Protocol of the Session on February 25, 2010

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zu unserer 11. Plenarsitzung am heutigen 25.02.2010.

Ihnen liegt die Tagesordnung in der Fassung vom 25.02.2010 vor. Gibt es dazu Bemerkungen? - Dies sehe ich nicht. Dann lasse ich über die Tagesordnung abstimmen. Wer nach ihr verfahren möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung beschlossen.

Es haben für den heutigen Tag Abwesenheit angekündigt Abgeordnete Alter, Abgeordnete Lieske, Abgeordnete Prof. Dr. Heppener und Abgeordneter Schippel sowie Abgeordneter Dellmann ab Mittag.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Vereidigung des Ministers für Infrastruktur und Landwirtschaft

Der Ministerpräsident hat mir mitgeteilt, dass er anstelle der am 24.02.2010 von ihrem Amt als Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft zurückgetretenen Frau Abgeordneten Jutta Lieske am heutigen Tag Herrn Jörg Vogelsänger gemäß Artikel 84 der Verfassung des Landes Brandenburg zum Minister für Infrastruktur und Landwirtschaft ernannt hat.

Gemäß Artikel 88 der Verfassung des Landes Brandenburg leisten die Minister der Landesregierung vor Übernahme der Geschäfte vor dem Landtag den Amtseid. Der Eid kann auch mit einer religiösen Beteuerung geleistet werden. - Herr Minister Vogelsänger, ich bitte Sie nunmehr nach vorn, Ihren Amtseid zu leisten.

Ich schwöre, dass ich meine ganze Kraft dem Wohle der Menschen des Landes Brandenburg widmen, ihren Nutzen mehren, Schaden von ihnen wenden, das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können unparteiisch verwalten, Verfassung und Gesetz wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.

Herr Minister, ich gratuliere Ihnen ganz herzlich und wünsche Ihnen sehr viel Erfolg.

Herzlichen Dank. Ich freue mich auf die große Aufgabe.

(Anhaltender Beifall SPD, DIE LINKE, CDU, FDP und GRÜNE/B90 - Der Ministerpräsident, die Fraktionsvor- sitzenden und weitere Abgeordnete gratulieren dem Mi- nister. Dem Minister werden Blumen überreicht.)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Wettbewerbsfähiges Handwerk und starker Mittelstand - Situation und Zukunftsperspektiven in Brandenburg

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/404

(Unruhe)

Die freudigen Ereignisse reißen hier noch nicht ab. - Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion als einbringende Fraktion. Der Abgeordnete Bommert erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als erstes meinen Glückwunsch an Herrn Vogelsänger zur Ernennung zum Minister.

(Beifall CDU und SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, endlich werden in diesem Hause die wichtigen Probleme der Leistungserbringer des Landes Brandenburg diskutiert.

(Anhaltender Beifall CDU und FDP)

Bezeichnend ist dabei, dass sich die rot-rote Koalition auffällig zurückhält. Damit wird für jeden klar, welchen Prioritäten diese Regierung verpflichtet ist. Es geht hier nicht um den Mittelstand. Es geht hier nicht um das Unternehmen. Es geht erst recht nicht um die Leistungserbringer dieser Gesellschaft.

(Zurufe von der SPD)

Es geht einzig und allein um die Verschwendung von Steuermitteln für riskante Prestigeobjekte von Rot-Rot.

(Bischoff [SPD]: Da müssen Sie ja selber lachen!)

Ich will nur zwei, den Mindestlohn und den öffentlichen Beschäftigungssektor, nennen. Bezeichnend dafür ist auch der Koalitionsvertrag, in dem das Wort Handwerk auf 61 Seiten Papier gerade einmal vorkommt.

(Zuruf von der CDU: Hört! Hört!)

Stattdessen sprechen Sie ein Dutzend Mal vom Industrieland Brandenburg. Welches Industrieland meinen Sie? Klar dürfte doch wohl sein, dass Brandenburg gerade von kleinen und mittleren Unternehmen, von Handwerkern und Dienstleistern geprägt ist und nicht in erster Linie von der Industrie.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90 - Frau Melior [SPD]: Sie haben die Bauern vergessen!)

Sie aber haben kein Interesse am Handwerk und am Mittelstand, und Ihr Koalitionsvertrag legt darüber Zeugnis ab.

(Zuruf von der SPD: Das ist bösartig!)

Wie ist denn die gegenwärtige Situation des Mittelstandes und des Handwerks in Brandenburg? Aktuell scheuen 80 % der Unternehmen die Verantwortung, ein Unternehmen zu eröffnen oder weiterzuführen. Warum ist das so? Nach meiner Erfahrung hat das zwei Ursachen. Zum einen ist die wirtschaftliche Situation in Zeiten der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise nicht einfacher geworden. Viele Unternehmen haben mehr und mehr zu kämpfen und konnten sich bislang nur mit Konjunkturpaketen und Unterstützungsmaßnahmen seitens des Staates überhaupt am Markt behaupten. Zum anderen ist die ungerechtfertigte pauschale Unternehmerschelte in der Öffentlichkeit für viele einfach nicht mehr zu ertragen. Wenn man sich in dieser Gesellschaft schon dafür entschuldigen muss, ein Unternehmer zu sein, läuft definitiv etwas schief.

(Beifall CDU und FDP)

Grundsätzlich soll ein Unternehmen nicht auf den Staat angewiesen sein. Mit einer guten Idee kann sich jeder wirtschaftlich betätigen und verwirklichen. Der Staat allerdings ist sehr wohl auf Unternehmen und Unternehmer angewiesen, die gut funktionieren und erfolgreich sind. Denn wer sollte sonst die Steuern für die staatlichen Ausgaben wie Sicherheit, Justiz, Bildung oder Sozialsysteme zahlen? Die öffentliche Verwaltung ist es jedenfalls nicht.

Das negative Image der Unternehmerschaft in der allgemeinen Öffentlichkeit hat fatale Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft. Lassen Sie mich das anhand einiger Beispiele kurz darstellen. Wenn heutzutage das Unternehmertum so verunglimpft wird, ist es schwer, Fachkräfte und Führungsnachwuchs für den Einstieg in den Mittelstand zu begeistern. Somit stehen viele Betriebe vor dem Aus, weil eine Unternehmensnachfolge nicht geregelt werden kann. Damit gehen wiederum Arbeitsplätze und Steuereinnahmen für den Staat verloren.

(Unruhe)

Man muss immer wieder daran erinnern, dass die Wirtschaft, die Unternehmer mit ihrem Engagement die Wohlstandsbasis dieses Landes sichern. Respekt vor unternehmerischer Leistung - Fehlanzeige. Im Gegenteil, die Rahmenbedingungen werden durch diese Regierung noch verschlechtert. Da wird immer wieder ein Mindestlohn in allen Branchen gefordert, den viele brandenburgische Unternehmen gar nicht leisten können.

Auf der anderen Seite sollen genau diese Betriebe ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen. Sie sollen als Sponsor für soziale, sportliche oder kulturelle Belange auftreten. Das kann aber nur funktionieren, wenn Betriebe unseres Landes wirtschaftlichen Erfolg haben und Gewinn erwirtschaften. Sie dürfen nicht durch staatliche Einflussnahme in ihrer unternehmerischen Freiheit eingeschränkt werden.

Die aktuelle Fachkräftestudie für Berlin-Brandenburg hat das Ausmaß des zukünftigen Fachkräftemangels klar beziffert. Demnach werden schon in fünf Jahren 273 000 qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. In 20 Jahren ist das mehr als eine halbe Million, wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen werden.

Mit dieser Aktuellen Stunde und den Anträgen zur Unterstützung des Mittelstandes wollen wir einen ersten Schritt, ja, erste Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Politik von Brandenburg muss stärker, als sie es bisher getan hat, die Rolle der Unternehmen als tragende Säule in unserer Gesellschaft anerkennen und unterstützen.

(Beifall CDU)

Sie muss die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Unternehmer frei entfalten können. Eine Umfrage des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft hat ergeben, dass zu viel Bürokratie und Regelungen die Betriebe zu stark einschränken und sie daran hindern, ihre eigentliche Arbeit und Ideen voranzubringen.

Wenn ich mir den Entwurf für ein rot-rotes Vergabegesetz in Brandenburg ansehe, stelle ich fest: Das sind genau die bürokratischen Hemmnisse, unter denen der Mittelstand leidet, ganz zu schweigen von dem kleinen Handwerksbetrieb, der sich keine eigene Verwaltung leisten kann, die nur darauf achtet, dass alle bürokratischen Erfordernisse und sämtliche Berichtspflichten erfüllt werden. Wenn ich mir anschaue, welche Unterlagen in meinem Betrieb täglich ausgefüllt und eingereicht werden müssen, kann ich die schlechte Stimmung meiner Kollegen sehr gut nachvollziehen.

Ein anderer Punkt fällt auf. Schauen Sie sich doch einmal an, wen ein solches Vergabegesetz in Brandenburg überhaupt trifft! Es ist ein ziemlich kleiner Anteil unserer Wirtschaft. Dafür ein solcher Aufwand? Anscheinend muss aber ein solches Gesetz zu einem riesigen Bürokratieungetüm werden, damit man es in der Öffentlichkeit überhaupt wahrnimmt. Frei nach Shakespeare: „Viel Lärm um nichts.“ Diese Täuschung werden die Unternehmer und die Bürger, die am Ende die Zeche zu zahlen haben, nicht durchgehen lassen. Mit dem Thema Mindestlohn, das der eigentliche Kern des Gesetzes sein soll, werden Sie definitiv Schiffbruch erleiden.

Was passiert in den Branchen, die sich per Tarifvertrag über bundesrechtliche Regelungen auf einen Lohn unter der 7,50-Euro-Grenze verständigt haben, zum Beispiel bei den Gebäudereinigern? Hier wird im Osten ein Lohn von 6,83 Euro gezahlt. Heißt das nun, die Unternehmen aus dieser Branche, die diesen tariflich vereinbarten Lohn zahlen, können an keiner öffentlichen Auftragsvergabe in Brandenburg teilnehmen? Das wäre ja wohl ein Treppenwitz.

So, wie ich diesen Gesetzentwurf verstehe, bleiben diesen Unternehmen nur zwei Möglichkeiten: Entweder verpflichten sie sich, 7,50 Euro zu zahlen, und würden damit nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können, was sie wiederum über kurz oder lang in ihrer Existenz gefährdet, oder sie treten aus der Tarifgemeinschaft aus, um einen höheren Stundenlohn anbieten zu können.

Die rot-rote Landesregierung hält zwar das Tarifrecht immer wieder hoch. Mit der Logik eines solchen Vergabegesetzes zwingt sie allerdings Unternehmen der Branche, der Tarifgemeinschaft den Rücken zu kehren. Das müssen Sie Ihrer Klientel erst einmal klarmachen. Viel Spaß dabei.

Die angesprochene negative Stimmung nach innen ist nur der eine Aspekt. Viel schlimmer ist aber eine solche Stimmung,

wenn sie von außen auf ein Land drückt. Brandenburg hat das durch die vielen Großprojekte der Ära Stolpe wie Cargolifter, Chipfabrik und Lausitzring leidig erfahren müssen.

(Zurufe der Abgeordneten Lehmann und des Abgeordne- ten Bischoff [SPD])