Protocol of the Session on December 17, 2008

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 57. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet.

Die vorläufige Tagesordnung der 57., 58. und 59. Sitzung liegt Ihnen vor. Folgende Änderungen hierzu sind in der heutigen Ältestenratssitzung vereinbart worden: Der Tagesordnungspunkt 8 wird nach dem Tagesordnungspunkt 11 sowie der Tagesordnungspunkt 12 nach dem Tagesordnungspunkt 7 aufgerufen. Weiterhin ist vereinbart worden, den Tagesordnungspunkt 18 nach Tagesordnungspunkt 24 sowie den Tagesordnungspunkt 25 nach Tagesordnungspunkt 17 aufzurufen. Auf Wunsch der Antragsteller entfällt die Beratung der Tagesordnungspunkte 16 und 29 in der Dezembersitzung des Landtages. Meine Damen und Herren, ich denke, dass eine neue Vorlage dann genau Auskunft darüber gibt, wie die Tagesordnungspunkte folgen. Wird der Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 57., 58. und 59. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, die Präsidentin des Landtages Frau Bretschneider hat mich gebeten mitzuteilen, dass im Nachgang zur 56. Sitzung des Landtages am 20. November 2008 dem Abgeordneten Herrn Dr. Körner gemäß Paragraf 97 Abs atz 2 der Geschäftsordnung aufgrund seiner Äußerung im Rahmen der Beratung zum Tagesordnungspunkt 29 ein Ordnungsruf erteilt wird.

Meine Damen und Herren, nach Paragraf 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die 57., 58. und 59. Sitzung den Abgeordneten Udo Timm zum stellvertretenden Schriftführer.

Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der SPD hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Wirtschaft stärken – Investitionen sichern, 10-Punkte-Programm der Landesregierung für Wirtschaft und Kommunen“ beantragt.

Aktuelle Stunde Wirtschaft stärken – Investitionen sichern 10-Punkte-Programm der Landesregierung für Wirtschaft und Kommunen

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Tagen vor Weihnachten wird die Vorfreude auf die Feiertage bei vielen Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes erheblich getrübt, wenn sie an das Jahr 2009 denken. Eine Katastrophenmeldung jagt die andere. Ich möchte mich auf zwei beschränken:

Auch wenn sich die Zahlen tagtäglich verändern, muss man im Jahr 2009 davon ausgehen, dass das Bruttoinlandsprodukt seit vielen Jahren nicht wachsen, sondern sich reduzieren wird. Prognosen gehen davon aus, dass wir von minus 1,5 oder sogar minus 2 Prozent ausgehen müssen.

Die zweite Katastrophenmeldung ist verbunden mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Deutschland bis auf etwa vier Millionen. Das wäre ein Zuwachs von 25 Prozent innerhalb kürzester Zeit. Es wäre zu hoffen, dass sich diese Katastrophenmeldung so nicht bestätigt. Aber es wäre geradezu fahrlässig, wenn die Politik nicht diese Gefahren zur Kenntnis nimmt und entsprechend versucht zu reagieren. Die Politik ist hier zum Handeln aufgefordert und sie handelt.

Ich habe allerdings schon am 22. Oktober im Zusammenhang mit der Finanzkrise an dieser Stelle deutlich gemacht, dass zu diesem Handeln auch zwingend ein Konjunkturprogramm gehört, und zwar zu einem Zeitpunkt, ich kann mich erinnern, im September, da durfte man diesen Begriff noch gar nicht in den Mund nehmen. Am 22. Oktober konnte man zumindest schon einmal praktisch laut darüber nachdenken. Inzwischen ist es, und das sehe ich durchaus positiv, allgemeiner Wortgebrauch aller politischen Parteien, die hier im Land Verantwortung tragen. Und das ist auch gut so. Ich habe am 22. Oktober deutlich gemacht, dass so ein antizyklisches Konjunkturprogramm vor allen Dingen zwei Ziele verfolgen muss: Erstens geht es um die Stärkung der Investitionskräfte im Land und zweitens um die Stärkung der Binnennachfrage.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, ist inzwischen auch bekannt, dass am 05.12. die Bundesregierung – ich betone die entsprechende Pressemeldung von heute Morgen – ihr erstes Konjunkturpaket und die Landesregierung am 09.12.2008 ihr Programm „Wachstum stärken – Investitionen sichern“ verabschiedet haben. Das heißt, die Politik handelt bereits, und zwar nicht nur in den USA, nicht nur in Europa, sondern in Deutschland und somit auch in Mecklenburg-Vorpommern. Und bei diesem Thema ist unsere Landesregierung und somit unser Land gut aufgestellt.

(Udo Pastörs, NPD: Witzbold!)

Denn, meine Damen und Herren, wenn es um Grundregeln für ein erfolgreiches antizyklisches Konjunkturhandeln geht, dann muss man im Wesentlichen von vier Prämissen ausgehen:

1. Konjunkturprogramme, wenn sie erfolgreich sein sollen, müssen schnell greifen. Sie müssen schnell auf die Tagesordnung gesetzt, beschlossen und auch umgesetzt werden.

2. Zielgenau heißt, für den größten Effekt innerhalb kürzester Zeit zur Sicherung von Arbeitsplätzen.

3. Sie müssen zeitlich befristet sein, weil ansonsten natürlich die notwendigen Konsolidierungsziele des Staates zum Herabfahren und zur Eindämmung der Neuverschuldung gefährdet wären.

4. Sie müssen massiv sein. Nun ist der Begriff „massiv“ sicherlich dehnbar, aber ich meine damit sicherlich mehr als nur einige wenige Millionen. Wir haben uns hier inzwischen auch an Milliardenbeträge, zumindest im nationalen Maßstab, gewöhnen müssen.

Von diesen Prämissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist meine Einschätzung, ist unsere Landesregierung zumindest in drei Punkten sehr erfolgreich mit ihrem Programm am 9. Dezember 2008 in die Offensive gegangen:

Erstens. Meine Damen und Herren, wir sind eines der ersten Bundesländer überhaupt, das mit flankierenden

Maßnahmen eines Landes das Bundesprogramm hier erfolgreich unterstützt. Das hat in diesem Falle Bayern angefangen beziehungsweise Rheinland-Pfalz und auch Berlin, aber wir gehören zu den Ersten überhaupt. Und so mancher hier im Raum hat uns das zumindest in der letzten Novemberlandtagssitzung nicht unbedingt zugetraut, dass wir das Anfang Dezember, und der 9. Dezember ist für mich noch Anfang Dezember, bereits verabschieden werden.

Zweitens. Größtmögliche Effekte zur Arbeitsplatzsicherung.

Ich gehe davon aus, dass dieses 10-Punkte-Programm hier voll greifen wird. Welche Wirkung Einzelmaßnahmen dann bewirken werden, das werden wir sicherlich sehr aufmerksam beobachten müssen, um sie gegebenenfalls entsprechend zu korrigieren.

Drittens. Was die Befristung betrifft, auch wenn es nicht ganz so deutlich wird, glaube ich schon, dass sich dieses Programm in erster Linie auf die Jahre 2009 und 2010 konzentrieren wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus diesem 10-Punkte-Programm möchte ich, da bereits vieles in den Medien und auch in der Presse veröffentlicht wurde, nur drei Schwerpunkte herausgreifen. Für mich oder für unsere Fraktion gilt vor allen Dingen Folgendes:

Erstens. Die Kommunen sind und müssen Lokomotiven der Konjunktur sein und bleiben.

(Udo Pastörs, NPD: Die sind pleite, die Kommunen.)

Dazu gehört, dass die Kommunen, die immerhin zwei Drittel aller öffentlichen Investitionen finanzieren, in der jetzigen Situation entsprechend unterstützt werden. Alle Kommunen werden grundsätzlich über die neuen und besseren Konditionen der KfW-Darlehensprogramme unterstützt. Sie werden vor allen Dingen auch durch ein 10-Millionen-Sonderprogramm unterstützt, das insbesondere den Kommunen helfen wird, die nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, bestehende und angebotene Bundes- und Landesprogramme kozufinanzieren. Hier gilt es, dieses Instrument sehr schnell und unbürokratisch zum Tragen zu bringen.

Ein zweiter Schwerpunkt ist das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, auch bekannt als Investitionspakt zur energetischen Modernisierung der kommunalen Infrastruktur. Hier wird mit 13 Millionen Euro verstärkt. Das ist nicht nur gut für Arbeitsplätze, für Investitionen, das ist auch sehr gut und sehr wichtig für die Verbesserung der Energieeffizienz, weil damit natürlich entsprechende Möglichkeiten zur Einsparung von Energiekosten bestehen.

Ein dritter Punkt, das sage ich als Finanzpolitiker, damit kann ich gut leben, ist das Vorziehen von Maßnahmen. 35 Millionen Euro werden vorgezogen, um Hochbaumaßnahmen, die bereits geplant sind und relativ kurzfristig auch umgesetzt werden können, auf den Weg zu bringen. Das ist eine sehr sinnvolle Maßnahme. Gerade da kann man sicherlich auch im Interesse der Bauwirtschaft davon ausgehen, dass wir eine Auftragslage für 2009 stabilisieren können, die letztendlich auch Arbeitsplätze sichert.

Ich möchte einen vierten Punkt hinzufügen und gebe zu, der gehört nicht zum 10-Punkte-Programm. Die Finanzpolitiker, insbesondere die Finanzministerin, waren

bestimmt nicht allzu begeistert über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Aber man kann es drehen und wenden, wie man will, die Tatsache, dass wir circa 60 bis 70 Millionen Euro Pendlerpauschale zurückzahlen müssen, so formuliere ich es mal, die stärkt natürlich die Binnennachfrage genauso wie die günstigen oder niedrigen Spritpreise der heutigen Zeit.

(Udo Pastörs, NPD: Geben Sie doch 100 Millionen, das stärkt dann noch mehr die Binnennachfrage.)

Ich möchte, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Blick aber heute nach vorn richten und die Frage stellen: Wie weiter? Ich sagte es schon, wir müssen sehr aufmerksam in den nächsten Wochen, also gleich am Anfang des neuen Jahres, die Landesmaßnahmen bilanzieren. Sie müssen überprüft werden, ob sie wirklich so greifen, wie wir uns das vorstellen. Wenn wir feststellen sollten, dass einzelne Bausteine nicht sofort greifen, bin ich der Meinung, muss möglichst schnell umgesteuert werden und das Finanzvolumen muss schnellstmöglich zum Tragen kommen.

Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wir uns als Land, davon bin ich überzeugt, natürlich auch an dem Konjunkturpaket II beteiligen müssen. Das ist von der Bundesregierung bereits angekündigt worden und wird momentan von der Bundeskanzlerin mit etwa 20 Milliarden Euro quantifiziert. Wir sollten und müssen uns darauf vorbereiten, auch dort wieder mit begleitenden Maßnahmen einzusteigen, insbesondere um besondere Kofinanzierungsanteile zu realisieren.

(Udo Pastörs, NPD: Wovon wollen Sie denn das bezahlen?)

Ein eigenes Landeskonjunkturprogramm hält unsere Fraktion nach wie vor für nicht zielführend. Viel besser und sachgerechter ist es, sich an dem angekündigten zweiten Konjunkturpaket der Bundesregierung adäquat zu beteiligen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte zum Schluss natürlich auch noch einmal Erwartungen an die Bundesregierung richten, wenn ich heute schon einmal die Möglichkeit dazu habe. Dieses Konjunkturpaket, was in den Medien diskutiert wird, aus vielen Bausteinen bestehend, müsste aus meiner Sicht vier Punkte enthalten. Die wurden ja schon in der öffentlichen Debatte von dem einen oder anderen ungefragt jeden Tag in den Raum gesetzt. Man kann sich bei diesen vielen Vorschlägen kaum noch orientieren. Ich möchte mich einmal auf vier konzentrieren:

Erster Punkt. Es ist natürlich ganz klar, wir müssen viel Geld in die Hand nehmen, um in die Infrastruktur zu investieren. Die Verkehrsinfrastruktur steht ganz obenan. Mich stört so ein bisschen, dass das Thema Bahninfrastruktur dabei nicht die Priorität hat, die es meiner Meinung nach haben müsste. Es wird sehr viel über die Straßeninfrastruktur gesprochen. Ich gehe aber davon aus, dass gerade die Bahninfrastruktur auch auf der Tagesordnung stehen muss, zumal sich die Privatisierung, wie ich finde, man kennt vielleicht meine Haltung dazu, ja Gott sei Dank etwas verschiebt oder möglicherweise gar nicht stattfindet. Es ist wichtig, dass man den nötigen Investitionsbedarf bei der Bahn jetzt unbedingt auch offensiv angehen muss.

(Udo Pastörs, NPD: Dann freuen sich die Aktionäre in ein paar Jahren.)

Ein zweiter Punkt sind natürlich die Umwelttechnologien. Die Forschung und Entwicklung von erneuerbaren Energien steht jetzt auf der Tagesordnung, wobei es hier darum geht, dass wir selbstverständlich vor allen Dingen die Investitionen in dem Bereich stärken müssen.

Dritter Punkt, das sind die Investitionen im Gesundheitswesen, Stichwort Krankenhäuser.

Vierter Punkt. Eine deutliche Anhebung der Hartz-IVRegelsätze wäre aus meiner Sicht eine viel bessere Möglichkeit zur Stärkung der Binnennachfrage als die allseits diskutierten Konsumgutscheine.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Hört, hört!)

Danke schön, Herr Borchert.

Das Wort hat jetzt der Ministerpräsident Herr Sellering.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In schwierigen Situationen wie dieser kommt es darauf an, zügig, überlegt und entschlossen zu handeln. Meine Damen und Herren, das hat die Landesregierung getan. Das tut sie mit diesem Maßnahmenpaket,

(Udo Pastörs, NPD: Sehr entschlossen.)

mit dem wir das Konjunkturprogramm des Bundes begleiten und ergänzen.

Meine Damen und Herren, die wirtschaftliche Lage, auch wie sie sich in der Zukunft abzeichnet, ist sehr ernst. Das darf niemand beschönigen. Ich sage aber ganz deutlich, wir dürfen das nicht dramatisieren. Mich macht besorgt, was jetzt Tag für Tag an neuen düsteren Prognosen kommt. Man hat fast den Eindruck, als ob sich die Institute einen Wettlauf liefern, wer die schwärzesten Zahlen sagt. Das ist kaum noch seriös.