Sehr geehrte Damen und Herren! Ich eröffne die 19. Plenarsitzung des Landtages Brandenburg. Als Erstes begrüße ich unsere Gäste - Schülerinnen und Schüler des Weinberg-Gymnasiums Kleinmachnow. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!
Gibt es Bemerkungen zur Tagesordnung? - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Dies ist nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung beschlossen.
Bevor ich Tagesordnungspunkt 1 aufrufe, teile ich Ihnen voller Freude mit, dass unser Kollege Peer Jürgens am 02.07.1980 geboren wurde. Ohne sein Alter zu verraten, gratuliere ich ihm herzlich zum Geburtstag.
Ich teile Ihnen mit, dass Ministerin Münch heute von 10 bis 12 Uhr durch Minister Baaske vertreten wird. Ministerpräsident Platzeck wird ab 12 Uhr durch Minister Speer vertreten. Minister Markov wird ab 12 Uhr durch Minister Christoffers vertreten.
Des Weiteren liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/1593 vor.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manche von Ihnen werden meinen, die Diskussion über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg sei ein Dauerbrenner. Dennoch ergibt sich die Aktualität dieser Debatte immer wieder neu. In der letzten gemeinsamen Sitzung des Hauptausschusses des Landtages Brandenburg und des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien, Berlin und Brandenburg des Abgeordnetenhauses Berlin zeigte sich einmal mehr, wie viel Sand sich im Getriebe befindet.
Man trifft sich zum ersten Mal nach drei Jahren zu einer gemeinsamen Sitzung, und dann passiert so etwas: Man sitzt kaum zwei Stunden zusammen, klopft einander auf die Schulter
und lobt sich gegenseitig, wie toll die Zusammenarbeit läuft. Probleme werden jedoch lediglich gestreift.
Zweifelsohne hat sich die Qualität der Zusammenarbeit in den letzten zehn Jahren erheblich gesteigert. Es gibt immer mehr gemeinsame Behörden, Ämter, Gerichte, Einrichtungen und Anstalten. Aber wohin - bitte schön - soll diese Reise gehen?
Herr Ministerpräsident, Sie haben im Jahr 2005 gesagt, Sie möchten gern den dritten Teil Ihres Lebens in einem gemeinsamen Bundesland verbringen. Ich weiß nicht, ob Sie Ihre Lebenszeit bei dieser Betrachtung gedrittelt haben oder ob Sie mit dem dritten Teil Ihren Ruhestand meinten. Mit Verlaub: Egal, wie Sie es gemeint haben, Sie müssen jetzt handeln, damit dieser Wunsch irgendwann einmal in Erfüllung geht.
Meine Damen und Herren, der CDU-Fraktion geht es bei dieser Aktuellen Stunde nicht um die Benennung eines kurzfristigen Datums für eine Länderfusion. Es geht uns um die Definition eines gemeinsamen Ziels, einer Strategie und um die Umsetzung dieser Zukunftsperspektive. Sie sagen nun, meine Damen und Herren Abgeordnete und Minister, dass es natürlich ein solches Ziel gäbe, jedoch war und ist Ihr Handeln in dieser Sache Herr Ministerpräsident - von vornherein unabgestimmt und widersprüchlich. Als Sie sich in der gemeinsamen Kabinettssitzung am 17. Dezember 2003 von dem beschlossenen Zeitplan für eine Fusion verabschiedeten, hatten Sie noch nicht einmal Ihren damaligen Koalitionspartner darüber informiert. Der stellvertretende Ministerpräsident Schönbohm widersprach Ihnen direkt und eindeutig, indem er sagte, man solle doch nicht gleich die Flinte ins Korn werfen.
Aber auch mit Ihren sozialdemokratischen Genossen in Berlin waren Sie offensichtlich nicht im Gespräch. Wie sollte ich mir sonst die Äußerung des sehr beleidigt wirkenden Regierenden Bürgermeisters erklären, er habe keine Lust mehr, allein vorm Altar zu stehen und nicht abgeholt zu werden.
Ich will nicht weiter in der Vergangenheit herumstochern, sondern eine gemeinsame Grundlage finden, wie wir Zukunft gestalten können. Es gibt sicher einen breiten Konsens darüber, dass Berlin und Brandenburg eine gemeinsame Region bilden. Wir sehen uns gern als aufstrebende Metropolregion, die einen eng vernetzten Wirtschaftsraum aufweist, als eine bewahrende Metropolregion, die gemeinsame historische Wurzeln hat, und als eine moderne Metropolregion, die im Wettstreit ihrer sozialen Disparitäten lebt.
Vieles ist auf den Weg gebracht worden, um eine gemeinsame Basis zu schaffen. Die Zusammenlegung von Behörden, Gerichten und Einrichtungen hat uns damals vor viele Probleme gestellt, die wir bewältigt haben. Wir haben - das muss an dieser Stelle gesagt werden - den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Institutionen viel zugemutet und abverlangt. Sie mussten neue Vorschriften erarbeiten und anwenden, sich in neue Organisationsstrukturen einfinden und mit neuen Kollegen auseinandersetzen, teilweise sogar ihre Arbeitsstelle verlegen und
sich an einem neuen Dienstort orientieren. Dafür danke ich diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Jedoch stelle ich mir auch die Frage: Warum bleiben wir nun auf halbem Wege stehen?
Wir haben diese Veränderungen doch nicht vorgenommen, weil uns langweilig war oder wir keine wichtigeren politischen Themen zu behandeln hatten. Diese Bemühungen waren nur ein Zwischenziel auf dem Weg zu einer verfestigenden Zusammenarbeit unserer Länder und damit letztendlich zu einer Fusion. Die Ziele sind im Leitbild der Hauptstadtregion BerlinBrandenburg festgeschrieben, welches sich die Landesregierungen der beiden Länder im August 2006 selbst gegeben haben.
Auf diesem Weg hätten wir Führung gebraucht. Wir hätten einen Regierungschef gebraucht, der uns an den Windungen dieses Weges Orientierung gegeben hätte. Stattdessen mussten wir sehen, wie er einen Zickzackkurs fährt.
Im Dezember 2006 sagte der Ministerpräsident nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltslage Berlins:
„Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir verantwortbar über einen neuen Termin für einen Volksentscheid zur Länderfusion sprechen können.“
Diese Worte sind widersprüchlich, meine Damen und Herren, und konzeptlos. Sie drücken dieses Trauma, diese große Angst vor einer erneuten sozialdemokratischen Niederlage in der Abstimmung über ein gemeinsames Land aus. Ministerpräsident Stolpe hatte hierzu gesagt und eingestanden, dass sein größter politischer Misserfolg die Ablehnung der Länderfusion gewesen sei. Davor haben Sie Angst und deshalb bleiben Sie auf halbem Wege stehen, ohne Rücksicht darauf, ob das Innehalten nützt oder schadet.
Meine Damen und Herren, solange Berlin und Brandenburg zwei Länder sind, sind wir auch zwei Konkurrenten, die im jeweils anderen Land nur Bittsteller sind - nehmen wir das Tauziehen um die Nutzung von brandenburgischen Haftplätzen durch Berliner Gefangene im Vergleich zu dem Neubau einer Justizvollzugsanstalt in Großbeeren. Nehmen wir die Tatsache, dass Brandenburg für Regionalzüge auf dem Streckenteil bezahlen muss, der durch Berlin geht. Nehmen wir die Kündigung der Verträge mit Brandenburger Lehrkrankenhäusern, die den Ärztemangel in den ländlichen Gebieten verschärfen könnte.
Lassen Sie mich diese Konkurrenzsituation auch noch an unserer Landeshauptstadt festmachen. Potsdam steht als größte Stadt Brandenburgs immer wieder in Konkurrenz zu Berlin, sei es im Ringen um den Medienstandort, sei es um die Förderung des Wissenschaftsstandortes. Die unterschiedlichen Regelungen der sonntäglichen Ladenöffnungszeiten sind eine Belastung für
den Einzelhandel in Potsdam. Im Tourismuskonzept Berlins sind Potsdam oder andere Teile Brandenburgs lediglich als Tagesbesuche vorgesehen.
Meine Damen und Herren, wir haben hier in diesem Parlament beschlossen, Potsdam durch den Neubau des Landtages einen Teil seiner Geschichte und einen Teil seines Gesichts wiederzugeben. Wir haben zäh darum gerungen, wie das neu errichtete Stadtschloss ausgestaltet sein soll. Wir haben uns gegen eine detaillierte Ausgestaltung, gegen eine detaillierte Wiedererrichtung des Stadtschlosses ausgesprochen, zugunsten eines gemeinsamen Parlaments Berlin-Brandenburg. Und jetzt wollen wir plötzlich kein gemeinsames Parlament mehr?
Wir haben viele Einrichtungen zusammengelegt, auf die ich noch einmal zurückkommen möchte. Macht es wirklich Sinn, diese Einrichtungen zusammenzulegen, wenn wir den weiteren Weg nicht gehen? Wenn Sie sich das Tableau der gemeinsamen Einrichtungen anschauen, sehen Sie, dass es nur einen einzigen Standort gibt, der außerhalb des S-Bahn-Rings liegt. Ich bin sehr stolz, dass es mir damals gelungen ist, das Finanzgericht Berlin-Brandenburg nach Cottbus zu verlegen und dort anzusiedeln. Aber bei wie vielen regionalen Aspekten mussten wir zugunsten Berliner Interessen zurückstecken! Natürlich sind die Uckermärker oder die Prignitzer keine Freunde einer Fusion, wenn sie auf diese Reise nicht mitgenommen werden.
Ministerpräsident Platzeck hatte sein Abrücken vom Zeitplan der Fusion unter anderem damit erklärt, dass die Stimmung im Lande nicht so sei. Wenn wir Politik jetzt nur noch entsprechend unserer Stimmung machen, sollten wir bei unserer nächsten Politikentscheidung erst einmal einen Mondkalender hinzuziehen. Wir machen nicht mit Politik Stimmung.
Und wir machen Politik nicht allein aufgrund von Stimmungen. Aber Politik ist immer von Emotionen geprägt.
Wie möchten Sie bitte mit der Auflistung von 25 Staatsverträgen, von knapp 100 Verwaltungsvereinbarungen Emotionen wecken? Wen möchten Sie mit Fortschrittsberichten für eine Fusion begeistern? Da liest sich die Gebrauchsanweisung meines Staubsaugers spannender als dieser Fortschrittsbericht. Politik lebt nun einmal von zukunftsweisenden Ideen, von Führung und von Durchsetzung. Das erwarten wir von Ihnen als regierungstragende Fraktionen. Ich bin gespannt, ob Sie mir das heute liefern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das gemeinsame Landesinstitut für Schule und Medien, das Institut für Schulqualität, das Amt für Statistik
Berlin-Brandenburg, die Gemeinsame Landesplanung, der Rundfunk Berlin-Brandenburg, die Landesmedienanstalt, der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, die Berliner Flughafengesellschaft, die AOK Berlin-Brandenburg, das Landeslabor, all das sind Beispiele für die Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg, und ich könnte diese Aufzählung noch einige Minuten fortsetzen.