Linda Teuteberg

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Last Statements

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es hatte ja eine Bewandtnis, dass auch der damals genauso von Sozialdemokraten dominierte Landtag einen Bericht über den Fortschritt in der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Branden
burg forderte. Jetzt ist das - wie bei so manchem in Brandenburg - ein Etikettenschwindel, denn was uns jetzt präsentiert wird, sind Stillstand und Rückschritt,
und zwar Rückschritt bei den zentralen Herausforderungen, vor denen unsere Region steht. Dass die politische Debatte der gesellschaftlichen Entwicklung hinterherhinkt, ist da nichts Neues. Aber dass sie diese jetzt zur Entschuldigung politischer Fehler missbraucht, ist ein starkes Stück. Wie soll denn das Interesse an der Zusammenarbeit wachsen und wie sollen Mehrheiten für eine weitergehende Perspektive zu finden sein, wenn man die Debatte um das Wichtigste der gemeinsamen Projekte in der Region jetzt verfolgt? Den Menschen in Berlin und Brandenburg haben Sie mit dem BER nicht nur exemplarisch Ihr Versagen vorgeführt. Sie weigern sich darüber hinaus standhaft, daraus Konsequenzen zu ziehen. Matthias Platzeck ist da zwar ausgestiegen, redet aber immer noch daher, als sei morgen Eröffnung. Und sein Nachfolger hält sich jetzt ansonsten raus aus dem Thema, wird aber plötzlich laut, wenn es darum geht, die von seinem Vorgänger getroffenen Vereinbarungen infrage zu stellen. Von allen, die dabei waren und noch dabei sind, denkt keiner - in Potsdam wie in Berlin - daran, die Konsequenzen zu ziehen.
Die dürren Zeilen im Bericht zu diesem inzwischen weltweit zur Lachnummer verkommenen Projekt sind kabarettreif.
Die vielen Brandenburger, die tagtäglich Arbeit in Berlin finden - übrigens nicht nur die fast 200 000 originären Einpendler, sondern auch die vielen Beschäftigten in Brandenburger Unternehmen, die von Aufträgen aus Berlin leben -, haben ganz andere Interessen. Sie wissen, dass auch ihre persönlichen Perspektiven mit einer gedeihlichen Entwicklung in der Hauptstadt verbunden sind. Schon aus Eigeninteresse sollte deshalb die Landesregierung in Potsdam nicht die Konfrontation, sondern die Kooperation suchen.
Dazu aber ist diese rot-rote Koalition nicht in der Lage. Sie sucht Buhmänner für die Fehler der Vergangenheit und verweist dabei auf Berlin. Sie setzt auf Vorurteile gegenüber der angeblich arroganten Hauptstadt, und da hat der Ministerpräsident in den letzten Tagen auch sein Gesellenstück in Demagogie abgeliefert.
Hat er dabei auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, wie das auch bei den Menschen ankommt - und das sind viele -, die jetzt noch auf Jahre hinaus im Nordwesten Berlins und in den umliegenden Regionen in Brandenburg auch unter Krach leiden müssen?
Ich möchte hier auch mit Blick auf die gestrige europapolitische Debatte sagen - Frau Mächtig hat ja ein Zurückfallen in das Denken des Kalten Krieges beklagt -:
Wer wähnt sich denn hier im Kalten Krieg mit Berlin? Das ist doch der Ministerpräsident dieses Landes. Und was war der Anlass dafür? Dass Berlin auf dem Status quo besteht, nämlich auf einem von allen drei Eigentümern gefassten und höchstrichterlich bestätigten Planfeststellungbeschluss. Man kann Verschlechterungen eines Verhältnisses auch herbeireden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Frieden fängt im Kleinen an. Kooperation fängt vor der Haustür an. Die letzte gemeinsame Kabinettssitzung von Brandenburg und Berlin fand vor zwei Jahren statt. Die Regierungen von Deutschland und Frankreich treffen sich häufiger als die von Berlin und Brandenburg. Derart engstirnigen Provinzialismus können wir uns mitten in Europa nicht leisten.
Die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg ist übrigens auch ein Verfassungsauftrag, und da wäre es sinnvoll, wenn Sie sich auch an den ersten Ministerpräsidenten dieses Landes erinnern, der sich sehr persönlich für dieses Anliegen eingesetzt hat. Diese Koalition will aber für eine so eng verflochtene Region gar keine eng verflochtene Politik. Fortschritt sieht wahrlich anders aus. Die Metropolregion Berlin-Brandenburg hat ganz enorme Potenziale im internationalen wie nationalen Wettbewerb. Und es ist Aufgabe politischer Führung, die gemeinsamen Interessen, die Notwendigkeit und auch den Mehrwert eines abgestimmten und gemeinsamen politischen Handelns klar zu erkennen und auch zu vermitteln.
Deshalb: Bei allen Schwierigkeiten möchte ich sagen: Ich verbinde mit diesem neuen Landtagsgebäude schon die Hoffnung, dass das nicht erst am Sankt-Nimmerleins-Tag - auch wenn dafür heute wenig Hoffnung vermittelt wurde - das wird, wozu es bestimmt ist, nämlich der Landtag einer gemeinsamen erfolgreichen Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich persönlich ist dies heute auch eine Art Bilanz der fünf Jahre in diesem Landtag, denn die Arbeit in der Enquete war ohne Zweifel ein Schwerpunkt dieser Zeit. Und ich bin froh darüber, denn es war eine anstrengende und aufwendige Tätigkeit, aber insgesamt doch ein herausragendes Unternehmen, das - darin bin ich mir ganz sicher - Wirkung zeigt, und zwar nachhaltig. Es hat sich gelohnt.
Eine Bemerkung möchte ich doch zu meinem Vorredner machen: Ich glaube, man muss nicht delegitimieren, was nie legitim war - traurig, dass man das hier klarstellen muss.
Auch mein Dank gilt vor allem den Zeitzeugen. Ich nenne hier stellvertretend Sybille Schönemann, die heute auch hier ist, und Gerd Korsowski, die öffentliche Anhörungen in der Enquetekommission zu ihrem schweren Schicksal und damit gro
ße Anspannungen und Belastungen auf sich genommen haben. Sie haben sich um Brandenburg verdient gemacht. Sie verdienen unsere Hochachtung.
Erinnern wir uns an die Jahreswende 2008/2009: Damals begannen wir eine Debatte darüber, ob und inwieweit das Land Brandenburg einen eigenen, äußerst umstrittenen Weg fortsetzen sollte, der sich abhob von dem der anderen ostdeutschen Bundesländer. Als damals Marianne Birthler im Potsdamer Rathaus eine Ausstellung eröffnete, versprach ihr einstiger Weggefährte Matthias Platzeck Veränderungen, eine Art Anlaufstelle für einstige SED-Opfer.
Aus diesem ersten Impuls einer bescheidenen Kehrtwende ist eine wichtige und große Unternehmung geworden. Sie führte dazu, dass wir heute mit Frau Poppe eine weit über Brandenburg hinaus anerkannte und geschätzte Frau als Landesbeauftragte haben. Obwohl ich ansonsten nicht zu seinen Anhängern zähle: Rainer Speer hat ein Lob dafür verdient, dass er mithalf, Ulrike Poppe für Brandenburg zu gewinnen.
Sie ist mir in den letzten Jahren zu einer wichtigen Gesprächspartnerin geworden, gerade auch wenn sie über das Leben in der DDR redet, ohne Bitternis oder gar Rachegefühle, aber doch viel präziser, viel genauer als viele andere - nicht so sehr über Kirsch-Cola. Vergesslichkeit gesellt sich offenbar auch gern zur Scham.
Als Axel Vogel, Johanna Wanka und Hans-Peter Goetz im Namen der Oppositionsfraktionen dieses Hauses die Enquetekommission initiierten, war entgegen mancher Behauptung dies nicht bloß ein Reflex auf eine bestimmte Koalitionsbildung und neue Stasifälle in einer Fraktion. Es war eine notwendige Reaktion unter anderem auf die fortlaufenden Stasienthüllungen im Bereich der Brandenburger Polizei und die dazu regierungsamtlich verordnete Versöhnung.
Für die SPD war es sicherlich trotz mancher denkwürdig missratener Stellungnahmen ihres damaligen Fraktionsvorsitzenden und heutigen Ministerpräsidenten auch von einem gewissen Wert, dass sich die Diskussion leider vor allem auf den neuen Koalitionspartner und sein Personal konzentrierte. Es lenkte auch gut ab von eigener innerer Zerrissenheit, zum Beispiel vom Widerspruch eigener Vertreter, wie Dagmar Ziegler, die heute in der Bundespolitik ihre Rolle spielt.
Wir haben uns in der Enquetekommission nicht in erster Linie mit der DDR beschäftigt, sondern mit dem Umgang mit dem Erbe der DDR. Wir sind dabei sehr zurückhaltend mit der zentralen Auseinandersetzung dieser Zeit - dem Fall Stolpe - umgegangen. Wir haben uns unabhängig von Herrn Stolpe vornehmlich um die Jahre 1990 bis 1994 Gedanken gemacht. Viele von Ihnen hier waren auch damals schon aktiv. Ich glaube, Herr Ness war damals auch schon zugezogen.
Damals haben Sie sich sicherlich gedacht, dass dieses - Ihr Neuland jetzt den Sozialdemokraten gehörte.
Die ersten Jahre endeten auch mit einem grandiosen Wahlerfolg Ihrer Partei. Doch wenn Ihnen jemand gesagt hätte, dass eines Tages Joachim Gauck Bundespräsident und Angela Merkel Kanzlerin sein würde, vielleicht hätten Sie da Ihr besonderes Lächeln aufgesetzt, mit dem Sie Milde ob des Geisteszustandes Ihres Gegenübers signalisieren wollen. Gauck und Merkel - wo Stolpe doch solche Erfolge feierte! Ja, die beiden sind jetzt auch mit Stimmen von Brandenburger Sozialdemokraten in ihre Ämter gekommen - auch eine Biege des Brandenburger Weges?
Für mich taugt ein Bild vom schmelzenden Eisblock besonders für die Bilanz der Enquetekommission: Wenn das Eis zu Wasser wird, kommt Bewegung in die Sache, und aus einer festen kalten Masse wird etwas, das fließt, sich eigene Wege sucht und nicht länger zu kontrollieren ist. Auch das ist für mich das Resultat dieser Enquetekommission. Jetzt werden die Dinge ihren eigenen Lauf nehmen, und keiner wird so einfach mit kalten Sprüchen von all den Fragen ablenken können, die mit dem Neubeginn dieses Landes verbunden sind.
Heute ist Brandenburg bei seinem Blick auf die eigene Entstehungsgeschichte freier von Glaubensdogmen. Es war vor 1989 in den drei DDR-Bezirken vieles nicht gut und im gesellschaftlichen Kontext viel zu viel schlecht. Das neu gebildete Land wurde auch in den Jahren danach in vielem nicht den neuen, aus der friedlichen Revolution geborenen Ansprüchen gerecht. Meine Generation hatte dafür zumeist nur eine vage Vermutung. Aber wir haben doch sehr wohl gespürt, dass ein selbstgerechter, kritikloser Umgang mit der Vergangenheit gewissermaßen regierungsamtlich wurde.
Die Enquetekommission hat dieser parteiübergreifend weit verbreiteten Lesart des Neuanfangs etwas entgegengesetzt, was ich eine erste, vorsichtige Annäherung an die Wirklichkeit nennen möchte. Denn Diktaturen hinterlassen Lügen. Sie dominieren auch im Nachhinein noch die Überlieferung und die Erinnerung. Exil und Widerstand hatten nun einmal kein Staatstheater.
Wir wissen heute, dass es zu dem, was an den Schulen, in den Redaktionen, in den Betrieben - insbesondere den landwirtschaftlichen -, in der Justiz, überhaupt in allen Bereichen des Landes zwischen 1990 und 1994 geschah, auch denkbare Alternativen gab. Es ist nach der fundierten Einsicht unserer wissenschaftlichen Zuarbeiter einiges falsch gelaufen. Es kann daraus auch heute noch so manche Konsequenz gezogen werden. Wer will, kann sich jetzt über die Alternativen informieren, kann nachlesen oder hören, was versäumt wurde. Ich bin mir sicher, dass diese Erkenntnisse, die wir in der Enquetekommission gesammelt und besprochen haben, Interesse finden werden. Die Resonanz wird, wie bei allen Spurensuchen in der Vergangenheit, immer eher von einer Minderheit kommen. Breites Interesse wird es dafür nicht geben. Aber diese Minderheit wird den Prozess der gesellschaftlichen Meinungsbildung bestimmen. Auch die friedliche Revolution oder etwa das Verlegen von Stolpersteinen in unseren Städten wurden nicht als Mehrheitsprojekte geboren.
Ja, für uns Liberale ist dieser überhaupt nicht abgeschlossene Prozess ein gesellschaftlicher. Politik kann und muss dafür allerdings Impulse und Rahmenbedingungen setzen.
Mir ist in diesem Landtag zuweilen das Argument begegnet, es sollten sich die, die nicht dabei waren, mit ihrer Meinung besser zurückhalten. Es ist von all den unzutreffenden das dümm
ste der Widerworte gegen einen Blick zurück, der sich nicht aus dem Selbsterlebten speist.
Wo kämen wir hin, wenn wir dem letzten Nazi-Opa mehr Kompetenz zugestehen würden als seinem Enkelkind, das sich auf Spurensuche macht - auch nach Schrecken, für den der Opa mitverantwortlich sein könnte? Im Gegenteil, erst der Enkel wird sich der Wahrheit mit einer gewissen Unvoreingenommenheit nähern können.
Das gilt auch für die DDR. Die einstigen SED-Mitglieder taugen wenig zur Interpretation der SED-Herrschaft, am wenigsten gerade auch dann, wenn sie heute im schicken Dienstwagen aus dem kapitalistischen Westen unterwegs sind.
Eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die diese für die Zukunft fruchtbar macht, ist keine Sache für Insider. Deren Interessenvertreter haben sich in den letzten 25 Jahren - übrigens mit einigem Erfolg - um die Optimierung der Altersversorgung ihrer sogenannten bewaffneten Organe gekümmert.
Die Enquetekommission ist für mich ein so wunderbares Beispiel dafür, dass in einer freien Gesellschaft die Wahrheit eine Chance erhält.
Wir haben uns die Schilderungen über die gnadenlose Ignoranz angehört, mit der zuweilen - viel zu oft - in diesem Land dem Leid von Menschen begegnet wurde, die vor 1989 in das Fadenkreuz der Repressionsorgane gerieten.
Ich werde nicht vergessen, was das auslöste - an Scham, bei uns allen. Ich werde auch nicht vergessen, dass dies auch Menschen anrührte, die genau wussten, dass damit auch die Frage nach eigener Schuld verbunden war.
Natürlich lässt mich da auch einiges unzufrieden zurück. Die Konsequenzen, die wir daraus ziehen, sind ein kleiner gemeinsamer Nenner. Natürlich finde ich es nach wie vor empörend, wenn ein ehemaliger SED-Bezirkschef sich seiner angeblich so wichtigen Rolle in den Jahren nach 1989 rühmt, dasitzt, als sei er mit gutem Recht von einem ins andere Leben stolziert, und sich nicht die geringsten Sorgen um seine Altersversorgung machen muss, während sich seine einstigen politischen Gegner, denen die Faust galt und die er drangsalierte, von Gutachter zu Gutachter quälen, um wenigstens ein wenig Entschädigung zu bekommen.
Natürlich muss hier von einer mit der Gnade der späten Geburt auch noch etwas gesagt werden dürfen zu diesem besonderen brandenburgischen, besonders milden Blick zurück auf die kommunistische Gewaltherrschaft. Sie wird von meiner Generation noch zögerlich und von den Jüngeren noch eindeutiger verurteilt werden; da können Sie sich sicher sein. Es wird we
nig übrig bleiben von den Rechtfertigungsversuchen derer, die irgendwie und mehr oder weniger mitgemacht oder weggeschaut haben. Täuschen Sie sich da nicht. Es war vor allem aus der Sicht der Nachgeborenen eine traurige Zeit. Erinnern Sie sich daran, wie viele gegangen sind, „abgehauen“, wie man so sagte, ausgereist, legal oder illegal, manche unter großen Gefahren, 1989 und 1990 viele dann einfach so - Zehntausende von Brandenburgern.
Da sei eine Nachfrage erlaubt: Wie ging es denen, die - wie Sybille Schönemann - den schwierigen Weg zurück wagten und dem früheren Haftrichter heute wieder an einem Brandenburger Gericht begegnen? Wie steht es mit der Willkommenskultur eines Landes, das sonst so gern Farbe bekennen will? Auch ihretwegen war diese Enquetekommission nötig.
Sie hat hoffentlich denen, die es nicht länger ertragen haben, wie auch denen, die erst später in dieses Land kamen, deutlich gemacht: Es gibt inzwischen auch in Potsdam das notwendige Maß an Nachdenklichkeit, an Scham und Trauer, an Mitgefühl. Es gibt mehr als zuvor die für eine Demokratie unabdingbare Bereitschaft, unangenehmen Erkenntnissen ins Auge zu sehen.
Allen Brandenburgern möchte ich heute sagen: Ich lebe gern in diesem, unserem Land, aus dem ich komme. Trotz und nicht wegen seiner nachhaltigen Prägung auch durch die DDR. Lassen Sie uns das große, intensive Gespräch führen, über dessen Notwendigkeit ich mir mit Klara Geywitz einig bin und an dem sich bereits viele Menschen in Brandenburg beteiligen. Auch Susanne Melior habe ich als an diesem Gespräch interessiert erlebt. Lassen Sie uns die Analyse der Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft fruchtbar machen. Lassen Sie sich nicht einreden, dass dies eine Auseinandersetzung zwischen Ost und West sei. Lassen Sie sich nicht in Geiselhaft nehmen von denen, die Ihnen einst die Freiheit verwehrten, und deren Rechtsnachfolgern. Es ist eine Sache der Brandenburger, der Ostdeutschen untereinander, eine Sache von alten und neuen, von alten und jungen Brandenburgern.
Der eine oder andere mag andere Dinge für wichtiger halten, aber wenn wir über die letzten Jahre Brandenburger Politik Bilanz ziehen, stellen wir fest: Es ist so manches in den Sand gesetzt worden. Die Enquetekommission jedoch ist ein Erfolg geworden. Sie hat Ergebnisse gebracht, die jetzt umgesetzt werden müssen, und wird nachhaltig Wirkung zeigen. Dafür danke ich allen, die mit großem Engagement hierzu beigetragen haben. - Vielen Dank.
Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das nun zu beratende Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes im Land Brandenburg stellt die letzte Ergänzung der in dieser Legislaturperiode in diesem Hause beratenen Rechtsgrundlagen im Bereich des Strafvollzuges dar.
Für die Anwendung und den Vollzug des Jugendarrestes gelten ähnliche Anforderungen wie beim Jugendstrafvollzug. Aus diesem Grund ist es richtig, den Gesetzentwurf an den Regelungen zum Jugendstrafvollzug in Brandenburg zu orientieren.
Lassen Sie es mich für uns Liberale einmal gleich zu Beginn deutlich machen: Wir teilen den Vorwurf des Kuschelarrestes ganz und gar nicht.
Jenseits ideologischer Schützengräben gilt es, einfach einmal die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Frage der Resozialisierung zur Kenntnis zu nehmen. Meine Damen und Herren, im Fachausschuss werden wir sicherlich eine umfassende Anhörung zu dem Thema durchführen. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber schon heute unsere Schwerpunkte beim Thema Jugendarrestvollzug in Brandenburg verdeutlichen.
Zum Ersten das Thema Personal: Die im Gesetzentwurf genannten hohen Standards, die die Resozialisierung sowie die richtige und wichtige Verknüpfung zwischen Jugendarrest und dem Fortwirken der Maßnahmen nach dem Ende des Arrestes gewährleisten sollen, sind nur umsetzbar, wenn ausreichend motiviertes und geschultes Personal vorhanden ist.
Zum Zweiten: Es bedarf einer Regelung hinsichtlich des Beginns des Arrestes. Ein Hauptproblem besteht derzeit darin, dass zwischen der begangenen Tat und dem Vollzug des Arrestes zu viel Zeit vergeht. Aus diesem Grund ist meiner Ansicht nach auch eine Regelung hinsichtlich des Beginns des Arrestes also eines schnelleren Vollzuges - im Gesetzentwurf notwendig. Die staatliche Reaktion auf Straftaten muss vor allem bei jungen Menschen zeitnah erfolgen.
Zum Dritten: der Vollzug gemeinsam mit Berlin oder in einer Jugendarrestanstalt in Brandenburg. Ein gemeinsamer Vollzug mit Berlin kann durchaus sinnvoll sein. Für uns Liberale steht allerdings die inhaltliche Ausgestaltung des Jugendarrestvollzuges im Vordergrund. Es geht um Qualität im Vollzug für nachhaltige Erziehungserfolge. Wenn Berlin sich nicht auf vergleichbare Regelungen einlässt, kann ein gemeinsamer Vollzug nicht stattfinden. Wir sollten alles dafür tun, zu einem gemeinsamen Vollzug beider Länder auf hohem Niveau zu kommen. Vielen Dank.
Auf der letzten Justizministerkonferenz wurde unter anderem der Gesetzentwurf zur Einführung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen und anderen Verbänden diskutiert. Zielsetzung des Gesetzentwurfs ist ein schärferes Vorgehen gegen Wirtschaftskriminalität. Dies soll durch die Durchbrechung des individuellen Schuldprinzips erreicht werden. Künftig sollen nach dem Gesetzentwurf nicht nur individuell schuldhaft handelnde Personen, sondern soll auch das Unternehmen strafrechtlich verantwortlich sein, wenn es zu Pflichtverletzungen im Unternehmen gekommen ist und es davon profitiert hat oder zumindest profitieren sollte.
Ich frage die Landesregierung: Wie positioniert sie sich zu den Vorschlägen des vorliegenden Gesetzentwurfs aus NordrheinWestfalen zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts?
Herr Minister, dass es sicherlich Handlungsbedarf gibt bei der Frage der Strafbarkeit von kollektivem Handeln, von Gremien
entscheidungen oder auch in Befehlsstrukturen, diese Frage stellt sich übrigens manchmal auch bei staatlichem Unrecht.
- Genau. Dass da Handlungsbedarf besteht, ist, glaube ich, unstrittig, auch bei den Kritikern dieser Pläne. Glauben Sie denn, dass das schließlich auch verfassungsrechtlich verankerte Schuldprinzip wirklich einer so einfachen Abwägung - da bringt ein Gesetzentwurf mehr Vor- als Nachteile - zugänglich ist, oder muss man nicht darüber nachdenken, wirklich Wege zu finden, die das Schuldprinzip nicht antasten? Denn an der Frage, dass Vorsatz und Schuld nur bei einer konkreten Person festzustellen sind, kommt man ja nicht vorbei.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz zur Änderung medienrechtlicher Vorschriften beinhaltet eine Vielzahl von Anpassungen
des Medienrechts aufgrund von Staatsverträgen, und in den meisten Fällen handelt es sich um Klarstellungen bzw. um Änderungen, die politisch nicht umstritten sind. Trotzdem ist es mir wichtig, dass wir heute die Gelegenheit haben, als Medienpolitiker das Thema zu debattieren. Medienpolitik sollte nämlich durchaus einen größeren Anteil in unseren Diskussionen einnehmen.
Leider ist das bisher etwas unterbelichtet. Dazu trägt auch bei, dass Staatsverträgen meist nur noch zugestimmt werden kann und dem Parlament so jede Gestaltungsmacht genommen ist. Über diesen Punkt haben wir tatsächlich schon öfter hier debattiert, und meine Fraktion hat bereits vor zwei Jahren einen Antrag dazu eingebracht: Parlamente bei Staatsverträgen stärker und früher einbeziehen. - Der ist leider abgelehnt worden, wir können die Debatte ja gerne noch einmal führen.
Ich finde auch, Herr Ness, Sie haben zu Recht gesagt: Das Thema ist komplex.
Gerade weil es komplex ist, müssen wir uns früh und angemessen damit auseinandersetzen. Es kann ja nicht unser Selbstverständnis sein, dass die Materie für Abgeordnete zu komplex und nur für Rundfunkratsmitglieder wichtig sei.
Insofern stirbt die Hoffnung zuletzt. Ich finde, deshalb ist zu hoffen, dass der Wechsel im Vorsitz des Hauptausschusses dazu führt, dass die Bedeutung medienpolitischer Fragen zunimmt, und Sie das auch als Verantwortung begreifen, andere Abgeordnete, die für Medienpolitik zuständig sind, früh und stark einzubeziehen. Die Tatsache, dass wir in der nächsten Sitzung zu diesem vorliegenden Gesetzentwurf eine Anhörung haben werden, ist dabei positiv zu werten.
Aber zum Inhalt des Gesetzes zur Änderung medienrechtlicher Vorschriften: Neben den erwähnten unproblematischen Anpassungen gibt es auch umstrittene Fragen, etwa die künftige Ausgestaltung der Freien-Vertretung im rbb. Bislang ist eine FreienVertretung ohne Personalvertretungskompetenzen vorgesehen. Und zu Recht weisen Gewerkschaften, Personalrat und Verbände darauf hin, dass eine deutliche Besserstellung von freien Mitarbeitern durch eine Einbeziehung in das Personalvertretungsgesetz, etwa beim ZDF und auch bei weiteren Anstalten der ARD wie WDR, SR, HR und SWR, erfolgt. Warum diese Schlechterstellung beim rbb stattfindet, ist für uns nicht nachvollziehbar.
Meine Damen und Herren, bislang haben freie Mitarbeiter gar keine Vertretung. Ich bin aber der Auffassung, dass man hier nicht auf halbem Wege stehenbleiben und die Evaluierung nach zwei Jahren auch als Korrektiv nutzen sollte.
Ich freue mich auf die Anhörung und die Beratung im Hauptausschuss. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes ist - das haben uns die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenvertreter noch einmal sehr deutlich gemacht - ein Fehler. Die Stellungnahmen gleichen teilweise einer Bankrotterklärung an die Landesregierung. Sie kommen nur in wenigen Punkten den Forderungen der Kommunen entgegen. So verzichten sie auf den Faktor der Anzahl der Kinder unter 18 Jahre im Verteilungsschlüssel. Die Mittelverwendung wird nicht anhand der tatsächlichen Fallzahlen, sondern mittels Kennzahlen im Verhältnis der Fallzahlen zur Einwohnerzahl vorgenommen.
Das reicht bei weitem nicht aus, um das FAG zukunftsfest zu machen. Der große Wurf gelingt Ihnen damit leider nicht. Forderungen nach einer Erhöhung der Verbundquote von derzeit 20 % auf 21,427 % verschließen Sie sich ebenso wie einer Streichung des kompletten Vorwegabzugs in Höhe von 50 Millionen Euro. Der Einführung eines Soziallasten- und Jugendhilfeausgleichs wird eine enorme Bedeutung beigemessen.
Das, was Sie uns hier vorgelegt haben, ist für uns nicht zustimmungsfähig. Die berechtigten Forderungen nach einer bedarfsgerechten Finanzausstattung erfüllen Sie keineswegs. Sie verfahren nach dem Prinzip: linke Tasche, rechte Tasche. Nach Ihren Plänen werden ab 2014 die Mittel aus der schrittweisen Rückführung des Vorwegabzugs in 2014 und 2015 in Höhe von 10 Millionen Euro zur Ausfinanzierung von Sozial- und Jugendhilfelasten herangezogen werden. Dieser schrittweise Abbau ist wohlgemerkt keine Stärkung der Kommunen, wie von Ihnen immer wieder behauptet wird. Insgesamt wird Geld im bestehenden System umverteilt. Das Geld wird letztlich der kommunalen Finanzmasse entnommen, auch wenn Sie das nach außen so verkaufen, als gäbe es mehr Geld.
Es werden in der Summe über die kommenden zwei Jahre 20 Millionen Euro umverteilt. Das Geld wird an anderer Stelle fehlen. Herr Burkardt hat es schon gesagt, es kann nur von einem Tropfen auf den heißen Stein gesprochen werden. Ein Soziallastenausgleich, der eine bedarfsgerechte Mittelauskehr vorsieht, gelingt Ihnen damit nicht. Sie verpassen damit wiederholt die Chance, das FAG grundlegend auf die Füße zu stellen und es um wirkliche Leistungsanreize und Wettbewerbselemente zu erweitern. Denn um das System effizienter zu machen, braucht es nicht immer Geld. Auch Wettbewerb untereinander ist notwendig.
Dieses Finanzausgleichsgesetz bestraft solide Haushaltsführung von Kommunen. Gefragt ist eine angemessene Ausstattung aller Kommunen, nicht eine weitere Umverteilung unter den Kommunen des Landes. Die Landesregierung bestraft und erschwert das Funktionieren kommunaler Selbstverwaltung. Unser Land Brandenburg hat etwas Besseres verdient. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt ein Nachtragshaushalt der rot-roten Landesregierung für die Jahre 2013/2014 vor. Es wurde hier schon erwähnt: Er hat viele Gründe, vor allem aber die Probleme am Flughafen BER, und diese sind auch in finanzieller Hinsicht längst zu einem unkalkulierbaren Risiko geworden, über das Sie wohl die Kontrolle verloren haben.
Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit dem uns vorliegenden Nachtragshaushalt fällt das von Ihnen bekannte Schlagwort „erfolgreiche Haushaltspolitik“, auch wird von einem starken Willen zur Konsolidierung gesprochen. Doch schauen wir genauer hin! Sie nutzen den Nachtragshaushalt geschickt, um ein Jahr vor der Landtagswahl Beruhigungspillen zu verteilen. Schadensbegrenzung im Hinblick auf den Dauerbrenner BER trifft es in diesem Fall auch. Richtig ist: 10 Millionen Euro mehr für die Bildung ab 2014. Aber das ist auch, wie so vieles bei Ihnen, ein Tropfen auf den heißen Stein. Es ist längst überfällig. Mit der Erhöhung der Vertretungsreserve erfüllen Sie eine FDP-Forderung, aber leider nur halbherzig; denn auch diese Investition ist viel zu niedrig im Vergleich zu den Problemen, die bewältigt werden müssen. Die Vertretungsreserve wird zwar erhöht, der Vertretungsbedarf allerdings steigt auch immer mehr und liegt bei fast 10 %. Von daher ist nicht viel gewonnen.
Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass wir bereits im letzten Jahr ein Landeskonzept zur Vermeidung von Unterrichtsausfall gefordert haben, eine Erhöhung der Vertretungsreserve, eine angemessene Personalausstattung sowie ein Gesundheitsmanagement zur Vermeidung von Langzeiterkrankungen; denn der Krankenstand ist ein echtes Problem. Ein liberales Konzept zur Absicherung des Unterrichts liegt also vor. Die Lage ist immerhin so ernst, dass einige Kommunen versuchen, diese Landesaufgabe aus ihren eigenen Mitteln zu erfüllen. Insofern müssen sie schon ziemlich verzweifelt sein.
Meine lieben Koalitionäre, vor dem Hintergrund sprudelnder Steuereinnahmen ist die Neuverschuldung im Jahr 2013 - sie soll sich auf immerhin 130 Millionen Euro belaufen - für unsere Fraktion nicht nachvollziehbar. Sagen Sie uns, in welchen Löchern die hier schon mehrfach erwähnten Steuermehreinnahmen verschwinden. Wann wollen Sie mit dem Schuldenabbau beginnen? Herr Dr. Markov, Sie rühmen sich damit, im Wahljahr 2014 keine neuen Schulden zu machen. Die Königsdisziplin wäre allerdings, endlich mit dem Schuldenabbau zu beginnen. Doch diesen Trümmerhaufen verschieben Sie in die
Zeit nach 2014. Sie verpassen damit die gegebene Chance, mit diesem Nachtragshaushalt auch Korrekturen vorzunehmen und Weichen zu stellen für eine prosperierende Zukunft unseres Landes.
Kommen wir zu der Frage, wie die Mehrausgaben finanziert werden sollen: Rücklagenentnahmen in den Jahren 2013 und 2014. Interessant, wenn man bedenkt, dass alle Oppositionsparteien bisher in den Haushaltsberatungen dafür kritisiert wurden, wenn sie die Rücklagen als Finanzierungsquelle benannt haben. Schließlich die Kürzung der Mittel für Kreditmarktzinsen. Kreditmarktzinsen, da war doch was? Der Landesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht für 2012 den Finger in die Wunde gelegt und auf einen Missstand aufmerksam gemacht, den es zu beseitigen gilt: Mehr Zinsausgaben für Kreditmarktmittel und Kassenverstärkungskredite über Jahre hinweg zu veranschlagen - wir haben gehört, die Landesregierung tut das schon seit dem Jahr 2010 -, als am Ende des jeweiligen Haushaltsjahres ausgegeben werden mussten. Das ist alles andere als seriöse Haushaltspolitik dieser rot-roten Landesregierung. Sie verletzen damit wiederholt das Prinzip der Haushaltswahrheit und -klarheit. Statt Zinsentwicklungen in den jeweiligen Zeiträumen zu berücksichtigen und Anpassungen vorzunehmen, haben Sie die bewusste Überveranschlagung genutzt, um über- und außerplanmäßige Ausgaben zu decken und globale Minderausgaben zu erwirtschaften.
Meine Damen und Herren, wir haben derzeit noch eine robuste wirtschaftliche Lage. Wir erzielen Einnahmerekorde in Folge. Wann, wenn nicht jetzt, lassen Sie die Vernunft bei sich einkehren und nutzen Sie die Situation dazu, mit dem Schuldenabbau zu beginnen? 20 Milliarden Euro sind keine Peanuts. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Auch ich finde, das ist ein richtiges und wichtiges Anliegen, das viel zu ernst für Schnellschüsse, für wohlfeile Schuldzuweisungen ist. Deshalb möchte ich mich auch nicht lange mit der üblichen Strategie, hier den Bund für alles verantwortlich zu machen, aufhalten. Wüssten Sie sich eigentlich noch Rat, wenn Sie diesen Sündenbock nicht hätten?
Es ist für Sie vielleicht keine Beruhigung, für uns schon: Die Koalition auf Bundesebene, die Bundesregierung nimmt ihre Verantwortung wahr, und zwar über verschiedene Ressorts hinweg. Verantwortlich für die Diktaturaufarbeitung ist der Beauftragte für die neuen Länder beim Bundesinnenministerium. Der hat bereits angekündigt, dass sich der Bund finanziell beteiligt und ein solches Forschungsprojekt verwirklicht - übrigens in guter Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsminister, der das Seine getan und gesagt hat: Es ist ein gemeinsames Anliegen der Politik und zum Beispiel der deutschen Pharmaunternehmen, lückenlose Aufklärung zu schaffen und diese Dinge sachlich und wissenschaftlich aufzuarbeiten.
Das Thema ist allerdings nicht in erster Linie gesundheitspolitisch angesiedelt. Insofern möchte ich als Mitglied der Enquetekommission unter lauter Gesundheitspolitikern ganz bewusst zu anderen, grundsätzlichen Überlegungen kommen und auch sehr gern die nachdenklichen Töne, die vorhin in der Ausstellungseröffnung zum 17. Juni zum Tragen kamen, aufgreifen: Ich finde, das Thema Medikamententests an früheren DDRBürgern ist Anlass zu Nachdenklichkeit, gerade auch bei früheren Verantwortungsträgern der SED
und auch all jenen, die immer wieder das Hohelied der vermeintlich klassenlosen Staatsmedizin singen. Denn eine ernsthafte und differenzierte Auseinandersetzung mit der Diktatur der DDR - Herr Eppelmann hat sie zu Recht eingefordert - ist eben mehr als das Erinnern an Club-Cola und Schwester Agnes oder das Schwärmen von guten Filmen wie „Paul und Paula“. Es ist auch die Auseinandersetzung mit der Rolle bestimmter Berufsgruppen in Diktaturen, die vor besonderen Herausforderungen und auch moralischen Prüfungen standen. Das trifft für Lehrer, Künstler, Juristen und gerade auch Ärzte zu.
Bei schweren Erkrankungen war es eben häufig eher eine VielKlassen-Medizin. Ich glaube, vom Kreiskrankenhaus bis zum Regierungskrankenhaus gab es sehr unterschiedliche Behandlungen, und das wussten auch viele DDR-Bürger. Dazu gibt es übrigens interessante Dokumentationen, auch von NDR und MDR. Ein System, das sich die Gleichheit auf die Fahne geschrieben hat, hat leider viel zu oft zu sehr feudalen Verhältnissen geführt.
Es gibt bei der Erinnerung an das Gesundheitssystem dieser Diktatur eine einfache menschliche Besonderheit: Jeder, der sich erinnert, war damals jünger und damit tendenziell gesünder, als er heute ist. Bei allen Schwierigkeiten, die es auch heute im Gesundheitssystem gibt, muss man doch sagen, dass die Planwirtschaft oft zu sehr schwierigen Situationen auch für die Ärzte und das Pflegepersonal geführt hat. Deshalb ist das sehr differenziert zu sehen.
Natürlich stand es damals auch nicht in der Zeitung, wenn Patienten nicht das neueste Medikament bekamen oder nicht die
Untersuchungsmethode, die auf dem neuesten Stand war, angewendet wurde, weil die Planwirtschaft nicht in der Lage war, die neusten Geräte vorzuhalten.
- Ja, natürlich! Aber es ist nun einmal Fakt, dass eine Planwirtschaft, die nicht in der Lage war, die wichtige Versorgung bereitzustellen, offenbar intransparente Verhandlungen mit der Pharmaindustrie geführt hat. Das ist das Traurige daran, richtig. Aber es sollte dazu anregen, über die Faktoren nachzudenken, die dazu geführt haben. Deshalb muss sehr genau untersucht werden, was damals los war. Aber es hilft eben nicht, einfach nur Appelle loszulassen, sondern man muss genau darüber nachdenken, um nicht zu falschen Rezepten zu kommen.
Deshalb ist die angekündigte Aufarbeitung so wichtig. Der Bund hat zugesagt, sich zu beteiligen. Übrigens ist die Berufsgruppe der Ärzte schon weiter, denn auch Landesärztekammern - nicht nur die Bundesärztekammer - haben angekündigt, sich finanziell zu beteiligen. Ich glaube, auch das Land Brandenburg wäre gut beraten, alles in seiner Macht Stehende zu tun, sich daran zu beteiligen und nicht auf andere mit dem Finger zu zeigen. Das würde, glaube ich, dem Schicksal der Betroffenen viel besser gerecht werden. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon bei der Einbringung des vorliegenden Gesetzentwurfes wurde deutlich: Die weit überwiegende Mehrheit des Landtages steht für einen therapiebezogenen und resozialisierungsfreundlichen Vollzug der Sicherungsverwahrung in Brandenburg. Und der vorliegende Gesetzentwurf ist dazu geeignet, das auch zu gewährleisten. Wirklich entscheidend sind aber nicht nur die Buchstaben des Gesetzes, sondern vielmehr die personelle Ausstattung und die Qualifikation der Bediensteten in allen Anstalten.
Die im Gesetz festgelegten ambitionierten Standards sind nur zu erreichen, wenn ausreichend gut aus- bzw. fortgebildetes Personal vorhanden ist.
Sehr geehrte Damen und Herren von SPD und Linke! Ich möchte Sie hier noch einmal an die Einlassungen von Herrn
Köbke, der heute auch hier ist, und anderen in der Anhörung erinnern. Kritik am Gesetz wurde primär bezüglich dessen geübt, dass bei den Praktikern Vorbehalte bestehen, ob seitens der Regierung auch wirklich ausreichend Personal zur Verfügung gestellt werden wird. Hier stehen Sie, Herr Minister Schöneburg, jetzt in der Pflicht. Wie Sie im Rechtsausschuss ausgeführt haben, soll auf einen Nachtragshaushalt in dieser Wahlperiode verzichtet und erst im nächsten Doppelhaushalt - also für das Jahr 2015 - nachjustiert werden. Wir sind gespannt, wie Sie im Ergebnis die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes auch personell umsetzen wollen. Möglicherweise muss hier auch noch einmal über den Personalbedarfsplan 2018 gesprochen werden.
Lassen Sie mich noch auf einen wesentlichen Punkt kommen. Wir Liberale unterstützen die Einführung eines Diagnoseverfahrens und die Bereitstellung vielfältiger therapeutischer sowie sozialtherapeutischer Maßnahmen. In diesem Zusammenhang will ich noch einmal deutlich machen: Wir brauchen die sogenannte norddeutsche Lösung, denn nur durch eine Kooperation mehrerer Bundesländer wird es möglich sein, hochwertige spezialisierte Therapieangebote für diesen relativ kleinen Personenkreis besonders gefährlicher Täter bereitzustellen und gleichzeitig den finanziellen Aufwand in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Das wird nur durch Kooperation und Spezialisierung möglich sein.
Meine Damen und Herren, wir stehen derzeit noch am Anfang der neuen Ausgestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung in Brandenburg. Die gesetzlichen Regelungen werden rechtzeitig, wenn auch - im Vergleich mit anderen Bundesländern - spät geschaffen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Politik aufgefordert, bis zum 31. Mai dieses Jahres zu handeln.
Durch das Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz verfügt Brandenburg künftig über ein möglichst bundeseinheitliches Vollzugskonzept aus einem Guss, das den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes sowie den Leitlinien des Bundesgesetzgebers entspricht und keine Spielräume für Umgehungen in der Praxis erlaubt.
Wichtig ist auch, dass wir hier eine Berichtspflicht aufgenommen haben. Ich denke, schon nach dem ersten Bericht werden wir die praktischen Probleme besser beurteilen können; sie werden sich zeigen. Spätestens dann sollten wir noch einmal konkret über die sachliche und personelle Ausstattung im Bereich des Vollzuges der Sicherungsverwahrung sprechen.
Lassen Sie mich zuletzt noch den Opferschutz ansprechen: Ich glaube, alle Rechtspolitiker hier im Parlament sind sich bewusst, wie sensibel das Thema Sicherungsverwahrung zu diskutieren ist. Unsere Aufgabe ist es, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die sicherstellen, dass die Untergebrachten befähigt werden, keine Straftaten mehr zu begehen, und sie somit vorzeitig auf Bewährung entlassen oder auch Maßregeln für erledigt erklärt werden können.
Die Schaffung von Akzeptanz in der Bevölkerung für diese Tatsache ist ebenfalls eine Aufgabe für uns Parlamentarier. Hier würde ich mir manchmal mehr Geschlossenheit wünschen.
Bei all jenen, bei denen die Gefährlichkeit nicht gemindert werden kann, ist nun sichergestellt, dass für sie eine sichere Unterbringung bereitgehalten wird. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies wird nach fast fünf Jahren meine letzte Rede in diesem Landtag sein. Mein allererster Beitrag in der konstituierenden Sitzung galt der Frage, wo und wie wir als Abgeordnete uns auf eine Zusammenarbeit mit der Stasi überprüfen lassen. Insofern schließt sich da ein Kreis für mich, denn die Beschäftigung mit dem DDR-Unrecht war ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit als Abgeordnete.
Ulrike Poppe hat es gesagt: 25 Jahre sind gar kein so großer Abstand. Deshalb lohnt es sich, sich zu erinnern, was konkret vor 25 Jahren hierzulande geschah. Heute vor 25 Jahren schnitten die Außenminister Ungarns und Österreichs ein Loch in den Stacheldrahtzaun. Ich glaube, wir verdanken, wenn es darum geht, dass wir Feste der Freiheit feiern konnten, unseren europäischen Nachbarn so viel mehr, als uns oft im Alltag bewusst ist.
Zur Realität hierzulande gehörte eben auch in diesen Tagen die Drohung vor 25 Jahren, dass China nicht so weit weg sei. Nicht zuletzt von dem Mann, der die auch hierzulande gern gepflegte Legende von der Wende prägte. Im DDR-Fernsehen hieß es, dass westliche China-Korrespondenten 3 000 Tote erfunden hätten.
Manche haben die Notwendigkeit dieser Auseinandersetzung nicht verstehen wollen und reden dann davon, dass der Blick zurück doch wenig bei dem Versuch helfe, aktuelle Probleme zu bewältigen und zukünftige schon im Ansatz zu verhindern.
Doch der Bericht, den uns Ulrike Poppe vorgelegt hat, zeigt sehr anschaulich das Gegenteil. Wir werden auch in der Gegenwart scheitern, wenn wir die Beschäftigung mit der Vergangenheit nicht als Lernprozess verstehen. Das war übrigens auch immer die Parole des sogenannten antifaschistischen Kampfes der SED, und es ist natürlich auch Grundlage und Ziel von Initiativen gegen Rechtsextremismus. Was aber für die Zeit vor 1945 gilt, sollte seine Berechtigung auch für die Machtverhältnisse in der DDR haben.
Was können wir also daraus lernen? Eine Demokratie ist nur dann lebendig, wenn sie Menschen Raum für kritische, unbequeme Teilhabe am politischen Prozess gibt. Zugleich führt die Gewaltherrschaft einer Partei nicht nur zur Unterdrückung derer, die eine andere politische Meinung äußern oder auch nur haben. Wenn weite Teile der Bevölkerung keine Gelegenheit haben zu lernen, wie ein demokratisches Fundament mit Leben zu erfüllen ist, sondern sich gezwungen sehen zu schweigen, sich anzupassen oder aber wegzugehen, dann hat auch das nachhaltige Spuren hinterlassen. Darauf gibt der Bericht der Landesbeauftragten ebenfalls einige Hinweise.
Auch deshalb ist die Beschäftigung mit der Vergangenheit ein Gegenwartsproblem. Wir werden in absehbarer Zeit in den
neuen Bundesländern nicht mehr vor allem die Arbeitslosigkeit, sondern den Mangel an fachlich Qualifizierten zu bewältigen haben. Und wir wissen nur zu genau, dass wir da im Vergleich zu den sogenannten alten Bundesländern dürftig dastehen, weil wir es teilweise noch nicht schaffen, die Willkommenskultur zu pflegen, die den Zuzug erleichtert. Übrigens auch die Rückkehr derer, die das Land zwischen 1949 und 1989 verlassen haben.
Die Auseinandersetzung mit Diktatur - das ist schon mehrfach angesprochen worden - ist vor allem die Auseinandersetzung mit dem Leben von Menschen, mit einzelnen Schicksalen, aber auch mit dem, was ihre Familien und ihre Nachkommen prägt. Da gibt es manchmal nur begrenzt Handlungsmöglichkeiten für Härtefälle; auch das sagt der Bericht. Es braucht eine Sensibilisierung. Sie kann und muss von oben erfolgen. Es ist Aufgabe der Politik, ein Klima zu schaffen. Es ist vor allem aber Aufgabe von Bildungsarbeit - und zwar sowohl staatlich, in unseren Schulen, als auch zivilgesellschaftlich. Beides muss sich ergänzen und darf nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Die Sorge der Betroffenen ist ganz stark die, ob auch die Handlungsempfehlungen der Enquetekommission wirklich umgesetzt werden. Meines Erachtens ist es wichtig, dass wir insofern zur Normalität finden, jetzt einfach einmal die Existenz einer Landesbeauftragten als positive Normalität in Brandenburg zu sehen, sie nicht so sehr als besonderes Verdienst darzustellen - so, wie es eben lange ein Defizit und ein Nachholbedarf war -, nicht mehr so sehr ihre allgemeine Existenz noch besonders betonen zu müssen, sondern die konkrete Unterstützung einfach zu leisten.
Wir haben jetzt, nach fünf Jahren - und dass Ulrike Poppe berufen wurde, erfolgte auch zu Beginn dieser Koalition - eine erste Bilanz. Dazu kann ich hier leider nicht näher ausführen. Was aber den notwendigen Mentalitätswandel betrifft, auf den die SPD setzen musste - auch bei ihrem Koalitionspartner -, möchte ich doch eines noch zu der Beschlussempfehlung sagen, die die Koalition vorgelegt hat.
Da hat der Landtag, der durch Wahlen bestimmte Vertreter des Souveräns und des Volkswillens, seine Vorstellungen, wie die Landesregierung handeln sollte, und bittet - ich wiederhole: er bittet - die Landesregierung. Hier wäre mehr Selbstbewusstsein geboten. Das ist eine etwas vordemokratische Sicht auf die Landesregierung. Ich glaube, der Landtag sollte ruhig fordern.
Das signalisiert, dass die Beschäftigung mit den Erblasten der Vergangenheit eine Notwendigkeit bleibt. Ich werde mich weiter dafür engagieren, unter anderem im Heimkinderbeirat und bei „Gegen Vergessen - Für Demokratie“. Dabei freue ich mich auf die weitere Zusammenarbeit mit Ulrike Poppe und wünsche ihr und unserem Land Brandenburg für ihre Tätigkeit als Landesbeauftragte weiterhin viel Erfolg.
Ich bitte um eine kurze persönliche Bemerkung in der letzten Rede hier: Es war eine Ehre, diesem Haus anzugehören. Das ist es, Abgeordnete zu sein und ein Mandat für fünf Jahre zu haben. Ich habe hier viele - nicht nur, aber sehr viele - gute Erfah
rungen gemacht. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich hier fachlich und menschlich begleitet haben, bei allen, die in der Lage waren, hart in der Sache und dabei herzlich im persönlichen Umgang zu sein, die in der Lage waren, Ermutigung und Anerkennung persönlich auszudrücken.
Ich wünsche allen, die diesem Haus wieder angehören werden, dafür viel Kraft, Freude, Besonnenheit und das notwendige parlamentarische Selbstbewusstsein. Ich freue mich auf neue Herausforderungen und auch darauf, den einen oder anderen von Ihnen bei anderer Gelegenheit wiederzutreffen. - Ihnen alles Gute! - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 2006 zur Notwendigkeit einer speziellen gesetzlichen Regelung für den Jugendstrafvollzug in Deutschland und dessen Ausgestaltung ist ein Meilenstein. Das bereits Ende 2007 in Kraft getretene Brandenburgische Jugendstrafvollzugsgesetz wird dessen Anforderung im Wesentlichen gerecht. Es orientiert sich am Erziehungsgedanken und enthält wesentliche Abweichungen gegenüber dem Erwachsenenstrafvollzug, zum Beispiel im Bereich der Besuchszeiten mit mindestens vier Stunden im Monat gegenüber einer Stunde Mindestbesuchszeit für erwachsene Strafgefangene.
Meine Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat einen besonderen Schwerpunkt auf die Bereitstellung ausreichender Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, geeigneter Formen der Unterbringung und Betreuung sowie angemessener Hilfen für die Entlassungsvorbereitung gelegt. In diesem Zusammenhang wurde der seit der Föderalismusreform zuständige Landesgesetzgeber verpflichtet, zur Beobachtung und nach Maßgabe der Beobachtungsergebnisse zur Nachbesserung der jeweiligen Jugendstrafvollzugsgesetze tätig zu werden.
Auf die Ergebnisse der Großen Anfrage in diesem Bereich werde ich gleich noch eingehen. Jetzt nur so viel: Für uns Liberale liegt der Schwerpunkt der Durchführung eines erfolgreichen Jugendstrafvollzuges darauf, dass Bildungs- und Behandlungsmaßnahmen durchgeführt und auch auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Nur so ist es beispielsweise möglich, die Auswirkungen einzelner Maßnahmen auf die Rückfallgefahr verlässlich festzustellen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Antwort auf unsere Große Anfrage hat gezeigt: Grundsätzlich hat sich dabei der Jugendstrafvollzug in Brandenburg bewährt. Ein besonders positives Beispiel ist der Anstieg bei den Anwendungsfällen des offenen Vollzuges von 14 Fällen im Jahr 2009 auf 18 im Jahr 2012. Wir
Liberalen haben uns immer dafür eingesetzt, dass eine Stärkung des offenen Vollzuges erfolgt.
Auch heute ist jedoch weiterhin ein klares Missverhältnis zwischen offenem und geschlossenem Vollzug zu erkennen. Im Jahr 2012 stehen 18 belegte Haftplätze im offenen Vollzug 137 im geschlossenen Vollzug gegenüber. Selbstverständlich müssen die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen und es muss bestmöglich gewährleistet werden, dass sich die Gefangenen dem Vollzug nicht entziehen oder dass gar die Möglichkeiten des offenen Vollzuges für die Begehung von Straftaten missbraucht werden. Es gilt allerdings weiterhin, sich für eine Stärkung des offenen Vollzuges auszusprechen, denn er bietet eine bessere Vorbereitung auf ein Leben nach der Haft und dient damit auch deutlich besser dem Ziel der Resozialisierung.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang kurz auf die Anhörung im Rechtsausschuss zum Justizvollzugsgesetz des Landes Brandenburg am vergangenen Donnerstag eingehen. In diesem Gesetz soll auch das bisherige Brandenburgische Jugendstrafvollzugsgesetz aufgehen. Die Befragung der Experten hat ergeben, dass bei der Frage der gesetzlichen Regelung des Verhältnisses von offenem und geschlossenem Vollzug durchaus noch Diskussionsbedarf besteht. Denn sowohl das Brandenburgische Jugendstrafvollzugsgesetz als auch das geplante neue Justizvollzugsgesetz sehen eine Regelung vor, bei der beide Vollzugsformen gleichberechtigt nebeneinanderstehen.
Im Strafvollzugsgesetz des Bundes ist bislang der offene Vollzug der Regelvollzug. Dass die Praxis leider oft anders aussieht, ist bedauerlich und sicherlich nicht wegweisend im Sinne der Resozialisierung. Das Aufgeben dieses Regel-AusnahmeVerhältnisses könnte dazu führen, dass der Zugang zum offenen Vollzug weiter erschwert würde, und dies wäre unserer Ansicht nach der falsche Weg, den wir daher überdenken sollten.
Auch die Vollzugslockerungen, also die Anzahl der Ausführungen bzw. Ausgänge und der Außenbeschäftigungen, haben sich in den letzten Jahren deutlich positiv entwickelt. Insbesondere bei den Ausgängen ist ein deutlicher Anstieg von 187 Fällen 2009 auf 353 im Jahr 2011 bzw. 304 bis Oktober 2012 zu verzeichnen. Auch die Praxis bei der Gewährung von Außenbeschäftigungen begrüßen wir Liberalen. Hieran konnten 2012 41 Gefangene teilnehmen - gegenüber lediglich 3 im Jahr 2009. Auch beim Freigang ist fast eine Verdoppelung der Fälle im Vergleichszeitraum zu verzeichnen. Dieser Weg hin zu einer besseren Resozialisierung ist der richtige Weg, um die Rückfallgefahr zu reduzieren.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Schwerpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist auch die Durchführung geeigneter Behandlungsmaßnahmen. Die Landesregierung teilt in ihrer Antwort auf die Große Anfrage mit - ich zitiere von Seite 12 -:
„Eine länderspezifische Evaluation aller im Jugendstrafvollzug angebotenen Vollzugs- und Behandlungsmaßnahmen ist weder fachlich geboten noch finanzierbar.“
Auf den ersten Blick mag diese Annahme einleuchten. Wenn man sich aber ein wenig in anderen Bundesländern umsieht, so kann man feststellen, dass diese durchaus eigene Evaluationen durchgeführt haben. So wurden beispielsweise in Sachsen-Anhalt Effizienzbewertungen der Maßnahmen durchgeführt und
in den regelmäßig durch das Justizministerium vorgelegten Bericht über den Stand des Jugendstrafvollzuges aufgenommen. Hier in Brandenburg behilft man sich damit, dass Maßnahmen in den Jugendstrafvollzug aufgenommen werden, die bereits fremdevaluiert worden sind oder als Modellprojekte wissenschaftlich begleitet wurden. Hierbei überrascht dann aber, dass ein erwiesenermaßen wirksames Projekt, das bei seiner Evaluation eine signifikante Absenkung der Rückfallquote um 14 % ergab - das R+R-Programm -, in den letzten Jahren lediglich jeweils im Rahmen einer Maßnahme durchgeführt worden ist.
Ein weiterer Punkt, der in der Antwort auf die Große Anfrage auffällt, ist erschreckend: Das ist die Abnahme von Besuchen. Im ersten Halbjahr 2012 waren es 711 - im Vergleich zu 1 715 im Vorjahr. Wenn man also von einer etwa gleichbleibenden Besuchspraxis ausgeht, wäre dies eine Abnahme von fast 300 im Folgejahr. Hier ist die Ursache für diesen signifikanten Unterschied zu ermitteln. Falls sich herausstellen sollte, dass es am fehlenden Personal zur Durchführung liegt, dann müsste gegengesteuert werden. Hier erhoffe ich mir Aufklärung von Ihnen, Herr Minister. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass im vorliegenden Gesetzentwurf eine Anhebung der Mindestbesuchszeit vorgesehen ist, muss sichergestellt sein, dass diese Regelung dann auch in der Praxis funktioniert.
Klärungsbedarf habe ich auch zu Frage 17, zur Entlassungsvorbereitung und den Wiedereingliederungsmaßnahmen. Das Projekt Wegebau wurde im Jahr 2012 nicht durchgeführt, obwohl Bewertungen zu dem Ergebnis kamen, dass es sich um eine bestmögliche Entlassungsvorbereitung handele.
Zu Frage 18 schließlich, der Ausbildung und Beschäftigung ein ganz wesentlicher Faktor, um jungen Menschen ein straffreies Leben nach der Haft zu ermöglichen -, beschäftigt uns die hohe Zahl der Abbrüche von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere aus sonstigen Gründen: Entlassung, Verlegung, Wechsel in eine andere Bildungsmaßnahme oder auch intellektuelle Überforderung. Auch diesen Bereich würde ich gern näher beleuchten. Für uns Liberale ist insbesondere von Interesse, welche Möglichkeiten zur Minimierung der Abbrüche von Bildungsmaßnahmen bestehen.
Nun noch einige Worte zum Thema Gewalt im Jugendstrafvollzug. Die Ergebnisse des Gutachtens des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen sind nach Angaben der Landesregierung noch nicht abschließend ausgewertet. Somit bleibt die Forderung, dieses sensible Thema im Rechtsausschuss nochmals zu beraten und über die Ergebnisse der dortigen Feinauswertung zu berichten.
Meine Damen und Herren, zu guter Letzt eine nicht zu vernachlässigende Frage: Ausreichendes und gut qualifiziertes Personal ist eine zwingende Voraussetzung für einen gut funktionierenden Jugendstrafvollzug. Es fällt auf, dass in der JVA Wriezen derzeit kein Arbeitstherapeut vorhanden und auch allgemein eine sinkende Personalanzahl zu verzeichnen ist. Auch in der JVA Cottbus-Dissenchen ist festzustellen, dass sich die Absenkung der Personalanzahl zwar noch nicht dauerhaft auf den Krankenstand auswirkt, dennoch muss einer solchen Entwicklung vorgebeugt werden.
Insbesondere vor dem Hintergrund des in den Landtag eingebrachten Justizvollzugsgesetzes sind hohe Standards, insbesondere im Jugendstrafvollzug, sicherzustellen. Die Anhörung am letzten Donnerstag im Rechtsausschuss hat auch gezeigt, dass
die Idee der FDP-Fraktion, eine Berichtspflicht des Justizministers gegenüber dem Landtag einzuführen, sowohl vom Bund der Strafvollzugsbediensteten als auch von dem angesehenen Experten Prof. Frieder Dünkel positiv bewertet wird. Wir Liberalen sind der Auffassung, dass insbesondere beim Jugendstrafvollzug eine zweijährliche Berichtspflicht, wie sie etwa in Sachsen und Sachsen-Anhalt besteht, dazu führt, dass sich der Landtag mit diesem Thema befasst und man gleichzeitig gegenüber dem Ministerium auf Probleme hinweisen und mögliche Lösungen aufzeigen, aber auch positive Entwicklungen werten kann. Wir werden einen entsprechenden Änderungsantrag ins laufende Gesetzgebungsverfahren einbringen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat auch unabhängig vom Thema Strafvollzug einmal formuliert: Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die wesentlichen Fragen zu entscheiden. - Was kann es Wesentlicheres geben als einen so tiefen Grundrechtseingriff wie den Freiheitsentzug in jungen Jahren? Deshalb gab es früher den Begriff des „besonderen Gewaltverhältnisses“, der bei Vorkommnissen, wie sie es leider in Siegburg gab, besonders plastisch wirkt. Klar ist: Junge Menschen, die sich im Strafvollzug befinden, sind in einer besonderen Obhut des Staates. Wir tragen besondere Verantwortung für ihre Unterbringung.
Ich fände es gut, wenn wir wie in der heutigen Debatte zu diesem Thema keinen Popanz, keine falschen Gegensätze aufbauen. Wenn Kollege Eichelbaum davon spricht, dass es auch um das Leid der Opfer und um deren Schutz geht, dann sehe ich darin keinen Gegensatz zur Resozialisierung; denn dazu gehört auch, Empathie bei jungen Menschen zu fördern, die Fähigkeit, sich in andere hineinzudenken. Die Straftäter müssen verstehen, dass sie jemanden geschädigt, ihm wehgetan haben. Insoweit sehe ich überhaupt keinen Gegensatz. Wenn wir in diesem Sinne weiterkämen, wäre das gut.
Auch sonst steht Resozialisierung nicht im Widerspruch zu Sicherheit. Wenn Resozialisierung zu weniger Rückfällen führt, dann ist das - langfristig betrachtet - sehr gut für die Sicherheit. Zudem sind wir dem Steuerzahler verpflichtet. Wir müssen so viel Mittel einsetzen wie nötig und so wenig wie möglich. Das ist nur möglich, wenn wir richtig evaluieren. Für eine nicht wirksame Maßnahme ist jeder Cent zu viel. Für eine wirksame Maßnahme kann auch eine große Investition sinnvoll sein, weil sie auf lange Sicht hohe Kosten erspart.
In diesem Sinne ist die Berichtspflicht wichtig und richtig. Wir sind gesprächsbereit, was den Turnus angeht. Das muss in einem sinnvollen Rahmen passieren. Einerseits darf das Ministerium nicht lahmgelegt werden, andererseits muss der Gesetzgeber genügend Informationen für seine wichtigen Entscheidungen bekommen. In diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren Beratungen. - Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem 1. Januar 2013 ist die Umstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von der gerätebezogenen Gebühr hin zu einer haushalts- und betriebsstättenbezogenen Abgabe in Kraft. Wir Liberale haben schon in der Diskussion zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag deutlich gemacht, dass wir das neue System ablehnen. Die Ministerpräsidenten wollten einen Paradigmenwechsel durchführen, der folgende Prämissen beinhalten sollte: Vereinfachung des Systems und damit Verringerung des Kontrollaufwandes, keine Mehrbelastung der Wirtschaft, insbesondere Mittelstandsfreundlichkeit, und schließlich: stabile Gebühren. Das ist ihnen nicht geglückt!
Schon vor dem Inkrafttreten des neuen Finanzierungssystems war klar: Es wird zu Mehrbelastungen der Unternehmen, aber auch im Privatbereich, etwa bei Menschen mit Behinderungen, führen. So ist es nicht verwunderlich, dass die ersten Klagen gegen den neuen Rundfunkbeitrag angekündigt bzw. schon eingereicht worden sind.
Meine Damen und Herren, ein wichtiges Ziel des neuen Finanzierungssystems war die Schaffung größtmöglicher Akzeptanz in der Bevölkerung. Intendanten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und auch der Chef der Staatskanzlei in seinen Reden hier im Hohen Hause weisen immer auf ein „neues, gerechteres System“ der öffentlich-rechtlichen Rundfunkfinanzierung hin.
Ja, möglicherweise sinkt die Zahl der Schwarzhörer und Schwarzseher durch das neue System. Das führt aber noch nicht zu mehr Akzeptanz! Diese hätte man durch die Abschaffung der GEZ statt durch die bloße Umbenennung in ARD-, ZDF-, Deutschlandradio-Beitragsservice erreichen können. Ein Etikettenschwindel schafft kein Vertrauen.
Wir Liberale setzen uns für die Einführung einer niedrigen, einfachen und gerechten Medienabgabe ein. Wir sind überzeugt, dass sich das geräte- wie auch das haushalts- und betriebsbezogene Gebührensystem überholt hat. In einer technisch schnelllebigen Welt ist es gerechter und sinnvoller, die
Kosten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht an das Gerät oder die Wohnung, sondern an die Person zu binden. Damit würden übrigens auch alle komplizierten Ausnahmeregelungen, zum Beispiel für Datschen, überflüssig werden. Niemand würde mehrfach belastet, sondern jeder Erwachsene mit eigenem steuerpflichtigem Einkommen nur einmal. Den Einzug der Abgabe könnten - treuhänderisch und staatsfern - die Finanzämter übernehmen. Damit entfiele das Problem der Schwarzseher und es bestünde keine Notwendigkeit mehr für eine separate Gebühreneinzugszentrale.
Der große Verwaltungsapparat und die oft fragwürdigen Methoden der GEZ an den Haustüren der Bürger sind überholt. Bei der Haushaltsabgabe besteht die Notwendigkeit einer Überprüfung der Haushaltsmitglieder fort. Die verwaltungstechnische Umsetzung ist alles andere als eine Vereinfachung das Gegenteil ist der Fall! Die Aufstockung der Mitarbeiterzahl bei der GEZ ist ein Beleg dafür, dass tatsächlich mehr Daten erhoben werden. Auch die Datenschutzbeauftragten haben diese Bedenken zum Ausdruck gebracht.
Wir finden, dass der Inhalt des CDU-Antrages, nämlich sich in Bezug auf Datschen und Jugendfreizeiteinrichtungen im Rahmen der Evaluierung für Neuregelungen einzusetzen, richtig ist. Beide Bereiche sind wichtig. Besonders in Brandenburg ist das Thema der Datschen ein viel diskutiertes. Das zeigt schon die Vielzahl der Kleinen und Mündlichen Anfragen, auch hier im Haus.
Auch hinsichtlich der Jugendfreizeiteinrichtungen stellt sich die Frage, ob die Differenzierungen, die der Fünfzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag enthält, nachvollziehbar sind.
Meine liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wir unterstützen Sie deshalb in dem Ansinnen, dass die Evaluierung genutzt werden sollte, notwendige Verbesserungen zu prüfen und Änderungen vorzunehmen. Wir teilen auch die Auffassung, dass die Aussage der Rundfunkanstalten, bei der Beitreibung von Beiträgen für Datscheninhaber nicht aktiv zu werden, keine rechtssichere Regelung ersetzt. Das geht uns aber nicht weit genug. Wir sind für eine grundsätzliche Überprüfung und Revision des Systems der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dieses Finanzierungssystem ist nicht der Weisheit letzter Schluss, es ist vielmehr ein Schuss ins Blaue. Denn es gibt noch nicht einmal eine Statistik darüber, wie viele Haushalte in Deutschland betroffen sind. Das Bessere soll aber nicht der Feind des Guten sein. Deswegen stimmen wir dem Antrag der CDU zu.
Wir sind für eine große Überprüfung. Ganz vorne stehen müssen für uns die Prüfung der Mehrbelastung für Bürger, Kommunen und Wirtschaft sowie - vor allem - der Schutz der Daten unserer Bürger. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 - es wurde schon erwähnt - ist klar: Auch in Brandenburg müssen wir die Unterbringung der Sicherungsverwahrten an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts anpassen, auf neue Beine stellen. Der Bund war aufgefordert, die wesentlichen Leitlinien vorzugeben. Dies wurde mit der Verabschiedung des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebots im Recht der Sicherungsverwahrung getan. Nun ist Brandenburg am Zug!
Meine Damen und Herren, lassen Sie es mich gleich zu Beginn meiner Ausführungen deutlich machen: Wir Liberale stehen für einen resozialisierungsfreundlichen und therapiegerichteten Vollzug der Sicherungsverwahrung, der vom Bundesverfassungsgericht gefordert wurde. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Abstandsgebots hat unser höchstes Gericht in Karlsruhe folgende - nicht zehn, aber doch mehrere - Gebote formuliert: das Individualisierungs- und Intensivierungsgebot - das heißt, die Durchführung einer wissenschaftlichen Anforderungen genügenden Behandlungsuntersuchung -, das Motivierungsgebot, das Trennungsgebot - also die getrennte Unterbringung der Sicherungsverwahrten vom allgemeinen Strafvollzug - und schließlich das Minimierungsgebot - also eine Konzeption der Sicherungsverwahrung, die Vollzugslockerungen vorsehen und Vorgaben zur Entlassungsvorbereitung enthalten muss, wobei größtmögliche Freiheitsorientierung beachtet werden soll.
Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 haben nun die Länder die Gesetzgebungskompetenz für den Bereich des Strafvollzuges. Einheitliche Regelungen sind trotz der Möglichkeit der unterschiedlichen Ausgestaltung durch die Länder notwendig, schon allein, um sich nicht von Anfang an der Möglichkeit einer Zusammenarbeit im Vollzug mit anderen Bundesländern zu begeben. Aus diesem Grund begrüßen wir die gemeinsame Erarbeitung des Gesetzentwurfs mit Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen.
Meine Damen und Herren, die größte Herausforderung wird darin bestehen, die zu Recht hohen Standards, die auch eine Personalverstärkung erfordern, in Brandenburg zeitnah umzusetzen.
Insbesondere die Frage, ob wir ausreichend gut qualifiziertes Fachpersonal zur Verfügung haben, wird in den Beratungen eine Rolle spielen müssen. Auch die räumlichen Voraussetzungen müssen in unseren Justizvollzugsanstalten zum Teil erst geschaffen werden.
Lassen Sie mich kurz auf den Punkt der Sicherheit in Brandenburg eingehen: Mir ist durchaus bewusst, dass es in der Bevölkerung Angst und Vorbehalte gegenüber Sicherungsverwahrten gibt. Dies trat insbesondere in den Ländern zutage, in denen aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Sicherungsverwahrte kurzfristig und ohne Entlassungsvorbereitungen entlassen werden mussten. Wir Liberale nehmen diese Ängste sehr ernst.
Wir sind zugleich weiterhin davon überzeugt, dass allein ein resozialisierungsfreundlicher und therapiegerichteter Vollzug der richtige Ansatz ist. Auch Sicherheit muss verfassungskonform sein. Es gilt eben nicht der Schrödersche Satz vom „wegschließen - und zwar für immer“. Im freiheitlichen Rechtsstaat verpflichtet uns schon die Verfassung dazu, nach verbüßter Freiheitsstrafe die Freiheit zu gewähren und nur in wenigen, eng umgrenzten Fällen besonderer Gefährlichkeit eine besondere, vom Strafvollzug deutlich unterscheidbare Unterbringung anzuschließen. Alles andere ist Populismus.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf besonnene und umfassende Beratungen im Rechtsausschuss. Dort werden wir uns im Februar in einer Anhörung von Experten darum küm
mern, dass ein Vollzugskonzept aus einem Guss entsteht, das den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und den Leitlinien des Bundesgesetzgebers entspricht und keine Spielräume für Umgehungen in der Praxis erlaubt. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit Januar 2011 können Gerichte eine verurteilte Person, die unter Führungsaufsicht steht, anweisen, ein technisches Mittel der
elektronischen Aufenthaltsüberwachung - besser als „Fußfessel“ bekannt - mit sich zu führen. Wie Herr Eichelbaum schon sagte: Der Bundesgesetzgeber hat damit letztlich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zur nachträglichen Sicherungsverwahrung reagiert. Neben den Regelungen zur Therapieunterbringung und zur Beschränkung der Anlasstaten der Sicherungsverwahrung ist die weitgehende Abschaffung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vereinbart worden. Zudem ist die gesetzliche Grundlage für den Einsatz der elektronischen Aufenthaltsüberwachung geschaffen worden.
Dabei legen wir großen Wert auf die Feststellung, dass es sich eben nicht um eine anlassunabhängige, permanente Echtzeitbeobachtung handelt. Auch ist die elektronische Fußfessel kein Ersatz für die geschlossene Unterbringung. Zudem findet keine unbegrenzte Speicherung der GPS-Daten statt. Die Daten sind nach zwei Monaten zu löschen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Am 8. Mai 2012 hat das Kabinett endlich dem Staatsvertrag und auch der Verwaltungsvereinbarung zur Umsetzung der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder - kurz GÜL genannt - zugestimmt; heute befassen wir uns im Parlament mit dem Zustimmungsgesetz.
Um es gleich vorweg zu sagen und deutlich zu machen: Wir Liberale unterstützen die Teilnahme Brandenburgs an der Gemeinsamen Überwachungsstelle.
Hessen hat schon lange Erfahrungen mit der elektronischen Fußfessel gesammelt, von denen Brandenburg profitieren kann. Außerdem ist eine lokale Lösung nicht sinnvoll, da nicht mit einer Vielzahl von Anwendungsfällen zu rechnen ist.
Weiterhin wird durch die länderübergreifende Lösung sichergestellt, dass die Behörden angemessen auf die Tatsache reagieren können, dass die jeweiligen Probanden sich über Ländergrenzen hinweg bewegen. Wie ich der Presse entnehmen konnte, geht Herr Minister Schöneburg von etwa 15 Fällen im Jahr aus.
Genauso deutlich will ich aber auch sagen, dass wir schon sehr verwundert waren, dass Brandenburg sich als mit Abstand letztes Bundesland anschickt, dem Staatsvertrag beizutreten. Sehr geehrter Herr Minister Schöneburg, ein bisschen weniger Ankündigung und mehr schnelles Handeln wären hier angebracht.
Wir Liberale sind uns jedenfalls bewusst, dass die elektronische Fußfessel kein Allheilmittel darstellt - wie übrigens kaum eine rechtspolitische Maßnahme mit dem Anspruch verbunden sein sollte, ein Allheilmittel zu sein.
Aber durch das hohe Entdeckungsrisiko ist durchaus zu erwarten, dass die Fußfessel eine Vielzahl von Straftätern davon abschreckt, weitere Straftaten zu begehen. Vor allem durch die Bestimmung von Gebots- und Verbotszonen kann die Sicherheit der Bevölkerung und einzelner besonders gefährdeter
Opfergruppen verbessert werden, zum Beispiel durch das Verbot, sich Kindergärten, Schulen oder auch besonders kriminalitätsanfälligen Bereichen wie Bahnhöfen zu nähern.
Meine Damen und Herren, in den Ausschussberatungen werden wir folgende Themen näher zu beleuchten haben: die finanziellen Auswirkungen - laut Königsteiner Schlüssel von 2011 fallen Grundkosten pro Jahr in Höhe von 30 970 Euro und einmalige Kosten in Höhe von 7 963 Euro an -, die technischen Fragen der Umsetzung sowie die Frage eines Probebetriebes - ist ein solcher Probebetrieb geplant, wie lange und wo - und natürlich die Frage, wie lange die Polizei braucht, wenn ein Alarm bei der gemeinsamen Überwachungsstelle eingeht. - Ich freue mich auf konstruktive Beratungen in den Ausschüssen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Poppe! Der Erste Tätigkeitsbericht der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur zeigt, dass es richtig war, dieses Amt zu schaffen. Er zeigt aber auch ganz eindeutig, dass wir dieses Amt nicht erst 2009, sondern viel früher gebraucht hätten.
Der Tätigkeitsbericht beschreibt eindrucksvoll, wie groß der Beratungs- und Informationsbedarf bei den Bürgerinnen und Bürgern ist, die in der Zeit von 1945 bis 1989 von politischer Verfolgung betroffen waren. Allein im Zeitraum des Berichts das hat Herr Dombrowski schon erwähnt - haben rund 2 000 Brandenburger Anträge gestellt, haben rund 2 000 Brandenburger Hilfe dabei gesucht, in ihre Stasi-Akte Einsicht zu nehmen, einen Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung zu stellen oder auch ein Widerspruchsverfahren in Gang zu setzen.
Dass die Landesbeauftragte und ihr Team Mühe haben, alle Anfragen zu beantworten, zu bearbeiten, zeigt einmal mehr, dass die Aufarbeitung der SED-Diktatur im Land Brandenburg über viele Jahre hinweg systematisch vernachlässigt wurde. Ausgerechnet die Menschen, denen unser besonderes Interesse, unser besonderes Mitgefühl gelten sollte, waren in Brandenburg viel zu lange alleingelassen. Die Überlastung der Landesbeauftragten ist ein sicheres Indiz dafür, dass dieses Thema hier über Jahre nicht angepackt wurde.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, kurz auf einige Punkte einzugehen, die meiner Fraktion bei der Bewältigung der Folgen der kommunistischen Diktatur besonders wichtig sind. Zu Recht wird in der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses gelobt, dass der Brandenburger Landtag sich anders als andere neue Länder mit der Erkenntnis der späten Jahre dafür entschieden hat, keine Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, sondern eine Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur zu berufen.
Schon in der Bezeichnung dieses Amtes deutlich zu machen, dass es nicht nur um die Beschäftigung mit dem ehemaligen Staatssicherheitsdienst geht, ist richtig und wichtig, keine Frage. Die Stasi hat Schlimmes angerichtet, sie hat Familien und Biografien zerstört und Unschuldige hinter Gitter gebracht. Dabei dürfen wir allerdings nicht vergessen, dass sie Schild und Schwert einer Partei, der SED, war. Die Stasi war, anders als Egon Krenz und andere um die Reinwaschung der SED Bemühte behaupten, kein Staat im Staate, sie war Befehlsempfänger und ausführendes Organ der Partei.
Ich möchte Frau Poppe und ihre Mitarbeiter daher ausdrücklich ermutigen, bei Veranstaltungen, in Lehrerfortbildungen und der Öffentlichkeitsarbeit die Rolle der führenden Partei in der DDR stärker ins Blickfeld von Forschung und politischer Bildung zu rücken.
Mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall ist die Zeit reif, die gesellschaftlichen Prozesse in der DDR breiter in den Blick zu nehmen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Mir ist bewusst, dass das keine leichte Aufgabe ist, denn auf ihrem Höhepunkt 1986 hatte die SED rund 2,3 Millionen Mitglieder. Fast jeder fünfte erwachsene DDR-Bürger war Mitglied dieser Partei. Wir reden also über keine kleine Gruppe.
Stärker als bisher berücksichtigen sollten wir nach meiner Auffassung auch die Rolle der NVA, der Kampfgruppen, der Massenorganisationen und Blockparteien. Auch sie haben dazu beigetragen, dass sich die SED so lange an der Macht halten konnte.
Ursache und Wirkung sollten dabei allerdings sorgfältig auseinandergehalten werden. Die Nationale Front war Idee und Werk der SED.
Auch wenn es unangenehm und auch schmerzhaft sein wird: Eine wirkliche Aufarbeitung der SED-Diktatur kann nur gelingen, wenn wir auch von der Verantwortung der Menschen reden, die sich als Mitläufer angepasst haben. Dabei darf es ausdrücklich nicht darum gehen, Menschen für ihr Tun anzuprangern. Aber wer verstehen will, wie die SED-Diktatur funktioniert hat, der kann nicht umhin, auch nach der Mitverantwortung des Einzelnen, nach objektiven oder auch nur subjektiv empfundenen Zwängen, aber eben auch nach Handlungsspielräumen und dem Mut, sich der Mehrheit zu widersetzen, zu fragen.
Der Tätigkeitsbericht verweist auf Seite 15 zu Recht darauf, dass es immer auch um die Betrachtung konkreter Lebenssituationen geht, in denen Menschen sich so verhielten, wie sie es taten.
Mit großer Freude habe ich dem Tätigkeitsbericht entnommen, dass die Landesbeauftragte künftig stärker als bisher den Alltag der Menschen in der DDR in den Mittelpunkt ihrer Arbeit rücken will, ich kann Frau Poppe darin nur bestärken. Gerade bei einigen jungen Menschen hat sich ein verklärendes Bild der DDR festgesetzt - ohne eigenes Erleben. Da ist in Erzählungen häufig die Rede davon, dass es nicht so schlecht gewesen sei, dass es keine Arbeitslosigkeit gegeben habe, die Mieten be
zahlbar gewesen seien und die Menschen anders als im angeblich von Konkurrenz und Egoismus geprägten Westdeutschland sich umeinander gekümmert und einander geholfen hätten. Aus meiner Sicht können wir diesem Zerrbild nur mit guter politischer Bildung und weiterer Aufklärung entgegentreten.
In diesem Sinne möchte ich Frau Poppe und ihren engagierten Mitarbeitern im Namen der FDP-Fraktion nochmals danken und weiter die volle Unterstützung versichern. Sie können unserer Unterstützung sicher sein. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Pressefreiheit ist ein ganz wesentliches Grundrecht in einem freiheitlichen und demokratischen Staat, und sie ist übrigens ein dienendes Grundrecht: Die Vertreter der Presse nehmen sie wahr, aber letztlich im Interesse der Bürger, die als Zuschauer und Leser ein vielfältiges Angebot und eine gute Berichterstattung brauchen.
Anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit am 3. Mai dieses Jahres wies der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe Markus Löning darauf hin, dass die Pressefreiheit bedroht ist - Zitat:
„Die schockierenden Zahlen von ,Reporter ohne Grenzen‘ sind ein mahnendes Beispiel: Demnach wurden im Jahr 2012 bereits über 160 Journalisten und mehr als 120 Online-Dissidenten inhaftiert und 19 Journalisten getötet.“
Auch wenn es sich dabei um die internationale Lage handelt, möchte ich hier einmal die Gelegenheit nutzen, auch Nichtregierungsorganisationen wie „Reporter ohne Grenzen“ für ihre wichtige Arbeit zu danken.
Meine Damen und Herren, in Deutschland herrschen tatsächlich grundsätzlich bessere Bedingungen für Journalisten. Trotzdem darf die Politik bei der Ausgestaltung der Pressegesetze auch hier nicht aus dem Auge verlieren, dass die Landespressegesetze stets im Lichte des Grundrechts auf Pressefreiheit auszulegen sind.
Lassen Sie mich auf die vorliegenden Änderungen eingehen:
Das vorliegende Gesetz enthält notwendige Folgeänderungen im brandenburgischen Presserecht, die aufgrund von EU-Recht notwendig wurden - unter anderem hinsichtlich der Aufhebung der Residenzpflicht und der Anpassung an die technische Entwicklung. Ich möchte hier nicht näher auf das eingehen, was Kollegin Richstein schon zur Überschreitung von Fristen gesagt hat.
Meine Damen und Herren, damit Journalisten und sonstige Pressevertreter ihrer Tätigkeit wirklich umfassend nachgehen können, ist eine möglichst weite Ausgestaltung des Informationsanspruchs gegenüber den Behörden notwendig. Bisher kann sich die Verwaltung auf die Tatsache, dass es sich um ein „schwebendes Verfahren“ handelt, berufen; hierunter fallen auch alle Verwaltungsverfahren. Wir Liberale sehen hier die Gefahr, dass dieser Ausschlussgrund bei der Anwendung im Einzelfall durch eine extensive Auslegung in der Konsequenz zu einer unangemessenen Behinderung der Pressefreiheit führen kann. Daher, meine Damen und Herren, ist auch das Presserecht, wenn es in föderaler Zuständigkeit liegt, so zu regeln, dass hinsichtlich der Informationsrechte der Presse in den einzelnen Bundesländern auch jeweils grundrechtskonforme Regelungen geschaffen werden.
Im Pressegesetz der Freien und Hansestadt Hamburg als einem wichtigen Verlags- und Pressestandort Deutschlands findet sich eine besonders liberale Regelung hinsichtlich des Umfangs des Informationsrechts von Journalisten: Das Gesetz dort verzichtet auf den Verweigerungsgrund eines schwebenden Verwaltungsverfahrens - der gemeinsame Änderungsantrag der FDPFraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN übernimmt diese Regelung -, und, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus Hamburg sind keine Probleme dahin gehend bekannt, dass die Verwaltungsarbeit unverhältnismäßig durch die Anfragen und die weitergehenden Informationsansprüche der Presse erschwert würde.
Außerdem muss auch die Diskussion über mehr Behördentransparenz und folglich mehr Vertrauen in die Verwaltung in unsere Überlegungen einbezogen werden. Wir Liberale sehen etwa bei den Themen Open Data und Weiterentwicklung des brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes auch Änderungsbedarf. Da wir diese Woche das 20-jährige Jubiläum unserer Verfassung feiern, nur ein Hinweis dazu: Gerade darin, dass in der Ausgestaltung der einfachgesetzlichen Regelungen und der Verwaltungspraxis eingelöst wird, was in der Verfassung versprochen wird, zeigen sich eine gereifte Demokratie und ein gereifter Rechtsstaat.
Deshalb werbe ich noch einmal für unseren Änderungsantrag. Ich kann ja verstehen, dass Ihnen technische Anpassungen wie das Gendern wichtig sind - gerade jetzt, wo die altehrwürdige SPD auch in Brandenburg groß ins Verlagsgeschäft einsteigt -, aber lassen Sie uns doch nicht beim kleinen Karo technischer Änderungen - so richtig sie sein mögen - bleiben. Lassen Sie uns heute die Chance nutzen, nicht nur technische Änderungen vorzunehmen, sondern statt kleinem Karo ein wirklich modernes Pressegesetz zu schaffen. Aus diesem Grunde: Stimmen Sie unserem Änderungsantrag bitte zu! Für uns Liberale ist er so wichtig, dass wir uns bei Ablehnung dieser so guten Änderungen bei der Endabstimmung der Stimme enthalten werden. Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Poppe! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass ehemalige Heimkinder ab dem 1. Juli nun auch im Land Brandenburg eine zentrale Anlauf- und Beratungsstelle haben werden, die ihnen bei der Aufarbeitung ihrer Lebensgeschichte, bei der Suche nach ihren Akten und beim Zugang zu Hilfeleistungen aus dem vom Bund und von den ostdeutschen Ländern aufgelegten Hilfsfonds unterstützend zur Seite stehen wird. Wir Liberale begrüßen ausdrücklich, dass die Kompetenzen der von Frau Poppe geleiteten Behörde erweitert werden. Aber diese längst überfälligen Initiativen befreien uns nicht von einer Reihe unangenehmer und dennoch notwendiger Fragen.
Die Behandlung - besser: Misshandlung - von Kindern, die aus unterschiedlichsten Gründen in der DDR staatlichen Institutionen anheimfielen, ist auch in meinen Augen das dunkelste Kapitel der SED-Herrschaft. Es mag in manchen Fällen engagierten Menschen gelungen sein, einige dieser hilflosen Kinder vor dem Schlimmsten zu bewahren, aber insgesamt bleibt die Geschichte der Kinder- und Jugendheime eine Schande.
Ich kann hier nicht in die Details gehen; die sind inzwischen vielfach dokumentiert, und die Berichte darüber sollten zur Pflichtlektüre all derer werden, die gern darüber reden, dass nicht alles schlecht gewesen sei. Es hilft in diesem Zusammenhang auch wenig, auf die skandalösen Zustände beispielsweise in einigen kirchlichen Einrichtungen in der Bundesrepublik zu verweisen, nicht zuletzt deshalb, weil es dort über die Jahre auch zu tiefgreifenden Veränderungen kam. Vor allem aber hilft es nichts, sich vor notwendigen Fragen mit dem Argument drücken zu wollen, dass andere ja auch Fehler gemacht hätten.
Diese Geschichte der Schande erledigt sich nicht in dem schwierigen und mühsamen Versuch, wiedergutzumachen, was eher nicht wiedergutzumachen ist. Sie zwingt uns zum Nachdenken über die Grenzen, auf die damals auch viele gute und engagierte Menschen gestoßen sind, und über die Frage, warum es nicht hinreichend gelang, diesen gequälten Kindern und Jugendlichen zu helfen. Diese Frage erledigt sich nicht einfach dadurch, dass die Herrschaft derer, die dies zu verantworten haben, 1989 endlich ein Ende fand.