Protocol of the Session on July 12, 2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 22. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Fragestunde. Die Fragen an die Landesregierung liegen Ihnen auf Drucksache 5/695(neu) vor.

Fragestunde – Drucksache 5/695(neu) –

Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Innenministers. Hierzu bitte ich zunächst den Abgeordneten Herrn Borrmann, Fraktion der NPD, die Fragen 1 und 2 zu stellen.

1. Bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen in Rostock am 02.06.2007 wurde eine sogenannte Deeskalationsstrategie vonseiten der staatlichen Organe angewandt. Laut einem Polizeipressesprecher war die Duldung des Steinesammelns durch Demonstranten vonseiten der Polizei Teil dieser Deeskalationsstrategie. Nun wurde gemeldet, diese Äußerung sei sachlich falsch gewesen und beruhe auf einem Irrtum des Pressesprechers. Zugleich war zu beobachten, dass Polizeikräfte nicht ausreichend geschützt waren und insbesondere keine Helme und Schutzkleidung trugen. Dies betrifft insbesondere Polizeikräfte, die den Demonstrationszug begleiteten und hier wiederum auch den Bereich des sogenannten schwarzen Blockes.

Welche Personen im Ministerium und bei der Polizei sind verantwortlich für die Duldung der Vorbereitung von schweren Straftaten – unter anderem durch Steinesammeln im Gleisbett und das Aufnehmen ganzer Gehwegteile – bei der Demonstration am 02.06.2007 in Rostock, wenn diese Duldung nicht Teil der Deeskalationsstrategie war?

Herr Abgeordneter Borrmann, die Polizei – und das gilt für die gesamte Polizei – ist gesetzlich verpfl ichtet, alle Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung festzustellen, aus gegebenem Anlass zu ermitteln sowie im Einzelfall alle unaufschiebbaren Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durchzuführen. Darüber hinaus ist sie verpfl ichtet, Straftaten zu verhüten beziehungsweise zu verfolgen. Der gesetzliche Auftrag hierfür ergibt sich aus den Vorschriften des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie aus der Strafprozessordnung. Bei der Begehung beziehungsweise Vorbereitung einzelner Straftaten im Rahmen von ansonsten friedlichen Versammlungen hatte die Polizei in jedem Fall verantwortlich zu prüfen, ob ein sofortiges Einschreiten erforderlich ist oder ob dies im Hinblick auf eine mögliche Eskalation der Lage auch im Interesse der vielen friedlichen Versammlungsteilnehmer auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden muss. Das Gebot der Deeskalation beinhaltet Maßnahmen zur Vermeidung beziehungsweise zur Verminderung von Konfl iktsituationen und schließt keinesfalls das Vorgehen gegen erkannte Straftäter unter Ausschöpfung aller rechtlichen Instrumentarien beziehungsweise die Abwehr drohender Gefahren für Leib und

Leben anwesender Bürger sowie der eingesetzten Polizeibeamten aus.

Herr Minister, Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Ich habe gefragt, welche Personen im Ministerium und bei der Polizei verantwortlich sind für die entsprechenden …

Herr Abgeordneter Borrmann, ich habe …

Einen Moment bitte.

Herr Abgeordneter Borrmann, Sie haben die Möglichkeit, Zusatzfragen zu stellen,

(Heiterkeit bei Stefan Köster, NPD)

aber Sie haben nicht die Möglichkeit, die Äußerungen des Ministers hier zu bewerten.

Dann frage ich noch einmal, Herr Minister, ich wiederhole meine Frage:

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Welche Personen im Ministerium und bei der Polizei sind verantwortlich für die Duldung der Vorbereitung von schweren Straftaten?

Herr Abgeordneter Borrmann, Sie haben offensichtlich meine Antwort nicht verstanden.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Ich habe Ihnen die Aufgabe der Polizei dargelegt, wer an welchem Ort für welche Aufgaben zuständig ist. Und die Polizei ist in allererster Linie für die Deeskalation zuständig, setzt dafür aber auch Mittel der Strafverfolgung ein, wenn Straftaten begangen werden. Insofern ist die Hierarchie und Kette innerhalb der Polizei bekannt und das habe ich hier ausgeführt.

Wer war konkret für die Entscheidung zuständig, dass die Polizei nicht eingreift? Wer hat die entsprechende Weisung des Unterlassens vorgenommen? Welche Person war das?

Herr Borrmann, ich verwahre mich dagegen, dass hier Weisungen ergangen sind, irgendwelche Hilfeleistungen zu unterlassen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

2. Welche Personen im Ministerium und bei der Polizei sind verantwortlich für das Untersagen des Tragens der Spezialschutzkleidung durch die Polizeikräfte?

Im Einsatzbefehl des Polizeiführers der BAO Kavala waren Grundsätze zur Dienstbekleidung und Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes festgelegt. Die konkrete Umsetzung oblag dem jeweiligen Einheitsführer in Abhängigkeit zu seinem Auftrag und der tatsächlichen Lageentwicklung.

Können Sie bitte die Namen der Personen nennen, die dafür verantwortlich sind?

Herr Abgeordneter Borrmann, Sie wissen, dass Personifi zierungen innerhalb öffentlicher Veranstaltungen nicht stattfi nden, und insofern habe ich Ihnen gesagt, dass die Einsatzabschnittsführer in den

jeweiligen Regionen zuständig waren. Die Kolleginnen und Kollegen, die im Innenausschuss anwesend waren, haben im Bericht ausgiebig vorgetragen, wer welchen Einsatzabschnitt besetzt hat. Da Sie nicht im Innenausschuss anwesend waren, können Sie das nicht wissen.

Herr Minister, was haben Sie dazu beigetragen, dass eine derartige Eskalation und eine Gefährdung der Polizei nicht stattfi ndet?

Herr Abgeordneter Borrmann, meine Aufgabe war es, innerhalb der Durchführung des G8-Gipfels drei Ziele sicherzustellen, nämlich den Schutz der Gipfelteilnehmer, die Gewährleistung der ordnungsgemäßen Durchführung der Veranstaltung sowie den Schutz der friedlichen Demonstranten und die Einschränkungen für die Bevölkerung auf ein Mindestmaß zu begrenzen.

(Unruhe bei Udo Pastörs, NPD)

damit die Belastung nicht so hoch war. Das war unsere gemeinsame Aufgabe und die ist von den Behörden, von der Polizei und auch von NIBUK ordnungsgemäß umgesetzt worden.

Ich bitte nun den Abgeordneten Herrn Gino Leonhard von der Fraktion der FDP, die Fragen 3 und 4 zu stellen.

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Innenminister!

3. Seit 1998 können durch den Computerabgleich bei der zentralen DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamtes noch nach Jahren Mörder oder Vergewaltiger überführt werden. Dazu müssen die Landespolizeien regelmäßig Datensätze an das BKA übermitteln. Laut einer Statistik des BKA profi tieren die Bundesländer sehr unterschiedlich von möglichen Abgleichen, da einige Länder deutlich mehr DNA-Daten nach Wiesbaden melden als andere, was zum Teil an der Überlastung ländereigener Analyselabore liegen soll.

Wie viele Datensätze von Personen und wie viele Datensätze von Spuren hat die Polizei Mecklenburg-Vorpommern bis dato an das Bundeskriminalamt gemeldet, wie viele gemeldete Datensätze stellt dies je 1.000 Einwohner dar und inwieweit meldet die Polizei Mecklenburg-Vorpommern damit mehr oder weniger Datensätze je 1.000 Einwohner als andere Bundesländer?

Herr Kollege Abgeordneter, mit Stand vom 06.07.2006 wurden folgende Datensätze an das Bundeskriminalamt gemeldet: 7.395 Personendatensätze, 1.965 Spurendatensätze. Damit befi nden sich für Mecklenburg-Vorpommern mit Stand vom 06.07.2007 insgesamt 9.360 Datensätze in der DNA-Analyse-Datei.

Zum Vergleich mit der bis zum 31.12. eines jeden Jahres amtlich festgestellten Bevölkerungszahl ergibt sich folgendes Bild: Am 31.12.2006 waren 8.870 Datensätze für Mecklenburg-Vorpommern in der Daten-Analyse-Datei erfasst, was einem Anteil von 1,64 Prozent des Datenbestandes der Datei entspricht. Demgegenüber macht der Bevölkerungsanteil von Mecklenburg-Vorpommern 2,08 Prozent an der Gesamtbevölkerung Deutschlands aus.

Die Wirksamkeit von Kriminalitätsbekämpfungsmaßnahmen allein durch einen Vergleich der DNA-Sätze beurteilen zu wollen, verkennt einerseits die unterschiedliche Zusammensetzung von Kriminalität und die damit verbundenen rechtlichen Möglichkeiten und andererseits, dass neben der DNA-Analyse eine Vielzahl weiterer Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung zu nutzen sind, was in Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich praktiziert wird in den zurückliegenden Jahren, denn die Kriminalitätsentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern ist in den letzten Jahren stark rückläufi g. Im Jahr 2006 ist die bislang niedrigste Fallzahl von 152.298 Fällen registriert worden. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Straftaten im Land Mecklenburg-Vorpommern erfreulicherweise um 27,8 Prozent reduziert. Die Aufklärungsquote mit über 60 Prozent im zurückliegenden Jahr ist eine der höchsten Aufklärungsquoten, die Polizeien in Deutschland haben. Ich glaube, jede Straftat ist noch eine Straftat zu viel, aber wir sind auf einem guten Weg, hier voranzukommen, und dies gilt auch dafür, was die Maßnahmen zur DNA-Analyse, was Personal und Ausstattung betrifft.

Eine Nachfrage: Wie erklären Sie sich, dass in der „Schweriner Volkszeitung“ vom 05.07.2007 gemeldet wurde, dass beispielsweise im Jahr 2005 484 Tatverdächtige bei Tötungs- und Sexualdelikten festgenommen worden sind, dem entgegen aber nur insgesamt 757 Personen mit genetischen Fingerabdrücken analysiert wurden?

Herr Kollege Leonhard, die Äußerung innerhalb der Medien kann ich hier nicht beurteilen und werten, es ist keine Erklärung meines Hauses.

Dann sei noch eine Nachfrage gestattet: Wie erklären Sie sich, dass gegenüber dem Land Bayern die Datensätze je 1.000 Einwohner doch um die Hälfte ergeben? Wir haben für Mecklenburg-Vorpommern errechnet, dass es 5,1 Datensätze je 1.000 Einwohner gibt, im Land Bayern 9,3 Datensätze je 1.000 Einwohner.

Sicherlich sind in Bezug auf das Land Bayern Rechnungen überhaupt nicht infrage zu stellen, aber im Vergleich mit anderen Flächenländern, insbesondere mit ostdeutschen,

(Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die sind gefährlich. – Heiterkeit bei Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

jetzt mit Thüringen oder mit Berlin, aber auch mit dem Saarland, ist das Land Mecklenburg-Vorpommern im Durchschnitt beziehungsweise sogar ansatzweise darüber. Und eine der Fragen, die zu einer weiteren Verbesserung führt, habe ich hier ja schon erwähnt, dass wir auch in der DNA-Analyse weitere Investitionen bei der Gerätetechnik vornehmen werden und wir derzeit bemüht sind, weitere Sachverständige und wissenschaftlich-technische Assistenten einzustellen.

4. Wie viele DNA-Untersuchungsanträge wurden in den letzten drei Jahren jeweils zum Bearbeiten durch das Landeskriminalamt eingereicht und wie viele Untersuchungsanträge blieben bis zum jeweiligen Jahreswechsel unbearbeitet?

Herr Abgeordneter Leonhard, bis zur Einstellung eines Untersuchungsergebnisses in die DNA-Datei bedarf es einer Vielzahl von Einzelschritten. Diese reichen von der Einholung der Einwilligung des Betroffenen, Einholen eines richterlichen Beschlusses, der Einholung der Probe, der Untersuchung und Bewertung des Ergebnisses bis zur Einstellung des Datensatzes in die DAD. Im Jahr 2004 sind 1.935 Datensätze in die Datei eingestellt worden. 482 Untersuchungsvorgänge konnten in dem laufenden Jahr nicht im obigen Sinn endabgearbeitet werden. 2005 erfolgten 1.695 Einstellungen, 523 Vorgänge blieben offen. 2006 waren es 1.771 Dateneinstellungen gegenüber 1.023 offenen Vorgängen. Dazu ist zu bemerken, dass bei Spurenvorgängen die Anzahl der zu untersuchenden Einzelspuren starken Schwankungen unterworfen ist. So kann ein Spurenvorgang beispielsweise zehn Spuren, ein anderer aber auch fünfzig oder mehr Einzelspuren aufweisen. Die Zahlen sind deshalb kaum miteinander vergleichbar. Zum anderen resultiert der Anstieg auch aus der zum 01.11.2005 in Kraft getretene Novellierung des Gesetzes zur DNA-Analyse, die in vielen Fällen nunmehr keinen richterlichen Beschluss mehr vorschreibt.

Durch das damit verbundene einfache rechtliche Verfahren stieg die Anzahl der Untersuchungsaufträge stark an, was auch durch die Vergabe von Aufträgen an ein externes Labor nicht abgefedert werden konnte. Innerhalb des LKA ist jedoch sichergestellt, dass schwere Straftaten ohne Zeitverlust untersucht werden. In diesem Sinne werden Untersuchungsaufträge auch priorisiert. Der Fortentwicklung der DNA-Analyse im LKA kommt auch weiterhin trotz des nach dem Personalentwicklungskonzept der Polizei geforderten Stellenabbaus eine zentrale Bedeutung bei und dies gilt auch, wie ich schon in der vorhergehenden Frage anführte, was zusätzliches Personal betrifft und was die materiell-technische Ausstattung des LKA zu den Maßnahmen betrifft.

Eine Nachfrage noch: Werden Sie sicherstellen, dass die liegen gebliebenen Spurensätze bearbeitet werden?

Die liegen gebliebenen – auch die in den zurückliegenden Jahren sozusagen liegen gebliebenen – werden entsprechend der Priorität mit abgearbeitet. Ich werde mich aber, das habe ich hier schon ausgeführt, bemühen, dass der durchaus vorhandene Anteil nicht bearbeiteter Spurensätze geringer oder ganz abgebaut wird.

Vielen Dank, Herr Minister.