl vertagen wollen oder ob Sie uns die Karten auf den Tisch legen?
Wir erwarten, dass Sie die Karten auf den Tisch legen und die Menschen nicht außen vor lassen.
Meine Damen und Herren, das Endlager Asse wurde seinerzeit lediglich nach der Strahlenschutzverordnung genehmigt, sodass - anders als heute gesetzlich gefordert - der Nachweis der Langzeitsicherheit vor der Inbetriebnahme nicht erbracht werden musste. Erst jetzt im Verfahren für die endgültige Sicherung und Stilllegung muss der Nachweis der Langzeitsicherheit geführt werden. Das Genehmigungsverfahren wird dabei nicht nach dem Atomrecht, sondern nach dem Bergrecht durchgeführt.
Nicht nur für uns bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens. Darüber hinaus widerspricht es heutigen Maßstäben von Partizipation, dass die Öffentlichkeit am Verfahren nicht beteiligt ist. Ihr Angebot zur freiwilligen Beteiligung der Öffentlichkeit ist aus unserer Sicht völlig unzureichend.
Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich fordere die Landesregierung auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen und für größtmögliche Sicherheit an dieser Stelle zu sorgen. Die Stilllegung von Asse II muss mit einem atomrechtlichen Planfeststellungsverfahren mit umfassender öffentlicher Beteiligung durchgeführt werden. In diesem Verfahren müssen alle Optionen zum Schutz von Mensch und Umwelt umfassend geprüft werden,
auch das Herausholen dieses Mülls, der damals dort verbuddelt wurde.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, die Situation in der Asse II zeigt uns in aller Deutlichkeit, dass die Sicherheitskriterien der Vergangenheit nicht einmal für eine einzige Generation Sicherheit gewähren.
Wir brauchen aber Sicherheit über Millionen Jahre, meine Damen und Herren. Die Atomindustrie ist in Remlingen zum wiederholten Mal gescheitert. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon etwas skurril, wenn eine Partei, namentlich die FDP, sich hier vorne hinstellt und uns erzählen will: Die Zeitschiene ist zu kurz; wir müssen schnell handeln - eine Partei, die Jahrzehnte die Alternativen in der Energieversorgung blockiert und behindert hat, meine Damen und Herren. Das ist schon skurril.
- Herr Dürr, Sie wissen ganz genau, auf welchen Ebenen Sie die Umsetzung der Alternativen politisch verhindert haben. Sie sind der Letzte, von
dem wir uns erzählen lassen, dass es jetzt kurz vor zwölf ist.
Herr Dürr, Sie haben einen entscheidenden Fehler gemacht. Sie haben in der Anfrage eine falsche Quelle zitiert. Die HAZ hat sich auf eine Diskussion im IPCC-Bericht bezogen, wo es heißt, Alternativen gebe es nur durch Atomenergie. Zwei Tage später sagte einer der Autoren des IPCC-Berichts, Herr Otmar Edendorfer, es sei eine Geisterdebatte, dass Atomenergie die Alternative zur CO2Problematik darstelle. Die Atomenergie, sagte er in der ARD am 23. Februar, könne keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten; sie werde in Zukunft nur ein Nischendasein führen. - Richtig ist das, was Herr Edendorfer sagt.
Jetzt komme ich zu meiner Frage: Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass die Atomenergie zwischen 70 und 80 Milliarden Euro Steuersubventionen erhalten hat? Wenn ja, wie können Sie das begründen? Und ist Ihnen bekannt, dass die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 2002 gesagt hat, um die Reduktion des CO2Ausstoßes um 50 % hinzubekommen, müssten allein in Deutschland 50 bis 70 AKWs installiert werden? Wenn ja, wie viele AKWs wollen Sie in Niedersachsen aus dieser Tranche denn übernehmen? - Danke sehr.
Frau Präsidentin! Die Landesregierung hat am 23. Februar in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe angekündigt, dass sie die Arbeitsstättenverordnung dahin gehend verändern will, dass ein Rauchverbot durchgesetzt wird. Meine erste Frage: Wann wird diese Ankündigung umgesetzt? Meine zweite Frage: Ich frage die Landesregierung, warum sie der Gesundheitsministerin nicht in
ihrem Bestreben gefolgt ist, ein umfassendes Rauchverbot durchzusetzen.
Frau Ministerin, gestatten Sie eine Nachfrage zur Sozialtherapie. Ist es richtig, dass Sie im jetzigen Entwurf des Vollzugsgesetzes des Landes Niedersachsen die bisherige Mussregelung in eine Sollregelung abgeschwächt haben? Wird Sozialtherapie jetzt nicht mehr zwingend vorgeschrieben, bzw. findet eine Aufweichung gegenüber der bisherigen Regelung statt?
Danke sehr. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir als Grüne-Fraktion unternehmen an dieser Stelle den zweiten Versuch, mit Ihnen über Bürgerrechte zu diskutieren und diese einzufordern. Sie können sich erinnern: In der Vergangenheit haben wir schon einmal beantragt, die Dreimonatsfrist auf einen Monat zu verkürzen, damit möglichst viele Menschen an den Wahlen im Lande Niedersachsen teilnehmen können. Wir haben vor einigen Monaten die letzten Kommunalwahlen erlebt. Seinerzeit mussten wir einen sehr dramatischen Rückgang der Wahlbeteiligung feststellen. Wir fordern Sie jetzt auf, diese Wahlbeteiligung wieder zu erhöhen. Allein bei der Kommunalwahl - wir haben es beim Landesamt für Statistik nachrechnen lassen - durften ca. 60 000 Bürgerinnen und Bürger aufgrund ihres Umzugs nach Niedersachsen nicht an den Wahlen teilnehmen. Meiner Meinung nach ist das eine erschreckende Zahl. Wir wollen den Menschen für die Zukunft ermöglichen, an Wahlen teilzunehmen. Mit unserem Änderungsantrag schlagen wir Ihnen vor, die Einmonatsfrist einzuführen. Wir meinen, dass dies praktikabel ist und dass die alte Regelung - die Grundlage dafür war ja das Reichswahlgesetz aus dem Jahr 1869 - keine Gültigkeit mehr hat. Wir fordern Sie auf, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. - Danke sehr.
Auch diese Frage wurde wortreich nicht beantwortet, Herr Minister.
Wir diffamieren die Hauptschule nicht als Schulform; vielmehr messen wir sie an Ihren eigenen Ansprüchen, Herr Minister. Einer dieser Ansprüche war, die Hauptschule zu stärken. Sie haben uns versprochen, die Stundenzahlen insbesondere im Bereich des Mathematik- und Deutschunterrichts zu stärken. Das war Ihr Ansatz zur Stärkung der Hauptschulen. Heute stellen wir fest, dass die
Stundenzahl nicht eingehalten wird. Durch die Praxistage werden die Stundenzahlen wieder reduziert. Wie hat sich das dort entwickelt? Können Sie darauf eine Antwort geben?
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Änderung des Wahlrechts ist nötig geworden, weil die Landesregierung bei der Festlegung des Termins der Landtagswahl auf den 27. Januar 2008 nicht in das gültige Gesetz geschaut hat. Das muss man hier einmal so festhalten. Hier wird wieder einmal deutlich: Das Markenzeichen und Arbeitsprinzip dieser Regierung lautet „Schnelligkeit vor Gründlichkeit“.
Landeswahlleiter Strelen höchstselbst hat auf die Unvereinbarkeit der Terminfestlegung durch die Regierung mit dem gültigen Gesetz hingewiesen.
Ihm sei an dieser Stelle gedankt. Jetzt müssen Sie nachbessern. Herr McAllister, das ist Ihr Problem. Sie sprechen in der Begründung des Gesetzentwurfes selbst von Problemen bei der Wahlvorbereitung und von Konflikten. Ich stelle fest, Herr Althusmann, dass diese Probleme hausgemacht sind, dass sie aus Ihrer Abteilung kommen und dass Sie die Verantwortung für diese Gesetzesänderung tragen.
Ich wundere mich schon sehr, dass Herr Althusmann in der Pressemitteilung von gestern schreibt: „Wahlvorbereitungen sollen reibungslos ablaufen.“ Meine Damen und Herren, das muss in einer Demokratie doch wohl eine Selbstverständlichkeit sein! Alles, was zurzeit diskutiert wird, haben Sie zu verantworten. Die Verwirrung, die während der Weihnachts- und Neujahrstage entstanden ist, haben Sie verursacht.
Wiesbaden sollte nicht nach Niedersachsen kommen, jedenfalls nicht in der Form, wie es dort stattgefunden hat. Sie selbst, Herr McAllister, haben diese Konflikte provoziert und müssen jetzt nachbessern.
Dieser Gesetzentwurf hat aber auch ein positives Moment: Sie streichen die Wartezeit, die Bestimmung, nach der ein Wahlbewerber oder eine Wahlbewerberin seit mindestens einem Jahr Deutscher oder Deutsche sein muss. Das ist eine Angleichung an die Bundesgesetzgebung und an das Kommunalwahlrecht. Das findet unsere Unterstützung. Aber ansonsten muss ich sagen, meine Damen und Herren: sehr schludrig gearbeitet bei der Festsetzung des Wahltermins auf den 27. Januar 2008!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, es war die Grüne-Fraktion, die im Jahr 2004 das Thema Suizide im niedersächsischen Strafvollzug im Unterausschuss zum Thema gemacht hat. Wir haben damals mit aller Sensibilität, der dieses Thema bedarf, darüber diskutiert, wie man im Sinne der Fürsorgepflicht für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine möglichst große Sicherheit der Gefangenen sorgen kann, wie man vorbeugend tätig sein kann.
Der Fall in Uelzen ist sehr tragisch. Die Solidarität der Grünen-Fraktion gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Anstalt, die in dieser Nacht Schichtdienst geschoben haben.
Ich sehe die Notwendigkeit, dass wir die Berichte, die von Ihnen zurzeit erstellt werden, im Unterausschuss evaluieren.
Im Rahmen der Suizidprophylaxe muss man fragen, wie man so etwas verhindern kann. Wäre es vielleicht eine Möglichkeit, mehr Zwischenkontrollen einzuführen? Man muss auch über eine mögliche Gemeinschaftsunterbringung nachdenken.
Ich darf diese zwei Anregungen in Fragen ummünzen. Können Sie sich vorstellen, Frau Ministerin, in solchen speziellen Fällen - es kam ja noch hinzu, dass der Gefangene der deutschen Sprache unkundig war - eine Gemeinschaftsunterkunft in Betracht zu ziehen? Muss man nicht Zwischenkontrollen einrichten? Wie gehen wir mit den Mitarbeitern um, die diese Nachtschicht gefahren haben, die diesen Tod zur Kenntnis nehmen mussten und die jetzt traumatisiert sind?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, Sie haben sich für ein Verbot ausgesprochen. Ich frage Sie, wie Sie die hunderttausendfach im Umlauf befindlichen Gewaltspiele aus der Jugendszene entfernen wollen. Außerdem frage ich Sie, wie Sie vor dem Hintergrund Ihrer Verbotsidee das Spielen im Internet verbieten wollen.
Frau Präsidentin! Herr Minister, können Sie uns Zahlen darüber nennen, wie viele Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen vom Arbeitslosengeld II, von der Sozialhilfe oder auch von Leistun
gen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich habe eine weitere Nachfrage: Wann werden die Stellen für die jeweils elf beim Land verbleibenden Beschäftigten ausgeschrieben?
Herr Minister Sander, wir kommen in dieser Sache nicht weiter. Unsere Fraktion möchte gerne den Entwurf Ihres Generalplanes Küstenschutz haben. Wann werden Sie uns bitte diesen Entwurf zusenden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wurden die beförderten Personen auf dem Transrapid auf die Risiken des Versuchsbetriebes hingewiesen und, wenn ja, in welcher Weise?
Frau Präsidentin! In einer zentralen gesellschaftspolitischen Frage, nämlich der sicheren Entsorgung von hochradioaktivem Müll, geht ein großer Riss durch die Volkspartei CDU hier in Deutschland. Während sie in Niedersachsen eine ergebnisoffene Standortsuche scheut wie der Teufel das Weihwasser, sagen die CDU-Kollegen in BadenWürttemberg: „Wir wollen eine ergebnisoffene Standortsuche.“ Das sagen sie der Schweiz. Der Standort Benken in der Schweiz soll ergebnisoffen untersucht werden.
Herr Kollege Sander, was sagen Sie dazu? Warum verweigern Sie sich einer ergebnisoffenen Suche, wie sie von der CDU in Baden-Württemberg gefordert wird? Die logische Konsequenz aus dem Handeln dort wäre eine ergebnisoffene Suche für die ganze Bundesrepublik. Warum reden Sie immer noch von vernünftigen Kriterien in Gorleben? Es waren schließlich ausschließlich politische Kriterien, die zu der Festlegung auf Gorleben geführt haben, meine Damen und Herren.
Herr Sander, das Moratorium, das von Rot-Grün in Zusammenarbeit mit den EVUs und mit Akzeptanz der EVUs verhängt wurde, war notwendig.
Selbstverständlich war es eine politische Entscheidung, dies zu tun. Es war notwendig, weil Sie in der Vergangenheit die Sicherheit und den Schutz der Bevölkerung in dieser Region außer Acht gelassen haben. Deshalb war es notwendig, Ihre Buddelei dort zu stoppen. Mit dem AkEnd, den Jürgen Trittin eingerichtet hat, gibt es das erste Mal in der Bundesrepublik nachvollziehbare Kriterien, die eine gesellschaftliche Akzeptanz für eine bundesweite Endlagersuche ermöglichen. Das ist doch der zentrale Unterschied zwischen Ihnen und uns, Herr Sander. Sie wollen weiter buddeln, wie es sich Klein-Fritzchen vorstellt: Wir buddeln ein Loch, schmeißen den Müll hinein, werfen Sand darüber, und alles ist gut. - Das ist doch Ihre Philosophie, so sieht Ihre Welt aus. Das aber ist die Klein-Fritzchen-Welt und nicht unsere.
Der hoch radioaktive Müll, Herr Sander, muss nach einer breiten Beteiligung der Öffentlichkeit in Deutschland sicher verwahrt werden. Dazu wollen wir eine ergebnisoffene Endlagersuche. Wir fragen Sie als so genannte Bürgerrechtspartei FDP, warum Sie in dieser zentralen Frage die Öffentlichkeit
nicht beteiligen und warum Sie sich einer ergebnisoffenen Standortsuche verwehren.
Herr Präsident! Herr Minister, ich will für unsere Fraktion noch einmal eindrücklich klarstellen: Auch für Grüne und die Umweltverbände hat Küstenschutz oberste Priorität. Der Klimawandel wird höhere Deiche erfordern. - Herr Minister, vielleicht hören Sie mir zu! Das wäre ganz gut; dann können Sie auf meine Frage eingehen.
Für uns hat Küstenschutz Priorität. Die Menschen müssen geschützt werden. Das steht außer Frage. Aber auch der Schutz des Naturraums, der in dem Konsens von 1995 vereinbart wurde, muss beibehalten werden.
Ich frage Sie vor dem Hintergrund Ihrer Aktivitäten - auch ein bisschen Aktionismus scheint dabei zu sein; was dort stattfindet, ist jedenfalls aus unserer Sicht nicht durchdacht -, welchen Stellenwert dieser Naturraum, den Sie schützen wollen, für die Landesregierung hat und warum sie so vorgeht, wie sie jetzt vorgeht.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sind Atomkraftwerke nun sicher oder nicht? Nach dem Fast-GAU im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark Ende Juli
beeilten sich die Umweltminister der Länder - in vorderster Linie Atomminister Sander -, die Beteu
erung der Kraftwerksbetreiber zu wiederholen, in Deutschland könne sich ein solcher Vorfall nicht ereignen.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel war immerhin vorsichtiger. Zwar hätten seine Länderkollegen Recht, wenn man es wörtlich nimmt, erklärte er auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die Wechselrichter, die in Schweden die Notstromaggregate steuern sollen und die versagt haben, würden hierzulande nicht verwendet. - Das stimmt.
Inzwischen hat sich allerdings hier wie in Schweden die Debatte um Sicherheit und Zukunft der Atomenergienutzung zu Recht neu entzündet. Was war passiert? - Nach einem Kurzschluss in einem Umspannwerk musste am 25. Juli der Reaktor Forsmark I durch eine Schnellabschaltung heruntergefahren werden. Die Leistung der Kraftwerksturbinen muss dazu auf ein Minimum reduziert werden, das noch für den Betriebsstrom benötigt wird. Dieses misslang jedoch, sodass automatisch das aus vier Dieselaggregaten bestehende Notstromsystem anspringen sollte. Das System - hören Sie genau zu - ist in der Theorie so angelegt, dass zwei Elemente versagen können, während die beiden anderen immer noch genügend Strom liefern. Was passierte? - Es versagten tatsächlich zwei Notstromdiesel, obwohl sie unabhängig voneinander geschaltet sind.
Da die Dieselmotoren eine gewisse Zeit brauchen, bis sie volle Leistung liefern, gibt es zusätzlich Batterien - meine Damen und Herren, das ist auch in deutschen Atomkraftwerken der Fall -, die bei Spannungsabfall Strom für eine ununterbrochene Versorgung liefern. Der Batteriegleichstrom muss mit Wechselrichtern in Wechselstrom umgewandelt werden. Zwei dieser Bauteile haben in Forsmark infolge des Netzkurzschlusses versagt, wodurch zwei Dieselmotoren nicht automatisch starten konnten, wie es hätte der Fall sein müssen. Und noch schlimmer, Herr Minister Sander: Die beiden verbliebenen Notstromdiesel reichten nicht aus, um die Reaktorkühlung sicherzustellen.
Es verging dann noch einige Zeit, bis das Kraftwerkspersonal überhaupt bemerkte, was dort geschah, und sich auch der Folgen bewusst war. Wegen des Notstromausfalls funktionierten die Messsysteme nicht richtig. Die Mannschaft in der Leitzentrale tappte wortwörtlich im Dunkeln. Die Computerbildschirme und die Lautsprecher fielen aus. Man konnte sich nicht verständigen und
wusste nicht, was im Reaktorkern passierte, meine Damen und Herren.
Im Klartext: Die Bedienungsmannschaft hatte keinen Überblick mehr, was im Reaktorkern vor sich ging. Bereits nach 20 Minuten hatte sich der Wasserstand im Reaktor um 2 m gesenkt. Wäre der Wasserspiegel weiter abgesackt, hätten sich die Brennstäbe so stark erhitzt, dass schließlich eine Kernschmelze eingetreten wäre. Das muss man sich einmal vorstellen!
Nach 23 Minuten gelang es dann dem herbeigerufenen Ingenieur eines Nachbarblocks - man telefonierte mit einem Nachbarblock -, die zwei ausgefallenen Dieselgeneratoren - auch das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - von Hand anzuwerfen, meine Damen und Herren - bei aller großen Technik, die dort vorhanden ist. Zum Glück! Der langjährige Chef der Konstruktionsabteilung des Energiekonzerns Vattenfall erklärte später, dass der Prozess nach nur sieben weiteren Minuten außer Kontrolle geraten wäre.
Angesichts dessen ist es schon mehr als bedenklich, dass Umweltminister Sander bereits am 4. August verkündete, ein solcher Störfall könne hier ausgeschlossen werden. Kurze Zeit später teilte Herr Sander uns allen das Ergebnis seiner Überprüfung mit: In niedersächsischen Atomkraftwerken ist ein Vorfall wie in Forsmark ausgeschlossen. Alles nicht so schlimm. Weitermachen. Business as usual. - Und noch weiter: Es ist nicht notwendig, in Niedersachsen noch weitere Überprüfungen vorzunehmen. - Diese Abwiegelung kam zu einem Zeitpunkt, als nur völlig unzureichende Informationen aus Schweden vorlagen. Von daher war es eine unverantwortliche Reaktion eines Umweltministers, der die Bevölkerung vor Gefahren schützen soll, meine Damen und Herren.
Anders als in Niedersachsen wurden in Schweden als Konsequenz aus dem Vorfall der betroffene Reaktorblock in Forsmark und der baugleiche Block 2 bis auf Weiteres abgeschaltet. Zwei baugleiche Reaktorblöcke im Kernkraftwerk Oskarshamn sind auch vom Netz gegangen. Die Betriebserlaubnis dieser vier Siedewasserreaktoren mit gleicher Technik ist zurückgezogen und muss vor einer Wiederinbetriebnahme erneuert werden. Das ist richtig so.
Vier Wochen nach dem Störfall musste der Vorsitzende des Reaktorsicherheitsausschusses der schwedischen Strahlensicherheitsbehörde, Björn Karlsson, eingestehen, dass sich durch die Klärung von Einzelheiten das Bild deutlich verschlechtert hat.
In Schweden ist man sich darüber klar, dass nur ein glücklicher Zufall eine Katastrophe verhindert hat. Komplexe Systeme haben immer Fehler, und je länger sie laufen, desto sicherer tritt der Fehler auf, Herr Sander.
Herr Minister Sander, in Forsmark war nicht etwa ein russischer Schrottreaktor am Netz. Nein, dort befand sich westeuropäische Spitzentechnologie im Einsatz. Das muss uns richtig nachdenklich stimmen, meine Damen und Herren. Man kann nicht mehr abwiegeln und sagen: In Russland ist das alles anders, in der Ukraine ohnehin. Man muss einfach feststellen: Auch hier in der westeuropäischen Situation, wo eigentlich Hightech eingebaut sein sollte, kann so etwas passieren.
Meine Damen und Herren, schauen wir doch einmal nach Deutschland. Es geht um die deutschen Reaktoren. Herr Minister Sander, seit Jahren fordern Experten vergeblich die Anpassung der mangelhaften Notstromversorgung des Atomkraftwerkes Brunsbüttel an moderne Standards. Auch wir als Niedersachsen sind betroffen, wenn dort etwas passieren sollte, Herr Sander. Wir sollten uns auf den Weg machen und dieses von SchleswigHolstein und der Behörde dort vor Ort einfordern und nicht so tun, als ob hier niemand betroffen wäre. Wir müssen auf den Plan. Herr Sander, Sie sollten sich auf den Weg nach Kiel machen und sagen: Da muss etwas passieren. - Bis heute schweigen Sie zu der Situation in Brunsbüttel.
Aus den Protokollen und Sachverständigengutachten für Brunsbüttel geht hervor, dass die deutschen Aufsichtsbehörden die Brunsbüttel-Betreiber Vattenfall und E.ON seit 2002 vergeblich zu einer grundlegenden Modernisierung der Notstromversorgung des Reaktors gedrängt haben, meine Damen und Herren - seit 2002!
Ein Störfall vor zwei Jahren im AKW Brunsbüttel war bereits ähnlich wie der in Forsmark - auch das muss man sich noch einmal vor Augen führen abgelaufen. Der äußere Ablauf war nahezu identisch, sagte der Sprecher des Betreibers Vattenfall, Ivo Banek.
Meine Damen und Herren, die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, die GRS, stellte in einer unveröffentlichten Analyse fest, dass die in Brunsbüttel gefundenen Fehler sowohl bei Störfällen innerhalb der Auslegung als auch bei auslegungsüberschreitenden Ereignissen und bei weiteren zusätzlich zu unterstellenden Fehlern zum Teil zu hohen Unverfügbarkeiten im Sicherheitssystem hätten führen können und sie so die Beherrschung der Ereignisse gefährdet hätten.
Herr Sander, es hat sich zudem herausgestellt, dass die zum Teil vor über 20 Jahren vorgenommenen Inbetriebnahmeprüfungen verborgene Fehler in der komplexen Situation in den Systemen nicht immer aufgezeigt hätten.
Die Behauptung der Betreiber, ein Störfall wie in Schweden sei in deutschen Reaktoren nicht möglich, ist also definitiv falsch. Vermutlich würde ein Störfall im Detail anders ablaufen, aber auf kritische Situationen ist der Brunsbüttel-Reaktor erkennbar schlechter vorbereitet als der in Forsmark, meine Damen und Herren. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, Herr Sander: Wer kann garantieren, dass Brunsbüttel ein Einzelfall ist? Wer kann garantieren, dass alle anderen deutschen AKWs keinerlei Schwachstellen oder bis heute unerkannte Fehler aufweisen? - Wir wissen vom AKW Esenshamm schon heute, Herr Sander, dass Esenshamm in Sachen Deichsicherheit und Überflutung nicht richtig ausgelegt ist. Wir wissen, dass die Sturmflutberechnungen heute nicht mehr 6 m ausweisen wie in den 70er-Jahren, sondern 6,90 m. Sie haben ein Problem in Esenshamm, Herr Sander. Das haben Sie uns im Umweltausschuss nicht deutlich gemacht. Ich mache es an dieser Stelle für die Grünen noch einmal deutlich: Der Notstromfall durch Überflutung ist in Esenshamm nicht beherrschbar. Die externen Aggregate wie Trafos sind in einer solchen Situation überflutet, sodass das System nicht mehr gekühlt werden kann. Das ist bis heute nicht abgestellt. Wir wissen spätestens seit 2002 durch Gutachten, dass dort ein großer gefährlicher Vorfall eintreten kann. Bis heute hat niemand auf die zur Verfügung stehenden Gutachten reagiert.
Weitere Untersuchungen sind deshalb aus unserer Sicht dringend notwendig; sie werden ja in diesem Antrag gefordert. Die in unserem Antrag geforderte Überprüfung der Notstromsysteme aller niedersächsischen AKWs, Herr Sander, durch Gutachter, die nicht in die Regelprüfung eingebunden sind,
also durch neutrale Gutachter, ist einfach überfällig.
Alle Konsequenzen aus Forsmark müssen überprüft werden. Der Vorfall in Schweden hat erneut gezeigt, dass viele Atomkraftwerke nicht auf dem neuesten technischen Stand sind. Vor allem die alten Reaktoren - dazu gehört auch Esenshamm müssen so schnell wie möglich als Erste vom Netz.
In den nächsten Monaten wird auf die AKWBetreiber und Aufsichtsbehörden, auch auf Ihre Aufsichtsbehörde, Herr Sander, einiges an Arbeit zukommen. Der Bundesumweltminister erwartet von Ihnen einen umfassenden Bericht zu der Fragestellung: Kann Kurzschluss oder Blitzeinschlag dazu führen, dass die Sicherheitseinrichtungen ganz oder teilweise ausfallen? - Von grüner Seite fügen wir einen neuen Begriff hinzu; es ist der Begriff der Überflutung. Diesen Begriff der Überflutung will ich hiermit ausdrücklich ins Protokoll aufgenommen wissen. Sie müssen Esenshamm darauf überprüfen, ob Überflutungsereignisse dort dazu führen können, dass die Notstromaggregate ausfallen, dass also ein sogenannter Notstromfall eintritt. Das schreiben wir Ihnen von dieser Seite aus mit ins Stammbuch.
Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten Wochen viel über politische Lebenslügen aus den Reihen der CDU vernommen. Es war ganz spannend, dass ein Politiker aus Nordrhein-Westfalen diesen Stein ins Wasser geworfen hat. Eine weitere Lebenslüge, die Sie für sich konserviert haben, Herr Dürr und Frau Zachow, betrifft die Atomkraftwerke. Verabschieden Sie sich am besten gleich heute von dieser weiteren Lebenslüge, nämlich von der atompolitischen Lebenslüge,
also dass Atomkraftwerke in der Anwendung, im Betrieb sicher sind. Sie würden dann diesem Land einen großen Dienst erweisen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Unterstützung für diesen Antrag. Ich wer
de Ihnen, Herr Sander, von dieser Stelle aus das Gutachten, das unsere Fraktion im April dieses Jahres in Auftrag gegeben hat, übergeben. Nach dem heutigen Tage können Sie nicht mehr sagen: Esenshamm ist sicher und vor Überflutung geschützt, und es würde dort keinen Notstromfall geben. Wir fordern Sie auf, ab dem heutigen Tag aktiv zu werden und Esenshamm gründlich zu überprüfen. - Danke sehr.
In der Debatte im März-Plenum hat Minister Ehlen hier wahre - zumindest verbale - Freudentänze aufgeführt: Wir machen etwas ganz Tolles. Wir machen etwas besser als in der Vergangenheit. Wir sind auf dem richtigen Weg.
Meine erste Frage, Herr Minister Ehlen, lautet: Was haben Sie besser gemacht als in der Vergangenheit?
Meine zweite Frage lautet: Warum hat die Landesregierung die Zwangsregelung unterstützt, obwohl sie nach den in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen eindeutig als Flop angesehen werden kann?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Busemann, Sie haben gerade die Gesamtschulen erwähnt. Immer mehr Eltern wählen diese Schulform an. Allein in Hannover hat sich die Zahl der Anmeldungen zu den Gesamtschulen in den letzten Jahren verdoppelt. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dieser Entwicklung, und sind Sie bereit, dem Elternwillen nachzugeben und wieder mehr Gesamtschulen zuzulassen?
Die zweite Frage: Welche Konsequenzen werden Sie aus den zurückgehenden Schülerzahlen ziehen, und werden Sie die Mindestgrößen für die 5. Klassen in den Hauptschulen verändern?
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln beide Vorlagen gemeinsam. Ich möchte auch zu beiden Vorlagen eine Stellungnahme der Fraktion abgeben.
Mit dem Urteil des OVG Lüneburg von März dieses Jahres hat erstmals ein Gericht in Deutschland atomrechtlich über die Zulässigkeit eines Atommüllendlagers, nämlich des Atommüllendlagers „Schacht Konrad“ in Salzgitter, entschieden. Von Beginn dieses Prozesses in Lüneburg an - ich habe an ihm teilgenommen - war klar, dass die Kläger keine Chance hatten. Drei Tage wurde verhandelt. Ein Tag galt der Klage der Familie Traube, zwei Tage den Klagen der Gemeinden Salzgitter, Vechelde und Lengede. Das Urteil stand praktisch von vornherein fest; denn das Land Niedersachsen hat in seiner schriftlichen und mündlichen Äußerung vor Gericht unmissverständlich deutlich gemacht, dass es die Klagen für unzulässig und unbegründet hält und dass die Klagen unbedingt abgewiesen werden müssten.
Dass die Landesregierung den Klägern ihr Klagerecht in einem Verfahren dieser Reichweite abspricht, ist aus Sicht der Grünen äußerst bedenklich. Herr Minister, es handelt sich nicht um eine Pommesbude, die da genehmigt wird, sondern um ein Atommüllendlager. Wir wundern uns schon sehr, welche Position das Land Niedersachsen in dieser Frage eingenommen hat.
Städte und Gemeinden als Träger öffentlicher Belange sowie Anwohner als unmittelbar Betroffene
sind bei Ansiedlung von Atommülllagern schon bisher in ihren Rechten eingeschränkt. Ihre ohnehin unzureichenden Rechte werden Kommunen und privaten Klägern nun zusätzlich von der Landesregierung beschnitten. Praktisch entfällt damit der Drittschutz, und das in einem Verfahren von sehr weit reichender Bedeutung, wie es bei der Errichtung von Atommüllendlagern zweifelsohne der Fall ist. Der Kläger Traube hat es auf den Punkt gebracht:
„Es ist schwer verständlich, dass man als nächster Nachbar des geplanten Atommüllendlagers weniger Rechte haben soll als bei irgendeiner beliebigen... Baumaßnahme.“
Meine Damen und Herren, Kläger Traube hat Recht.
Das Urteil darf nicht das letzte Wort in dieser Sache sein. Das ist jedenfalls die Auffassung der Grünen. Selbst der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg, Herr van Nieuwland, hat sich kritisch geäußert - eine aus unserer Sicht sehr ungewöhnliche Stellungnahme. Es stelle sich die Frage, ob der Rechtsschutz für Bürger und Kommunen erweitert werden müsse, sagte der Jurist im Gespräch mit Radio ffn. Er sprach sich für eine Überprüfung des Atomrechtes aus und sagte, dass der Verwaltungsrechtsschutz in anderen Ländern, insbesondere in Frankreich, anders aufgebaut sei. Er hat Recht. In unserem Rechtssystem fehlt etwas. Das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat wird durch dieses Urteil nicht gestärkt, sondern ausgehöhlt.
Doch werfen wir einen Blick auf einiges, was im Verfahren um Schacht Konrad nicht geprüft worden ist! Ohne eine faire und ergebnisoffene Suche nach einem Endlager sollen im Schacht Konrad - hören Sie genau zu! - 90 % des deutschen Atommüllvolumens eingelagert werden.
Die Region um das ehemalige Erzbergwerk ist dicht besiedelt und wird industriell intensiv genutzt. Es ist nicht nachgewiesen, dass ausgerechnet dieser Standort besser ist als andere. Gefahren durch die Häufung von Transporten durften nicht geprüft werden. Mindestens 80 Jahre lang wird Atommüll aus der gesamten Republik nach Salzgitter gefahren werden. Ob dieses Endlager über
haupt gebraucht wird, hat niemand überprüft auch hier ein Manko.
Mit der Einlagerung von Atommüll in Schacht Konrad würde eine Entscheidung getroffen, die Konsequenzen für eine unübersehbare Zahl von Generationen mit sich brächte. Wir fordern die Landesregierung und die Bundesregierung deshalb auf, keine voreiligen Schritte zu unternehmen und keine Fakten im Schacht Konrad zu schaffen. Mit dem Ausbau darf nicht begonnen werden, bevor das Urteil rechtskräftig ist. Herr Sander, von einem höchsten Gericht muss die Sicherheit von Schacht Konrad überprüft werden, und es müssen neue, grundsätzliche Fragen zur Endlagerung von Atommüll geprüft werden.
Mit dem Ausbau von Schacht Konrad muss auch so lange gewartet werden, bis ein bundesweit einheitliches, vergleichendes Verfahren für die Suche nach dem bestmöglichen Endlagerstandort durchgeführt ist. Wir brauchen nämlich nicht irgendein Atommüllendlager, sondern ein Endlager, mit dem auch spätere Generationen umgehen können, das den höchstmöglichen Sicherheitsstandard bietet und der Verantwortung, die wir für den Atommüll in Deutschland tragen, gerecht wird.
Meine Damen und Herren, wie gefährlich es ist, wenn nicht sorgfältig ausgewählt wird, zeigt uns ein Beispiel in nächster Nähe, nämlich das Endlager Asse bei Wolfenbüttel, von dem vor 20 Jahren gesagt wurde: Es ist sicher. Dort wird nichts passieren. Es wird keine Wassereintritte geben. - Dieses Bergwerk - es wird ja als „Forschungsbergwerk“ bezeichnet - hat mittlerweile ein so genanntes Leck. Seit einigen Jahren tropft Wasser durch die Decke, um das mal ein bisschen salopp zu sagen. Man hat Probleme mit dem Auffangen des Wassers, bzw. man weiß nicht, wo das Wasser eintritt. Es besteht die Gefahr, dass dort in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten eine Kontaminierung des Grundwassers stattfinden kann. Daran sehen Sie, wie sicher es ist. Es ist nämlich nicht sicher. Diejenigen, die vor 20 Jahren kritisiert haben, dass das Lager nicht sicher ist, haben Recht behalten.
Herr Minister Sander, Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass die selbst ernannten Experten aus vielen Ministerien in vielen Verfahren der letzten Jahrzehnte nicht Recht behalten haben.
Meine Damen und Herren, bei der Auswahl eines Endlagerstandortes gilt der Vorrang der Sicherheit. Aber wichtig ist auch die Art und Weise, in der ein solches Auswahlverfahren durchgeführt wird. Erst allmählich und zögerlich setzt sich in der Atomindustrie und in den Atomenergieländern die Erkenntnis durch, dass die Auswahl eines Standortes nicht nur eine wissenschaftliche, technische Frage ist, sondern es ist auch die Frage, wie damit umgegangen wird, wie Menschen in den Prozess der Entscheidung einbezogen werden, wie sie gegebenenfalls auf eine Situation vorbereitet werden, die nicht ungefährlich ist. Von daher sollten wir uns an anderen Ländern ein Beispiel nehmen. Wenn man will, kann man daraus lernen. Demokratische Beteiligung und Transparenz bei der Standortauswahl müssen gewährleistet sein. Das ist jedenfalls unsere Auffassung. Nur dann gibt es eine Chance für eine Akzeptanz in den betroffenen Regionen.
Schweden und Finnland beispielsweise haben daraus gelernt und halbwegs systematische Auswahlverfahren unter Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Nur deshalb stehen sie in Sachen Endlager besser da als wir in der Bundesrepublik. Wenn Sie, Herr Minister Sander, die Anforderungen, die der AkEnd entwickelt hat, übernehmen würden, dann wären wir in der Diskussion um ein Endlager in Deutschland einen Schritt weiter. Wenn Sie nicht immer nur auf der Bremse stünden, würde mehr Sicherheit in diesem Bereich geschaffen werden.
Aber Sie, Herr Sander, wollen ja keine ergebnisoffene Suche nach einem Endlager,
sondern Sie sind aus unserer Sicht längst - Herr Dürr weiß das ganz genau; denn auch er ist festgelegt - auf Schacht Konrad und Gorleben festgelegt.
Seien Sie doch ehrlich, und sagen Sie, dass Sie überhaupt keine Endlagersuche wollen. Sie werben dafür, allen Atommüll aus der Republik hier
einzulagern. Jedes noch so wackelige Argument wird für Gorleben und Schacht Konrad gemüht. Sie zeichnen ein fast leuchtendes Bild der Region Salzgitter, wenn Schacht Konrad in Betrieb gehen sollte:
Milliardeninvestitionen „drohen“ am Horizont, zahlreiche Arbeitsplätze sollen entstehen, sogar ein finanzieller Lastenausgleich soll stattfinden, meine Damen und Herren. Das, was Sie hier zeichnen, ist ein Zerrbild, was sich nicht bewahrheiten wird.
Dagegen steht Ihr düsteres Bild, wenn Schacht Konrad nicht in Betrieb gehen sollte. Sie sagen: Gefährliche Abfälle müssen auf Jahrzehnte oberirdisch gelagert werden. Die öffentliche Hand würde Milliarden zusätzlich zahlen,
und die volkswirtschaftlichen Kosten einer neuen Endlagersuche wären - so jedenfalls wird die Atomindustrie zitiert - astronomisch. So machen Sie Stimmung gegen eine Sicherheitsanforderung in diesem Land. Das ist eine Stimmung, der man mit Sachargumenten entgegentreten muss. Und das machen wir von grüner Seite.
Nun zu einer Frage, die auch Teil unserer Großen Anfrage war: Wie viele Endlager brauchen wir? Wir aus grüner Sicht halten es für nötig, dass lediglich ein Endlager für alle Arten von Atommüll gesucht und gefunden wird.
Die Niedersächsische Landesregierung wirbt ja bekanntlich für zwei. Herr Sander, Sie sind ja der Makler in Sachen zwei Endlager. In einem Interview mit der FAZ Anfang des Jahres - - -
Nein, heute mal nicht.
- - - hat Herr Sander allen Ernstes gesagt:
„Das Ein-Endlager-Konzept hatte Herr Trittin zur Verblüffung der Fachwelt wie ein Kaninchen aus dem Zylinder gezaubert.... schon aus wissenschaftlicher Sicht sollte das EinEndlager-Konzept nicht weiterverfolgt werden.“
Das war Ihr Zitat, Herr Minister. So weit die Fakten.
Und was ist in Ihrem Hause los gewesen? - Seit 1977 liegt dem Land Niedersachsen ein Antrag auf ein Planfeststellungsverfahren für ein atomares Endlager in Gorleben vor, und zwar für alle Arten von Atommüll. Auch später ist mehrfach bestätigt worden, dass in Gorleben alles eingelagert werden könnte. Sie hinken mit Ihren Argumenten sehr hinterher.
Wir stellen Gorleben weiterhin infrage. Die Frage ist aber nicht: Gorleben - ja oder nein? - Die Frage ist vielmehr: ein Endlager? - Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass es um ein Endlager in diesem Land geht und nicht um viele Verteilungsmechanismen, die Sie sich vorstellen können.
Meine Damen und Herren, Entsorgungskonzepte sind nichts Statisches.
Die Ansicht darüber, wie viele Endlager gebraucht werden, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder geändert, weil sich die Rahmenbedingungen ändern, weil z. B. mit Morsleben unverhofft ein zusätzliches Endlager ins Spiel kommt oder die erwarteten Müllmengen - wie in Schacht Konrad - immer geringer werden, meine Damen und Herren.
In den 90er-Jahren ist deshalb in Niedersachsen die Vorstellung von einem einzigen Endlager erneut aufgegriffen worden. Niemand Geringeres als der damalige Ministerpräsident Schröder hat 1995 erklärt, dass aufgrund des geringen Volumens, auch in Niedersachsen, die Lagerung des radioaktiven Mülls nur an einem Endlager in Deutschland notwendig sein wird. Ich freue mich, dass die Genossen an dieser Stelle schon damals eine so klare Position bezogen haben. Dem ist nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren.
Er nahm in den 90er-Jahren einen neuen Anlauf für einen Energiekonsens, der damals leider nicht zustande gekommen ist. Herr Sander, auch das sollten Sie bei der Diskussion um ein oder mehrere Endlager bedenken.
Alle neueren Untersuchungen zeigen: Das Konzept eines Endlagers für alle Abfälle ist machbar. Auch aus der Abarbeitung der zwölf sicherheitstechnischen Einzelfragen zur Endlagerung, den so genannten Zweifelsfragen, hat sich kein einziges Argument gegen das Ein-Endlager-Konzept, jedenfalls aus unserer Sicht, ergeben. Das BfS hat diese Fragen im Rahmen eines wissenschaftlichen Gremiums geklärt.
- Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, eines ist in Niedersachsen einmalig, ja wirklich einmalig in der Welt: Eine regionale Regierung - so, wie sie sich uns heute darstellt - tut alles dafür, um dreieinhalb Atommüllendlager in ihr Land zu bekommen: Asse, Schacht Konrad, Gorleben plus Morsleben, knapp hinter der Grenze in Sachsen-Anhalt. Meine Damen und Herren, das ist wirklich einmalig für uns! Der Begriff „Atomklo“, den die Anti-AKW-Bewegung für den Gorleben formuliert hat, - -
- - - trifft auf das Ersuchen dieser Regierung zu, meine Damen und Herren. Das, was Sie, die Fraktionen der CDU und der FDP, hier anstreben, trifft nicht unsere Zustimmung. Wir werden Ihnen in der Atommüllfrage weiterhin mit Sachargumenten entgegentreten. - Danke sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Katastrophe von Tschernobyl hat uns gezeigt, welches Gefährdungspotenzial auch in der so genannten friedlichen Nutzung der Atomenergie steckt.
Die Gefahren, die in dieser Technologie stecken, sind allgegenwärtig. Das zeigt allein die Anzahl der Störfälle in den letzten Jahren auch in Deutschland und weltweit. Doch seit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York können auch die Atombefürworter die Bedrohung durch einen terroristischen Anschlag auf ein Atomkraftwerk nicht mehr wegdiskutieren.
Meine Damen und Herren, im Umweltministerium zerbrechen sich Beamte den Kopf darüber, wie man Warnhinweise für radioaktiven Abfall so formulieren kann, dass sie auch noch von unseren Nachfahren in zehntausenden von Jahren - also in einer Zeit, in der unsere Sprache möglicherweise längst vergessen sein wird - verstanden wird. Eine fatale Situation!
Meine Damen und Herren von der CDU, solange wir Atommüll produzieren, so lange vergrößern wir unweigerlich ein Problem, für das es weltweit immer noch keine Lösung gibt. Wer jetzt wie Sie nach 20 Jahren die Katastrophe von Tschernobyl weiterhin ignoriert und sie mit der Forderung nach neuen AKWs und nach einer Verlängerung der Restlaufzeiten auch noch schönredet, der stellt sich den Problemen nicht bzw. geht eindeutig einen falschen Weg, jenseits jeder Vernunft.
Fatal ist auch, dass wider besseres Wissen von interessierter Seite auch immer wieder neue Mythen in die Welt gesetzt werden. Der eine Mythos ist der einer angeblich weltweiten Renaissance der Kernenergie. - Wir vermögen eine solche Renaissance nicht zu erkennen.
Ferner gibt es den Mythos von sicheren Atomkraftwerken der dritten und so genannten vierten Generation. - Auch das sehen wir nicht.
Außerdem pflegen Sie den Mythos einer nie versiegenden Energiequelle nach dem Motto: Uran ist unendlich vorhanden. - Auch das ist nicht der Fall.
Das, meine Damen und Herren, ist verantwortungslos. Diese Mythen verstellen den Blick auf die Wirklichkeit. Tatsächlich werden derzeit weltweit weniger Atomkraftwerke neu gebaut, als in den nächsten Jahren vom Netz genommen werden.
Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren von der CDU, nur ein abgeschaltetes Atom
kraftwerk ist ein sicheres Atomkraftwerk. Jedenfalls wir haben Tschernobyl nicht vergessen. - Danke sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, wie viele Interessenbekundungen hat es insgesamt gegeben, wie viele liegen Ihnen vor? Wird die Stadt Lüneburg die zweite Hürde nehmen, d. h. kommt sie in die zweite Phase hinein?
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen jetzt, nach dieser Antwort des Finanzministers, feststellen: Er hat die Praxis der SPD in diesen Bereichen nicht verändert, sondern fortgesetzt.
Das darf man mit Fug und Recht so behaupten. Wenn Sie der SPD eine dubiose Vergabepraxis vorwerfen, frage ich Sie, wie Sie Ihre eigene Vergabepraxis betrachten.
Ich möchte in dem Zusammenhang die zweite Frage stellen. Sie haben rund 150 000 Euro für ein Gutachten zur Evaluation der Bezirksregierungen ausgegeben. Warum haben Sie dieses Gutachten freihändig an das Institut für Europawissenschaften vergeben, und welchen Erkenntnisgewinn haben Sie durch dieses Gutachten?
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf in unserer Loge hinter den Sitzreihen unserer Fraktion Frau Barbara Dickmann sehr herzlich begrüßen, die für die Dokumentation ver
antwortlich ist, die Anfang April im ZDF über die Leukämiefälle in der Elbmarsch erschienen ist, und freue mich, dass Sie an dieser Plenardebatte teilnehmen werden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, seit 1990 sind in der Elbmarsch sage und schreibe 16 Kinder an Leukämie erkrankt. Vier von ihnen sind bisher an Blutkrebs gestorben. Das Leukämiecluster in der Elbmarsch stellt die welthöchste regionale Leukämierate bei Kindern dar. Nirgendwo auf der Welt gibt es eine solche Häufung von Leukämieerkrankungen wie dort an der Elbe. Die Ursache aber ist uns allen bis heute unbekannt.
Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. - Jahrelang forschten Wissenschaftler im Auftrag unserer Landesregierung und der Schleswig-Holsteins nach den Gründen für die unheimliche Leukämieserie, bis heute ohne eindeutiges Ergebnis. Wir sind der Meinung, dass der Auftrag falsch formuliert wurde. Als möglichen Verursacher der Erkrankungen hatten Anwohner und einige Wissenschaftler zunächst das AKW Krümmel in Verdacht. 1984 ging der Reaktor ans Netz, fünf Jahre später wurden die ersten Leukämiefälle bekannt. Vier bis acht Jahre beträgt nach meinem Wissen bei Leukämie die Zeitspanne zwischen Einleitung und Ausbruch einer Erkrankung. Ein Indiz, kein Beweis, wie auch wir Grüne selbstverständlich einräumen.
Auch die immer wieder geäußerten Vermutungen, im Reaktor sei es zu einem größeren Umfall gekommen, lassen sich ebenso wenig beweisen wie die Behauptung, die Betriebsmannschaft des Kraftwerks habe im Schatten der TschernobylKatastrophe große Mengen radioaktiver Gase einfach in die Luft abgelassen. Beides ist aus unserer Sicht falsch. Doch eines ist sicher, meine Damen und Herren: Immer wieder wurden in der Umgebung des AKWs Spuren radioaktiver Substanzen gefunden - das kann man nicht verleugnen -, mal in einem Trinkwasserbrunnen oder an Regenwassermessstellen, mal auf Hausböden, mal in Baumwurzeln.
Über zehn Jahre haben Wissenschaftler, Politiker und Juristen über die Ursachen dieser weltweit einmaligen Häufung von Leukämie bei Kindern gestritten - ohne Ergebnis, ohne Erklärung, ohne dass alles geprüft worden ist.
Die niedersächsische Expertenkommission hat Ende 2004 ihren Abschlussbericht vorgelegt, der nur von zwei Mitgliedern unterzeichnet wurde. Den anderen 16 Mitgliedern wurde keine Gelegenheit zur Kommentierung gegeben - ein sehr ungewöhnlicher Vorgang.
Mit dem Rücktritt von sechs der acht Mitglieder der Expertenkommission, die im Auftrag der schleswigholsteinischen Landesregierung den Ursachen des Leukämieclusters in der Umgebung der Atomanlage nachging, hat dieser Streit auch dort einen wenig erfreulichen Abschluss gefunden. Das muss man einfach so feststellen.
Für den damaligen Kommissionsvorsitzenden, den Kieler Toxikologen Professor Wassermann, versuchen die zuständigen Landesbehörden eine unzulässige radioaktive Kontamination der Umgebung des AKWs Krümmel und des Kernforschungszentrums Geesthacht zu verschleiern. So habe es laut Professor Wassermann bereits während der Arbeit der Kommission wiederholt Behinderungen gegeben. Weder die Staatsanwaltschaft noch das Landeskriminalamt hätten die Untersuchungen in umfassender Weise unterstützt. Auch von der Kommission geforderte engmaschige Messungen und Probenentnahmen im betroffenen Gebiet seien von der Landesregierung abgelehnt worden. Die zurückgetretenen Wissenschaftler sind mittlerweile überzeugt, dass nicht das AKW Krümmel, sondern ein mutmaßlicher Unfall im benachbarten GKSSForschungszentrum zu den Krebserkrankungen geführt haben muss.
2000 und 2001 fanden zwei Wissenschaftler der Arbeitsgemeinschaft physikalische Analytik und Messtechnik aus Gießen bei Untersuchungen im Auftrag der Bürgerinitiative gegen Leukämie, der Herr Harden, unser Kollege aus der SPD-Fraktion, ja auch angehört, Partikel, die stark Alfastrahlen aussandten. Die heißen Teilchen wurden an verschiedenen Stellen gefunden. Ihre Radioaktivität überstieg den normalen Pegel mindestens um das Zehnfache. Man muss sich einmal vorstellen, was dort passiert ist.
Für die ZDF-Dokumentation „Tod an der Elbe“, für die Frau Diekmann verantwortlich zeichnet, und auf Initiative der Bürgerinitiative „Leukämie“ und der internationalen Organisation „Ärzte gegen den Atomkrieg“ wurden seit 2004 erneut Bodenproben genommen. Diese Bodenproben wurden an einer Schule in der Nähe der GKSS gefunden und an einem Denkmal in der Gemeinde Elbmarsch genommen und durch die internationale SacharowUniversität in Minsk analysiert. Die Ergebnisse sind bestürzend, meine Damen und Herren. Die Gegend weist eindeutig eine erhöhte künstliche Radioaktivität auf, darunter Plutonium und Thorium, die - das muss man ganz deutlich sagen - eindeutig weder aus Tschernobyl noch aus dem Fallout der Atombombenversuche der 60er-Jahre stammen können. Das kann man nicht wegdiskutieren.
Auch in den Proben von Dachstaub nahe gelegener Häuser wurde eine erhöhte Konzentration radioaktiver Stoffe nachgewiesen. Bereits zuvor waren in dem Gebiet Spuren von Plutonium und Americium im Dachstaub nachgewiesen worden, die nach den Aussagen zahlreicher anerkannter unabhängiger Experten ebenfalls nichts mit dem Unfall in Tschernobyl zu tun haben. Es sind immer wieder Nebelkerzen geworfen worden. Es wurde behauptet, das hätte etwas mit den Fallouts oder mit Tschernobyl zu tun, das könne man nicht in einen Zusammenhang stellen. In Zusammenhang kann man aber stellen, dass es eine am 12. September 1980 im Kernkraftwerk Krümmel gemessene erhöhte Radioaktivität gab, und diese Radioaktivität wird von zahlreichen Wissenschaftlern in einen Zusammenhang mit einem Vorfall auf dem Gelände der GKSS gebracht.
Meine Damen und Herren, Lügen, Vertuschung, aber auch sehr viele Ungereimtheiten - und was Sie jetzt von mir hören werden, hört sich an wie ein Krimi - führen zu Vermutungen und zu Unsicherheit in der Bevölkerung im Bereich der Elbmarsch. Verschiedene Augenzeugen berichteten von ei
nem Brand auf dem Gelände des benachbarten GKSS-Forschungszentrums. Die örtliche Zeitung meldete für diesen Tag - es war der 12. September 1986 - ein Brandereignis, das nicht näher beschrieben wurde. Eine Augenzeugin erinnert sich an eine Flammensäule und kann Uhrzeit und Ort genau nachvollziehbar einordnen. Auch das wird in dem ZDF-Bericht noch einmal dokumentiert. Mittlerweile haben sich sieben Personen eingefunden, die sich an solche Vorfälle am 12. September 1986 erinnern können.