Meine Damen und Herren, willkommen zur Eröffnung der Sitzung. Ich möchte Sie vor Eintritt in die Tagesordnung darüber informieren, dass der Hauptausschuss am 18. September 2013 Herrn Abgeordneten Ness als Vorsitzenden gewählt hat.
Wir kommen nun zum Thema Tagesordnung. Gibt es Bemerkungen zum Entwurf der Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Wer dieser Tagesordnung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist die Tagesordnung angenommen.
Bevor wir in den ersten Tagesordnungspunkt eintreten, möchte ich folgende Abwesenheiten bekannt geben: Herr Minister Baaske wird ab 12 Uhr durch Herrn Minister Holzschuher vertreten. Die Abgeordneten Bischoff, Bretz, Eichelbaum, Mächtig, Niels, Richstein, Vogdt, Lakenmacher und Schulze haben ganztägige bzw. teilweise Abwesenheiten angemeldet.
Ich habe noch die schöne Aufgabe, zu verkünden, dass Frau Abgeordnete Niels am gestrigen Tag eine Tochter zur Welt gebracht hat. Von hier aus herzlichen Glückwunsch.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion DIE LINKE. Herr Abgeordneter Luthardt hat das Wort.
Bevor Abgeordneter Luthardt seinen Redebeitrag beginnt, möchte ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Potsdamer Käthe-Kollwitz-Oberschule begrüßen. Seien Sie ganz herzlich willkommen. Gute Erkenntnisse wünsche ich Ihnen jetzt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich freue mich sehr, dass wir heute das Thema Landwirtschaft auf der Tagesordnung haben, zum ersten Mal in dieser Wahlperiode in einer Aktuellen Stunde. Der Zeitpunkt ist mit Bedacht gewählt. Schließlich ist es nicht zu leugnen, dass es herbstelt und damit die Ernte bald unter Dach und Fach ist.
Vor gut einer Woche hatten wir in Kremmen ein Erntefest mit 40 000 Besucherinnen und Besuchern. Es ist somit Zeit, Bilanz zu ziehen, aber auch, in die Zukunft zu schauen, den Acker neu zu bestellen.
Die Ernte war gut. Bei Getreide wurde in diesem Jahr mit 3,06 Millionen Tonnen eine Rekordernte eingebracht. Das sind 31 % mehr als im Vorjahr. Beim Spargel war es trotz des späten Frühjahrs ein recht gutes Jahr. Dass landwirtschaftliche Produktion sehr von der Witterung abhängig ist, verdeutlichen diese Zahlen. Nicht zuletzt ist das Hochwasser in diesem Jahr besonders an Elbe und Havel zu nennen. Hochwasserschäden gab es auf über 38 000 Hektar in Höhe von 43 Millionen Euro.
Die Landwirtschaft in Brandenburg ist gut aufgestellt. Knapp die Hälfte der Landesfläche wird beackert, wird gemäht oder beweidet. 78 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind Ackerland, 22 % Dauergrünland. Das ist übrigens im Bundesdurchschnitt ein sehr hoher Teil. Im Jahre 2010 gab es 5 566 landwirtschaftliche Betriebe mit einer durchschnittlichen Flächengröße von 238 Hektar. In Deutschland beträgt diese 56 Hektar, was schon einen wesentlichen Unterschied ausmacht. Auch gibt es einen höheren Anteil an Pachtflächen in Brandenburg. Diese Strukturen haben einen geschichtlichen Hintergrund, der nicht nur bis 1945 zurückreicht.
Schon immer gab es im Osten größere landwirtschaftliche Güter, die sich auf den leichten Böden besser rechneten als kleine Betriebe. Dies ist in der heutigen Zeit durchaus auch ein Wettbewerbsvorteil. Die Mischung macht‘s! Große und kleine Betriebe verschiedener Eigentumsformen nebeneinander. Die Diskussionen, diese gewachsenen Strukturen zu verändern und kleine und große Betriebe gegeneinander auszuspielen, führen nach der Auffassung der Fraktion DIE LINKE ins Leere.
Die Landwirtschaft beschäftigte im Jahre 2010 36 500 Menschen, von denen rund 12 500 nur in der Erntezeit beschäftigt werden. Dies ist natürlich kein Vergleich zu den Zahlen vor 1990. Jedoch sind Landwirtschaftsbetriebe nach wie vor wichtige Arbeitgeber auf dem flachen Land und sollen dies auch bleiben.
Hier noch ein Vergleich zum Gartenbau, den ich gerade in Brandenburg für sehr wichtig halte. Hier gibt es auf 10 580 Hektar Gartenbaufläche knapp 17 000 Arbeitskräfte - beachtlich!
In Brandenburg stehen rund 580 000 Rinder im Stall oder auf der Weide. Das ist ein durchschnittlicher Rinderbesatz von 42 auf 100 Hektar Landwirtschaftsfläche. In Deutschland sind es übrigens 75 pro 100 Hektar. Also gibt es hier noch viel Luft nach oben.
Ich möchte an dieser Stelle auch eine Lanze für die Schäferei brechen. Die Schäferei ist eine der ältesten Landnutzungsformen, die es gibt. Schon in der Bibel wurde sie genannt und sie ist heute ein wichtiger Faktor zur Pflege unserer Kulturlandschaften.
Der Ökolandbau ist ein Markenzeichen unserer Region geworden. 690 Betriebe bewirtschafteten im Jahre 2010 10,6 % der Landwirtschaftsfläche nach verschiedenen Öko-Richtlinien. Bundesweit sind es nur 5,6 %.
Meine Damen und Herren! Die zu Ende gehende Förderperiode der Europäischen Union brachte für den ländlichen Raum Brandenburgs viel positive Wirkung. Insgesamt wurden und werden auch noch 1,1 Milliarden Euro ausgegeben, davon 395 Milli
onen Euro zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Landund Forstwirtschaft, 362 zur Verbesserung der Umwelt und Landschaft sowie 313 Millionen Euro für integrierte ländliche Entwicklung. An diese Projekte gingen 53 Millionen Euro. Direktzahlungen in Höhe von 360 Millionen Euro flossen 2011 an landwirtschaftliche Betriebe. Das ist nach meiner Meinung sehr gut angelegtes Geld und hat den Betrieben geholfen, aber auch die Infrastruktur der Dörfer verbessert, den Naturtourismus gefördert usw. Der LEADER-Ansatz hat sich dabei besonders bezüglich der Verlagerung der Verantwortung auf die regionale Ebene bewährt.
Was die Verarbeitung und die Direktvermarktung der landwirtschaftlichen Produkte angeht, so steht Brandenburg nicht schlecht da. 7,7 % der Betriebe nutzen diese Möglichkeit der Wertschöpfung. Deutschlandweit sind es nur 4,4 %. Die Nachfrage besonders nach regionalen Produkten steigt immer mehr an, wie auch das aktuelle „Öko-Barometer 2013“ des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz belegt.
Lebensmittel aus der Region bevorzugen 92 % aller Verbraucherinnen und Verbraucher. 75 % der im Rahmen der Ökobarometer-Studie befragten Bürgerinnen und Bürger erklären sich bereit, für regionale Lebensmittel einen höheren Preis zu zahlen; 77 % setzen auf die Kombination von Bio und Regional.
Meine Damen und Herren, wir müssen an dieser Stelle natürlich auch Defizite benennen, die es in Brandenburg gibt, die aber auch von außen auf uns wirken. Das fängt schon bei der Vermarktung regionaler Produkte an: Obwohl wir mit Berlin einen riesigen Markt für biologische und regionale Lebensmittel vor der Haustür haben, liegt der Anteil dieser Waren am Gesamtsortiment bei den meisten Produkten unter 4 %. Es muss uns gelingen, die Veredelung und Vermarktung zu steigern bzw. zu optimieren und damit die Wertschöpfung im Lande stattfinden zu lassen.
Bei der Milch ist uns das schon recht gut gelungen. Aber es gibt beispielsweise keinen größeren Betrieb für die Verarbeitung von Rindfleisch in Brandenburg - Veggieday hin, Veggieday her.
Die Vermarktung läuft aus meiner Sicht viel zu kleinteilig ab. Während meiner diesjährigen Sommertour habe ich beispielsweise Kenntnis erhalten, dass Produzenten von Eiern, Gemüse, Milch usw. ihre Produkte einzeln nach Berlin fahren. Hier wäre eine regionale Logistik wünschenswert. Wichtig ist eine stärkere regionale Verbindung zwischen Tierhaltung, Veredelung und Vermarktung.
Meine Damen und Herren! Ein breit diskutiertes Thema ist die sogenannte Massentierhaltung. Nicht zu übersehen ist, dass es seit einigen Jahren wieder einen Trend zu industriemäßigen Produktionsmethoden gibt, was besonders bei der Tierhaltung zu einem weiteren Rückgang an Arbeitsplätzen führt. Ich sage es hier noch einmal klar und deutlich: Ein Vorhaben wie in Haßleben ist ein Irrweg und nicht zukunftsfähig für die Landwirtschaft in Brandenburg.
Dass die Genehmigung dafür vom Umweltministerium erteilt werden musste, liegt an den bundesdeutschen Gesetzen. Hier wäre ein Umdenken der neuen Bundesregierung notwendig.
Aus Sicht der Tiergesundheitsrisiken sind Obergrenzen für die Tierdichte und -konzentration im Stall, am einzelnen Standort und in der Region sinnvoll. Darüber hinaus sollte die Tierhaltung an die zur Verfügung stehende Fläche zur Ausbringung von Mist oder Gülle bzw. zum Anbau von Futter gekoppelt werden. Die Linke spricht sich für eine flächenbezogene Tierhaltung aus. Daher fordern wir sachlich begründete gesetzliche Höchstgrenzen der Tierkonzentration für einen Standort und eine Region.
Wir beobachten in den letzten Jahren den verstärkten Flächenkauf von sogenannten nichtlandwirtschaftlichen Investoren auch hier in Brandenburg; damit gehen exorbitante Boden- und Pachtpreise einher. Betriebe, die nur noch Lohnunternehmen einsetzen, Monokulturen anbauen und nichts mit dem dörflichen Leben zu tun haben, wollen wir nicht.
Auch jungen Landwirtinnen und Landwirten muss es möglich sein, Flächen zu kaufen oder zu pachten und so einen Betrieb zu gründen. Ich bin sehr froh, dass wir heute einen fraktionsübergreifenden Antrag zu diesem Thema beraten. Die Linke setzt sich für eine Stabilisierung und einen Ausbau der Ökolandbaufläche in Brandenburg ein. Wichtig ist dabei die Fortsetzung der Zahlung der Umstellungsprämie in der neuen Förderperiode. Und: Wir wollen keine gentechnisch veränderten Pflanzen auf unseren Feldern und schätzen die Risiken für eine unkontrollierte Ausbreitung als sehr hoch ein.
Die Zunahme des Anbaus von Energiepflanzen - besonders von Mais - ist ein Problem, welches wir sehen und dem wir gegensteuern. Wir wollen eine Neufassung der Grundsätze für die gute fachliche Praxis der Landwirtschaft hier in Brandenburg. Zwei der wichtigsten Themen sind dabei der Bodenschutz und die Fruchtfolge. Die Aufgabe der Landwirtschaft muss die Lebensmittel- und Futtermittelherstellung bleiben. Darüber hinaus soll die Landwirtschaft ihren Teil zur dezentralen, nachhaltigen und sozialen Energiewende beitragen. Die Förderbedingungen sollten zu einem sozial-ökologischen Energiemix in den Regionen beitragen und verschiedene Zielkonflikte lösen, zum Beispiel mit dem Naturschutz und dem Tourismus.
Jedes Jahr verlieren wir in Brandenburg beträchtliche landwirtschaftliche Flächen. Dem Flächenverbrauch muss Einhalt geboten werden. Zuerst muss jedes Infrastruktur- und Siedlungsprojekt hinsichtlich seines Flächenverbrauchs kritisch geprüft werden. Die Linke setzt sich dafür ein, dass Flächenentsiegelungen mehr Priorität eingeräumt wird. Bund und Bundesländer müssen verpflichtet werden, ein einheitliches Verzeichnis für die Entsiegelungsflächen zu entwickeln.
Meine Damen und Herren! Wir setzen uns für eine weitere Stärkung der Landwirtschaft, des Gartenbaus, der Schäferei und der Fischerei in Brandenburg ein.
Sie sollen noch besser zur Stärkung unserer Dörfer beitragen, die Kulturlandschaft bewirtschaften, pflegen und ökologisch aufwerten sowie die Wertschöpfung im ländlichen Raum stärken. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Luthardt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Dombrowski hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass wir uns heute in der Aktuellen Stunde wiederholt mit der Landwirtschaft im ländlichen Raum in Brandenburg befassen, begrüßen wir. Die neue Förderperiode wirft ihre Schatten nicht nur voraus, seit gestern Abend weiß man auch, was auf uns zukommt. Ich denke, damit können wir sowohl in Brandenburg als auch in Deutschland insgesamt gut leben. Im Übrigen ein Hinweis, Herr Kollege Luthardt: Erntefest hatten wir; am 15. Oktober werden wir auch den Internationalen Tag der Frauen im ländlichen Raum begehen - nicht zu gratulieren vergessen!