Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 70. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort.
Die Fraktion der FDP hat einen Dringlichkeitsantrag zum Thema „Sicherstellung einer langfristigen Stationierung von ,SAR‘-Hubschraubern in Mecklenburg-Vorpommern“ vorgelegt, der auf Drucksache 5/2582 verteilt wurde. Von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen ein Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 5/2583 zum Thema „Diskriminierung von Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern beenden – Äußerungen des ehemaligen Berliner Finanzsenators und jetzigen Bundesbankvorstands Dr. Sarrazin zurückweisen“ vor. Wir werden diese Vorlagen, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach Tagesordnungspunkt 24 aufrufen, das Wort zur Begründung dieser Dringlichkeitsanträge erteilen sowie die Abstimmung über deren Aufsetzung durchführen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23: Fragestunde. Die Fragen an die Landesregierung liegen Ihnen auf Drucksache 5/2572(neu) vor.
Ich möchte an der Stelle noch einmal daran erinnern, bevor wir mit der Fragestunde beginnen, dass das Verlesen von Vortexten zu den Fragen nicht zulässig ist.
Ich rufe zuerst auf den Geschäftsbereich der Finanzministerin und hierzu bitte ich den Abgeordneten Sebastian Ratjen, Fraktion der FDP, die Frage 1 zu stellen.
1. Warum hält die Landesregierung trotz gegenteiliger schriftlicher Äußerungen des Bundesministeriums für Finanzen an ihren rigiden Vorschriften zur Mittelverwendung aus dem Konjunkturpaket II fest?
Guten Morgen, Herr Ratjen! Die Frage enthält eine Unterstellung, die ich zurückweise. Die Landesregierung war und ist stets bemüht, die rechtlichen Vorgaben des Bundes eins zu eins umzusetzen, damit die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern möglichst schnelle und nachhaltige Impulse bekommt. Das gilt nicht nur für die Verwaltungsvereinbarung des Landes, die sehr genau, teilweise wörtlich an den Formulierungen der Verwaltungsvereinbarung der Länder mit dem Bund angelehnt ist, sondern das gilt auch für die zwischenzeitlich erlassenen Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung des Konjunkturprogramms. Das Innenministerium und das Finanzministerium haben mit Erlass vom 18. März 2009 beziehungsweise 2. April den beteiligten Ressorts und Gebietskörperschaften Hilfen zur Auslegung des Zukunftsinvestitionsgesetzes und der hierzu beschlossenen Verwaltungsvorschriften an die Hand gegeben. Die Erlasse sind ausgewogen. Auf der einen Seite spiegeln sie das Bedürfnis der Beteiligten zu konkreten Angaben wider, ohne unnötige Investitionshemmnisse herauszufordern. Auf der anderen Seite tragen sie der Tatsache Rechnung, dass der Bund zur Rückforderung von Finanzhilfen berechtigt ist, wenn die Fördervoraussetzungen nicht vorliegen. Es ist daher sehr schwierig, die Haltung des Bundes, insbesondere soweit sie restriktiv ist und damit Rückforderungsan
sprüche auslösen könnte, an die Entscheidungsträger in den Ressorts und den kommunalen Gebietskörperschaften nicht weiterzugeben.
In dem Spannungsfeld schneller konjunktureller Impulse auf der einen Seite und Einhaltung der Fördervoraussetzungen des Bundes auf der anderen hat sich die Landesregierung mit ihrem Handeln sachorientiert verhalten. Der Landesregierung ist kein Fall bekannt, in dem das Bundesministerium für Finanzen eine investitionsfreundlichere Auslegung des Zukunftsinvestitionsgesetzes oder der hierzu geschlossenen Verwaltungsvereinbarung vertritt als die Landesregierung.
Eine Zusatzfrage: Warum sah sich dann die Hansestadt Greifswald zum Beispiel zeitweise gezwungen, obwohl gegenteilige Stellungnahmen des Bundesfinanzministeriums vorlagen, eine Sanierung der tiefen Keller unter den Schulen in Greifswald vorzunehmen, und zum Konjunkturpaket II eine Sanierung der Schulen oben drüber nicht möglich war?
Das muss man sicherlich im Gesamtkontext sehen. Ich kenne diesen konkreten Fall nicht, gehe aber davon aus, dass auch in Rücksprache mit dem Innenminister es zu diesem konkreten Fall, den Sie aus einer Perspektive schildern, sicherlich eine sehr gute Begründung zu finden ist, die genau meine Ausführungen unterstreicht. Vielleicht fehlen Ihnen auch einige Aspekte der Gesamtbewertung.
Aber es ist oft so in der Bewertung, dass man vielleicht auch gar nicht die Fakten insgesamt dabei kennt. Ich würde sie mir dann gern erst ansehen und biete auch an, dass man diesen konkreten Fall bewertet, sodass Sie dann zeitnah eine Antwort bekommen.
Ich rufe jetzt auf den Geschäftsbereich des Ministers für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. Ich bitte den Abgeordneten und Fraktionsvorsitzenden der NPD-Fraktion Herrn Pastörs, die Fragen 2 und 3 zu stellen.
2. Was möchte die Landesregierung unternehmen, um die Verlagerung der Verwaltung von Scandlines nach Schleswig-Holstein zu verhindern?
Herr Abgeordneter, nach Bekanntwerden anonymer Hinweise, dass Verwaltungsfunktionen der Reederei Scandlines von Rostock nach Puttgarden in Schleswig-Holstein verlegt werden sollen, hat die Landesregierung, konkret der Wirtschaftsminister und der Verkehrsminister, Anfang Februar 2009, also diesen Jahres, Gespräche mit der Geschäftsführung sowie dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates von Scandlines geführt. Natürlich haben wir in diesen Gesprächen ganz besonders unser unmittelbares Interesse an dem Standort Rostock deutlich gemacht. Ich habe selbst die Möglichkeiten aufgezeigt, die uns im
Hinblick auf Unterstützung zur Verfügung stehen. Leider Gottes ist die Geschäftsführung auf diese Möglichkeiten, ich meine damit einen möglichen Neubau eines Verwaltungssitzes, nicht eingegangen, also bisher zumindest nicht eingegangen. Mit Schreiben vom 26.02.2009 habe ich die Alteigentümer, in persona der Deutschen Bahn, den Aufsichtsratsvorsitzenden dort, den Herrn Dr. Müller, aber auch den Bundesminister Tiefensee um Unterstützung in dieser Angelegenheit gebeten.
Für die Deutsche Bahn hat seinerzeit Herr Mehdorn geantwortet. Er verweist darauf, dass im Kaufvertrag in Abstimmung mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft Transnet Standortgarantien und Regelungen zur Beschäftigungssicherung festgeschrieben sind. Bis Mitte 2010, so ist die Aussage im Kaufvertrag, soll es zu keinen betriebsbedingten Kündigungen und keinen Standortveränderungen, keinen wesentlichen, so steht es dort drin, kommen. Der BAG lägen zu der damaligen Zeit keine Erkenntnisse vor, dass sich die Erwerber nicht an die Zusagen halten würden. Herr Mehdorn hat auch angeboten, gegenüber Scandlines für die Einhaltung der Garantien einzuwirken.
Unter Bezugnahme auf dieses Angebot habe ich nunmehr, seitdem die Dinge deutlicher werden, mit Schreiben vom 05.05. den neuen Vorstandsvorsitzenden der DB AG, Herrn Grube, um Unterstützung diesbezüglich gebeten. Wir haben ebenfalls wie gesagt den Bundesminister Tiefensee angeschrieben im Hinblick auf seine Unterstützung. Auch hier sind Möglichkeiten aufgezeigt worden, über den sogenannten Wirtschaftsfonds Deutschland dem Unternehmen Hilfe zu leisten. Diese Möglichkeiten haben wir dem Unternehmen selbst aufgezeigt, auch die Verbindungen hergestellt zu den Gesprächspartnern, sodass dort auf einer anderen Ebene ebenfalls Gespräche stattfinden. Ich habe jetzt allerdings nicht den konkreten aktuellen Stand zu diesen Gesprächen des Unternehmens mit der KFW.
Zusatzfrage: Was haben Sie konkret an Steuermitteln oder Unterstützung, wie Sie das nannten, in Bezug auf die Neuerrichtung eines Verwaltungsgebäudes dort offeriert?
Wir haben darüber gesprochen, dass es eine Möglichkeit gibt, eine Förderung für den Bau, für die Investition eines Verwaltungssitzes in Rostock zu machen. Natürlich müssen dort entsprechende Antragsbedingungen und so weiter und so fort erfüllt werden, aber die Möglichkeit bestände. Allerdings muss ich sagen, dass bis zum heutigen Tag die Geschäftsführung von Scandlines diesbezüglich kein vordergründiges Interesse an einer solchen Investition mir gegenüber deutlich gemacht hat.
Zusatzfrage: Ich verstehe Sie richtig, dass Sie keine konkreten Angebote volumenmäßig bezüglich Geld dort vorgeschlagen haben oder angeboten haben?
Ich kann ja keine konkreten Angebote machen, solange es keinen diesbezüglichen Antrag gibt, der mir sagt, wie hoch denn zum Beispiel eine Investition stattfinden sollte.
Ich glaube, dazu habe ich sehr umfänglich bisher immer schon berichtet, und ich meine, dass in einigen Veranstaltungen Sie auch selbst dabei waren. Insofern gehe ich davon aus, dass es durchaus Kenntnis über die Fakten gibt, aber ich will schon noch mal auch für das Plenum hier deutlich machen, dass es im Moment so ist, dass es insgesamt im Schiffbau, insgesamt in der maritimen Wirtschaft große Schwierigkeiten deshalb gibt, weil ich glaube, dass dieser Bereich, wie wenige eigentlich, von der Globalisierung sehr stark betroffen ist. Die Schwierigkeiten bestehen nicht nur in Deutschland. Leider Gottes haben in Deutschland bereits Schiffbauunternehmen Konkurs oder Insolvenz anmelden müssen.
Diese Schwierigkeiten bestehen auch in Europa, ja, sie bestehen weltweit. Infolge dieser sich schwierig gestaltenden Finanzierungsbedingungen und des Ausbleibens von Aufträgen weltweit – ist ja ganz klar, es gab in der Vergangenheit auch schon Überkapazitäten und die Frachtvolumina sind deutlich nach unten gegangen – hat sich das natürlich auf die Aufträge ausgewirkt. Es gab vor allem zum Ende des Jahres 2008 besondere Schwierigkeiten bei den Wadan-Werften, wie Sie sich erinnern werden, aber auch darüber habe ich sehr intensiv im Wirtschaftsausschuss gesprochen. Und es ist auch im Finanzausschuss informiert worden, hier haben wir seinerzeit ein Überbrückungsdarlehen, das Land, in Höhe von 60 Millionen Euro gewährt. Durch intensive Gespräche der Landesregierung mit der Bundesregierung und den in der Schiffbaufinanzierung aktiven Banken ist es gelungen, dass die Wadan-Werften in das KFW-Sonderprogramm aufgenommen wurden mit einer Größenordnung von 180 Millionen Euro, die sowohl vom Kredit her bereitgestellt werden über Banken und auch über Bürgschaften seitens des KFW-Sonderprogramms abgesichert sind.
Der Finanzausschuss des Landtages hat auf seiner Sitzung am 05.02.2009 einer Modifizierung der Rückführung des Landesdarlehens zugestimmt. Die vereinbarte Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 48 Millionen Euro ist bereits erfolgt. Wir haben auf allen uns möglichen Ebenen politische Unterstützung zumindest für die Auftragsakquise deutlich gemacht. Die letzte Aktivität war jetzt am Sonnabend, hier hatte ich ein Gespräch mit dem russischen Botschafter. Leider Gottes ist es dem Unternehmen bisher nicht gelungen, definitiv, also konkret mit Aufträgen, sozusagen mit Unterschriften unterlegte Aufträge zu akquirieren.
Gegenwärtig sind wir befasst mit einem Bürgschaftsverfahren, das ist ein neues Problem im Hinblick auf die Kreditversicherer, die dort Avalbürgschaften oder Avale auslegen, um angezahlte Gelder freizumachen. Da erfolgen gegenwärtig Prüfungen im Rahmen des Landes und des Bundes. Und ich muss sagen, das besondere Problem bei Wadan ist es eben wie bei allen anderen Schiffbauunternehmen, nicht nur unseres Landes, dass die Werthaltigkeit vorhandener Aufträge als sehr differenziert einzuschätzen ist.
Zusatzfrage: Ist es richtig oder können Sie nach Ihrem Kenntnisstand das bestätigen, dass die sogenannten russischen Investoren bisher seit Wochen keinen Kontakt mehr zur Geschäftsleitung der Wadan-Werft haben?
Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Ministers für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz und hierzu bitte ich den Abgeordneten Professor Dr. Fritz Tack, Fraktion DIE LINKE, die Fragen 4 und 5 zu stellen.
4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, ob Landwirtschaftsbetriebe bereits vor dem Verbot der Maissorte MON 810 die Aussaat begonnen hatten?
Sehr geehrter Herr Professor Tack, der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass gemäß Paragraf 16a, den kennen Sie, des Gentechnikgesetzes im Standortregister, und die hätten ja dort eingetragen werden müssen für das Anbaujahr 2009, bei den gemeldeten Maisflächen vor dem Verbot der Aussaat gentechnisch veränderter Maissorten, insbesondere des MON 810, die Aussaat erfolgte. Am 14.04.2009 – auch das ist, denke ich, in der Öffentlichkeit bekannt – wurde von der Bundesministerin Frau Aigner im Rahmen einer Pressekonferenz das Verbot des Anbaus von gentechnisch verändertem Mais auf der Basis des MONSANTO 810 ausgesprochen. Und ich selbst habe mehrfach die Bundesministerin aufgefordert, endlich eine klare Entscheidung zu treffen. Noch am selben Tage, also am 14.04.2009, wurden alle im Standortregister geführten potenziellen Anbauer in Mecklenburg-Vorpommern durch unser Ministerium darauf hingewiesen und schriftlich auf das Anbauverbot hingewiesen.
5. Wie kontrolliert die Landesregierung, ob die im Vorjahr mit MON 810 bestellten Flächen in diesem Jahr gemäß der Genpflanzenerzeugungs-Verordnung nicht mit Mais bestellt werden, und welche Ausnahmeregelungen gibt es?
Also grundsätzlich – ich denke, das ist dem Hohen Hause auch bekannt – wird die Zulassung durch den Bund vorgenommen. Das heißt, wir haben tatsächlich darauf keinen Einfluss, wir können nur unsere Hinweise geben. Und was die Frage und die Beantwortung anbetrifft, ist es so, die besagten Flächen, das heißt also Flächen, die in der Vergangenheit mit dem MONSANTO-810-Konstrukt bebaut waren, werden durch das LAF, also das Landesamt für Lebensmittel, Landwirtschaft und Fischerei, kontrolliert. Dabei wird vor Ort anhand eines Inspektionsprotokolls insbesondere kontrolliert, ob die Flurstücke den Angaben laut dem Standortregister, wo das auch gemeldet war, entsprechen, und ob auf diesen Flächen gegebenenfalls Durchwuchsmais tatsächlich vorhanden ist. Darüber hinaus werden durchgeführte Pflegemaßnahmen in der Kultur nach dem Anbau von gentechnisch verändertem Mais protokolliert.
Zum zweiten Teil: Gemäß Genflanzen-Erzeugungsverordnung darf eine Genmaisanbaufläche frühestens im zweiten auf die Ernte folgenden Jahr nicht mit gentechnisch verändertem Mais bestellt werden. Nach dem Anbauverbot von Mais der Linie MONSANTO 810 wurde daher zur Vermeidung unverschuldeter Härtefälle drei Landwirten eine Ausnahmegenehmigung erteilt, damit sie ihre Lieferverträge insbesondere gegenüber den Betreibern von Biogas erfüllen konnten. Die Landwirte dürfen entgegen den Vorgaben des Gentechnikpflanzenerzeugungsgesetzes und deren Verordnung bereits in diesem Jahr auf den betroffenen Flurstücken konventionellen Mais anbauen.