Marianne Linke

Appearances

5/8 5/9 5/11 5/12 5/14 5/15 5/16 5/17 5/18 5/19 5/20 5/21 5/22 5/25 5/27 5/30 5/31 5/32 5/33 5/34 5/36 5/37 5/38 5/39 5/40 5/41 5/43 5/44 5/45 5/46 5/47 5/53 5/54 5/55 5/56 5/57 5/58 5/59 5/60 5/62 5/63 5/64 5/65 5/67 5/68 5/69 5/70 5/72 5/73 5/77 5/80 5/84 5/85 5/87 5/90 5/91 5/92 5/94 5/95 5/97 5/100 5/103 5/105 5/106 5/108 5/110 5/112 5/113 5/114 5/115 5/117 5/118 5/120 5/121 5/122 5/123 5/125

Last Statements

Ja, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Also eigentlich können einem die Kommunen leidtun, wenn ich mir die Rede des Wirtschaftsministers anhöre,
was einem so alles vom Bund und vom Land aufs Auge gedrückt wird, und dann wird noch gesagt, die Eltern haben in den letzten 20, 30 Jahren versagt.
Ich guck mal 30 Jahre zurück in die Bildungsrepublik Bundesrepublik, so hieß es ja damals in den 70er Jahren. Herr Jäger, Sie können das wahrscheinlich bestätigen. Zu DDR-Zeiten war das auch ein Bildungsland und ich kann einfach nur sagen, von der Bildungsrepublik hin zum Bildungs- und Teilhabepaket, und da kommen wir also gleich mal zu dieser,...
Ja.
... zu diesem Gesetzesentwurf,
der uns hier als Ersatz für eine ordnungsgemäße Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zu den Hartz-IV-Regelsätzen vorgelegt wurde, aus Gründen der Kostenersparnis nun auch noch mit mehreren Monaten Verspätung, genannt also Bildungs- und Teilhabepaket.
Angeblich sollen innerhalb der Bundesrepublik 2,5 Millionen Kinder bis zum Alter, also Jugendliche bis zum
Alter von 25 Jahren davon profitieren. Ja, nun haben wir gehört, auch vom Wirtschaftsminister und wir lesen es jeden Tag in der Zeitung, es sind wohl nur maximal 30 Prozent der Anspruchsberechtigten, die tatsächlich diese Leistungen in Anspruch nehmen.
Ja, die Eltern, so lesen wir heute in der Zeitung, sagt Frau von der Leyen, die sind schuld, da muss jetzt nachgebastelt werden. Auch der Wirtschaftsminister hat gesagt, mit denen muss gearbeitet werden, da müssen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter ins Haus gehen.
Ich würde sagen, lesen Sie einfach die eigenen Studien, lesen Sie einfach, was Kinder stark macht, und vielleicht finden Sie dann den Webfehler in diesem vorliegenden Gesetz.
Dieses Bildungs- und Teilhabepaket, meine Fraktion hat das bereits hier mehrfach vorgetragen, ist mit seiner Geburt, also von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Es ist eine Politik, die zum Scheitern verurteilt ist, und damit auch die Protagonist/-innen, die dieses Projekt auf den Weg gebracht haben.
Wo liegen nun die Probleme dieses Pakets, Bildungs- und Teilhabepakets, das eigentlich seinen Namen nicht verdient? Ich hab hier im Landtag bereits im Mai auf diese nervenaufreibende Antragstellung hingewiesen. Sie gehen also hin, es ist richtig, sie können ein Blatt ausfüllen, aber mit diesem einen Blatt müssen sie dann für jeden einzelnen Posten, der da beantragt wird, entsprechende Anlagen beibringen. Und ich muss einfach sagen, diese komplizierte Antragstellung ist offensichtlich nicht vermittelbar.
Und es ist auch verwunderlich, wenn wir also heute hier über ein Landesgesetz verhandeln und Sie sagen alle, eigentlich ist es ja kommunale Selbstverwaltung. Dann binden Sie doch die kommunalen Selbstverwaltungen stärker ein und lassen Sie sich auch ein Stück weit beraten, wie man am besten vor Ort Bildung
und auch gesellschaftliche Teilhabe für Kinder organisiert, lieber Herr Kokert.
Eltern, und das muss man jetzt so sagen, ist es offensichtlich nicht vermittelbar,
wenn es um die Bildung ihrer Kinder geht...
Hören Sie zu, Herr Kokert, ich komm noch auf den Punkt.
Eltern ist nicht vermittelbar, wenn es um Bildung geht, dass sie dann plötzlich zum Jobcenter gehen sollen oder zur Bundesagentur.
Eltern meiner Generation, meine Töchtergeneration, die haben einfach gelernt,
für Bildung ist Schule zuständig
und nicht das Jobcenter. Und da können Sie sich drehen und wenden so viel, wie Sie wollen,
da können Sie Sozialarbeiter nach Hause schicken.
Wenn wir nicht Schule stärken, dann wird das Ganze auch weiterhin nicht bei den Kindern ankommen, für die es gedacht ist.
Ja, 45 Millionen Euro, haben wir gehört, werden aufgewandt. Aber ich sage Ihnen mal, das sagt nichts über die sozialpolitische Wirkung. Natürlich sind 45 Millionen Euro viel Geld, aber wie wir das Geld an die Kinder bringen,
das ist das eigentliche Problem.
Und das haben wir auch eben vom Wirtschaftsminister gehört.
Es ist ein Problem nicht nur der Finanzströme, es ist ein Problem der inhaltlichen Ausgestaltung.
Und ich erinnere Sie noch mal, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen,
Sie hatten beabsichtigt, diesen ganzen Gesetzesentwurf nur in den Wirtschaftsausschuss zu schicken. Ihnen ist ja selbst nicht mal der Gedanke gekommen, dass es beim Bildungs- und Teilhabepaket um den Innenausschuss, um den Bildungsausschuss, um den Sozialausschuss gehen könnte. Und das mag vielleicht eine Randnotiz fürs Protokoll sein der letzten Landtagssitzung, aber es zeigt doch auch für meine Fraktion, wie hier gedanken- und herzlos gearbeitet wird, wenn es um die ureigenste Interessenwahrnehmung für unsere jüngsten Landeskinder geht.
Im Wirtschaftsausschuss, und das ist die nächste Konsequenz, haben Sie lediglich die kommunalen Spitzenverbände angehört. Aber nun sage ich mal, Bildung und Teilhabe, das ist natürlich – oh, Verzeihung – auch eine Aufgabe für die Schulämter,
das ist eine Aufgabe für die freiwilligen Träger der Jugendhilfe, das ist eine Aufgabe für die Bundesagentur für Arbeit,
darauf haben Sie ja auch hingewiesen, Landessportbund, Landesverband Musikschulen und so weiter und so weiter. Dass Sie den Landesjugendhilfeausschuss gar nicht erst beantragt haben, das hängt natürlich mit der kinderfeindlichen Position dieser Sozialministerin zusammen, die sich am besten,
die sich am besten, am liebsten von der ganzen Kinder- und Jugendpolitik verabschieden würde.
Aber na klar, Herr Müller! Weshalb wollen Sie denn diese Pseudokommunalisierung des Landesjugendamtes? Erzählen Sie das doch mal!
Würden Ihnen die Interessen der Kinder und Jugendlichen am Herzen liegen,
dann hätten Sie das Landesjugendamt in Ihrer Ressortverantwortung behalten.
So verwundert es also nicht,
dass es bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes in der nicht öffentlichen Anhörung vor allem, wie auch heute hier in der Berichterstattung des Wirtschaftsministers, vor allem um Finanzströme, Verwaltungskosten und nur am Rande um die Schulsozialarbeit ging.
Lieber Herr Dr. Born, hören Sie weiter zu!
Wir kommen zum Kern: Eine Sozialministerin eines Landes, die auch für die SPD Verhandlungsführerin war,
hätte sich im Kabinett ebenso wie der CDU-Bildungsminister für bildungspolitische Akzentsetzungen bei der Verwendung der Mittel engagieren sollen, statt hier im Parlament immer wenn es konkret wird, und das sage
ich, immer wenn es konkret wird, bei Umsetzungsfragen auf die kommunale Selbstverwaltung zu verweisen. Natürlich wollen wir kommunale Selbstverwaltung, aber nicht so, dass den Kommunen etwas hier aufgedrückt wird,
sie für das Scheitern eines Projekts zuständig sind, das einfach bildungspolitisch einen falschen Ansatz hat.
Und, meine Damen und Herren von der FDP, zu Ihnen auch noch mal,
Ihre Zustimmung im Ausschuss, die ist ja dramatisch. Die FDP nimmt für sich in Anspruch, bundespolitisch die Bildungspartei, die Vertreterin des Bildungsbürgertums zu sein,
und dann machen Sie, …
Ja, Koch-Mehrin.
... und dann machen Sie diese Schwächen hier auch in Ihrem Votum deutlich.
Als Partei der Rechtsanwälte hätten Sie schon Frau von der Leyen auf Bundesebene in die Parade fahren müssen.
Ihr ehemaliger Bundesvorsitzender, selbst Rechtsanwalt, der hätte klarmachen müssen, so ist diese Bundesverfassungsgerichtsentscheidung nur zum Scheitern verurteilt.
So, nun etwas zu einigen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes: Ich erwähne einfach nur am Rande, dass es die 100 Euro Lernmittelförderung schon vor dem Paket gab. Das heftet man sich jetzt noch mal als Blümchen ans Revers, das wird also noch mal mitverkauft. Eine weitere Leistung ist auch auf kommunalpolitischer Ebene schon zum Teil umgesetzt, die Schülerbeförderung.
Hier steht im Gesetz, sofern sie nicht bereits von einem Dritten geleistet wird
und es der leistungsberechtigten Person nicht zumutbar ist, wird sie also übernommen. Ja, was heißt „zumutbar“? Also das möge man dann auch einfach mal übersetzen.
Eine weitere Leistung im Bildungs- und Teilhabepaket, in dem heute hier vorliegenden Gesetzentwurf ist die Nachhilfeförderung. Natürlich wollen wir das für Kinder,
die in der Schule nicht ausreichend mitkommen, sei es bei manuellen, musischen oder intellektuellen Fächern. Ja, aber hier wäre interessant zu erfahren, wann setzt denn Lernförderung ein. Bei dem Schüler, der hochbegabt ist und vielleicht nur eine Drei hat, oder lediglich bei den Versetzungsgefährdeten?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bildungsfragen sind Landesfragen, Landesverantwortung. Hier hätte der Bildungsminister kreativ und wirklich aktiv sich einbringen können.
Aber irgendwie – still ruht der See, im Bildungsministerium ohnehin.
Also lassen Sie mich noch etwas zu dem Antrag der Linksfraktion sagen,
der sich mit der Schulsozialarbeit befasst.
Im Wirtschaftsausschuss, Herr Heydorn,
ich glaube, Sie waren sogar zugegen, wurde deutlich,
dass die Landesregierung bis zum 8. Juni zur Schulsozialarbeit nicht einmal die kommunalen Spitzenverbände angehört hat.
Es wurde auch deutlich, dass man offensichtlich bei der Umsetzung
des Bundesgesetzes nun andere Regelungen schaffen will als bei der Landesplanung.
Bis jetzt hat die Landesregierung laut Gesetz eine Million Euro für Schulsozialarbeit ausgegeben,
in den folgenden Jahren sollen es 2 Millionen werden. Nach Aussagen des Sozialministeriums könnten also 50 neue Stellen geschaffen werden. 50 Prozent der Mittel für Schulsozialarbeit sollen den Kommunen pauschal zur Verfügung gestellt werden.
Erst die zweiten 50 Prozent sind an die Auflage gebunden, hier Stundenaufwuchs oder neue Stellen zu schaffen.
Herr Born, ich weiß doch, dass Sie schnell denken können, deshalb können Sie auch schnell zuhören.
Sollte das Land also tatsächlich so verfahren, wie Frau Ministerin Schwesig jetzt immer öffentlich erklärt,
dann hat sie – ich weiß gar nicht, wo sie heute ist bei diesem wichtigen Thema –,
dann hat sie tatsächlich der Öffentlichkeit etwas vorgegaukelt,
dann meinen es weder die Sozialministerin noch die Koalitionsfraktionen mit dem Ausbau der Schulsozialarbeit ernst.
Geben Sie, und das ist der Appell, geben Sie den Kommunen das ganze Geld, verbinden Sie es mit der Auflage,
dafür Stundenaufwuchs oder neue Stellen zu schaffen,
es aber nicht – und das ist jetzt der Schwerpunkt –,
es nicht für die Kofinanzierung bisheriger schlecht ausgestatteter Stellen für Jugend- und Schulsozialarbeiter zu verwenden.
Ja, und ich sage Ihnen noch mal, die Frage steht schon lange im Raum, Frau Finanzministerin. Gerade von Ihnen hätte ich jetzt hier eine Antwort erwartet, wie gehen wir mit der Förderung der Jugend- und Schulsozialarbeiter nach 2013 um.
Meine Fraktion hat das oft genug thematisiert. Wir haben einen entsprechenden Antrag hier 2009 gestellt.
Mit großzügiger Geste wurde der ohne unsere Zustimmung von den Koalitionären für erledigt erklärt. Das geht überhaupt nicht nach der Rechtslage. Aber Sie machen das einfach immer mit Ihren undemokratischen Mehrheiten.
Lassen Sie mich bitte noch etwas sagen...
Ja, wenn man bewusst Regeln außer Kraft setzt, ist es schon undemokratisch.
Also lassen Sie mich noch etwas sagen zu dem,
Hallo, hallo jetzt mal!
Herr Präsident, wer hat jetzt das Wort hier?
So, dann noch mal etwas zu dem Ihnen vorliegenden Antrag:
Wir haben uns seit 2009, also mit dieser Antragstellung intensiv für den Ausbau der Jugend- und Schulsozialarbeit hier im Land eingesetzt.
Sie hatten sich im Koalitionsvertrag, ich erinnere an die Nummern 52 und 161, die Selbstverpflichtung auferlegt, die Jugend- und Schulsozialarbeit zu stärken, weiterzuentwickeln. Wie die zahlreichen Kleinen Anfragen ergeben, die wir gestellt haben – ich gehe auf die letzte Kleine Anfrage von Herrn Peter Ritter ein vom 2. November 2010 –, sind die Zahlen gesunken, vor allem bei der Jugendsozialarbeit. Nicht im gleichen Maße sind die Zahlen für Schulsozialarbeiter gestiegen. Sie haben also Ihre eigene Selbstverpflichtung nicht erreicht beziehungsweise nicht ernst genommen. Ja, und insofern bitte ich Sie einfach, dem mit diesem Gesetzentwurf jetzt hier als Änderungsantrag von uns eingebrachten Antrag zuzustimmen.
Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete, was ist dramatisch im Zusammenhang mit dem Bildungs- und Teilhabepaket? Ich sage es Ihnen: Es ist die Kopplung der Ausgaben für das Bildungs- und Teilhabepaket an die
Ausgaben für die Kosten der Unterkunft. So ist es vom Gesetzgeber vorgegeben und wir wissen, dass Mecklenburg-Vorpommern anders als zum Beispiel BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz, die sind ja extra im Gesetz genannt, nur einen geringeren Teil als Kosten der Unterkunft erhält. Also bei uns sind es 30,4 Prozent, in Baden-Württemberg 34,4 Prozent und in RheinlandPfalz 40,4 Prozent.
Nach dem SGB II...
Ja.
... wird ein Prozent dieser Kosten der Unterkunft für das Bildungs- und Teilhabepaket ausgegeben. Wenn wir weniger Kosten der Unterkunft erhalten als Land mit den geringsten Nettoeinnahmen in der Bundesrepublik, als Land mit der höchsten
Armutsquote bei den Kindern in unserem Land, dann muss ich Ihnen sagen, es ist auch ein Armutszeugnis, dass man einem solchen Gesetz im Bundesrat zugestimmt hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, unter dem Strich...
Ja, Frau Finanzministerin, wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass Mecklenburg-Vorpommern nicht schlechter behandelt wird als andere Länder,
weil wir wissen, wie die Finanzsituation der Kommunen ist. Es ist ein Drama, wenn das im Gesetz so festgeschrieben ist.
Meine Fraktion teilt die Auffassung von Sozialwissenschaftlern und Bildungswissenschaftlern, die also dieses Bildungs- und Teilhabepaket kritisieren.
Und ich sage auch, was das entscheidende Problem ist, Herr Dr. Born.
Das entscheidende Problem ist hier der Ansatz,
dass aus der Logik der Sozialhilfe mit Bedürftigkeitsprüfung und Einzelbeantragung gehandelt wird.
Ein Land mit der höchsten Zahl von Schulabbrechern unter seinen Kindern, mit dem höchsten Anteil von Förderschulen bundesweit,
das Land mit der höchsten Kinderarmut –
übrigens eine dramatische Folge der Hartz-IV-Gesetzgebung –
hätte sich diesem Bildungspaket widersetzen müssen. Stattdessen hat die Bundes-SPD, hat die Bundes-CDU, hat die Bundes-FDP den mit Hartz IV angelegten ausgrenzenden und unsozialen Politikansatz fortgeschrieben. Hier hat vor allem die SPD versagt, die hat die Hartz-IV-Gesetze auf den Weg gebracht.
Man hätte erwarten können, dass die soziale Situation stärker benannt wird, die Verhandlungsführer im Prozess der Verhandlungen die soziale Situation des Landes Mecklenburg-Vorpommern schildern
und entsprechend gegen diese ausgrenzende Politik auch aufrütteln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete …
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, internationale Erfahrungen – schauen Sie nach Schweden, Finnland, Frankreich – zeigen, dass das Bildungsniveau einer Gesellschaft davon beeinflusst wird, wie es gelingt, an den Stärken aller Kinder, aller Kinder der Gesellschaft anzusetzen,
auch der Kinder, die hier unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Es geht darum, im Bildungsprozess die Talente der Kinder zu erkennen und zu fördern, sie zu entwickeln. Bildungsprozesse sind interaktive Prozesse,
die in der Schule durch intelligenten Unterricht und in der Freizeit durch anregungsreiche Beschäftigung gefördert werden.
Bildungsprozesse sollten so organisiert und inhaltlich geführt werden, dass also Defizite, wie wir sie ja hier haben in der Gesellschaft, gar nicht erst entstehen.
Das Bildungspaket knüpft an die familiäre Situation der Kinder, also ihrer Eltern an und führt zur Ausgliederung sozial benachteiligter lernschwacher Kinder.
Die Alternative heißt ganz klar: weg von der defizitorientierten Einzelmaßnahme
hin zu einem leistungsstarken Netz aus Schul- und Freizeiteinrichtungen, das Eltern einbindet und Eltern und Kinder zu Partnern macht.
Die gestrige Runde bei Bundesministerin von der Leyen hat das Scheitern des sogenannten Bildungs- und Teilhabepaketes,
welches seinen Namen nicht verdient, bestätigt. Sie haben mir jetzt zugehört,
Sie können den Pressespiegel nehmen, Sie können das, was ich Ihnen gesagt habe, im Detail dort nachlesen. Machen Sie das und stimmen Sie diesem Gesetzentwurf nicht zu! – Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit Datum vom 23. März hat uns die Landesregierung den Entwurf des Mantelgesetzes vorgelegt, zu dem der Minister soeben gesprochen hat. Artikel 1 enthält das Gesetz über das Klinische Krebsregister MecklenburgVorpommern, hierauf richtet sich auch Ziffer 1 des Ihnen vorliegenden Änderungsantrages meiner Fraktion. Artikel 3 des Mantelgesetzes beinhaltet Normen zur Änderung des Heilberufsgesetzes und auf diesen Artikel bezieht sich die Ziffer 2 des Ihnen vorliegenden Änderungsantrages meiner Fraktion.
Lassen Sie mich zum Artikel 1 des Mantelgesetzes, also zum Klinischen Krebsregistergesetz, kurz Stellung neh
men. Die Koalitionsfraktionen sahen sich aufgrund massiver Einwände im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf gezwungen, umfangreich nachzubessern, wobei die wesentlichste Änderung in der zusätzlichen Einrichtung einer Treuhandstelle zur Anonymisierung der Daten besteht.
Unklar bleibt nach dem Gesetzentwurf, wo, also bei welcher Institution dieses Krebsregister angesiedelt werden soll. Insofern dient der neue Absatz 4 im Artikel 1 des Gesetzentwurfes einer gewissen Präzisierung, aber eben nur einer gewissen, denn er ermächtigt das Ministerium für Gesundheit und Soziales, im Einvernehmen mit den bei den Krankenhäusern des Landes geführten regionalen Klinischen Krebsregistern, mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung sowie der Landeskrankenhausgesellschaft (Beteiligte) durch Rechtsverordnung die Einrichtung zu bestimmen und die Aufgaben festzulegen.
Im Entwurf der Landesregierung war ursprünglich lediglich vorgesehen, die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen in die Entscheidung einzubinden. Die Koalition hat diesen Kreis nun um die Kassenärztliche Vereinigung und die Landeskrankenhausgesellschaft erweitert. Nicht berücksichtigt bleibt, aus welchen Gründen auch immer, die Ärztekammer des Landes.
Meine Fraktion beantragt deshalb ergänzend die Aufnahme der Ärztekammer, die ebenfalls zu den Beteiligten – ein Begriff, den wir aus der Krankenhausplanung kennen – gehört und maßgeblich für die Qualität der gesundheitlichen Versorgung im Land Verantwortung trägt.
Mit Ziffer 2 unseres Antrages bezieht sich meine Fraktion auf beabsichtigte Änderungen des Heilberufsgesetzes. Meine Fraktion plädiert für die Beibehaltung der bisherigen Regelungen und beantragt, den neu eingefügten Paragrafen zu streichen.
Worum geht es? Nach bisheriger Rechtslage wacht die Ärztekammer als öffentlich-rechtliche Einrichtung der ärztlichen Selbstverwaltung über die Qualität der fachärztlichen Weiterbildung des medizinischen Nachwuchses im Land.
Die Ärztekammer ermächtigt zu diesem Zweck Einrichtungen des Gesundheitswesens zur fachärztlichen Weiterbildung, also zum einen Einrichtungen. Daneben ermächtigt die Ärztekammer nach entsprechender Antragstellung durch Fachärzte eben diese zur Weiterbildung. Hierbei wird deren personale sowie fachliche Eignung zur Weiterbildung festgestellt. Überdies stimmt die Ärztekammer die Weiterbildungsinhalte ab und garantiert somit in allen Einrichtungen des Landes, also in allen, wo Ärzte tätig sind, eine gleichwertige Facharztausbildung.
Das soll sich nun ändern.
Die Koalitionäre aus SPD und CDU wollen per Gesetz dieses Recht an die Universitäten des Landes übertragen. Das ist zunächst nicht zu beanstanden, schließlich sind die Universitäten bedeutsame öffentlich-rechtliche Ausbildungsstätten. Fraglich allerdings ist, ob jeder Hochschullehrer im Bereich der Medizin qua Amt ein geeigneter Weiterbildner ist. Es sei erinnert: Universitätsprofessoren, auch im Bereich der Medizin, werden aufgrund herausgehobener Leistungen in Forschung und Lehre, oft auf einem sehr speziellen Fachgebiet berufen. Sie sind Wissenschaftler, die nicht unbedingt medizinisch praktisch tätig sein müssen.
Hinzu kommt, dass eine Einrichtung, die als Weiterbildungseinrichtung ermächtigt wurde, nicht über alle Fachdisziplinen unter ihrem Dach verfügen muss. Das betrifft auch die Universitäten. Die Konkretisierung der Institutsbefugnis einer Weiterbildungseinrichtung für ein bestimmtes Fach vollzieht sich viel mehr über die personelle Ermächtigung für den konkreten Facharzt, ob nun Professor oder Oberarzt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ist jeder Professor der Universität qua Amt ein guter Weiterbildender? Die meisten Professoren unserer Universitäten haben sich dem Antragsverfahren gestellt und verfügen über die Weiterbildungsermächtigung. Sie wollen weiterbilden, haben das beantragt, haben dann also diese Ermächtigung erhalten. Nur einige wenige Universitätsprofessoren verfügen eben nicht über diese Weiterbildungsermächtigung. Muss man deshalb ein Gesetz ändern, noch dazu bundesweit als erstes Land? Diese Frage muss einfach erlaubt sein, denn auch bei großen privaten Kliniken sind Professoren, hoch qualifizierte Chefärzte tätig. Warum dürfen die dann eigentlich nicht qua Amt Weiterbildungsbefugte sein?
Ja, verehrte Abgeordnete, wo will man die Grenze ziehen, wenn es um die Auflösung der Kompetenz der Ärztekammer, also der öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltung geht?
Mit dem Entwurf der Koalitionsfraktionen beginnt der Einstieg in die Aushebelung der öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltung Ärztekammer.
Wir sollten im Interesse der Qualität der gesundheitlichen Versorgung
an der unabhängigen Bündelung der Weiterbildungsverantwortung bei der öffentlich-rechtlichen Ärztekammer festhalten. Bisher sind die Regeln der Weiterbildung klar.
Diese garantierten in der Vergangenheit eine hohe Qualität des fachärztlichen Nachwuchses. Nicht jeder Professor, nicht jeder Chefarzt ist qua Amt ein geeigneter Weiterbildner. Darüber zu befinden sollte deshalb auch
künftig die originäre Aufgabe der öffentlich-rechtlichen ärztlichen Selbstverwaltung, also der Ärztekammer bleiben. Wir brauchen die Ärztekammer mit all ihren Befugnissen. Die Aushebelung dieses Rechts wird auch nicht versüßt, also eher wird es verschlimmbessert, nämlich durch Hinweise auf das Verwaltungsverfahren.
Zur Erinnerung: Die Berufung zum Hochschullehrer ist ein klassischer Verwaltungsakt gemäß Paragraf 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, der nur von der nach Paragraf 3 zuständigen Behörde zurückgenommen werden kann. Den Widerruf will ich hier an dieser Stelle gar nicht thematisieren.
Also es steht die Frage im Raum, die von den Koalitionsfraktionen im Ausschuss nicht beantwortet werden konnte: Ist die Ärztekammer in diesem Verwaltungsakt „Berufung zum Universitätsprofessor“ überhaupt zuständige Behörde, kann sie hier eingreifen und zum Beispiel diesen Verwaltungsakt zurücknehmen oder widerrufen, falls ein Professor, was ja vorkommen kann, als Weiterbildner ungeeignet sein sollte und man ihm also diese Weiterbildungsbefugnis entziehen möchte? Das ist natürlich Rechtstechnik, die aber nicht ohne Konsequenzen für die Qualität des fachärztlichen Nachwuchses ist. Und ich bin gespannt, wie bei einer Rechtmäßigkeitsprüfung diese Norm beurteilt wird.
Lassen Sie mich noch etwas zur Begründung des Gesetzentwurfes sagen: Bürokratieabbau.
Klingt gut, klingt immer gut. Bürokratie aber, fragen wir uns mal: Was ist das eigentlich? Es ist ein umgangssprachlich negativ besetzter Begriff für Verwaltungshandeln. Und im Gesundheitswesen, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, werden jährlich 170 Milliarden Euro an Versichertenbeiträgen umgesetzt.
Insgesamt werden im Gesundheitswesen jährlich insgesamt 250 Milliarden Euro umgesetzt. Und da gibt es, wie es so schön neudeutsch heißt, eine Menge Payer, das sind die, die zahlen, aber auch eine Menge Player, das sind nämlich die, die daran ein großes Interesse haben, auch manche Regel, manches Gesetz aufzuheben.
Und da muss klar sein: Die Versicherten und vor allem die Patienten, ja, die Geldgeber, haben ein Recht darauf, dass ihre Gelder optimal zur Versorgung eingesetzt werden,
dass die öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungen erhalten bleiben.
Und dafür, wie gesagt, gibt es Regeln, dafür gibt es Institutionen, auch die Ärztekammer. Diese Regelungen sind umso detaillierter, je größer die Diskrepanz zwischen bestimmten Einzelinteressen, wie zum Beispiel großen privaten Krankenhäusern, die ja Gewinne erwirtschaften wollen,
und eben dem Beitragszahler, also eben dem Gemeinwohl, das heißt also, den Interessen der Versicherten ist.
Also wir sollten Regeln, Verwaltungsverfahren nicht un differenziert als Bürokratie geißeln.
Im Falle der Ermächtigung zur fachärztlichen Weiterbildung ist der Verwaltungsaufwand im Übrigen außerordentlich verkraftbar und sehr gerechtfertigt und fast alle Professoren des Landes haben sich diesem Antragsverfahren gestellt. Sie haben auch die Ermächtigung erhalten. Also wir sollten nicht Regeln außer Kraft setzen, die in der Perspektive die Qualität der flächendeckenden medizinischen Gesundheitsversorgung gefährden.
Meine Fraktion unterstützt die ärztliche Selbstverwaltung. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag und beantragen die namentliche Abstimmung zu Punkt 2 unseres Antrages. – Danke.
Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Also wir wollen einfach noch einmal feststellen: Herr Heydorn hat hier ein paar kräftige Begriffe in den Raum geworfen. Er spricht von Rücknahme und Widerruf. Das sind technische Begriffe aus dem Verwaltungsrecht. Ich kann nur etwas zurücknehmen oder widerrufen, wenn ich es erteilt habe. Und solange die Ärztekammer nichts erteilt, kann sie auch nichts zurückrufen. Deshalb also die etwas drastischere Formulierung, dass der Bildungsminister den Verwaltungsakt erlässt, also sprich, den ordentlichen Professor beruft, ihm die Urkunde in die Hand gibt, und da kann nicht der Präsident der Ärztekammer kommen und sagen, ich nehme dir sie wieder weg. Wissen Sie, das ist so, als würde ich zur Kindergeldstelle gehen, das ist auch eine Behörde, und würde sagen, geben Sie mir mal eine Kfz-Zulassung. Also das ist genauso unsinnig.
So, und jetzt noch etwas anderes. Die Ermächtigung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit, geklärt in allen Ländern, in allen Ärztekammern. Und wir wollen eben nicht das Gesetz öffnen, damit nicht heute die Universität, morgen ist es dann vielleicht die HELIOS-Klinik, kommt und sagt, meine Professoren sind auch gebildet. Wir wollen das nicht öffnen, wir wollen es gebündelt lassen in der Hand der Ärztekammer,
damit hier staatliche Verantwortung im Interesse der öffentlichen Daseinsvorsorge herrscht. Sie haben ja das Stichwort schon gebracht. Sie haben gesagt, wir haben Ärztemangel im Land, klar, und morgen wird man sagen, oh, der Ärztemangel ist so groß. Jetzt müssen wir aber mal schnell, hopplahopp, nicht in sechs Jahren den Facharzt weiterbilden, sondern es reichen auch zwei Jahre, nicht in einer umfassenden Form, wir kennen das doch.
Ich schäme mich überhaupt nicht, genau. Und weil ich mal Sozialministerin war und das Gesundheitswesen kenne,
deshalb sage ich ganz klar, Herr Glawe,
der Ausstieg aus der öffentlich-rechtlichen Verwaltung
wurde mit dem Gesundheitsfonds eingeleitet.
Da wurden die Kassen entmachtet. Heute zahlen wir 8 Euro, vielleicht in der Perspektive 60 Euro Zusatzbeitrag.
Diesen Weg der Aufhebung von bewährten sozialen Gesetzen wollen wir nicht.
Und deshalb lehnen wir das ab, das sage ich ganz klar, weil wir hier nicht Tür und Tor öffnen wollen für private Interessen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Nicht alles im Gesundheitswesen rechnet sich. Die Kinderheilkunde ist ein monetäres Verlustgeschäft im Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern, das nach der selbst gestellten Verpflichtung der Koalitionäre zum kinderfreundlichsten Land entwickelt werden soll.
Es darf aus dem monetären Verlustgeschäft jedoch kein kinderpolitisches Verlustgeschäft werden.
Meine Fraktion unterstützt das Anliegen dieses Antrages und auch das Anliegen der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Anklam. Deshalb sind mein Abgeordnetenkollege Herr Ritter und auch ich seit Jahren in dieser Angelegenheit unterwegs. Ich muss schon sagen, den Antragstellern wäre zu wünschen gewesen, sie hätten ihre parteipolitischen Scheuklappen ein wenig zur Seite geschoben und im Vorfeld sich um eine größere Breite für das Anliegen dieses Antrages eingesetzt.
Verehrte Abgeordnete, die Kinderstation in Anklam am AMEOS-Klinikum Anklam-Ueckermünde atmet den Geist des im Jahr 2004 erarbeiteten und immer noch aktuellen Krankenhausplanes. Die Kinderstation in Anklam ist tatsächlich Ausdruck der Planungsgrundsätze des Landeskrankenhausgesetzes Mecklenburg-Vorpommern, von dem sich gestern die Mehrheit auf Antrag der Landesregierung, auf Antrag des Sozialministeriums in diesem Haus hier verabschiedet hat. Diese Planungsgrundsätze waren Gesetz und sie waren darauf gerichtet, gerade beim Auftreten von Problemen einvernehmliche, trägerübergreifende Lösungen aller an der Krankenhausplanung Beteiligten zu finden.
2004, die Frau Ministerin hat darauf bereits Bezug genommen, war die Beteiligtenrunde der Krankenhausplanung, war die Landrätin Frau Dr. Syrbe, war auch ich damals als Sozialministerin mit dem Antrag des Trägers konfrontiert, die Pädiatrie in Anklam aus wirtschaftlichen Gründen zu schließen. Gemeinsam mit den Abgeordneten vor Ort – und ich will besonders an dieser Stelle den ehemaligen Abgeordneten Herrn Riemann nennen – war auch ich der Auffassung, dass bei Beachtung der Möglichkeiten des Trägers eine Schließung der Kinderstation weder gesundheits- noch sozialpolitisch vertretbar ist. Es gab langwierige – und ich habe da auch noch mal nachgelesen –, von den Medien unheimlich intensiv begleitete Verhandlungen, die alle ein bisschen parteipolitisch dominiert waren, was ich von der heutigen Beschlussfassung nicht hoffe.
In deren Ergebnis entstand dann dieser Kooperationsvertrag zwischen der Kinderheilkunde an der ErnstMoritz-Arndt-Universität und dem Krankenhaus Anklam. Insbesondere Professor Fusch, der damalige Ärztliche Direktor der Universitätsmedizin in Greifswald, hatte für die medizinische Versorgung in unserem außerordentlich dünn besiedelten Flächenland, gerade eben im Osten des Landes, immer wieder sehr kreative und gut umsetzbare Vorschläge. Ich erinnere in diesem Zusammenhang unter anderem auch an das Zusammengehen des Krankenhauses Wolgast mit der Universität Greifswald. Auch
dieses Projekt war 2004 im Rahmen der Krankenhausplanung als Kind aller Beteiligten geboren worden.
Gut, zurück zu Anklam: Der Kern der Vereinbarung zwischen der Universität Greifswald und Anklam bestand darin,
die Abteilung Gynäkologie/Geburtshilfe am Krankenhaus Anklam zu belassen und die Pädiatrie am Anklamer Krankenhaus fachärztlich in die Verantwortung der Universitätsmedizin zu geben, das Unterhalten der Station einschließlich der pflegerischen Versorgung aber in der Verantwortung des Krankenhauses zu belassen. Das war durchaus eine Neuerung. Dieses Vorgehen ist auch ein bisschen ungewöhnlich, aber dadurch wurde einerseits das fachärztliche Know-how der Universitätsmedizin genutzt, andererseits die kinderärztliche Betreuung vor Ort erhalten. Es ging uns allen darum, eine Lösung für die kinderärztliche Versorgung zu finden, immerhin in einer Region, wo über 70 Prozent der dort versorgten Kinder aus Familien kommen, deren Eltern Hartz-IVLeistungsbezieher sind. Und ich denke, auch das ist eine Verpflichtung, sie wohnortnah zu versorgen.
Nun gibt es inzwischen immer wieder Diskussionen. Wir haben es heute in den Beiträgen schon gehört, dass diese damals gefundene Übereinkunft gefährdet sei. Es gibt Kleine Anfragen meines Kollegen Ritter und auch von mir. In der letzten von mir gestellten Anfrage antwortet die Landesregierung am 13.05.2011: „Die Vertragspartner haben unter anderem in der Sitzung des Kreistages Ostvorpommern am 11.04.2011 erklärt, dass der Kooperationsvertrag über das Jahr 2011 fortgeführt wird.“ Das haben wir heute auch schon gehört.
Ich habe mich informiert, die Aussage ist zutreffend. Weiter heißt es: „Insoweit sieht die Landesregierung derzeit keinen weiteren Handlungsbedarf.“
Diesen Teil der Antwort erachte ich als problematisch.
Er ist sehr offen formuliert, schon weil die Landesregierung die Fragen der stationären Versorgung in den vergangenen fünf Jahren doch sehr lax gehandhabt hat. Es wurden zum Teil sehr nach Gutsherrenart Krankenhäuser zugelassen. Ich erinnere an die Ausschussdrucksache 5/536, da wird auf einige Details eingegangen. Insofern, denke ich, ist die hier in Rede stehende Vereinbarung, die vorerst bis zum 31.12.2011 gilt, bisher nicht fortgeschrieben worden. Das müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen.
Es kann zum Beispiel sein, dass von den Kassen der Versorgungsvertrag aufgekündigt wird, dass man hier nicht bereit ist, im Rahmen dieses Vertrages die Versorgung fortzuschreiben. Die Kassen könnten also den Versorgungsvertrag aufkündigen. Die Landesregierung könnte darauf verweisen, dass in der Nähe von Anklam, das war auch heute den Ausführungen der Ministerin zu entnehmen, andere große Krankenhäuser sind. Wir haben die Verwaltungsmodernisierung vor der Tür stehen und
wissen nicht, wie das Verfassungsgericht endgültig entscheidet. Und dann hat der Großkreis ja doch eine Vielzahl von Krankenhäusern, wo durchaus gesagt werden könnte, so, wie wir es heute gehört haben, im Durchschnitt ist die kinderärztliche Versorgung gesichert. Aber Sie kennen ja die Sache mit dem Durchschnitt, ich will das auch nicht weiter erläutern.
Wie gesagt, die Situation der Elternhäuser
der dort behandelten Kinder …
Herr Nieszery, ja, das können Sie sich gern anhören.
Das ist weder sentimental noch …
Ja, das finde ich sehr gut. Ich stehe zu meinen Vereinbarungen, auch zu denen, die wir 2004 und 2005 geschlossen haben.
Weil ich zu dieser Vereinbarung stehe,
weil auch mein Abgeordnetenkollege Ritter
zu dieser Vereinbarung steht,
haben wir ein Interesse daran, so, wie es im Antrag formuliert ist,
dass diese weitergeht. Denn, ich möchte es noch mal sagen, Eltern von Kindern in
dieser sozialen Situation sind lange Wege zum Krankenhaus nicht zumutbar.
Kinderärzte sind Mediziner, die auch eine große sozialpolitische Verantwortung haben. Dr. Seidel, der Chefarzt der Kinderklinik, arbeitet sehr eng mit den ortsansässigen niedergelassenen Kinderärztinnen zusammen. Es gibt in Anklam zwei Kinderärztinnen.
Das ist eine Zusammenarbeit, die vor allem im Interesse der Kinder gestaltet ist. Darum sollte es auch gehen.
Der Antrag sieht vor – und darauf beziehe ich mich jetzt –, dass die Landesregierung sich dafür einsetzen
soll, die kinderärztliche Betreuung in Anklam über den 31.12.2011 hinweg fortzusetzen, sei es im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung, also einer Verlängerung der Vereinbarung, oder eben auf andere Weise. Dieser Auftrag, kinderärztliche Versorgung in Anklam sicherzustellen, ist Anliegen des Antrages, den ich unterstütze, was auch die vielen Kleinen Anfragen meines Kollegen Ritter, der heute leider nicht zugegen sein kann und sonst in dieser Angelegenheit auch sehr gern gesprochen hätte, und von mir zeigen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der in Rede stehende Tagesordnungspunkt wird immer wieder in den Medien reflektiert. Lassen Sie mich deshalb den feinen Unterschied zwischen den Auffassungen meiner Fraktion und der Sozialministerin benennen: Wir verstehen diese Politik, aber wir haben für diese Politik kein Verständnis. Wir reden nicht über ein „Wünsch dir was“ einer Ministerin in ferner Zukunft,
sondern über das Hier und Heute, niedergelegt in der Drucksache 5/6967.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, die Verantwortung für die Krankenhausversorgung ist laut Bundesgesetz und gemäß bisherigem Landesgesetz eine staatliche Aufgabe, gerichtet auf eine bedarfsgerechte, wohnortnahe und damit flächendeckende stationäre medizinische Versorgung der Bevölkerung. Sie entzieht sich damit weitestgehend den Regelmechanismen,
wie diese in der Wirtschaft durch Angebot und Nachfrage sowie Gewinnmaximierung gelten. Ausgehend vom Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes hat sich Mecklenburg-Vorpommern als Land, haben sich die Kommunen und die Krankenhäuser des Landes in der Vergangenheit dieser Aufgabe gestellt. Der zum 01.01.2005 in Kraft gesetzte und immerhin noch geltende Krankenhausplan folgt dieser Logik. Für Frau Sozialministerin Schwesig soll sich das nun ändern, sie will die Krankenhausplanung modernisieren und die Krankenhausfinanzierung entbürokratisieren.
Modernisieren, Entbürokratisieren, das sind große Worte, Herr Nieszery,
sie klingen für die SPD außerordentlich zeitgemäß.
Eigentlich fehlt nur noch die Wortgruppe „Eigenverantwortung stärken“, dann wäre die Trias der Deregulierung und Liberalisierung komplett, eine Trias, die im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts mit Steuersenkungen für Vermögende und der Umsetzung der Agenda 2010 durch Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder, die Minister a. D. Clement, Schmidt, Fischer und die anderen noch aktiven Abbauakteure des Sozialstaates Einzug gehalten hat.
Im Rahmen der Anhörungsverfahren wurde deutlich,
dass sich bei Umsetzung dieses Gesetzes das flächendeckende Netz der Krankenhäuser als Zentren einer bedarfsgerechten, wohnortnahen Versorgung langfristig und dauerhaft zum Nachteil der hier lebenden Bevölkerung verändern wird. Lassen Sie mich das allein an drei Punkten aus der Anhörung begründen.
Punkt eins: Interessant ist, dass sich alle Anzuhörenden bei sehr divergierenden Eigeninteressen für den Erhalt der Planungsgrundsätze des geltenden Gesetzes ausgesprochen haben und damit die Rahmenplanung, so, wie sie nun eingeführt werden soll, abgelehnt haben. Die Planungsgrundsätze des bisherigen Gesetzes basierten auf ganz normalen Managementprinzipien, nämlich Bestandsanalyse, Bedarfsprognose und daraus abgeleiteten Planmaßnahmen, aber eben durchgeführt in staatlicher Kontrolle. Natürlich gehörten zu einem ordentlichen Planverfahren auch regelmäßige Anpassungen. Sonst würde ja dieser Plan, der gegenwärtig gilt, nicht schon das siebte Jahr in Kraft sein. Es wird also die, ja, ich sage mal, Akteure des Gesundheitswesens ungeheuer verblüffen, wenn sie hören, dass in den letzten beiden Jahren in den harten Wintern Brüche nicht behandelt werden konnten, weil der Plan nicht rechtzeitig angepasst werden konnte. Also bereiten Sie sich vielleicht schon mal auf die Kleine Anfrage dazu vor.
Gut, also die Planungsgrundsätze waren bisher gesetzlich vorgegeben, um den staatlichen Auftrag einer bedarfsgerechten Versorgung sicherzustellen und Disproportionen im Land bei der Krankenhausversorgung zu verhindern. Die gesetzlichen Krankenkassen, die Krankenhausgesellschaft und andere Anzuhörende verweisen zu Recht darauf, dass die gegenwärtige flächendeckende, bedarfsgerechte, wohnortnahe Krankenhausversorgung in Mecklenburg-Vorpommern gerade eben das Ergebnis dieser Art der Planung ist, wie sie im geltenden Gesetz im Paragrafen 24 Absatz 1 vorgeschrieben ist, die entgegen der Auffassung der Ministerin, wie wir es eben noch mal gehört haben, von den Anzuhörenden weder als bürokratisch noch als überholt gelten.