Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Guten Morgen, meine lieben Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Frau Präsidentin! Wir haben gleich zu Anfang einen Antrag auf der Tagesordnung, wo man denken müsste, dass wir uns hier mit einem der meistdiskutierten Themen in unserem Land befassen: Familienpolitik – ein Thema, wo ich denke, dass es sich manchmal so darstellt, als ob man darüber spricht, weil man dabei so schön unkonkret sein kann. Dieser Antrag liegt uns vor und es ist ganz unbenommen, alle demokratischen Parteien sind der Auffassung und vertreten Dinge, die die Familienpolitik nach vorn bringen sollen. Da ist erst mal keine Unterschiedlichkeit. Aber schon, wenn es darum geht, Familienpolitik, gute Familienpolitik zu definieren, denke ich, kommen Unterschiede zutage.
Zumindest die Fraktion DIE LINKE, also meine Fraktion, versteht unter guter Familienpolitik weder alle Anstrengungen, die nicht unternommen werden, um Kinderarmut zu verhindern, wir verstehen darunter auch nicht, dass Bildungsbenachteiligung in diesem Land zwar bemerkt, aber nicht ernsthaft bekämpft wird. Wie sollen wir sonst Ergebnisse einer schlechten Familienpolitik einschätzen, wenn es sich nicht ausdrücken würde in Aktionen von Verbänden und Vereinen, die uns sehr deutlich sagen, was sie von Familienpolitik halten und wie sie Familienpolitik verstehen. Und da beginnen dann meine Zweifel an der Ernsthaftigkeit und an der Ehrenhaftigkeit dieses Antrages.
Herr Sellering und die Koalition, Sie gehen immer davon aus, dass sogenannte weiche Faktoren – übersetzt ins Deutsche: Dinge, die meistens nichts oder nur ganz wenig kosten dürfen – ausreichen würden, dass wir unsere Familienpolitik nach vorn bringen in Richtung Armutsbekämpfung, in Richtung Chancengleichheit, in die Richtung, dass Familien sich in unserem Land wohlfühlen können. Und gerade das, meine Damen und Herren, funktioniert nicht. Das ist uns vielschichtig dargestellt und dargelegt worden und es sollte nun wirklich begriffen werden – allerdings nicht mit so einem Antrag, den Sie uns hier vorlegen, wo nichts, aber auch gar nichts dargestellt ist. Schlimmer noch – Frau Tegtmeier, Sie sagten es gerade –: Sie wollen den Familienkonvent haben, um zum Schluss zu definieren, was denn nun eigentlich gemacht werden muss. Wozu haben wir in diesem Land Mecklenburg-Vorpommern eigentlich diese vielen Verbände und Vereine, die Bündnisse für Familie, die sehr wohl – spezifisch meistens oder vielmals, aber ganz genau – darstellen, was gute Familienpolitik ist?
In der Koalitionsvereinbarung können wir lesen, dass die Koalitionäre, also die SPD und die CDU, angetreten sind, um eine mutige Familienpolitik zu machen, eine mutige
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 47. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Errichtung eines Familienkonvents, auf Drucksache 5/1586.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 5. und 6. Juli feiern wir den Mecklenburg-Vorpommern-Tag, der dieses Mal als zentrale Themen „Kinder und Gesundheit“ und „Familienland M-V“ aufgreift. Und dies kommt nicht von ungefähr, sondern dies ist auch Ausdruck der Bestrebungen, unser Land zu einem ausgesprochen familienfreundlichen Bundesland zu machen.
Familienfreundlichkeit muss im unmittelbaren Umfeld der Familien erlebbar sein. Sie bedeutet einen unmittelbaren Standortvorteil, da Familien sich Wohngebiete, Gemeinden, Umgebungen suchen, wo sie willkommen sind und Unterstützung erfahren. Die Gestaltung ist am erfolgreichsten in Kommunen, in Städten und Gemeinden möglich. In den Regionen müssen unter Berücksichtigung des Bevölkerungsrückgangs innovative Lösungen bei der Gestaltung sozialer Prozesse für eine kinder- und familienfreundliche Zukunft entwickelt werden. Kinder und Familien müssen im politischen Alltag und besonders an sie betreffenden Planungsvorhaben und politischen Entscheidungen mitwirken können. Wir benötigen einen kinder- und familienpolitischen Aufbruch. Wir müssen den Bewusstseins- und Wertewandel hin zu mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit durch eine aktive Politik unter Einbeziehung aller Akteure im Land unterstützen und vorantreiben. Hierzu müssen wir mit den Kommunen, der Wirtschaft, den Gewerkschaften, den Lokalen Bündnissen für Familie, den Kirchen und anderen gesellschaftlichen Organisationen und selbstverständlich den Betroffenen eine Allianz für Kinder und Familie ins Leben rufen.
Alle zwei Jahre sollen Mütter, Väter, Vertreterinnen und Vertreter der örtlichen Bündnisse für Familie, Vertreter und Vertreterinnen von familienpolitisch engagierten Verbänden und Vereinen sowie Körperschaften in einem Familienkonvent im Schweriner Schloss zusammenkommen und über die Belange von Kindern und Familien beraten. Der Familienkonvent soll als landesweite Interessenvertretung von Familien in Mecklenburg-Vorpommern die regionale und gesellschaftliche Vielfältigkeit der Lebenssituation von Familien abbilden. Aufgabe des Konvents soll die Formulierung konkreter Anliegen der Familienpolitik sein, um gemeinsam mit Landtag und Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern zum familien freundlichsten Land in der Bundesrepublik Deutschland zu gestalten.
Familienpolitik für Mecklenburg-Vorpommern und für Deutschland. Was ist nun aber bitte sehr eine mutige Familienpolitik? Ist es …
Ist eine mutige Familienpolitik, dass es hier bei uns im Land Mecklenburg-Vorpommern wirklich gestern dazu gekommen ist, dass die Finanzierung der Vorschulerziehung finanziell gekürzt worden ist? Ich sage es noch einmal, damit Sie uns nicht wieder mit Ihren komischen Additionen kommen: Sie haben gekürzt im Gesetz und das bedeutet, dass Sie im Gesetz weniger Geld verankert haben, also weniger Verpflichtung haben und willkürlich mit den Haushaltsplänen dieses und jenes gestalten können. Es ist kein Verlass. Und genau das war das Votum derer, die zur Anhörung waren und die einhellig gesagt haben, dass sie diese Kürzung nicht wollen, diese Kürzung im Gesetz.
Oder ist es vielleicht mutig, dass Kinder in Bedarfsgemeinschaften in diesem Jahr eben nicht alle darauf hoffen dürfen, dass sie eine Schultasche haben mit dem entsprechenden Inhalt, dass sie eine Schultüte haben? Vielleicht ist es ja auch mutig, den von Hartz IV Betroffenen schon im Vorfeld eines Tribunals zu erklären, dass das alles Populismus ist und alles gar nicht so schlimm ist und sie sollten sich mit anderen Dingen beschäftigen, die wichtiger wären.
Vielleicht ist es ja auch eine mutige Familienpolitik, wenn Schulabgänger sich bewerben, trotzdem aber irgendwie im Schwimmen sind, weil sie gar nicht wissen, ob ihre Klassen an der Berufsschule nun aufmachen oder nicht und, wenn ja, dann wo und mit wie vielen.
Ist es vielleicht eine mutige Familienpolitik – denn die gehören auch zur Familie –, wenn Seniorinnen und Senioren im Altenparlament sehr wohl darstellen, was sie von der Politik erwarten und ein Antrag unsererseits hier abgeschmettert wird, mit der Meinung: Das machen wir alles. Die Regierung ist ja beschäftigt, sie tut ja alles für die älteren Leute und in Arbeitskreisen wird das schon dargestellt. Wir hatten allerdings eine Zeitschiene gefordert, wo hier regelmäßig dargestellt wird, wie die Abrechnung der Forderungen des Seniorenparlamentes ist.
Wir haben in den letzten Tagen gehört von Schließungen von Jugendklubs. Wir hören in unseren eigenen Kreisen von Schließungen von Familienberatungsstellen, weil sie finanziell nicht so ausgestattet sind, wie sie es brauchen. Manch ein Politiker kommt dann in der Zeitung des Weges mit der hervorragenden Meinung, man könnte ja einen Eigenanteil bezahlen. Natürlich, wenn ich in der Familie Hilfe brauche und am Ende bin, dann gehe ich erst mal zur Beratungsstelle hin, bezahle meinen Obolus, um dann bitte schön betrachtet zu werden. Nein, meine Koalitionäre, das ist keine mutige Familienpolitik. Das ist jedenfalls nicht das, was wir unter mutiger, sprich fortschrittlicher, nach vorn zeigender Familienpolitik verstehen.
Außerdem fragen ich und meine Fraktion: Was soll mit dem Konvent bewirkt werden? Ist der Konvent jetzt etwa der Ersatz des Landesfamilientages? Sollte das so sein,
dann wissen wir ja schon, was in allernächster Zeit als Antrag von Ihnen hier kommen wird: der Landesfamilientag. Dieser Antrag lässt sich also schon vorausbestimmen.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich glaube, du hast recht. Der Minister hat genickt. – Zurufe von Minister Erwin Sellering und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Die nächste Frage, die Sie auch, Frau Tegtmeier, völlig unbeantwortet gelassen haben: Wie soll sich denn der Familienkonvent zusammensetzen? Ich habe hier schon mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass es x Verbände und Vereine bei uns in Mecklenburg-Vorpommern gibt, die sich sehr wohl mit Familienpolitik beschäftigen.
Das sind einmal 18, nein, ungefähr 15 Familienbündnisse, richtig. Das sind Verbände und Vereine, die sich mit Familienpolitik befassen. Das ist zum Beispiel der Kinderschutzbund, das sind Kirchen, das sind Gewerkschaften, das ist die LAG Schuldnerberatung, das sind Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und so weiter und so fort. Es gibt sogar einen Familienverband hier im Land Mecklenburg-Vorpommern und es gibt auch eine Familienpartei. Und wie wollen Sie eigentlich die einzelnen Väter und Mütter – wie in Ihrem Antrag zu lesen – in den Familienkonvent einbeziehen? Wie suchen Sie die denn aus?
Ich bitte immer darum, mir 30 Sekunden vorher Bescheid zu sagen. Alle anderen bekommen das durch die Lampe mit, ich nicht.
Da das alles so mehr als schwammig ist, was ein Familienkonvent bewirken soll und mit wem, bitte ich, diesen Antrag, weil wir uns der Sache nicht verschließen wollen, in den Finanzausschuss, den Innenausschuss und den Sozialausschuss zu überweisen. – Danke.
(Torsten Koplin, DIE LINKE: Jetzt gibt er dir recht, Irene. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So direkt? Das ist nicht seine Art.)
Lieber Herr Roolf, Sie haben ja schon gehofft, dass der Minister sein eigenes Parlament vergessen hat.
Ganz so war es nicht, sondern der eine Beisitzer hat den Überblick über den Zettel verloren. Das ist schon alles.